Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 19. Apr. 2010 - 3 A 1965/09

bei uns veröffentlicht am19.04.2010

Tenor

Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist unzulässig; der Rechtsstreit wird an das zuständige Landgericht Frankfurt/Oder verwiesen.

Gründe

1

Der Beschluss beruht auf § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges.

2

Der Verwaltungsrechtsweg ist vorliegend nicht gegeben. Es liegt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), sondern eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit i.S.d. § 13 GVG vor. Die streitige Konzessionsabgabe beruht auf § 1 Abs. 2 der Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas (Konzessionsabgabenverordnung - KAV). Danach sind Konzessionsabgaben Entgelte für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Strom und Gas dienen. Konzessionsabgaben werden nicht einseitig erhoben, sondern vereinbart (vgl. §§ 2 Abs. 1 und 7 Abs. 1 KAV). Daher scheidet die Annahme einer hoheitlichen Festsetzung der Konzessionsabgabe durch Verwaltungsakt aus.

3

Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der Vereinbarung der Konzessionsabgabe auch nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, denn ihr Regelungsgegenstand betrifft keine dem öffentlichen Recht zugewiesene Materie. Bei der Benutzung öffentlicher Verkehrswege handelt es sich nur dann um eine (öffentlich-rechtliche) Sondernutzung, wenn sie zu einer Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs führt. Fehlt es an einer Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs, so handelt es sich um eine sonstige (Sonder-)Nutzung, die sich nach bürgerlichem Recht richtet (vgl. §§ 18 und 23 Brandenburgisches Straßengesetz [BbgStrG]). Dies ist hier der Fall: Da Strom- und Gasleitungen üblicherweise im Straßenuntergrund unterhalb des Straßenkörpers verlegt werden, können sie den gewidmeten und damit gemeingebräuchlichen Teil der Straße nicht berühren. Eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs ist damit ausgeschlossen.

4

Soweit die Konzessionsabgabenverordnung die zulässige Höhe der Konzessionsabgaben und anderer Leistungen regelt, kommt ihr ein privatrechtsgestaltender Charakter (vgl. § 134 BGB) zu, der die Annahme einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit ebenfalls nicht erlaubt.

5

Der Hinweis der Klägerin auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.11.1990 (1 C 30/89) hilft ihr nicht weiter, denn Streitgegenstand jenes Verfahrens ist nicht ein Konzessionsabgabevertrag, sondern dessen (verweigerte) hoheitliche Genehmigung.

6

Auch soweit die Klägerin das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses schließlich damit begründen will, dass sie keinen Einfluss auf die Höhe der Konzessionsabgabe habe, kann dem nicht gefolgt werden. Die fehlende Einflussnahmemöglichkeit beruht allein auf dem Umstand, dass sie nicht Partei des Konzessionsabgabevertrages ist.

7

Die Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt/Oder folgt aus § 17 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 102 Abs. 1 Satz 1 EnWG.

8

Die Beteiligten sind zu der Verweisung angehört worden.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 19. Apr. 2010 - 3 A 1965/09 zitiert 11 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Zivilprozessordnung - ZPO | § 17 Allgemeiner Gerichtsstand juristischer Personen


(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 13


Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehö

Konzessionsabgabenverordnung - KAV | § 2 Bemessung und zulässige Höhe der Konzessionsabgaben


(1) Konzessionsabgaben dürfen nur in Centbeträge je gelieferter Kilowattstunde vereinbart werden. (2) Bei der Belieferung von Tarifkunden dürfen folgende Höchstbeträge je Kilowattstunde nicht überschritten werden: 1.a)bei Strom, der im Rahmen ein

Energiewirtschaftsgesetz - EnWG 2005 | § 102 Ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte


(1) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz ergeben, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Landgerichte ausschließlich zuständig. Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder tei

Konzessionsabgabenverordnung - KAV | § 1 Anwendungsbereich


(1) Diese Verordnung regelt Zulässigkeit und Bemessung der Zahlung von Konzessionsabgaben der Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 3 Nr. 18 des Energiewirtschaftsgesetzes an Gemeinden und Landkreise (§ 7). (2) Konzessionsabgaben sind Entgelt

Referenzen

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

(1) Diese Verordnung regelt Zulässigkeit und Bemessung der Zahlung von Konzessionsabgaben der Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 3 Nr. 18 des Energiewirtschaftsgesetzes an Gemeinden und Landkreise (§ 7).

(2) Konzessionsabgaben sind Entgelte für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Strom und Gas dienen.

(3) Tarifkunden im Sinne dieser Verordnung sind Kunden, die auf Grundlage von Verträgen nach den §§ 36 und 38 sowie § 115 Abs. 2 und § 116 des Energiewirtschaftsgesetzes beliefert werden; Preise und Tarife nach diesen Bestimmungen sind Tarife im Sinne dieser Verordnung.

(4) Sondervertragskunden im Sinne dieser Verordnung sind Kunden, die nicht Tarifkunden sind.

(1) Konzessionsabgaben dürfen nur in Centbeträge je gelieferter Kilowattstunde vereinbart werden.

(2) Bei der Belieferung von Tarifkunden dürfen folgende Höchstbeträge je Kilowattstunde nicht überschritten werden:

1.a)bei Strom, der im Rahmen eines Schwachlasttarifs nach § 9 der Bundestarifordnung Elektrizität oder der dem Schwachlasttarif entsprechenden Zone eines zeitvariablen Tarifs (Schwachlaststrom) geliefert wird,0,61 Cent,
b)Bei Strom, der nicht als Schwachlaststrom geliefert wird, in Gemeinden
bis 25.000 Einwohner1,32 Cent,
bis 100.000 Einwohner1,59 Cent,
bis 500.000 Einwohner1,99 Cent,
über 500.000 Einwohner2,39 Cent,
2.a)bei Gas ausschließlich für Kochen und Warmwasser in Gemeinden
bis 25.000 Einwohner0,51 Cent,
bis 100.000 Einwohner0,61 Cent,
bis 500.000 Einwohner0,77 Cent,
über 500.000 Einwohner0,93 Cent,
b)bei sonstigen Tariflieferungen in Gemeinden
bis 25.000 Einwohner0,22 Cent,
bis 100.000 Einwohner0,27 Cent,
bis 500.000 Einwohner0,33 Cent,
über 500.000 Einwohner0,40 Cent.

Maßgeblich ist die jeweils vom statistischen Landesamt amtlich fortgeschriebene Einwohnerzahl.

(3) Bei der Belieferung von Sondervertragskunden dürfen folgende Höchstbeträge je Kilowattstunde nicht überschritten werden:

1.bei Strom0,11 Cent,
2.bei Gas0,03 Cent.

(4) Bei Strom dürfen Konzessionsabgaben für Lieferungen an Sondervertragskunden nicht vereinbart oder gezahlt werden, deren Durchschnittspreis im Kalenderjahr je Kilowattstunde unter dem Durchschnittserlös je Kilowattstunde aus der Lieferung von Strom an alle Sondervertragskunden liegt. Maßgeblich ist der in der amtlichen Statistik des Bundes jeweils für das vorletzte Kalenderjahr veröffentlichte Wert ohne Umsatzsteuer. Versorgungsunternehmen und Gemeinde können höhere Grenzpreise vereinbaren. Der Grenzpreisvergleich wird für die Liefermenge eines jeden Lieferanten an der jeweiligen Betriebsstätte oder Abnahmestelle unter Einschluß des Netznutzungsentgelts durchgeführt.

(5) Bei Gas dürfen Konzessionsabgaben für Lieferungen an Sondervertragskunden nicht vereinbart oder gezahlt werden,

1.
die pro Jahr und Abnahmefall 5 Millionen Kilowattstunden übersteigen oder
2.
deren Durchschnittspreis im Kalenderjahr unter 1,50 Cent je Kilowattstunde liegt, wobei dieser Preis im Verhältnis der Durchschnittserlöse des Versorgungsunternehmens aus der Belieferung von Sondervertragskunden im Jahr 1989 und im jeweiligen Kalenderjahr zu verändern ist. Für nach dem 1. Januar 1992 abgeschlossene Verträge ist der Durchschnittserlös je Kilowattstunde aus den Lieferungen von Gas an alle Letztverbraucher zugrunde zu legen und entsprechend zu verändern; maßgeblich ist der in der amtlichen Statistik des Bundes für das Jahr des Vertragsabschlusses veröffentlichte Wert ohne Umsatzsteuer.
Versorgungsunternehmen und Gemeinde können niedrigere Grenzmengen oder höhere Grenzpreise vereinbaren.

(6) Liefern Dritte im Wege der Durchleitung Strom oder Gas an Letztverbraucher, so können im Verhältnis zwischen Netzbetreiber und Gemeinde für diese Lieferungen Konzessionsabgaben bis zu der Höhe vereinbart oder gezahlt werden, wie sie der Netzbetreiber in vergleichbaren Fällen für Lieferungen seines Unternehmens oder durch verbundene oder assoziierte Unternehmen in diesem Konzessionsgebiet zu zahlen hat. Diese Konzessionsabgaben können dem Durchleitungsentgelt hinzugerechnet werden. Macht der Dritte geltend, auf seine Lieferungen entfielen niedrigere Konzessionsabgaben als im Durchleitungsentgelt zugrunde gelegt, so kann er den Nachweis auch durch das Testat eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers gegenüber dem Netzbetreiber erbringen.

(7) Unbeschadet des § 1 Abs. 3 und 4 gelten Stromlieferungen aus dem Niederspannungsnetz (bis 1 Kilovolt) konzessionsabgabenrechtlich als Lieferungen an Tarifkunden, es sei denn, die gemessene Leistung des Kunden überschreitet in mindestens zwei Monaten des Abrechnungsjahres 30 Kilowatt und der Jahresverbrauch beträgt mehr als 30.000 Kilowattstunden. Dabei ist auf die Belieferung der einzelnen Betriebsstätte oder Abnahmestelle abzustellen. Bei der Ermittlung des Jahresverbrauchs werden Stromlieferungen nach §§ 7 und 9 der Bundestarifordnung Elektrizität sowie Stromlieferungen im Rahmen von Sonderabkommen für Lieferungen in lastschwachen Zeiten nicht berücksichtigt; für diese Lieferungen gelten § 2 Abs. 2 Nr. 1a und Abs. 3. Netzbetreiber und Gemeinde können niedrigere Leistungswerte und Jahresverbrauchsmengen vereinbaren.

(8) Wird ein Weiterverteiler über öffentliche Verkehrswege mit Strom und Gas beliefert, der diese Energien ohne Benutzung solcher Verkehrswege an Letztverbraucher weiterleitet, so können für dessen Belieferung Konzessionsabgaben bis zu der Höhe vereinbart oder gezahlt werden, in der dies auch ohne seine Einschaltung zulässig wäre. Absatz 6 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz ergeben, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Landgerichte ausschließlich zuständig. Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung abhängt, die nach diesem Gesetz zu treffen ist.

(2) Die Rechtsstreitigkeiten sind Handelssachen im Sinne der §§ 93 bis 114 des Gerichtsverfassungsgesetzes.