Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Feb. 2016 - 3 A 126/14

bei uns veröffentlicht am12.02.2016

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Straßenreinigungsgebühren durch den Beklagten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstückes G1 in der Straße „S.“ in A-Stadt. Zwischen dem Grundstück des Klägers und der Straße „S.“ liegen noch - dem Grundstück des Klägers jeweils etwa bis zur halben Grundstücksbreite vorgelagert - die Grundstücke auf den Flurstücken G2 und G3. Das Grundstück des Klägers wird durch Überqueren der vorn liegenden Grundstücke erreicht, ohne dass dabei ein ausgebauter Weg besteht.

3

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 28.11.2013 zog der Beklagte den Kläger zur Zahlung von Straßenreinigungsgebühren in Höhe von 66,27 Euro für das Jahr 2013 heran. Dabei legte er einen Gebührensatz von 1,41 Euro je Frontmeter zu Grunde. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 06.12.2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2014 zurück.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage, die er am 17.02.2014 erhoben hat. Zur Begründung führt er insbesondere aus, dass es sich bei seinem Grundstück nicht um ein Hinterliegergrundstück im Sinne der Satzung über die Straßenreinigung der Stadt A-Stadt handele, da es nicht über eine Zuwegung zur Straße „S.“ verfüge, sondern die Straße nur durch „quer Überqueren“ der vorn liegenden Grundstücke erreicht werde. Zudem sei die Gebührenkalkulation nicht eindeutig, insbesondere seien die Unterlagen einer dem Abschluss des Vertrages über die Erbringung von Straßenreinigungsleistungen vorausgehenden Ausschreibung nicht vorgelegt worden. Schließlich liege keine Nutzung der öffentlichen Einrichtung Straßenreinigung vor, da er - der Kläger - krankheitsbedingt seit mehreren Jahren nicht mehr am Straßenverkehr teilnehme. Außerdem liege in der Heranziehung von Hinterliegergrundstücken eine doppelte Gebührenerhebung, da von den unmittelbar anliegenden Grundstücken gleichfalls Gebühren erhoben würden.

5

Der Kläger beantragt,

6

den Abgabenbescheid des Beklagten vom 28.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2014 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid. Insbesondere sei dieser nicht wegen womöglicher Fehler in der Ausschreibung - zu der keine Unterlagen mehr vorlägen - rechtswidrig, zumal die vereinbarten Entgelte für die Fremdleistungen nicht unvertretbar oder grob unangemessen seien. Das Grundstück des Klägers sei auch ein Hinterliegergrundstück, da ihm - dem Kläger - eine Zugangsmöglichkeit zur Straße über die vorn liegenden Grundstücke zur Verfügung stehe. Schließlich komme es auf die konkrete Inanspruchnahme der Straße nicht an und es erfolge keine doppelte Gebührenerhebung.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die dem Gericht vorlagen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

11

Der Rechtsstreit kann auf Grund des von den Beteiligten - seitens des Klägers mit Schriftsatz vom 25.01.2016 und seitens des Beklagten mit Schriftsatz vom 08.02.2016 - erklärten Einverständnisses durch den Berichterstatter entschieden werden (§§ 87a Abs. 2, 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Der Rechtsstreit kann wegen des erklärten Einverständnisses der Beteiligten - seitens des Klägers mit Schriftsatz vom 03.03.2014 und seitens des Beklagten mit Schriftsatz vom 24.04.2014 - zudem ohne mündlichen Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II.

12

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angefochtene Abgabenbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

13

1. Der Abgabenbescheid des Beklagten findet seine nach § 2 Abs. 1 S. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche satzungsmäßige Rechtsgrundlage in § 8 der Satzung über die Straßenreinigung in der Stadt A-Stadt (StrRS).

14

2. Gründe, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der StrRS ergeben, sind vom Kläger weder substantiiert vorgetragen, noch drängen sie sich sonst auf.

15

a) Soweit sich das klägerische Vorbringen zu der der StrRS zu Grunde liegenden Gebührenkalkulation und zu womöglichen Fehlern bezüglich der Ausschreibung von Fremdleistungen dahingehend verstehen lassen kann, dass damit eine Fehlerhaftigkeit der StrRS gerügt wird, verhilft dies der Klage nicht zum Erfolg.

16

Von der Ungültigkeit einer Abgabensatzung wegen Kalkulationsfehlern ist auszugehen, wenn in erheblichem Umfang nicht beitrags- oder gebührenfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird oder wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet worden ist oder nicht (vgl. m.w.N. VG Greifswald, Urt. v. 12.03.2010 - 3 A 1326/06 -, juris Rn. 15). Derartiges ist hier auch mit Blick auf die vorliegende Kalkulation für die Jahre 2013 bis 2015 nicht ersichtlich. Weder zeigt sich, dass nicht gebührenfähiger Aufwand in erheblichem Umfange angesetzt wurde, noch sind methodische Fehler erkennbar, die derart schwer wiegen, dass sie eine Überprüfung der Einhaltung des Aufwandsüberschreitungsverbotes verhinderten.

17

Auch im Hinblick auf die vom Kläger - allgemein und rechtlich nicht näher eingeordnet -gerügten Versäumnisse hinsichtlich einer Ausschreibung der gebührenerheblich berücksichtigten Reinigungsfremdleistungen führen nicht zu einer Rechtswidrigkeit der StrRS. Fehler im Auftragsvergabeverfahren lassen sich allenfalls bei der Frage der Erforderlichkeit der für Fremdleistungen anfallenden Kosten und Aufwendungen einordnen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des OVG Greifswald wird die Wirksamkeit des ermittelten Abgabensatzes durch etwaige Ausschreibungsmängel nicht zwingend in Frage gestellt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 12.10.2011 - 4 K 31/06 -, juris Rn. 46):

18

„In der Rechtsprechung besteht weitgehend Übereinstimmung, dass auch im Falle einer rechtsfehlerhaft unterbliebenen Ausschreibung der Maßstab dafür, inwieweit Fremdkosten in die Gebührenkalkulation einfließen dürfen, der Begriff der Erforderlichkeit ist (vgl. mit zahlr. w. Nachweisen: OVG Lüneburg, Urt. v. 22.06.2009 - 9 LC 409/06 -, NVwZ-RR 2009, 898ff, 900). Diese Grenze ist erst dann überschritten, wenn sich die Kommune ohne Rechtfertigung nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten hat und dadurch augenfällige Mehrkosten entstanden sind, d.h. wenn die Kosten in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreicht haben, also sachlich schlechthin unvertretbar sind.“

19

Es ist nicht zu erkennen, dass dies im vorliegenden Fall geschehen ist. Auch im Hinblick auf die vom Beklagten vereinbarten Preise mit dem Fremddienstleister von 20,36 Euro je Kehrkilometer (siehe Gebührenkalkulation auf Bl. 16 d. A.) ist nicht zu erkennen, dass derartig augenfällige Mehrkosten entstanden und im Wege der Gebührenerhebung auf die Gebührenpflichtigen umgelegt worden sind.

20

b) Zudem dringt der Kläger auch mit seinen Angriffen, auf den in § 10 StrRS normierten Frontmetermaßstab nicht durch.

21

Der Frontmetermaßstab ist im Straßenreinigungsgebührenrecht als geeigneter Wahrscheinlichkeitsmaßstab im Sinne von § 6 Abs. 3 S. 2 KAG M-V zur Vorteilsbemessung allgemein anerkannt. Gleiches gilt für den fiktiven Frontmetermaßstab bei Hinterliegergrundstücken, § 14 Abs. 3 S. 2 und 3, Abs. 5 StrRS, sowie Teilhinterliegergrundstücken, § 14 Abs. 4 StrRS, (vgl. m.w.N. VG Greifswald, Urt. v. 12.03.2010 - 3 A 1326/06 -, juris Rn. 22 und Urt. v. 06.06.2012 - 3 A 1359/10 -, juris Rn. 17 ff.). Der Einwand es komme durch Anwendung des Frontmetermaßstabes zu einer doppelten Erhebung der Straßenreinigungsgebühren, da die direkt an der Straße liegenden Grundstücke ebenfalls zu Gebühren herangezogen würden, trägt insoweit nicht. Der Kläger scheint dabei nämlich zu übersehen, dass es bei der Anwendung des Frontmetermaßstabes nicht zu einer - wie er meint - doppelten Gebührenerhebung kommt, sondern vielmehr die einzubeziehenden Frontmeter der Hinterliegergrundstücke bereits bei der Bestimmung des Gebührensatzes berücksichtigt werden. Der Gebührensatz je Frontmeter verringert sich sodann wegen der vorzunehmenden Verteilung der anfallenden Kosten auf eine größere Anzahl von Frontmetern insgesamt (vgl. Aussprung/Seppelt in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: November 2015, § 6 Anm. 10.8.2). Sodass es zu einer doppelten Erhebung im Sinne einer den Aufwand übersteigenden Gebührenerhebung nicht kommt.

22

c) Schließlich führt auch die Schuldnerbestimmung in § 9 Abs. 1 StrRS nicht zur Rechtsfehlerhaftigkeit und damit Nichtigkeit der StrRS.

23

Zwar hatte das erkennende Gericht in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass die Bestimmung des Schuldners der Straßenreinigungsgebühren nach der Vorschrift des § 6 Abs. 4 S. 2 KAG M-V zu erfolgen habe, die ihrerseits an die Grundsteuerpflichtigkeit anknüpft, und nicht nach § 50 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V), der an die Eigentümereigenschaft anknüpft, (vgl. VG Greifswald, Gerichtsbescheid v. 12.02.2014 - 3 A 180/12 -, juris Rn. 16 ff.). Danach wäre hier die in § 9 Abs. 1 StrRS vorgesehene Gebührenschuldnerschaft des Eigentümers rechtswidrig.

24

Daran hält das Gericht indessen nicht länger fest. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene eindeutige und abschließende Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urt. v. 08.10.2014 - 1 L 49/14 - juris, Rn. 31), wonach sowohl § 6 Abs. 4 S. 2 KAG M-V, als auch § 50 Abs. 4 S. Nr. 3 StrWG M-V als Ermächtigungsgrundlage für die Auswahl des Gebührenschuldners herangezogen werden können (vgl. OVG Greifswald a.a.O. Rn. 35), erweist sich die Regelung in § 9 Abs. 1 StrRS insoweit als rechtmäßig. Wenn sich die Stadt A-Stadt also bei der Bestimmung des Gebührenschuldners auf § 50 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 StrWG M-V stützt, ist dies nicht zu beanstanden.

25

3. Auch die Rechtsanwendung durch den Beklagten erweist sich ebenso als frei von Rechtsfehlern.

26

a) Gemäß § 8 StrRS erhebt die Stadt A-Stadt Gebühren für die Straßenreinigung, soweit die Reinigungspflicht nicht nach § 6 StrRS übertragen ist.

27

Bei der Straße „S.“ handelt es sich um eine nach § 50 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 2 StrWG M-V zu reinigenden Straße. Sie verläuft innerhalb der geschlossenen Ortslage und ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 StrRS i.V.m. Anlage 1 und 2 zur StrRS der Reinigungsklasse 2 zugeordnet ist. Daraus folgt, dass die Straßenreinigung im engeren Sinne (Reinigung der Fahrbahn) den Eigentümern der anliegenden Grundstücke nicht übertragen ist.

28

b) Das Grundstück des Klägers unterliegt auch der Gebührenpflicht. Es ist trotz des Fehlens eines ausgebauten Weges ein durch die Straße „S.“ erschlossenes Grundstück im Sinne von § 14 Abs. 1 StrRS in Gestalt eines Hinterliegergrundstückes (§ 14 Abs. 3 S. 1 StrRS).

29

Gemäß § 50 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 StrWG M-V kommt nicht nur die Heranziehung von (unmittelbar) an der Straße anliegenden, sondern auch von durch die Straße erschlossenen Grundstücken zu Straßenreinigungsgebühren in Betracht. Das Merkmal des Erschlossenseins ist wiederum dann erfüllt, wenn das Grundstück rechtlich und tatsächlich über eine Zugangsmöglichkeit zur Straße verfügt (vgl. m.w.N. Aussprung/ Seppelt in: Aussprung/ Siemers/ Holz, KAG M-V, Stand: November 2015, § 6 Anm. 10.7.3). Das meint in Bezug auf Hinterliegergrundstücke auch der Begriff der Zuwegung in § 14 Abs. 3 S. 1 StrRS. Soweit der Kläger das Fehlen einer solchen Zuwegung rügt, verhilft ihm dies nicht zum Erfolg. Für die Frage der Erschlossenheit eines Grundstückes durch eine Straße im straßenreinigungsgebührenrechtlichen Sinne, ist nicht maßgeblich, dass die Zuwegung in einem tatsächlich und körperlich vorhandenen und ausgebauten Weg besteht. Maßgeblich ist allein die bestehende Erreichbarkeit der Straße. Das folgt daraus, dass die Straßenreinigungsgebühr eine Gegenleistung für die Inanspruchnahme der gemeindliche Einrichtung Straßenreinigung ist. Der damit vermittelte Vorteil besteht darin, dass dem Eigentümer eines erschlossenen Grundstückes nicht die Reinigungspflicht nach § 50 Abs. 1 S. 1 StrWG M-V i.V.m. § 50 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 StrWG M-V auferlegt, sondern von der Gemeinde selbst erfüllt wird (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 08.10.2014 - 1 L 49/14 -, juris Rn. 32). Dieser Vorteil kommt dem Kläger stets in gleichem Maße zu. Es kommt dabei nicht darauf an, ob er die Straße über einen ausgebauten Weg oder durch schlichtes Überqueren des vorn liegenden Grundstückes erreicht. Dass dies hier der Fall ist, also eine tatsächliche Zugangsmöglichkeit zur Straße „S.“ besteht, bestreitet auch der Kläger nicht. Er räumt vielmehr ein, dass er sein Grundstück durch von ihm sogenanntes „quer Überqueren“ der vorn liegenden Grundstücke mit Erlaubnis der Eigentümer erreichen könne. Dass keine Zuwegung in Gestalt eines ausgebauten Weges von der Straße „S.“ zu seinem Grundstück führt, steht dem aus den genannten Gründen nicht entgegen. Das Erfordernis eines ausgebauten Weges lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass in § 14 Abs. 6 S. 1 StrRS ebenfalls der Begriff der Zuwegung verwendet wird, aber dort eine solche in Form eines tatsächlich vorhandenen und ausgebauten Weges zu meinen scheint. Dass dort etwas anderes gemeint ist als in § 14 Abs. 3 S. 1 StrRS ergibt sich schon daraus, dass § 14 Abs. 6 S. 1 StrRS ohne eigenen Anwendungsbereich wäre, wenn man bereits in § 14 Abs. 3 S. 1 StrRS das Erfordernis eines ausgebauten Weges hineinlesen würde. Dann würde nämlich jedes Hinterliegergrundstück immer über eine ausgebaute Zuwegung verfügen müssen und auf die Differenzierung in Abs. 6 hätte verzichtet werden können. Auch aus dem Wortlaut der Wendung „eigene Zuwegung“, die das Zuordnungsverhältnis einer Sache (ausgebauter Weg) zu einer anderen (Grundstück) kennzeichnet, folgt dieses Ergebnis. Schließlich ergibt es sich auch daraus, dass in § 14 Abs. 6 S. 1 StrRS der Zuwegung eine selbstständige erschließende Eigenschaft zukommen muss, was in den Fällen des § 14 Abs. 3 StrRS gerade nicht erforderlich ist, da dort die Erschließung gerade durch die Straße erfolgt.

30

c) Es kommt schließlich auch nicht darauf an, dass der Kläger nicht am Straßenverkehr teilnimmt. Zum einen handelt es sich bei der Straßenreinigungsgebühr um eine Gebühr, die dem Kläger wegen seiner Eigenschaft als Eigentümer eines erschlossenen Grundstückes auferlegt ist und nicht wegen der Eigenschaft als Teilnehmer des Straßenverkehrs. Nur als Grundstückseigentümer gilt er auch i.S.v. § 50 Abs. 4 2 Nr. 3 HS 2 StrWG M-V als Benutzer der öffentlichen Einrichtung. Zum anderen erhält er den Vorteil in Gestalt der Nichtbelastung mit der Straßenreinigungspflicht unabhängig von seiner Teilnahme am Straßenverkehr.

31

d) Auch die Höhe der festgesetzten Gebühr ist nicht zu beanstanden. Sie bestimmt sich nach §§ 10 Abs. 1, 11 lit. a) StrRS wonach für die in der Reinigungsklasse 2 gelegene Straße „S.“ eine Gebühr von 1,41 Euro pro Jahr und Frontmeter entsteht. Der Beklagte hat zudem die Frontmeter unter Anwendung von § 14 Abs. 3 S. 2 und 3, Abs. 5 StrRS zutreffend bestimmt, indem er die Länge der parallel zur Straße verlaufenden Grundstücksseite mit 47 Metern ermittelt hat. Dies entspricht auch dem Ergebnis, das das Gericht bei Verwendung des Geoportals Mecklenburg-Vorpommern (www.gaia-mv.de), das eine Vermessung der katastermäßigen Grenzen erlaubt, erzielt hat. Der Kläger ist schließlich als Grundstückseigentümer gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 StrRS Gebührenschuldner und als solcher zur Zahlung der Straßenreinigungsgebühren heranzuziehen.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen (§ 124a Abs. 1 S. 1 VwGO) liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Feb. 2016 - 3 A 126/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Feb. 2016 - 3 A 126/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Feb. 2016 - 3 A 126/14 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Feb. 2016 - 3 A 126/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Feb. 2016 - 3 A 126/14 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 08. Okt. 2014 - 1 L 49/14

bei uns veröffentlicht am 08.10.2014

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 12. Februar 2014 – 3 A 180/12 – abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Das

Verwaltungsgericht Greifswald Gerichtsbescheid, 12. Feb. 2014 - 3 A 180/12

bei uns veröffentlicht am 12.02.2014

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2012 – Kassenzeichen A – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2012 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. 3. Der Gerichtsbesc

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. März 2010 - 3 A 1326/06

bei uns veröffentlicht am 12.03.2010

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 01.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vorn 08.08.2006 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4. 3.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Feb. 2016 - 3 A 126/14.

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Apr. 2017 - 3 A 75/16 HGW

bei uns veröffentlicht am 12.04.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 01.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vorn 08.08.2006 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Festsetzung von Straßenreinigungsgebühren.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G1, A-Straße in Dargun. Mit Bescheid vom 01.02.2006 setzte der Beklagte gegen den Kläger unter anderem Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2006 in Höhe von 24,15 EUR fest. Dabei legte er einen Gebührensatz von 1,61 EUR je laufenden Frontmeter zugrunde. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2006, zugestellt am 11.08.2006, zurück.

3

Am 05.09.2006 hat der Kläger Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Klageverfahren gegen den Bescheid vorn 01.02.2006 beantragt. Das Gericht hat dem Kläger dafür mit Beschluss vorn 13.10.2009 Prozesskostenhilfe bewilligt. Der Beschluss wurde am 16.10.2009 zugestellt. Am 23.10.2009 hat der Kläger Klage erhoben, die er in der Folge erweitert hat.

4

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, das Grundstück grenze nicht an die D.straße, sondern liege 17 Meter von der Straße zurück. Er sei Anlieger eines Platzes, nicht der Straße. Zudem würden der Laubfall der Friedhofsbäume und der vom landwirtschaftlichen Verkehr verursachte Schmutz ihn über Gebühr mit Reinigungspflichten belasten.

5

Der Kläger beantragt sinngemäß,

6

den Bescheid des Beklagten vom 01.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2006 sowie die Bescheide über Straßenreinigungsgebühren seitdem aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Die Klage sei überwiegend unzulässig. Das Grundstück des Klägers werde über die D.straße erschlossen und grenze an das Straßengrundstück an. Die Straßenreinigung werde satzungsgemäß durchgeführt. Eine Überprüfung der Kalkulation habe erst im Jahre 2007 stattgefunden.

10

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 09.03.2010 eine Neuberechnung des Gebührensatzes vorgelegt und diese in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand einer Heilungserklärung gemacht.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

1. Die Klage ist nur zulässig, soweit sie sich gegen den Gebührenbescheid vom 01.02.2006 richtet. Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe war dem Kläger insoweit gemäß § 60 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Wiedereinsetzung in die versäumten Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zu gewähren. Im Übrigen ist die Klage unzulässig. Der Kläger trägt selbst nicht vor, dass er gegen weitere Gebührenbescheide des Beklagten Widerspruch eingelegt hätte. Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind je- doch die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorver- fahren nachzuprüfen (§ 68 Abs. 1 Satz I VwGO). Das ist nicht geschehen. Diese Be- scheide sind bestandskräftig geworden und einer gerichtlichen Überprüfung in der Sache nicht mehr zugänglich.

13

2. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

14

a) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern (KAG M-V) dürfen Abgaben nur auf Grund eines Satzung erhoben werden. Rechtsgrundlage der Gebührenfestsetzung ist die Gebührensatzung für die Straßenreinigung in der Stadt Dargun vom 30.11.1993, geändert durch Satzungen vom 30.04.1996, 04.05.1999 und 30.11.1999 (Gebührensatzung). Diese Satzung ist jedoch unwirksam.

15

aa) Der in § 4 Buchst. a Gebührensatzung festgesetzte Gebührensatz beruht auf der am 15.0l.2007 beschlossenen Kalkulation. Für das Erhebungsjahr 2006 stellt sich diese zwar im Grundsatz als eine ohne weiteres zulässige Nachkalkulation dar. Allerdings ist die Kalkulation fehlerhaft. Dieser Fehler führt zur Unwirksamkeit der Regelung des Gebührensatzes und damit zur Nichtigkeit der Gebührensatzung insgesamt. Die Ungültigkeit einer Abgabensatzung ist dann anzunehmen, wenn erstens in erheblichem Umfang nicht beitrags- oder gebührenfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder zweitens, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (OVG Greifswald, Beschl. v. 25.05.2009 - 1 M 157/08, zit. n. juris; OVG Greifswald, Beschl. v. 02.06.2004 - 4 K 38102, zit. n. juris).

16

Die Gebührenkalkulation vom 15.01.2007 ist methodisch fehlerhaft. Dies räumt der Beklagte selbst ein. Nach seinem Vortrag ist der Umstand, dass die Frontlängen der berücksichtigten Grundstücke darin erheblich hinter den angegebenen Vertragsmetern zurück bleiben, darauf zurückzuführen, dass die Eigentümer landwirtschaftlicher Grundstücke bei der Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Frontmeter und somit bei der Bemessung des Gebührensatzes nicht berücksichtigt worden sind. Das geschieht fehlerhaft. Die Gebührensatzung gibt für eine solche Handhabe keine Rechtsgrundlage. Der Erschließungsbegriff des Straßenreinigungsgebührenrechts korrespondiert mit dem (räumlichen) Umfang der Straßenreinigungspflicht. Da der Gesetzgeber den Kreis der zu reinigenden Straßen weiter gezogen hat als nach ihrer Belegenheit im bebaubaren Bereich, werden nicht nur die Kosten der Reinigung im bebaubaren Bereich, sondern die Straßenreinigungskosten für alle Straßen innerhalb geschlossener Ortsteile (im straßenrechtlichen Sinne) auf die Eigentümer der von den Straßen erschlossenen Grundstücke (anteilig und unter Berücksichtigung der Verkehrsbedeutung der Straße) umgelegt. Daraus folgt für die Gebührenpflicht, dass der Kreis der gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer möglichst weitgehend deckungsgleich mit dem Kreis der Grundstückseigentümer im räumlichen Bereich der Straßenreinigung zu ziehen ist, um die Eigentümer der baulich nutzbaren Grundstücke von den Kosten der Straßenreinigung zu entlasten, die sich auf die Straßenflächen im nicht oder noch nicht baulich nutzbaren Bereich beziehen. Eine Differenzierung der Straßenreinigungsgebühr nach Nutzungsarten wäre mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren. Das Gesetz unterscheidet in § 50 Abs. 3 Satz I, Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Straßen- und Wegegesetz Mecklenburg- Vorpommern (StrWG M-V) nicht nach der Nutzung der an die gereinigte Straße angrenzenden bzw. von ihr erschlossenen Grundstücke, sondern stellt allein auf die Belegenheit dieser Grundstücke innerhalb der geschlossenen Ortslage ab. Regelungsziel des § 50 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V ist es, den Kreis der gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer möglichst weitgehend deckungsgleich mit dem Kreis der Grundstückseigentümer im räumlichen Bereich der Straßenreinigung zu ziehen, um die Eigentümer der baulich nutzbaren Grundstücke von den Kosten der Straßenreinigung zu entlasten, die sich auf die Straßenflächen im nicht oder noch nicht baulich nutzbaren Bereich beziehen. Mit diesem Regelungsziel wäre die Privilegierung einer bestimmten Gruppe der Grundeigentümer oder dinglich Berechtigten zu Lasten der anderen nicht zu vereinbaren (VG Greifswald, Urt. v. 09.l0.2008 - 3 A 66/08, n.v.).

17

Auch kostenseitig ist die Kalkulation vom 15.0l.2007 unzutreffend. Eine Überprüfung des Beklagten hat inzwischen ergeben, dass tatsächlich weniger Kehrmeter als veranschlagt gereinigt worden sind. Das Entgelt des beauftragten Unternehmens war mithin nur zum Teil gerechtfertigt. Die Kalkulation enthält deshalb in erheblichem Umfang nicht gebührenfähige Kosten.

18

bb) Die mit Schriftsatz vom 09.03.2010 vorgelegte Nachberechnung war demgegenüber in diesem Verfahren nicht zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 KAG M-V bietet keine genügende rechtliche Grundlage für die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Heilungserklärung. Die genannte Norm deckt lediglich die nachträgliche Einstellung oder Neubewertung einzelner Kostenpositionen, sie betrifft nur "kleine Kalkulationsfehler" (so Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 2, Anm. 8.3.5.2). § 22 Abs. 3 Nr. 11 Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V), der die Ermittlung von Gebührensätzen ausschließlich der Gemeindevertretung zuweist, stellt sich als einfachgesetzliche Ausprägung des Demokratieprinzips dar. Er normiert den Regelfall, von dem nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von § 2 Abs. 3 KAG M-V abgewichen werden darf, um den Gedanken des zügigen und einfachen Verwaltungsverfahrens Genüge zu tun. Die ursprüngliche Kalkulation muss deshalb in der geänderten Kalkulation erkennbar bleiben. Erreichen die Veränderungen an der beschlossenen Kalkulation dagegen in quantitativer Hinsicht einen Umfang, der einer Neukalkulation nahekommt oder sind sie in qualitativer Hinsicht so wesentlich, dass eine Befassung der demokratisch legitimierten Vertretungskörperschaft erforderlich erscheint, wird die Vorschrift dem Aufgabenträger ein Umgehen des beschlussfassenden Organs dagegen nicht mehr erlauben. So liegt es hier. Die vorgenommene Neuberechnung unterscheidet sich in jeglicher Hinsicht von der ursprünglichen Kalkulation: Sie berücksichtigt weniger Gebühreneinheiten und fugt einen Kostenbestandteil des beauftragten Unternehmens (Anfahrtspauschale) und erstmalig Kosten des städtischen Bauhofs hinzu. Letzteres sah die von der Vertretungskörperschaft verabschiedete Kalkulation nicht vor. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Nichtberücksichtigung kommunaler Kostenpositionen dem Willen der Stadtvertretung entsprach.

19

b) Zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten weist das Gericht davon hin, dass die übrigen Einwände des Klägers nicht durchgreifen dürften.

20

aa) Die Satzungsbefugnis der Gemeinde folgt aus § 50 Abs. 1 Satz I, Abs. 4 StrWG M-V. Danach sind alle innerhalb der geschlossenen Ortslage gelegenen öffentlichen Straßen zu reinigen. Reinigungspflichtig sind die Gemeinden. Sie sind unter anderem berechtigt, durch Satzung einzelne außerhalb der geschlossenen Ortslage gelegene Straßen oder Straßenteile in die Reinigungspflicht einzubeziehen, soweit die anliegenden Grundstücke in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut sind (Nr. 1), die Reinigungspflicht ganz oder teilweise den Eigentümern der anliegenden Grundstücke oder den zur Nutzung dinglich Berechtigten aufzuerlegen (Nr. 2) und die Eigentümer oder die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke sowie der durch die Straße erschlossenen Grundstücke zu den entstehenden Kosten heranzuziehen; soweit die Gemeinden zur Deckung der Kosten Gebühren erheben, gelten die Pflichtigen als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Nr. 3) sowie Art und Umfang der Reinigungspflicht zu bestimmen (Nr. 5).

21

bb) § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M- V lässt die Einbeziehung der Eigentümer von Hinterliegergrundstücken in den Kreis der Gebührenschuldner zu. Mit der Wendung "erschlossene Grundstücke" sind Hinterliegergrundstücke ausdrücklich genannt. Die Merkmale "Anliegen" und "Erschlossensein" stehen in einem Alternativverhältnis zueinander, sie müssen nicht kumulativ erfüllt sein (OVG Greifswald, Beschl. v. 15.07.1999 - 1 M 140/98, NordÖR 1999,474). Entsprechend ist der Satzungsgeber hier verfahren.

22

cc) Auch gegen den verwendeten Gebührenmaßstab ist rechtlich nichts zu einzuwenden. Der Frontmetermaßstab (§ 3 Abs. 1 Gebührensatzung) ist im Straßenreinigungsgebührenrecht als geeigneter Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Vorteilsbemessung allgemein anerkannt (Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 6, Anm. 10.8.1 m.w.N.). Gleiches gilt für den fiktiven Frontmetermaßstab bei Hinterliegergrundstücken und die mit Blick auf die Einbeziehung der echten Hinterliegergrundstücke mit einem fiktiven Frontmetermaßstab erfolgte erweiterte Hinterliegerregelung für atypische Anliegergrundstücke in § 3 Abs. 5 Gebührensatzung (Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 6, Anm. 10.8.2 m.w.N.).

23

dd) Schließlich dürfte auch gegen die Rechtsanwendung im Einzelfall nichts zu erinnern sein. Es könnte für diese Entscheidung dahinstehen, ob das Grundstück des Klägers tatsächlich an der D.straßeanliegt. Ob ein Grünstreifen zwischen Fahrbahn und Grundstück eine trennende Wirkung hat oder noch als Straßenbestandteil anzusehen ist, hängt davon ab, ob bei natürlicher Betrachtungsweise eine räumliche Beziehung zwischen der Straße bzw. dem Gehweg und dem Grundstück besteht, was bei größeren Grundstücksstreifen nicht mehr der Fall ist, da sie die Beziehung zwischen Straße und Grundstück aufheben (OVG Münster, Urt. v. 08.11.1974 - II A 168/74, OVGE 30,143; VG Greifswald, Urt. v. 26.02.2009 - 3 A 764/06, n.v.). Selbst wenn man das Grundstück des Klägers danach nicht mehr als Anliegergrundstück qualifizieren würde, wäre es nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Gebührensatzung mindestens in der festgesetzten Weise als Hinterliegergrundstück in die Kostenverteilung aufzunehmen. Das klägerische Grundstück wird jedenfalls durch die D.straße erschlossen.

24

Im Straßenreinigungsgebührenrecht gilt ein eigenständiger Erschließungsbegriff. Danach ist ein Grundstück durch die gereinigte Straße erschlossen, wenn es im Erhebungszeitraum rechtlich und tatsächlich eine Zugangsmöglichkeit zu der Straße hat und dadurch eine innerhalb geschlossener Ortslage übliche und sinnvolle wirtschaftliche Grundstücksnutzung ermöglicht wird (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 435). Es kommt für die Einbeziehung von Hinterliegern weder auf das Bestehen eines Notwegerechtes noch auf eine andere dauerhafte Absicherung der Zuwegung an. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die außerhalb der gereinigten Straße liegende Zuwegung zum Grundstück den Charakter einer selbständigen Erschließungsstraße, das heißt eigenständigen Charakter im Sinne des Straßenrechtes hätte. Dies ist dann anzunehmen, wenn das Grundstück von der betreffenden Straße derart weit entfernt ist, dass für den Grundstückseigentümer von einem Sondervorteil durch die Straßenreinigung nicht mehr die Rede sein kann. Hierbei ist darauf abzustellen, ob die Zuwegung wegen ihrer Ausdehnung, ihres Ausbauzustands und der Anzahl der über sie erreichbaren Grundstücke bereits einen eigenständigen Charakter hat, durch den der Erschließungszusammenhang zur öffentlichen Straße beseitigt wird. Insoweit kann ergänzend auf die erschließungsbeitragsrechtlichen Maßstäbe zur Zugehörigkeit einer Stichstraße zur Anlage zurückgegriffen werden (VG Greifswald, Urt. v. 11.09.2007 - 3 A 237/06, n.v.). Nach diesen Maßstäben ist die westlich des Grundstücks des Klägers gelegene Stichstraße schon nach ihrer Ausdehnung als bloße Grundstückszufahrt zu qualifizieren, die den Erschließungszusammenhang zur D.straße nicht aufhebt.

25

Der Umstand schließlich, dass die Straße nur halbseitig und zwar auf dem Grundstück des Klägers gegenüberliegenden Streifen gereinigt wird, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung. Die Gebühr ist kein Entgelt für die Reinigung eines bestimmten Straßenabschnitts vor dem Anliegergrundstück, die stellt vielmehr die Gegenleistung für den Vorteil dar, der anliegenden und erschlossenen Grundstückseigentümern dadurch zugute kommt, dass die an ihren Grundstücken entlangführende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung reingehalten wird (OVG Greifswald, Urt. v. 21.12.1995 - 6 L 200/95, LKV 1996,379). Die Gemeinde bestimmt in der Straßenreinigungssatzung nach pflichtgemäßem Ermessen, in welchem Umfang die Reinigung örtlich erforderlich ist (§ 50 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V). Bei einer nur einseitigen Begrenzung der Straße durch einen Bordstein kann eine nur halbseitige Reinigung durchaus sinnvoll sein, weil die Reinigung des nur durch ein Bankett begrenzten Fahrstreifens maschinell nicht möglich ist und Schmutz und Gegenstände insoweit schon durch den Fahrzeugverkehr von der Fahrbahn getragen werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine zweiseitige Reinigung die Anzahl der Kehrmeter und damit den Gebührensatz auch zulasten des Klägers erhöhen würde. Aus dem Beschluss des OVG Lüneburg vom 20.03.2007 (Az.: 9 L 2554/95, NVwZ-RR 1998, 135) ergibt sich nichts anderes. In dem dort zu beurteilenden Fall war die halbseitige Reinigung der Fahrbahn den Anliegern übertragen worden. So liegt es hier gerade nicht.

26

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a VwGO liegen nicht vor.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2012 – Kassenzeichen A – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2012 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren.

2

Der Kläger ist Eigentümer des unbebauten Grundstücks G1, das östlich an die Straße „F.“ (Flurstück G2) grenzt. Die dem Grundstück auf der anderen Straßenseite gegenüber liegenden Grundstücke werden baulich genutzt.

3

Mit Bescheid vom 12. Januar 2012 zog der Beklagte den Kläger zu Straßenreinigungsgebühren 2012 (nur Winterdienst) für die Straße „F.“ i.H.v. 65,78 EUR heran. Seinen hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2012 – zugestellt am 1. Februar 2012 – zurück.

4

Am 28. Februar 2012 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Das Grundstück der Klägerin unterliege nicht der Straßenreinigungsgebührenpflicht, da es nicht an die gereinigte Straße angrenze, sondern eigenständiges Flurstück von der gereinigten Straße getrennt sei. Zudem befinde sich auf der Grundstücksgrenze ein Zaun und eine ca. 6 m hohe Hecke.

5

Der Kläger beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2012 – Kassenzeichen A – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2012 aufzuheben.

7

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Mit Beschluss vom 12. Februar 2014 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

11

Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

II.

12

Die zulässige Klage ist begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Ihm fehlt die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage.

13

1. Er kann nicht auf die Satzung der Hansestadt A-Stadt über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren (Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung - RGS) vom 12. Dezember 2011 gestützt werden, denn die Satzung ist nichtig.

14

Fehlerhaft und damit unwirksam ist die Bestimmung des Gebührenschuldners. Damit weist der Gebührensatzung nicht den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt auf, was zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

15

a) Die Schuldnerbestimmung in § 7 Abs. 3 Satz 1 GS ist fehlerhaft. Zwar bestimmt sie im Einklang mit § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V), dass Gebührenschuldner die Eigentümer und die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke sind. Die Beschränkung des Kreises der Gebührenschuldner auf die die Eigentümer und dinglich Berechtigten (der anliegenden oder erschlossenen Grundstücke) ist jedoch nicht mit § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V zu vereinbaren. Diese Vorschrift bestimmt, dass bei u.a. bei der Straßenreinigung Gebührenschuldner ist, wer nach den grundsteuerrechtlichen Vorschriften Schuldner der Grundsteuer ist oder sein würde, wenn das Grundstück nicht von der Grundsteuer befreit wäre. Die Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG ist damit weiter als die des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V, denn der Verweis auf die grundsteuerrechtlichen Vorschriften führt dazu, dass Schuldner der Straßenreinigungsgebühr auch ein lediglich schuldrechtlich Berechtigter sein kann, weil es für das wirtschaftliche Eigentum i.S.d. § 10 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) nicht auf die bürgerlich-rechtliche Eigentumslage, sondern eine Zurechnung ankommt (eingehend: OVG Greifswald, Beschl. v. 16.07.2012 – 1 L 19/09 –, S. 8 f. des Entscheidungsumdrucks [n.v.]).

16

§ 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V bildet den Prüfungsmaßstab für die satzungsmäßige Schuldnerbestimmung bei der Straßenreinigungsgebühr. Eine satzungsrechtliche Bestimmung des Gebührenschuldners, die sich an § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V orientiert, ist fehlerhaft.

17

Zwar ist die Regelung des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V nach der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern eine Spezialbestimmung, die der Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V vorgeht (VG Greifswald, Urt. v. 27.10.2010 – 3 A 596/06 –, juris Rn. 20; VG Schwerin, Urt. v. 04.12.2008 – 4 A 1997/05 –). In Ansehung des letztgenannten Urteils hat das OVG Greifswald den Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung mit dem bereits benannten Beschluss vom 16. Juli 2012 abgelehnt. An dieser bisher einhellig vertretenen Auffassung kann jedoch nicht festgehalten werden. Denn für die Annahme, dass § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V hinsichtlich des Gebührenschuldners die gegenüber § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V speziellere Regelung ist und sie verdrängt, fehlt eine gesetzliche Stütze. Es darf nämlich nicht außer acht gelassen werden, dass die Straßenreinigung in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V aufgeführt ist. Die Vorschrift bestimmt, dass bei der (…) Straßenreinigung Gebührenschuldner (ist), wer nach den grundsteuerrechtlichen Vorschriften Schuldner der Grundsteuer ist oder sein würde, wenn das Grundstück nicht von der Grundsteuer befreit wäre. Damit will die Vorschrift nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut (auch) die Straßenreinigungsgebühr erfassen. Spezieller kann der Anwendungsbereich einer Vorschrift nicht geregelt werden. § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V betrifft ebenfalls die Gebührenerhebung, denn die Kosten öffentlicher Einrichtungen werden, sofern keine zivilrechtliche Entgeltregelung getroffen wird, was im Bereich der Straßenreinigung regelmäßig nicht der Fall ist, durch die Erhebung von Benutzungsgebühren gedeckt. Daher kann von einem Spezialitätsverhältnis nicht gesprochen werden. Vielmehr stehen die Bestimmungen des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V und des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V – was die Schuldnerbestimmung angeht – in einem (inhaltlichen und normhierarchischen) Gleichordnungsverhältnis. Das Kriterium der Spezialität scheidet als Unterscheidungsmerkmal aus.

18

Die Normkollision muss daher auf andere Weise – und zwar nach dem Kriterium der zeitlichen Reihenfolge gelöst werden. Aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtssatz „lex posterior derogat legi priori“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.2000 – 5 C 29/98 –, juris Rn. 25) ergibt sich ein Vorrang des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V vor § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V. Der genannte Rechtssatz besagt, dass die jüngere Vorschrift der älteren vorgeht und diese verdrängt. Dies trifft auf das Verhältnis von § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V und § 50 Abs. 4 Nr. 3 StrWG M-V zu, denn die erstgenannte Bestimmung ist das jüngere Gesetz. Das Straßen- und Wegegesetz vom 13. Januar 1993 (GVOBl. M-V, S. 42) ist mit dem bereits in der Ursprungsfassung enthaltenen § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 am 29. Januar 1993 verkündet worden und am 30. Januar 1993 in Kraft getreten (vgl. § 71 StrWG M-V). Demgegenüber ist das Kommunalabgabengesetz vom 1. Juni 1993 (KAG a.F. – GVOBl. M-V, S. 522, berichtigt S. 922) einschließlich der Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 erst am 16. Juni 1993 verkündet worden und am 17. Juni 1993 in Kraft getreten (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F.) (zum Ganzen: Aussprung/Seppelt a.a.O., § 6 Anm. 10.5).

19

b) Der Anwendungsbereich des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V beschränkt sich demgemäß auf die Definition der durch die öffentliche Straßenreinigung bevorteilten Grundstücke und stellt klar, dass sich der Vorteil auf die anliegenden und die durch die gereinigte Straße erschlossenen Grundstücken erstreckt. In Bezug auf diesen Regelungsgehalt wird die Bestimmung insbesondere nicht von der allgemeinen Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V verdrängt, weil die grundstücksbezogene Regelung in § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V die speziellere ist. Da § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V keine generelle Pflicht zur Heranziehung auch der Hinterlieger („erschlossene Grundstücke“) begründet (OVG Greifswald, Urt. v. 21. Dezember 1995 – 6 L 200/95 –, LKV 1996, 379), muss die Gemeinde in der Straßenreinigungsgebührensatzung eine Entscheidung darüber treffen, ob nur die an die gereinigte Straßen anliegenden Grundstücke oder auch die von ihr erschlossenen Grundstücke der Straßenreinigungsgebührenpflicht unterfallen.

20

c) Die gegen diese Normauslegung gerichteten Einwände des Beklagten verfangen nicht. Soweit er unter Hinweis auf die sich überschneidenden parlamentarischen Beratungen der genannten Vorschriften bezweifelt, dass die Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V das jüngere Gesetz sei, kann dem mit Blick auf die jeweiligen Verkündungsdaten (s.o.) nicht gefolgt werden.

21

Ebenfalls unzutreffend ist der Einwand, dem Landesgesetzgeber könne nicht der Wille unterstellt werden, die Bestimmung des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V nach kürzester Zeit durch die des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V zu ersetzen. Gerade weil subjektive Absichten der gesetzgebenden Organe in der Regel – und auch vorliegend – nicht ermittelbar sind, wurden zur Auslegung widersprüchlicher Vorschriften objektive Regeln wie der „lex-posterior-Grundsatz“ entwickelt.

22

Da die Regelung des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V durch § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V verdrängt wird, greift auch der Hinweis des Beklagten auf die Benutzerfiktion des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 zweiter Halbsatz StrWG M-V ins Leere.

23

Unzutreffend ist auch die Auffassung des Beklagten, aus § 50 Abs. 4 Satz 2 Nrn. 2 und 3 StrWG M-V ergebe sich die Intention des Gesetzgebers, den Kreis der möglichen Reinigungspflichtigen und den Kreis der möglichen Gebührenschuldner identisch zu bestimmen. Dass dies nicht zu trifft, folgt bereits aus dem Umstand, dass die Reinigungspflicht nur auf die Eigentümer oder dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke übertragen werden kann, während gebührenpflichtig die Eigentümer oder dinglich Berechtigen der anliegenden und der durch die Straße erschlossenen Grundstücke (Hinterlieger) sein können. Soweit das erkennende Gericht in ständiger Rechtsprechung der Auffassung ist, dass der Kreis der gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer möglichst weitgehend deckungsgleich mit dem Kreis der Grundstückseigentümer im räumlichen Bereich der Straßenreinigung zu ziehen ist (zuletzt: VG Greifswald, Urt. v. 08.08.2013 – 3 A 174/12 –, juris Rn. 21 m.w.N.), bezieht sich dies allein auf den räumlichen Umfang der Straßenreinigungsgebührenpflicht: Da der Gesetzgeber den Kreis der zu reinigenden Straßen weiter gezogen hat, als nach ihrer Belegenheit im bebaubaren Bereich, werden nicht nur die Kosten der Reinigung im bebaubaren Bereich, sondern die Straßenreinigungskosten für alle Straßen innerhalb geschlossener Ortsteile (im straßenrechtlichen Sinne) auf die Eigentümer der von den Straßen erschlossenen Grundstücke (anteilig und unter Berücksichtigung der Verkehrsbedeutung der Straße) umgelegt (VG Greifswald a.a.O.).

24

Schließlich kann die Schuldnerbestimmung in § 7 Abs. 3 Satz 1 RGS nicht auf § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V gestützt werden. Nach dieser Vorschrift kann die Satzung bei grundstücksbezogenen Gebühren bestimmen, dass sonstige Nutzungsberechtigte gebührenpflichtig sind. Da Eigentümer und zur Nutzung dinglich Berechtigte gerade keine sonstigen Berechtigten i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V sind, werden von der Bestimmung nur schuldrechtlich Berechtigte erfasst. Damit erlaubt § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V lediglich die Erweiterung des Kreises der Gebührenpflichtigen auf Mieter und Pächter, nicht aber eine Schuldnerbestimmung nach § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V.

25

2. Der Bescheid kann auch nicht auf die Satzung über die Gebühren der Straßenreinigung (Straßenreinigungsgebührensatzung – GS) vom 12. Dezember 2011 gestützt werden, denn die Satzung ist ebenfalls nichtig (VG Greifswald, Urt. v. 01.11.2013 – 3 A 535/11 –, juris).

26

3. Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass das klägerische Grundstück bei Wirksamkeit der Gebührensatzung der Gebührenpflicht unterläge. Die Straße „ „F.““ unterliegt auch im Bereich des Grundstücks der Straßenreinigungspflicht (§ 50 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V). In Bezug auf diese Straße handelt es sich um ein anliegendes Grundstück i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 GS. Das Grundstück grenzt unmittelbar an die Straße, denn bei dem Grünstreifen handelt es sich um Seitenstreifen, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrWG M-V zur öffentlichen Straße gehören. Die Behauptung des Klägers, zwischen seinem Grundstück und dem Straßengrundstück läge das Flurstück G1 trifft ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Flurkartenauszüge und der im Internet einsehbaren maßstabsgenauen Überfliegungsfotos (www.gaia-mv.de) nicht zu.

27

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass einem Seitenstreifen von 2,50 m Tiefe keine trennende Wirkung zukommt. Ob ein Grünstreifen eine trennende Wirkung hat oder noch als Straßenbestandteil anzusehen ist, hängt davon ab, ob bei natürlicher Betrachtungsweise eine räumliche Beziehung zwischen der Straße bzw. dem Gehweg und dem Grundstück besteht, was bei größeren Grundstücksstreifen nicht mehr der Fall ist, da sie die Beziehung zwischen Straße und Grundstück aufheben. Nach der Rechtsprechung des OVG Münster – der sich das erkennende Gericht anschließt – trifft dies auf einen Grünstreifen mit einer Tiefe von bis zu 6 m jedoch nicht zu (Urt. v. 08.11.1974 - II A 168/74, OVGE 30, 143 <144>; vgl. auch VG Greifswald, Urt. v. 08.01.2008 - 3 A 239/06, S. 6 des Entscheidungsumdrucks; Urt. v. 26.02.2009 – 3 A 764/06 – S. 6 des Entscheidungsumdrucks; a.A.: Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 5. Auflage 2005, Rn. 164). Das OVG Greifswald (Beschl. v. 18.07.2012 – 1 L 47/12 –, S. 5 des Entscheidungsumdrucks [n.v.]) geht davon aus, dass einem Grünstreifen von 1,5 m Tiefe selbst dann keine trennende Wirkung zukommt, wenn darauf Bänke u. dgl. aufgestellt sind.

28

Der Umstand, dass sich auf der der gereinigten Straße zugewandten Grundstücksseite ein Zaun und eine Baumhecke befinden, steht der Gebührenpflicht ebenfalls nicht entgegen. Denn die Straßenreinigungsgebührenpflicht knüpft an den Vorteil an, der bereits durch die Möglichkeit entsteht, einen Zugang zur Straße zu schaffen (VG Greifswald, Urt. v. 26. Februar 2009 – 3 A 764/06 –, S. 7 des Entscheidungsumdrucks).

29

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte Schwerin und Greifswald zur Bestimmung des Gebührenschuldners (nunmehr) uneinheitlich ist und eine abschließende Klärung diese Frage durch das OVG Greifswald noch nicht erfolgt ist.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 12. Februar 2014 – 3 A 180/12 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2012.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in der A-Stadt Gemarkung G..., Flur ..., Flurstück .../1. Zwischen diesem Grundstück und der Straße F... verläuft ein ca. 2,5 m breiter Grünstreifen. Zu diesem grenzt sich das Grundstück des Klägers mit einem Zaun und einer etwa 6 m hohen Hecke ab.

3

Mit Abgabenbescheid vom 12. Januar 2012 zog der Beklagte den Kläger zu Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2012 für das streitgegenständliche Grundstück heran. Dabei berechnete der Beklagte nur den Winterdienst und veranlagte den Kläger mit einer Gebühr in Höhe von (Berechnungseinheit 46 m x Hebesatz 1,43 =) 65,78 EUR. Den Widerspruch des Klägers vom 17. Januar 2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2012 mit der Begründung zurück, eine objektive Beziehung zwischen dem Grundstück und der Straße liege vor. Es sei ausreichend, wenn dem Grundstück abstrakt ein Vorteil entstehe. Eine Zugänglichkeit vom Grundstück zur Straße bestehe nicht. Dennoch sei die Schaffung eines Zugangs vom Grundstück zur Straße möglich, womit das Grundstück straßenreinigungsrechtlich an der Straße „F...“ anliege.

4

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 01. Februar 2012 hat der Kläger am 28. Februar 2012 Klage erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, er sei kein direkter Anlieger der Straße, da zwischen seinem Flurstück und der Straße ein weiteres Flurstück (Nr. .../2) liege und die Front seines Grundstücks zur Straße mit einer 6 m hohen Hecke und einem Zaun abgegrenzt sei. Auch erfolge der Zugang von der Straße zu seinem Grundstück Flurstück .../1 über das Grundstück Flurstück .../4. Die Grünfläche weise eine Breite von ca. 2,50 m und eine Länge von ca. 46 m auf. Dabei handele es sich um kein Straßenbegleitgrün, sondern die Fläche habe die Qualität einer eigenständigen Erschließungsanlage und gehöre somit auch nicht zum Straßenkörper. Sie sei als selbstständiges Flurstück ausgewiesen. Die abstrakte Möglichkeit der Schaffung einer zweiten Zuwegung bringe dem Kläger keinen Vorteil, da er bereits eine Zuwegung zum betreffenden Grundstück habe und ihm die Schaffung einer zweiten Zuwegung hinsichtlich Grundstücksgröße und Nutzung unverhältnismäßig erscheine. Darüber hinaus müsse er ein Wegerecht für das vor ihm liegende Grundstück geltend machen.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2012 – Kassenzeichen ....... – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2012 aufzuheben.

7

Der Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er hat vorgetragen, das Grundstück des Klägers grenze unmittelbar an die öffentliche Straße „F...“ an. Bei dem Grünstreifen handele es sich um einen Seitenstreifen, der nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Straßen- und Wegegesetz M-V (StrWG M-V) zur öffentlichen Straße gehöre. Der Grünstreifen sei kein eigenständiges Flurstück. Gemäß § 7 Abs. 2 der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung gelten als anliegende Grundstücke auch Grundstücke, die vom Gehweg oder der Fahrbahn durch Gräben, Böschungen, Mauern, Trenn-, Rand-, Seiten- oder Sicherheitsstreifen oder auf ähnliche Weise getrennt seien. Ob ein Grünstreifen eine trennende oder eine eigenständige Bedeutung habe, hänge von der räumlichen Beziehung zwischen der Straße und dem Grundstück ab. Eine solche Beziehung bestehe. Zwar reiche nach der Rechtssprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern das geometrische Angrenzen eines Grundstücks an eine öffentliche Straße nicht in jedem Fall zur Begründung der Gebührenpflicht aus. Erforderlich sei, dass eine wirtschaftliche oder verkehrliche Nutzung des Anliegergrundstücks durch die Straße möglich sei. Dem Kläger sei es ohne weiteres möglich, einen Zugang zur öffentlichen Straße zu schaffen.

10

Nach Anhörung der Beteiligten unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 01. November 2013 zum Az. 3 A 535/11 hat der Beklagte seinen Vortrag um die Berufungsbegründung aus dem dortigen Verfahren (OVG Mecklenburg-Vorpommern – 1 L 243/13 –) ergänzt. Darin hat der Beklagte ausgeführt, die Straßenreinigungsgebührensatzung vom 12. Dezember 2011 sei wirksam. Insbesondere seien die Gebührenschuldner in § 2 der Satzung wirksam bestimmt worden. Diese auf § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V beruhende Regelung sei eine wirksame Grundlage und werde nicht durch den „jüngeren“ § 6 Abs. 4 Satz 2 Kommunalabgabengesetz M-V (KAG M-V) verdrängt. Das Straßen- und Wegegesetz sei in seiner Gesamtheit das sachnähere Gesetz. Dort seien Art und Umfang der Reinigung, die Reinigungspflicht der Gemeinden, die Möglichkeit der Übertragung der Reinigungspflicht und die Kostenheranziehung insgesamt geregelt. Das Kommunalabgabengesetz M-V erwähne die Straßenreinigung lediglich mit einem Wort. § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V sei als Konkretisierung von § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V aufzufassen. Bei der Auslegung des Wortlauts „sonstige Nutzungsberechtigte“ in § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V überzeuge nicht, dass es sich um einen Personenkreis handeln müsse, der von der Bestimmung des Gebührenschuldners in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V nicht erfasst sei. Selbst bei enger Auslegung des Wortes „sonstige“ eröffne § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V jedenfalls die Möglichkeit, einen zum Teil identischen Personenkreis als Gebührenschuldner zu bestimmen. Der Kreis der von § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V bezeichneten Gebührenschuldner sei nicht ausschließlich ein Minus gegenüber der Bestimmung der Gebührenschuldner in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V. Im Falle einer Eigentumsübertragung am Anfang eines Jahres und einer zügigen Eintragung ins Grundbuch könnten Eigentümer des Grundstücks und Grundsteuerpflichtiger zeitweilig auseinanderfallen, da die Grundsteuer als Jahressteuer vom neuen Eigentümer des Grundstücks erst ab dem 01. Januar des Folgejahres erhoben werde (§§ 10, 17 Grundsteuergesetz, § 22 Bewertungsgesetz). Der vom Verwaltungsgericht herangezogene Grundsatz, dass das neuere Gesetz das ältere Gesetz verdränge, greife nicht. § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V enthalte eine Benutzungsfiktion, nach der die Pflichtigen als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Kommunalabgabengesetzes M-V gelten. Diese Fiktion korreliere mit § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V. Diese Wechselbeziehung zeige, dass das Kommunalabgabengesetz M-V keine das Straßen- und Wegegesetz M-V verdrängendes lex posterior sein könne.

11

Mit Gerichtsbescheid vom 12. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht Greifswald den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Bescheid fehle die erforderliche Rechtsgrundlage. Er könne nicht auf die Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Hansestadt Stralsund vom 12. Dezember 2011 gestützt werden. Diese Satzung sei nichtig. Fehlerhaft und unwirksam sei die Bestimmung des Gebührenschuldners. Dies führe zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.

12

Die Schuldnerbestimmung in § 7 Abs. 3 Satz 1 der Gebührensatzung sei fehlerhaft. Sie bestimme im Einklang mit § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V, dass Gebührenschuldner die Eigentümer und die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke seien. Diese Beschränkung sei jedoch nicht mit § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V zu vereinbaren. Diese Vorschrift, die auf die Grundsteuerpflichtigkeit abstelle, sei weiter als die des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V, da Schuldner der Straßenreinigungsgebühr auch ein lediglich schuldrechtlich (nicht nur dinglich) Berechtigter sein könne, weil es für das wirtschaftliche Eigentum im Sinne des § 10 Abs. 1 Grundsteuergesetz nicht auf die bürgerlich-rechtliche Eigentumslage, sondern auf die Zurechnung ankomme. Für die bisher von der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern vertretene Auffassung, § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V sei eine Spezialbestimmung zu § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V, fehle eine gesetzliche Stütze. Die Straßenreinigung sei in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V aufgeführt. Spezieller könne der Anwendungsbereich einer Vorschrift nicht geregelt werden. Die Vorschriften stünden in einem Gleichordnungsverhältnis. Das Kriterium der Spezialität scheide als Unterscheidungsmerkmal aus. Die Normkollision müsse daher durch das Kriterium der zeitlichen Reihenfolge gelöst werden. Aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtssatz „lex posterior derogat legi priori“ ergebe sich ein Vorrang der jüngeren Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V, die der älteren vorgehe und diese verdränge.

13

Die Bestimmung des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V beschränke sich auf die Definition der durch die öffentliche Straßenreinigung bevorteilten Grundstücke und stelle klar, dass sich der Vorteil auf die anliegenden und die durch die gereinigte Straße erschlossenen Grundstücke erstrecke. Die Schuldnerbestimmung in § 7 Abs. 3 Satz 1 der Gebührensatzung könne nicht auf § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V gestützt werden. Eigentümer und zur Nutzung dinglich Berechtigte seien gerade keine sonstigen Berechtigten im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V. § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V erlaube lediglich die Erweiterung des Kreises der Gebührenpflichten auf Mieter und Pächter.

14

Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass das klägerische Grundstück bei Wirksamkeit der Gebührensatzung der Gebührenpflicht unterläge. In Bezug auf die Straße „F...“ handele es sich um ein anliegendes Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 der Gebührensatzung. Das Grundstück grenze unmittelbar an die Straße. Denn bei dem Grünstreifen handele es sich um einen Seitenstreifen, der nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrWG M-V zur öffentlichen Straße gehöre. Die Behauptung des Klägers, zwischen seinem Grundstück und dem Straßengrundstück läge das Flurstück .../2, treffe nicht zu. Im Übrigen komme einem Seitenstreifen von 2,50 m Tiefe keine trennende Wirkung zu. Der Umstand, dass sich auf der der gereinigten Straße zugewandten Grundstücksseite des klägerischen Grundstücks ein Zaun und eine Baumhecke befinden, stehe der Gebührenpflicht nicht entgegen. Die Straßenreinigungsgebührenpflicht knüpfe an den Vorteil an, der bereits durch die Möglichkeit entstehe, einen Zugang zur Straße zu schaffen.

15

Gegen den ihm am 17. Februar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 11. März 2014 Berufung eingelegt, die er am 10. April 2014 begründet hat. Zur Begründung wiederholt er seine bereits erstinstanzlich eingeführte Berufungsbegründung aus dem Verfahren vor dem OVG M-V – 1 L 243/13 –.

16

Der Beklagte beantragt,

17

den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 12. Februar 2014, Az. 3 A 180/12, abzuändern und die Klage abzuweisen.

18

Der Kläger beantragt,

19

die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid vom 12. Februar 2014 zurückzuweisen.

20

Seinen Antrag hat der Kläger nicht weiter begründet.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Denn die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 12. Januar 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.

23

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist die Straßenreinigungsgebührensatzung der Hansestadt A-Stadt vom 12. Dezember 2011 (Gebührensatzung). Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 Gebührensatzung sind die Eigentümer und die zur Nutzung dinglich Berechtigten Gebührenschuldner; nach Satz 2 dieser Vorschrift sind mehrere Gebührenschuldner Gesamtschuldner. Diese Satzungsregelung bezeichnet die Gebührenschuldner in Übereinstimmung mit § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz StrWG M-V und ist insoweit wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Gebührenerhebung. § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V als gesetzliche Grundlage für § 7 Abs. 3 Satz 1 Gebührensatzung wird nicht durch § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V verdrängt. Folglich durfte der Satzungsgeber sich auf diese Ermächtigungsgrundlage stützen und die Eigentümer und die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke als Gebührenschuldner bestimmen.

24

In § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V heißt es:

25

Reinigungspflichtig sind die Gemeinden. Sie sind berechtigt, durch Satzung

26

27

3. die Eigentümer oder die zur Nutzung dinglich berechtigten der anliegenden Grundstücke sowie der durch die Straße erschlossenen Grundstücke zu den entstehenden Kosten heranzuziehen; soweit die Gemeinde zur Deckung der Kosten Gebühren erheben, gelten die Pflichtigen als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

28

§ 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V lautet:

29

Bei der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung, der Abfallentsorgung und der Straßenreinigung ist Gebührenschuldner, wer nach den grundsteuerrechtlichen Vorschriften Schuldner der Grundsteuer ist oder sein würde, wenn das Grundstück nicht von der Grundsteuer befreit wäre.

30

Mithin treffen beide Vorschriften unterschiedliche Regelungen zum Kreis der Gebührenschuldner im Falle der Erhebung von Straßenreinigungsgebühren. Denn § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V ermächtigt den gemeindlichen Satzungsgeber, nur die dinglich Berechtigten (Eigentümer und sonstige dinglich Berechtigte, wie bspsw. Erbbauberechtigte, Nießbraucher) zu den entsprechenden Kosten heranzuziehen. Demgegenüber umfasst § 6 Abs. 4 KAG M-V mit der Bezugnahme auf die grundsteuerrechtlichen Vorschriften – wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 (1 L 19/09) zu Recht hervorhebt – darüber hinaus aufgrund des wirtschaftlichen Eigentumsbegriffs (vgl. Eisele, GrStG, 9. Aufl., § 10 Rn. 2; Brockmeyer, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 39 Rn. 1, 5) auch (nur) schuldrechtlich Berechtigte. Denn nach § 10 GrStG ist Schuldner derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswertes zugerechnet wird. Gemäß § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter (grundsätzlich) dem Eigentümer zuzurechnen. Nach Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift gilt jedoch, dass dann, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann, ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen ist (wirtschaftliches Eigentum).

31

Die beiden Normen stehen jedoch nicht dergestalt in einem inhaltlichen Widerspruch zueinander, dass die Anwendung der einen oder der anderen Vorschrift ausgeschlossen wird. Insbesondere wird die Bestimmung des § 50 Abs. 4 StrWG M-V als Rechtsgrundlage für die satzungsrechtliche Regelung der Gebührenschuldner der Straßenreinigungsgebühr, wie sie in § 7 Abs. 3 Satz 1 Gebührensatzung erfolgt ist, nicht durch § 6 Abs. 4 KAG M-V verdrängt. Denn für den vom Verwaltungsgericht zur Begründung einer solchen von ihm angenommenen Verdrängung herangezogenen Rechtsgrundsatz “lex posterior derogat legi priori“ besteht dann kein Raum, wenn für die beiden sich anscheinend widersprechenden Normen eine normerhaltende Gesetzesauslegung möglich ist, die beiden Vorschriften einen Anwendungsbereich belässt. So liegt der Fall hier.

32

Beide Vorschriften sind in dem Sinne miteinander „verzahnt“, dass sie sich ergänzend nebeneinander anwendbar sind. So wird der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 4 KAG M-V überhaupt erst durch § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 2. Halbsatz StrWG M-V eröffnet. § 6 KAG M-V regelt nach seiner Überschrift Benutzungsgebühren. Allein die Aufzählung der Straßenreinigungsgebühr in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V lässt diese Gebühr jedoch nicht zu einer Benutzungsgebühr im Sinne des Gesetzes werden. Denn eine Benutzungsgebühr entsteht grundsätzlich nur dann, wenn die öffentliche Einrichtung oder Anlage vom Abgabepflichtigen auch tatsächlich unmittelbar in Anspruch genommen wird (§ 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 4 Satz 1 KAG M-V). Der Anknüpfungspunkt für das abgerechnete Benutzungsverhältnis liegt bei der Straßenreinigungsgebühr – anders als in den anderen Fällen des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V – nicht unmittelbar auf dem Grundstück des Gebührenschuldners. Vielmehr wird die Gebühr dafür erhoben, dass die Gemeinde die ihr obliegende Reinigungspflicht (§ 50 Abs. 4 Satz 1 StrWG M-V) nicht bzw. nicht gänzlich den Anliegern gemäß § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StrWG M-V auferlegt, sondern die Reinigung (flächendeckend) selbst durchführt und die Kosten auf die Anlieger (im weiteren Sinne) umlegt. Es bedarf daher einer Regelung zur Einbeziehung der an der Straße (im weiteren Sinne) anliegenden Grundstücksberechtigten, um die Reinigungskosten als Benutzungsgebühren geltend machen zu können. Eine solche Vorschrift findet sich jedoch nicht im Kommunalabgabengesetz M-V, sondern in der Fiktion des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 2. Halbsatz StrWG M-V, wonach – soweit die Gemeinden zur Deckung der Kosten Gebühren erheben – die Pflichtigen als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern gelten (siehe nur Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 5. Aufl. 2006, Rdn. 308). Diese Vorschrift fingiert die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung „Straßenreinigung“ durch den Gebührenschuldner als gesetzliches Benutzungsverhältnis. Erst über diese Fiktion wird das Regelungsregime des § 6 KAG M-V (auch über die Kosten- und Gebührenberechnung) überhaupt eröffnet, insbesondere auch für die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 3, nach der Gebühren nach Satz 2 als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen, soweit es sich – wie bei der Straßenreinigungsgebühr – um grundstücksbezogene Gebühren handelt. Zutreffend zitiert die streitgegenständliche Gebührensatzung deshalb in ihrem Eingangssatz als Ermächtigungsgrundlage beide Vorschriften.

33

Die so eröffnete Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V enthält keine abschließende Regelung zur satzungsrechtlichen Bestimmung der Gebührenschuldner. Das folgt schon aus Satz 4 dieser Norm; danach kann die Satzung bei grundstücksbezogenen Gebühren – zu denen auch die Straßenreinigungsgebühr gehört – bestimmen, dass sonstige Nutzungsberechtigte des Grundstücks gebührenpflichtig sind. Insoweit wird dem Satzungsgeber ein Ermessen eröffnet. Eine entsprechende Erweiterung seines Regelungsrahmens stellt auch die Vorschrift des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz StrWG M-V dar. Diese Norm, die ebenfalls keine zwingende Vorgabe hinsichtlich der Gebührenschuldner enthält, eröffnet ein entsprechendes Satzungsermessen im Sinne einer Berechtigungsnorm („Sie sind berechtigt, durch Satzung …“). Dass es sich bei § 50 Abs. 4 Satz 2 StrWG M-V um eine solche Berechtigungsnorm handelt, lässt sich auch systematisch an der Struktur der Vorschrift erkennen, die nicht lediglich eine solche Regelung über die Gebührenschuldner trifft, sondern umfassend die Gemeinde berechtigt, ihre nach Satz 1 der Vorschrift bestehende Reinigungspflicht zu organisieren, und sie ermächtigt, dazu unter bestimmten Voraussetzungen Straßen außerhalb der Ortslage in die Reinigungspflicht einzubeziehen (Nr. 1), die Reinigungspflicht ganz oder teilweise auf die dinglich Berechtigten zu übertragen (Nr. 2), vorzusehen, dass ein Dritter anstelle des dinglich Berechtigten die Reinigungspflicht übernimmt (Nr. 4), sowie Art und Umfang der Reinigungspflicht zu bestimmen (Nr. 5). Der Landesgesetzgeber räumt damit den Gemeinden einen weiten Regelungsspielraum ein, ohne selbst verbindlich den Kreis der im Ergebnis Reinigungs- bzw. Gebührenpflichtigen vorzuschreiben.

34

§ 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V vermag § 50 Abs. 4 Satz 2 StrWG M-V auch deshalb nicht zu verdrängen, weil § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V den Gebührenschuldner nur für „das Grundstück“ benennt, ohne festzulegen, welche Grundstücke für die Bestimmung des Kreises der Benutzer maßgeblich sein sollen. Das erscheint zwar für die Gebühren, die – etwa wie bei der Wasserversorgung bzw. der Abwasserbeseitigung – technisch eine Zu-/bzw. Ableitung auf das jeweilige Grundstück benötigen, grundsätzlich auch nicht erforderlich. Das gilt für Straßenreinigungsgebühr jedoch so nicht, vielmehr eröffnet erst § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz StrWG M-V die Satzungsbefugnis, die Eigentümer und dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke und darüber hinaus auch der durch die Straße erschlossenen Grundstücke zu Gebühren heranzuziehen.

35

Nach alldem sind beide Normen jeweils für sich als Berechtigungsnormen im Sinne einer Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Straßenreinigungsgebührensatzung zu verstehen. Sowohl § 6 Abs. 4 KAG M-V als auch § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V enthalten jeweils keine gesetzlich abschließende Regelung, sondern überlassen es dem Satzungsermessen der Gemeinde, die Gebührenschuldner konkret festzulegen. Die normhierarchisch gleichrangigen Bestimmungen zum Gebührenschuldner einer Straßenreinigungsgebühr in § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz StrWG M-V und § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V schließen sich nicht gegenseitig aus. Sie bleiben auch nach der Einführung von § 6 Abs.4 Satz 2 KAG M-V durch das Kommunalabgabengesetz vom 01. Juni 1993 (GVOBl. M-V, S. 522, 922) sinnvoll nebeneinander anwendbar; sie wären für sich genommen hinsichtlich der streitigen Gebührenerhebung unvollständig. Gebührenschuldner ist, wer nach den grundsteuerrechtlichen Vorschriften Schuldner der Grundsteuer für das anliegende oder das erschlossene Grundstück ist oder sein würde, wenn das Grundstück nicht von der Grundsteuer befreit wäre. Der Satzungsgeber kann daneben oder anstelle dieser Personengruppe die Eigentümer, die zur Nutzung dinglich Berechtigten und sonstige Nutzungsberechtigte des Grundstücks gemeinsam oder einzeln zu Schuldnern der Straßenreinigungsgebühr bestimmen und deren Gesamtschuldnerschaft anordnen (§ 12 KAG M-V i. V. m. § 44 AO)

36

Hinsichtlich der weiteren vom Kläger vorgetragenen Einwände insbesondere auch im Hinblick auf die Rechtsanwendung verweist der Senat gemäß § 130b Satz 2 VwGO analog auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

2.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 u. Abs. 2 VwGO i. V .m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

39

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.