Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 04. Nov. 2015 - 7a K 3026/15.A
Gericht
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. Juni 2015 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der 1988 geborene Kläger, marokkanischer Staatsangehöriger, meldete sich am 1. April 2015 im Bundesgebiet als Asylbewerber und gab an, seine Heimat im Jahr 2010 verlassen und sich anschließend in der Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und danach in Ungarn aufgehalten zu haben. EURODAC-Treffer bestätigen, dass der Kläger am 13. März 2014 in Ungarn Asyl beantragt hatte. Unter dem 22. April 2015 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Ungarn, dem Ungarn am 4. Mai 2015 zustimmte.
3Mit Bescheid vom 9. Juni 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an. Der Asylantrag sei gem. § 27a AsylVfG (jetzt: Asylgesetz – AsylG) unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages zuständig sei.
4Am 9. Juli 2015 hat der Kläger Klage erhoben und sich auf systemische Mängel im Asylverfahren Ungarns berufen. Sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist durch Beschluss der Kammer vom 11. August 2015 (7a L 1453/15.A) abgelehnt worden. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2015 hat die Kammer einem Abänderungsantrag des Klägers stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (7a L 2015/15).
5Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
6den Bescheid des Bundesamtes vom 9. Juni 2015 aufzuheben.
7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
8die Klage abzuweisen.
9Sie hält systemische Mängel im Asylverfahren Ungarns nicht für gegeben.
10Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten, einschließlich der der Verfahren 7a L 1481/15.A und 7a L 2015/15.A und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
11Entscheidungsgründe:
12Die zulässige Anfechtungsklage, über die im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 9. Juni 2015 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 AsylG) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
13Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Unrecht gemäß § 27a AsylG als unzulässig abgelehnt.
14Gemäß § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Fall kann das Bundesamt gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Vorliegend hat der Kläger zunächst in Ungarn Asyl beantragt; Ungarn hat auch mit Schreiben vom 4. Mai 2015 der Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. b Dublin-III-VO zugestimmt. Damit wäre innerhalb der Überstellungsfrist von sechs Monaten (Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO) grundsätzlich Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
15Der Kläger kann seiner Überstellung nach Ungarn jedoch mit Erfolg entgegenhalten, dass ihm dort im Asylverfahren systematisch eine Verletzung der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantierten Rechte droht. Die Beklagte ist gehalten, von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO Gebrauch zu machen.
16Wenn systemische Mängel im Zielstaat festgestellt werden können, ist die dem europäischen Asylsystem zugrunde liegende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der GR-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und dem Protokoll von 1967 sowie der EMRK steht, widerlegt. Das ist dann der Fall, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsmängel regelhaft so defizitär sind, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
17Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 9.
18An diese Feststellung sind hohe Anforderungen zu stellen.
19Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 18. März 2014 – 13 LA 75/13 –, juris, Rn. 14.
20Einzelne Missstände stellen noch keine systemischen Schwachstellen dar. Diese liegen vielmehr erst dann vor, wenn dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder wenn der Mitgliedstaat während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann.
21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris, Rn. 126.
22Es besteht allerdings keine allgemeine Verpflichtung, jedermann mit einer Wohnung zu versorgen, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen.
23Vgl. OVG NRW, a.a.O., Rn. 118f. m.w.N.
24Gemessen daran sind derzeit unter Berücksichtigung der neuesten verfügbaren Erkenntnismittel zur generellen Situation von Flüchtlingen einschließlich sog. Dublin-Rückkehrer und unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Klägers systemische Mängel in dem Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn festzustellen.
25Die Rechtsprechung hat die Frage nach dem Vorliegen systemischer Mängel im oben beschriebenen Sinn im ungarischen Asylsystem bis zur letzten Änderung der ungarischen Asylgesetze unterschiedlich beantwortet.
26Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. Mai 2015 – 8 LA 85/15 -; zuletzt ablehnend: VG München, Urteil vom 1. Juli 2015 – M 12 K 15. 50491 -; VG Augsburg, Urteil vom 20. Juli 2015 – Au 5 K 15.50316 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 2015 – 13 K 787/14.A -; zuletzt bejahend: VG Köln, Urteil vom 15. Juli 2015 – 3 K 2005/15.A -; VG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2015 – 2 L 858/15.A -; VG Bremen, Beschluss vom 1. April 2015 – 3 V 145/15 –; jeweils juris m.w.N.).
27Jedenfalls auf Grund der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen – und damit bei der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigenden – Änderung des ungarischen Asylrechts gibt es nach Überzeugung der Kammer wesentliche Gründe für die Annahme, dass in Ungarn systemische Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, vorliegen. Die Kammer folgt daher der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung, die sich zu diesen Gesetzesänderungen und den Auswirkungen auf das Asylaufnahmeverfahren Ungarns verhält und nach der eine Überstellung nach Ungarn im Dublin-Verfahren derzeit wegen systemischer Mängel im Asylverfahren ausscheidet.
28Vgl. VG München, Urteil vom 11. September 2015 – M 23 K 15.50045 –; VG Augsburg, Urteil vom 18. August 2015 ‑ Au 6 K 15.50155 ‑; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. August 2015 – 15 L 2556715.A; VG Saarland, Beschluss vom 12. August 2015 – 3 L 816/15; VG Kassel, Beschluss vom 7. August 2015 – 3 L 1303/15.KS.A –; jeweils juris.
29Die Kammer stützt diese Auffassung auf folgende Erkenntnisse und Einschätzungen:
30Die Errichtung von Grenzzäunen einerseits und die damit einhergehenden Änderungen des Asylrechts zum 1. August 2015 andererseits haben in Ungarn faktisch zum Ausschluss vom Zugang zur Schutzgewährung als Flüchtling geführt. Presseäußerungen des Premierministers Orban u.a. am 3. September 2015 „Wir haben nur eine Nachricht für Flüchtlinge: Kommt nicht!“, die den Gesetzesänderungen folgten, verdeutlichen das Ziel der Maßnahmen, de facto aus dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem auszusteigen.
31Vgl. Hungarian Helsinki Committee – HHC -, Building a Legal Fence – Amendments to the Hungarian Asylum Law Seriously Endanger Access to Protection, 7. August 2015, http://helsinki.hu/en/new-asylum-rules-endanger-access-to-protection; dies., Kein Land für Flüchtlinge – Informationshinweis vom 18. September 2015.
32Insbesondere führt das Hungarian Helsinki Committee zu den Einzelheiten der Gesetzesänderungen aus: Ungarn habe eine Liste von sicheren Drittstaaten beschlossen, zu denen unter anderem auch Serbien zähle. Diese Einschätzung stehe in Widerspruch zu der aktuell gültigen Position des UNHCR, des Helsinki Committees selbst und Amnesty International. Kein anderes Land in der EU betrachte Serbien für Asylsuchende als sicheres Drittland. Aufgrund dieser Festlegung sei es der ungarischen Immigrationsbehörde (Office of Immigration and Nationality (OIN)) möglich, alle Asylsuchenden, die über Serbien nach Ungarn einreisen, das seien ca. 99 % der Asylbewerber, ohne Prüfung und Anhörung ihrer Fluchtsituation abzulehnen. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn der Asylbewerber beweisen könne, dass es ihm in Serbien nicht möglich gewesen sei, Asyl zu beantragen. Ein Nachweis sei dem Asylbewerber in der Praxis jedoch aus tatsächlichen Gründen nicht möglich. Zudem hätten Asylsuchende regelmäßig keinen Zugang zu professioneller Rechtsberatung, die jedoch für die Nachweisführung notwendig sei. Überdies existiere in Serbien in der Realität kein funktionierendes Asylsystem. Weiterhin werde auch Griechenland als sicheres Drittland angesehen, ein Land, in das die EU-Mitgliedstaaten seit 2011 wegen der dort herrschenden Verhältnisse keine Dublin-Überstellungen mehr durchführen. Mit dieser Haltung verstoße Ungarn in der Praxis gegen das Gebot des „non-refoulement“, das in der Flüchtlingskonvention von 1951, in Art. 3 der EMRK und in Art. 18 und 19 der EU-GR-Charta verankert sei.
33HHC, Stellungnahme vom 7. August 2015, a.a.O., S. 2.
34Gegen eine ablehnende Entscheidung als unzulässig, die z.B. bereits bei einer Einreise über einen sicheren Drittstaat (wie Serbien) erfolge, könne eine gerichtliche Überprüfung nur innerhalb einer Frist von drei Tagen erfolgen, eine Frist, die sowohl gegen EU-Recht, als auch gegen die gefestigte Rechtsprechung des EGMR verstoße, die beide eine Mindestfrist von einer Woche vorsähen.
35HHC, Stellungnahme vom 7. August 2015, a.a.O., S. 4 m.w.N.
36Auch die Möglichkeiten einer Inhaftierung insbesondere in den sog. Dublin-Fällen sei im Verhältnis zur vorherigen Rechtslage wieder verschärft worden. Zudem sollen Flüchtlinge bis zum Ende ihres Asylverfahrens inhaftiert werden dürfen. Die neue Gesetzeslage entspricht somit in weiten Teilen der Rechtslage, die im Jahr 2012 den UNHCR zu seiner Empfehlung veranlasste, nach den Dublin-II-Bestimmungen keine Asylbewerber nach Ungarn zu überstellen.
37Seit dem 15. September 2015 ist eine weitere Verschärfung der Gesetzeslage in Ungarn eingetreten, wonach das Übertreten und Beschädigen von Sperranlagen an der Grenze als Straftat angesehen und in Schnellverfahren mit sofortiger Ausweisung und Einreiseverboten belangt wird. Die Verurteilung erfolgt in beschleunigten Verfahren. Für die Zeit vom 15. bis zum 30. September 2015 wird über 276 Verurteilungen von Flüchtlingen berichtet, die die Grenze zu Ungarn illegal überschritten hatten.
38Spiegel online vom 3. Oktober 2015 „Sonderjustiz – Ungarn urteilt Flüchtling im Schnellverfahren ab“.
39Das ist mit der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vereinbar (Art. 31 GFK).
40Vgl. auch Stellungnahme UNHCR vom 9. September 2015 in zdf heute vom 9. September 2015.
41Die Einschätzung, dass die jetzt bereits in Kraft getretenen Änderungen der Asyl- und Strafgesetze zu Lasten der Flüchtlinge gegen EU-Recht und die Rechtsprechung des EGMR verstößt und dazu führt, dass Flüchtlingsschutz in Ungarn faktisch nicht zu erlangen ist, wird vom UNHCR und Amnesty International geteilt.
42Vgl. UNHCR vom 2. Juli 2015, "UNHCR urges Hungary not to amend asylum system in haste"; aida: "Hungary adopts list of safe countries of origin and safe third countries"; amnesty international: "Hungary: Change to Asylum Law puts tens of thousands at risk".
43Darüber hinaus bestehen in Ungarn massive Kapazitätsprobleme auf Grund der enormen Zunahme von Flüchtlingszahlen. Während in Ungarn im Jahre 2012 lediglich 2.157 Asylanträge gestellt wurden, stieg die Anzahl der Asylbewerber im Jahre 2013 auf 18.900 an und verdoppelte sich im Jahre 2014 auf 42.777.
44Vgl. HHC, Bericht vom 4. März 2015.
45Vom 1. Januar bis September 2015 sollen 160.000 Flüchtlinge nach Ungarn gekommen sein.
46Zdf heute vom 9. September 2015, a.a.O.
47Bei einer Zusammenschau der entstandenen Kapazitätsprobleme bei fehlendem Willen der Regierung, hier durch Erweiterung der Kapazitäten Abhilfe zu schaffen, der gegenüber der bisherigen Rechtslage zu Lasten der Asylbewerber im Aufnahme- und Asylverfahrensablauf vorgenommenen erheblichen Verschlechterungen sowie mit Rücksicht auf die für Flüchtlinge geltenden Strafbestimmungen bei Grenzübertritt mit sofortiger Ausweisungsmöglichkeit sind nach Überzeugung der Kammer derzeit systemische Schwachstellen des ungarischen Asylverfahrens sowie der Aufnahmebedingungen festzustellen, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 der GR-Charta bergen.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Annotations
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.