Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 04. Feb. 2014 - 3a L 1893/13.A
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 3a K 6237/13.A gegen die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 19. Dezember 2013 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist von der Einhaltung der Frist des § 34a Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) auszugehen, wonach Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegen die Abschiebungsandrohung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen sind.
6Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Ein überwiegendes privates Aussetzungsinteresse ist immer dann zu bejahen, wenn sich der Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtswidrig erweisen wird, denn an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kann ein öffentliches Interesse nicht anerkannt werden. Andererseits ist regelmäßig von einem überwiegenden öffentlichen Vollzugsinteresse auszugehen, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt aller Voraussicht nach als rechtmäßig darstellen wird. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, führt dies zu einer von der Vorausbeurteilung der Hauptsache unabhängigen Interessenabwägung.
7Ausgehend von diesen Maßstäben überwiegt das Suspensivinteresse des Antragstellers nicht das öffentliche Vollzugsinteresse. Die Abschiebungsanordnung nach Ungarn ist offensichtlich rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt, wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Vorliegend geht es um die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG); § 26a Abs. 2 AsylVfG). Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit Ungarns aus § 27a AsylVfG i. V. m. den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-Verordnung). Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Zuständigkeit Ungarns für die Durchführung des Asylverfahrens ist vorliegend gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-Verordnung begründet worden, denn Ungarn hat mit Schreiben vom 20. November 2013 seine Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-Verordnung bezüglich des Antragstellers anerkannt. Bei einem Asylfolgeantrag nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG handelt es sich nach der Definition des Art. 2c Dublin II-Verordnung auch um einen Asylantrag im Sinne von § 27a AsylVfG.
8Vgl. VG München, Urteil vom 29. April 2010 – M 17 K 09.50619 –, juris m.w.N.
9Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung des Asylfolgeantrages des Antragstellers ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen Mitgliedsstaat im Sinne der Verordnung.
10Ob ein Mitgliedsstaat vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist.
11Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, juris.
12Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht. Nicht jede Verletzung eines Grundrechts oder jeder geringfügige Verstoß gegen die europäischen Asylrichtlinien durch den zuständigen Mitgliedstaat kann angesichts dessen dazu führen, dass der überstellende Mitgliedstaat nicht mehr an die Bestimmungen der Dublin-II-VO gebunden wäre. Vielmehr muss ein Mitgliedstaat die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-II-VO nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asylverfahren in diesem Mitgliedstaat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren.
13Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, a.a.O.
14Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Verweisung eines Asylbewerbers auf einen sicheren Drittstaat (vgl. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG) – die nicht nur die Berufung auf das Asylgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG ausschließt, sondern entsprechend seiner inhaltlichen Reichweite auch die materiellen Rechtspositionen erfasst, auf die ein Ausländer sich sonst gegen seine Abschiebung stützen kann – grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich. Schutz hat die Bundesrepublik Deutschland in diesen Fällen nur dann zu gewähren, wenn bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. Es obliegt insoweit dem Antragsteller unter Anlegung eines strengen Maßstabes, die Umstände darzulegen, aus denen sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem solchen im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfall betroffen ist.
15Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris.
16Eine Verdichtung des Selbsteintrittsrechts eines Mitgliedsstaates zu einer entsprechenden Pflicht kommt daher nur in Betracht, wenn ein vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangener Sonderfall offensichtlich vorliegt.
17Ausgehend von den vorstehend dargestellten Maßstäben bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in Ungarn an systematischen Mängeln leiden. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung nach Ungarn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht.
18Dabei kann offen bleiben, ob sich der Antragsteller im Hinblick darauf, dass sein Asylverfahren in Ungarn bereits abgeschlossen ist, überhaupt auf Mängel des Asylverfahrens berufen kann.
19Vgl. hierzu u. a. VG Potsdam, Beschluss vom 14. November 2013 – 6 L 787/13.A –; VG Oldenburg, 24. Januar 2014 – 3 B 6802/13 –; jeweils unter juris.
20Denn den dem Gericht vorliegenden aktuellen Erkenntnismitteln lässt sich entnehmen, dass Ungarn die unionsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Asylverfahrens unter Berücksichtigung früherer Missstände
21vgl. Bericht des ungarischen Helsinki-Komitees über die Behandlung von Dublin-Rückkehrern in Ungarn, Dezember 2011; Bericht des UNHCR, Ungarn als Asylland, Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn, April 2012, S. 9, 10, 13, 14; Bericht von bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Bericht einer einjährigen Recherche bis Februar 2012, S. 10ff.; vgl. auch Amnesty International, Positionspapier zu Rücküberstellungen nach Ungarn vom 22. Oktober 2010
22sowie die hierzu ergangene Rspr.: VG Aachen, Beschluss vom 16. November 2012 – 6 L 335/12.A –; VG Stuttgart, Urteil vom 20. September 2012 – A 11 K 2519/12 –; unter Berufung auf den Einzelfall: VG Trier, Urteil vom 30. Mai 2012 – 5 K 967/11.TR; jeweils unter juris
23gegenwärtig erfüllt. Missstände sind durch die zum Jahresbeginn 2013 in Kraft getretenen umfassenden Gesetzesänderungen behoben worden.
24Der UNHCR führt in einem Update-Bericht von Dezember 2012 aus, dass hiernach Dublin-Rückkehrer nicht inhaftiert werden und die Möglichkeit erhielten, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen.
25Vgl. UNHCR, Note on Dublin transfers to Hungary of people who have transited through Serbia – update, Dezember 2012.
26Der EGMR hat in seinem Urteil vom 6. Juni 2013 (Mohammed gegen Österreich, 2283/12) bestätigt, dass – nunmehr – keine unionswidrige Asylpraxis in Ungarn mehr zu befürchten sei. Dass sich nach der Änderung der Rechtslage zum Januar 2013 die Asylpraxis in Ungarn auch tatsächlich geändert hat, legt auch eine Stellungnahme des ungarischen Helsinki-Komitees vom 1. Juli 2013 nahe.
27Vgl. Ungarisches Helsinki-Komitee, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013.
28Die erneuten Gesetzesänderungen zum 1. Juli 2013 führen zu keiner anderen Bewertung.
29Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. Mai 2013 – 4 L 169/12 –, a.a.O.; VG Würzburg, Urteil vom 3. Dezember 2013 – W 6 K 13.30253 –, juris; VG Ansbach, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – AN 11 S 13.31074 –, juris; VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, a.a.O.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. November 2013 – 18 L 2122/13.A –, juris; a. A.: VG München, Beschluss vom 11. November 2013 – M 18 S 13.31119 –, juris.
30Nach dem Bill T/11207, Sections 31/A (1) kann aus folgenden Gründen eine Inhaftierung von Asylbewerbern für bis zu sechs Monate erfolgen:
31- Zur Überprüfung der Identität- und der Nationalität des Asylbewerbers.
32- Der Asylantragsteller ist untergetaucht oder behindert das Asylverfahren in anderer Art und Weise.
33- Zur Gewinnung der für die Prüfung des Asylantrags notwendigen Informationen, wenn ernsthafte Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylbewerber das Verfahren behindern oder hinauszögern will.
34- Zum Schutz der öffentlichen Ordnung und nationalen Sicherheit und Ordnung.
35- Bei Asylantragsstellung auf dem Flughafen.
36- Der Asylantragsteller ist wiederholt seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen und hat damit die Durchführung eines Dublinverfahrens behindert.
37Unbegleitete Minderjährige dürfen nicht inhaftiert werden (vgl. Section 31/A (2)). Ausnahmen für andere verletzliche Personen (Folteropfer, traumatisierte Flüchtlinge und vergewaltigte Frauen etc.). sind nicht vorgesehen.
38Vgl. deutsche Übersetzung: bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012, Oktober 2013, S. 9; VG Hannover, Beschluss vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, juris; englische Version: Bericht des UNHCR vom 12. April 2013: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonization, S. 4f.; Ungarisches Helsinki-Komitee, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013.
39Diese gesetzlichen Regelungen, die zwar im Vergleich zur Gesetzeslage zu Beginn des Jahres 2013 eine Verschärfung darstellen, rechtfertigen nach Auffassung des beschließenden Gerichts nicht den Schluss, das ungarische Asylsystem leide an systemischen Mängeln im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes.
40Die genannten Haftgründe entsprechen vielmehr ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31/A (3) des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung zudem nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31/B (1) des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU).
41Dies zugrunde gelegt ist nicht ersichtlich, dass das ungarische Asylsystem allein aufgrund dieser Neuregelungen an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylbewerber zur Folge hätte.
42Dass die hiernach mögliche Inhaftierung von Asylbewerbern eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellt, wird auch in den neusten Berichten des ungarischen Helsinki-Komitees vom 1. Juli 2013 und 8. Oktober 2013 nicht dargetan. Das ungarische Helsinki-Komitee kritisiert zwar, dass die oben genannten Haftgründe zu unbestimmt formuliert seien. Es führt aus, dass diese Reform „unzweifelhaft“ zu einer „signifikanten Steigerung“ der Zahl der inhaftierten Asylsuchenden führen werde.
43Vgl. Ungarisches Helsinki-Komitee, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, S. 2; Briefing paper of the Hungarian Helsinki Committee for the Working Group on Arbitrary Detention, 8. Oktober 2013, S. 17.
44Dass es tatsächlich zu einer systematischen missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften kommt oder bereits gekommen ist, kann diesen Berichten aber gerade nicht entnommen werden. Das ungarische Helsinki-Komitee weist in seinem Bericht vom 1. Juli 2013 vielmehr selbst daraufhin, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss.
45Vgl. Ungarisches Helsinki-Komitee, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, S. 4.
46Soweit das ungarische Helsinki-Komitee in seinem Bericht vom 8. Oktober 2013 unter Bezugnahme auf einige dokumentierte Einzelfälle ausführt, das ungarische Amt für Einbürgerung und Staatsbürgerschaft führe bei bestimmten Nationalitäten keine Einzelfallprüfung durch,
47vgl. Briefing paper of the Hungarian Helsinki Committee for the Working Group on Arbitrary Detention, 8. Oktober 2013, S. 18
48führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Aus einer in Einzelfällen fragwürdigen Anwendung asylrechtlicher Regelungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen systemischen Mangel.
49Auch dem Bericht des UNHCR vom 12. April 2013 lässt sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Maßstäbe nicht in ausreichendem Maße entnehmen, dass systemische Mängel vorliegen. Der UNHCR macht darin insbesondere nicht geltend, dass eine Inhaftierung von Asylbewerbern nach den geplanten Regelungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellt. Der UNHCR stellt vielmehr klar, dass Ungarn mit den Gesetzesänderungen teilweise Vorgaben einer (geplanten) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Norm für die Aufnahme von Asylbewerbern umsetzen wolle. Er bringt lediglich (große) Besorgnis hinsichtlich der Unbestimmtheit der Regelungen, der Effizienz der gerichtlichen Kontrolle und der Vergleichbarkeit mit Personen in Migrationshaft, die kein Asyl beantragt hätten, zum Ausdruck.
50Vgl. Bericht des UNHCR vom 12. April 2013: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonization, S. 7ff.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. Mai 2013 – 4 L 169/12 –; VG Würzburg, Urteil vom 3. Dezember 2013 – W 6 K 13.30253 –; jeweils a.a.O.
51Auch die weitere Stellungnahme des UNHCR vom 2. Oktober 2013,
52vgl. Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon the conclusion of its visit to Hungary (23 September – 2 October 2013)
53wonach die Inhaftierung von Asylbewerbern eher die Regel als die Ausnahme sei, liefert keinen Beleg dafür, dass diese Inhaftierungen auf einer unverhältnismäßigen Ermessensausübung beruhen.
54Vgl. VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, a.a.O.
55Vielmehr kommt dem Umstand, dass der UNHCR auch weiterhin eine generelle Empfehlung, Asylbewerber und Ausländer, nicht nach Ungarn zu überstellen, nicht ausgesprochen hat, eine besondere Bedeutung zu. Die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedstaat, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist, besonders relevant.
56Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 – C-528/11 -, juris.
57Eine andere Einschätzung lässt sich schließlich auch nicht aus dem Bericht der Flüchtlingsorganisation bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012, aus Oktober 2013 herleiten. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien. Bordermonitoring.eu gibt zu bedenken, dass Dublin-II-Rückkehrer (zumindest wenn sie sich in Ungarn noch in einem laufenden Verfahren befinden) das Inhaftierungskriterium des „Untertauchens“ bzw. der „Behinderung/Verzögerung des Asylverfahrens“ allein schon durch ihre Weiterwanderung erwiesenermaßen erfüllt hätten.
58Vgl. bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012, Oktober 2013, S. 10, 35.
59Es wird aber noch keine endgültige Bewertung zu den Gesetzesänderungen abgegeben. Es heißt vielmehr ausdrücklich, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen sei, inwieweit und in welchem Ausmaß tatsächlich auch Dublin-Rückkehrer ohne Aufenthaltstitel von den neuen Inhaftierungsregelungen betroffen seien.
60Vgl. bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012, Oktober 2013, S. 35; siehe hierzu auch VG Ansbach, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – AN 11 S 13.31074 –, a.a.O.
61Es ist schließlich weder dargetan noch ersichtlich, dass Haftbedingungen bestehen, welche die aufgrund der Regelungen inhaftierte Asylbewerber einer erniedrigen Behandlung aussetzen. Berichte zu Haftbedingungen aus der Vergangenheit bezogen sich auf Fälle der automatischen Inhaftierung von Asylbewerbern und Dublin-Rückkehrern. Eine solche automatische Inhaftierung findet gerade nicht mehr statt.
62Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. Mai 2013 – 4 L 169/12 –, a.a.O.
63Dem Bericht der Flüchtlingsorganisation bordermonitoring.eu lassen sich auch insoweit keine gegenteiligen Erkenntnisse entnehmen. Aufgrund der in der Vergangenheit aufgetretenen Missstände äußert die Organisation zwar die Befürchtung, dass auch unter dem neuen Gesetz die Inhaftierungsbedingungen mangelhaft sein werden. Angesichts der zu Beginn des Jahres 2013 um das Fünffache gestiegenen Antragszahlen gibt bordermonitoring.eu zu bedenken, dass sich die Bedingungen aufgrund von massiver Überbelegung sogar noch verschlimmern könnten. Abschließend stellt bordermonitoring.eu aber selbst fest, dass Aussagen über die Haftbedingungen unter der neuen Gesetzeslage noch nicht getroffen werden könnten.
64Vgl. bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012, Oktober 2013, S. 10, 35;
65Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass die aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahlen festgestellten Missstände eben diesem Umstand geschuldet sind und als solche ebenfalls noch keine systemischen Mängel darstellen.
66Vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – AN 11 S 13.31074 –, a.a.O.
67Aus der Stellungnahme des Europäischen Flüchtlingsrats (European Council on Refugees and Exiles = ECRE) vom 14. Juni 2013 lassen sich ebenfalls keine gegenteilige Erkenntnisse ableiten. Der Europäische Flüchtlingsrat hebt unter Bezugnahme auf die vorgenannten Berichte des UNHCR und des ungarischen Helsinki-Komitees ebenfalls lediglich hervor, dass angesichts der zum Teil zu unbestimmt gefassten ungarischen Regelungen die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde.
68Vgl. European Council on Refugees and Exiles, Weekly Bulletin vom 14. Juni 2013, Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers.
69Erkenntnismittel, die bereits bestehende systemische Mängel feststellen, sind demnach nicht ersichtlich.
70Die vorgebrachte Erkrankung des Antragstellers steht einer Überstellung nach Ungarn nicht entgegen. Die behauptete PTBS-Erkrankung wurde schon nicht durch ein (fach-)ärztliches Attest glaubhaft gemacht, welches bestimmten Mindestanforderungen und Standards an den Inhalt solcher Atteste genügt.
71Vgl. hierzu BverwG, Beschluss vom 26. Juni 2012 – 10 B 21/12 –, juris.
72Ungeachtet dessen hat der Antragsteller auch nicht nachvollziehbar vorgetragen und es ist auch sonst nicht erkennbar, dass diese Erkrankung in Ungarn nicht behandelbar wäre. Die Flüchtlingsorganisation bordermonitoring.eu stellt in ihrem Bericht von Oktober 2013 zwar eine schlechte Behandelbarkeit von PTBS-Patienten in Ungarn unter Rückgriff auf den UNHCR fest. Weiter heißt es aber, dass eine PTBS in drei Zentren in Ungarn (Bicske, Debrecen und Békéscaba) behandelbar ist.
73Vgl. bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012, Oktober 2013, S. 21.
74Es spricht insoweit die Vermutung dafür, dass Ungarn als EU-Mitgliedstaat Asylbewerbern, die an einer PTBS leiden, in diese Zentren verweist. Voraussetzung hierfür ist, dass die Bundesrepublik Deutschland bei der Durchführung der Abschiebung die zuständigen ungarischen Behörden über die Erkrankung des Asylbewerbers informiert. Damit ist für Asylbewerber, die an einer PTBS leiden, die medizinische Versorgung ausreichend gewährleistet.
75Vgl. VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, a.a.O. unter Hinweis auf dieselbe Argumentation im Hinblick auf Italien: EGMR, Beschluss vom 18. Juni 2013, Halimi gegen Österreich – 53852/11 –, juris.
76Dass der Antragsteller in der Vergangenheit keinen Zugang zur medizinischen Versorgung hatte, wird überdies durch die von ihm eingereichte Behandlungskarte aus Ungarn widerlegt.
77Soweit der Antragsteller weiter behauptet, Ungarn wolle ihn und seine Familie in den Kosovo abschieben, zeigt er schon deshalb keinen Mangel im Asylverfahren Ungarns auf, weil die gemeinsamen europäischen Verfahrensgarantien (vgl. die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft bestimmten einheitlichen Standards) zunächst kein Recht begründen, im Falle eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat verbleiben zu dürfen und von Maßnahmen verschont zu werden, die der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist zudem davon auszugehen, dass die Ablehnung des Asylantrags unter Berücksichtigung der im Übrigen schlicht behaupteten Staatenlosigkeit des Antragstellers und der unterschiedlichen Staatsangehörigkeit der übrigen Familienmitglieder erfolgte und insoweit auch als rechtmäßig erachtet wurde.
78Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller schließlich auf den zwischen der Stellung seines Asylfolgeantrags und der Bitte um Rückübernahme verstrichenen Zeitraum. Das Wiederaufnahmegesuch Deutschlands an Ungarn unterliegt nach der Dublin II-Verordnung keiner Frist. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung findet keine Anwendung. Nach dieser Vorschrift kann ein Mitgliedstaat, wenn er einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig hält, so bald wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Antrag im Sinne von Art. 4 Abs. 2 den anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen. Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der Frist von drei Monaten unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem Asylantrag gestellt wurde, für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Diese Vorschrift regelt jedoch nur den Fall eines Aufnahmegesuchs im Falle einer erstmaligen Antragstellung und findet auf das vorliegende Wiederaufnahmegesuch keine Anwendung.
79Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13 –; VG Berlin, Beschlüsse vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403/13.A – und vom 27. November 2013 – 33 L 500/13.A –; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –; a. A. VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. August 2012 – 22 L 1158/12.A –; jeweils unter juris.
80Hierfür sprechen Wortlaut und Systematik der Dublin II-Verordnung. Das Kapitel V ist überschrieben mit „Aufnahme und Wiederaufnahme“ und gibt damit die Regelungsstruktur der nachfolgenden Vorschriften vor. Der Wortlaut der nachfolgenden Artikel greift diese Einteilung konsequent auf, indem er in Art. 16 Abs. 1 lit. A, Art. 17 bis 19 Dublin II-Verordnung durchgängig von der „Aufnahme“ eines Asylbewerbers spricht, während Art. 16 lit. C) bis e) sowie Art. 20 Dublin II-Verordnung die Fälle der Wiederaufnahme regeln. Eine diese Wortauslegung überschreitende Auslegung, auch die Wiederaufnahmefälle dem Fristerfordernis des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-Verordnung zu unterstellen, widerspräche Sinn und Zweck der Dublin II-Verordnung. Die Dublin-II-Verordnung hat zwar das Anliegen, im Interesse des Asylbewerbers möglichst rasch den zuständigen Mitgliedstaat zu bestimmen, um das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (vgl. 4. Erwägungsgrund). Dieses Ziel hat jedoch in erster Linie den Fall einer Erstantragstellung vor Augen. Im Falle des Wiederaufnahmeverfahrens nach bereits in einem anderen Mitgliedstaat erfolgter Antragstellung ist es gerade nicht ersichtlich, dass das in einem weiteren Mitgliedstaat begonnene weitere Verfahren schneller zum Abschluss kommen sollte als das in dem anderen Mitgliedstaat bereits begonnene. Im einem solchen Fall ist der Asylbewerber auch nicht schutzwürdig, denn er hält sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines unzuständigen Mitgliedstaates auf, ohne sich regelmäßig in Ungewissheit über den zuständigen Mitgliedstaat zu befinden. Er hat sein Asylbegehren nämlich bereits in einem anderen Staat angebracht und im Folgenden in der Regel bewusst das dortige Asylverfahren nicht weiter verfolgt bzw. – wie der Antragsteller – nach dessen erfolglosem Abschluss sein Asylbegehren in einem anderen Mitgliedstaat fortgesetzt.
81Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403/13.A –, a.a.O.
82Ausgehend hiervon kann offen bleiben, ob aus der Nichtbeachtung des Fristerfordernisses in Art. 17 Abs. 1 Dublin II-Verordnung überhaupt ein subjektives Recht des Asylbewerbers folgt.
83Verneinend VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13 –, a.a.O.; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403/13.A –, a.a.O.; bejahend VG Stuttgart, Beschluss vom 18. Dezember 2012 – A 7 K 4330/12 –, juris.
84Etwas Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Nachfolgeverordnung zur Dublin II-Verordnung, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-Verordnung), in Art. 23 Abs. 2 vorsieht, dass ein Wiederaufnahmegesuch so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung im Sinne von Art. 9 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen ist. Diese Verfahrensregelung ist gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung nicht anwendbar, da der Asylfolgeantrag des Antragstellers vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Der Umstand, dass die Frist für das Wiederaufnahmegesuch nach der Dublin III-Verordnung mit zwei Monaten nunmehr kürzer bemessen ist als die dreimonatige Frist für ein Aufnahmegesuch nach Art. 21 Abs. 1 Dublin III-Verordnung bzw. Art. 17 Abs. 2 Dublin II-Verordnung, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 9 der Dublin-III-Verordnung ist es vor dem Hintergrund der bisherigen Bewertungsergebnisse nicht alleiniges Ziel der Dublin III-Verordnung, die der Dublin II-Verordnung zugrunde liegenden Prinzipien „zu bestätigen“, sondern gleichzeitig die „notwendigen Verbesserungen“ im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Dublin-Systems und den auf der Grundlage dieses Systems gewährten Schutz der Antragsteller vorzunehmen. Danach handelt es sich bei der Bestimmung einer Frist für die Anbringung des Wiederaufnahmegesuchs in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung um eine Neuregelung, die im bisherigen Dublin-System nicht vorgesehen war.
85Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 27. November 2013, – 33 L 500/13.A –, a.a.O.
86Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
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Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.