Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 05. Nov. 2013 - 18 L 2122/13.A
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 8130/13.A gegen die Abschiebungsanordnung unter Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Oktober 2013 anzuordnen,
4ist gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 zulässig; jedoch ist er nicht begründet.
5Die Abschiebungsanordnung ist offensichtlich rechtmäßig. Sie findet ihre rechtliche Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
6Entgegen der Ansicht des Antragstellers richtet sich die Frage, welcher Staat hier für die Durchführung des Asylverfahrens im Sinne des § 27a AsylVfG zuständig ist, nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO). Zwar trifft es zu, dass deren Vorschriften nach der bislang geltenden Rechtslage nicht zur Anwendung kommen, wenn das Schutzersuchen auf subsidiären Schutz im Sinne der § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beschränkt ist. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Antragsteller hat sein Begehren nicht auf subsidiären Schutz beschränkt, sondern ‑ wie sich aus der Eurodac‑Treffer‑Zahl
7‑ die Ziffer „1“ hinter der Länderkennung bedeutet, dass es sich um einen Asylbewerber handelt ‑
8und dem Schreiben der ungarischen Behörden vom 9. Oktober 2013 ergibt ‑ in Ungarn einen Asylantrag im Sinne des Art. 2 Buchst. c) Dublin II-VO gestellt. Damit unterfällt er dem Regelungsbereich der Dublin II-VO. Der Umstand, dass er nach seiner Weiterreise auch in Deutschland Asyl beantragt und diesen Antrag später (einschließlich des auf die Zuerkennung der Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG gerichteten Begehrens) wieder zurückgenommen hat, vermag daran nichts zu ändern. Wie sich aus Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) und e) Dublin II-VO ergibt, ist der ersuchte Mitgliedstaat (hier: Ungarn) auch dann zur Wiederaufnahme verpflichtet, wenn der Ausländer in dem ersuchenden Mitgliedstaat (hier: Deutschland) keinen Asylantrag gestellt hat. Nichts anderes kann gelten, wenn er dort zunächst Asyl beantragt und diesen Antrag später wieder zurückgenommen hat.
9Vgl. zu der Problematik VG Trier, Beschluss vom 20. Dezember 2011 ‑ 5 L 1595/11.TR ‑, juris; VG Augsburg, Urteil vom 28. Juni 2013 ‑ Au 6 K 13.30050 ‑, juris; VG Göttingen, Beschluss vom 21. Oktober 2013 ‑ 2 B 828/13 ‑, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: Februar 2013, § 27a Rz. 36.
10Die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG liegen hier vor. Der Antragsteller soll nach Ungarn abgeschoben werden. Dieser Staat ist gemäß Art. 13 Dublin II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, weil der Antragsteller dort, wie dargelegt, den ersten Asylantrag gestellt hat. Aus dem genannten Schreiben vom 9. Oktober 2013, mit dem die ungarischen Behörden sich zur Wiederaufnahme des Antragstellers bereit erklärt haben, folgt zugleich, dass die Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden kann. Sonstige Hinderungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen aus den vom Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in Ungarn an sog. systemischen Mängeln leidet.
11Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.
12Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.