Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 07. Aug. 2014 - 7a K 1304/14.A
Gericht
Tenor
Der Bescheid des C. G. N. V. °° vom 14. Februar 2014 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gerichtskosten werden nicht erhoben
1
Tatbestand:
2Der °°°° in H. geborene Kläger meldete sich am 20. November 2012 in E. als Asylbewerber. Am 27. November 2012 wurde dem C1. G2. N. V1. G1. ‑ C1. ‑ von F. gemeldet, dass der Kläger bereits in Italien registriert sei („F. -Treffer“).
3Am 5. Juni 2013 wurde er vom C1. angehört, wo er angab, im November °°°° mit dem LKW nach C2. G3. und von dort weiter über O. nach M. gereist zu sein. Dort sei er drei Jahre in C3. geblieben und habe mit seinem Onkel Zement verkauft. Im Mai °°°° sei er auf M1. angekommen. In Italien habe er ein Asylverfahren betrieben. Dies sei negativ beschieden worden, man habe ihm aber noch eine Aufenthaltserlaubnis für drei Monate erteilt. Am 13. November 2011 sei er mit dem Zug in T. angekommen. Zu seinen Asylgründen befragt, gab der Kläger an: Er habe H. nach dem Tod seiner Großmutter verlassen, da er dort sonst keine Verwandten habe. Nur ein Nachbar habe sich um ihn gekümmert. Seine Eltern seien angeblich in der F1. , er wisse aber nicht, ob sie noch lebten. Probleme mit der Polizei oder mit Behörden habe er nicht gehabt, politisch aktiv sei er ebenfalls nicht gewesen.
4Am 21. November 2013 stellte das C1. ein Wiederaufnahmegesuch beim Innenministerium Italiens, das bisher nicht beantwortet wurde.
5Mit Bescheid vom 14. Februar 2014 stellte das C1. fest, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Der Bescheid wurde dem Kläger am 5. März 2014 durch die Ausländerbehörde der Stadt I. ausgehändigt.
6Am 12. März 2014 hat der Kläger Klage erhoben und gleichzeitig um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Asylsystem in Italien leide unter systemischen Mängeln. Zudem habe das Verfahren in seinem Fall unangemessen lang gedauert.
7Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
8den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2014, zugestellt am 5. März 2014, aufzuheben.
9die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hält systemische Mängel im Flüchtlingsaufnahmeverfahren in Italien für nicht gegeben.
12Mit Beschluss vom 20. März 2014 hat die Kammer die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Italien angeordnet (7a L 410/14.A).
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten Heft 1 und 2).
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage, über die im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑), ist zulässig und begründet.
16Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig.
17Gegen die mit dem Bescheid allein getroffene Entscheidung nach §§ 27a, 34a des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑ ist die Anfechtungsklage zulässig, weil die isolierte Aufhebung der Entscheidungen zu Ziff. 1. und 2. des Bescheides zur gesetzlichen Verpflichtung des C. führt, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 AsylVfG). Mit der Aufhebung des Bescheides vom 14. Februar 2014 ist das Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylgesuchs beseitigt.
18So auch: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014 ‑ 25 K 8830/13.A ‑, InfAuslR 2014, 159 ff.; im Ergebnis auch: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 ‑, juris, Rdnr. 18.
19Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des C. G4. N. V2. G1. vom 14. Februar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines vom einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist ‑ Dublin II-VO ‑ Gebrauch macht und seinen Asylantrag inhaltlich prüft. Das Ermessen der Beklagten ist insoweit auf null reduziert.
21Dem C1. ist es zum einen versagt, sich auf die Zuständigkeit Italiens zu berufen, weil das Verfahren zur Prüfung der Zuständigkeit nach der Dublin II-VO zu Lasten des Klägers fehlerhaft verlaufen ist (I.) und zum anderen in der Sache Asylverfahren und Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Italien nach wie vor systemische Mängel aufweisen, die die Prognose rechtfertigen, dass der Kläger im Falle seiner Rückführung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird (II.).
22Die Zuständigkeit ist im vorliegenden Fall allein anhand der Regelungen der Dublin II-Verordnung und der dort genannten Kriterien zu entscheiden, weil der Asylantrag des Klägers in Deutschland weit vor dem Stichtag des 1. Januar 2014 gestellt worden ist (vgl. Art. 49 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013).
23I. Das Verfahren zur Prüfung der Zuständigkeit Deutschlands für die Durchführung der Asylverfahren hat im Falle des Klägers unangemessen lange gedauert und damit seine Rechte aus Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ‑ EUGrCh ‑ verletzt.
24Maßgeblich ist im vorliegenden Fall nicht die Regelung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO. Dieser regelt nur den Fall, dass ein anderer Mitgliedstaat um die „Aufnahme“ eines Asylbewerbers ersucht werden soll, gilt aber nicht für das hier einschlägige Verfahren der „Wiederaufnahme“.
25Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 ‑, a.a.O., Rdnr. 31 f.; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 4. Februar 2014 ‑ 3a L 1893/13.A ‑, juris m.w.N. und vom 26. März 2014 ‑ 6a L 297/14.A ‑, juris.
26Allerdings ist jeder Mitgliedstaat durch Art. 18 EUGrCH gehalten, die Zuständigkeitsprüfung auch in Wiederaufnahmeverfahren zügig durchzuführen und die Entscheidung darüber, ob eine Rückführung in einen anderen Mitgliedstaat in Betracht kommt, nicht unangemessen zu verzögern, wenn er sich hierauf berufen will. Eine Verletzung dieser Pflicht verletzt den Anspruch des Asylbewerbers aus Art. 18 EuGrCh in seinen verfahrensrechtlichen Garantien. Die Dublin II-VO zielt nach ihrem fünfzehnten Erwägungsgrund insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des in Art. 18 EuGrCh verankerten Rechts auf Asyl zu gewährleisten.
27Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, ‑ C-411/10 ‑, InfAuslR 2012, Rdrn. 98, 108; Urteil vom 14. November 2013 ‑ C-4/11 ‑, juris, Rdnr. 33, 35; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30. Dezember 2013 ‑ 5a L 1726/13.A ‑, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014, ‑ 25 K 8830/13.A ‑, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 ‑, a.a.O., jeweils m.W.N.
28Zur Beurteilung der Angemessenheit ist der Maßstab der Dublin II-VO selbst heranzuziehen. Nach ihrem vierten Erwägungsgrund soll diese Verordnung eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Als Anhaltspunkt können die zwar nicht unmittelbar anwendbaren, aber dem Beschleunigungsgrundsatz dienenden Bestimmungen der Dublin II-VO ‑ hier Art. 17 Abs. 1 Satz 2 ‑ entsprechend herangezogen werden. Auch in der Neuregelung der Dublin-Verordnung sind wiederum ‑ in Art. 21 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ‑ Fristen für die Anträge auf Aufnahme bzw. Wiederaufnahme festgelegt worden, die sich im Rahmen von zwei oder drei Monaten bewegen.
29Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. März 2014, a.a.O.; VG Bremen, Beschluss vom 3. Februar 2014 ‑ 5 V 2102/13.A ‑, juris.
30Davon ausgehend ist im Falle des Klägers seit Stellung seines Asylantrags in Deutschland eine unangemessen lange Zeit verstrichen, bevor das C1. sich ihm gegenüber auf die Zuständigkeit Italiens berufen hat. Seit Anbringung des Asylgesuchs in Deutschland war ein Zeitraum von mehr als einem Jahr vergangen, ohne dass für den Kläger ein Grund für die Verzögerung ersichtlich war.
31Der Kläger hat sein Asylgesuch in Deutschland unter dem 20. November 2012 angebracht. Wenige Tage danach, am 27. November 2012, erreichte das C1. die Nachricht über einen F. -Treffer für Italien. Das C1. hat erst ein Jahr später, am 21. November 2013, ein Wiederaufnahmeersuchen an Italien gerichtet. Der angefochtene Bescheid, der die Rückführung nach Italien anordnet, datiert vom 14. Februar 2014 und wurde dem Kläger am 5. März 2014 ausgehändigt.
32Gründe für die mit der langen Verfahrensdauer verbundene Rechtsverletzung des Klägers sind der Akte nicht zu entnehmen. Einem internen Aktenvermerk des C. ist zwar zu entnehmen, dass Asylanhörungen und -entscheidungen der Antragsteller aus verschiedenen Ländern u.a. Westafrikas wegen aus Sicht des C. vorrangiger Verfahren von Asylbewerbern der Westbalkanstaaten vorübergehend ausgesetzt waren. Dies ist allerdings keine zureichende Begründung für die mit der langen Verfahrensdauer verbundene Rechtsverletzung des Klägers.
33II. Die Beklagte ist auch deshalb zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO verpflichtet, weil Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien auch derzeit noch systemische Mängel aufweisen, die die Prognose rechtfertigen, dass der Asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
34Vgl. zum Maßstab zuletzt: BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 ‑ 10 B 6/14 ‑, juris, Rdnr. 9 m.w.N.
35Zur Situation von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Italien und zu den dortigen Aufnahmebedingungen hat die Kammer in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ‑ zuletzt Beschluss vom 16. Juni 2014, Az. 7a L 835/14.A ‑ unter Auswertung der vorliegenden Erkenntnisquellen Folgendes ausgeführt:
36„Gem. § 34 a Abs. 1 S. 1 und 2 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - ordnet das C1. , wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gegenüber dem Antragsteller ist die Abschiebung nach Italien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG); § 26a Abs. 2 AsylVfG), angeordnet worden. Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit Italiens aus § 27a AsylVfG i. V. m. Art. 12, 13 der Verordnung (EG) Nr. 604//2013 ‑ Dublin III-Verordnung -. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das ist hier grundsätzlich der Fall, weil der Antragsteller bereits am 30.August 2011 einen Asylantrag in Italien gestellt hat (vgl. Art. 12, 13 Dublin III-VO).
37Aus Sicht der Kammer spricht allerdings Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin von ihrem Selbsteintrittsrecht aus Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung Gebrauch machen und das Asylbegehren in eigener Zuständigkeit prüfen muss. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen Mitgliedsstaat im Sinne der Verordnung.
38Das hiernach dem Mitgliedsstaat grundsätzlich eingeräumte Ermessen dürfte voraussichtlich in Bezug auf die Rücküberstellung nach Italien derzeit auf null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische Mängel des Asylverfahrens zu besorgen sind, denen der Antragsteller ausgesetzt sein wird.
39Die den Regeln des Selbsteintrittsrechts und der Dublin-III-VO zugrundeliegende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ‑ EUGrdRCH ‑, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht,
40Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 -, NVwZ 2012, 417.
41trifft nach vorliegenden Erkenntnissen für Italien gegenwärtig wohl nicht zu.
42Dabei reicht allerdings nicht jede Verletzung von Verfahrens- oder materiellem Recht, um eine Selbsteintrittspflicht zu begründen. Ein Mitgliedstaat muss vielmehr die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-II-VO nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asyl verfahren in diesem Mitgliedstaat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren. In diesem Fall ist die Überstellung auch nach nationalem Verfassungsrecht unzulässig, wenn - bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat - Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind.
43Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93‑, juris.
44Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in Italien an systemischen Mängeln leiden. Dementsprechend ist das Interesse des Antragstellers daran, Schutz entsprechend den im Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbarten Mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse.
45Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung nach Italien im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht, er namentlich im Falle einer Überstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. der Art. 4 EUGrdRCH, Art. 3 EMRK zu befürchten hat.
46Dies zugrundegelegt, stellt sich die tatsächliche Situation von Schutzsuchenden in Italien nach der gegenwärtigen Erkenntnislage im Wesentlichen wie folgt dar:
47Im Sommer 2013 ist die Zahl der in Italien ankommenden (Boots-)flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen.
48Vgl. z.B. Zahlenangaben und Vergleiche 2011-2013 bei: Zeit online vom 10. Oktober 2013 unter Hinweis auf Material UNHCR; tagesschau.de vom 20. August 2013.
49Die bis dahin schon bedenkliche Auslastung der Aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert.
50Nach dem jüngsten Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013, der auf einer Abklärungsreise nach S1. und N2. , verschiedenen Interviews mit Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen - NGO’s -, Behörden und Flüchtlingen sowie aktuellen Berichten über die Situation in Italien fußt, sind die Aufnahmekapazitäten der für alle Asylsuchenden vorgesehenen Erstaufnahmezentren CARA, in denen auch sog. Dublin-Rückkehrende im Falle ihrer Rücküberstellung nach Italien grds. - befristet - unterkommen können, ausgelastet. Das gilt auch für die bereitgestellten Plätze im sog. FER-Projekt (vom Europäischen Flüchtlingsrat finanzierte Unterkünfte), die an den Flughäfen S1. und N2. angeboten werden. Die Anzahl der Plätze in diesen Projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering.
51Schweizerische Flüchtlingshilfe ‑ SFH ‑, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013 , S. 5, 14 ff, 20.
52Auch das Zweitaufnahmesystem SPRAR, das auf einer Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und NGO‘s basiert, ist ausgelastet; noch im Juli 2013 wurde vom italienischen Innenministerium wegen Überfüllung der Erstaufnahmezentren um Aufstockung der Plätze gebeten.
53Vgl. SFH, a.a.O., S. 23, Fußnote 135 unter Bezugnahme auf eine e-Mail Auskunft von borderline-europe vom 7. August 2013.
54Eine erhebliche Verschlechterung der Aufnahmebedingungen und deutliche Überbelegungen in den Zentren beklagt auch der UNHCR in seinen Empfehlungen vom Juli 2013,
55UNHCR Recommendations on important Aspects of Refugee protection in Italy, Juli 2013, S. 9 ff.
56Die tatsächliche Überbelegung wird schließlich anhand des von der Liaisonbeamtin des C. G5. N. V3. G1. in S1. vom 21. November 2013 unter Bezugnahme auf Daten des italienischen Innenministeriums vom 8. November 2013 übersandten Zahlenmaterials, das bestimmte Aufnahmezentren abdeckt (CARA/CDA), deutlich: Danach war dort in verschiedenen Orten „ursprünglich“ eine Kapazität von insgesamt 6.180 Plätzen, sind „jetzt“ 7.516 Plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 Schutzsuchenden belegt sein sollen,
57vgl. Wiedergabe der Information der Liaisonbeamtin in der Klageerwiderung der Antragsgegnerin im Verfahren 7a K 486/14.A.
58Die Frage, ob das vom italienischen Innenministerium übermittelte Zahlenmaterial belastbar ist, lässt die Kammer dabei offen.
59Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das OVG NRW (dort zu d) ist verlässliches Datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: UNHCR, a.a.O., z.B. S. 10, 13.
60Rücküberstellte haben nach Einschätzung einer italienischen Untersuchungskommission keine ausdrückliche Garantie für eine Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung.
61Vgl. Auskunft der italienischen Vereinigung für rechtliche Untersuchungen zur Situation von Einwanderern ‑ ASGI ‑ vom 20. November 2012 an das VG Darmstadt.
62Die anderslautende Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das Oberverwaltungsgericht NRW (dort zu c) legt die Kammer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen Erkenntnisse vor Ort tätiger Organisationen, der unter b) dieser Auskunft des Auswärtigen Amtes angedeuteten Schwierigkeiten bei der Unterbringung unter Hinnahme auch Wochen fehlender Unterkunft und mit Rücksicht darauf, dass nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes kein belastbares Zahlenmaterial zu tatsächlichen Unterbringungsmöglichkeiten der Dublin-II-Rückkehrer von offizieller Seite zu erlangen ist (AA, Auskunft vom 11.09.2013, a.a.O., zu d)) nicht zugrunde.
63Aus der Schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere Unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe beschriebene Probleme der (Dauer-)Obdachlosigkeit, Verwahrlosung und auch der (sexuellen) Ausbeutung für die Schutzsuchenden.
64SFH, a.a.O., z.B. S. 40, 45.
65Ein weiterer wesentlicher Mangel im System der Versorgung von Asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der Mehrheit der Flüchtlinge - abgesehen von der Unterbringung in Erstaufnahmezentren - keine ausreichende Unterstützung und Hilfeleistungen zuteilwerden, die ein sozial würdiges Leben in einer für sie fremden Umgebung ermöglichen. Dazu gehört auch ein Mindestmaß an Integritätsbemühungen des Staates, um den Schutzsuchenden eine Teilnahme am Alltagsleben in Italien zu ermöglichen, wie etwa Sprachunterricht. Die vereinzelten Angebote decken den tatsächlichen Bedarf nicht annähernd ab.
66Vgl. UNHCR, a.a.O., S. 10, 12 f: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. This is mainly because of the poor quality of reception services, … more broadly, because of the economic situation in Italy.”; SFH, a.a.O., S. 43 ff.
67Belastbare Auskünfte und Stellungnahmen aus jüngster Zeit, die die dargestellten allgemeinen Erkenntnisse erschüttern könnten, liegen bisher nicht vor.
68Die Kammer folgt der Einschätzung des UNHCR in den „Empfehlungen“, dass die Missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller Planung und zuverlässiger Koordinationsmechanismen auf zentraler Ebene beruhen. Diese Bewertung wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erneut im aktuellen Bericht geteilt.
69UNHCR, a.a.O., S. 10,13.; ebenso: SFH, a.a.O., S. 7.
70Die Kammer stuft diese Mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden Aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen Sicherungsnetz beruhen, das der italienische Staat trotz ausreichender rechtlicher Rahmenbedingungen nicht bereitstellt.
71Ebenso: VG Gießen, Urteil vom 25. November 2013 ‑ 1 K 844/11.GI.A ‑ juris, insbes. Rdnr. 33 f m.w.N.; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 9. Juli 2013 ‑ 7 K 560/11.F.A. ‑, juris Rdnr. 24 ff; VG Köln, Beschluss vom 7. Mai 2013 ‑ 20 L 613/13.A ‑ juris, VG Aachen, Beschluss vom 14. März 2013 ‑ 9 L 53/13.A, juris, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Mai 2013 ‑ 5a L 566/13.A -, juris.
72Am 4. Juni 2013 hat das italienische Innenministerium einen sog. EASO-Support-Plan beschlossen und mit dem Europäischen Asylunterstützungsbüro EASO einen Unterstützungsplan vereinbart. Dies verdeutlicht, dass der italienische Staat derzeit selbst davon ausgeht, den Mindestnormen der Gemeinschaft für die Aufnahme von Asylbewerbern nicht aus eigenen Kräften zu entsprechen. Dieser „Hilfsplan“ reicht bis Ende 2014.
73Vgl. EASO press-release 4.6.2013, EASO-Italy-Special-Support-Plan.
74Ob die Situation der Flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten.
75An der Einschätzung hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW fest. Das Urteil des OVG NRW vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, das die Rücküberstellung nach Italien für zulässig erachtet, beruht auf der Erkenntnislage, die auch die Kammer zugrundegelegt hat. Der Auffassung des Senats, die sich aus der Erkenntnislage ergebende Situation in Italien lasse noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 EUGRCh überschreitendes Versagen des Staates erkennen, vermag die Kammer aus den dargelegten Gründen gegenwärtig – auch unter Berücksichtigung der im Jahr 2014, namentlich seit April des Jahres, zu beobachtenden erheblichen Zunahme der Flüchtlingszahlen (vgl. z.B. Frankfurter Rundschau – online – vom 15. Mai und vom 15. Juni 2014, wonach seit Januar rd. 54.000 Flüchtlinge das Land erreicht haben) - nicht zu folgen.
76Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 2. April 2013,
77Nr. 277725/10 Mohammed Hussein et al v. the Netherlands and Italy,
78die sich auf den Sonderfall einer in Italien bereits unter Schutz „subsidiary protection“ stehenden T1. Frau mit zwei Kindern bezieht, die in Italien ein Aufenthaltsrecht und Reisedokumente für mehrere Jahre innehatte,
79EGMR, a.a.O., Nr. 6,
80ist wegen der Sonderheiten dieses Personenkreises mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Zudem stellt der EGMR in seiner Entscheidung auf der Grundlage zahlreicher Erkenntnisse die dargestellten Missstände heraus,
81EGMR, a.a.O., Nr. 78. unter Hinweis auf die Ziffern 43 ff,
82hält diese aber in Bezug auf den Personenkreis der anerkannten Flüchtlinge mit Aufenthaltsrecht nicht für ausreichend, um einen systemischen Mangel darzutun, wie er in einem vorangegangenen Verfahren zu Griechenland festgestellt worden sei.
83EGMR, a.a.O., Nr. 78.
84Wegen divergierender Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR soll zudem die Große Kammer des EGMR mit der Problematik der Aufnahmebedingungen in Italien befasst sein.
85vgl. Hinweis hierauf im Beschluss des VG Würzburg vom 3. Februar 2014 ‑ W 6 S 14.30087 ‑ juris Rdnr. 16, sowie Ersuchen der 5. Sektion des ECHR an die Bundesrepublik Deutschland vom 13. Februar 2013 im Fall Nr. 81498/12 Isse and Mousa vs. Germany, innerhalb eines bestimmten Zeitraums keine Abschiebung nach Italien vorzunehmen.
86Die Unanwendbarkeit der Zuständigkeitsregelungen der Dublin-III-VO aus Gründen höherrangigen Rechts ist danach insgesamt im vorläufigen Rechtsschutz mit der Folge zu bejahen, dass eine Rücküberstellung nach Italien derzeit nicht erfolgen darf.“
87An der Einschätzung, dass in Italien auch zum jetzigen Zeitpunkt noch systemische Mängel des Asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass Flüchtlinge einschließlich des Klägers überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen Verhältnissen ausgesetzt werden, hält die Kammer ‑ wie bereits in dem zitierten Eilbeschluss ausgeführt ‑ auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zum jetzigen Zeitpunkt fest. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, das die Rücküberstellung nach Italien für zulässig erachtet, beruht auf der Erkenntnislage, die auch die Kammer zugrundegelegt hat. Der Auffassung des Senats, die sich aus der Erkenntnislage ergebende Situation in Italien lasse noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 EuGRCh überschreitendes Versagen des Staates erkennen, vermag die Kammer gegenwärtig nicht zu folgen.
88Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Zahl der in Italien aufzunehmenden Flüchtlinge im ersten Halbjahr 2014 weiter erheblich angestiegen ist und erst jüngst das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR dringend angemahnt hat, einen strukturierten Plan zur Aufnahme der Flüchtlinge in Italien zu entwickeln. Anlass für diese Mahnung war, dass in Italien im Juni 2014 ca. 400 Flüchtlinge auf zwei Parkplätzen vor S. und N1. ohne Versorgung hilflos ausgesetzt worden waren.
89Vgl. z.B. Spiegel online 10. Juni 2014 „Hunderte Bootsflüchtlinge auf Parkplätzen ausgesetzt“; N24 10. Juni 2014; Huffington Post 18. Juni 2014 „Italy’s Churches shelter Refugees despite overflowing migrant crises“; FR 15. Juni 2014 „Mehr als 1500 Bootsflüchtlinge in 24 Stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. Juli 2014 „The new Europe begins at Lampedusa“ by G. Terranova; Spiegel Online 21. Juli 2014 “Mittelmeer: Italien rettet 800 Flüchtinge in einer Nacht”.
90Erkenntnisse darüber, dass Italien angesichts der gestiegenen Zahlen die ohnehin überfüllten Unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten Mängeln im Aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor.
91Wegen der Zurückweisung von Flüchtlingen ohne Möglichkeit der Antragstellung hat die Europäische Kommission zudem ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet.
92Vgl. Asylmagazin, hrsg. v. Informationsverbund Asyl und Migration 5/2014, S. 142.
93Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
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Annotations
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.