Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 06. Juli 2015 - W 6 S 15.50224

bei uns veröffentlicht am06.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Der Antrag wird mit der Maßgabe abgelehnt,

a) dass vor der Durchführung der Abschiebung des Antragstellers nach U. eine Stellungnahme des zuständigen Gesundheitsamtes unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen, insbesondere der „Aufenthaltsbescheinigung“ des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin L. a. M. vom 25. Juni 2015, eingeholt wird, die bestätigt, dass von medizinischer Seite keine Einwände bestehen, den Antragsteller angesichts seiner psychischen Erkrankung und der daraus resultierenden Bedürfnisse sowie der praktischen Behandlungsmöglichkeiten in U. nach U. zu überstellen, und gegebenenfalls welche Vorkehrungen dabei zu beachten sind;

b) dass - soweit eine Überstellung ärztlicherseits nach Buchstabe a) möglich ist - die ungarischen Behörden vor bzw. bei der Durchführung der Abschiebung des Antragstellers nach U. - unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Erkenntnisse - über dessen psychische Erkrankung sowie die erforderliche Weiterbehandlung und Medikation informiert werden und auch die sonstigen notwendigen Vorkehrungen getroffen werden (z. B. Versorgung mit ausreichenden Medikamenten), um eine seinen Bedürfnissen entsprechende nahtlose Weiterbehandlung in U. sicherzustellen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird sowohl für das vorliegende Verfahren als auch für das Klageverfahren W 6 K 15.50223 abgelehnt.

Gründe

I.

1. Der Antragsteller, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben am 23. Februar 2015 in die Bundesrepublik Deutschland und stellte am 30. April 2015 einen Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 1. Juni 2015 erklärten die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 12. Juni 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß der Dublin III-VO.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2015 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach U. an (Nr. 2). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da U. aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei.

2. Am 29. Juni 2015 ließ der Antragsteller im Verfahren W 6 K 15.50223 Klage erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,

a) die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag gegen die Abschiebungsanordnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Juni 2015 anzuordnen.

b) Dem Kläger wird auch für das Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage Prozesskostenhilfe bewilligt.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen vorbringen, in U. bestünden systemische Mängel sowohl im Asylsystem als auch bei den Aufnahmebedingungen. Unter Verweis auf verschiedene Unterlagen ließ der Antragsteller weiter ausführen, dass es bei Asylsuchenden in U. zu systematischen Inhaftierungen komme. Im Rahmen der Inhaftierung ergäben sich menschenwidrige Bedingungen. Dem Antragsteller drohe mit zumindest hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Inhaftierung. Wirksame Rechtschutzmöglichkeiten hiergegen bestünden nicht. Hinzu komme, dass der Antragsteller an erheblichen psychischen Problemen leide, die zum einen eine engmaschige ambulante nervenärztliche Begleitung und Behandlung notwendig machten. Der Antragsteller sei aufgrund dieser Erkrankung derzeit reiseunfähig. Auf eine in der Anlage beigefügte Aufenthaltsbescheinigung des Nervenkrankenhauses L. vom 25. Juni 2015 werde verwiesen. Der Antragsteller könne in U. eine entsprechende Behandlung nicht erhalten bzw. eine solche könne nicht nahtlos fortgesetzt werden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 6 K 15.50223) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag ist unbegründet, weil kein Ausnahmefall vorliegt, der eine Aussetzung der Abschiebung gebietet. Denn der streitgegenständliche Bescheid der Antragsgegnerin ist nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das Privatinteresse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Bei U. handelt es sich um einen sicheren Drittstaat i. S. des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG, § 26 a Abs. 2 AsylVfG. U. ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§ 27a AsylVfG). U. hat sich auch gemäß den Regelungen der Dublin III-VO bereit erklärt, den Antragsteller zu übernehmen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Das Vorbringen in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.

2. Die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin, insbesondere durch die Begründung eines Selbsteintritts (vgl. Art. 3 Abs. 2 und Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO), ist nicht ersichtlich.

Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf ein Asylbewerber nur dann nicht an den nach der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedsstaat überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat aufgrund systemischer Mängel, d. h. regelhaft, so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen kann ein Asylbewerber eine Überstellung im Dublin-Verfahren entgegentreten. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dabei Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und hat im Einklang damit die Annahme systemischer Mängel an hohe Hürden geknüpft. Im Hinblick auf die Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel im Einzelfall zu einer unmenschliche oder erniedrigenden Behandlung kommen kann (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - Buchholz 402.25, § 27a AsylVfG Nr. 2; B. v. 15.4.2014 - 10 B 16/14 - Buchholz 402.25, § 27a AsylVfG Nr. 1; B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - NVwZ 2014, 1039 mit Anmerkung Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014, Anm. 3).

Das Gericht ist nicht davon überzeugt, das in U. systemische Mängel (Schwachstellen) des Asylverfahrens sowie der Aufnahmebedingungen herrschen. Dies hat das Verwaltungsgericht Würzburg - wie auch dem Bevollmächtigten des Antragstellers bekannt ist - wiederholt so entschieden (vgl. insbesondere VG Würzburg, Be. v. 15.6.2015 - W 6 S 15.50181, W 6 S 15.50179, W 6 S 15.50177; B. v. 28.5.2015 - W 6 S 15.50151; B. v. 22.5.2015 - W 6 S 15.50076; Be. v. 18.5.2015 - W 6 S 15.50106, W 6 S 15.50104 - juris; Be. v. 11.5.2015 - W 6 S 15.50123, W 6 S 15.50121, W 6 S 15.50119 sowie etwa VG Würzburg, Be. v. 11.6.2015 - W 2 S 15.50195, W 2 S 15.50174, W 2 S 15.50147; U. v. 29.4.2015 - W 1 K 14.30139 - juris; B. v.2.4.2015 - W 2 E 15.50041; B. v. 19.3.2015 - W 2 S 14.50207; B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris; anderer Ansicht im Einzelfall einer besonders schutzbedürftigen Person VG Würzburg, B. v. 20.3.2015 - W 6 S 15.50018). An seiner Rechtsprechung, auf die ergänzend Bezug genommen wird, hält das Gericht fest.

Das Vorbringen des Antragstellers unter Bezugnahme auf (teilweise) neue Erkenntnismittel und neue Rechtsprechung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden und auch von Antragstellerseite zitierten Berichten dargestellten Missstände, insbesondere zur Inhaftierungspraxis in U.. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in U. explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach U. zu überstellen. Das Fehlen einer generellen Empfehlung des UNHCR, von einer Überstellung nach U. abzusehen, kommt besondere Bedeutung zu, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Drittstaat, der nach den Kriterien der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U. v. 30.5.2013 - C 528/11 - ABl. EU 2013 Nr. C 225, 12 - NVwZ-RR 2013, 660).

Auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in U., insbesondere im Hinblick auf die regelmäßige Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern ist festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Das Gericht folgt nicht der vom Antragstellerbevollmächtigten zitierten Rechtsprechung, die das Vorliegen systemischer Mängel im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis in U. nunmehr für gegeben bzw. für überprüfungsbedürftig hält. Das Gericht schließt sich vielmehr der gegenteiligen Rechtsauffassung an (vgl. neben der von der Antragsgegnerin bereits zitierten Rechtsprechung insbesondere VG München, B. v. 20.5.2015 - M 1 S 14.50568, M 1 K 14.50567 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 11.5.2015 - 22 L 1329/15.A - juris; B. v. 15.4.2015 - 13 L 1259/15.A - juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 10.4.2015 - 18a L 453/15.A - juris; VG Saarland, B. v. 1.4.2015 - 3 L 184/15 - juris; B. v. 1.4.2015 - 3 L 186/15 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 1.4.2015 - 13 L 1031/15.A - juris; B. v. 31.3.2015 - 13 L 229/15.A - juris; U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; VG München, B. v. 30.3.2015 - M 12 S 15.50038 - juris; VG Augsburg, U. v. 23.3.2015 - Au 4 K 14.50156 - juris).

Nach dieser Rechtsprechung, auf die Bezug genommen wird, und unter Berücksichtigung der auch von Antragstellerseite angesprochenen Quellen ist - nach Überzeugung des Gerichts aufgrund nochmaliger Prüfung - festzustellen, dass die Inhaftierungsvorschriften in U. und die Anwendung dieser Vorschriften für sich noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel belegen. Die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen den Vorgaben des Europäischen Rechts. Konkret ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn Dublin-Rückkehrer regelmäßig, jedoch nicht ausnahmslos, inhaftiert werden, weil und soweit die ungarischen Behörden einen legalen Haftgrund (wie insbesondere Fluchtgefahr) annehmen. Die Inhaftierung ist nicht Folge der Stellung des Asylantrags, sondern ist Folge der Umstände, die das individuelle Verhalten des Antragstellers vor und bei der Antragstellung kennzeichnen. Weiterhin ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnissen, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System am Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt. Des Weiteren ist ein Rechtsschutzsystem in U. gesetzlich installiert. Aus der geringen Erfolgsquote der Rechtsbehelfe in U. kann, nicht ohne Weiteres gefolgert werden, dass das ungarische Verfahren insoweit die europäischen Asylstandards generell nicht erfüllt. Ebenso wenig kann das Gericht den aktuellen Auskünften entnehmen, dass die Haftbedingungen in U. systemisch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Dublin-Rückkehrer bewirken, vielmehr werden insbesondere die elementaren Bedürfnisse befriedigt. Sofern in den Berichten auf einzelne Fälle Bezug genommen wird, ist nicht erkennbar, dass diese Fälle unterschiedslos verallgemeinerungsfähig sind. Des Weiteren ist anzumerken, dass sich die ungarische Regierung auftretenden Problemen in der Vergangenheit nicht verschlossen hat, sondern durchaus konstruktiv an Verbesserungen gearbeitet hat und arbeitet.

Zusammenfassend ist auch unter Berücksichtigung der vorliegenden neuen Erkenntnisse festzuhalten dass - solange keine systemischen Mängel in U. nach Überzeugung des Gerichts belegt sind - weiterhin davon auszugehen ist, dass auch für U. die Vermutung besteht, dass Asylsuchende - abgesehen von Ausnahmen in Einzelfällen - in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der europäischen Menschenrechtskonvention behandelt werden. Selbst wenn dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach U. gemäß den dortigen Vorschriften eine Inhaftierung zeitweilig drohen sollte, reicht dies nicht zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts aus, die auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens gründende Vermutung zu widerlegen, dass die jeweiligen Mitgliedsstaaten (hier U.) die geltenden rechtlichen Vorgaben einhalten.

3. Weiter sind in der Person des Antragstellers - unter Berücksichtigung der im Tenor ausgesprochenen Maßgaben - keine Gründe ersichtlich, die den streitgegenständlichen Bescheid rechtswidrig machen bzw. eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung gebieten, um von einer Überstellung des Antragstellers nach U. abzusehen. Daran ändert insbesondere nichts die vorgelegte „Aufenthaltsbescheinigung“ des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin L. a. M. vom 25. Juni 2015. Dort ist nur in einem Satz ausgeführt, dass sich der Antragsteller wegen schwerer depressiver Episode sowie Verdachts auf eine posttraumatische Belastungsstörung mittlerweile in stationärer Behandlung befinde. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellerbevollmächtigten ist der Bescheinigung nicht zu entnehmen, dass der Antragsteller zurzeit reiseunfähig wäre bzw. aus medizinischen Gründen nicht auch in U. (weiter) behandelt werden könnte. Insbesondere im Hinblick auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) fehlt es an der hinreichenden erforderlichen Substanziierung (vgl. nur BVerwG, B. v. 26.11.2014 - 1 B 25.14 - juris).

Aber selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausgehen wollte, dass aufgrund der Schwere der Erkrankung, die nunmehr eine zeitweise vollstationäre Aufnahme erforderlich gemacht habe, vorübergehend eine aktuelle Reiseunfähigkeit besteht, ist festzuhalten, dass bis zum Ablauf der Überstellungsfrist (12.12.2015) mehrere Monate blieben, um die Reiseunfähigkeit zu beheben. Ein vorübergehendes Vollstreckungshindernis, das von der Antragsgegnerin beachtet wird (jedenfalls infolge der vom Gericht aufgestellten Maßgaben), ist unschädlich, da und so lange nicht feststeht, dass eine Abschiebung innerhalb der Rücküberstellungsfrist generell rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Für eine aktuelle bevorstehende Abschiebung trotz - unterstellt - bestehender Reiseunfähigkeit fehlen jegliche Anhaltspunkte.

Im Hinblick auf das Grundrecht des Antragstellers auf körperliche Unversehrtheit ist seinem Anliegen im vorliegenden Fall durch die aufgestellte Maßgabe hinreichend Rechnung getragen. Danach ist eine Abschiebung nur unter Wahrung der gesundheitlichen Belange des Antragstellers möglich. Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass die Antragsgegnerin ohnehin von sich aus veranlasst, dass vor Durchführung einer Überstellung nicht nur mögliche Vollstreckungshindernisse (wie insbesondere die Reisefähigkeit) überprüft und eventuell erforderliche Vorkehrungen getroffen werden, sondern dass auch alle relevanten Informationen - gegebenenfalls auch über besondere Bedürfnisse (einschließlich einer eventuell notwendigen medizinischen Versorgung) - an den Aufnahmestaat übermittelt werden, wie dies in Art. 31 und 32 der Dublin III-Verordnung ausdrücklich vorgesehen ist. Ohnehin ist es Sache der mit dem Vollzug der Abschiebung betrauten Behörden, eventuellen Gesundheitsgefahren bei der Abschiebung angemessen zu begegnen, etwa durch die entsprechende Gestaltung der Abschiebung und Information des aufnehmenden Staates (vgl. schon VG Würzburg, U. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris sowie BayVGH, B. v. 30.9.2003 - 10 CE 03.2581 - BayVBl. 2004, 87, B. v. 9.4.2003 - 10 CE 03.484 - NVwZ 2004, Beilage Nr. I 2, 14). Das Gericht hat keine Anhaltspunkte, dass die Antragsgegnerin ihren diesbezüglichen Verpflichtungen nicht nachkommen würde. Im Übrigen hat das Gericht durch die aufgestellten Maßgaben die entsprechende Verpflichtung nochmals verdeutlicht.

Mit den tenorierten Maßgaben wird des Weiteren auch gewährleistet, dass der Antragsteller bei einer Überstellung nach U. nahtlos eine Behandlung seiner psychischen Erkrankung erhält. Nach den vorliegenden Erkenntnissen hat der Antragsteller in U. unter Beachtung dieser Vorkehrungen Zugang zu der erforderlichen medizinischen Versorgung. Die notwendige medizinische Versorgung ist in U. für Asylbewerber gewährleistet. Die Gesundheitsversorgung umfasst die psychologische Betreuung und die psychotherapeutische Behandlung auch im Hinblick auf eine mögliche posttraumatische Belastungsstörung. Für psychisch Kranke gibt es gesonderte Behandlungszentren (siehe schon VG Würzburg, U. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris mit weiteren Nachweisen). Das Auswärtige Amt führt zur Frage der Versorgung behandlungsbedürftiger Asylbewerber während und nach der Überstellung nach U. aus, dass dann, wenn der überstellende Mitgliedstaat die ungarischen Behörden vorab unterrichtet, dass der Zurückzuführende behandlungsbedürftig ist, die Dublin-Koordinationseinheit die übernehmenden ungarischen Behörden unterrichten werde, damit entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, die zurückzuführende Person ärztlicherseits in Empfang zu nehmen, damit sie auch in der Folge die notwendige Behandlung und Aufsicht erfährt (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 19.11.2014 an das VG Düsseldorf, S. 5). Damit wird jedenfalls einer wesentlichen Verschlimmerung der Krankheit bei einer Überstellung nach U. hinreichend vorgebeugt. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Behandlung die gleiche Qualität wie in Deutschland hat (vgl. im Einzelnen VG Würzburg, U. v. 29.4.2015 - W 1 K 14.30139 - juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 10.4.2015 - 18a L 453/15.A; B. v. 4.2.2014 - 3a L 1893/13.A; vgl. auch schon VG Würzburg, U. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris; U. v. 3.12.2013 - W 6 K 13.30253 - juris).

Schließlich steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Einstweilige Anordnung v. 30.4.2015 - 2 BvR 746/15 - AuAS 2015, 139) der Antragsablehnung unter bestimmten Maßgaben entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat - in einer anderen Fallkonstellation - moniert, es bleibe dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge überlassen zu entscheiden, ob es die Maßgaben des Gerichts als erfüllt ansehe oder nicht; demgegenüber müssten angefochtene Hoheitsakte grundsätzlich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachprüfbar sein. Denn zum Einen unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem des Bundesverfassungsgerichts, weil durch die verpflichtende Einschaltung des Gesundheitsamtes nicht allein dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Entscheidung über das Vorliegen gesundheitsbedingter Abschiebungshindernisse überlassen bleibt. Zum Anderen besteht jederzeit die Möglichkeit, sowohl bei einer Veränderung der Umstände als auch bei einer drohenden Abschiebung ohne Beachtung der aufgestellten Maßgaben, erneut das Verwaltungsgericht anzurufen (vgl. nur VG Würzburg, B. v. 20.5.2015 - W 1 E 15.50143 - juris für den Fall einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung trotz Vorliegens einer Reiseunfähigkeit). Denn auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen bestehen selbst bei einer bestandskräftigen Abschiebungsanordnung weiterhin Rechtsschutzmöglichkeiten (vgl. BayVGH, B. v. 21.4.2015 - 10 CE 15.810, 10 CE 15.813 - juris).

Nach alledem ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG abzulehnen.

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, hat die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowohl für das vorliegende Verfahren als auch für das Klageverfahren W 6 K 15.50223 abzulehnen war (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).

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Gründe I. 1 Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Se

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 04. Feb. 2014 - 3a L 1893/13.A

bei uns veröffentlicht am 04.02.2014

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe: 2Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers, 3die aufschiebende Wirkung der Klage 3a K 6237/13.A gegen
7 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 06. Juli 2015 - W 6 S 15.50224.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 14. Jan. 2016 - M 3 S 15.50946

bei uns veröffentlicht am 14.01.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am ... geborene Antragsteller ist iraki

Verwaltungsgericht München Beschluss, 14. Jan. 2016 - M 3 S 15.50917

bei uns veröffentlicht am 14.01.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am ... 1993 oder 1996 geborene Antragst

Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Aug. 2015 - M 3 S 15.50616

bei uns veröffentlicht am 28.08.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am ... geborene Antragsteller ist malisch

Verwaltungsgericht München Urteil, 03. Sept. 2015 - M 12 K 15.50477

bei uns veröffentlicht am 03.09.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 12 K 15.50477 Im Namen des Volkes Urteil vom 3. September 2015 12. Kammer Sachgebiets-Nr. 710 Hauptpunkte: Afghane; Ungarn;

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben im Jahr 2009 über den Seeweg nach Italien ein. Er lebte etwa einen Monat in einer Aufnahmeeinrichtung in Sizilien, wurde dort erkennungsdienstlich behandelt und reiste im Herbst 2009 nach Deutschland weiter, ohne in Italien Asyl beantragt zu haben. Im Oktober 2009 stellte er in Deutschland einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens nach der Dublin-II-Verordnung als unzulässig ablehnte. Der Kläger wurde daraufhin im Dezember 2009 auf dem Luftweg über den Flughafen Rom-Fiumicino nach Italien überstellt. Im Januar 2011 wurde er erneut in Deutschland angetroffen und stellte wieder einen Asylantrag. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 27. April 2011 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.

II.

2

Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.

3

Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

"inwieweit bei der Prognoseentscheidung über beachtliche Wahrscheinlichkeit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bei Rückführung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat individuelle Erfahrungen des Betroffenen im dortigen Mitgliedstaat in erheblichem Maße zu berücksichtigen sind."

4

Damit in Zusammenhang stehe die Frage,

"ob es der Feststellung systemischer Mängel bedarf, wenn einem Betroffenen schon einmal oder ggf. auch mehrmals erniedrigende und unmenschliche Behandlung widerfahren ist, insbesondere nach einer schon einmal erfolgten Überstellung."

5

Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lassen sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Der beschließende Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 19. März 2014 - BVerwG 10 B 6.14 - (juris Rn. 5 ff.) ausgeführt:

"Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).

Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).

Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den 'zuständigen Mitgliedstaat' im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ('systemic failure') abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).

Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus."

6

Aus der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin-II-Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten kann und es nicht darauf ankommt, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass derartige individuelle Erfahrungen vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung des Antragstellers (hier: Italien) vorliegen (UA S. 26). In diesem begrenzten Umfang sind individuelle Erfahrungen des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass persönliche Erlebnisse Betroffener, die - wie hier - einige Jahre zurückliegen, durch neuere Entwicklungen im betreffenden Staat überholt sein können. Individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 GR-Charta verstoßenden Behandlung führen hingegen nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (so auch das Berufungsgericht UA S. 26 f.). Weiteren Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es zur Beantwortung der von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nicht.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 2. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Beschwerde, mit der die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.

2

1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

„welchen Inhalt der Begriff ,systemischer Mangel' hat."

3

Es kann offenbleiben, ob angesichts der von dem Berufungsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs gefundenen Ausfüllung dieses Begriffs mit dieser Fragestellung eine klärungsfähige Rechtsfrage in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt wird, zumal der Begriff des „systemischen Mangels" des Asylsystems lediglich als zusammenfassendes Kürzel für eine Situation steht, in der ein Schutzsuchender ausnahmsweise nicht auf einen anderen Mitgliedstaat verwiesen und dorthin überstellt werden kann. Jedenfalls rechtfertigt diese Frage mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und in dessen Folge auch des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Der beschließende Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 19. März 2014 - BVerwG 10 B 6.14 - (juris Rn. 5 ff.) ausgeführt:

„Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).

Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).

Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den 'zuständigen Mitgliedstaat' im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi -NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland -NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens (,systemic failure') abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/ Niederlande und Italien - Rn. 138).

Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus."

4

Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung der Sache nach erkennbar zugrunde gelegt. Inwieweit auf abstrakt-genereller Ebene des rechtlichen Maßstabes insoweit zusätzlicher oder weitergehender Klärungsbedarf besteht, legt die Beschwerde nicht - auch nicht mit den Bezugnahmen auf einen der Beschwerdeschrift im Vorabdruck beigefügten wissenschaftlichen Aufsatz (Lübbe, „Systemische Mängel" in Dublin-Verfahren, ZAR 3/2014, 105-111) - dar.

5

2. Die Beschwerde wirft - aufbauend auf der ersten Frage - weitere Fragen als grundsätzlich bedeutsam auf, nämlich

„ob Asylverfahren und/oder Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel im Sinne der zu 1. zu klärenden Frage aufweisen und

ob in Italien Asylbewerber und Dublinrückkehrer Gefahr laufen, schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen i.S.v. Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh infolge der dortigen Verhältnisse ausgesetzt zu sein."

und macht zur Begründung durch Verweis auf zahlreiche, teils erst nach der Verkündung der Berufungsentscheidung erstellte bzw. veröffentlichte Quellen geltend, dass das Asylsystem und die Aufnahmepraxis in Italien systemisch mangelhaft seien und gegen elementare Unionsgrundrechte verstießen.

6

Mit ihrem umfangreichen Vorbringen zur Aufnahmepraxis für Asylbewerber in Italien zeigt die Beschwerde keine klärungsbedürftigen Fragen des revisiblen Rechts auf. Denn ihr Vorbringen zielt der Sache nach nicht auf eine Rechtsfrage, sondern auf die dem Tatrichter vorbehaltene prognostische Würdigung, ob der Klägerin infolge der angeordneten Abschiebung nach Italien dort aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Die Beschwerde greift damit der Sache nach die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu den Prognosegrundlagen sowie die darauf aufbauende Prognose als Teil der Beweiswürdigung an und stellt dem ihre eigene Einschätzung der Sachlage entgegen, ohne insoweit eine konkrete Rechtsfrage aufzuzeigen. Damit kann sie die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erreichen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. April 2012 - BVerwG 10 B 5.12 - juris und vom 18. April 2012 - BVerwG 10 B 8.12 - juris).

7

3. Schließlich folgert die Beschwerde eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache daraus, dass in dem Verfahren nach zuzulassender Revision das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV einzuholen sei. Auch damit kann sie nicht durchdringen.

8

3.1 Die Beschwerde hält eine Vorlage zum einen für erforderlich, weil

„der Inhalt des Begriffs des ,systemischen Mangels' sowie die Rechtsfrage, ob die Asylverfahren und/oder Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen und aufgrund dessen die Gefahr schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen besteht, [...] bislang seitens des EuGH nicht abschließend geklärt" sei.

9

Diese Frage wiederholt die Grundsatzfrage zu 1., für die im rechtlichen Ansatz insoweit kein weiterer rechtlicher Klärungsbedarf besteht (s.o. 1.). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist zwar auch dann zu bejahen, wenn dargelegt wird, dass in einem zukünftigen Revisionsverfahren zur Auslegung einer entscheidungsrelevanten gemeinschaftsrechtlichen Regelung voraussichtlich gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen sein wird (siehe etwa Beschluss vom 17. Juli 2008 - BVerwG 9 B 15.08 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 35 = NVwZ 2008, 1115, jeweils Rn. 10). Die Beschwerde legt indes auch keine Zweifelsfrage des Unionsrechts dar, die unter Berücksichtigung der durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bewirkten Klärung weiteren unionsrechtlichen Auslegungsbedarf bewirkte und damit eine Vorlage rechtfertigen oder gebieten könnte. Es trifft zu, dass der Gerichtshof der Europäischen Union die Verhältnisse in Italien bislang nicht abschließend gewürdigt hat; das weist aber nicht auf eine klärungsfähige Frage zur Auslegung des Unionsrechts im Sinne des Art. 267 AEUV. Denn auch der Gerichtshof der Europäischen Union ist nach Art. 267 AEUV nicht befugt oder berufen, fallübergreifende Tatsachenfragen zu klären. Dies ist vielmehr auf der Grundlage des durch den Gerichtshof der Europäischen Union geklärten Unionsrechts Aufgabe der nationalen Gerichte.

10

3.2. Zum anderen erachtet die Beschwerde die Frage als grundsätzlich bedeutsam, weil durch den Gerichtshof der Europäischen Union klärungsbedürftig,

„ob auch Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 20 Dublin-II-Verordnung der Fristbestimmung des Art. 17 Dublin-II-Verordnung unterliegen."

11

Dazu führt sie aus, dass Art. 23 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung Fristen für die Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs enthalte, nach deren Ablauf gemäß Absatz 3 der Vorschrift ein Zuständigkeitswechsel eintrete. Mit Blick auf das Ziel, den zuständigen Mitgliedstaat möglichst frühzeitig zu bestimmen, müsse eine derartige Fristvorgabe auch für die Wiederaufnahmeverfahren nach der Dublin-II-Verordnung gelten.

12

Mit diesem Vorbringen verfehlt die Beschwerde bereits die Darlegungsanforderungen für eine Grundsatzfrage gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie setzt sich schon nicht - wie erforderlich - mit den Ausführungen des Berufungsgerichts und der von ihm angeführten Rechtsprechung zu der systematischen Trennung der Regelungen zur Aufnahme und Wiederaufnahme von Asylbewerbern in der Dublin-II-Verordnung (UA S. 9 f.) auseinander. Des Weiteren legt die Beschwerde nicht dar, warum diese Frage auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60) für die erstrebte Revisionsentscheidung erheblich wäre und daher eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderlich machen könnte. Denn der Gerichtshof hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann. Die Beschwerde verhält sich nicht zu der Frage, ob diese Grundsätze - was nahe liegt - dann auch bei dem in Art. 20 Abs. 1 Buchst. e genannten Rechtsbehelf gegen die Wiederaufnahmeentscheidung gelten.

13

Im Übrigen rechtfertigt die aufgeworfene Frage mangels Klärungsbedürftigkeit in einem Revisionsverfahren oder unionsrechtlicher Auslegungszweifel im Sinne des Art. 267 AEUV nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, denn sie lässt sich ohne Weiteres und frei von unionsrechtlichem Klärungsbedarf aus der Systematik der Dublin-II-Verordnung in dem vom Berufungsgericht angenommenen Sinne beantworten. Dass die in Art. 17 Abs. 1 bestimmte Frist für die Unterbreitung des Aufnahmeersuchens an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat nicht auf die in sich geschlossene Regelung zu den Modalitäten der Wiederaufnahme in Art. 20 Dublin-II-Verordnung übertragen werden kann, ergibt sich bereits aus der Überschrift des Kapitel V sowie Art. 16 Abs. 1 Dublin-II-Verordnung, die zwischen der Aufnahme (Art. 16 Abs. 1 Buchst. a: „... nach Maßgabe der Artikel 17 bis 19 ...") und der Wiederaufnahme (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c bis e: „... nach Maßgabe des Art. 20...") von Asylbewerbern unterscheiden. Art. 20 Abs. 1 Dublin-II-VO enthält in Buchst. b und c eine Frist- und Fiktionsregelung nur für den um Wiederaufnahme ersuchten Mitgliedstaat. Einen Zuständigkeitsübergang auf den ersuchenden Mitgliedstaat sieht Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO nur für den Fall vor, dass die Überstellung nicht innerhalb bestimmter Fristen durchgeführt wird. Diese Regelungen lassen keine Lücke erkennen, die durch eine analoge Heranziehung der Fristbestimmung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-Verordnung zu schließen wäre.

14

4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

15

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.

II.

2

Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.

3

1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."

4

Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

5

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).

6

Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).

7

Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.

8

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).

9

Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.

10

2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.

11

Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).

12

An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.

13

Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

1. Die Antragsteller zu 1) und 2) (geboren ... 1979 und ... 1978) sind ein Ehepaar kosovarischer Staatsangehörigkeit, ägyptischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens. Die Antragsteller zu 3-6 (geboren am ...2002, ... 2004, ... 2007 und ... 2011) sind deren gemeinsame Kinder. Die Antragsteller reisten am 29. September 2014 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 11. Dezember 2014 Asylanträge.

Da nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) vorlagen, stellte das Bundesamt mit Schreiben vom 8. Januar 2015 ein Übernahmeersuchen an Ungarn. Die ungarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 12. Januar 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags unter Bezugnahme auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) der Dublin III-VO.

2.

Mit Bescheid vom 22. April 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Antragsteller als unzulässig ab (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung der Antragsteller nach Ungarn an (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Asylanträge gemäß § 27a AsylVfG unzulässig seien, da Ungarn aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 18 Abs. 1b Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei.

3. Gegen den vorgenannten Bescheid ließen die Antragsteller mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28. April 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, Klage (W 6 K 14.50103) erheben mit den Anträgen, den Bescheid vom 22. April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, sowie - hilfsweise - die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für den subsidiären Schutzstatus vorliegen sowie die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Zugleich ließen sie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen und beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Zur Begründung verwiesen die Antragsteller im Wesentlichen auf Entscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte, die die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Überstellung nach Ungarn angeordnet hätten. Nach diesen Entscheidungen bestünden in Ungarn systemische Mängel sowohl im Asylsystem als auch bei den Aufnahmebedingungen. Danach drohe erwachsenen Dublin-Rückkehrern bei einer Abschiebung nach Ungarn die willkürliche und unverhältnismäßige Inhaftierung und die Verletzung ihres Rechts auf Freiheit.

4. Das Bundesamt stellte für die Antragsgegnerin den Antrag,

den Antrag abzulehnen.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die vom Bundesamt in Ziffer 2 des Bescheids vom22. April 2015 verfügte Abschiebungsanordnung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung ist zulässig, vgl. § 34a Abs. 2 AsylVfG.

2. Der Antrag ist nicht begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B. v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581; BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68 und 73 ff.). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 22. April 2015 erweist sich bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) als rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

2.1 Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat die Asylanträge der Antragsteller zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt, weil Ungarn sich zur Rückübernahme der Antragsteller bereit erklärt hat. Die ungarischen Behörden haben mit Schreiben vom 12. Januar 2015 auf das vom Bundesamt am 8. Januar 2015 gestellte Ersuchen um Wiederaufnahme der Antragsteller - und damit innerhalb der nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO maßgeblichen Monatsfrist nach Stellung des Wiederaufnahmeersuchens - die ungarische Zuständigkeit für die Asylanträge der Antragsteller erklärt. Damit ist Ungarn gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO verpflichtet, die Antragsteller innerhalb einer Frist von 6 Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von 6 Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn diese aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist, nach deren Ablauf die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedsstaat übergeht (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), ist noch nicht abgelaufen.

2.2. Die Zuständigkeit zur Bearbeitung des Asylantrags ist auch nicht durch Begründung eines Selbsteintrittsrechts (vgl. Art. 3 Abs. 2 und 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auf die Antragsgegnerin übergegangen.

Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat zum zuständigen Mitgliedsstaat, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedsstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller in diesem Mitgliedsstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-Grundrechtecharta mit sich bringen (§ 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO), und auch eine alternative Überstellung in einen weiteren Mitgliedsstaat anhand nachrangiger Zuständigkeitskriterien ausscheidet.

Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass in Ungarn systemische Mängel des Asylverfahrens sowie der Aufnahmebedingungen herrschen. Dies hat das Verwaltungsgericht Würzburg wiederholt so entschieden (vgl. insbesondere VG Würzburg, U. v. 29.4.2015 - W 1 K 14.30139: B. v. 11.5.2015 - W 6 S 15.50121; B. v. 24.4.2015 - W 6 S 15.30292; B. v. 18.2.2015 - W 4 S 15.50023; B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris; B. v. 2.4.2015 - W 2 E 15.50041; B. v. 19.3.2015 - W 2 S 14.50207; B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris). An dieser Rechtsprechung, auf die ergänzend Bezug genommen wird, hält das Gericht fest.

Das Vorbringen des Bevollmächtigten der Antragsteller unter Bezugnahme auf (teilweise) neue Rechtsprechung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den von Antragstellerseite zitierten Entscheidungen sowie in den dem Gericht vorliegenden Berichten dargestellten Missständen, insbesondere zur Inhaftierungspraxis in Ungarn. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel im vg. Sinn.

Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417) sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - NLMR 2014, 282; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff. = InfAuslR 2014, 197) nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des bei der Auslegung des Art. 4 GR-Charta nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta heranzuziehenden Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in Ungarn (derzeit) vorliegen. Das erkennende Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - NLMR 2014, 282; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) sowie anderer Kammern des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U. v. 29.4.2015 - W 1 K 14.30139; B. v. 18.2.2015 - W 4 S 15.50023; B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris; B. v. 11.12.2014 - W 1 S 14.50043 - juris; B. v. 15.1.2015 - W 2 S 14.50205; B. v. 11.5.2015 - W 6 S 15. 50121) und mehrerer anderer deutscher Verwaltungsgerichte (VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12; VG Hannover, B. v. 27.5.2014 - 5 B 634/14; VG Augsburg, B. v. 11.6.2014 - Au 7 S 14.50134 und U. v. 23.3.2015 - Au 4 K 14.50156; VG Düsseldorf, B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A; VG Regensburg, B. v. 12.12.2014 - RN 5 S 14.50306; VG Bayreuth, B. v. 13.1.2015 - B 3 S 14.50129; VG Augsburg, B. v. 21.1.2015 - Au 2 S 14.50360; B. v. 26.1.2015 - Au 7 S 15.50015; VG Gelsenkirchen, B. v. 10.4.2015 - 18a L 453/15.A; VG München B. v. 30.3.2015 - M 12 S 15.50038 - alle juris), die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (entgegen SächsOVG, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14; VG Düsseldorf, B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A; B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14; VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325; VG Magdeburg, B. v. 11.12.2014 - 9 B 449/14; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - alle juris).

Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags nach Serbien oder in die Ukraine zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar).

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate möglich ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4.10.2013 - M 23 S 13.30926 - beide juris). Auch dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systemische Mängel nicht zu begründen. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes findet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonisation; abrufbar im Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2 f.; European Council on Refugees and Exiles in seinem Bericht: Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers; zugänglich im Internet in englischer Sprache; UNHCR comments and recommendations, S. 9).

Dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei, kann diesen Berichten dagegen gerade nicht entnommen werden (vgl. hierzu nur HHC, Brief Information Note, S. 4, wo explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss). Gegenteiliges ist auch dem Bericht von bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Entsprechende Erkenntnismittel, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.

Gemessen an diesen Grundsätzen steht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass den Antragstellern als Familie mit minderjährigen Kindern und damit als Angehörigen einer besonders verletzlichen Personengruppe im Falle ihrer Überstellung nach Ungarn mit Blick auf die Asyl- bzw. Aufnahmebedingungen mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 4 GR-Charta i. V. m. Art. 3 EMRK droht.

Es ist zum einen nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Antragsteller im Falle ihrer Rückkehr nach Ungarn inhaftiert werden. Zwar können nach ungarischem Recht auch Familien mit minderjährigen Kindern in Asylhaft genommen werden; die maximale Haftdauer ist auf 30 Tage begrenzt (Auswärtiges Amt, Auskunft v. 19.11.2014 an VG Düsseldorf, S. 4; UNHCR, Auskunft an VG Düsseldorf v. 30.9.2014, S. 4; Pro Asyl, Auskunft an VG Düsseldorf v. 30.10.2014, S. 1). Zwar ergibt sich, dass solche Familien inzwischen zumindest in bestimmten Fällen tatsächlich inhaftiert werden (Auswärtiges Amt a. a. O.; UNHCR a. a. O., S. 4/5; Pro Asyl a. a. O. S. 1 f.; European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, Hungary, Report v. 17.2.2015, S. 52, 54), wobei in der Regel bereits vor Ablauf der Monatsfrist die Verlegung in eine offene Aufnahmeeinrichtung erfolgen soll (so das Auswärtige Amt a. a. O.). Nach verschiedenen Quellen soll die Inhaftierung von Familien mit Kindern sogar in großem Umfang geschehen (Pro Asyl a. a. O. S. 1 f., 11; UNHCR a. a. O., S. 4), und zwar wohl insbesondere bei Asylbewerbern aus dem Kosovo (Pro Asyl a. a. O. S. 11). Nach den derzeit vorliegenden Informationen steht jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auch im Dublin-Verfahren nach Ungarn rücküberstellte Familien mit minderjährigen Kindern inhaftiert werden. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des UNHCR ist dies bislang nicht der Fall (UNHCR, Auskunft v. 30.9.2014, S. 2 und 5). Dem gegenüber beruft sich Pro Asyl auf Angaben von in Debrecen und Nyirbator inhaftierten Asylbewerbern, wonach dort auch im Dublin-Verfahren nach Ungarn überstellte Familien inhaftiert seien (Pro Asyl, Auskunft an das VG Düsseldorf v. 30.10.2014, S. 2). Es handelt sich bei diesen Aussagen jedoch offenbar nicht um von Pro Asyl nachgeprüfte Tatsachen.

Das Gericht folgt der Einschätzung des UNHCR, wonach im Dublin-Verfahren nach Ungarn zurückkehrenden Familien mit Kindern in Ungarn derzeit keine Inhaftierung droht. Von maßgeblicher Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der UNHCR nach wie vor keine Empfehlung abgegeben hat, von Überstellungen von Asylbewerbern nach Ungarn abzusehen (vgl. VG Würzburg, U. v. 30.9.2014 - W 1 K 14.50050 - juris und B. v. 11.5.2015 - W 6 S 15.50121). Dem Fehlen einer generellen Empfehlung des UNHCR, von einer Überstellung nach Ungarn abzusehen, kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachtenden - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, sind die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedstaat, der nach den Kriterien der Dublin-Verordnungen als zuständiger Staat bestimmt wird, besonders relevant (EuGH, U. v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660 - juris). Die in der Stellungnahme des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 getroffenen detaillierten Aussagen zur Behandlung von im Dublin-Verfahren nach Ungarn überstellten Familien können daher durch die eher pauschal gehaltenen und offenbar auf nicht belegten Aussagen Dritter beruhenden Stellungnahmen von Pro Asyl nicht widerlegt werden. Es kommt daher nicht darauf an, dass Art. 11 Abs. 2 der Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, Neufassung v. 26.6.2013, ABl. L 180 S. 96), der für die Frage des Vorliegens von systemischen Mängeln eine Maßstabsfunktion zukommt, eine zeitlich begrenzte Inhaftierung von Minderjährigen unter bestimmten Voraussetzungen zulässt.

Soweit die von dem Bevollmächtigten der Antragsteller angeführten Gerichtsentscheidungen, jedenfalls diejenigen, die veröffentlicht sind (so VG Freiburg, B. v. 6.2.2014 - 6 K 120/14; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - beide juris) systemische Mängel der ungarischen Asyl- und Aufnahmebedingungen annehmen, beziehen sie sich auf die Inhaftierung und die Haftbedingungen alleinstehender männlicher Asylbewerber, treffen aber keine Aussagen dazu, ob im Dublin-Verfahren überstellte Familien in Ungarn inhaftiert werden bzw. welchen Aufnahmebedingungen diese ausgesetzt sind.

Zum anderen droht den Antragstellern im Falle der Überstellung nach Ungarn aber auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Obdachlosigkeit. Da die Antragsteller nach den Angaben der ungarischen Behörden während der Prüfung ihres Asylantrags Ungarn verlassen haben, muss im Falle ihrer Überstellung die Prüfung des Asylantrags fortgeführt werden (vgl. Art. 18 Abs. 2 Dublin III-VO). Dies wird in Ungarn auch so praktiziert (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 6), was für die Antragsteller bedeutet, dass sie alle Leistungen in Anspruch nehmen können, die Asylbewerbern in Ungarn zustehen, d. h. insbesondere die Unterbringung in einer (offenen) Aufnahmeeinrichtung. Der Asylantrag hat auch aufschiebende Wirkung, so dass ihnen (zumindest) bis zur rechtskräftigen Ablehnung desselben keine Abschiebung in ihr Herkunftsland droht (vgl. Auswärtiges Amt a. a. O., S. 9). Im Falle der Zuerkennung eines Schutzstatus haben die Antragsteller Anspruch auf die im ungarischen Asylgesetz verankerten Integrationsleistungen einschließlich eines zeitlich begrenzten Mindesteinkommens (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 8 zu Frage 13 und ausführlich Stellungnahme v. 2.3.2015 an das VG Magdeburg).

Für eine Überfüllung der Aufnahmeeinrichtungen in Ungarn mit der Folge der Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gibt es derzeit keine Anhaltspunkte. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 3) bestanden im ersten Halbjahr 2013 infolge des damals sprunghaften Anstiegs der Asylbewerberzahlen in Ungarn Engpässe bei der Unterbringung, denen - wie in anderen europäischen Staaten auch - mit der vorübergehenden Nutzung von Turnhallen und Zelten abgeholfen worden sei. Seit Herbst 2013 habe sich die Situation wieder entspannt; jüngere Kritik der Belegung der Einrichtungen sei nicht bekannt geworden (Auswärtiges Amt a. a. O.). Der UNHCR berichtet zwar, dass die Asylbewerberzahlen in Ungarn seit Juli 2014 erneut deutlich angestiegen seien; die Ausführungen zu den Auswirkungen auf die Aufnahmebedingungen beziehen sich jedoch auf den Zeitraum im Sommer 2013, sind also überholt (vgl. Auswärtiges Amt a. a. O.). Nach Auskunft von Pro Asyl (Stellungnahme vom 30.10.2014, S. 4) wurden bei Monitoring-Besuchen des HHC in fünf Aufnahmeeinrichtungen - wobei es sich um Hafteinrichtungen handelte - im Zeitraum Juli 2013 bis Februar 2014 Auslastungsquoten zwischen 43% und 100% festgestellt, was nicht für Kapazitätsengpässe spricht. Auch aida (Report 2015 a. a. O., S. 43) berichtet, es sei bisher noch nicht vorgekommen, dass Asylbewerber infolge Knappheit von Aufnahmeplätzen auf der Straße gelassen wurden. Sollte es dennoch in Einzelfällen zu derartigen Situationen gekommen sein, belegt dies noch nicht hier allein beachtliche systemische, d. h. vorhersehbare und regelhafte Mängel.

Im Hinblick auf die Ernährung der aufgenommenen Personen gibt es keine Hinweise für Missstände, wenngleich der Nährwert der ausgegebenen Lebensmittel in Aufnahmeeinrichtungen teilweise beanstandet wird (UNHCR, Auskunft v. 30.9.2014, S. 3 f.; Pro Asyl, Auskunft v. 30.10.2014, S. 5). In jedem Aufnahmezentrum gibt es drei kostenfreie Mahlzeiten am Tag (aida-Report 2015 a. a. O., S. 43). Des Weiteren können die Bewohner aller Einrichtungen für sich selbst kochen (aida a. a. O.), so dass auch Säuglingsnahrung oder spezielle Nahrung für Kleinkinder zubereitet werden kann. Die sanitären und hygienischen Bedingungen sind ausreichend (aida a. a. O.); diesbezüglich bekannt gewordene Beanstandungen beziehen sich auf einzelne Hafteinrichtungen (vgl. Pro Asyl, Auskunft v. 30.10.2014, S. 3), nicht aber auf die offenen Aufnahmezentren. Der freie Ausgang ist in den (offenen) Aufnahmeeinrichtungen nicht eingeschränkt (aida a. a. O.).

Auch aus Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO folgt kein anderes Ergebnis. Nach dieser Norm kann jeder Mitgliedsstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin III-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Ein derartiger Selbsteintritt ist nicht erfolgt. Auch hat sich das der Antragsgegnerin diesbezüglich zustehende Ermessen nicht zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet.

3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1. Die Kläger sind nach eigenen Angaben kosovarische Staatsangehörige vom Volk der Roma. Die Klägerin zu 1) gibt an, am ... 1992 in G. im Kosovo geboren worden zu sein. Die am ... 2008 und ... 2012 in G. geborenen Kläger zu 2) und 3) sind ihre Söhne. Der Lebensgefährte bzw. Vater der Kläger betreibt ein eigenes Asylverfahren mit dazugehörigen Gerichtsverfahren (Az. W 1 K 14.30137, W 1 S 14.30138). Im Bundesgebiet wurde am ... 2014 ein weiterer Sohn bzw. Bruder der Kläger geboren, für den ebenfalls ein Asylverfahren und dazugehörige Gerichtsverfahren betrieben werden (Az: W 1 K 14.50042, W 1 S 14.50043). Ein weiteres Kind wurde am ... 2015 im Bundesgebiet geboren, dieses ist jedoch bislang nicht Beteiligter eines asylgerichtlichen Verfahrens.

2. Die Kläger reisten gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten bzw. Vater zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt Mitte Juli 2013 über unbekannte Länder in das Bundesgebiet ein und beantragten hier am 23. Juli 2013 Asyl.

In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 1. August 2013 gab die Klägerin zu 1) an, sie wisse nicht genau, über welche Länder sie gereist seien und ob sie auch in Ungarn gewesen seien. Sie sei gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und ihren Eltern gereist. Wenn diese in Ungarn gewesen seien, sei auch sie dort gewesen. Sie wisse es aber nicht genau, da es ihr aufgrund ihrer Schwangerschaft damals nicht sehr gut gegangen sei.

3. Aufgrund eines Eurodac-Treffers richtete das Bundesamt am 27. Dezember 2013 ein Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden. Diese stimmten der Wiederaufnahme der Kläger unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 c) und Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO mit Schreiben vom 7. Januar 2014 zu.

4. Mit Bescheid vom 29. Januar 2014, der Klägerin zu 1) ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 91/92 der BA-Akte) am 6. Februar 2014 zugestellt, stellte das Bundesamt fest, dass die Asylanträge unzulässig sind (Ziffer 1 des Bescheides), und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2). Gemäß Art. 16 Abs. 1c Dublin II-VO sei Ungarn für die Behandlung der Asylanträge zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. In Ungarn lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Wegen der Begründung im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Bescheid Bezug genommen.

5. Die Kläger ließen am 10. Februar 2014 bei Gericht Klage erheben. Es sei ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Ungarn systemische Mängel aufwiesen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Kläger bei einer Überstellung dorthin erwarten ließen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2014 aufzuheben.

6. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7. Mit Beschluss des Gerichts vom 11. Dezember 2014 (Az. W 1 S 14.30140) wurde der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage unanfechtbar abgelehnt.

8. Auf das Anhörungsschreiben des Gerichts vom 26. Januar 2015 trägt das Bundesamt für die Beklagte unter dem 26. Februar 2015 vor, dass sich die sog. Tarakhel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) explizit auf Italien beziehe. Im Hinblick auf die Gründe des Beschlusses des Gerichtes im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf den Umstand, dass der UNHCR auch bezüglich Familien keine Empfehlung abgegeben habe, von Überstellungen nach Ungarn abzusehen, könne eine Übertragung der genannten Entscheidung des EGMR nicht nachvollzogen werden. Die Entscheidung stehe vor dem Hintergrund der in Italien offensichtlich bestehenden Kapazitätsengpässe. Auf Ungarn bezogen sei festzustellen, dass der aufnehmende Staat eigenverantwortlich dafür Sorge tragen müsse und werde, dass die Kläger familien- und kindgerecht untergebracht würden. Den vorliegenden Auskünften und Berichten, u. a. auch dem aida-Bericht (gemeint wohl: Bericht vom 30. April 2014) sei zu entnehmen, dass Familien mit Kindern auch keine Trennung und keine „nicht-kindgerechte Unterbringung“ aufgrund einer Inhaftierung nach Rückkehr drohe, wie das Gericht in seinem Beschluss (im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes) ausgeführt habe. Das Bundesamt gehe weiter davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen bestünden. Eine Zusicherung, dass die Familieneinheit der Kläger gewahrt bleibe und dass die minderjährigen Kinder ihrem Alter entsprechend untergebracht würden, könne nicht gegeben werden und würde ohne konkreten Hinweis auf eine in Ungarn zu erwartende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung letztendlich das Dublin-System untergraben.

9. Die Kläger ließen unter dem 24. April 2015 ergänzend ausführen, dass einer der Söhne an einer Sehbehinderung leide, die zur Vermeidung einer Erblindung kontinuierlicher Kontrolle bedürfe. Da die Klägerin zu 1) und ihr Lebensgefährte nicht verheiratet seien, drohe ihnen in Ungarn außerdem die Trennung bzw. das Auseinanderreißen des Familienverbandes. Im Hinblick auf das neugeborene Kind sei die erforderliche medizinische Betreuung und menschenwürdige Unterbringung in Ungarn nicht gewährleistet. Das Bundesamt führe selbst aus, dass die Wahrung des Familienverbandes und die kindgerechte Unterbringung in Ungarn nicht zugesichert werden könne.

10. Mit Beschluss vom 18. Februar 2015 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet.

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG (Ziffer 2 des Bescheides), die einen belastenden Verwaltungsakt darstellt, bedarf dies keiner weiteren Erläuterung. Auch die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gemäß § 27a AsylVfG (Ziffer 1 des Bescheides) kann „isoliert“, d. h. ohne damit verbundenen Verpflichtungsantrag angefochten werden, weil das Bundesamt im Fall der Aufhebung dieser Entscheidung bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet wäre (BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris; U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 22; jeweils m. w. N. zur obergerichtlichen Rspr.). Denn nach Sinn und Zweck des § 27a AsylVfG und des dahinter stehenden Gebotes, im Interesse der Verfahrensbeschleunigung schnellstmöglich Klarheit über den zuständigen Mitgliedstaat für die Prüfung eines im Geltungsbereich der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrags zu gewinnen (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 - juris Rn. 84, 98), ist die Zuständigkeitsprüfung durch das Bundesamt der Prüfung des Asylantrags vorgelagert und von dem Verfahren zur (inhaltlichen) Prüfung des Asylantrags zu unterscheiden (BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris Rn. 6). Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, die Sache insoweit spruchreif zu machen, besteht nicht (BayVGH, B. v. 23.1.2015 a. a. O.). Statthaft ist daher die Anfechtungsklage mit dem Ziel, die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig sowie die Abschiebungsanordnung aufzuheben, damit die Beklagte in eigener Zuständigkeit über den Asylantrag (inhaltlich) entscheiden muss. Einer auf ein weitergehendes Ziel gerichteten Verpflichtungsklage fehlte daher auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Auf welcher Grundlage sich die Ablehnung des Asylantrags wegen internationaler Zuständigkeit eines anderen Staates möglicher Weise als rechtsfehlerhaft erweist - etwa nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO aufgrund der Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und /oder der Aufnahmebedingungen im ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat (hier Belgien) bzw. aufgrund einer etwaigen Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes der Beklagten oder zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber - ist hingegen als Kriterium der gerichtlichen Nachprüfung des Bescheides eine Frage der Begründetheit der Klage.

2. Die Klage ist nicht begründet, denn die angegriffenen Behördenentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1 Da der Asylantrag und auch das Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 vom 26.6.2013, ABl Nr. L 180, S. 31) nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 vom 18.2.2003, ABl Nr. L 50, S. 1). Da die mit dem Wiederaufnahmegesuch zusammenhängenden Rechtsfragen, insbesondere die gegebenenfalls zu beachtenden Fristen, systematisch den Bestimmungen über die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten zuzuordnen sind (Zuständigkeitsregelungen im weiteren Sinne), sind damit auf das Wiederaufnahmegesuch im vorliegenden Fall die Vorschriften des Art. 20 Dublin II-VO anzuwenden. Im Unterschied zu Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO enthält aber Art. 20 Dublin II-VO keine Frist zur Stellung eines entsprechenden Wiederaufnahmegesuchs. Dies bedeutet zwar nicht, dass es im Belieben des Bundesamtes stand, wann es ein solches Wiederaufnahmegesuch nach der Dublin II-VO an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten hatte. Dies folgt bereits aus dem vierten und dem 15. Erwägungsgrund der Dublin II-VO sowie aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 - juris Rn. 85 ff.). Danach ist Ziel der in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Zuständigkeitskriterien, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen im Geltungsgebiet der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrag zuständig ist. Ist die Überstellung eines Antragstellers in den nach diesen Kriterien als zuständiger Mitgliedstaat bestimmten Staat nicht möglich, so hat der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, vorbehaltlich der Befugnis, den Antrag nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst zu prüfen, die Prüfung der Kriterien des genannten Kapitels fortzuführen, um festzustellen, ob anhand eines der nachrangigen Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 33; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 96). Der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, hat jedoch darauf zu achten, dass eine Situation, in der dessen Grundrechte verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 35; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 98). Die seit 1. Januar 2014 anwendbare Dublin III-VO sieht dementsprechend nunmehr ausdrücklich in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO auch für Wiederaufnahmegesuche eine Frist vor, und zwar bei Vorliegen einer Eurodac-Treffermeldung eine solche von nur zwei Monaten, im Übrigen eine Frist von drei Monaten ab Asylantragstellung.

2.2 Das Bundesamt hat den Asylantrag der Kläger zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt, weil Ungarn sich zur Rückübernahme der Kläger bereit erklärt hat. In diesem Falle ist vom Gericht nicht nachzuprüfen, ob der die Aufnahme bzw. Wiederaufnahme erklärende Staat sich rechtsfehlerfrei für zuständig erklärt hat. Denn im System des Dublin-Verfahrens besteht kein Rechtsanspruch des Asylbewerbers auf Prüfung seines Asylantrags durch den zuständigen Mitgliedstaat; vielmehr hat er lediglich einen Anspruch auf inhaltliche Prüfung seines Asylantrags durch einen Mitgliedstaat (vgl. z. B. EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 60; BVerwG, B. v. 15.4.2014 - 10 B 16/14 - juris Rn. 3; B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 7 ff.; VGH BW, 19.1.2015 - A 11 S 2508/14 - juris Rn. 8; VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - juris Rn. 18; VG München, U. v. 12.5.2014 - M 21 K 14.30347 - juris Rn. 46). Im Übrigen kann ein Mitgliedstaat auch im Falle seiner Unzuständigkeit nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die Zuständigkeit übernehmen (sog. Selbsteintrittsrecht).

2.3 Ein Ermessensfehler der Entscheidung über das Selbsteintrittsrecht wegen überlanger Verfahrensdauer liegt - wie das Gericht bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeführt hat (VG Würzburg, B. v. 11.12.2014 - W 1 S 14.30139 - BA S. 6) - nicht vor. Das Bundesamt hatte am 30. Juli 2013 Kenntnis vom Vorliegen eines Eurodac-Treffers hinsichtlich Ungarn (Bl. 43 der Bundesamtsakte). Am 27. Dezember 2013 hat es das Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden gestellt. Damit ist zwischen der nachweisbaren Kenntnis vom Vorliegen eines Eurodac-Treffers und der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten vergangen. In einem solchen Fall kann unter der Geltung der Dublin II-VO, die eine Frist für das Wiederaufnahmeersuchen nicht vorsieht, nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden (für die Annahme einer unangemessenen Verfahrensverzögerung erst ab einem Untätigbleiben von deutlich über einem Jahr VG Würzburg, U. v. 27.8.2014 - W 7 K 14.30286 - UA Seite 12; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Die Frage eines Ermessensfehlers stellt sich daher im vorliegenden Fall insoweit nicht (vgl. VG Würzburg, B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 9). Offen bleiben kann daher, ob der Beklagten überhaupt im Rahmen der Entscheidung über die Ausübung oder Nichtausübung des Selbsteintrittsrechtes ein Ermessen i. S. d. § 40 VwVfG, § 114 VwGO eingeräumt ist, woran im Hinblick auf das von der deutschen Rechtsterminologie abweichende Begriffsverständnis im europäischen Unionsrecht (vgl. Zuleeg/Kadelbach in Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010 § 8 Rn. 41; grundlegend Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, 1988, Band I, S. 280 ff.) durchaus Zweifel bestehen, und welche Konsequenzen dies für den Umfang der gerichtlichen Nachprüfbarkeit (Kontrolldichte) sowie ggf. für eine subjektiv-öffentliche Berechtigung der betroffenen Asylbewerber hätte.

2.4 Die Überstellung der Kläger nach Ungarn ist auch nicht wegen systemischer Mängel des ungarischen Asylverfahrens und /oder der Aufnahmebedingungen rechtlich unmöglich. Dies gilt auch im Hinblick auf die vom Kläger zu 2) geltend gemachte Erkrankung.

Im Falle der (angenommenen) Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat - hier Ungarn - aufgrund von systemischen Mängeln ist der eigentlich nicht zuständige Mitgliedstaat nicht verpflichtet, den Asylantrag auf der Grundlage des Selbsteintritts nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO selbst inhaltlich zu prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129/130 Rn. 32 ff.; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 33). Vielmehr hat er zunächst weiter zu prüfen, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Mitgliedstaat für eine Überstellung in Frage kommt. Kommt - auch nach weiteren Ermittlungen - keine Zuständigkeit eines anderen Dublin-Staates in Betracht, muss die Beklagte das Asylverfahren nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst durchführen, ansonsten kann sie bei festgestellter Zuständigkeit eines anderen Dublin-Staates erneut einen Bescheid im Dublin-Verfahren erlassen, muss dann allerdings dem Recht des Betroffenen auf Durchführung des Verfahrens mit angemessener Dauer Rechnung tragen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129/130 Rn. 35; vgl. nun auch Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfen, soweit und solange sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, die Mitgliedstaaten des Dublin-Systems sich das Vertrauen entgegenbringen, dass in jedem von ihnen Asylsuchende im Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta der EU, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) behandelt werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 52 f.; U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff., juris). Eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat ist daher (nur) dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 60; U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 30; U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f., juris). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder zufällig und im Einzelfall auftretende Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen - einschließlich der Grundrechte - zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - a. a. O.; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris; VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 33). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - a. a. O.). Vielmehr ist von der Überstellung in einen Mitgliedstaat mit Blick auf die Asyl- und Aufnahmebedingungen nur dann abzusehen, wenn dort aufgrund systemischer, d. h. regelhafter und daher vorhersehbarer Mängel die beachtliche Wahrscheinlichkeit („ernstzunehmende Gefahr“) besteht, dass die konkret betroffenen Asylbewerber einer gegen Art. 4 GR-Charta verstoßenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - juris Rn. 81 ff., insb. 86; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris; VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 36). Unter diesen Voraussetzungen ist es gerechtfertigt, die Verantwortung des überstellenden Mitgliedstaates für Grund- bzw. Menschenrechtsverletzungen über die Überstellung hinaus auch auf Umstände im aufnehmenden Mitgliedstaat zu erstrecken, weil es sich um vorhersehbare Rechtsverletzungen handelt.

Dem gegenüber kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) die Vermutung, wonach der Aufnahmestaat seinen Pflichten aus Art. 3 EMRK nachkommt, wirksam widerlegt werden, wenn schwerwiegende Gründe für die Annahme vorgebracht werden, dass die Person, deren Rückführung angeordnet wird, einer tatsächlichen Gefahr („real risk“) entgegensehen würde, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 104; U. v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09 - NVwZ 2011, 413 Rn. 342). Die Ursache der Gefahr hat keine Auswirkungen auf das Schutzniveau der EMRK und befreit den überstellenden Staat nicht davon, eine gründliche und individuelle Prüfung der Situation der betroffenen Person vorzunehmen und im Falle der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung die Durchsetzung der Abschiebung auszusetzen (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - a. a. O.). Denn die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischen- oder überstaatliche Organisationen wie die EU entbindet die Konventionsstaaten nicht von ihrer Verantwortlichkeit für die Einhaltung der in der EMRK garantierten Rechte (st. Rspr., z. B. EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340; U. v. 30.6.2005 - Bosphorus, 45036/98 - NJW 2006, 197). Staatliches Handeln in Erfüllung der Verpflichtungen im Rahmen einer solchen Organisation ist deshalb zwar solange gerechtfertigt, wie die jeweilige Organisation die Grundrechte schützt. Dies ist im Rahmen des unionsrechtlichen Grundrechtsschutzes grundsätzlich der Fall (EGMR, U. v. 30.6.2005 - Bosphorus, 45036/98 - NJW 2006, 197), zumal die in der EMRK garantierten Rechte nach Art. 6 Abs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 3 GR-Charta in die unionsrechtlichen Grundrechtsgewährleistungen als Mindeststandard inkorporiert sind (Borowsky in Meyer-Ladewig, Charta der Grundrechte, vor Art. 51 Rn. 1a; Jarass, Charta der Grundrechte, Art. 52 Rn. 60 ff.). Soweit ein Staat aber über die Wahrnehmung der Befugnis zum Selbsteintritt nach den Dublin-Verordnungen entscheidet, handelt er nach der Auffassung des EGMR nicht in der Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen, weshalb die Vermutung eines gleichwertigen Grundrechtsschutzes durch das Unionsrecht insoweit nicht gilt (EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340). Insoweit bleiben daher die Mitgliedstaaten des Dublin-Systems im Falle einer Überstellung für die Einhaltung der Gewährleistungen der EMRK verantwortlich.

Die o. g. Entscheidungen des EuGH und des EGMR sind miteinander dadurch in Einklang zu bringen, dass der überstellende Mitgliedstaat auch dann, wenn keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im an sich zuständigen Mitgliedstaat angenommen werden, im Einzelfall prüfen muss, ob dennoch die tatsächliche Gefahr besteht, dass die betroffene Person dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. des Art. 4 GR-Charta i. V. mit Art. 3 EMRK ausgesetzt wird. Dies kann nach der o. g. Rechtsprechung des EGMR dann der Fall sein, wenn die betroffene Person zu einer „besonders verletzlichen Personengruppe“ unter den Asylbewerbern zu rechnen ist. In einem solchen Fall besonderer Schutzbedürftigkeit besteht trotz der Verneinung systemischer Mängel bzw. Schwachstellen für alle Asylbewerber im übernehmenden Staat noch Raum für die Annahme der tatsächlichen Gefahr einer individuellen Verletzung des Art. 3 EMRK. Dies steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH zu systemischen Mängeln, weil solche Mängel auch innerhalb des unionsrechtlichen Dublin-Systems nicht notwendig alle Asylbewerber oder eine besonders große Zahl von ihnen tatsächlich betreffen müssen; ein systemischer Mangel kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern tatsächlich betrifft, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisiert und nicht gewissermaßen dem Zufall, der Verkettung unglücklicher Umstände oder dem Versagen beteiligter Akteure geschuldet ist (VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 33 mit Verweis auf Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.). Im gerichtlichen Verfahren gegen eine Entscheidung zur Überstellung von Asylsuchenden in einen anderen Mitgliedstaat ist damit zu prüfen, ob der konkret betroffenen Person durch die Überstellung eine Verletzung von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK droht und damit die Vermutung der Beachtung der Grundrechte durch den jeweils anderen Mitgliedstaat widerlegt ist. Gehört die betroffene Person keiner besonders verletzlichen Gruppe an, kann dies jedoch nur angenommen werden, wenn generelle systemische Mängel festzustellen sind.

Gemessen an diesen Grundsätzen steht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht zur Überzeugung des erkennenden Gerichtes fest, dass den Klägern als Familie mit minderjährigen (Klein-)Kindern und damit als Angehörigen einer besonders verletzlichen Personengruppe (vgl. EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 120 ff.) im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) im Falle ihrer Überstellung nach Ungarn mit Blick auf die Asyl- bzw. Aufnahmebedingungen mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 4 GR-Charta i. V. m. Art. 3 EMRK droht.

Es ist zum einen nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Ungarn inhaftiert werden. Zwar können nach ungarischem Recht auch Familien mit minderjährigen Kindern in Asylhaft genommen werden; die maximale Haftdauer ist auf 30 Tage begrenzt (Auswärtiges Amt, Auskunft v. 19.11.2014 an VG Düsseldorf, S. 4; UNHCR, Auskunft an VG Düsseldorf v. 30.9.2014, S. 4; Pro Asyl, Auskunft an VG Düsseldorf v. 30.10.2014, S. 1). Aufgrund der neueren Erkenntnismittel ergibt sich im Unterschied zur bisherigen Einschätzung (vgl. European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, Hungary, Report v. 30.4.2014, S. 48), dass solche Familien inzwischen zumindest in bestimmten Fällen tatsächlich inhaftiert werden (Auswärtiges Amt a. a. O.; European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, Hungary, Report v. 17.2.2015, S. 52, 54; UNHCR a. a. O., S. 4/5; Pro Asyl a. a. O. S. 1 f.), wobei in der Regel bereits vor Ablauf der Monatsfrist die Verlegung in eine offene Aufnahmeeinrichtung erfolgen soll (so das Auswärtige Amt a. a. O.). Nach verschiedenen Quellen soll die Inhaftierung von Familien mit Kindern sogar in großem Umfang geschehen (Pro Asyl a. a. O. S. 1 f., 11; UNHCR a. a. O., S. 4), und zwar wohl insbesondere bei Asylbewerbern aus dem Kosovo (Pro Asyl a. a. O. S. 11). Nach den derzeit vorliegenden Informationen steht jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auch im Dublin-Verfahren nach Ungarn rücküberstellte Familien mit minderjährigen Kindern inhaftiert werden. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des UNHCR ist dies bislang nicht der Fall (UNHCR, Auskunft v. 30.9.2014, S. 2 und 5). Dem gegenüber beruft sich Pro Asyl auf Angaben von in Debrecen und Nyirbator inhaftierten Asylbewerbern, wonach dort auch im Dublin-Verfahren nach Ungarn überstellte Familien inhaftiert seien (Pro Asyl, Auskunft an das VG Düsseldorf v. 30.10.2014, S. 2). Es handelt sich bei diesen Aussagen jedoch offenbar nicht um von Pro Asyl nachgeprüfte Tatsachen. In derselben Stellungnahme räumt Pro Asyl auch ein, dass nicht sämtliche Dublin-Rückkehrer inhaftiert würden (S. 2). Auch aus der von der Klägerbevollmächtigten in das Verfahren eingeführten Stellungnahme von Pro Asyl vom 21. Januar 2015 (abrufbar im Internet unter http://www.p...de/de/.../.../.../...) geht nichts anderes hervor. Dort wird zwar einerseits im Einklang mit anderen Berichten - wie oben dargestellt - darauf verwiesen, dass in Ungarn zunehmend Asylbewerberfamilien inhaftiert werden. Im nächsten Absatz der Stellungnahme wird dann pauschal ausgeführt, dass Personen, die ein Dublin-Verfahren durchlaufen hätten, die umgehende Inhaftierung drohe. Daraus geht aber nicht hervor und wird erst recht nicht belegt, dass Pro Asyl im Gegensatz zum UNHCR gerade zu der Erkenntnis gelangt ist, dass im Dublin-Verfahren nach Ungarn überstellten Familien die Inhaftierung droht.

Das Gericht folgt der Einschätzung des UNHCR, wonach im Dublin-Verfahren nach Ungarn zurückkehrenden Familien mit Kindern in Ungarn derzeit keine Inhaftierung droht. Von maßgeblicher Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der UNHCR nach wie vor keine Empfehlung abgegeben hat, von Überstellungen von Asylbewerbern nach Ungarn abzusehen (vgl. VG Würzburg, U. v. 30.9.2014 - W 1 K 14.50050 - juris). Dem Fehlen einer generellen Empfehlung des UNHCR, von einer Überstellung nach Ungarn abzusehen, kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, sind die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedstaat, der nach den Kriterien der Dublin-Verordnungen als zuständiger Staat bestimmt wird, besonders relevant (EuGH, U. v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660, juris). Die in der Stellungnahme des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 getroffenen detaillierten Aussagen zur Behandlung von im Dublin-Verfahren nach Ungarn überstellten Familien können daher durch die eher pauschal gehaltenen und offenbar auf nicht belegten Aussagen Dritter beruhenden Stellungnahmen von Pro Asyl nicht widerlegt werden. Es kommt daher nicht darauf an, dass Art. 11 Abs. 2 der Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, Neufassung v. 26.6.2013, ABl. L 180 S. 96), der für die Frage des Vorliegens von systemischen Mängeln eine Maßstabsfunktion zukommt, eine zeitlich begrenzte Inhaftierung von Minderjährigen unter bestimmten Voraussetzungen zulässt.

Die von der Klägerbevollmächtigten angeführten Gerichtsentscheidungen (VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - juris; vgl. auch B. v. 23.1.2015 - 23 L 717.14 A - juris; dem folgend VG München, U. v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris; anderer Ansicht z. B. VG Hamburg, B. v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris), die systemische Mängel der ungarischen Asyl- und Aufnahmebedingungen annehmen, beziehen sich auf die Inhaftierung und die Haftbedingungen alleinstehender männlicher Asylbewerber, treffen aber keine Aussagen dazu, ob im Dublin-Verfahren überstellte Familien in Ungarn inhaftiert werden bzw. welchen Aufnahmebedingungen diese ausgesetzt sind. Der vorgelegte Bericht der Deutschen Welle (DW) vom 3. April 2015, der auf o. g. Entscheidungen Bezug nimmt, berichtet zwar von Einzelfällen von Misshandlungen von (nicht im Dublin-Verfahren rücküberstellten) Asylbewerbern durch die ungarische Polizei, lässt aber keine systemischen, d. h. vorhersehbaren und regelhaften Defizite erkennen.

Zum anderen droht den Klägern im Falle der Überstellung nach Ungarn aber auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Obdachlosigkeit. Da die Kläger nach den Angaben der ungarischen Behörden während der Prüfung ihres Asylantrags Ungarn verlassen haben, muss im Falle ihrer Überstellung die Prüfung des Asylantrags fortgeführt werden (vgl. Art. 4 Abs. 5 Dublin II-VO). Dies wird in Ungarn auch so praktiziert (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 6), was für die Kläger bedeutet, dass sie alle Leistungen in Anspruch nehmen können, die Asylbewerbern in Ungarn zustehen, d. h. insbesondere die Unterbringung in einer (offenen) Aufnahmeeinrichtung. Der Asylantrag hat auch aufschiebende Wirkung, so dass ihnen (zumindest) bis zur rechtskräftigen Ablehnung desselben keine Abschiebung in ihr Herkunftsland droht (vgl. Auswärtiges Amt a. a. O., S. 9). Im Falle der Zuerkennung eines Schutzstatus haben die Kläger Anspruch auf die im ungarischen Asylgesetz verankerten Integrationsleistungen einschließlich eines zeitlich begrenzten Mindesteinkommens (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 8 zu Frage 13 und ausführlich Stellungnahme v. 2.3.2015 an das VG Magdeburg).

Für eine Überfüllung der Aufnahmeeinrichtungen in Ungarn mit der Folge der Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gibt es derzeit keine Anhaltspunkte. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 3) bestanden im ersten Halbjahr 2013 infolge des damals sprunghaften Anstiegs der Asylbewerberzahlen in Ungarn Engpässe bei der Unterbringung, denen - wie in anderen europäischen Staaten auch - mit der vorübergehenden Nutzung von Turnhallen und Zelten abgeholfen worden sei. Seit Herbst 2013 habe sich die Situation wieder entspannt; jüngere Kritik der Belegung der Einrichtungen sei nicht bekannt geworden (Auswärtiges Amt a. a. O.). Der UNHCR berichtet zwar, dass die Asylbewerberzahlen in Ungarn seit Juli 2014 erneut deutlich angestiegen seien; die Ausführungen zu den Auswirkungen auf die Aufnahmebedingungen beziehen sich jedoch auf den Zeitraum im Sommer 2013, sind also überholt (vgl. Auswärtiges Amt a. a. O.). Nach Auskunft von Pro Asyl (Stellungnahme vom 30.10.2014, S. 4) wurden bei Monitoring-Besuchen des HHC in fünf Aufnahmeeinrichtungen - wobei es sich um Hafteinrichtungen handelte - im Zeitraum Juli 2013 bis Februar 2014 Auslastungsquoten zwischen 43% und 100% festgestellt, was nicht für Kapazitätsengpässe spricht. Auch aida (Report 2015 a. a. O., S. 43) berichtet, es sei bisher noch nicht vorgekommen, dass Asylbewerber infolge Knappheit von Aufnahmeplätzen auf der Straße gelassen wurden. Sollte es dennoch in Einzelfällen zu derartigen Situationen gekommen sein, wie die Klägerbevollmächtigte vorgetragen hat, belegt dies noch nicht hier allein beachtliche systemische, d. h. vorhersehbare und regelhafte Mängel.

Im Hinblick auf die Ernährung der aufgenommenen Personen gibt es keine Hinweise für Missstände, wenngleich der Nährwert der ausgegebenen Lebensmittel in Aufnahmeeinrichtungen teilweise beanstandet wird (UNHCR, Auskunft v. 30.9.2014, S. 3 f.; Pro Asyl, Auskunft v. 30.10.2014, S. 5). In jedem Aufnahmezentrum gibt es drei kostenfreie Mahlzeiten am Tag (aida-Report 2015 a. a. O., S. 43). Des Weiteren können die Bewohner aller Einrichtungen für sich selbst kochen (aida a. a. O.), so dass auch Säuglingsnahrung oder spezielle Nahrung für Kleinkinder zubereitet werden kann. Die sanitären und hygienischen Bedingungen sind ausreichend (aida a. a. O.); diesbezüglich bekannt gewordene Beanstandungen beziehen sich auf einzelne Hafteinrichtungen (vgl. Pro Asyl, Auskunft v. 30.10.2014, S. 3), nicht aber auf die offenen Aufnahmezentren. Der freie Ausgang ist in den (offenen) Aufnahmeeinrichtungen nicht eingeschränkt (aida a. a. O.).

Den Klägern droht nach der Überzeugung des Gerichts auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Trennung von ihrem Ehemann bzw. Vater bzw. Bruder. Anhaltspunkte dafür, dass in Ungarn überhaupt Familien von Asylbewerbern getrennt werden, bestehen nicht; vielmehr werden diese gemeinsam und getrennt von alleinstehenden Männern untergebracht (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 4 zu Frage 5; Pro Asyl, Stellungnahme v. 30.10.2014, S. 6). Zwar sind die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann (der Kläger im Verfahren W 1 K 14.30137) nicht standesamtlich miteinander verheiratet und tragen nicht den gleichen Familiennamen. Die Kläger zu 2) und 3) tragen den Familiennamen des Vaters, während die beiden im Bundesgebiet geborenen jüngeren Geschwisterkinder (der Kläger im Verfahren W 1 K 14.50042 sowie das jüngste, noch nicht im Asylverfahren befindliche Kind) den Familiennamen der Klägerin zu 1) tragen. Eine Trennung der Familie droht jedoch schon deshalb nicht, weil die Zustimmung der ungarischen Behörden zur Wiederaufnahme in einem einheitlichen Schreiben für die Kläger und ihren Vater erteilt wurde (Bl. 66 der Bundesamtsakte). Außerdem hat das Bundesamt im Wiederaufnahmeersuchen auf den Familienverband des Klägers mit seiner Ehefrau und den damals vorhandenen Kindern hingewiesen (Bl. 58 ff. der Bundesamtsakte).

2.5 Die Beklagte trifft auch im Hinblick auf die vom Kläger zu 2) vorgetragene behandlungsbedürftige Augenerkrankung (Amblyopie, Schwachsichtigkeit) keine Verpflichtung, nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die Zuständigkeit zu übernehmen und den Asylantrag des Klägers selbst zu prüfen bzw. über die Ausübung ihres Selbsteintrittsrechtes ermessensfehlerfrei zu entscheiden oder bestimmte Garantien der ungarischen Regierung einzuholen (vgl. EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127 Rn. 122). Da es sich bei der Entscheidung der Beklagten über die Ausübung des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechtes um die Durchführung von Unionsrecht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 GR-Charta handelt (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - juris Rn. 68), ist diese Entscheidung am Maßstab der unionsrechtlichen Grundrechte - unter Beachtung des darin nach Art. 52 Abs. 3 GR-Charta enthaltenen menschenrechtlichen Mindeststandards - zu überprüfen.

Nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) bestehen im Hinblick auf die geltend gemachte Erkrankung des Klägers zu 2) jedoch keine Anhaltspunkte für eine Grundrechtsverletzung im Falle seiner Überstellung nach Ungarn. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist ihm in Ungarn unter Beachtung gewisser Vorkehrungen die erforderliche medizinische Versorgung zugänglich. Das Auswärtige Amt führt zur Frage der Versorgung behandlungsbedürftiger Asylbewerber während und nach der Überstellung nach Ungarn aus (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 5 zu Frage 7 u. 8), dass dann, wenn der überstellende Mitgliedstaat das BAH vorab unterrichte, dass der Zurückzuführende behandlungsbedürftig sei, die Dublin-Koordinationseinheit die übernehmenden ungarischen Behörden unterrichten werde, damit entsprechende Vorkehrungen getroffen würden, die zurückzuführende Person ärztlicherseits in Empfang genommen werde und auch in Folge die notwendige Behandlung und Aufsicht erfahre. Im Übrigen ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln, dass in den geschlossenen und offenen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber in Ungarn kostenfreier Zugang zur medizinischen Grundversorgung entsprechend den Bedingungen für anerkannte Flüchtlinge bzw. Schutzbedürftige und damit letztlich in gleichem Maße wie für ungarische Staatsbürger gewährleistet ist (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 5 zu Frage 7 u. 8; aida-Report v. 17.2.2015, S. 49 ff.). Die ungarischen Rechtsvorschriften sehen des Weiteren vor, dass in schwerwiegenden Fällen, in denen die Behandlung vor Ort nicht ausreichend ist, eine Zuweisung der betroffenen Person an eine Allgemein- oder Spezialeinrichtung durch den behandelnden Arzt erfolgen kann, soweit er dies aus medizinischen Gründen für notwendig erachtet. Dem oft kritisierten Mangel, dass es im ungarischen Asylverfahren an Standards fehle, um besonders verletzliche Personen zu identifizieren (vgl. z. B. aida-Report 2015 a. a. O., S. 50), kann durch eine entsprechende Information der ungarischen Behörden vor der Überstellung der Kläger Rechnung getragen werden (s. o.). Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass - bei allem Verständnis für die Anliegen der Kläger - kein Rechtsanspruch auf eine dem deutschen oder westeuropäischen Standard entsprechende medizinische Versorgung besteht. Unzureichende medizinische Behandlungsmöglichkeiten hinsichtlich einer geltend gemachten Erkrankung im Zielstaat der Abschiebung stellen keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK und Art. 4 GR-Charta dar (EGMR, U. v. 7.10.2004 - Dragan, 33743/03 - NVwZ 2005, 1043 ff.; BVerwG, U. v. 25.11.1997 - 9 C 58/96 - juris Rn. 7).

2.6 Auch die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (Ziffer II. des Bescheides) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat nach § 27a AsylVfG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. In diesem Rahmen hat das Bundesamt die tatsächliche und rechtliche Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum bleibt (BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4 m. w. N.). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung abzusehen (BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4; B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21).

Das Gericht weist darauf hin, dass die Beklagte bzw. die zuständige Ausländerbehörde - unabhängig von der Entscheidung des Gerichts im dafür maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) - gegenüber den Klägern die aus deren Grundrechten folgende Verpflichtung hat, bei der Überstellung die sich aus den vorstehenden Ausführungen ergebenden Schutzvorkehrungen zu treffen, um deren Familienverband zu wahren sowie eine kindgerechte Unterbringung und eine mit Blick auf die individuellen Bedürfnisse der Kläger ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/12 - juris Rn. 10 ff.). Die Beklagte hat die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ständig unter Kontrolle zu halten. Gegebenenfalls hat sie bzw. die zuständige Ausländerbehörde daher vor der Überstellung der Kläger mit den ungarischen Behörden entsprechend Kontakt aufzunehmen und im Falle der Unmöglichkeit entsprechender Schutzvorkehrungen ggf. die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (BVerfG, B. v. 17.9.2014 a. a. O.; EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 120 ff.). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowohl für inlands- als auch für zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (BVerfG a. a. O., Rn. 13).

3. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).

Tenor

I.

Der Antrag wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Antragsgegnerin vor der Überstellung der Antragsteller nach ... eine Garantieerklärung der ungarischen Behörden dafür einzuholen hat, dass die Familieneinheit der Antragsteller gewahrt wird und die Antragsteller zu 3) und 4) ihrem Alter entsprechend kindgerecht untergebracht werden.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt S., wird für das Antrags- und das Klageverfahren abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Staatsangehörige des Kosovo und Volkszugehörige der Ashkali. Sie meldeten sich am 3. Mai 2014 auf der Polizeiinspektion ... in M. als Asylbewerber. Angaben zum Zeitpunkt und Verlauf ihrer Einreise in das Bundesgebiet machten die Antragsteller zunächst nicht. In der Befragung zur Identitätsklärung am 14. Mai 2014 (Bl. 114 ff. der Bundesamtsakte) gab der Antragsteller zu 1) an, sie seien am 2. oder 3. Mai 2014 in das Bundesgebiet eingereist. Wann sie Kosovo verlassen hätten, wisse er nicht mehr. Sie seien zunächst mit einem Bus von P. bis B. gefahren und dann von B. aus im Pkw eines Fluchthelfers über unbekannte Länder in das Bundesgebiet eingereist. Die Antragstellerin zu 2) gab an, dass sie wohl am 2. Mai 2014 in das Bundesgebiet eingereist seien, sie sei sich aber nicht sicher. Sie seien mit einem Fluchthelfer über unbekannte Länder auf dem Landweg nach Deutschland gekommen.

Am 20. Mai 2014 stellten die Antragsteller Asylantrag.

In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates am 4. Juni 2014 (Bl. 133 ff. der Bundesamtsakte) gab der Antragsteller zu 1) an, er habe in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder zuerkannt bekommen. Ihm seien auch in keinem anderen Staat Fingerabdrücke abgekommen worden. Es gebe aus seiner Sicht keine Gründe, die dagegen sprächen, dass sein Asylantrag in einem anderen Dublin-Mitgliedstaat geprüft werde. Die Antragstellerin zu 2) gab an, sie habe in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder zuerkannt bekommen. Ihr seien jedoch in ... Fingerabdrücke abgenommen worden. Sie wolle nicht, dass ihr Asylantrag in einem anderen Dublin-Mitgliedstaat geprüft werde.

Aus einem Bildschirmausdruck in der Akte des Asylverfahrens (Bl. 68) geht hervor, dass das Bundeskriminalamt am 7. Mai 2014 eine Eurodac-Recherche durchgeführt hatte, bei der für den Antragsteller zu 1) ein Treffer für ... festgestellt wurde. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) sei parallel unterrichtet worden.

Am 31. Juli 2014 ersuchte das Bundesamt die ungarischen Behörden um Wiederaufnahme der Antragsteller. Dabei wurde angegeben, dass der Eurodac-Treffer erst seit dem 30. Juni 2014 bekannt sei. Gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin-VO sei das Ersuchen somit fristgerecht gestellt worden.

Mit Schreiben vom 12. August 2014 erklärten die ungarischen Behörden ihr Einverständnis mit der Wiederaufnahme der Antragsteller.

Mit Bescheid vom 13. August 2014 lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach ... an (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ... aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 18 Abs. 1d Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Antragsteller machten keine Gründe geltend, die gegen eine Überstellung nach ... sprächen. Auch anderweitig lägen dem Bundesamt keine entsprechenden Informationen vor. In ... lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Der Bescheid wurde den Antragstellern am 18. August 2014 im Wege der Ersatzzustellung an den Leiter der Gemeinschaftsunterkunft zugestellt (Bl. 225 bis 228 der Bundesamtsakte).

Mit am 25. August 2014 eingegangenem Schriftsatz ließen die Antragsteller Klage erheben (Az: W 1 K 14.50119), über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig beantragen sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Des Weiteren wurde beantragt, den Antragstellern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwaltes zu bewilligen.

Zur Begründung der Anträge wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Wiederaufnahmeersuchen nach Ablauf der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO erfolgt sei, da die Frist bereits am7. Juli 2014 geendet habe. Bereits am 7. Mai 2014 habe der Antragsgegnerin ein Eurodac-Treffer bezüglich ... vorgelegen. Im Wiederaufnahmeersuchen an ... vom 31. Juli 2014 sei wahrheitswidrig angegeben worden, dass der Eurodac-Treffer erst seit dem 30. Juni 2014 bekannt sei. Aufgrund dieser unzutreffenden Angaben habe ... dem Wiederaufnahmeersuchen zugestimmt.

Zudem bestünden in ... systemische Mängel im Asylsystem und in den Aufnahmebedingungen. Auf das Positionspapier des UNHCR vom April 2012 „... als Asylland“, den Bericht von Pro Asyl vom 15. März 2012 „...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, den Bericht des Hungarian Helsinki Committe vom 8. Oktober 2013 sowie den Bericht von bordermonitoring.eu vom Oktober 2013 mit dem Titel „...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“ werde verwiesen. Zudem werde auch auf die Stellungnahme des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf sowie auf die Anfragebeantwortung von ACCORD vom 8. August 2013 verwiesen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist in der Sache nicht begründet. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, weil die im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 13. August 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtmäßig ist und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.

1. Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheides vom 13. August 2014 verletzt die Antragsteller voraussichtlich nicht deshalb in ihren Rechten, weil die Frist für die Stellung des Wiederaufnahmegesuchs nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO im Zeitpunkt des Übernahmeersuchens an die ungarischen Behörden am 31. Juli 2014 möglicherweise bereits abgelaufen war.

Da sowohl der Asylantrag als auch das Wiederaufnahmeersuchen an ... nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates nach der Verordnung der Europäischen Union Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO, ABl. Nr. L 180, S. 31). ... ist wegen der dort ausweislich der vorliegenden Eurodac-Treffer gestellten Asylanträge der nach Art. 18 Abs. 1b oder d Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge der Antragsteller zuständige Mitgliedstaat. Die Frist für die Stellung des Wiederaufnahmegesuchs an den ersuchten Mitgliedstaat beträgt nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO zwei Monate nach der Eurodac-Treffermeldung. Es kann offen bleiben, ob im vorliegenden Falle auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme des Bundesamtes von dem Eurodac-Treffer durch die - ihrerseits in der Akte nicht dokumentierte - Verständigung durch das Bundeskriminalamt (wohl) am 7. Mai 2014 oder auf die - in der Akte ebenfalls nicht eigens dokumentierte - angebliche tatsächliche Kenntnisnahme am 30. Juli 2014 abzustellen ist. Denn die Antragsteller können aus einem Ablauf der Frist nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO vor der tatsächlichen Stellung des Wiederaufnahmegesuchs voraussichtlich jedenfalls dann keine subjektive Rechtsverletzung i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ableiten, wenn der ersuchte Mitgliedstaat dem Übernahmeersuchen innerhalb der Beantwortungsfrist des Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO zugestimmt hat.

Eine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch die allein den (unmittelbaren) Gegenstand des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat bildende Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kommt grundsätzlich nur im Falle der Verletzung materiell-rechtlicher Rechtspositionen der Antragsteller in Betracht. Denn nach der Konzeption des Individualrechtsschutzes, die nach Art. 19 Abs. 4 GG und §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 Satz 1 und 4 VwGO dem Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung zugrunde liegt, hat ein Rechtsbehelf gegen einen belastenden Verwaltungsakt nur dann Erfolg, wenn und soweit der Rechtsbehelfsführer durch einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Grundsätzlich vermögen solche subjektiv-öffentlichen Rechte nur Normen des materiellen (öffentlichen) Rechts zu verleihen, die (neben dem Allgemeininteresse zumindest auch) dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation, in der sich die Antragsteller befinden, zu dienen bestimmt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2014, § 42 Rn. 71, 83 ff.). Wenngleich bei der unmittelbaren oder mittelbaren, d. h. durch deutsche Umsetzungsnormen vermittelten, Anwendung von Rechtsnormen des europäischen Unionsrechts eine weitere Auslegung des Begriffs des subjektiv-öffentlichen Rechts i. S. einer großzügigeren Bestimmung des Individualschutzgehaltes einer solchen Norm und des Kreises der dadurch geschützten Personen geboten ist, weil dem europäischen Unionsrecht ein anderes Konzept des Individualrechtsschutzes zugrunde liegt, ist doch auch hier erforderlich, dass die (möglicherweise) verletzte Rechtsnorm überhaupt einen individualschützenden Gehalt aufweist und die Antragsteller von ihrem Schutzbereich erfasst sind.

Die Fristbestimmungen des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO weisen jedoch nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichtes keinen solchen individualschützenden Gehalt auf (vgl. VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - juris Rn. 18 ff.). Hinsichtlich eines (möglichen) Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften setzt die Feststellung einer subjektiven Rechtsverletzung grundsätzlich voraus, dass der Verfahrensfehler zu einer Verletzung materiell-rechtlicher Rechtspositionen der Antragsteller geführt hat. Denn Verfahrensvorschriften sind grundsätzlich kein Selbstzweck, sondern dienen der Durchsetzung materieller Rechte. Sie können daher grundsätzlich nur mit Blick auf eine verfahrensrechtlich abgesicherte materiell-rechtliche Rechtsposition subjektiv-öffentliche Rechte begründen (sog. relatives Verfahrensrecht). Nach § 46 VwVfG setzt die Feststellung einer subjektiven Rechtsverletzung in diesem Falle außerdem voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung in der Sache ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 31.7.2012 - 4 A 7001/11 u. a. - juris Rn. 34; U. v. 24.11.2011 - 9 A 23/10 - juris Rn. 68; U. v. 13.12.2007 - 4 C 9/06 - juris Rn. 38 m. w. N.). Nur ausnahmsweise begründen Verfahrensvorschriften selbst subjektiv-öffentliche Rechte, die bereits bei einem entsprechenden Verfahrensfehler verletzt sind, ohne dass dieser im o. g. Sinne zu einer Verletzung materieller Rechte geführt haben muss (sog. absolutes Verfahrensrecht, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 95).

Im europäischen Unionsrecht ist ein Individualschutzgehalt u. a. bejaht worden hinsichtlich bestimmter als „Verfahrensgarantien“ bzw. „verfahrensrechtliche Mindestgarantien“ bezeichneter besonderer Verfahrensvorschriften, so hinsichtlich der Nachprüfung der Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers durch eine unabhängige Stelle (Vieraugenprinzip) nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG (EuGH, U. v. 2.6.2005 - Dörr, C-136/03 - juris Rn. 42; U. v. 29.4.2004 - Orfanopoulos und Oliveri, C-482/01, C-493/01 - juris Rn. 105; BVerwG, U. v. 13.9.2005 - 1 C 7/04 - juris Rn. 13 f.) sowie unter Umständen bei der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sowie der damit verbundenen Öffentlichkeitsbeteiligung und Eröffnung des Gerichtszugangs nach Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (vgl. EuGH, U. v. 7.11.2013 - Altrip, C-72/12 - juris Rn. 42 ff.; U. v. 14.3.2013 - Leth, C-420/11 - juris Rn. 32; U. v. 12.5.2011 - Trianel, C-115/09 - juris Rn. 45 ff.; U. v. 7.1.2004 - Wells, C-201/02 - juris Rn. 55 ff., insb. 61), wobei es mit Blick auf Rechtsbehelfe von Einzelpersonen dem mitgliedstaatlichen Gesetzgeber überlassen bleibt, Rechtsbehelfe auf die Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte zu beschränken und diese vom Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verfahrensfehler und der subjektiven Rechtsverletzung abhängig zu machen (EuGH, U. v. 12.5.2011 - Trianel, C-115/09 - juris Rn. 45; U. v. 7.11.2013 - Altrip, C-72/12 - juris Rn. 42, 29); lediglich die Beweislast für das Vorliegen des Kausalzusammenhangs dürfe nicht dem Rechtsbehelfsführer aufgebürdet werden (EuGH, U. v. 7.11.2013 - Altrip, C-72/12 - juris Rn. 52 ff., insbes. 57). Die einschlägigen Erwägungen des EuGH sprechen für die Annahme von relativen Verfahrensverstößen i. S. der deutschen Verwaltungsrechtsdogmatik, weil die genannten Verfahrensgarantien dem Schutz bestimmter materieller Rechte dienen, nicht aber für absolute Verfahrensrechte.

Übertragen auf die Fristbestimmungen des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO bedeutet dies, dass diese allenfalls als „Verfahrensgarantien“ angesehen werden könnten, die der Verwirklichung bestimmter materieller Rechte der Antragsteller zu dienen bestimmt sind. Als geschützte Rechte kommen insoweit nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta (nur) die auf der Ebene des europäischen Unionsrechts garantierten Grundrechte in Betracht. Denn beim Vollzug der Dublin III-VO - der auch die Entscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO beinhaltet (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/110 - juris Rn. 64 ff.) - bewegen sich die mitgliedstaatlichen Behörden und Gerichte in einem unionsrechtlich determinierten Bereich (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/110 - juris Rn. 64 ff.; BVerfG, B. v. 4.10.2011 - 1 BvL 3/08 - juris Rn. 45 ff.; U. v. 2.3.2010 - 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08 - juris Rn. 185 ff.; BVerwG, U. v. 30.6.2005 - 7 C 26/04 - juris Rn. 30 ff.).

Durch eine - unterstellte - Fristüberschreitung nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO werden Grundrechte der Antragsteller jedoch nicht verletzt (vgl. VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - juris Rn. 18 ff.), weil die Fristbestimmungen und die mit einer Fristüberschreitung verbundene Rechtsfolge des Zuständigkeitsübergangs nach Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO der Sicherstellung des Rechtes auf Prüfung des Asylantrags in einem Mitgliedstaat dienen, nicht jedoch aus sich heraus subjektiv-öffentliche Rechte begründen.

Art. 23 Abs. 2 und 3 Dublin III-VO dienen dem Schutz des Rechts der Antragsteller auf Prüfung ihres Asylantrags in einem Mitgliedstaat des Dublin-Systems. Dieses Recht wird unter den Umständen des vorliegenden Falles durch eine Fristüberschreitung nicht verletzt. Art. 18 GR-Charta beinhaltet kein eigenständiges Asylgrundrecht (vgl. Rossi in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 18 GR-Charta Rn. 2 f.; Streinz in Streinz, EUV/AEUV, Art. 18 GR-Charta Rn. 5; differenzierend Jarass, GR-Charta Art. 18 Rn. 2), sondern nimmt auf die für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten verbindliche Genfer Flüchtlingskonvention und auf die entsprechenden Bestimmungen in den Verträgen (EUV und AEUV) Bezug. Auf europarechtlicher Ebene ist jedoch kein Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens in dem vom Asylbewerber bestimmten Mitgliedstaat garantiert. Vielmehr dürfen die am Dublin-System beteiligten Staaten sich gegenseitig Vertrauen dahingehend entgegenbringen, dass das Asylverfahren in allen beteiligten Staaten den unionsrechtlichen und durch das Unionsrecht übernommenen völkerrechtlichen Mindestgarantien entspricht, insbesondere die Grund- und Menschenrechte der Asylbewerber generell gewährleistet (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Adullahi, C-394/12 - juris Rn. 52; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.). Es besteht daher nur ein Recht des Asylbewerbers darauf, dass sein Asylbegehren in einem Mitgliedstaat des Dublin-Systems im Einklang mit den o. g. Mindestgarantien und Rechten geprüft wird (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 59 f.; VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - juris Rn. 18 ff.; VG Hannover, B. v. 10.11.2014 1 B 12764/14 - juris Rn. 9 ff., 14; VG Düsseldorf, B. v. 24.4.2014 - 17 L 429/14.A - juris Rn. 20 ff., insb. Rn. 28; anderer Ansicht hinsichtlich der Überstellungsfrist nach Art. 25 Dublin III-VO VG Oldenburg, U. v. 7.7.2014 - 3 A 416/14 - juris Rn. 39). Damit können die Antragsteller aus Art. 18 GR-Charta i. V. m. Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO kein Recht darauf ableiten, dass ihr Asylantrag im Falle einer Überschreitung der Frist für das Wiederaufnahmegesuch durch die Antragsgegnerin geprüft wird, soweit - wie im vorliegenden Falle - aufgrund der Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates zur Wiederaufnahme ungeachtet der Fristüberschreitung sichergestellt ist, dass es überhaupt zu einer inhaltlichen Prüfung ihres Asylantrags in einem Mitgliedstaat kommt. Systemische Mängel des Asylverfahrens, die dazu führen könnten, dass trotz der erteilten Zustimmung zur Wiederaufnahme keine Prüfung des Asylbegehrens im ersuchten Mitgliedstaat erfolgte, bestehen in ... derzeit nicht (dazu unten 2.).

Durch eine Überschreitung der Frist für das Wiederaufnahmegesuch nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO wird unter den vorliegenden Umständen voraussichtlich auch nicht das Recht auf angemessene Verfahrensdauer verletzt. Das Grundrecht auf eine gute Verwaltung nach Art. 41 Abs. 1 GR-Charta beinhaltet zwar ein Recht auf Sachbehandlung eines Antrags durch die Verwaltung in angemessener Zeit (Ruffert in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 41 GR-Charta Rn. 12; Streinz in Streinz, EUV/AEUV, Art. 41 GR-Charta Rn. 7, Jarass, GR-Charta Art. 41 Rn. 16). Dieses Recht gilt als Jedermannsrecht auch für die Antragsteller als Drittstaatsangehörige (Ruffert a. a. O. Rn. 5; Streinz a. a. O. Rn. 13; Jarass, GR-Charta, Art. 41 Rn. 11). Dieses Recht der Antragsteller ist jedoch durch eine (allenfalls geringfügige) Überschreitung der Frist gem. Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO nicht verletzt. Die Antragsteller haben am 5. Mai 2014 im Bundesgebiet Asyl beantragt. Am 7. Mai 2014 oder 30. Juni 2014 ist dem Bundesamt das Vorliegen des Eurodac-Treffers bekannt geworden. Am 31. Juli 2014 hat das Bundesamt die ungarischen Behörden um Wiederaufnahme der Antragsteller ersucht, am 12. August 2014 erfolgte die Zustimmung ...s und am 13. August 2014 ist die Abschiebungsanordnung ergangen (zugestellt am 18. August 2014). Damit ist zwischen der Kenntnis des Bundesamtes vom Vorliegen eines Eurodac-Treffers - unabhängig davon, auf welches der beiden in Betracht kommenden Daten man abstellt - und der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten vergangen. In einem solchen Fall wurde unter der Geltung der Dublin II-VO, die eine Frist für das Wiederaufnahmeersuchen nicht vorsah, nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen (für die Annahme einer unangemessenen Verfahrensverzögerung erst ab einem Untätigbleiben von deutlich über einem Jahr VG Würzburg, U. v. 27.8.2014 - W 7 K 14.30286 - UA Seite 12; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Für die Dublin III-VO kann im Hinblick auf die Frage einer Verletzung des Art. 41 GR-Charta nichts anderes gelten. Denn die vorgesehene Zweiwochenfrist für das Wiederaufnahmeersuchen bei Vorliegen eines Eurodac-Treffers dient ersichtlich nicht der Konkretisierung der „angemessenen Verfahrensdauer“ i. S. d. Art. 41 Abs. 1 GR-Charta. Vielmehr hat diese Frist den Zweck, das Verfahren der Zuständigkeitsermittlung nach der Dublin III-VO im Interesse einer reibungslosen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu beschleunigen (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 53). Dass auch die Asylbewerber ein berechtigtes Interesse an einem beschleunigten Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung haben, führt nicht dazu, dass eine geringfügige Überschreitung der Fristen für das Wiederaufnahmeersuchen bereits ihre Rechte verletzt. Die Fristen nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO haben vielmehr im Zusammenhang mit dem Zuständigkeitsübergang nach Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO nur den Zweck, Klarheit über den zuständigen Mitgliedstaat zu schaffen. Der ersuchte Mitgliedstaat ist daher im Falle einer Fristüberschreitung durch den ersuchenden Mitgliedstaat nicht mehr verpflichtet, die Zuständigkeit zu übernehmen. Tut er dies - wie im vorliegenden Falle - dennoch, so besteht keine Unklarheit über den zuständigen Mitgliedstaat. In einer solchen Situation kann der betroffene Asylbewerber der Überstellung in den als zuständig bestimmten Mitgliedstaat nur dadurch entgegen treten, dass er systemische Mängel des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in diesen Staat geltend macht (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 60; dazu unten 2.)

2. Die Antragsteller werden unter Beachtung der in Ziffer I. des Tenors enthaltenen Maßgabe voraussichtlich auch nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, dass in Ziffer 2 des Bescheides vom 13. August 2014 ihre Abschiebung nach ... angeordnet ist.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO bzw. für Ermessensfehler bei der Entscheidung der Antragsgegnerin über den Verzicht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts und deshalb für ein Recht der Antragsteller (zumindest) auf ermessensfehlerfreie Entscheidung sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des bei der Auslegung des Art. 4 GR-Charta heranzuziehenden Art. 3 EMRK (vgl. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta) ausgesetzt wären.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in ... (derzeit) vorliegen. Das Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) sowie einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in ... verneinen (VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12; VG Würzburg, U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 8 ff.; VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris Rn. 17 ff.; B. v. 19.5.2014 - W 3 S 14.50045 - UA S. 5 ff.; VG Augsburg, B. v. 11.6.2014 - Au 7 S 14.50134 - juris Rn. 25 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 7 ff.; VG Hannover, B. v. 27.5.2014 - 5 B 634/14 - juris Rn. 8 ff.; anderer Ansicht SächsOVG, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris Rn. 4 m. w. N.; VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris Rn. 16 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 24 ff.; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris Rn. 18 ff.).

Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland ... vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags nach Serbien oder in die Ukraine zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar). Dass die Antragsteller nach einer Rücküberstellung nach ... unmittelbar nach Griechenland weitergeschoben würden, ist damit aufgrund dieser Erkenntnisquellen nicht anzunehmen. Gegenteiliges lässt sich auch dem Bericht von bordermonitoring.eu vom Oktober 2013, ...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, nicht entnehmen.

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in ... in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monaten möglich ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4.10.2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes findet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonisation; abrufbar im Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2 f.; European Council on Refugees and Exiles in seinem Bericht: Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers; zugänglich im Internet in englischer Sprache; UNHCR comments and recommendations, S. 9).

Dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei, kann diesen Berichten dagegen gerade nicht entnommen werden (vgl. hierzu nur HHC, Brief Information Note, S. 4, wo explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss). Gegenteiliges ist auch dem angeführten Bericht von bordermonitoring.eu, ...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Entsprechende Erkenntnismittel, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für ... die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.

Schließlich geht das Gericht davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in ... zwar schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonitoring.eu, ...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013, S. 16 ff. und S. 35 f.). Diese stellen sich, unabhängig von der Frage, ob den Antragstellern ein solcher Status überhaupt zuerkannt werden wird, nach Auffassung des Gerichts aber als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten. Denn von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem vorgelegten Bericht, dass Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte durchaus Anspruch auf öffentliche Leistungen haben (vgl. den genannten Bericht von bordermonitoring.eu, S. 16). Dass trotz dieser Unterstützungsleistungen anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten in ganz ... in systemischer Weise Obdachlosigkeit drohen würde, ist durch diesen Bericht dagegen nicht glaubhaft gemacht. So wird dort insbesondere auf Mietkosten in der Hauptstadt Budapest abgestellt, wo die Mietkosten deutlich höher sein dürften als im restlichen ... (vgl. bordermonitoring.eu, ...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013, S. 16). Auch dieser Gesichtspunkt steht einer Rücküberstellung der Antragsteller daher nicht entgegen (so auch VG Würzburg B. v. 21.3.2014 - W 1 S 14.30147; B. v. 12.3.2014 - W 2 S 14.30217; VG Augsburg, B. v. 25.7.2013 - Au 7 S 13.30210 - juris).

Weder das Vorbringen der Antragsteller noch die neueren Erkenntnismittel, insbesondere der Bericht des Hungarian Helsinki Committee vom Mai 2014, die Auskunft von UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014 und der Bericht von PRO ASYL vom 11. Juli 2014 sowie die neuere Rechtsprechung führen zu einer anderen Beurteilung.

Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände insbesondere der Inhaftierungspraxis in ... Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in ... explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach ... zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in ..., insbesondere im Hinblick auf die regelmäßige Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern, ist festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Das Gericht folgt nicht der Rechtsprechung, die das Vorliegen systemischer Mängel im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis nunmehr für gegeben bzw. für überprüfungsbedürftig hält (so VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris), sondern schließt sich vielmehr der gegensätzlichen Auffassung an (VG Würzburg, U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 12; VG Düsseldorf, B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris Rn. 17 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris; VG Würzburg, B. v. 19.5.2014 - W 3 S 14.50045). Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Mohamadi versus Österreich (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.) ist nicht von systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden in ... auszugehen. Auch nach der die Lage in ... - ohne Auseinandersetzung mit der oben genannten Entscheidung des EGMR - anders bewertenden Rechtsprechung belegen die Inhaftierungsvorschriften in ... und die Anwendung dieser Vorschriften für sich noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel. Denn die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen bei summarischer Betrachtung den Vorgaben des Europäischen Rechts, insbesondere den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU - Aufnahmerichtlinie - genannten Haftgründen. Danach darf ein Antragsteller nur in Haft genommen werden, um u. a. Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt, und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere, wenn Fluchtgefahr besteht, was naheliegend ist, wenn ein Asylbewerber bereits einmal illegal ... verlassen hat, um in einem anderen Mitgliedstaat einen weiteren Asylantrag zu stellen. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn entsprechend der Auskunft des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden, weil und soweit die ungarischen Behörden einen Haftgrund im Einklang mit dem europäischen Unionsrecht annehmen. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System an das Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt.

Im Übrigen droht den Antragstellern als Familie mit (minderjährigen) Kindern in ... nach derzeitiger Erkenntnislage ohnehin keine Inhaftierung. Denn dem aktuellen aida-Bericht (European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Report, Hungary vom 30.4.2014, S. 48) ist zu entnehmen, dass in ... Frauen und Familien mit Kindern in der Praxis nicht mehr inhaftiert werden (ebenso VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 13; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 87 ff.; anderer Ansicht, jedoch ohne Auseinandersetzung mit dem o. g. Bericht: VG München, B. v. 30.5.2014 - M 10 S 14.50134, M 10M 10 S 14.50136, M 10 S M 10 S 14.50138 - juris Rn. 20 ff.; B. v. 15.4.2014 - M 16 S 14.50045, M 16M 16 S 14.50047 - juris Rn. 15 ff.; B. v. 15.4.2014 - M 16 S 14.50049 - juris Rn. 15 ff.). Die Inhaftierung von unbegleiteten Minderjährigen ist ohnehin nach den einschlägigen Rechtsvorschriften unzulässig (aida-Report, a. a. O.).

Eine Rückführung der Antragsteller nach ... unter der in Ziffer I. des Tenors bezeichneten Maßgabe steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie des Bundesverfassungsgerichts. Der EGMR führte in der Entscheidung Tarakhel/Schweiz - dort zu einer Überstellung nach Italien - aus, dass eine Verletzung von Art. 3 EMRK dann gegeben ist, wenn Asylbewerber nach Italien überstellt werden, ohne dass zuvor seitens der Behörden des rückführenden Staates individuelle Garantien von den italienischen Behörden eingeholt wurden (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12, asylmagazin 2014, 424/425 Rn. 122). Hieraus lässt sich der Umkehrschluss ziehen, dass eine Rückführung dann nicht gegen Art. 3 EMRK verstößt, wenn entsprechende Garantien eingeholt wurden. Systemische Mängel des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen liegen für den Fall, dass diese Maßgaben beachtet werden, in Bezug auf die betroffene Personengruppe nicht vor. Im Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 7 GR-Charta, das gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta im Einklang mit Art. 8 EMRK auszulegen ist, war im vorliegenden Falle die Maßgabe veranlasst, dass eine Abschiebung der Antragsteller nur unter der Garantie erfolgen darf, dass die Antragsteller zu 3) und 4) kindgerecht untergebracht werden und dass der Familienverband der Antragsteller gewahrt wird. Diese Maßgabe trägt auch der Rechtsprechung des BVerfG Rechnung, wonach das Bundesamt bzw. die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK verpflichtet sind, bei der Abschiebung den Familienverband der Antragsteller zu wahren sowie die erforderlichen Vorkehrungen zum Schutze der durch die Rückführung betroffenen Kleinkinder der Antragsteller zu treffen (vgl. auch BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.), so dass insoweit auch kein vom Bundesamt nach § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG zu beachtendes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis vorliegt.

4. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.

III.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge afghanischer Staatsangehöriger und reiste am 20. Juni 2014 in das Bundesgebiet ein. Er beantragte hier am 17. Juli 2014 seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Bei seiner Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17. Juli 2014 gab er an, in sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten zu haben. Das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) wurde durch die ungarischen Behörden am 4. Juli 2014 positiv beantwortet. Der Antragsteller habe am 22. Mai 2014 in Ungarn einen Asylantrag gestellt.

Mit Bescheid vom 22. September 2014, zugestellt am 24. September 2014, wurde der Asylantrag des Antragstellers für unzulässig erklärt (Nr. 1) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, weil Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG.

Am .... September 2014 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 22. September 2014 (M 1 K 14.50567) und beantragte, festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen betreffend Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, dass ihm subsidiärer Schutz zusteht sowie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Am selben Tag hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22. September 2014 anzuordnen. Ferner wurde beantragt, dem Antragsteller und Kläger Prozesskostenhilfe für Klage- und Antragsverfahren zu bewilligen.

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, er sei vor seiner Ausreise etwa 2 Jahre, nämlich 2012 und 2013, für eine afghanische Firma als Fahrer tätig gewesen, die beauftragt gewesen sei, amerikanische Staatsangehörige und Militärangehörige „in den verschiedenen Provinzen nach Afghanistan“ zu fahren. Die Taliban hätten davon erfahren, ihn aufgefordert, sofort damit aufzuhören, damit gedroht, ihn zu töten und seine Mutter, Schwester und Bruder zu verfolgen. Zur Frage der Rückkehr nach Ungarn zur Durchführung des Asylverfahrens, zur Zulässigkeit des Asylverfahrens und zur Abschiebungsanordnung hat sich der Antragsteller nicht geäußert.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 29. September 2014 die Behördenakte vor. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der gemäß § 34a Abs. 2 S. 1 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag ist unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat keine Erfolgsaussicht.

1. Der Bescheid der Beklagten vom 22. September 2014 erweist sich als rechtmäßig.

Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Die ungarischen Behörden haben ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO erklärt. Hat ein Mitgliedstaat der Wiederaufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe eines in der Dublin-VO niedergelegten Kriteriums zugestimmt, kann der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums - unionsrechtlich - grundsätzlich nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208 ff. - juris Rn. 60; BVerwG, B. v. 14.7.2014 - 1 B 9/14 - juris Rn. 4).

Systemische Mängel sind zu bejahen, wenn in dem Zielstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Asylbewerber dort tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechte-Charta (GR-Charta) und Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgesetzt zu sein (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677 ff. - juris Rn. 6) oder dass in dem Mitgliedstaat in verfahrens- oder materiell-rechtlicher Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird. Die Grundrechtsverletzungen dürfen nicht nur in Einzelfällen vorkommen, sondern müssen strukturell bedingt sein.

Nach Überzeugung des Gerichts liegen - jedenfalls soweit es sich wie bei dem Antragsteller nicht um besonders verletzliche Personengruppen, etwa Familien mit kleinen Kindern, handelt - hinsichtlich Ungarn aus derzeitiger Sicht keine systemischen Mängel vor, was auch der jüngsten Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie diverser Verwaltungsgerichte bundesweit entspricht (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - abrufbar unter http://www.echr.coe.int; z. B. VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; AG Aachen, B. v. 26.2.2015 - 5 L 54/15.A - juris; VG Hamburg, B. v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; VG München, B. v. 13.1.2015 - M 17 S 14.50704; VG Hamburg, B. v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; a. A.: z. B. VG München, B. v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - juris; offene Erfolgsaussichten für die Hauptsacheverfahren werden angenommen u. a. v. VG München, B. v. 4.2.2015 - M 23 S 15.50049 - juris; VG Stuttgart, B. v. 10.2.2015 - A 13 K 444/15 - juris). Eine die aktuelle Auskunftslage berücksichtigende, gefestigte Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte ist nicht erkennbar.

Auch wenn nach aktueller Erkenntnislage die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Ungarn schwierig sind und insbesondere die Inhaftierungspraxis bedenklich ist, sind die Missstände nicht so gravierend bzw. erreichen sie nicht ein solches Ausmaß, dass sie systemische Mängel begründen könnten. Dies gilt auch in Anbetracht des im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretenen Gesetzes, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate zulässig ist. Eine Inhaftierung ist danach u. a. möglich zur Überprüfung der Identität und Staatsangehörigkeit des Antragstellers, nach dessen Untertauchen oder anderweitiger Behinderung der Durchführung des Asylverfahrens oder wenn dies aus gewichtigen Gründen zu befürchten ist oder wenn der Antragsteller seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen, und damit die Durchführung eines Dublin-Verfahrens behindert hat. Diese Gründe für die Verhängung von sogenannter Asylhaft dürften jedoch überwiegend mit der EU-Aufnahmerichtlinie und wohl auch der Dublin-VO selbst übereinstimmen (vgl. auch EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-534/11 - NVwZ 2013, 1142 ff. - juris). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist nicht ersichtlich (VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; VG München, U. v. 30.3.2015 - M 2 K 15.50224).

Auch der UNHCR hat bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt besondere Bedeutung zu. Denn die vom UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtenden - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Ferner sind den vorliegenden Auskünften (Auswärtiges Amt v. 21.11.2014 an das VG München; Pro Asyl v. 31.10.2014 an das VG Düsseldorf; UNHCR v. 9.5.2014 ebenfalls an das VG Düsseldorf) auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die inhaftierten Asylbewerber in Ungarn systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterzogen werden, auch wenn bisweilen Defizite in den Haftbedingungen festgestellt werden konnten. So können sich die Asylsuchenden tagsüber frei bewegen, eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung ist gewährleistet, Freizeiteinrichtungen sind vorhanden. Rechtlicher Beistand wird ebenfalls gewährleistet (VG Augsburg, B. v. 2.2.2015 - Au 2 S 15.50041 - juris Rn. 28; VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris Rn. 125 ff.).

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO rechtfertigen würden, sind nicht dargelegt und nicht ersichtlich.Einer Rückführung des Antragstellers nach Ungarn stehen schließlich auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse im Sinne des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG)

2. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antrags- und das Klageverfahren bleiben ohne Erfolg.

Gemäß § 166 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 114 Abs. 1 S.1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Klage und Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO bieten hier keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bezogen auf den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wegen des Bescheids der Beklagten vom 22. September 2014 ergibt sich das aus den Ausführungen oben unter 1. Die Verpflichtungsanträge, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter, die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach „§ 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)“, richtig: § 3 ff. AsylVfG, und hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach „§ 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG“, richtig: § 4 AsylVfG sowie § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG, und eine Entscheidung über den Asylantrag des Klägers begehrt wird, sind bereits unzulässig und deshalb ebenfalls ohne Erfolgsaussicht. Gegen Bescheide, mit denen - wie hier - ein Asylantrag auf der Grundlage des § 27a des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) wegen der Zuständigkeit eines anderen Staates abgelehnt wird, ist ausreichender Rechtsschutz durch eine Anfechtungsklage gegen diese Ablehnungsentscheidung gewährleistet (vgl. VGH B.-W., U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80b AsylVfG)

Tenor

Der Antrag wird einschließlich des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage 18a K 1140/15.A gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Februar 2015 in Ziffer 2. enthaltene Abschiebungsanordnung nach Ungarn anzuordnen,

hat keinen Erfolg.


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Tenor

1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 12. März 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Zulassungsverfahren sind nicht erstattungsfähig.

2. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Geboten ist eine summarische Prüfung des Zulassungsvorbringens auf die schlüssige Infragestellung der Auffassung des Verwaltungsgerichts. Ernstliche Zweifel sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 21.01.2009 -, 1 BvR 2524/06). Dabei hat das Zulassungsverfahren nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG 2. Kammer 1. Senat, B. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163).

2

Derartige Zweifel werden in der Zulassungsschrift nicht aufgezeigt.

3

1. Die Bedenken, die der Kläger gegen die Denkmalbereichsverordnung „Östliche Altstadt“ geltend macht, rechtfertigen keine ernstlichen Zweifel.

4

a) Die zitierten Entscheidungen des VG Schwerin 2 A 259/10 und 2 A 147/08 betreffen nicht die hier streitige Verordnung. Aus ihnen können daher keine Zweifel an der Wirksamkeit der Verordnung hergeleitet werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in dem Urteil vom 03.12.2009 – 2 A147/08 – die dort getroffene Denkmalschutzverordnung wegen Verletzung des Zitiertgebots für unwirksam gehalten. Den Verstoß sah es darin, dass die Verordnung lediglich das Denkmalschutzgesetz ohne Nennung der Ermächtigungsvorschrift im Einzelnen zitiert hatte. Die hier in Rede stehende Verordnung “Östliche Altstadt“ nennt demgegenüber ausdrücklich § 5 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes als Ermächtigungsgrundlage.

5

b) Die Bedenken, die der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit der Denkmalbereichsverordnung „Östliche Altstadt“ von 2011 in der Zulassungsschrift geltend macht, greifen nicht durch.

6

Die Ausweisung der Denkmalbereiche ergeht gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 Denkmalschutzgesetz (DSchG M-V) i.d.F. der Bekanntmachung vom 06.01.1998 (GVOBl. M-V 1998, S. 12), zul. geändert durch Gesetz vom 12.07.2010 (GVOBl. M-V S. 383, 392) nach Anhörung der Denkmalfachbehörde und im Einvernehmen mit den Gemeinden durch Rechtsverordnung der unteren Denkmalschutzbehörde; die Denkmalbereiche sind von der unteren Denkmalschutzbehörde ortsüblich bekannt zu machen. Gem. § 3 Satz 1 Nr. 2 DSchG M-V sind Denkmalschutzbehörden die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte als untere Denkmalschutzbehörden. Satz 2 regelt ergänzend, dass, sofern nichts anderes bestimmt ist, die unteren Denkmalschutzbehörden für den Vollzug dieses Gesetzes zuständig sind.

7

Danach erlässt der Beklagte eine Denkmalschutzverordnung als Rechtsverordnung. Das Einvernehmen des Beklagten ist hier nicht erforderlich. Die in § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 DSchG M-V vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient der Sicherung der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie. Dieses Schutzes bedarf die mit der unteren Denkmalschutzbehörde identische Gemeinde nicht; denn sie kann den Zweck des Einvernehmens selbst erfüllen. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 DSchG M-V ist auf das Verhältnis der Gemeinde zu der unteren Denkmalschutzbehörde eines anderen Rechtsträgers zugeschnitten. Die Gefahr, dass der zuständige Rechtsträger über den Kopf der Gemeinde hinweg eine Denkmalschutzverordnung erlässt, besteht nicht. Zwar ist vorstellbar, dass dann, wenn innerhalb der Gemeinde für den Erlass der Denkmalschutzverordnung und die Erklärung des Einvernehmens verschiedene Organe (Behörden) zuständig sind, bei Wegfall des förmlichen Einvernehmens eine Koordination unterbleibt und die Planungshoheit dadurch zu kurz kommt. Es ist aber Sache der Gemeinde selbst oder des Landesgesetzgebers, durch kommunalverfassungsrechtliche Regelungen dafür zu sorgen, dass die Belange der Planungshoheit hinreichend gewahrt bleiben (vgl. zu § 36 BauGB BVerwG, B. v. 17.01.2013 - 8 B 50/12 – juris). Solche Bestimmungen bestehen hier nicht.

8

Die Erforderlichkeit einer Beschlussfassung der Stadtvertretung des Beklagten ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht nach § 5 Abs. 3 KVerf M-V, schon weil es sich nicht um eine Satzung handelt. Eine inhaltlich wichtige Rechtsverordnung wird hierdurch nicht zu einer Satzung. Es kommt allein auf die Form der Rechtsvorschrift an. Im Übrigen wäre § 22 Abs. 3 Nr. 6 KVerf M-V einschlägig.

9

2. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Denkmalbereichsverordnung von 2011 abgestellt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger einen Bauvorbescheid bereits vor deren Inkrafttreten beantragt und erhalten hatte. Die Denkmalbereichsverordnung von 2011 musste nur dann außer Betracht bleiben, wenn der Bauvorbescheid die Vereinbarkeit des Vorhabens mit denkmalschutzrechtlichen Vorgaben verbindlich festgestellt hätte (vgl. § 75 LBauO M-V). Dafür trägt der Kläger nichts vor. Der Bauvorbescheid vom 28.02.2007 behandelt ausweislich des Inhalts der Verwaltungsvorgänge ausschließlich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens und die Frage einer Genehmigung nach § 145 BauGB. Für den Rechtsstreit über die Erteilung der Baugenehmigung kommt es daher im Rahmen der hier gebotenen und auch erhobenen Verpflichtungsklage hinsichtlich der nicht im Bauvorbescheid verbindlich geklärten Fragen des Denkmalschutzes auf den Zeitpunkt der letztlichen mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts an (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 217 m.w.N.).

10

Etwas anderes folgt auch nicht aus der zitierten Entscheidung des OVG Lüneburg (U. v 23.06.2009 - 12 LC 136/07 - NVwZ-RR 2009, 866). Sie befasst sich mit einer Baunachbarklage und den sich hier ergebenden Grundsätzen des Zeitpunktes der maßgebenden Sach- und Rechtslage. Für die hier zu beurteilende Fallgestaltung gibt diese Entscheidung nichts her.

11

Der Kläger steht damit entgegen seiner Einschätzung auch nicht rechtsschutzlos. Zum einen kann er dann, wenn aufgrund einer derartigen Rechtsänderung sein Vorhaben nicht mehr genehmigungsfähig sein sollte, unter Darlegung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses die Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). Zum anderen stünde ihm dann, wenn allein aufgrund einer unangemessenen Verzögerung der behördlichen Entscheidung der ursprünglich gegebene Genehmigungsanspruch entfallen sein sollte, unter den weiteren Voraussetzungen des § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ein Schadensersatzanspruch zu. Es verbleibt aber bei dem Grundsatz, dass das Verwaltungsgericht die Behörde nicht (mehr) zu einem behördlichen Handeln verpflichten kann, dass der nunmehr geltenden Rechtslage nicht entspricht.

12

3. Der Kläger macht des Weiteren geltend, die Denkmalbereichsverordnung sei unwirksam, weil sie viel zu weitgehend sei, indem jedes Gebäude in den Denkmalbereich unabhängig von seiner eigenen Denkmalwürdigkeit einem Einzeldenkmal gleichgestellt werde. Dieser Einwand greift nicht durch. Es ist nachgerade Ziel und Inhalt einer Denkmalbereichsverordnung, dass auch bauliche Anlagen umfasst werden, die für sich genommen kein Denkmal darstellen. Nach § 2 Abs. 3 S. 1 DSchG M-V sind nämlich Denkmalbereiche Gruppen baulicher Anlagen, die aus den in Absatz 1 genannten Gründen erhaltenswert sind, unabhängig davon, ob die einzelnen baulichen Anlagen für sich Baudenkmale sind. Satz 3 der Vorschrift bestimmt ergänzend, dass mit dem Denkmalbereich das äußere Erscheinungsbild geschützt wird.

13

Aus der Unwirksamkeit einer Vorschrift der Gestaltungssatzung für diesen Bereich kann der Kläger ebenfalls nichts für sich herleiten. Die Gestaltungssatzung hat einen anderen Regelungsgegenstand, wie sich aus deren Ermächtigungsgrundlage in § 86 Abs. 1 Nr. 1 LBauO M-V ergibt. Im Übrigen betrifft die zitierte Entscheidung des VG Schwerin (U. v. 22.04.2010 - 2 A 38/08) die Gestaltung der Dachlandschaft des Gebiets, mithin einen völlig anderen Gegenstand.

14

Für die Funktionslosigkeit der Denkmalbereichsverordnung mit der Folge ihres Außerkrafttretens hat der Kläger nichts dargelegt. Sie tritt ein, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Stand erreicht haben, der eine Verwirklichung des mit der Regelung verfolgten Ziels auf Dauer ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (vgl. BVerwG, Urt.v.03.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71, 76). Auch hier bezieht sich der Kläger lediglich auf die Ausführungen zur Gestaltungssatzung, nicht aber auf die Ziele, die die Denkmalbereichsverordnung sichern soll.

15

4. Auch die Einwendungen des Klägers gegen die denkmalfachliche Beurteilung im Einzelnen begründen keine ernstlichen Zweifel.

16

Maßgeblich für die denkmalfachliche Beurteilung ist das Urteil eines sachverständigen Betrachters, wobei das entsprechende Fachwissen durch das Landesamt für Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde vermittelt wird (OVG Greifswald, U. v. 15.07.2015 - 3 L 62/10, juris). Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht allerdings nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist an die Stellungnahmen sachverständiger Stellen nicht gebunden, vielmehr verpflichtet, deren Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Aussage-und Überzeugungskraft zu überprüfen. Dem entspricht es, dass das Gericht sich auch gegen die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens entscheiden darf. Freilich muss es das begründen. Inwieweit eigene Sachkunde eingesetzt werden kann, liegt im gerichtlichen Ermessen. Woher das Gericht die eigene Sachkunde hat, muss es nicht stets in einer von den Parteien und vom Revisionsgericht nachprüfbaren Weise überzeugend nachweisen, sondern nur dann, wenn es einem Experten auf einem Sachgebiet nicht folgt, das durch Kompliziertheit und wissenschaftliche Bezogenheit gekennzeichnet ist (BVerwG, B. v. 14.06.2012 - 4 B 22/12 - BauR 2012, 1788). So ist das Verwaltungsgericht hier verfahren.

17

Trifft das Verwaltungsgericht auf Grund einer Würdigung des Sachverhalts unter Einschaltung externen Sachverstandes konkrete Feststellungen, so ist die schlichte Behauptung im Berufungszulassungsverfahren, die Feststellungen träfen nicht zu, nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu begründen. Der Zulassungsantragsteller muss sich vielmehr konkret mit der Beweisaufnahme auseinandersetzen und, soweit er die materielle Beweislast trägt, erläutern, wie der Beweis für seine Behauptungen erbracht werden soll (vgl. OVG Schleswig, B. v. 16.11.2001 - 1 L 225/01 - SchlHA 2002, 98 - zit. nach juris). Es bestehen regelmäßig keine solche ernstlichen Zweifel, wenn das Verwaltungsgericht von zutreffenden rechtlichen Vorgaben ausgegangen ist und seine Würdigung der Tatsachen in sich logisch ist; die nur abstrakte Möglichkeit, dass das Oberverwaltungsgericht die Sachlage nach einer eigenen, erneuten Beweisaufnahme anders beurteilen könnte als das Verwaltungsgericht, reicht für den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel grundsätzlich nicht aus (OVG Bautzen, B. v. 26.01.1999 - 1 S 287/98 -, SächsVBl. 1999, 134; OVG Magdeburg, B. v. 04.01.2000 -, A 2 S 158/98 - zit. nach juris; zu alledem OVG Greifswald, B. v. 04.04.2012 -, 3 L 39/11).

18

Daran gemessen begründen die Einwendungen des Klägers keine ernstlichen Zweifel. Soweit er in der Zulassungsschrift pauschal auf seine Ausführungen in dem Schriftsatz vom 22.02.2013 verweist, fehlt es schon an der notwendigen Darlegung. Das Begründungserfordernis in § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO dient insbesondere der Entlastung des Rechtsmittelgerichts. Diese Entlastungswirkung wäre bei pauschaler Verweisung auf vorinstanzliches Vorbringen nicht zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1980 - 8 B 54.80 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 187, zit. nach juris). Daher genügt auch nicht die bloße Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens (OVG Münster, B. v. 31.07.1998 - 10 A 1329/98 – NVwZ 1999, 202).

19

Konkret legt der Kläger lediglich dar, das Gebäude „A. 5“ habe keinen Sockel. Ob ein einzelnes in Bezug genommenes Gebäude einen solchen Sockel aufweist, stellt die gebietsbezogene Betrachtung nicht infrage. Insoweit stellt das Verwaltungsgericht auf das im Rahmen des Ortstermins am 5.9.2012 gefertigte Foto ab, auf dem zu erkennen sei, dass vor allem die Gebäude in der B. Straße einen Sockel aufwiesen. Diese Tatsachenfeststellung stellt der Kläger in der Zulassungsschrift nicht infrage. Deutlich wird daraus auch, dass hinsichtlich der Sockel das Verwaltungsgericht in erster Linie auf die B. Straße abstellt, nicht auf die von dem Kläger genannte Straße „A.“.

20

Im Übrigen geht der Kläger am Kern der Argumentation sowohl der Beigeladenen als auch des Verwaltungsgerichts vorbei. Tragend ist, dass die maßgebende Umgebung Gebäude aufweist, die zwar zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind – insoweit kommt den Ausführungen in dem Bezug genommen im Schriftsatz vom 20.2.2013 hinsichtlich der unterschiedlichen Bauzeitpunkte keine wesentliche Bedeutung zu –, die aber eine Gestalt aufwiesen, die auf Läden mit ein oder zwei Schaufenstern als einheitsstiftendes Element hinweisen. Indem davon gesprochen wird, dass entweder beim Neubau von Gebäuden Läden geplant oder nachträglich in die vorhandene Substanz eingefügt worden sind, ist deutlich gemacht, dass es in erster Linie auf das Erscheinungsbild ankommt. Demgemäß zitiert das Verwaltungsgericht die Stellungnahme der Beigeladenen (Urteilsabdruck Seite 13), in dem auf § 3 Abs. 2 a) der Denkmalbereichsverordnung Bezug genommen wird, wonach der Schutzgegenstand die durch die (Laden–)Nutzung geprägte Gestaltung ist.

21


5. Da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung allein auf die Denkmalschutzverordnung „Östliche Altstadt“ gestützt hat und die Bedenken, die der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung in der Zulassungsschrift geltend macht, nicht durchgreifen, kommt es nicht auf die Rechtswirksamkeit früherer denkmalrechtlicher Regelungen an.

22

II. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG 3. Kammer 1. Senat, B. v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06). Die Zulassungsschrift - gegebenenfalls in Verbindung mit einem weiteren innerhalb der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsatz - muss somit eine klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage aufwerfen, von der zu erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Berufungsverfahren dazu dienen kann, diese Sach- oder Rechtsfrage in über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung zu klären und dadurch die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die angesprochene Frage muss zudem entscheidungserheblich sein. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

23

Nach diesen Grundsätzen kommt “der Frage der Nichtigkeit der Denkmalbereichsverordnung“ keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die vom Kläger hier aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich nicht bzw. sind eindeutig zu beantworten.

24

III. Gemäß gem. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung u.a. des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des erkennenden Gerichts - Abweichungen von der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte sind unerheblich - abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Für den Zulassungsgrund der Divergenz muss dargelegt werden, dass ein vom Verwaltungsgericht gebildeter, tragender abstrakter, inhaltlich bestimmter Rechtssatz entweder ausdrücklich gebildet worden ist oder sich doch aus der Entscheidung eindeutig in der Weise ergibt, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechtssatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat. Dieser Rechtssatz muss von einem Rechtssatz abweichen, der aus einer benannten konkreten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist. Eine - angeblich - nur unrichtige Anwendung eines in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten und vom Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den Einzelfall stellt keine Abweichung dar. Die Divergenzrüge kann insbesondere nicht gegen eine reine Tatsachenwürdigung im Einzelfall erhoben werden (vgl. OVG Greifswald, B. v. 21.03.2001 - 1 M 115/00 -; so auch im Ergebnis - allerdings unter entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO für den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO – OVG Greifswald, B. v. 26.10.1999 - 2 O 379/98 -, NordÖR 2000, 154 m.w.N.).

25

Danach ist eine Divergenz nicht dargelegt. Eine Bezugnahme auf Entscheidungen eines anderen Oberverwaltungsgerichts, hier des OVG Lüneburg, scheidet von vornherein aus.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

27

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.

28

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

29

Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T.     aus L.       werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Ungarn im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge ein am ... geborener syrischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 10. September 2014 ins Bundesgebiet ein und stellte am 14. Oktober 2014 einen Asylantrag. Er gab bei der Anhörung des Bundesamtes an, er habe sich auf der Flucht 15 Tage in der Türkei aufgehalten. In keinem Land seien ihm Fingerabdrücke genommen worden (Bl. 17 der Behördenakte).

Es ergab sich ein EURODAC-Treffer für Ungarn (...; Bl. 32 der Behördenakte), wonach der Antragsteller in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat.

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 10. Dezember 2014 (Bl. 36 der Behördenakte) hat Ungarn am 15. Dezember 2014 der Übernahme des Antragstellers zugestimmt. Darin ist ausgeführt, dass der Antragsteller in Ungarn am 10. September 2014 einen Asylantrag gestellt hat (Bl. 43 der Behördenakte).

Mit Bescheid vom 8. Januar 2015 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt wird (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2).

Der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages für die Bearbeitung gem. Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin II VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Am ... Januar 2015 erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegen den Bescheid vom 8. Januar 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage (M 12 K 15.50037) und stellte gleichzeitig einen

Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Die Klage und der Eilantrag wurden im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Antragsteller habe sich nur einen Tag in Ungarn aufgehalten. Ihm seien zwangsweise Fingerabdrücke abgenommen worden. In Ungarn bestünden systemische Mängel des Asylverfahrens. Dies ergäbe sich insb. aus den Inhaftierungen der Asylbewerber in Ungarn. Auf ein Urteil des VG München vom 23. September 2014 (M 24 K 13.31329) wurde verwiesen.

Die Antragsgegnerin übersandte am 27. Januar 2015 die Postzustellungsurkunde, wonach der obengenannte Bescheid dem Antragsteller am 15. Januar 2015 zugestellt wurde.

Die Antragsgegnerin stellte

keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, ist zwar zulässig (§ 34a Abs. 2 AsylVfG), jedoch nicht begründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B. v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, denn der streitgegenständliche Bescheid begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 v. 19. Juni 2013, S.31; Dublin-III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung. Der Antragsteller hat am 14. Oktober 2014 in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt.

Die Ziffer „1“ im Eurodac-Treffer steht für Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, Art. 9 Abs. 1, Art. 24 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates von 26. Juli 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (EURODAC-VO). Dass sich der Antragsteller nach Angaben des Prozessbevollmächtigten nur einen Tag in Ungarn aufgehalten hat, ist unerheblich. Das Übernahmeersuchen wurde am 10. Dezember 2014 gestellt.

Für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ist gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Ungarn zuständig. Der Antragsteller hat - nach Angaben der ungarischen Behörden - am 10. September 2014 einen Asylantrag gestellt (Schreiben der ungarischen Behörden vom 15. Dezember 2014; Bl. 43 der Behördenakte).

Die nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständige ungarische Behörde hat dem Wiederaufnahmegesuch ausdrücklich gem. Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO zugestimmt.

Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Ungarns in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen.

Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v. 20. Oktober 2010 (BGBl. II S.1198) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt.

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10, NVwZ 2012, S.417 und juris; U. v. 14. November 2013 - C - 4/11, NVwZ 2014, S.129 und juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, U. v. 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 und 2315/93, BverfGE 94, Seite 49 = NJW 1996, S,1665 und juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedsstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem Mitgliedsstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013,a. a. O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedsstaat als für die Prüfung des Asylantrags bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedsstaat selbst prüfen (EuGH, U. v. 21: Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013, a. a. O.).

Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21. Februar 2014 - 10 A 10656 - juris).

Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR- Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007) i. V. m. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 EUV v. 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S.1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Abl. C 306, S.1, ber. Abl. 2008 C 111, S. 56 und Abl.2009 C 290, S.1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil v. 21. Januar 2011 - 30696/09, EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann unmenschlich, wenn sie absichtlich über Stunden erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche oder seelische Leiden verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung dann anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt oder fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu treffen.

Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10 -Mohammed Hussein u. a. gegen die Niederlande und Italien, ZAR 2013, S.336 und juris).

Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach den Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art. 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 - 1 a 21/12.A, juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13, InfAuslR 2014, 293 und juris).

Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19. März 2014 - 10 B 6.14 - juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 16. April 2014, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014, a. a. O., OVG Sachsen-Anhalt, B. v.14. November 2013 - 4 L 44/13 - juris; BVerwG, U v. 20. Februar 2013 - 10 C 23/12 - juris).

Der Mitgliedsstaat, der die Überstellung des Asylsuchenden vornehmen muss, ist im Fall der Widerlegung der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der GFK und der EMRK steht, verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.

Gründe, die der Überstellung des Antragstellers nach Ungarn entgegenstehen, sind nicht anzunehmen.

Es liegt kein - der Rückführung entgegenstehender - Fall vor, in dem der zuständige Drittstaat, in den der Schutzsuchende zurückgeführt werden soll, hier die Republik Ungarn, die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 4 EuGrdRch) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. Art. 3 EMRK) nicht erfüllt bzw. es durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird.

Systemische Mängel sind zu dem gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlicher Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse ein Ungarn nicht anzunehmen. Dies gilt auch für die vom Antragsteller thematisierten Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden.

Das Gericht teilt insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3. 7. 2014 - 71932/12 - UA Rn.68 ff.; U. v. 6. 6. 2013 - 2283/12 - Asylmagazin 2013, 342 ff.) sowie anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (VGH BW, B. v. 6. 8. 2013 - 12 S 675/13 - juris Rn.4; OVG LSA, B. v. 31. 5. 2013 - 4 L 169/12 - juris Rn. 23; VG Würzburg, B. v. 2. 1. 2015 - W 1 S 14.50120 - juris, Rn.28 ff., VG Düsseldorf, B. v. 2. 9. 2014 - 6 L 1235/14.A - juris, Rn. 8 ff.; VG München, B. v. 26. 6. 2014 - M 24 S 14. 50325 - juris Rn.31 ff., VG Düsseldorf, B. v. 27. 8. 2014 - 14 L 1786/14.A - juris, Rn. 24 ff; VG Augsburg, B. v. 21. 1. 2015, Au 2 S 14.50360 - juris, Rn. 19 ff.; VG Regensburg, U. v. 5. 12. 2014, RN 6 K 14.50089 - juris, Rn. 24 ff.; VG Bayreuth, B. v. 13.1.2015 - B 3 S 14.50129 - juris, Rn. 14 ff.; VG Augsburg, B. v. 26. 1. 2015 - Au 7 S 15.50015 - juris, Rn. 21 ff.; VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris, Rn. 24 ff.; u. viele andere).

Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief Information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar).

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate möglich ist (z. B. VG Frankfurt/Oder, B. v. 24. 7. 2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4. 10. 2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand begründet nach Auffassung des Gerichts keine systemischen Mängel. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes befindet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts für the purpose of legal harmonisation, Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Bemängelt wurde diesbezüglich, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2; UNHCR comments and recommendations, S. 9).

Die Evaluation des UNHCR „Zur Situation der Flüchtlinge in Ungarn vom 30. September 2014 (Auskunft an das VG Düsseldorf in englischer Sprache) hat ergeben, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2014 mehr als 40% der erwachsenen Dublin-Rückkehrer inhaftiert worden sind. Doch wird nach der „Informationsschrift für Asylsuchende in Gewahrsam (und) die dem Dublin-Verfahren unterliegen“ des Hungarian Helsinki committees (HHC) vom Mai 2014 seit dem 1. 1. 2014 aufgrund von Änderungen zum Asylgesetz (Ergänzung zum Asylgesetz by Act CXCVIII of 2013) Dublin-Rückkehrern jetzt in der Regel Zugang zum Asylverfahren und eine volle Untersuchung ihres Asylantrags gewährt (VG Bayreuth, B. v. 13. 1. 2015, B 3 S 14.50128 - juris; Asylum Information Database (aida), dt. Übersetzung). Allein die Zahl von 40% der inhaftierten Asylbewerber stellt noch keine systemischen Mängel des Asylverfahrens dar. Es erscheint nämlich angesichts der hohen Zahl an Asylbewerbern, die sich dem Asylverfahren in Ungarn entziehen und beispielsweise in Deutschland entgegen den Regelungen der Dublin II - oder III -Verordnung einen weiteren Asylantrag stellen, nicht ausgeschlossen, dass bei 40% aller Asylantragsteller in Ungarn tatsächlich Fluchtgefahr gem. Art. 8 Abs. 3 b) der (Ri) 2013/33/EU besteht.

Nach dem neuesten Bericht der Asylum Information Database (aida) mit Berichtsstand zum 30. April 2014 mit deutscher Übersetzung erfolgt keine Inhaftierung von nach der Dublin-Verordnung überstellten Asylbewerber, wenn das Asylverfahren ablehnend beschieden wurde. Zu rechnen war nach der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2013 damit, dass der Asylbewerber bei Stellung eines Asylfolgeantrags in Einwanderungshaft genommen wird (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B. Haftgründe). Nunmehr erfolgt dies aber nur noch bei den Folgeantragsstellern, deren Antrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgelehnt wurde. Alle anderen Inhaftierungen erfolgen nur noch im Rahmen von Asylhaft mit wesentlich moderateren Bedingungen (aida, a. a. O., C Haftbedingungen; vgl. VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris).

Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Haft keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. Dies könnte nur angenommen werden, wenn die Haft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wäre. Dies ist dem Grunde nach nicht der Fall, wenn sie nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt, Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU. Die Haftgründe entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 RL 2013/33/EU und sind damit dem Grunde nach zulässig.

Die zu erwartende Haft ist auch nicht nach der Haftdauer und den Haftbedingungen unmenschlich oder erniedrigend. Wie ausgeführt, hätte der Antragsteller nur dann Einwanderungshaft für den Asylfolgeantrag zu befürchten, wenn sein erster Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden wäre. Von Ausnahmen abgesehen, erhalten syrische Asylbewerber in Ungarn die Anerkennung als Flüchtling oder subsidiären Schutz (96% nach der Tabelle Nr. 1, aida - nur in englischer Fassung -). Es bestehen damit keine Anhaltspunkte dafür, dass der Asylerstantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde. Für den Antragsteller ist daher keine Einwanderungshaft sondern nur Asylhaft zu erwarten.

Die Asylhaft beträgt zunächst maximal 72 Stunden und kann verlängert werden. Häufig wird die Haftanordnung nicht mit hinreichend individueller Prüfung verlängert (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe), so dass maximal zulässige Haft von sechs Monaten nicht ausgeschlossen werden kann. Aufgrund der vorhandenen Zahlen kann aber insbesondere für Syrer mit der hohen Anerkennungsquote nicht von einer so langen Haft ausgegangen werden. Die durchschnittliche Haftdauer betrug zwar in den Jahren 2010 bis Ende 2012 vier bis fünf Monate. Nach Wiedereinführung der Haft waren von Juli 2013 bis Dezember 2013 bei 532 Plätzen in Asylhaftanstalten und 268 Plätzen in Einwanderungshaftanstalten 1762 Asylbewerber in Haft, am 5. März 2014 waren es 369 Asylbewerber (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, A. Allgemeines). Aus diesen Zahlen kann zwar keine durchschnittliche Haftdauer errechnet werden, auch können keine konkreten Folgerungen für die erwartete Haftdauer eines einzelnen Asylbewerbers gezogen werden. Die Wahrscheinlichkeit einer nur kurzen Inhaftierung ist aber groß, da sich nach der in Ungarn herrschenden Praxis der Grund der Haftanordnung wegen der syrischen Staatsangehörigkeit des Antragstellers durch Gewährung internationalen Schutzes erledigen wird (VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 -RO 1 S 15.50021 - juris).

Im Ergebnis hält das Gericht nach summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung trotz einer zu erwartenden Asylhaft nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung droht. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (U. v. 3. 7. 2013, 71932/122) sowie der überwiegenden Rechtsprechung (vgl. oben).

Schließlich geht das Gericht auch davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Asylbewerber und subsidiär Schutzberechtigte zwar schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonotoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Oktober 2013, S. 16 ff). Diese stellen sich aber als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten.

Von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Asylbewerber haben in Ungarn im Rahmen der materiellen Aufnahmeleistungen Zugang zur medizinischen Versorgung (§ 26 des ungarischen Asylgesetzes; aida, dt. Übersetzung, C. Medizinische Versorgung). Dadurch werden notwendige medizinische Behandlungen abgedeckt; der Umfang entspricht der medizinischen Gratisversorgung für legal im Land lebende ausländische Staatsangehörige. Asylbewerber haben ein Recht darauf, von Allgemeinärzten untersucht und behandelt zu werden. Das Gesetz (§ 34 des staatlichen Dekrets 301/2007) sieht vor, dass Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen medizinische Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, ambulante und stationäre psychologische Versorgung oder psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen können, die gesundheitlich geboten sind. In der Praxis gibt es keine Richtlinie, anhand derer besonders schutzwürdige Asylbewerber identifiziert werden, und es mangelt an einer spezialisierten medizinischen Versorgung. Asylbewerber, die in Aufnahmezentren untergebracht sind, erhalten Unterkunft und Verpflegung sowie einen monatlichen Geldbetrag für Körperpflegeprodukte und Taschengeld (aida, dt. Übersetzung, A. Aufnahmebedingungen).

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. Mai 2014 (Gesch-Z.: ...) wird in Ziffer 2 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Parteien tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Rücküberstellung nach Ungarn.

Die Klägerin, nach ihren Angaben Staatsangehörige von Sierra Leone, reiste im Dezember 2013 in Deutschland ein und stellte am 16. Dezember 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle München (nachfolgend: Bundesamt) einen Antrag auf Anerkennung als Flüchtling.

Im Rahmen ihrer Anhörung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats am 22. Mai 2014 gab sie an, sie habe Sierra Leone im März 2010 verlassen. Sie sei in die Türkei geflogen, wo sie sich ungefähr 7 Monate aufgehalten habe. Danach habe sie ca. 3 Jahre in Griechenland gelebt. Über Mazedonien, Serbien und Ungarn sei sie dann nach Deutschland gereist.

Eine Überprüfung durch das Bundesamt hatte bereits am 14. Januar 2014 einen Eurodac-Treffer Kategorie 1 für Ungarn vom 6. Dezember 2013 ergeben. Unter dem 21. Februar 2014 bat das Bundesamt die zuständigen Behörden in Ungarn um Übernahme des Asylverfahrens. Unter dem 6. März 2014 erklärte die zuständige ungarische Behörde, dem Übernahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) zuzustimmen.

Im Laufe des Verfahrens wandte sich der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin an das Bundesamt und machte auf psychische Probleme der Klägerin aufmerksam. Dazu legte er ein Attest der Bezirkskliniken Schwaben vom 25. April 2014 vor, ausgestellt von Frau ..., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Danach bestünden bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10: F 33.1) und eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F43.1). Sie habe wohl bereits einen Suizid-Versuch in ihrem Heimatland hinter sich. Die Klägerin sei vom 13. März bis 2. April 2014 im Bezirkskrankenhaus Augsburg aufgrund eines depressiv-suizidalen Syndroms stationär-psychiatrisch behandelt worden. Seit 9. April 2014 befinde sie sich dort in ambulant-psychiatrischer Behandlung. Bei einem Abbruch der Behandlung müsse mit einer umgehenden Dekompensation mit erneuter unmittelbarer Suizidalität gerechnet werden. Reisefähigkeit sei derzeit nicht gegeben. Bei einer Abschiebung nach Ungarn wäre mit erheblicher gesundheitlicher Gefährdung zu rechnen.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2014, der Klägerin zugestellt am 2. Juni 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Klägerin als unzulässig ab (Nr. 1.) und ordnete die Abschiebung der Klägerin nach Ungarn an (Nr. 2.). Der Asylantrag sei unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags für das Verfahren zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Für die medizinische Versorgung in Ungarn sei gesorgt. Die Abschiebung sei daher anzuordnen.

Am 10. Juni 2014 ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben, zuletzt mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2015 gestellten Antrag,

den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. Mai 2014 (Az.: ...) aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht, die Klägerin befinde sich weiterhin in psychiatrischer Behandlung und sei aufgrund ihrer Erkrankung reiseunfähig. Das Ermessen hinsichtlich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik gemäß Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II-VO) sei auf Null reduziert, da das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn an systemischen Mängeln litten und für die Klägerin die Gefahr bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Auch sei die erforderliche medizinische Versorgung in Ungarn nicht gegeben, vielmehr drohe der Klägerin eine rechtswidrige Inhaftierung.

Dem mit der Klage gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gab das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 26. Juni 2014 angesichts der glaubhaft vorgetragenen und durch ärztliche Stellungnahmen belegten psychischen Erkrankung der Klägerin statt (Au 7 S 14.50157).

Mit Beschluss vom 17. September 2014 übertrug die nunmehr zuständige 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburg den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter.

Auf Anforderung des Verwaltungsgerichts Augsburg legte der Klägerbevollmächtigte ein weiteres ärztliches Attest des Bezirkskrankenhauses Augsburg (Frau ...) vom 7. Oktober 2014 vor.

In der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2015 wurde Frau ... als sachverständige Zeugin zum Gesundheitszustand der Klägerin und deren Behandlung im Bezirkskrankenhaus Augsburg vernommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist insoweit begründet, als im Bescheid des Bundesamts vom 27. Mai 2014 in Ziffer 2 die Abschiebung der Klägerin nach Ungarn angeordnet wird. Diese Anordnung erweist sich im gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtswidrig; sie verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids weist hingegen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf.

1. Die Klage ist zulässig. Nach der Rechtsprechung u. a. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gegen Bescheide wie den vorliegenden, in denen das Bundesamt die Durchführung eines Asylverfahrens nach Maßgabe von § 27a AsylVfG ablehnt und eine Abschiebung nach § 34a AsylVfG angeordnet wird, die Anfechtungsklage statthaft (BayVGH, B. v. 11.03.2015 - 13a ZB 14.50043 - Rn. 6; U. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - Rn. 15).

2. Bezüglich Ziffer 1 des Bescheids ist die Klage unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte in den Asylantrag der Klägerin gem. § 27 a AsylVfG für unzulässig erklärt, weil ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft zuständig ist.

Maßgebend für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates sind im vorliegenden Fall wegen Art. 49 Abs. 3 der Dublin III-VO noch die Regelungen der Dublin II-VO, da der Antrag auf internationalen Schutz vor dem 1. Januar 2014 eingereicht wurden. Für Wiederaufnahmegesuche, die nach diesem Zeitpunkt gestellt werden gilt hingegen die Dublin III-VO.

Dass die Beklagte eine Zuständigkeit Ungarns für die Behandlung des von der Klägerin gestellten Asylantrags angenommen hat, ist nicht zu beanstanden.

Eine Überstellung der Klägerin nach Griechenland, dem gemäß Art. 5 Abs. 2, 10 Abs. 1 bzw. Art. 13 Dublin II-VO für ihren Asylantrag primär zuständigen Mitgliedstaat, kommt wegen der dort vorhandenen systemischen Mängel des Asylverfahrens nicht in Betracht. Die Beklagte war daher verpflichtet, die Prüfung der Zuständigkeitskriterien der Kapitel II und III der Dublin II-VO fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach einem dieser Kriterien oder ggf. nach Art. 13 Dublin-II-VO als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - Rn. 34). Die Beklagte hat sich für eine Anfrage an Ungarn auf Rückübernahme entschieden, wo die Klägerin bereits am 29. November 2013 einen Asylantrag gestellt hatte (Art. 13 Dublin II-VO). Die ungarischen Behörden haben auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 6. März 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags der Klägerin gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO erklärt.

Die grundsätzliche Zuständigkeit Ungarns für die Behandlung des Asylantrags wird auch von der Klägerin nicht bezweifelt. Sie macht allerdings systemische Mängel in Bezug auf die Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn und darauf aufbauend die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (Art. 4 EU-GR-Charta) im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geltend (EuGH, U. v. 21.11.2011 - C-411/10, C-493/10). Dem folgt das Gericht nicht.

In seinem Beschluss im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 26. Juni 2014 hat das Gericht im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin ausgeführt, es sehe für Ungarn keine generellen Hinderungsgründe für Abschiebungen, die sich aus einem Verstoß gegen das Art. 16a Abs. 2 GG und den §§ 26a, 27a, 34a AsylVfG zugrunde liegende Konzept der sog. normativen Vergewisserung (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -BVerfGE 94, 49 ff.) ergeben. Es sei auch nicht vom Vorliegen systemischer Mängel des Asylverfahrens entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auszugehen.

Hieran ist nach nochmaliger Überprüfung für das vorliegende Hauptsacheverfahren festzuhalten (vgl. ebenso in jüngerer Zeit aus der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264; VG Ansbach, U. v. 6.2.2015 - AN 14 K 14.50206; in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes: VG Aachen, B. v. 26.2.2015 - 5 L 54/15.A; VG Augsburg, B. v. 2.2.2015 - Au 2 S 15.50041; VG Würzburg, B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120; vgl. auch EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12).

Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass hohe Anforderungen an die Annahme eines systemischen Mangels und der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta zu stellen sind. Denn die auf Ebene der EU vereinbarte Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems (vgl. nunmehr Art. 78 Abs. 2 AEUV) gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden. Daraus hat der Europäische Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-GR-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH, U. v. 21.12.2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - Rn. 80; vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - NVwZ 2014, 1039 - juris Rn. 6).

Diese Vermutung kann aus Sicht des erkennenden Gerichts nicht schon dadurch angezweifelt oder gar widerlegt werden, dass eine EU-weit einheitliche Anwendung oder Umsetzung der auf EU-Ebene erlassenen Regelwerke zum gemeinsamen europäischen Asylsystem nicht sichergestellt ist oder in den Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bestehen, EU-Recht einzuhalten oder gar im Einzelfall dagegen verstoßen wird. Die Bedeutung der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Vermutung erhält erst und gerade deshalb besonderes Gewicht, weil auch innerhalb des „gemeinsamen europäischen Asylsystems“ die Durchführung selbst des unmittelbar verbindlichen EU-Rechts Sache der Mitgliedstaaten bleibt (Art. 291 Abs. 1 AEUV) und die erlassenen EU-Richtlinien der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten bedürfen (Art. 288 Abs. 4 AEUV).

Ist aber der Europäische Gerichtshof im Angesicht der Möglichkeit einer unterschiedlichen Handhabung und Umsetzung der Regeln und der sonstigen Defizite des gemeinsamen europäischen Asylsystems von einer Vermutung zugunsten der Einhaltung der EU-GR-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK ausgegangen, kann vom Vorliegen systemischer Mängel nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden. Dementsprechend hat der Gerichtshof ausgeführt, dass aus der Möglichkeit, dass das Dublin-System in der Praxis „auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat“ stoßen kann, nicht zu schließen ist, dass jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin II-VO berühren würde. Wenn jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nachdem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, Rn. 82 ff.).

Vor diesem Hintergrund kann nach den von der Klägerin eingebrachten und den dem Gericht sonst vorliegenden Erkenntnisquellen nicht davon ausgegangen werden, dass in Bezug auf die Situation von Asylbewerbern in Ungarn von systemischen Mängeln auszugehen ist und die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta konkret bestünde, so dass die vom EuGH aufgestellte Vermutung widerlegt wäre.

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist in letzter Zeit vor allem die auch von der Klägerin gerügte Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade von sog. „Dublin-Rückkehrern“, Grund für unterschiedliche Auffassungen gewesen, ob von systemischen Mängeln in Bezug auf das Asylverfahren in Ungarn auszugehen ist.

Zu diesem Aspekt hat das Auswärtige Amt in seiner Antwort an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. November 2014 auf dessen Frage, ob „rücküberstellte Dublin-Rückkehrer nach der Einreise immer, also regelhaft, in Haft genommen werden“, geantwortet, dies könne nicht bestätigt werden. Grundlegend anderes wird auch in der Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht München vom 31. Oktober 2014 nicht ausgeführt, wonach Dublin-Rückkehrer zwar „regelmäßig“, andererseits aber „nicht sämtliche“ Rückkehrer inhaftiert würden. Übereinstimmend berichten das Auswärtige Amt und Pro Asyl, dass für diese Inhaftierungen in Art. 31 A des ungarischen Asylgesetzes eine gesetzliche Grundlage existiert. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die dortigen tatbestandlichen Voraussetzungen weit gefasst sind und gerade für Dublin-Rückkehrer häufig herangezogen werden können (Feststellung der Identität; Asylbewerber hat sich Feststellungen der Behörde entzogen; Fluchtgefahr; vgl. Antworten des Auswärtigen Amts und von Pro Asyl auf Frage 4 des Verwaltungsgerichts Düsseldorf). Allerdings ist auch insoweit eine Inhaftierung keine automatische Folge, da - wiederum nach übereinstimmenden Auskünften - nach den gesetzlichen Bestimmungen auch geprüft werden muss, ob durch andere Maßnahmen die Verfügbarkeit des Asylsuchenden gesichert werden kann.

Wenn in den vorliegenden Erkenntnisquellen allerdings teilweise geltend gemacht wird, von den Alternativen zur Haft werde in der Praxis kaum Gebrauch gemacht, ist diesbezüglich - wie auch generell zum Vollzug des ungarischen Asylgesetzes - festzustellen, dass deutsche Verwaltungsgerichte weder dafür zuständig noch in der Lage sind, die Ordnungsgemäßheit des Vollzugs des Gesetzes eines anderen Mitgliedstaats zu prüfen. Die gegenseitige Kontrolle des Vollzugs der jeweiligen mitgliedstaatlichen Asylgesetze durch die Gerichte anderer Mitgliedstaaten würde das genannte Ziel des Dublin-Systems konterkarieren, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. In Bezug auf die Frage der systemischen Mängel im Asylverfahren ist daher darauf zu verweisen, dass gem. Art 52 Abs. 1 EU-GR-Charta Eingriffe in die durch die Charta gewährten Rechte (hier: Art. 6 EU-GR-Charta) einer gesetzlichen Grundlage sowie der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedürfen. Diese Voraussetzungen sind durch die von Ungarn geschaffene und auch hinsichtlich der Ausnahmen aus Verhältnismäßigkeitsgründen im Grundsatz vollzogene Gesetzeslage eingehalten.

Hinzu kommt, dass die Inhaftierungs-Entscheidungen nach übereinstimmenden Auskünften des Auswärtigen Amts und Pro Asyl gegenüber dem Verwaltungsgericht Düsseldorf bzw. dem Verwaltungsgericht München einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen, wie ebenfalls in der EU-GR-Charta (Art. 47) normiert. Über die vom Auswärtigen Amt diesbezüglich geschilderten abstrakten rechtlichen Rahmenbedingungen hinaus führt Pro Asyl näheres zu der aus seiner Sicht mangelhaften Praxis aus, wonach die Haftprüfungen ineffektiv seien. Insofern gilt jedoch insbesondere angesichts der auch in Art. 47 EU-GR-Charta normierten Unabhängigkeit der Gerichte, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats nicht zur Kontrolle der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats berufen sind, zumal nach der Konzeption der europäischen Verträge der Einklang des mitgliedstaatlichen Rechts mit dem EU-Recht von jedem Gericht dieses Mitgliedstaats durch Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zum Europäischen Gerichtshof gem. Art. 267 AEUV geklärt werden kann.

In Bezug auf die konkreten Bedingungen in den Einrichtungen, in denen inhaftierte Asylbewerber untergebracht werden, geht das Gericht nicht von einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aus. Den Antworten des Auswärtigen Amtes und von Pro Asyl gegenüber dem Verwaltungsgericht München und dem Verwaltungsgericht Düsseldorf lässt sich übereinstimmend entnehmen, dass sich die Belegungssituation in den Einrichtungen im Vergleich zu Mitte 2013 im Laufe des Jahres 2014 entspannt hat (Pro Asyl gibt Belegungsquoten im Februar 2014 zwischen 43% und 83% an). Tagsüber können sich die Insassen in den Einrichtungen frei bewegen, auch auf dem jeweiligen Freigelände. Eine ärztliche Grundversorgung ist sichergestellt, ebenso die Versorgung mit Lebensmitteln.

Insgesamt ist - wie schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt - sicherlich nicht zu verkennen, dass die Aufnahme- und Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Ungarn oft beanstandenswert und teilweise unzureichend sind. Die - wie ausgeführt hohe - Schwelle für das Vorliegen von systemischen Mängeln, die die Annahme der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta rechtfertigen könnten, ist jedoch aus Sicht des Gerichts nicht überschritten.

Auch soweit die Klägerin eine Abschiebung von Ungarn nach Serbien ohne weitere Prüfung ihres Asylantrags befürchtet, vermag das Gericht systemische Mängel nicht zu erkennen. Es folgt auch insoweit der Beurteilung anderer Verwaltungsgerichte, dass sich eine derartige Praxis jedenfalls seit Ende 2012 nicht mehr feststellen lässt (aus jüngerer Zeit: VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 35; VG Augsburg, B. v. 26.1.2015 - Au 7 S 15.50015 - juris Rn. 26). Dass in Ungarn die Prüfung von Asylanträgen auch von Dublin-Rückkehrern erfolgt, ergibt sich darüber hinaus aus der Auskunft des Auswärtigen Amtes gegenüber dem Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. November 2014 (dort zu Frage 9).

Die Klägerin kann auch sonst keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Beklagten gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO geltend machen. Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes offen gebliebene Frage, ob aufgrund der psychischen Erkrankung der Klägerin ein Selbsteintrittsrecht in Betracht kommt, ist dahin gehend zu beantworten, dass insoweit kein einklagbares Recht der Klägerin besteht.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung der Dublin II-VO kann der Asylbewerber in dem Fall, dass ein Mitgliedstaat seiner Aufnahme zustimmt, der Überstellung „nur“ damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208 - juris Rn. 60). Dies hat der Europäische Gerichtshof für den Fall, dass sich die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach Art. 10 Dublin II-VO richtet, ausdrücklich entschieden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb anderes gelten sollte, wenn - wie hier - der zuständige Mitgliedstaat nach Art. 13 Dublin II-VO bestimmt wurde. Zudem entspricht das Vorgehen der Beklagten der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 14.11.2013 - C-4/11), im Falle der fehlenden Möglichkeit einer Überstellung wegen systemischer Mängel in Griechenland zunächst anhand weiterer Kriterien der Dublin II-VO - nötigenfalls nach Art. 13 Dublin II-VO - zu prüfen, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrag zuständig ist.

Jenseits der Geltendmachung von - hier aus Sicht des Gerichts zu verneinenden - systemischen Mängeln kann sich also der Asylbewerber nicht darauf berufen, dass von den Möglichkeiten der Dublin II-VO (hier: dem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2) Gebrauch gemacht wird. Dies entspricht der in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach die Vorschriften der Dublin-Verordnungen organisatorischer Art sind und keinen Drittschutz vermitteln (vgl. BayVGH, U. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - Rn. 20 [zur Klagebefugnis]; VGH BW, U. v. 26.2.2014 - A 3 S 698/13 - juris Rn. 31 f; aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung etwa VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 52).

Nach allem weist Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides keine Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf.

3. Als rechtswidrig erweist sich hingegen die auf § 34 a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids. Weil sie die Klägerin in ihren Rechten verletzt, war sie gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben.

Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet die Beklagte die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. An Letzterem fehlt es hier.

Zwar haben die ungarischen Behörden ihre Bereitschaft zur Aufnahme der Klägerin erklärt. Jedoch steht der Abschiebung der Klägerin ein inlandsbezogenes Vollzugshindernis entgegen.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen hat. Daneben verbleibt für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum (BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4 m. w. N.). Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn; vgl. zum Ganzen BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341 mit Nachweisen aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung).

Dieser Fall ist hier wegen der psychischen Erkrankung der Klägerin gegeben. Ausweislich der ärztlichen Atteste vom 25. April 2014 (im Verfahren vor dem Bundesamt) und vom 7. Oktober 2014 (gegenüber dem Verwaltungsgericht) besteht bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung (ICD-10: F.33.1) und eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F43.1). Zwar knüpft die Rechtsprechung die Anerkennung insbesondere der hier geltend gemachten Posttraumatischen Belastungsstörung angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik an etliche Voraussetzungen. So ist regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests erforderlich. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben (vgl. BVerwG, U. v. 11.9.2007 - 10 C 17/07 - juris Rn. 15). Ferner muss dem Attest u. a. zu entnehmen sein, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen (BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21).

Im vorliegenden Fall erfüllen die von der Fachärztin Frau ... ausgestellten Atteste jedoch diese strengen Anforderungen. Ferner hat die Fachärztin in der mündlichen Verhandlung ihre Beurteilung für das Gericht nachvollziehbar erläutert und insbesondere dargelegt, dass die Aussagen ihres Attests vom 7. Oktober 2014 nach wie vor zutreffen. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb schlüssig, weil sich die behandlungsbedürftige Erkrankung der Klägerin „wie ein roter Faden“ durch das gesamte Verfahren vor dem Bundesamt und dem Verwaltungsgericht zieht. Die Klägerin war im Bezirkskrankenhaus Augsburg zunächst im Frühjahr 2014 mehrere Wochen stationär untergebracht und konnte deswegen etwa den zunächst angesetzten Termin zur persönlichen Befragung vor dem Bundesamt nicht wahrnehmen. Daran schloss sich unmittelbar und durchgehend eine ambulant-psychiatrischer Behandlung an. Die Fachärztin hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, die Schilderungen der Klägerin hinsichtlich einer akuten Suizidalität im Falle einer Abschiebung nach Ungarn für glaubhaft zu halten, zumal sie den Leidensweg der Klägerin mehrfach nachgefragt hat und das Vorbringen der Klägerin auch konsistent war.

Das Gericht hat keinen Anlass, an diesen Schilderungen der Fachärztin zu zweifeln, insbesondere, weil die ambulante Behandlung der Klägerin durchgehend von ihr vorgenommen wurde, sie also Persönlichkeit der Klägerin und das Krankheitsbild sehr gut kennt. Ihre Beurteilung, dass im Falle des Abbruchs der Behandlung von einer umgehenden Dekompensation auszugehen sei und bei einer Abschiebung nach Ungarn mit einer erheblichen Gesundheitsgefährdung und erneuter akuter Suizidalität zu rechnen sei, weshalb aus psychiatrischer Sicht keine Reisefähigkeit gegeben sei, erscheint daher schlüssig.

Dieser fachärztlichen Beurteilung ist die Beklagte zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten. Vielmehr scheint die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 29. Dezember 2014 zum ärztlichen Attest vom 7. Oktober 2014 die Einschätzung fehlender Reisefähigkeit zu teilen. Sie hat dort - rechtlich zutreffend - lediglich darauf hingewiesen, dass es für die Frage der Reisefähigkeit nicht auf das Datum des Attests, sondern auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankomme. Fachlich-inhaltliche Einwendungen hat sie nicht erhoben. Allein die Rüge mangelnder Aktualität vermag keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich dieses Attests zu begründen, zumal die dortige Formulierung „derzeit keine Reisefähigkeit“ - angesichts des Gesamtkontextes und etwa des Hinweises, es sei eine „jahrelange Behandlung“ erforderlich - ersichtlich nicht als reine Momentaufnahme, sondern auch prognostisch zu verstehen war. Jedenfalls aber ist durch die Einvernahme der Fachärztin in der mündlichen Verhandlung geklärt, dass die im Attest vom 7. Oktober 2014 zum Ausdruck kommende Beurteilung auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gilt.

Angesichts dieser Feststellungen sieht das Gericht im vorliegenden Fall auch keine Anhaltspunkte, dass die Gesundheitsgefährdung durch begleitende Maßnahmen beim Abschiebungsvorgang verhindert werden könnte.

Nach allem war die Abschiebungsanordnung aufzuheben. Das Gericht weist klarstellend darauf hin, dass diese Entscheidung auf dem vorliegenden Einzelfall eines schlüssigen Gesamtbildes insbesondere hinsichtlich der fachärztlichen Behandlung und der gesundheitlichen Folgen einer Abschiebung beruht.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1. Die Kläger sind nach eigenen Angaben kosovarische Staatsangehörige vom Volk der Roma. Die Klägerin zu 1) gibt an, am ... 1992 in G. im Kosovo geboren worden zu sein. Die am ... 2008 und ... 2012 in G. geborenen Kläger zu 2) und 3) sind ihre Söhne. Der Lebensgefährte bzw. Vater der Kläger betreibt ein eigenes Asylverfahren mit dazugehörigen Gerichtsverfahren (Az. W 1 K 14.30137, W 1 S 14.30138). Im Bundesgebiet wurde am ... 2014 ein weiterer Sohn bzw. Bruder der Kläger geboren, für den ebenfalls ein Asylverfahren und dazugehörige Gerichtsverfahren betrieben werden (Az: W 1 K 14.50042, W 1 S 14.50043). Ein weiteres Kind wurde am ... 2015 im Bundesgebiet geboren, dieses ist jedoch bislang nicht Beteiligter eines asylgerichtlichen Verfahrens.

2. Die Kläger reisten gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten bzw. Vater zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt Mitte Juli 2013 über unbekannte Länder in das Bundesgebiet ein und beantragten hier am 23. Juli 2013 Asyl.

In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 1. August 2013 gab die Klägerin zu 1) an, sie wisse nicht genau, über welche Länder sie gereist seien und ob sie auch in Ungarn gewesen seien. Sie sei gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und ihren Eltern gereist. Wenn diese in Ungarn gewesen seien, sei auch sie dort gewesen. Sie wisse es aber nicht genau, da es ihr aufgrund ihrer Schwangerschaft damals nicht sehr gut gegangen sei.

3. Aufgrund eines Eurodac-Treffers richtete das Bundesamt am 27. Dezember 2013 ein Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden. Diese stimmten der Wiederaufnahme der Kläger unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 c) und Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO mit Schreiben vom 7. Januar 2014 zu.

4. Mit Bescheid vom 29. Januar 2014, der Klägerin zu 1) ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 91/92 der BA-Akte) am 6. Februar 2014 zugestellt, stellte das Bundesamt fest, dass die Asylanträge unzulässig sind (Ziffer 1 des Bescheides), und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2). Gemäß Art. 16 Abs. 1c Dublin II-VO sei Ungarn für die Behandlung der Asylanträge zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. In Ungarn lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Wegen der Begründung im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Bescheid Bezug genommen.

5. Die Kläger ließen am 10. Februar 2014 bei Gericht Klage erheben. Es sei ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Ungarn systemische Mängel aufwiesen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Kläger bei einer Überstellung dorthin erwarten ließen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2014 aufzuheben.

6. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7. Mit Beschluss des Gerichts vom 11. Dezember 2014 (Az. W 1 S 14.30140) wurde der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage unanfechtbar abgelehnt.

8. Auf das Anhörungsschreiben des Gerichts vom 26. Januar 2015 trägt das Bundesamt für die Beklagte unter dem 26. Februar 2015 vor, dass sich die sog. Tarakhel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) explizit auf Italien beziehe. Im Hinblick auf die Gründe des Beschlusses des Gerichtes im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf den Umstand, dass der UNHCR auch bezüglich Familien keine Empfehlung abgegeben habe, von Überstellungen nach Ungarn abzusehen, könne eine Übertragung der genannten Entscheidung des EGMR nicht nachvollzogen werden. Die Entscheidung stehe vor dem Hintergrund der in Italien offensichtlich bestehenden Kapazitätsengpässe. Auf Ungarn bezogen sei festzustellen, dass der aufnehmende Staat eigenverantwortlich dafür Sorge tragen müsse und werde, dass die Kläger familien- und kindgerecht untergebracht würden. Den vorliegenden Auskünften und Berichten, u. a. auch dem aida-Bericht (gemeint wohl: Bericht vom 30. April 2014) sei zu entnehmen, dass Familien mit Kindern auch keine Trennung und keine „nicht-kindgerechte Unterbringung“ aufgrund einer Inhaftierung nach Rückkehr drohe, wie das Gericht in seinem Beschluss (im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes) ausgeführt habe. Das Bundesamt gehe weiter davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen bestünden. Eine Zusicherung, dass die Familieneinheit der Kläger gewahrt bleibe und dass die minderjährigen Kinder ihrem Alter entsprechend untergebracht würden, könne nicht gegeben werden und würde ohne konkreten Hinweis auf eine in Ungarn zu erwartende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung letztendlich das Dublin-System untergraben.

9. Die Kläger ließen unter dem 24. April 2015 ergänzend ausführen, dass einer der Söhne an einer Sehbehinderung leide, die zur Vermeidung einer Erblindung kontinuierlicher Kontrolle bedürfe. Da die Klägerin zu 1) und ihr Lebensgefährte nicht verheiratet seien, drohe ihnen in Ungarn außerdem die Trennung bzw. das Auseinanderreißen des Familienverbandes. Im Hinblick auf das neugeborene Kind sei die erforderliche medizinische Betreuung und menschenwürdige Unterbringung in Ungarn nicht gewährleistet. Das Bundesamt führe selbst aus, dass die Wahrung des Familienverbandes und die kindgerechte Unterbringung in Ungarn nicht zugesichert werden könne.

10. Mit Beschluss vom 18. Februar 2015 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet.

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG (Ziffer 2 des Bescheides), die einen belastenden Verwaltungsakt darstellt, bedarf dies keiner weiteren Erläuterung. Auch die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gemäß § 27a AsylVfG (Ziffer 1 des Bescheides) kann „isoliert“, d. h. ohne damit verbundenen Verpflichtungsantrag angefochten werden, weil das Bundesamt im Fall der Aufhebung dieser Entscheidung bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet wäre (BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris; U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 22; jeweils m. w. N. zur obergerichtlichen Rspr.). Denn nach Sinn und Zweck des § 27a AsylVfG und des dahinter stehenden Gebotes, im Interesse der Verfahrensbeschleunigung schnellstmöglich Klarheit über den zuständigen Mitgliedstaat für die Prüfung eines im Geltungsbereich der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrags zu gewinnen (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 - juris Rn. 84, 98), ist die Zuständigkeitsprüfung durch das Bundesamt der Prüfung des Asylantrags vorgelagert und von dem Verfahren zur (inhaltlichen) Prüfung des Asylantrags zu unterscheiden (BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris Rn. 6). Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, die Sache insoweit spruchreif zu machen, besteht nicht (BayVGH, B. v. 23.1.2015 a. a. O.). Statthaft ist daher die Anfechtungsklage mit dem Ziel, die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig sowie die Abschiebungsanordnung aufzuheben, damit die Beklagte in eigener Zuständigkeit über den Asylantrag (inhaltlich) entscheiden muss. Einer auf ein weitergehendes Ziel gerichteten Verpflichtungsklage fehlte daher auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Auf welcher Grundlage sich die Ablehnung des Asylantrags wegen internationaler Zuständigkeit eines anderen Staates möglicher Weise als rechtsfehlerhaft erweist - etwa nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO aufgrund der Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und /oder der Aufnahmebedingungen im ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat (hier Belgien) bzw. aufgrund einer etwaigen Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes der Beklagten oder zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber - ist hingegen als Kriterium der gerichtlichen Nachprüfung des Bescheides eine Frage der Begründetheit der Klage.

2. Die Klage ist nicht begründet, denn die angegriffenen Behördenentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1 Da der Asylantrag und auch das Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 vom 26.6.2013, ABl Nr. L 180, S. 31) nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 vom 18.2.2003, ABl Nr. L 50, S. 1). Da die mit dem Wiederaufnahmegesuch zusammenhängenden Rechtsfragen, insbesondere die gegebenenfalls zu beachtenden Fristen, systematisch den Bestimmungen über die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten zuzuordnen sind (Zuständigkeitsregelungen im weiteren Sinne), sind damit auf das Wiederaufnahmegesuch im vorliegenden Fall die Vorschriften des Art. 20 Dublin II-VO anzuwenden. Im Unterschied zu Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO enthält aber Art. 20 Dublin II-VO keine Frist zur Stellung eines entsprechenden Wiederaufnahmegesuchs. Dies bedeutet zwar nicht, dass es im Belieben des Bundesamtes stand, wann es ein solches Wiederaufnahmegesuch nach der Dublin II-VO an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten hatte. Dies folgt bereits aus dem vierten und dem 15. Erwägungsgrund der Dublin II-VO sowie aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 - juris Rn. 85 ff.). Danach ist Ziel der in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Zuständigkeitskriterien, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen im Geltungsgebiet der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrag zuständig ist. Ist die Überstellung eines Antragstellers in den nach diesen Kriterien als zuständiger Mitgliedstaat bestimmten Staat nicht möglich, so hat der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, vorbehaltlich der Befugnis, den Antrag nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst zu prüfen, die Prüfung der Kriterien des genannten Kapitels fortzuführen, um festzustellen, ob anhand eines der nachrangigen Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 33; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 96). Der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, hat jedoch darauf zu achten, dass eine Situation, in der dessen Grundrechte verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 35; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 98). Die seit 1. Januar 2014 anwendbare Dublin III-VO sieht dementsprechend nunmehr ausdrücklich in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO auch für Wiederaufnahmegesuche eine Frist vor, und zwar bei Vorliegen einer Eurodac-Treffermeldung eine solche von nur zwei Monaten, im Übrigen eine Frist von drei Monaten ab Asylantragstellung.

2.2 Das Bundesamt hat den Asylantrag der Kläger zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt, weil Ungarn sich zur Rückübernahme der Kläger bereit erklärt hat. In diesem Falle ist vom Gericht nicht nachzuprüfen, ob der die Aufnahme bzw. Wiederaufnahme erklärende Staat sich rechtsfehlerfrei für zuständig erklärt hat. Denn im System des Dublin-Verfahrens besteht kein Rechtsanspruch des Asylbewerbers auf Prüfung seines Asylantrags durch den zuständigen Mitgliedstaat; vielmehr hat er lediglich einen Anspruch auf inhaltliche Prüfung seines Asylantrags durch einen Mitgliedstaat (vgl. z. B. EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 60; BVerwG, B. v. 15.4.2014 - 10 B 16/14 - juris Rn. 3; B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 7 ff.; VGH BW, 19.1.2015 - A 11 S 2508/14 - juris Rn. 8; VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - juris Rn. 18; VG München, U. v. 12.5.2014 - M 21 K 14.30347 - juris Rn. 46). Im Übrigen kann ein Mitgliedstaat auch im Falle seiner Unzuständigkeit nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die Zuständigkeit übernehmen (sog. Selbsteintrittsrecht).

2.3 Ein Ermessensfehler der Entscheidung über das Selbsteintrittsrecht wegen überlanger Verfahrensdauer liegt - wie das Gericht bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeführt hat (VG Würzburg, B. v. 11.12.2014 - W 1 S 14.30139 - BA S. 6) - nicht vor. Das Bundesamt hatte am 30. Juli 2013 Kenntnis vom Vorliegen eines Eurodac-Treffers hinsichtlich Ungarn (Bl. 43 der Bundesamtsakte). Am 27. Dezember 2013 hat es das Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden gestellt. Damit ist zwischen der nachweisbaren Kenntnis vom Vorliegen eines Eurodac-Treffers und der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten vergangen. In einem solchen Fall kann unter der Geltung der Dublin II-VO, die eine Frist für das Wiederaufnahmeersuchen nicht vorsieht, nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden (für die Annahme einer unangemessenen Verfahrensverzögerung erst ab einem Untätigbleiben von deutlich über einem Jahr VG Würzburg, U. v. 27.8.2014 - W 7 K 14.30286 - UA Seite 12; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Die Frage eines Ermessensfehlers stellt sich daher im vorliegenden Fall insoweit nicht (vgl. VG Würzburg, B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 9). Offen bleiben kann daher, ob der Beklagten überhaupt im Rahmen der Entscheidung über die Ausübung oder Nichtausübung des Selbsteintrittsrechtes ein Ermessen i. S. d. § 40 VwVfG, § 114 VwGO eingeräumt ist, woran im Hinblick auf das von der deutschen Rechtsterminologie abweichende Begriffsverständnis im europäischen Unionsrecht (vgl. Zuleeg/Kadelbach in Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010 § 8 Rn. 41; grundlegend Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, 1988, Band I, S. 280 ff.) durchaus Zweifel bestehen, und welche Konsequenzen dies für den Umfang der gerichtlichen Nachprüfbarkeit (Kontrolldichte) sowie ggf. für eine subjektiv-öffentliche Berechtigung der betroffenen Asylbewerber hätte.

2.4 Die Überstellung der Kläger nach Ungarn ist auch nicht wegen systemischer Mängel des ungarischen Asylverfahrens und /oder der Aufnahmebedingungen rechtlich unmöglich. Dies gilt auch im Hinblick auf die vom Kläger zu 2) geltend gemachte Erkrankung.

Im Falle der (angenommenen) Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat - hier Ungarn - aufgrund von systemischen Mängeln ist der eigentlich nicht zuständige Mitgliedstaat nicht verpflichtet, den Asylantrag auf der Grundlage des Selbsteintritts nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO selbst inhaltlich zu prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129/130 Rn. 32 ff.; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 33). Vielmehr hat er zunächst weiter zu prüfen, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Mitgliedstaat für eine Überstellung in Frage kommt. Kommt - auch nach weiteren Ermittlungen - keine Zuständigkeit eines anderen Dublin-Staates in Betracht, muss die Beklagte das Asylverfahren nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst durchführen, ansonsten kann sie bei festgestellter Zuständigkeit eines anderen Dublin-Staates erneut einen Bescheid im Dublin-Verfahren erlassen, muss dann allerdings dem Recht des Betroffenen auf Durchführung des Verfahrens mit angemessener Dauer Rechnung tragen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129/130 Rn. 35; vgl. nun auch Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfen, soweit und solange sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, die Mitgliedstaaten des Dublin-Systems sich das Vertrauen entgegenbringen, dass in jedem von ihnen Asylsuchende im Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta der EU, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) behandelt werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 52 f.; U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff., juris). Eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat ist daher (nur) dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 60; U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 30; U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f., juris). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder zufällig und im Einzelfall auftretende Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen - einschließlich der Grundrechte - zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - a. a. O.; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris; VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 33). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - a. a. O.). Vielmehr ist von der Überstellung in einen Mitgliedstaat mit Blick auf die Asyl- und Aufnahmebedingungen nur dann abzusehen, wenn dort aufgrund systemischer, d. h. regelhafter und daher vorhersehbarer Mängel die beachtliche Wahrscheinlichkeit („ernstzunehmende Gefahr“) besteht, dass die konkret betroffenen Asylbewerber einer gegen Art. 4 GR-Charta verstoßenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - juris Rn. 81 ff., insb. 86; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris; VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 36). Unter diesen Voraussetzungen ist es gerechtfertigt, die Verantwortung des überstellenden Mitgliedstaates für Grund- bzw. Menschenrechtsverletzungen über die Überstellung hinaus auch auf Umstände im aufnehmenden Mitgliedstaat zu erstrecken, weil es sich um vorhersehbare Rechtsverletzungen handelt.

Dem gegenüber kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) die Vermutung, wonach der Aufnahmestaat seinen Pflichten aus Art. 3 EMRK nachkommt, wirksam widerlegt werden, wenn schwerwiegende Gründe für die Annahme vorgebracht werden, dass die Person, deren Rückführung angeordnet wird, einer tatsächlichen Gefahr („real risk“) entgegensehen würde, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 104; U. v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09 - NVwZ 2011, 413 Rn. 342). Die Ursache der Gefahr hat keine Auswirkungen auf das Schutzniveau der EMRK und befreit den überstellenden Staat nicht davon, eine gründliche und individuelle Prüfung der Situation der betroffenen Person vorzunehmen und im Falle der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung die Durchsetzung der Abschiebung auszusetzen (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - a. a. O.). Denn die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischen- oder überstaatliche Organisationen wie die EU entbindet die Konventionsstaaten nicht von ihrer Verantwortlichkeit für die Einhaltung der in der EMRK garantierten Rechte (st. Rspr., z. B. EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340; U. v. 30.6.2005 - Bosphorus, 45036/98 - NJW 2006, 197). Staatliches Handeln in Erfüllung der Verpflichtungen im Rahmen einer solchen Organisation ist deshalb zwar solange gerechtfertigt, wie die jeweilige Organisation die Grundrechte schützt. Dies ist im Rahmen des unionsrechtlichen Grundrechtsschutzes grundsätzlich der Fall (EGMR, U. v. 30.6.2005 - Bosphorus, 45036/98 - NJW 2006, 197), zumal die in der EMRK garantierten Rechte nach Art. 6 Abs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 3 GR-Charta in die unionsrechtlichen Grundrechtsgewährleistungen als Mindeststandard inkorporiert sind (Borowsky in Meyer-Ladewig, Charta der Grundrechte, vor Art. 51 Rn. 1a; Jarass, Charta der Grundrechte, Art. 52 Rn. 60 ff.). Soweit ein Staat aber über die Wahrnehmung der Befugnis zum Selbsteintritt nach den Dublin-Verordnungen entscheidet, handelt er nach der Auffassung des EGMR nicht in der Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen, weshalb die Vermutung eines gleichwertigen Grundrechtsschutzes durch das Unionsrecht insoweit nicht gilt (EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340). Insoweit bleiben daher die Mitgliedstaaten des Dublin-Systems im Falle einer Überstellung für die Einhaltung der Gewährleistungen der EMRK verantwortlich.

Die o. g. Entscheidungen des EuGH und des EGMR sind miteinander dadurch in Einklang zu bringen, dass der überstellende Mitgliedstaat auch dann, wenn keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im an sich zuständigen Mitgliedstaat angenommen werden, im Einzelfall prüfen muss, ob dennoch die tatsächliche Gefahr besteht, dass die betroffene Person dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. des Art. 4 GR-Charta i. V. mit Art. 3 EMRK ausgesetzt wird. Dies kann nach der o. g. Rechtsprechung des EGMR dann der Fall sein, wenn die betroffene Person zu einer „besonders verletzlichen Personengruppe“ unter den Asylbewerbern zu rechnen ist. In einem solchen Fall besonderer Schutzbedürftigkeit besteht trotz der Verneinung systemischer Mängel bzw. Schwachstellen für alle Asylbewerber im übernehmenden Staat noch Raum für die Annahme der tatsächlichen Gefahr einer individuellen Verletzung des Art. 3 EMRK. Dies steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH zu systemischen Mängeln, weil solche Mängel auch innerhalb des unionsrechtlichen Dublin-Systems nicht notwendig alle Asylbewerber oder eine besonders große Zahl von ihnen tatsächlich betreffen müssen; ein systemischer Mangel kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern tatsächlich betrifft, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisiert und nicht gewissermaßen dem Zufall, der Verkettung unglücklicher Umstände oder dem Versagen beteiligter Akteure geschuldet ist (VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 33 mit Verweis auf Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.). Im gerichtlichen Verfahren gegen eine Entscheidung zur Überstellung von Asylsuchenden in einen anderen Mitgliedstaat ist damit zu prüfen, ob der konkret betroffenen Person durch die Überstellung eine Verletzung von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK droht und damit die Vermutung der Beachtung der Grundrechte durch den jeweils anderen Mitgliedstaat widerlegt ist. Gehört die betroffene Person keiner besonders verletzlichen Gruppe an, kann dies jedoch nur angenommen werden, wenn generelle systemische Mängel festzustellen sind.

Gemessen an diesen Grundsätzen steht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht zur Überzeugung des erkennenden Gerichtes fest, dass den Klägern als Familie mit minderjährigen (Klein-)Kindern und damit als Angehörigen einer besonders verletzlichen Personengruppe (vgl. EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 120 ff.) im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) im Falle ihrer Überstellung nach Ungarn mit Blick auf die Asyl- bzw. Aufnahmebedingungen mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 4 GR-Charta i. V. m. Art. 3 EMRK droht.

Es ist zum einen nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Ungarn inhaftiert werden. Zwar können nach ungarischem Recht auch Familien mit minderjährigen Kindern in Asylhaft genommen werden; die maximale Haftdauer ist auf 30 Tage begrenzt (Auswärtiges Amt, Auskunft v. 19.11.2014 an VG Düsseldorf, S. 4; UNHCR, Auskunft an VG Düsseldorf v. 30.9.2014, S. 4; Pro Asyl, Auskunft an VG Düsseldorf v. 30.10.2014, S. 1). Aufgrund der neueren Erkenntnismittel ergibt sich im Unterschied zur bisherigen Einschätzung (vgl. European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, Hungary, Report v. 30.4.2014, S. 48), dass solche Familien inzwischen zumindest in bestimmten Fällen tatsächlich inhaftiert werden (Auswärtiges Amt a. a. O.; European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, Hungary, Report v. 17.2.2015, S. 52, 54; UNHCR a. a. O., S. 4/5; Pro Asyl a. a. O. S. 1 f.), wobei in der Regel bereits vor Ablauf der Monatsfrist die Verlegung in eine offene Aufnahmeeinrichtung erfolgen soll (so das Auswärtige Amt a. a. O.). Nach verschiedenen Quellen soll die Inhaftierung von Familien mit Kindern sogar in großem Umfang geschehen (Pro Asyl a. a. O. S. 1 f., 11; UNHCR a. a. O., S. 4), und zwar wohl insbesondere bei Asylbewerbern aus dem Kosovo (Pro Asyl a. a. O. S. 11). Nach den derzeit vorliegenden Informationen steht jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auch im Dublin-Verfahren nach Ungarn rücküberstellte Familien mit minderjährigen Kindern inhaftiert werden. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des UNHCR ist dies bislang nicht der Fall (UNHCR, Auskunft v. 30.9.2014, S. 2 und 5). Dem gegenüber beruft sich Pro Asyl auf Angaben von in Debrecen und Nyirbator inhaftierten Asylbewerbern, wonach dort auch im Dublin-Verfahren nach Ungarn überstellte Familien inhaftiert seien (Pro Asyl, Auskunft an das VG Düsseldorf v. 30.10.2014, S. 2). Es handelt sich bei diesen Aussagen jedoch offenbar nicht um von Pro Asyl nachgeprüfte Tatsachen. In derselben Stellungnahme räumt Pro Asyl auch ein, dass nicht sämtliche Dublin-Rückkehrer inhaftiert würden (S. 2). Auch aus der von der Klägerbevollmächtigten in das Verfahren eingeführten Stellungnahme von Pro Asyl vom 21. Januar 2015 (abrufbar im Internet unter http://www.p...de/de/.../.../.../...) geht nichts anderes hervor. Dort wird zwar einerseits im Einklang mit anderen Berichten - wie oben dargestellt - darauf verwiesen, dass in Ungarn zunehmend Asylbewerberfamilien inhaftiert werden. Im nächsten Absatz der Stellungnahme wird dann pauschal ausgeführt, dass Personen, die ein Dublin-Verfahren durchlaufen hätten, die umgehende Inhaftierung drohe. Daraus geht aber nicht hervor und wird erst recht nicht belegt, dass Pro Asyl im Gegensatz zum UNHCR gerade zu der Erkenntnis gelangt ist, dass im Dublin-Verfahren nach Ungarn überstellten Familien die Inhaftierung droht.

Das Gericht folgt der Einschätzung des UNHCR, wonach im Dublin-Verfahren nach Ungarn zurückkehrenden Familien mit Kindern in Ungarn derzeit keine Inhaftierung droht. Von maßgeblicher Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der UNHCR nach wie vor keine Empfehlung abgegeben hat, von Überstellungen von Asylbewerbern nach Ungarn abzusehen (vgl. VG Würzburg, U. v. 30.9.2014 - W 1 K 14.50050 - juris). Dem Fehlen einer generellen Empfehlung des UNHCR, von einer Überstellung nach Ungarn abzusehen, kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, sind die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedstaat, der nach den Kriterien der Dublin-Verordnungen als zuständiger Staat bestimmt wird, besonders relevant (EuGH, U. v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660, juris). Die in der Stellungnahme des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 getroffenen detaillierten Aussagen zur Behandlung von im Dublin-Verfahren nach Ungarn überstellten Familien können daher durch die eher pauschal gehaltenen und offenbar auf nicht belegten Aussagen Dritter beruhenden Stellungnahmen von Pro Asyl nicht widerlegt werden. Es kommt daher nicht darauf an, dass Art. 11 Abs. 2 der Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, Neufassung v. 26.6.2013, ABl. L 180 S. 96), der für die Frage des Vorliegens von systemischen Mängeln eine Maßstabsfunktion zukommt, eine zeitlich begrenzte Inhaftierung von Minderjährigen unter bestimmten Voraussetzungen zulässt.

Die von der Klägerbevollmächtigten angeführten Gerichtsentscheidungen (VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - juris; vgl. auch B. v. 23.1.2015 - 23 L 717.14 A - juris; dem folgend VG München, U. v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris; anderer Ansicht z. B. VG Hamburg, B. v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris), die systemische Mängel der ungarischen Asyl- und Aufnahmebedingungen annehmen, beziehen sich auf die Inhaftierung und die Haftbedingungen alleinstehender männlicher Asylbewerber, treffen aber keine Aussagen dazu, ob im Dublin-Verfahren überstellte Familien in Ungarn inhaftiert werden bzw. welchen Aufnahmebedingungen diese ausgesetzt sind. Der vorgelegte Bericht der Deutschen Welle (DW) vom 3. April 2015, der auf o. g. Entscheidungen Bezug nimmt, berichtet zwar von Einzelfällen von Misshandlungen von (nicht im Dublin-Verfahren rücküberstellten) Asylbewerbern durch die ungarische Polizei, lässt aber keine systemischen, d. h. vorhersehbaren und regelhaften Defizite erkennen.

Zum anderen droht den Klägern im Falle der Überstellung nach Ungarn aber auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Obdachlosigkeit. Da die Kläger nach den Angaben der ungarischen Behörden während der Prüfung ihres Asylantrags Ungarn verlassen haben, muss im Falle ihrer Überstellung die Prüfung des Asylantrags fortgeführt werden (vgl. Art. 4 Abs. 5 Dublin II-VO). Dies wird in Ungarn auch so praktiziert (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 6), was für die Kläger bedeutet, dass sie alle Leistungen in Anspruch nehmen können, die Asylbewerbern in Ungarn zustehen, d. h. insbesondere die Unterbringung in einer (offenen) Aufnahmeeinrichtung. Der Asylantrag hat auch aufschiebende Wirkung, so dass ihnen (zumindest) bis zur rechtskräftigen Ablehnung desselben keine Abschiebung in ihr Herkunftsland droht (vgl. Auswärtiges Amt a. a. O., S. 9). Im Falle der Zuerkennung eines Schutzstatus haben die Kläger Anspruch auf die im ungarischen Asylgesetz verankerten Integrationsleistungen einschließlich eines zeitlich begrenzten Mindesteinkommens (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 8 zu Frage 13 und ausführlich Stellungnahme v. 2.3.2015 an das VG Magdeburg).

Für eine Überfüllung der Aufnahmeeinrichtungen in Ungarn mit der Folge der Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gibt es derzeit keine Anhaltspunkte. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 3) bestanden im ersten Halbjahr 2013 infolge des damals sprunghaften Anstiegs der Asylbewerberzahlen in Ungarn Engpässe bei der Unterbringung, denen - wie in anderen europäischen Staaten auch - mit der vorübergehenden Nutzung von Turnhallen und Zelten abgeholfen worden sei. Seit Herbst 2013 habe sich die Situation wieder entspannt; jüngere Kritik der Belegung der Einrichtungen sei nicht bekannt geworden (Auswärtiges Amt a. a. O.). Der UNHCR berichtet zwar, dass die Asylbewerberzahlen in Ungarn seit Juli 2014 erneut deutlich angestiegen seien; die Ausführungen zu den Auswirkungen auf die Aufnahmebedingungen beziehen sich jedoch auf den Zeitraum im Sommer 2013, sind also überholt (vgl. Auswärtiges Amt a. a. O.). Nach Auskunft von Pro Asyl (Stellungnahme vom 30.10.2014, S. 4) wurden bei Monitoring-Besuchen des HHC in fünf Aufnahmeeinrichtungen - wobei es sich um Hafteinrichtungen handelte - im Zeitraum Juli 2013 bis Februar 2014 Auslastungsquoten zwischen 43% und 100% festgestellt, was nicht für Kapazitätsengpässe spricht. Auch aida (Report 2015 a. a. O., S. 43) berichtet, es sei bisher noch nicht vorgekommen, dass Asylbewerber infolge Knappheit von Aufnahmeplätzen auf der Straße gelassen wurden. Sollte es dennoch in Einzelfällen zu derartigen Situationen gekommen sein, wie die Klägerbevollmächtigte vorgetragen hat, belegt dies noch nicht hier allein beachtliche systemische, d. h. vorhersehbare und regelhafte Mängel.

Im Hinblick auf die Ernährung der aufgenommenen Personen gibt es keine Hinweise für Missstände, wenngleich der Nährwert der ausgegebenen Lebensmittel in Aufnahmeeinrichtungen teilweise beanstandet wird (UNHCR, Auskunft v. 30.9.2014, S. 3 f.; Pro Asyl, Auskunft v. 30.10.2014, S. 5). In jedem Aufnahmezentrum gibt es drei kostenfreie Mahlzeiten am Tag (aida-Report 2015 a. a. O., S. 43). Des Weiteren können die Bewohner aller Einrichtungen für sich selbst kochen (aida a. a. O.), so dass auch Säuglingsnahrung oder spezielle Nahrung für Kleinkinder zubereitet werden kann. Die sanitären und hygienischen Bedingungen sind ausreichend (aida a. a. O.); diesbezüglich bekannt gewordene Beanstandungen beziehen sich auf einzelne Hafteinrichtungen (vgl. Pro Asyl, Auskunft v. 30.10.2014, S. 3), nicht aber auf die offenen Aufnahmezentren. Der freie Ausgang ist in den (offenen) Aufnahmeeinrichtungen nicht eingeschränkt (aida a. a. O.).

Den Klägern droht nach der Überzeugung des Gerichts auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Trennung von ihrem Ehemann bzw. Vater bzw. Bruder. Anhaltspunkte dafür, dass in Ungarn überhaupt Familien von Asylbewerbern getrennt werden, bestehen nicht; vielmehr werden diese gemeinsam und getrennt von alleinstehenden Männern untergebracht (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 4 zu Frage 5; Pro Asyl, Stellungnahme v. 30.10.2014, S. 6). Zwar sind die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann (der Kläger im Verfahren W 1 K 14.30137) nicht standesamtlich miteinander verheiratet und tragen nicht den gleichen Familiennamen. Die Kläger zu 2) und 3) tragen den Familiennamen des Vaters, während die beiden im Bundesgebiet geborenen jüngeren Geschwisterkinder (der Kläger im Verfahren W 1 K 14.50042 sowie das jüngste, noch nicht im Asylverfahren befindliche Kind) den Familiennamen der Klägerin zu 1) tragen. Eine Trennung der Familie droht jedoch schon deshalb nicht, weil die Zustimmung der ungarischen Behörden zur Wiederaufnahme in einem einheitlichen Schreiben für die Kläger und ihren Vater erteilt wurde (Bl. 66 der Bundesamtsakte). Außerdem hat das Bundesamt im Wiederaufnahmeersuchen auf den Familienverband des Klägers mit seiner Ehefrau und den damals vorhandenen Kindern hingewiesen (Bl. 58 ff. der Bundesamtsakte).

2.5 Die Beklagte trifft auch im Hinblick auf die vom Kläger zu 2) vorgetragene behandlungsbedürftige Augenerkrankung (Amblyopie, Schwachsichtigkeit) keine Verpflichtung, nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die Zuständigkeit zu übernehmen und den Asylantrag des Klägers selbst zu prüfen bzw. über die Ausübung ihres Selbsteintrittsrechtes ermessensfehlerfrei zu entscheiden oder bestimmte Garantien der ungarischen Regierung einzuholen (vgl. EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127 Rn. 122). Da es sich bei der Entscheidung der Beklagten über die Ausübung des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechtes um die Durchführung von Unionsrecht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 GR-Charta handelt (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 u. a. - juris Rn. 68), ist diese Entscheidung am Maßstab der unionsrechtlichen Grundrechte - unter Beachtung des darin nach Art. 52 Abs. 3 GR-Charta enthaltenen menschenrechtlichen Mindeststandards - zu überprüfen.

Nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) bestehen im Hinblick auf die geltend gemachte Erkrankung des Klägers zu 2) jedoch keine Anhaltspunkte für eine Grundrechtsverletzung im Falle seiner Überstellung nach Ungarn. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist ihm in Ungarn unter Beachtung gewisser Vorkehrungen die erforderliche medizinische Versorgung zugänglich. Das Auswärtige Amt führt zur Frage der Versorgung behandlungsbedürftiger Asylbewerber während und nach der Überstellung nach Ungarn aus (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 5 zu Frage 7 u. 8), dass dann, wenn der überstellende Mitgliedstaat das BAH vorab unterrichte, dass der Zurückzuführende behandlungsbedürftig sei, die Dublin-Koordinationseinheit die übernehmenden ungarischen Behörden unterrichten werde, damit entsprechende Vorkehrungen getroffen würden, die zurückzuführende Person ärztlicherseits in Empfang genommen werde und auch in Folge die notwendige Behandlung und Aufsicht erfahre. Im Übrigen ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln, dass in den geschlossenen und offenen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber in Ungarn kostenfreier Zugang zur medizinischen Grundversorgung entsprechend den Bedingungen für anerkannte Flüchtlinge bzw. Schutzbedürftige und damit letztlich in gleichem Maße wie für ungarische Staatsbürger gewährleistet ist (Auswärtiges Amt, Stellungnahme v. 19.11.2014, S. 5 zu Frage 7 u. 8; aida-Report v. 17.2.2015, S. 49 ff.). Die ungarischen Rechtsvorschriften sehen des Weiteren vor, dass in schwerwiegenden Fällen, in denen die Behandlung vor Ort nicht ausreichend ist, eine Zuweisung der betroffenen Person an eine Allgemein- oder Spezialeinrichtung durch den behandelnden Arzt erfolgen kann, soweit er dies aus medizinischen Gründen für notwendig erachtet. Dem oft kritisierten Mangel, dass es im ungarischen Asylverfahren an Standards fehle, um besonders verletzliche Personen zu identifizieren (vgl. z. B. aida-Report 2015 a. a. O., S. 50), kann durch eine entsprechende Information der ungarischen Behörden vor der Überstellung der Kläger Rechnung getragen werden (s. o.). Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass - bei allem Verständnis für die Anliegen der Kläger - kein Rechtsanspruch auf eine dem deutschen oder westeuropäischen Standard entsprechende medizinische Versorgung besteht. Unzureichende medizinische Behandlungsmöglichkeiten hinsichtlich einer geltend gemachten Erkrankung im Zielstaat der Abschiebung stellen keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK und Art. 4 GR-Charta dar (EGMR, U. v. 7.10.2004 - Dragan, 33743/03 - NVwZ 2005, 1043 ff.; BVerwG, U. v. 25.11.1997 - 9 C 58/96 - juris Rn. 7).

2.6 Auch die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (Ziffer II. des Bescheides) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat nach § 27a AsylVfG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. In diesem Rahmen hat das Bundesamt die tatsächliche und rechtliche Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum bleibt (BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4 m. w. N.). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung abzusehen (BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4; B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21).

Das Gericht weist darauf hin, dass die Beklagte bzw. die zuständige Ausländerbehörde - unabhängig von der Entscheidung des Gerichts im dafür maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) - gegenüber den Klägern die aus deren Grundrechten folgende Verpflichtung hat, bei der Überstellung die sich aus den vorstehenden Ausführungen ergebenden Schutzvorkehrungen zu treffen, um deren Familienverband zu wahren sowie eine kindgerechte Unterbringung und eine mit Blick auf die individuellen Bedürfnisse der Kläger ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/12 - juris Rn. 10 ff.). Die Beklagte hat die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ständig unter Kontrolle zu halten. Gegebenenfalls hat sie bzw. die zuständige Ausländerbehörde daher vor der Überstellung der Kläger mit den ungarischen Behörden entsprechend Kontakt aufzunehmen und im Falle der Unmöglichkeit entsprechender Schutzvorkehrungen ggf. die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (BVerfG, B. v. 17.9.2014 a. a. O.; EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 120 ff.). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowohl für inlands- als auch für zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (BVerfG a. a. O., Rn. 13).

3. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).

Tenor

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage 18a K 1140/15.A gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Februar 2015 in Ziffer 2. enthaltene Abschiebungsanordnung nach Ungarn anzuordnen,

hat keinen Erfolg.


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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

I.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass der Antragsteller vorläufig bis zur Feststellung der Reisefähigkeit nicht nach Ungarn abgeschoben werden darf.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, der Ausländerbehörde des Landratsamtes W. mitzuteilen, dass der Antragsteller vorläufig bis zur Feststellung der Reisefähigkeit nicht nach Ungarn abgeschoben werden darf,

ist zulässig und begründet.

1. Der Antrag nach § 123 VwGO ist zulässig, insbesondere fehlt es nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Zwar wurde innerhalb der Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG kein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die gemäß § 75 AsylVfG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung gestellt. Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren nach sachgerechter Auslegung (§ 88 VwGO) jedoch nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, sondern die vorläufige Untersagung der Abschiebung bis zur Entscheidung über seine Reisefähigkeit. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob der Abschiebung aufgrund der geltend gemachten Erkrankung tatsächliche oder rechtliche Hindernisse i. S. des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegenstehen. Das Bundesamt hat die Abschiebungsanordnung in jedem Stadium des Verfahrens hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit unter Kontrolle zu halten. Ergeben sich nach deren Erlass tatsächliche oder rechtliche Abschiebungshindernisse zielstaats- oder inlandsbezogener Art, so hat das Bundesamt gegebenenfalls die Ausländerbehörde anzuweisen, die Abschiebung auszusetzen bzw. die Abschiebungsanordnung aufzuheben (BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff., insb. 12). Dem entsprechend muss dem Antragsteller zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes die Möglichkeit eingeräumt werden, im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO die vorläufige Aussetzung der Abschiebung durch das Gericht zu beantragen, wenn sich nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung und Ablauf der Frist gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG Umstände ergeben, die zu einer tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung führen können.

So liegen die Dinge hier, weil erst aufgrund des fachärztlichen Attests des Herrn Dr. med. St. aus O. vom 10. März 2015 belastbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit des Antragstellers bestehen.

2. Der Antrag ist auch begründet.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Im Hinblick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist der Antrag begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und es dem Antragsteller schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

Dem Antragsteller stehen sowohl der erforderliche Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund zur Seite.

2.1 Der Anordnungsanspruch folgt aus § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens als zuständig bestimmten Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Daraus folgt, dass das Bundesamt das Vorliegen tatsächlicher und/oder rechtlicher Abschiebungshindernisse in jeder Lage des Überstellungsverfahrens nach den Dublin-Verordnungen zu prüfen und ihnen ggf. durch eine entsprechende Weisung an die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde, diese vorläufig auszusetzen, oder durch Aufhebung der Abschiebungsanordnung Rechnung zu tragen hat (BVerfG, B. v. 17.9.2014, 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.). Dem entspricht ein Rechtsanspruch des durch die Abschiebungsanordnung belasteten Antragstellers, bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen die Abschiebung vorübergehend auszusetzen bzw. die Abschiebungsanordnung aufzuheben. Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen (BVerfG, a. a. O., Rn. 12).

Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit derselben gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte u. a. dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Diesen Gefahren muss entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abgewehrt werden (BVerfG, a. a. O., Rn. 13).

Gemessen an diesen Grundsätzen steht dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch zur Seite, weil aufgrund des fachärztlichen Attests vom 10. März 2015, in welchem eine Anpassungsstörung mit Niedergeschlagenheit, depressiver Verstimmung, Angst und Befürchtungen, Gefühl der Überforderung, Schlafstörung und latenter Suizidalität diagnostiziert wird, belastbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit des Antragstellers (zumindest) im weiteren Sinne bestehen. Diesen Anhaltspunkten hat das Gericht im Klageverfahren Az. W 1 K 15.50036 im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nachzugehen, da hiervon - wie ausgeführt - die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. Januar 2015 abhängen kann. An die Substantiierung einer psychischen Erkrankung wie einer Anpassungsstörung, gegebenenfalls mit Suizidgefährdung, sind im Übrigen nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Substantiierung einer posttraumatischen Belastungsstörung (vgl. dazu BVerwG, U. v. 26.7.2012 - 10 B 21/12 - juris Rn. 7; U. v. 11.9.2007 - 10 C 8/07 - juris Rn. 15). Denn aus der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich nicht ableiten, dass die Anforderungen an ein PTBS-Attest auf die Fälle anderer psychischer Erkrankungen übertragbar sind (BayVGH, B. v. 26.5.2014 - 13a ZB 13.30310 - juris). Das vorgelegte Attest eines Facharztes genügt daher, Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit aus rechtlichen Gründen zu bieten, denen das Gericht mit der Aufforderung an das Staatliche Gesundheitsamt vom 13. Mai 2015 im Hauptsacheverfahren, die Reisefähigkeit des Antragstellers zu untersuchen, nachgehen wird.

Da somit die Erfolgsaussichten der Klage insoweit offen sind, überwiegt aufgrund einer eigenständigen Interessenabwägung das Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung über seine Reisefähigkeit im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, das öffentliche Interesse an der sofortigen Abschiebung. Im Falle der gerichtlichen Aussetzung der Abschiebung wird der Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO entsprechend § 209 BGB gehemmt (vgl. z. B. VGH BW, U. v. 27.8.2014 - A 11 S 1285/14 - juris Rn. 36, 58; VG Würzburg, U. v. 31.3.2015 - W 1 K 14.30151 - juris; VG Frankfurt, U. v. 5.2.2015 - 5 K 567/14.F.A - juris), so dass die Überstellung auch zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich wäre. Dem gegenüber könnte der Antragsteller im Falle einer Abschiebung trotz Reiseunfähigkeit erhebliche gesundheitliche Schäden erleiden.

2.2 Dem Antragsteller steht auch der erforderliche Anordnungsgrund zur Seite, denn die Abschiebung stand im Zeitpunkt der Antragstellung unmittelbar bevor. Das Landratsamt W. - Ausländerbehörde - hatte dem Antragstellerbevollmächtigten mit Schreiben vom 15. Mai 2015 mitgeteilt, dass bereits der Rückflug des Antragstellers in Auftrag gegeben worden sei, und ihm eine Frist zur Mitteilung der Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise bis 18. Mai 2015, dem Tag der Antragstellung im vorliegenden Verfahren, gesetzt.

Da somit eine Vereitelung der Rechte des Antragstellers im Falle des Abwartens bis zur Entscheidung in der Hauptsache droht, war dem Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Tenor

I. Die Verfahren 10 CE 15.810 und 10 C 15.813 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten der Beschwerdeverfahren trägt der Antragsteller.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CE 15.810 wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

Über die Streitsachen 10 CE 15.810 und 10 C 15.813 wird nach ihrer Verbindung gemäß § 93 Satz 1 VwGO gemeinsam entschieden.

Die Beschwerden, mit denen der Antragsteller seine in erster Instanz erfolglosen Anträge nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Verpflichtung des Antragsgegners, von Abschiebungsmaßnahmen bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) über die Beachtlichkeit des Antrags (des Antragstellers) auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen, abzusehen (nachfolgend 1.), und auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren unter Beiordnung seines Rechtsanwalts (nachfolgend 2.) weiter verfolgt, sind zwar zulässig, aber unbegründet.

1. Die vom Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet, weil der vom Antragsteller gestellte Antrag unzulässig ist, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, von Abschiebungsmaßnahmen bis zur Entscheidung des Bundesamtes über die Beachtlichkeit des Antrags (des Antragstellers) auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen, abzusehen. Denn entgegen der Auffassung des Antragstellers und auch des Erstgerichts fehlt es dem Antragsteller insoweit am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil er sein Rechtsschutzziel nach der Systematik der hierfür maßgeblichen asylverfahrensrechtlichen Bestimmungen vorrangig und – auch im konkreten Fall – effektiv durch einen gegen die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträger des Bundesamtes gerichteten Antrag auf einstweilige Anordnung (§ 123 VwGO) zur (vorläufigen) Sicherung seines Begehrens bzw. Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (s. § 51 VwVfG) bezüglich des von ihm nunmehr geltend gemachten Abschiebungsverbots erreichen könnte. Sein wegen eines nachträglich aufgetretenen Abschiebungsverbots (und Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 AufenthG) gestellter Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Verpflichtung des Antragsgegners (als Rechtsträger der zuständigen Ausländerbehörde) zur vorläufigen Aussetzung der Vollziehung der bereits seit 19. November 2014 bestandskräftigen Abschiebungsanordnung (§ 34a AsylVfG) des Bundesamtes im Bescheid vom 30. Oktober 2014 ist daher letztlich unnötig und deshalb auch rechtsmissbräuchlich (zu diesem allgemeinen Verbot eines Rechtsmissbrauchs als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Inanspruchnahme des Gerichts vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Vor §§ 40-53 Rn. 11).

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat das Bundesamt beim Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 4 m.w. Rspr-nachweisen; vgl. auch OVG Saarl, B.v. 25.4.2014 – 2 B 215/14 – und OVG LSA, B.v. 3.9.2014 – 2 M 68/14 – jeweils juris; BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 11, wonach diese Rechtsprechung „von Verfassung wegen nicht zu beanstanden“ ist). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 4; BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 12).

Ist wie im Fall des Antragstellers die Abschiebungsanordnung, die ein belastender Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG ist, bereits unanfechtbar und damit bestandskräftig geworden und will der Betroffene eine nachträgliche Veränderung der Sachlage (oder Rechtslage) – hier ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot bzw. einen Duldungsgrund – geltend machen, muss er in unmittelbarer Anwendung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. VwVfG einen Antrag beim Bundesamt auf Wiederaufgreifen des Verfahrens stellen und im Hauptsacheverfahren gegebenenfalls im Wege der Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO eine Sachentscheidung erzwingen (vgl. Pietzsch in BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.1.2015, AsylVfG, § 34a Rn. 28; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand: November 2014, II - § 34a Rn. 65; Falkenbach in BeckOK VwVfG, Stand: 1.1.2015, § 51 Rn. 64 f.). Der dem systematisch entsprechende statthafte Antrag im einstweiligen Rechtsschutz ist dann aber der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, mit dem eine vorläufige Verhinderung der angeordneten Abschiebung erreicht werden soll, indem der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträgerin des Bundesamtes aufgegeben wird, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung und der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung abgeschoben werden darf (vgl. Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand: November 2014, II - § 34a Rn. 98 und II - § 71 Rn. 313 ff.; VG Düsseldorf, B.v. 17.2.2015 – 22 L 378/15.A – juris). Die Ausländerbehörde, die die Abschiebungsanordnung des Bundesamtes nach § 34a Abs. 1 AsylVfG durchführt, hat aus den oben dargelegten Gründen dagegen grundsätzlich keine eigene Entscheidungskompetenz bezüglich der vorläufigen Aussetzung der Vollziehung wegen eines nach-träglich geltend gemachten (zielstaatsbezogenen) Abschiebungsverbots (z.B. nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) oder Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 AufenthG, solange die (bestandskräftige) Abschiebungsanordnung nicht aufgehoben ist (so auch VG Düsseldorf a.a.O. Rn. 9 ff.).

Lediglich in extrem zugespitzten Ausnahmefällen, in denen auf dem dargelegten vorrangigen Rechtsschutzweg eine vorläufige Aussetzung der Abschiebung für den Betroffenen nicht mehr erreichbar ist, etwa weil die begehrte Mitteilung an die Ausländerbehörde, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung und der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung abgeschoben werden darf, offensichtlich zu spät kommen würde, mag es – wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist – aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) möglich sein, im Wege der einstweiligen Anordnung unmittelbar (auch) gegenüber der für den Vollzug der Abschiebungsanordnung zuständigen Ausländerbehörde eine vorläufige Aussetzung der Abschiebung zu erstreiten (vgl. Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand: November 2014, II - § 71 Rn. 317 f.). Entgegen der Auffassung des Antragstellers in seiner Stellungnahme vom 20. April 2015 und der vom Erstgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Meinung lag eine solche Ausnahmesituation jedoch in der Folge der dem Antragsteller mit Schreiben vom 3. März 2015 mitgeteilten und für den 26. März 2015 auf dem Luftweg vorgesehenen Abschiebung nach Italien nicht vor. Denn selbst am 19. März 2015, als der Antragsteller nach dem vorangegangenen (erfolglosen) Schriftverkehr mit dem Bundesamt und der Ausländerbehörde durch seinen Bevollmächtigten beim Bundesamt das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG beantragen, gleichzeitig aber beim Verwaltungsgericht den gegen die Ausländerbehörde gerichteten Antrag nach § 123 VwGO auf vorläufige Aussetzung der Abschiebung stellen ließ, wäre es ihm ohne weiteres möglich und auch zumutbar gewesen, um den – wie oben dargelegt – vorrangigen einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträger des Bundesamtes zur Sicherung seines Begehrens bzw. Anspruchs auf Wiederaufgreifen nachzusuchen. Eine entsprechende gerichtliche Eilentscheidung und Verpflichtung zur vorläufigen Verhinderung seiner für den 26. März 2015 vorgesehenen Abschiebung wäre in dem verbleibenden Zeitraum durchaus möglich gewesen. Dies gilt im Übrigen selbst dann, wenn, wie der Antragsteller behauptet, seitens des Bundesamtes bis heute keine Reaktion auf seinen Wiederaufgreifensantrag erfolgt sein sollte.

Auch im nunmehr maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Beschwerde ist weder glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) noch sonst ersichtlich, dass der Antragsteller allein mit seinem Antrag auf einstweilige Anordnung gegenüber dem Antragsgegner als Rechtsträger der für den Vollzug der Abschiebungsanordnung zuständigen Ausländerbehörde effektiv um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen könnte. Dabei kann dahinstehen, ob, wie im Zuleitungsschreiben des Verwaltungsgerichts vom 10. April 2015 ausgeführt, der Antragsteller nach Auskunft der Ausländerbehörde noch nicht abgeschoben worden ist, weil sein derzeitiger Aufenthaltsort unbekannt (und er möglicherweise untergetaucht) ist. Jedenfalls ist der für seine Abschiebung nach Italien vorgesehene Termin am 26. März 2013 längst abgelaufen und ein neuer konkreter Termin für seine Abschiebung vom Antragsteller weder geltend noch gar glaubhaft gemacht worden.

Ein (denkbarer) Ausnahmefall von der oben dargelegten Rechtsschutzsystematik beim Vollzug einer bestandskräftigen Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG war und ist daher im Fall des Antragstellers gerade nicht gegeben.

Ist somit der vom Antragsteller gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig, kommt es auf das materiell geltend gemachte Vorliegen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots oder Duldungsgrundes nicht mehr entscheidungserheblich an.

2. Da die vom Antragsteller mit seinem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den oben dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und deshalb die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren (Au 6 E 15.379) unter Beiordnung seines Rechtsanwalts (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind, bleibt auch die Beschwerde des Antragstellers gegen die die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für dieses Eilverfahren ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts (10 C 15.813) ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 CE 15.810 beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Einer Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 C 15.813 bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.