Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 30. Sept. 2015 - 10 L 1877/15
Gericht
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 3900/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wird hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.Die Antragstellerin trägt 2/3 und die Antragsgegnerin 1/3 der Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 4.470,00 € festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 3900/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wiederherzustellen sowie hinsichtlich des darin angedrohten unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung anzuordnen,
4ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist er unbegründet.
5Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Abwägung zwischen dem Aufschubinteresse der Antragstellerin und dem Vollziehungsinteresse der Antragsgegnerin geht teilweise zu Lasten der Antragstellerin und im Übrigen zu Lasten der Antragsgegnerin aus
6Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO entfaltet die Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch u.a. dann, wenn die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, die sofortige Vollziehung im öffentlichen oder überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Auf Antrag kann das Gericht die aufschiebende Wirkung wiederherstellen bzw. anordnen, sofern das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs nicht überwiegt. Bei der hiernach erforderlichen Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren mit zu berücksichtigen. Stellt sich heraus, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, spricht dies für ein vorrangiges Vollziehungsinteresse.
7Mit der angefochtenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wurde der Antragstellerin aufgegeben, die Nutzung des Ladenlokals im Erdgeschoss des Gebäudes L.-----straße °°° in E. als Wettbüro binnen einer Frist von drei Tagen nach Zustellung dieser Ordnungsverfügung zu unterlassen; zudem wurde der Antragstellerin das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung der vorgenannten Räumlichkeiten angedroht, wenn die Antragstellerin der Forderung der Nutzungsunterlassung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt.
8Die ebenfalls erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung, d.h. der Nutzungsuntersagungsverfügung vom 3. September 2015 - § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zureichend begründet. Die Antragsgegnerin hat insoweit in nicht zu beanstandender Weise die für den Sofortvollzug streitende Ordnungsfunktion des formellen Baurechts angeführt.
91.
10Vorliegend überwiegt im Hinblick auf die verfügte Nutzungsuntersagung das öffentliche Vollzugsinteresse. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage hat die Klage der Antragstellerin gegen die mit der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 verfügte Nutzungsunterlassung keine Aussicht auf Erfolg.
11Rechtsgrundlage für die Unterlassungsverfügung der Antragsgegnerin ist § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW. Nach § 61 Abs. 1 BauO NRW haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung, der Nutzungsänderung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Sie haben in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
12Die aufgrund dieser Ermächtigungsgrundlage erlassene Ordnungsverfügung ist nicht zu beanstanden.
13Da die Antragsgegnerin die angegriffene Ordnungsverfügung allein auf die formelle Illegalität der in Rede stehenden Nutzung gestützt hat, unterliegt hier auch nur diese der gerichtlichen Überprüfung.
14Die Nutzung der in Rede stehenden Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses L.-----straße °°° in E. als Wettbüro bzw. Wettannahmestelle ist formell illegal, da sie gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, nämlich gegen § 63 Abs. 1 BauO NRW, wonach u.a. auch eine Nutzungsänderung einer Baugenehmigung bedarf.
15Eine Nutzungsänderung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn sich die neue Nutzung von der bisherigen (legalen) dergestalt unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden Anforderungen bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Art unterworfen ist oder unterworfen werden kann, d. h. schon dann, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens nach den Bauvorschriften anders beurteilt werden kann. Denn was unter genehmigungsrechtlichen Gesichtspunkten eine Nutzungsänderung ist, muss unter Berücksichtigung des Charakters des Baugenehmigungsverfahrens als eines präventiven Prüfverfahrens ermittelt werden. Die Änderung der Zweckbestimmung einer baulichen Anlage muss bereits dann präventiv geprüft werden können, wenn die Möglichkeit besteht, dass eine andere Beurteilung nach den in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgen kann. Nicht erforderlich ist hingegen, dass eine andere Beurteilung auch tatsächlich erfolgt; eine derartige Erkenntnis kann Ergebnis der Prüfung, nicht aber ihre Voraussetzung sein.
16Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1997 – 11 A 7224/95 -, BauR 1997, 996 ff und Beschluss vom 13. November 1995 – 11 B 2161/95 -, BauR 1996, 375 ff.
17In planungsrechtlicher Hinsicht ist eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 BauGB dann anzunehmen, wenn sie bodenrechtliche Belange im Sinne des § 1 BauGB berührt. Von Bedeutung sind daher in der Regel solche Nutzungsänderungen, die die Funktion, die rechtliche Qualität der bisher zulässigen Nutzung, etwa ihre Zuordnung nach der Baunutzungsverordnung – BauNVO – ändern und damit in bodenrechtlicher Hinsicht die Genehmigungsfrage neu aufwerfen.
18Vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Auflage, § 29 Rdnr. 20.
19Eine Nutzungsänderung liegt daher jedenfalls dann vor, wenn der Bauherr von einer der in den §§ 2 ff. BauNVO bezeichneten Nutzungsarten zu einer anderen übergeht. Auch der Wechsel von einer der Unterarten der in den Baugebietsvorschriften der BauNVO unter einer Nummer zusammengefassten Nutzungsarten zu einer anderen erfüllt die Begriffsbestimmung einer Nutzungsänderung im Sinne des § 29 BauGB.
20Vgl. Halama im Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: August 2014, § 29 Rdnr. 11 mit Hinweisen auf die obergerichtliche Rechtsprechung.
21Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung wird auch dann überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird.
22Von einer Nutzungsänderung im oben genannten Sinne ist vorliegend auszugehen.
23Ausweislich der beigezogenen Hausakte betreffend das Gebäude L.-----straße °°° in E. war für die in Rede stehenden Räumlichkeiten zuletzt unter dem 5. Dezember 1980 eine Genehmigung für einen „Umbau und Nutzungsänderung eines Ladenlokals zu einer Lotto-Annahmestelle mit Tabakwaren und Zeitschriften“ erteilt worden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ausschließlich auf diese Genehmigung abzustellen ist und nicht auch auf Genehmigungen betreffend die Anbringung von Werbeanlagen.
24Die von der Antragstellerin aufgenommene Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes L.-----straße °°° als Wettbüro bzw. – wie von der Antragstellerin in der Antragsbegründung bezeichnet – als Wettannahmestelle liegt nicht mehr innerhalb der tatsächlichen Variationsbreite der vorgenannten genehmigten Nutzung. Die von der vorliegenden Genehmigung umfassten Nutzungsmöglichkeiten schließen die Nutzung als Wettbüro bzw. Wettannahmestelle in dem hier vorgesehenen Sinne nicht ein.
25Unter den Begriff „Wettbüro“ fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem – meist im europäischen Ausland ansässigen Wettunternehmen – Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten – insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen – Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. –ergebnisse live mit zu verfolgen. Dies alles unterscheidet das Wettbüro von einer bloßen Lotto-/Toto-Annahmestelle in einem Geschäftslokal.
26Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 – 2 A 1181/13 – und vom 10. Juli 2012 – 2 A 1969/11 -, m.w.N., jeweils juris.
27Der in den in Rede stehenden Räumlichkeiten tätige Wettanbieter „“ ist ein international tätiger Anbieter von Sportwetten mit Sitz in N. .
28Die Antragsgegnerin hat durch die – unmittelbar - vor Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung erfolgten Ortsbesichtigungen in noch ausreichender Weise Feststellungen dazu getroffen, welche Nutzungen in dem Ladenlokal im Erdgeschoss des Gebäudes L.-----straße °°° tatsächlich ausgeübt werden, wenn auch die Dokumentation der Ergebnisse der Ortsbesichtigungen dürftig ist.
29So befinden sich ausweislich der im Rahmen der Ortsbesichtigungen gefertigten Fotografien in den Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes L.-----straße °°° Sitzgelegenheiten (mindestens vier Tische und diverse Stühle), sieben Monitore und eine Theke, auf der sich ebenfalls zwei Monitore befinden. Weiter findet sich eine Fotografie, die die Eingangstür zu dem Wettbüro bzw. der Wettannahmestelle der Antragstellerin zeigt. Danach ist dieses Wettbüro – °°°° - von Montag bis Sonntag von 11.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet.
30Davon ausgehend zielt das Nutzungskonzept der Antragstellerin nicht bloß darauf ab, den Kunden die Möglichkeit zum schnellen Ausfüllen eines Tippzettels zu bieten, wie dies für eine reine Lotto-Toto-Annahmestelle in einem Kiosk oder Geschäftsladen kennzeichnend ist. Die Fotografien lassen in ihrer Gesamtschau den Schluss auf eine Nutzung als Wettbüro zu, da insbesondere durch die Anbringung der Bildschirme Gelegenheit geboten wird, die Wettangebote bzw. –ergebnisse live mit zu verfolgen und Sportwetten oder ähnliche Wetten abzuschließen. Dies folgt insbesondere daraus, dass sieben Monitore, bei denen es sich nach den Angaben der Antragstellerin um reine Quotenmonitore handele, vorhanden sind, unabhängig davon, ob sie über ein TV-Empfangsteil verfügen oder nicht; auch das Aufstellen der Tische bietet den Kunden den Anreiz, länger und gemeinsam in der Lokalität zu verweilen.
31Unerheblich ist in diesem Zusammenhang weiter, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung die Tische und Stühle mittlerweile entfernt worden sein sollen und es jetzt keine Sitzmöglichkeit mehr gebe. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer bauordnungsrechtlichen Unterlassungsverfügung ist regelmäßig – so auch hier – der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung, d.h. der 3. September 2015.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2015 – 7 B 726/15 -, juris.
33Zudem dürfte dieses Ladenlokal, dessen Nutzung als Wettbüro untersagt worden ist, über annähernd 55 m² verfügen. Für das Gericht ist nicht nachvollziehbar, vor allem unter Berücksichtigung von auch von der Antragstellerin angeführten finanziellen Aspekten, warum die Antragstellerin die von ihr benannte Wettannahmestelle in einem Ladenlokal mit der vorgenannten Größe betreibt. Auch dies ist für das Gericht ein Anhaltspunkt dafür, dass das Nutzungskonzept nicht allein darauf ausgerichtet ist, ausschließlich dem Kunden die Möglichkeit zum schnellen Ausfüllen eines Tippzettels zu geben.
34Soweit die Antragstellerin weiter in ihrer Antragsbegründung ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, bleibt insoweit allerdings offen, wie die jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ausgestaltet sind.
35Bei dieser Aufnahme der Nutzung als Wettbüro bzw. Wettannahmestelle handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Der Betrieb einer Annahmestelle für private Wetten ist insbesondere in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ein anderes Vorhaben als der ursprünglich genehmigte Betrieb einer Lotto-Annahmestelle mit (Verkauf von) Tabakwaren und Zeitschriften. Durch den Betrieb einer Annahmestelle für private Wetten wird sowohl hinsichtlich der gebietsbezogenen planungsrechtlichen Beurteilung im Allgemeinen als auch bezüglich der konkreten Ausgestaltung des Betriebs die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen. Das folgt bereits aus dem Problem der möglichen Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte. Aber auch wenn es sich bei dem Betrieb des Wettbüros in seiner konkreten Form nicht um eine Vergnügungsstätte handeln sollte, ist die Frage bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit durch die nunmehr konkret erfolgende Nutzung der Räumlichkeiten neu aufgeworfen. Durch das bei einem Wettbüro bzw. einer Annahmestelle für private Wetten geänderte Besucherverhalten können die in bauplanungsrechtlicher Hinsicht relevanten Belange des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB berührt werden, namentlich die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB) und möglicherweise auch die Fortentwicklung vorhandener Ortsteile (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB).
36Es ist ausweislich der von der Antragsgegnerin gefertigten Fotografie von der Eingangstür der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes L.-----straße °°° der Betrieb der Antragstellerin von Montag bis Sonntag von 11.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet. Die mit der bereits angeführten Genehmigung vom 5. Dezember 1980 genehmigten Öffnungszeiten waren demgegenüber Montag bis Freitag von 7.00 Uhr bis 18.30 Uhr und am Samstag von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr. Demzufolge ist davon auszugehen, dass das Wettbüro bzw. die Wettannahmestelle an allen Tagen in der Woche bis in die späten Abendstunden betrieben wird. Auch durch die sich hierdurch ändernden Emissionsverhältnisse und der damit einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden.
37In diesem Zusammenhang ist schließlich darauf hinzuweisen, dass die ursprüngliche Teilnutzung der Räumlichkeiten als Lotto-Annahmestelle – sollte sie, wie die Antragstellerin vorträgt, mit einer Annahmestelle für private Wetten vergleichbar sein – vorliegend zur Hauptnutzung gemacht wird. Auch aus diesem Grund kann die Genehmigungsfrage insbesondere in bauplanungsrechtlicher Hinsicht mit Blick auf den Kundenverkehr neu aufgeworfen werden.
38Ob mit dem Betrieb des Wettbüros der Antragstellerin tatsächlich eine Vergnügungsstätte im Sinne der Baunutzungsverordnung vorliegt, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagungsverfügung ohne Belang und kann in diesem Verfahren dahin stehen. Wie oben bereits ausgeführt, reicht für die Annahme einer Nutzungsänderung bereits die Möglichkeit, dass eine andere Beurteilung nach den in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgen kann.
39Die Antragsgegnerin kann die Nutzungsuntersagung ermessensfehlerfrei allein auf die formelle Illegalität des Vorhabens der Antragstellerin stützen. In aller Regel und so auch hier begründet allein die formelle Illegalität der fraglichen Nutzung ein erhebliches öffentliches Interesse an deren sofortiger Untersagung. Andernfalls würde nämlich der Vorteil, nicht zugelassene Nutzungen bis zum Eintritt der Bestandskraft einer sie untersagenden Ordnungsverfügung wegen der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klage aufnehmen und fortführen zu können, einen erheblichen Anreiz bieten, dies auch tatsächlich zu tun. Auf diese Weise würde nicht nur die Ordnungsfunktion des Bauaufsichtsrechts entwertet, sondern auch der gesetzestreue Bauherr, der die Aufnahme einer genehmigungspflichtigen aber bislang nicht genehmigten baulichen Nutzung nur auf der Grundlage einer vollziehbaren Baugenehmigung verwirklicht, gegenüber dem bewusst oder unbewusst rechtswidrig Handelnden in bedenklicher Weise bevorzugt.
40Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2007 – 7 E 664/07 –,m.w.N., juris.
41Eine Nutzungsuntersagung stellt sich abweichend davon nur dann als unverhältnismäßig dar, wenn der erforderliche Bauantrag gestellt und auch nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig ist und der Erteilung der Baugenehmigung auch sonst keine Hindernisse entgegenstehen. Auf die Frage, ob das Vorhaben tatsächlich genehmigungsfähig ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
42Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 – 2 A 1181/13 -, vom 11. Juli 2011 – 7 B 634/11 – und vom 12. Juli 2007 – 7 E 664/07 –, jeweils juris.
43An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Zwar wurden für das Ladenlokal im Erdgeschoss des Gebäudes L.-----straße °°° Anträge auf Erteilung eines Bauvorbescheides bzw. einer Baugenehmigung gestellt. Die Antragsgegnerin hat jedoch den Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides für eine Nutzungsänderung in ein Wettbüro mit Bescheid vom 29. September 2014 abgelehnt. Das diesbezügliche Verwaltungsstreitverfahren (10 K 4495/14) ist vor der beschließenden Kammer anhängig. Die Antragsgegnerin hat zudem einen weiteren auf das o.g. Ladenlokal bezogenen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung eines Ladenlokals in eine Wettannahmestelle, der nicht mit dem vorgenannten Antrag betreffend die Erteilung eines Bauvorbescheides identisch ist, mit Bescheid vom 30. Oktober 2014 zurückgewiesen. Die auch hiergegen erhobene Klage ist vor der beschließenden Kammer (10 K 5107/14) ebenfalls anhängig. Mit den vorgenannten ablehnenden Bescheiden hat die Antragsgegnerin jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass sie die beantragten Nutzungen jeweils für – planungsrechtlich – nicht genehmigungsfähig hält. Die Antragsgegnerin ist nicht gehalten, die Rechtskraft ihres Versagungs- bzw. Zurückweisungsbescheides abzuwarten. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die den durchgeführten Genehmigungsverfahren zugrundeliegenden geplanten Nutzungen mit der von der Antragsgegnerin mit der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung untersagten Nutzung identisch sind; ein Bauantrag, der die hier untersagte Nutzung umfasst, ist damit nicht gestellt.
44Der Erlass der sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung begegnet auch sonst keinen Bedenken. Insbesondere wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt (§ 15 OBG). Der Antragsgegnerin stand an Stelle der Nutzungsuntersagung kein Mittel zur Verfügung, das in gleicher Weise geeignet wäre, den rechtwidrigen Zustand in dem Ladenlokal im Erdgeschoss des Gebäudes L.-----straße °°° in E. zu beenden.
45Die Antragstellerin betreibt ausweislich der Gewerbeanmeldung die streitigen Räumlichkeiten und ist damit gemäß § 17 Abs. 1 OBG als Verhaltensstörerin ordnungspflichtig.
46Die Fristsetzung zur Nutzungsaufgabe – drei Tage nach Zustellung der Ordnungsverfügung – ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Nutzungsaufgabe technisch unproblematisch allein durch das Abschalten der Wettannahmen für die Sportwetten durchzuführen ist.
472.
48Hinsichtlich des in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung vom 3. September 2015 weiter angedrohten unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung überwiegt hingegen das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Insofern erweist sich im Rahmen der summarischen Prüfung die Ordnungsverfügung als voraussichtlich rechtswidrig.
49Die Ermächtigungsgrundlage für die Androhung unmittelbaren Zwangs ergibt sich aus §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 3, 62, 63 Abs. 1 VwVG NRW.
50Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW kann die Vollzugsbehörde unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Nach § 58 Abs. 3 Satz 1 VwVG NRW darf unmittelbarer Zwang nur angewendet werden, wenn andere Zwangsmittel nicht zum Ziele führen oder untunlich sind.
51Gemessen daran ist die Androhung der Versiegelung unverhältnismäßig, da die Antragsgegnerin die Möglichkeit des Zwangsmittels Zwangsgeld nicht angewandt und ausgeschöpft hat. Diese hat vor der Androhung der Versiegelung von der Möglichkeit der Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes keinen Gebrauch gemacht. Zwar ist es grundsätzlich nicht auszuschließen, dass im Einzelfall auch direkt der unmittelbare Zwang angedroht werden kann. Aufgrund des Charakters des unmittelbaren Zwangs als ultima ratio hätte es jedoch einer weitergehenden Begründung dafür bedurft, warum im vorliegenden Einzelfall eine (auch hohe) Zwangsgeldandrohung nicht den gleichen Nachdruck hätte vermitteln können wie die Androhung der Versiegelung. In der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung wird insoweit lediglich ausgeführt, dass die in der jüngsten Vergangenheit durchgeführten bzw. bestehenden Verfahren betreffend einer baurechtlich illegalen Wettbüronutzung gezeigt hätten, dass das Zwangsmittel Zwangsgeld als Beugemittel nicht tauglich sei. Die Antragsgegnerin führt in ihrer Antragserwiderung weiter hierzu aus, dass kein Fall bekannt sei, in dem bei einem Wettbüro die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern zur Einstellung des Betriebes des Wettbüros geführt hätten; die Höhe des Zwangsgeldes scheine dabei keine Rolle zu spielen. Erst die Versiegelung führe zum gewünschten Erfolg. Die mit Wettbüros zu erzielenden Einnahmen seien enorm; es sei lukrativ, ein Wettbüro ohne Baugenehmigung und trotz Ordnungsverfügung zu betreiben.
52Diese Ausführungen können die Voraussetzungen für die hier erfolgte Androhung des unmittelbaren Zwangs nicht darlegen. Mangels konkreter, auf den Fall bezogener Anhaltspunkte für die befürchtete Wirkungslosigkeit der Androhung, Festsetzung und Beitreibung von Zwangsgeldern sind die Einwände der Antragsgegnerin spekulativ. In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass gemäß § 60 Abs. 1 VwVG NRW ein Zwangsgeld in einer Höhe von bis zu 100.000 € angedroht und festgesetzt werden kann. Aus den in der Vergangenheit bei der beschließenden Kammer anhängigen vergleichbaren Verfahren, die sich auch gegen die Antragsgegnerin richteten, wurde diese Möglichkeit bei weitem nicht ausgenutzt.
53Allerdings ist die Androhung bzw. Festsetzung von Zwangsgeldern zur Durchsetzung einer baurechtlichen Nutzungsuntersagung im Bereich der – illegalen – Sportwetten regelmäßig dann kein erfolgversprechendes Mittel, wenn durch einen häufigen Wechsel der Betreiber der Versuch unternommen wird, den Vollzug der Ordnungsverfügung zu unterlaufen.
54Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2012 – 10 B 459/12 -, m.w.N.
55Anhaltspunkte hierfür liegen jedoch nicht vor. Zwar führt die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung aus, der Bauantrag zum Betrieb eines Wettbüros in den in Rede stehenden Räumlichkeiten sei von einer Einzelperson gestellt worden; erst nach Recherchen habe ermittelt werden können, wer für die Eröffnung des Wettbüros verantwortlich gewesen sei. Der Betrieb sei vor einer Gewerbeanmeldung aufgenommen worden. Davon ausgehend kann jedoch nicht angenommen werden, dass vorliegend durch einen häufigen Betreiberwechsel zum Zwecke der Weiterführung des illegalen Betriebes der Vollzug der Ordnungsverfügung unterlaufen werden sollte, so dass die Androhung des unmittelbaren Zwangs gerechtfertigt wäre. Allein die Tatsache, dass die Bauanträge durch eine Einzelperson gestellt wurden und die untersagte Nutzung des Wettbüros durch die davon zu unterscheidende Antragstellerin erfolgte, ist kein Anhaltspunkt dafür, dass der Vollzug der Ordnungsverfügung unterlaufen werden sollte.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und trägt der anzunehmenden Bedeutung der Sache aus Sicht der Antragstellerin Rechnung. Dabei orientiert sich das Gericht an Ziffer 10.) a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (BauR 2003, 1883) und geht von einem Jahresmietwert entsprechend den Angaben der Antragstellerin in der Antragsbegründung in Höhe von 8.940,- € (monatliche Nettomiete in Höhe von 745,- €) aus. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der in diesem Verfahren angestrebten Entscheidung war der sich ergebende Betrag zu halbieren.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.
(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.
(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.