Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Der Bescheid des Wasserwirtschaftsamts Hof vom 12. März 2012 Az. Z3-4446.2/23 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Wasserwirtschaftsamts Hof, mit dem sie zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 69.338,77 Euro verpflichtet wird.

1. Die Klägerin hat - auf der Basis des geprüften Planungsentwurfs vom 14. August 1984 - ihre Abwasseranlage errichtet; die Arbeiten im Rahmen des 23. Bauabschnittes (BA 23) wurden im Jahr 1996 abgeschlossen. Auf Antrag vom 24. Februar 1993 hin (Bl. 108 der Beiakte I) stellte das Wasserwirtschaftsamt Bayreuth der Klägerin für den BA 23 Zuwendungen in Höhe von bis zu 1.379.000 DM in Aussicht (Bescheid vom 10.5.1993, Bl. 113 der Beiakte I); die Bewilligungen erfolgten gemäß dem Baufortschritt (Bescheide vom 2.8.1993, vom 3.10.1994, vom 13.3.1995 und vom 11.11.1996). Mit Schlussbescheid vom 7. Oktober 1996 setzte das Wasserwirtschaftsamt die Zuweisung auf 1.229.000 DM fest (Bl. 131 der Beiakte I). Nach Beanstandungen des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts vom 5. Mai 1998 (Bl. 158 ff. der Beiakte II) in Bezug auf die Anwendung der Ortsteilregelung, die Nichtberücksichtigung von Zweitwohnungen und die fehlerhafte Berücksichtigung der 10.000-Einwohner-Grenze setzte das Wasserwirtschaftsamt die Zuweisungen auf 658.000 DM fest und forderte Zuwendungen in Höhe von 571.000 DM zurück; man sehe, weil die Klägerin die Umstände, die zur Rückforderung geführt hätten, nicht zu vertreten habe, von der Geltendmachung des Zinsanspruchs ab, wenn die Rückzahlung bis zum 14. Juli 2000 erfolge (Bescheid vom 10.5.2000, Bl. 406 f. der Beiakte II). Dem hiergegen erhobenen Widerspruch (Schreiben der Klägerin vom 19.5.2000, Bl. 420 der Beiakte II) gab die Regierung von Oberfranken mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 teilweise statt und setzte die Zuweisung auf 845.000 DM fest (Bl. 507 ff. der Beiakte II); mit Bescheid vom 10. Juli 2009 ergänzte sie die Nr. 1 des Tenors wie folgt: „Eine gegebenenfalls erforderliche Zinsfestsetzung erfolgt durch das Wasserwirtschaftsamt in einem gesonderten Bescheid“ (Bl. 515 der Beiakte II). Nachfolgend bewilligte das nunmehr zuständige Wasserwirtschaftsamt Hof eine Zuweisung von 187.000 DM (Bescheid vom 8.12.2009, Bl. 544 der Beiakte II).

2. Im Hinblick auf die streitgegenständliche Zinsforderung hatte die Klägerin das Wasserwirtschaftsamt schon unter dem 18. April 2000 gebeten, von der Verzinsung gemäß Art. 49a Abs. 3 Satz 2 des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) abzusehen, weil sie die Rückforderungen nicht zu vertreten habe (Bl. 404 f. der Beiakte II). Mit Schreiben vom 10. Mai 2000 teilte die Regierung von Oberfranken dem Wasserwirtschaftsamt u. a. mit, nicht die Klägerin, sondern die Zuwendungsbehörden hätten die die Rückforderung auslösenden Faktoren zu verantworten; ein Zinserlass sei vertretbar (Bl. 414 f. der Beiakte II). Demgegenüber vertrat das Staatliche Rechnungsprüfungsamt die Auffassung, ein Zinsverzicht sei derzeit nicht möglich, weil die fristgerechte Rückzahlung nicht absehbar sei. Auch wenn die Klägerin die fehlerhaften Angaben bei der Antragsprüfung nicht erkannt habe, seien die Rückforderungsgründe auf ihre Angaben zurückzuführen (Bl. 421 ff. der Beiakte II).

In einer Besprechung am 20. Juni 2000 erörterten Vertreter des Wasserwirtschaftsamts, des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts und der Regierung von Oberfranken die weitere Sachbehandlung auch im Hinblick auf einen Zinserlass. Dem Vermerk ist u. a. zu entnehmen, das Wasserwirtschaftsamt solle die Klägerin auf die Notwendigkeit einer fristgerechten Zahlung für einen Zinsverzicht hinweisen (vgl. Aktenvermerk der Regierung von Oberfranken, Bl. 427 f. der Beiakte II). Auf dem Vermerk ist die handschriftliche Notiz angebracht: „wurde bereits telefon. erledigt (Anruf bei Herrn ...) s. auch unser Schr. v. 30.6.2000 an Stadt WUN.“

Nachdem das Wasserwirtschaftsamt die Klägerin darauf hingewiesen hatte, dass die Rückzahlung ungeachtet der Widersprüche bis zum 14. Juli 2000 zu erfolgen habe (Schreiben vom 30.6.2000, Bl. 437 der Beiakte II), beantragte die Klägerin mit einem unbeantwortet gebliebenen Schreiben vom 14. Juli 2000 Fristverlängerung bis zum 15. August (Bl. 446 der Beiakte II). Zudem beantragte sie mit Schreiben vom 8. August 2000 unter Hinweis auf die Haushaltslage die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids gemäß § 80 Abs. 4 VwGO (Bl. 447 der Beiakte II). Am 16. August 2000 wies das Wasserwirtschaftsamt die Klägerin darauf hin, dass die Widersprüche aufschiebende Wirkung hätten; eine Aussetzung der sofortigen Vollziehung sei nicht notwendig (Bl. 451 der Beiakte II).

Unter dem 8. Januar 2001 teilte die Klägerin dem Wasserwirtschaftsamt mit, dass man den Betrag von 571.000 DM überwiesen habe. Eine frühere Überweisung sei nicht möglich gewesen, weil die Mittel nicht im Haushalt bereit gestanden hätten (Bl. 460 der Beiakte II).

In den Folgejahren fanden in der Angelegenheit u. a. Besprechungen bei der Regierung von Oberfranken (am 10.6.2003, Bl. 465 f. der Beiakte II, und am 14.9.2009, Bl. 534 ff. der Beiakte II) und umfangreicher behördlicher Schriftverkehr statt. Nachdem das Wasserwirtschaftsamt Hof unter dem 5. Juli 2011 die Grundlagen der beabsichtigten Zinsberechnung mitgeteilt hatte (Bl. 589 ff. der Beiakte II), erklärte das Staatliche Rechnungsprüfungsamt mit Schreiben vom 22. Juli 2011, dass man die Berechnungen zur Kenntnis genommen habe. Man erhebe gegen die fiktive Festsetzung des Verzinsungszeitraums bis 31. Januar 2001 keine Einwendungen und bitte um Mitteilung des Zahlungseingangs. Danach seien die Prüfungsmitteilungen erledigt (Bl. 607 der Beiakte II). Auf das Schreiben des Wasserwirtschaftsamts Hof vom 9. November 2011 (Bl. 609 ff. der Beiakte II) hin, man beabsichtige Zinsen in Höhe von 136.817,31 Euro zu erheben, teilte die Klägerin mit, dass sie den Zinsanspruch nicht anerkenne (Schreiben vom 5.12.2011, Bl. 620 ff. der Beiakte II).

Mit Bescheid vom 12. März 2012 setzte das Wasserwirtschaftsamt Hof gegenüber der Klägerin für den BA 23 Zinsen in Höhe von 69.338,77 Euro fest. Die Zinsforderung stütze sich auf Art. 49a Abs. 3 Satz 1 und Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Der in dem Bescheid vom 10. Mai 2000 avisierte Zinsverzicht sei an die Bedingung einer fristgerechten Rückzahlung (14.7.2000) gebunden gewesen. Der Hinweis, es seien im Haushalt keine Mittel für die Rückforderung eingeplant gewesen, begründe nicht das Vorliegen einer unbilligen Härte. Eine Verzinsung von Zuweisungen zugunsten der Klägerin entspreche nicht den Zuwendungsrichtlinien. Die Rückforderung habe den damaligen Rechtsgrundlagen und der üblichen Praxis entsprochen. Erst durch Landtagsbeschlüsse vom 12. März 2003 bzw. 17. März 2005 sei die Berücksichtigung der Nebenwohnsitze bei Ermittlung des Fördersatzes neu geregelt worden. Das Kriterium der Ortsteilbetrachtung sei mit Ministerialschreiben vom 24. Oktober 2006 in Absprache mit dem Obersten Rechnungshof neu definiert worden und habe erst dann zugunsten der Klägerin ausgelegt werden können. Den Rückzahlungstermin habe man längerfristig festgesetzt; eine stillschweigende Fristverlängerung liege nicht vor. Der Hinweis der Klägerin, eine fristgerechte Zahlung sei aufgrund der Haushaltslage nicht möglich gewesen, gehe fehl. Man habe die Klägerin immer in den Stand der Prüfung eingebunden. Außergewöhnliche Gründe, die einen Verzicht auf die Forderung von Zinsen möglich erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich; zudem sei die Rückzahlung nicht fristgerecht erfolgt. Die Zinsberechnung sei der beiliegenden Aufstellung zu entnehmen.

Mit sieben weiteren Bescheiden vom selben Tag setzte die Behörde Zinsen für weitere Bauabschnitte der Abwasseranlage der Klägerin fest. Die Zinsforderungen des Beklagten belaufen sich auf insgesamt 136.817,31 Euro.

3. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. März 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 2. April 2012, erhob die Klägerin Klage und beantragte,

den Bescheid des Beklagten vom 12. März 2012 aufzuheben.

Zur Begründung ließ die Klägerin mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29. November 2012 und vom 9. Januar 2015 vortragen, der Bescheid vom 12. März 2012 sei rechtswidrig. Das Zuwendungsverfahren werde nicht substantiiert dargestellt; die geltend gemachte Zinsforderung sei daher nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe gegen den Bescheid vom 10. Mai 2000 Widerspruch erhoben und eine Verlängerung der Rückzahlungsfristen beantragt. Eine Bescheidung dieser Anträge sei nicht erfolgt. Die Klägerin sei daher von einer konkludent erklärten Aussetzung des Rückforderungsanspruchs ausgegangen, weil in der Folgezeit keine Mahnung erfolgt sei und weil sie von der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs ausgegangen sei. Zugleich habe man die Rückforderung umgehend in den Haushalt des Folgejahres eingestellt und den Rückforderungsbetrag am 11. Januar 2001 überwiesen. Die Regierung von Oberfranken habe über den Widerspruch erst mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 entschieden. Der Widerspruchsbescheid enthalte keine Aussage über den Antrag auf Zahlungsaufschub; das Schweigen und die überlange Verfahrensdauer könnten nicht der Klägerin zur Last fallen. Die Zinsforderung lasse unberücksichtigt, dass das Wasserwirtschaftsamt Hof mit Bescheid vom 8. Dezember 2009 eine Zuwendung von 187.000 DM bewilligt habe. Für die neun Jahre dauernde Überzahlung habe der Beklagte der Klägerin eine nach Treu und Glauben gebotene Stornierung der Zinsen verweigert, während er von der Klägerin Zinsen verlange. Darüber hinaus hätten die Klägerin und das Wasserwirtschaftsamt am 4./5. Juni 2009 einen die Zinsfragen regelnden öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen: Die Klägerin habe u. a. die Bereitschaft erklärt, anstehende Zinsforderungen für die BA 17, BA 18, BA 20 unverzüglich zu entrichten. Ferner hätte der Beklagte sowohl den neunjährigen Zinsverlust der Klägerin aus der nachträglich wieder gewährten Zuwendung (187.000 DM), als auch die nicht von ihr zu vertretende Dauer des Widerspruchsverfahrens anerkannt. Dieser Vertrag stehe der Zinsforderung entgegen. Zudem habe der Beklagte das Ermessen im Hinblick auf einen Zinsverzicht nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Der Beklagte hätte erkennen müssen, dass sein Ermessen durch die öffentlich-rechtliche Vereinbarung vorbestimmt sei. Zum anderen habe er verkannt, dass der Klägerin aus dieser Vereinbarung nach Treu und Glauben ein schutzwürdiges Vertrauen erwachsen sei. Ferner zeige die Erstattung des Beklagten an die Klägerin im Jahr 2009, dass die Klägerin mit ihrer insoweit überhöhten Zuwendungsrückzahlung von 2001 keinen Vermögensvorteil erzielt habe, der mit Verzinsung abzuschöpfen gewesen wäre. Wegen der gravierenden Ermessensfehler scheide eine nachträgliche Ermessensergänzung aus.

Mit weiteren Schriftsätzen erhob die Klägerin Klagen gegen die Festsetzung von Zinsen betreffend die Rückforderung von Zuwendungen für den BA 14 (B 5 K 12.244), BA 17 (B 5 K 12.295), BA 18 (B 5 K 12.296), BA 20 (B 5 K 12.297), BA 21 (B 5 K 12.294), BA 22 (B 5 K 12.298) und BA 24 (B 5 K 12.300). Diese Verfahren sind ruhend gestellt.

Mit Schriftsatz der Regierung von Oberfranken vom 17. November 2014 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der bestandskräftige Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 die endgültige Zuwendung für den BA 23 auf 845.000 DM (432.041,64 Euro) festgesetzt habe. Daraus ergebe sich eine von der Klägerin zu vertretende Überzahlung von 384.000 DM (196.336,08 Euro). Man habe die Klägerin vor Erlass des Bescheids angehört, auf die für die Zinsforderung zugrunde liegenden Bescheide hingewiesen und eine Berechnung des Zinsanspruches aufgezeigt. Der angefochtene Bescheid enthalte Verweise auf die beigefügte „Aufstellung zur Zinsberechnung". Für den BA 23 habe der Beklagte die gegenüber der Klägerin bestehenden Erstattungsansprüche bestandskräftig festgestellt; gemäß Nr. 8.4 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) sei der Erstattungsanspruch nach Maßgabe des Art. 49 Abs. 3 BayVwVfG zu verzinsen. Die Klägerin habe den Rückforderungsbetrag nicht fristgerecht erstattet; ein Absehen von der Geltendmachung des Zinsanspruchs scheide somit aus. Die vom Wasserwirtschaftsamt im Bescheid vom 10. Mai 2000 festgesetzte Rückzahlungsfrist (14.7.2000) sei länger als üblich bemessen gewesen. Man habe Klägerin fortlaufend über die Einwände der Rechnungsprüfung informiert; sie sei damit nicht unvorbereitet konfrontiert worden. Das Wasserwirtschaftsamt habe die Klägerin telefonisch auf die Notwendigkeit einer fristgerechten Zahlung als Voraussetzung für einen Zinsverzicht hingewiesen und diesen Hinweis am 30. Juni 2000 schriftlich wiederholt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum man das Fristverlängerungsgesuch vom 14. Juli 2000 nicht beantwortet habe. Man gehe zugunsten der Klägerin von einer stillschweigenden Zustimmung zur Fristverlängerung aus. Das Bestehen einer Übereinkunft über einen weitergehenden Zinsverzicht könne man nicht nachvollziehen.

4. In der mündlichen Verhandlung erhob das Gericht aufgrund des Beschlusses vom 3. Februar 2015 Beweis durch Einvernahme des Zeugen ... (Wasserwirtschaftsamt Hof). Die Beteiligten nahmen auf ihre schriftsätzlich gestellten Anträge Bezug. Wegen des weiteren Verlaufs der mündlichen Verhandlung und der Aussage des Zeugen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid des Wasserwirtschaftsamts Hof vom 12. März 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der Bescheid unterliegt zwar in formeller Hinsicht keinen durchgreifenden Zweifeln. Der Einwand der Klägerin, der angefochtene Bescheid verstoße gegen Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG, weil es an einer genauen Darstellung des gesamten Zuwendungsverfahrens und damit an einer Substantiierung der geltend gemachten Zinsforderung fehle (S. 2 der Klagebegründung vom 29.11.2012), führt zu keiner anderen Einschätzung. Denn die Anforderungen an die formelle Begründungspflicht sind schon dann erfüllt, wenn die Begründung des Verwaltungsakts die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe enthält, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 39 Rn. 2). Das ist hier ohne jeden Zweifel der Fall. Der Beklagte hat in dem Bescheid neben den einschlägigen Rechtsgrundlagen auch die für die Entscheidung über die Zinsfestsetzung bzw. über einen Zinsverzicht maßgeblichen Erwägungen hinreichend substantiiert dargelegt.

Darüber hinaus liegt auch kein Verstoß gegen das Bestimmheitsgebot (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) vor. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Entscheidungsinhalt eines Verwaltungsakts für den Adressaten aus sich heraus verständlich sein muss (BVerwG, U.v. 15.2.1990 - 4 C 41/87 - BVerwGE 84, 335/338). Dabei genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts einschließlich seiner Begründung sowie aus den den Beteiligten bekannten Umständen seines Erlasses hinreichend Klarheit gewonnen werden kann (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 37 Rn. 12). Gemessen daran hat die Kammer keine Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bescheids. Denn zutreffend weist der Beklagte darauf hin (S. 1 f. der Klageerwiderung vom 17.11.2014), dass man die Klägerin bereits im Anhörungsverfahren (Schreiben vom 9.11.2011, Bl. 609 der Beiakte II) detailliert über die Zinsberechnung informiert habe und dass dem streitgegenständlichen Bescheid eine „Aufstellung zur Zinsberechnung“ beigefügt gewesen sei, die inhaltlich nicht von dem Anhörungsschreiben abgewichen sei. Eine solche Bezugnahme auf das dem Erlass des Verwaltungsakts vorangegangene behördliche Anhörungsschreiben bzw. die dem Verwaltungsakt beigefügten Anlagen, die vor allem im Hinblick auf die Berechnung der Zinsforderung ihrerseits - was von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen wird - hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei sind, genügt mithin zweifelsfrei den Anforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

b) Der Bescheid vom 12. März 2012 ist jedoch materiell rechtswidrig.

aa) Zwischen den Beteiligten ist zwar unstreitig, dass die Grundvoraussetzungen des Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids über die Festsetzung von Zinsen vorlagen und dass danach der von der Klägerin zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit sechs v. H. jährlich zu verzinsen war.

Dieser Zinsanspruch ist auch nicht gemäß Art. 71 Abs. 1 AGBGB verjährt. Nach dieser Regelung verjähren die auf eine Geldzahlung gerichteten öffentlich-rechtlichen Ansprüche des Freistaates Bayern in drei Jahren mit dem Schluss des Jahres, in dem der Berechtigte von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder haben müsste. Hier hat der Beklagte über den Anspruch der Klägerin auf Zuwendungen für den BA 23 - und über das Vorliegen der Rücknahmevoraussetzungen gem. Art. 48 BayVwVfG - erst mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 bzw. mit Bewilligungsbescheid vom 8. Dezember 2009 endgültig entschieden und die Zinsforderung bereits mit Bescheid vom 12. März 2012 geltend gemacht.

Darüber hinaus ist der Zinsanspruch entgegen dem Vortrag der Klägerseite, die Beteiligten hätten sich am 4./5. Juni 2009 dahingehend geeinigt, dass der Beklagte auf weitere Zinsforderungen gegenüber der Klägerin verzichte (S. 4 f. der Klagebegründung vom 29.11.2012), auch nicht durch den Abschluss eines diesem Zinsanspruch entgegenstehenden öffentlich-rechtlichen Vertrags weggefallen. Nach Auswertung der Behördenakten und nach der Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer nicht zu der erforderlichen Überzeugungsgewissheit gelangt, dass zwischen den Beteiligten ein solcher rechtswirksamer öffentlich-rechtlicher Vertrag, der gemäß Art. 57 BayVwVfG zwingend schriftlich hätte geschlossen werden müssen (vgl. nur: Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 49a Rn. 12, 22 f.: „Schriftform als Mindestform“), besteht.

In den Behördenakten findet sich kein Vertrag mit dem vorgenannten Inhalt. Auch von der Klägerseite wurde kein entsprechender Vertrag vorgelegt. Ferner spricht die Würdigung der in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem angeblich am 4./5. Juni 2009 erfolgten Vertragsschluss in den Akten dokumentierten Besprechungen und Schreiben gegen das Vorliegen eines solchen Vertrages. Weder in der Niederschrift über die am 7. Juli 2009 - unter Beteiligung der Klägerseite - bei der Regierung von Oberfranken durchgeführte Besprechung (Bl. 483 der Beiakte II), noch dem Aktenvermerk des Wasserwirtschaftsamts Hof über eine am 14. September 2009 bei der Regierung behördenintern durchgeführte Besprechung („wegen Zinsforderungen bei Zuwendungsrückforderungen“) lassen sich auch nur ansatzweise Hinweise auf das Bestehen eines mit dem Wasserwirtschaftsamt Hof geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrags vom 4./5. Juni 2009 entnehmen.

Darüber hinaus hat der Stadtkämmerer der Klägerin, Herr ..., in der mündlichen Verhandlung zwar ausgeführt, man habe nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 25. Mai 2009 Gespräche mit den zuständigen Behörden geführt und dabei auch klargemacht, dass man mit einem Verzicht auf Klageerhebung keinesfalls den Zinsanspruch anerkennen wollte (S. 3 der Sitzungsniederschrift). Mit dem Zeugen ... (Wasserwirtschaftsamt Hof) habe man im Juli 2009 auch die weitere Linie hinsichtlich der Zinsforderungen besprochen; der Zeuge habe aber „darauf aufmerksam gemacht, dass es sich hierbei um seine persönliche rechtliche Einschätzung handelt und dass er nicht wisse, ob diese Einschätzung von Frau K., der zuständigen Sachbearbeiterin beim Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Bayreuth, geteilt werde“ (S. 3 der Sitzungsniederschrift). In Übereinstimmung hiermit hat der Zeuge ... im Rahmen seiner Zeugenbefragung glaubhaft und widerspruchsfrei ausgeführt, sich nicht daran erinnern zu können, „der Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt Versprechungen über einen Zinsverzicht gemacht zu haben“ (S. 6 der Sitzungsniederschrift).

bb) Der streitgegenständliche Bescheid ist jedoch ermessensfehlerhaft. Denn der Beklagte hätte im Rahmen der Prüfung des Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG sein Ermessen ausüben und prüfen müssen, ob nicht ein besonderer Ausnahmefall im Sinne der Vorschrift vorliegt, der dazu führen könnte, dass von dem Erlass eines Zinsbescheides abzusehen wäre. Bei dieser Einschätzung stützt sich das Gericht auf folgende Erwägungen:

Nach Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG kann von der Geltendmachung des Zinsanspruchs insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. In diesem Zusammenhang ist zunächst grundsätzlich zu berücksichtigen, dass es sich bei der vorgenannten Regelung - wie sich aus dem Gesetzeswortlaut („von einer Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden,…“) hinreichend deutlich ergibt - nicht um eine abschließende Regelung handelt. Es können vielmehr auch andere, nicht geschriebene Gründe Anlass geben, von der Geltendmachung des Zinsanspruchs abzusehen (BT-Drs 13/1534 Begr. S. 7; vgl. auch: Baumeister, NVwZ 1997, 19/25; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 49a Rn. 79; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 49a Rn. 23). Daraus folgt zwingend, dass selbst dann, wenn keine der in der Norm für einen Zinsverzicht ausdrücklich aufgeführten Bedingungen erfüllt sind (fehlendes Vertretenmüssen bzgl. des jeweiligen Erstattungstatbestandes und die fristgerechte Leistung des Erstattungsbetrags), die Anwendung des Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG nicht ausgeschlossen ist, wenn überzeugende andere Gründe vorliegen. Vielmehr besteht gerade auch bei Nichtvorliegen des Regelbeispiels ein subjektives Recht des Erstattungsschuldners auf fehlerfreie Ermessensausübung (OVG LSA, U.v. 29.11.2011 - 1 L 96/10 - juris Rn. 47; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 49a Rn. 80). In diesem Rahmen hat der Beklagte alle Umstände des Einzelfalls in die Ermessenserwägungen einzustellen und angemessen zu gewichten (OVG RhPf, U.v. 11.2.2011 - 2 A 10895/10 - juris Rn. 50). Das gilt insbesondere auch für Verfahrensverzögerungen, die aus der Sphäre der Beklagtenseite stammen (BVerwG, U.v. 19.11.2009 - 3 C 7/09 - BVerwGE 135, 238/246 f.; OVG LSA, U.v. 29.11.2011 - 1 L 96/10 - juris Rn. 47).

Gemessen daran erweist sich der streitgegenständliche Bescheid bereits deshalb als ermessensfehlerhaft, weil sich die Behörde, hier das Wasserwirtschaftsamt Hof, zu Unrecht an eine tatsächlich nicht bestehende Beschränkung seines Ermessensspielraums gebunden erachtet hat (sog. Ermessensnichtgebrauch; vgl. nur: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 40 Rn. 59). So heißt es in dem Bescheid vom 12. März 2012 ausdrücklich:

„Außergewöhnliche Gründe, die einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Forderung von Zinsen nach Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG möglich erscheinen ließen, waren nicht ersichtlich und zudem erfolgte die Rückzahlung zum Teil nicht fristgerecht (Zahlungstermin war 14.7.2000, die Rückzahlung erfolgte zum 11.1.2001). (…) Die Voraussetzungen, unter denen von der Zinsforderung im Ermessenswege abgesehen werden kann, liegen nicht vor.“

Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass der Beklagte schon dem Grunde nach verkannt hat, dass ihm ein Ermessensspielraum zur Verfügung steht. Der Beklagte hätte aufgrund der hier vorliegenden besonderen Umstände des Falls eine Entscheidung über das Absehen von der Geltendmachung des Zinsanspruchs treffen und dabei sein Ermessen ausüben müssen. Der bloße Hinweis auf die - wie unten noch darzulegen sein wird - ohnehin sehr zweifelhafte Feststellung, die Rückzahlung sei nicht fristgerecht erfolgt, genügt - wie oben dargelegt - nicht, von einer Ausübung des Ermessens gänzlich Abstand zu nehmen. Dieser rechtlichen Fehleinschätzung unterlag der Beklagte auch noch im Klageverfahren. So heißt es beispielsweise in der Klageerwiderung vom 17. November 2014: „Die Klägerin hat den Rückforderungsanspruch nicht fristgerecht erstattet. Dementsprechend konnte von der Geltendmachung des Zinsanspruchs nicht abgesehen werden.“

Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass in den Gründen des Bescheids zumindest in Ansätzen eine Ermessensausübung zu sehen sein sollte, wäre jedenfalls vom Vorliegen eines Ermessensfehlers in Gestalt eines Ermessensdefizits auszugehen. Denn Voraussetzung für die korrekte Ausübung des Ermessens ist die vollständige und zutreffende Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts; die Behörde muss mit anderen Worten als Voraussetzung ihrer Entscheidung alle für die Ermessensausübung vom Zweck der Ermächtigung her relevanten Tatsachen umfassend ermitteln (st.Rspr.; vgl. nur BVerwG, U.v. 19.10.1995 - 5 C 24/93 - BVerwGE 99, 336/337 ff.; U.v. 2.7.1992 - 5 C 39/90 - BVerwGE 90, 275/278; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 79; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 40 Rn. 53 und 62). Das ist hier indessen nicht der Fall.

So ist der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin die in dem Bescheid festgesetzte Zahlungsfrist versäumt habe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin am 14. Juli 2000 - und damit fristgerecht - die Verlängerung der Zahlungsfrist bis zum 15. August 2000 beim Wasserwirtschaftsamt Bayreuth beantragt hatte. Auf dieses schriftliche Fristverlängerungsgesuch hat die Behörde gegenüber der Klägerin nicht, insbesondere nicht mit einem Antwortschreiben reagiert. Mit Schreiben vom 8. August 2000 - und damit noch innerhalb der vom Beklagten nach eigenem Bekunden stillschweigend verlängerten Zahlungsfrist - hat die Klägerin nicht nur die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 10. Mai 2000 beantragt, sondern in diesem Zusammenhang ausdrücklich ausgeführt: „Die zur Realisierung der Rückforderung notwendigen Haushaltsmittel sind nicht im laufenden Haushaltsplan 2000 enthalten. Angesichts der Höhe des Rückforderungsbetrages ist eine Bereitstellung der Mittel im Wege der flexiblen Haushaltsführung schwierig“ (Bl. 447 der Beiakte II). Auf dieses Schreiben hin hat das Wasserwirtschaftsamt Bayreuth der Klägerin mit Schreiben vom 16. August 2000 lediglich mitgeteilt, dass „die eingelegten Widersprüche (…) gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung“ hätten, so dass die beantragte Aussetzung der sofortigen Vollziehung nicht notwendig sei (Bl. 451 der Beiakte II). Dieses Schreiben unterliegt nach Überzeugung des Gerichts zwei gravierenden Mängeln: Zum einen fehlt in dem Schreiben ein klarstellender Hinweis über die Auswirkungen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Klägerin vom 19. Mai 2000 auf die in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Rückzahlungsfrist. Zum anderen hat sich das Wasserwirtschaftsamt darin nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass das Schreiben der Klägerin vom 8. August 2000 zugleich auch als Antrag auf Verlängerung der Rückzahlungsfrist bis zu Beginn des neuen Haushaltsjahres auszulegen war. Dafür, dass das Schreiben der Klägerin vom 8. August 2000 bei verständiger Würdigung so zu verstehen war, spricht - neben dem oben dargelegten Inhalt des Schreibens - auch der Umstand, dass die Klägerin den Rückforderungsbetrag mit Wertstellung vom 15. Januar 2001 und damit unmittelbar nach Beginn des neuen Haushaltsjahres an den Beklagten überwiesen hat.

Zudem war dem Wasserwirtschaftsamt Bayreuth bereits zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht unbekannt, dass die angespannte Haushaltslage der Klägerin - der jetzige Stadtkämmerer der Klägerin, Herr ..., hat in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig dargelegt, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt ein Nachtragshaushalt im Hinblick auf den gesamten, d. h. auch für andere Bauabschnitte der Abwasseranlage zu leistenden Erstattungsbetrag in Höhe von 1.018.000 DM (vgl. Schreiben des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts vom 30.11.2010, Bl. 564 der Beiakte II) nicht ohne eine rechtsaufsichtliche Genehmigung möglich gewesen wäre - einer fristgerechten Zahlung des Rückforderungsbetrags entgegengestanden hätte. So lässt sich einem auf dem Fristverlängerungsgesuch der Klägerin vom 14. Juli 2000 angebrachten, handschriftlichen Aktenvermerk von Herrn ..., dem damals zuständigen Sachbearbeiter für Haushaltsfragen beim Wasserwirtschaftsamt Bayreuth, vom 20. Juli 2000 entnehmen, dass Herr ..., der damalige Stadtkämmerer der Klägerin, zur Begründung angegeben habe, dass derzeit kein Geld vorhanden sei.

Nach alledem durfte die Klägerin von einer stillschweigenden Fristverlängerung der Rückzahlungsfrist nicht nur - wie der Beklagte in seiner Klageerwiderung einräumt - bis zum 15. August 2000, sondern bis zum Beginn des Haushaltsjahres 2001 ausgehen. Den Umstand, dass die Klägerin somit den Erstattungsbetrag fristgerecht gezahlt hat, hätte der Beklagte zwingend in seine Ermessenserwägungen einstellen müssen.

Darüber hinaus hat es der Beklagte versäumt, die Verfahrensdauer von der Einlegung des Widerspruchs mit Schreiben vom 19. Mai 2000 bis zum abschließenden Bewilligungsbescheid des Wasserwirtschaftsamts Hof vom 8. Dezember 2009, mit dem der Beklagte der Klägerin den mit Bescheid vom 10. Mai 2000 zu Unrecht zurückgeforderten und von der Klägerin auch gezahlten Teilbetrag von 187.000 DM bewilligt hat, im Rahmen der Ausübung des von Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG eingeräumten Ermessens zu berücksichtigen.

Es mag zwar sein, dass - worauf der Beklagte zutreffend hinweist - die Verzögerungen des Verfahrens erst nach Widerspruchseinlegung (19.5.2000) bzw. nach Zahlung des Rückforderungsbetrags (15.1.2001) eingetreten sind und dass der Beklagte den streitgegenständlichen Zinsanspruch nur auf eine Teilsumme (384.000 DM = 571.000 DM - 187.000 DM) berechnet hat. Der Beklagte hätte aber - wie oben dargelegt - auch bei Nichtvorliegen eines Regelbeispiels den Umstand in die Ermessenserwägungen in seine Entscheidung über einen Zinsverzicht mit einstellen müssen, dass einerseits die Klägerin den - wenngleich verminderten - Rückforderungsbetrag (384.000 DM) bis Januar 2001 mit 6 v. H. zu verzinsen hatte, andererseits aber - aufgrund ihres Widerspruchs vom 19. Mai 2000 - erst mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 bzw. endgültig erst mit Bewilligungsbescheid vom 8. Dezember 2009 den ihr zustehenden Betrag von 187.000 DM zugesprochen und rückerstattet bekommen hat. Diese gravierende Verfahrensverzögerung war zwingend in die Ermessensentscheidung mit einzubeziehen. Dass diese Verfahrensverzögerung vom Beklagten zu vertreten war, belegt beispielhaft der Umstand, dass bereits einem (internen) Schreiben des Sachgebiets 52 („Wasserwirtschaft“) der Regierung von Oberfranken vom 8. Oktober 2008 - das sich seinerseits auf eine „Ermittlung der Zuweisungen“ des Wasserwirtschaftsamts Hof vom 10. September 2008 stützt (Beiakte III) - an das dortige Sachgebiet 55.1 („Rechtsfragen Umwelt“) zu entnehmen war, dass die Klägerin für den BA 23 noch einen Anspruch auf Zuweisungen in Höhe von 187.000 DM habe (Beiakte III). Allein vom Zeitpunkt der Gewinnung dieser Erkenntnis bis zur tatsächlichen (Rück-)Bewilligung an die Klägerin vergingen weitere vierzehn bzw. fünfzehn Monate.

Angesichts der Zeitabläufe - die Fertigstellung des BA 23 erfolgte im Jahr 1996, der letzte Zuwendungsbescheid wurde am 8. Dezember 2009 erlassen - hätte, worauf die Klägerseite zu Recht hinweist, im Rahmen der Ermessensentscheidung auch - auf der Basis des vom Beklagten verrechneten Zinssatzes - geklärt werden müssen, welcher Vermögensvorteil der Klägerin mit der Verzinsung abgeschöpft werden sollte.

Schließlich hat es der Beklagte versäumt, im Rahmen der Ausübung des von Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG eingeräumten Ermessens zu prüfen und zu gewichten, welcher Verschuldensgrad der Klägerin bei der Verwirklichung des Rücknahmetatbestandes vorzuwerfen war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Begriff des „Erwirkens“ i. S.v. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG und dem Merkmal des „nicht zu vertreten Habens“ i. S.v. Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG zu differenzieren ist. So kommt es im Rahmen der Prüfung des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG nicht entscheidend darauf an, ob die fehlerhaften Angaben schuldhaft gemacht worden sind; es genügt vielmehr, dass die Ursache für die fehlerhafte Angabe in der Sphäre des Begünstigten liegt, weil ansonsten die Regelung in Art. 49a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG überflüssig wäre (so: Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 156). Demgegenüber stellt Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG auf die Verantwortlichkeit des Schuldners im Sinne von § 276 BGB ab (BT-Drs. 13/1534 Begr. S. 7).

Gemessen daran ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Regierung von Oberfranken im bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 (S. 5 f.) zum Vorliegen des Rücknahmetatbestands ausdrücklich festgehalten hat:

„Die Stadt Wunsiedel hat den Bescheid durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (falsche Angabe der Einwohnerzahl). Sie genießt daher keinen Vertrauensschutz (Art. 48 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG). Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes fällt in den Verantwortungsbereich der Stadt, ist ihr also objektiv zuzurechnen. Es kommt allein darauf an, ob die Stadt objektiv falsche Angaben gemacht hat und diese Angaben für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kausal geworden sind. Dagegen ist es unerheblich, ob sie insoweit ein Verschulden trifft, ob sie also die Unrichtigkeit ihrer Angaben kannte oder kennen musste.“

Der Widerspruchsbescheid enthält mithin keine bindende Feststellung über ein Verschulden der Klägerin. Demgegenüber haben die beteiligten Behörden - jedenfalls das Wasserwirtschaftsamt Bayreuth und die Regierung von Oberfranken - im Lauf ihrer mehrjährigen Prüfung immer wieder die auch von der Klägerin wiederholt, beispielsweise auch in ihrer Widerspruchsbegründung vom 19. Mai 2000 (Bl. 435 der Beiakte I) dargelegte Auffassung vertreten, dass die Klägerin die Gründe für die Rückforderung nicht bzw. nicht voll zu vertreten hatte (vgl. nur: Schreiben des Wasserwirtschaftsamts Bayreuth vom 7.5.1999, Bl. 303 der Beiakte II und vom 14.4.2000, Bl. 412 der Beiakte II; Schreiben der Regierung von Oberfranken vom 10.5.2000, Bl. 414 f. und vom 21.6.2000, Bl. 430 der Beiakte II). Selbst das Staatliche Rechnungsprüfungsamt hat in seinem Schreiben vom 22. Mai 2000 eingeräumt, dass die „Klägerin die fehlerhaften Angaben nicht erkannt hat“ (Bl. 421 der Beiakte II).

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Feb. 2011 - 2 A 10895/10

bei uns veröffentlicht am 11.02.2011

Tenor Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. Juli 2010 wird Ziffer 3. des Bescheides des Beklagten vom 18. Mai 2009 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Von den Kosten des Verfa
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Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 22. Juni 2016 - B 5 M 16.115

bei uns veröffentlicht am 22.06.2016

Tenor 1. Die Erinnerung wird zurückgewiesen 2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. 1. Der als Rechtsanwalt tätige Antragsteller war bis zum 30. April 2014 Mitglied des Stadtrates de

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. Juli 2010 wird Ziffer 3. des Bescheides des Beklagten vom 18. Mai 2009 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt - hat die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von Finanzhilfen für die in den Jahren 1996 bis 1998 durch den Bau der verlängerten Industriestraße (L 423) verursachten Änderungen an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen.

2

Die Beigeladene, eine Aktiengesellschaft und 100%ige Tochter der Klägerin, hat zunächst im bereits 1971 geschlossenen Benutzungsvertrag, sodann im Konzessionsvertrag vom 28. November 1995/19. Dezember 1995 von der Klägerin die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser übertragen bekommen. Sie darf nach § 3 des Konzessionsvertrages - KV - für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen das Eigentum der Klägerin an den öffentlichen Verkehrsflächen nutzen. Hinsichtlich der Kosten heißt es in § 10 KV inhaltsgleich mit der entsprechenden Regelung im Vertrag von 1971:

3

(1) Die Stadt kann jederzeit die Veränderung einer Versorgungseinrichtung, … verlangen, wenn der öffentliche Verkehr oder ein überwiegendes öffentliches Interesse es erfordert. Die Kosten der Veränderung oder Entfernung trägt die Gesellschaft. …

4

(2) …

5

(3) Die Regelung des Absatz 1 gilt nicht bei Maßnahmen der Stadt, deren Kosten ganz oder teilweise von einem Dritten getragen werden. Die Verpflichtung der Gesellschaft beschränkt sich in diesen Fällen auf den Teil der Kosten der Gesellschaft nach Absatz 1, der von Dritten nicht erstattet wird.

6

Für den Bau der verlängerten Industriestraße (L 423) wurde der Klägerin mit Förderzusage vom 2. August 1996 und Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996 nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG - und dem Landesfinanzausgleichsgesetz in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr zur Förderung der Verkehrswege, Verkehrsanlagen und sonstigen verkehrswirtschaftlichen Investitionen kommunaler und privater Bauträger - VV-GVFG/LFAG - vom 12. Oktober 1992 (MinBl. S. 454) Zuwendungen in Höhe von 75 % der als zuwendungsfähig anerkannten Kosten bewilligt. Nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfung des Schlussverwendungsnachweises betrugen die Gesamtkosten des Vorhabens 7.200.591 € und die zuwendungsfähigen Kosten 6.733.311 €. Sie umfassten auch die Kosten für die durch die Baumaßnahme bedingten Änderungen an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen (Umlegung von Leitungen und Kabeln) in Höhe von 16.337 €.

7

In einer Prüfmitteilung vom 8. November 2006 beanstandete der Rechnungshof Rheinland-Pfalz hinsichtlich anderer Straßenbaumaßnahmen im Gebiet der Klägerin die Bezuschussung von Kosten für Änderungen an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen. Solche Kosten seien gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG nicht zuwendungsfähig, weil die Beigeladene nach dem Konzessionsvertrag verpflichtet sei, die entsprechenden Aufwendungen zu tragen. Hieran könne § 10 Abs. 3 KV nichts ändern.

8

Mit Bescheid vom 18. Mai 2009 nahm der Beklagte rückwirkend zum jeweiligen Erlasszeitpunkt die Förderzusage vom 2. August 1996, den Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996 sowie die Mittelbereitstellungen zurück, soweit die bewilligten Zuwendungen den Betrag von 5.037.730 € überstiegen. Er forderte die Zuwendungen in Höhe von 12.253 € zurück. Zudem ordnete er die Verzinsung des Rückforderungsbetrages ab dem 22. Dezember 2005 in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Diskont- bzw. Basiszinssatzes an.

9

Die hiergegen erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, dass bereits die einjährige Ausschlussfrist für die Rücknahme von Bescheiden abgelaufen sei. Darüber hinaus habe der Beklagte zu Recht auch die Kosten der Leitungsverlegung in die Bezuschussung einbezogen. Denn als 100%ige Tochter der Stadt sei die Beigeladene keine "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG. Im Übrigen trage nicht die Beigeladene, sondern durch die Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz der Beklagte als Dritter die Aufwendungen für die Leitungsverlegung. Dies entspreche der bisherigen Handhabung vergleichbarer Fälle.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2009 aufzuheben.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die Beigeladene sei als Aktiengesellschaft eine "andere" im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG. Als solche sei sie nach § 10 Abs. 1 KV verpflichtet, die Folgekosten zu tragen. Etwas anderes ergebe sich nicht aus § 10 Abs. 3 KV, weil er - der Beklagte - als subsidiärer Zuwendungsgeber nicht originärer Dritter sei. Auf den Ablauf der Jahresfrist und andere Vertrauensschutzgesichtspunkte könne sich die Klägerin als Kommune nicht berufen.

15

Die Beigeladene, die keinen Antrag gestellt hat, hat sich den Vortrag der Klägerin zu Eigen gemacht und ergänzt.

16

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil Rücknahme- und Rückforderungsbescheid rechtmäßig seien. Kosten für Arbeiten an Versorgungsleitungen seien als sogenannte Folgekosten zwar grundsätzlich förderfähig. Dies gelte jedoch gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG nicht für solche Aufwendungen, die ein anderer als der Träger des Vorhabens zu tragen habe. Um eine "andere" in diesem Sinne handele es sich bei der Beigeladenen, weil sie als Aktiengesellschaft im Verhältnis zur Klägerin über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfüge. Von einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Klägerin und Beigeladener könne nicht ausgegangen werden, auch wenn die Klägerin alle Anteile an der Beigeladenen halte.

17

§ 10 Abs. 3 KV, wonach der Beigeladenen Folgekosten nicht zur Last fielen, die von einem Dritten getragen würden, führe nicht zur Zuwendungsfähigkeit der Aufwendungen für die Änderung der Versorgungsleitungen. Anderenfalls werde nämlich die Gewährung der Zuwendung, über die gerade entschieden werden solle, selbst Voraussetzung der Zuwendungsfähigkeit bestimmter Kosten. Dies widerspreche § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG.

18

Erwiesen sich demnach die Zusage, Bewilligung und Bereitstellung der Zuwendung als teilweise rechtswidrig, sei ihre Rücknahme ermessensgerecht. Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte im Sinne des § 48 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - könne sich die Klägerin als öffentlicher Rechtsträger ebenso wenig wie auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG berufen. Darüber hinaus verstoße die Rücknahmeentscheidung trotz der 1979/1980 zwischen den Beteiligten und dem Landesrechnungshof getroffenen Vereinbarung über die Zuwendungsfähigkeit von Aufwendungen einer Eigengesellschaften, an der die Kommune alle Anteile halte, nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Schließlich seien die übrigen Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Insoweit habe er berechtigterweise auf das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung abgestellt. Entsprechendes gelte für die teilweise Rückforderung der Zuwendungen und die zugleich angeordnete Verzinsung.

19

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, dass die Rücknahme bereits an der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG scheitere. Diese Vorschrift sei aus Gründen der Rechtssicherheit auch auf öffentliche Rechtsträger anzuwenden. Für den Fristbeginn sei die Prüfmitteilung des Landesrechnungshofs vom 8. November 2006 maßgebend.

20

Im Übrigen seien die Zuwendungen für die Arbeiten an den Versorgungsleitungen der Beigeladenen rechtmäßig. Die zugrundeliegenden Kosten habe nicht die Beigeladene zu tragen gehabt. Deshalb seien sie förderfähig gewesen. Die Beigeladene sei nicht als "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG anzusehen. Auf die eigene Rechtspersönlichkeit könne nicht abgestellt werden, weil § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz GVFG "Kommunale Zusammenschlüsse" erwähne, welche an Stelle von Gemeinden oder Landkreisen Träger der Baulast seien und nicht unbedingt über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügten. Deshalb sei bei der Auslegung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen und zu berücksichtigen, dass sie - die Klägerin - 100 % der Aktien der Beigeladenen halte.

21

Des Weiteren schließe § 10 Abs. 3 KV eine Kostenpflicht der Beigeladenen aus, weil der Beklagte als "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sei. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und werde durch die frühere Abwicklung gleichgelagerter Fördermaßnahmen seit den 1970er Jahren bestätigt. Außerdem entspreche dieses Ergebnis der Interessenlage der Vertragsparteien. Danach sollten Kosten, die ihren Haushalt ohnehin nicht belasteten, nicht auf die Beigeladene abgewälzt werden.

22

Schließlich sei die im Rückforderungsbescheid angeordnete Verzinsung ermessenswidrig, weil alle Beteiligten von der Rechtmäßigkeit der Förderpraxis ausgegangen seien. Auch der Beginn der Verzinsung ab dem 22. Dezember 2005 sei zu beanstanden, weil der Beklagte die Konsequenzen aus der Prüfmitteilung des Landesrechnungshofs vom 8. November 2006 nicht sofort geklärt habe.

23

Die Klägerin beantragt,

24

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem in erster Instanz gestellten Antrag zu erkennen.

25

Der Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Nach der Systematik des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes seien nur die notwendigen Folgekosten, die dem Vorhabenträger oblägen, förderfähig. Sei hingegen "ein anderer" als der Träger des Vorhabens zur Kostentragung verpflichtet, scheide eine Förderung aus. Um einen solchen „anderen“ im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG handele es sich bei der Beigeladenen, obwohl die Klägerin 100% der Aktien der Beigeladenen halte. Etwas anderes folge nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz GVFG. Im Übrigen wäre die Beigeladene selbst dann als "andere" im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG einzustufen, wenn man eine wirtschaftliche Betrachtung anstelle. Denn die Kostenpflicht der Beigeladenen schmälere ihre eigene Leistungsfähigkeit und nicht die der Klägerin. Darüber hinaus bezwecke § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG nur eine Förderung von Gemeinden als Vorhabenträger und nicht die Förderung eines „anderen". Deshalb könne auch § 10 Abs. 3 KV nichts an der nach § 10 Abs. 1 KV bestehenden Folgekostenlast der Beigeladene ändern. Insbesondere sei er - der Beklagte - nicht als originärer Dritter im Sinne von § 10 Abs. 3 KV, sondern lediglich subsidiärer Zuwendungsgeber anzusehen.

28

Weiterhin könne sich die Klägerin als öffentlicher Rechtsträger nicht auf den Ablauf der Jahresfrist berufen. Auch die Festsetzung der Zinsforderung sei ermessensgerecht. Das öffentliche Interesse an der Abschöpfung des bei der Klägerin zu Unrecht entstandenen wirtschaftlichen Vorteils sei höher zu gewichten als der Umstand, dass die Beteiligten ursprünglich von der Rechtmäßigkeit der Förderung ausgegangen seien.

29

Die Beigeladene, die keinen Antrag stellt, macht sich die Ausführungen der Klägerin zu Eigen und vertieft diese.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

31

Die Berufung ist teilweise begründet.

32

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Ziffern 1 und 2 des Rücknahme- und Rückforderungsbescheides vom 18. Mai 2009 zu Recht abgewiesen (A.). Allerdings hätte Ziffer 3. des Bescheides aufgehoben werden müssen, weil die gesetzlich vorgeschriebene Entscheidung, ob von der Geltendmachung der Verzinsung des Rückforderungsbetrages abgesehen werden kann, ermessensfehlerhaft ist (B.).

A.

33

Ziffer 1 des Bescheides vom 18. Mai 2009, durch den die Förderzusage des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 2. August 1996, der Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996 sowie die entsprechenden Mittelbereitstellungen hinsichtlich der Zuwendungen zu Kosten für die Verlegung von Versorgungsleitungen zurückgenommen wurden, findet seine Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 VwVfG (I.). Die in Ziffer 2 des Bescheides angeordnete teilweise Rückforderung der Förderbeträge steht mit § 49a Abs. 1 VwVfG in Einklang (II.).

I.

34

Gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Förderzusage vom 2. August 1996, der Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996 und die hierauf beruhenden Mittelbereitstellungen, auf die sich der angefochtene Rücknahmebescheid bezieht, waren insoweit rechtswidrig, als damit Zuwendungen zu den Kosten für die Verlegung von Versorgungsleitungen der Beigeladenen infolge des Baus der verlängerten Industriestraße gewährt wurden (1.). Die Rücknahme der entsprechenden Verwaltungsakte ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil sich die Klägerin weder auf Vertrauensschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG noch auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG berufen kann (2.).

35

1. Die Kosten für die durch den Bau der verlängerten Industriestraße bedingten Änderungen an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen (Verlegung von Leitungen und Kabeln) waren nach den Vorschriften des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und des von der Klägerin und der Beigeladenen abgeschlossenen Konzessionsvertrages nicht zuwendungsfähig. Die Zuwendungsfähigkeit solcher Kosten ist gemäß §§ 4 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 1 Nr. 1a GVFG und Ziff. 6.4.2 VV-GVFG/LFAG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie über einen Wertausgleich für Ver- und Entsorgungsanlagen im Zusammenhang mit Vorhaben nach dem GVFG als sog. Folgekosten nur gegeben, wenn der kommunale Träger der Straßenbaulast diese selbst zu tragen hat. Dementsprechend sind gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG solche Folgekosten nicht zuwendungsfähig, die bei einem anderen als der Träger des Vorhabens anfallen.

36

Die Beigeladene ist als "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG verpflichtet, die Kosten der Verlegung von Versorgungsleitungen, welche als Folge des Baus der verlängerten Industriestraße entstanden sind, zu tragen. Ein gemeindeeigenes Unternehmen ist als "anderer" anzusehen, wenn es eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1993 - III ZR 136/91 -, juris, Rn. 19; VGH BW, Urteil vom 15. Januar 1980 - X 2123/78 -, juris; Hohns/Schmidt, Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, 1972, Teilziffer 240; Schroeter/Wittig, Zuwendungen für den Verkehrswegebau in den Gemeinden, 1971, § 4 Anm. 4). § 2 Abs. 1 2. Halbsatz GVFG spricht nicht gegen die Berücksichtigung des Kriteriums der Rechtspersönlichkeit zur Abgrenzung eines "anderen" vom Träger des Vorhabens. Nach dieser Bestimmung können zuwendungsfähige Vorhaben Maßnahmen an Verkehrsanlagen sein, die in der Baulast von Gemeinden, Landkreisen oder kommunalen Zusammenschlüssen stehen, welche anstelle von Gemeinden und Landkreisen Träger der Baulast sind. Sofern je nach landesrechtlichen Regelungen kommunale Zusammenschlüsse in diesem Sinne keine eigene Rechtspersönlichkeit haben sollten, besagt dies nichts für die Abgrenzung des Vorhabenträgers von einem "anderen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG. Denn hinter dem kommunalen Zusammenschluss stehen regelmäßig Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. Im Übrigen beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 2 Abs. 1 2. Halbsatz GVFG darauf, dass auch kommunale Zusammenschlüsse unabhängig von ihrer Rechtsfähigkeit anstelle der Gemeinden und Landkreise Träger der Straßenbaulast sein können. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein gemeindeeigenes Unternehmen als "anderer" anzusehen ist und damit zur Auslegung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG enthält § 2 Abs. 1 2. Halbsatz GVFG somit keine Aussage.

37

Das ausschließliche Abstellen auf die eigene Rechtspersönlichkeit des kommunalen Unternehmens bei der Beantwortung der Frage, ob es sich hierbei um einen "anderen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG handelt, ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Gemeinde 100 % der Anteile an der kommunalen Eigengesellschaft besitzt. Denn die Klägerin hat sich aus wohlerwogenen Gründen dafür entschieden, ihre Stadtwerke als Aktiengesellschaft zu bilden und sämtliche Anteile selbst zu halten. Deshalb hat sie sowohl die Vor- als auch die Nachteile dieser Rechtsform hinzunehmen. Darüber hinaus dient das Kriterium der Rechtspersönlichkeit für die Abgrenzung des Trägers der Straßenbaulast von einem "anderen" der notwendigen Rechtsklarheit bei der Anwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG.

38

Selbst wenn bei der Auslegung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen wäre, müsste die Beigeladene als „anderer“ Kostenträger angesehen werden. Die Folgekosten einer kommunalen Eigengesellschaft im Zusammenhang mit einer Straßenbaumaßnahme fallen nämlich nicht bei der Kommune als dem Träger der Straßenbaulast, sondern allein bei der Gesellschaft an. Unmittelbare finanzielle Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt entstehen selbst dann nicht, wenn die Gemeinde die Anteile an der Eigengesellschaft zu 100 % hält, zumal das Unternehmen auch seinen Aufwand für Folgemaßnahmen in seine Kalkulation einbeziehen und über die Entgelte finanzieren kann.

39

Als "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG ist die Beigeladene auch verpflichtet, die Kosten der Verlegung von Versorgungsleitungen infolge des Baus der verlängerten Industriestraße zu tragen. Dies folgt aus § 10 Abs. 1 Satz 2 des zwischen der Klägerin und der Beigeladenen bestehenden Konzessionsvertrages. Danach fallen der Beigeladenen die Kosten der Veränderung oder Entfernung einer Versorgungseinrichtung, Nahverkehrseinrichtung oder Anlage der Kommunikationstechnik zur Last, wenn der öffentliche Verkehr oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die ursächliche Baumaßnahme an der Verkehrsanlage erfordert. An dieser sog. Folgekostenpflicht der Beigeladenen vermag § 10 Abs. 3 Satz 1 KV nichts zu ändern. Nach dieser Regelung tritt die Rechtsfolge des § 10 Abs. 1 KV (= Folgekostenpflicht der Beigeladenen) nicht bei Maßnahmen ein, deren Kosten ganz oder teilweise von einem Dritten getragen werden. Zwar lässt der bloße Wortlaut die Auslegung zu, das beklagte Land als Zuwendungsgeber sei "Dritter" im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 KV. Jedoch verstößt eine solche Auslegung gegen den Zweck des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und führt zu einer gesetzeswidrigen Umgehung der §§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG.

40

Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es Zweck des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, allein die Gemeinden und Landkreise als Träger der Straßenbaulast beim Bau oder Ausbau u.a. von verkehrswichtigen innerörtlichen Straßen durch Zuwendungen finanziell zu entlasten. Deshalb stehen dem Träger der Straßenbaulast keine Zuwendungen für Kosten zu, die er nicht selbst zu tragen hat (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 18f). Um solche Aufwendungen handelt es sich im vorliegenden Fall bei den Folgekosten einer Straßenbaumaßnahme nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Sie sind - wie bereits ausgeführt - gemäß § 10 Abs. 1 KV nicht von der Klägerin als Straßenbaulastträger, sondern von der Beigeladenen als Versorgungsunternehmen aufzubringen. Soweit die Folgekostenpflicht der Beigeladenen nach dem Willen der Parteien des Konzessionsvertrages zur Erlangung von Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz durch § 10 Abs. 3 Satz 1 KV beseitigt werden soll, führt dies nicht zu einer finanziellen Entlastung der Klägerin als Träger der Straßenbaulast, sondern allein der Beigeladenen als Versorgungsunternehmen. Da eine solche Entlastung des Versorgungsunternehmens vom Gesetz nicht gewollt ist, kann der Beklagte als Zuwendungsgeber nicht Dritter im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 KV sein. Deshalb verbleibt es trotz dieser vertraglichen Regelung bei der Folgekostenpflicht der Beigeladenen im Sinne des § 10 Abs. 1 KV (a. A. OLG Nürnberg, Urteil vom 15. Januar 1986 - 4 U 3014/85 - ). Die Kosten der Leitungsverlegung durch die Beigeladenen waren somit nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nicht zuwendungsfähig.

41

2. Der vom Beklagten angeordneten Rücknahme der Förderzusage vom 2. August 1996, des Bewilligungsbescheides vom 10. Dezember 1996 und der entsprechenden Mittelbereitstellungen stehen weder Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG (a) noch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG (b) entgegen.

42

a) Gemäß § 48 Abs. 2 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistungen gewährt oder hierfür die Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 23, 25 [30]; 27, 215 [217 f.]; 60, 208 [211]), der sich das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Urteil vom 17. November 1987 - 7 A 21/87 - (AS 22, 33 [38 f.]) angeschlossen hat, kann sich eine Behörde gegenüber einer anderen nicht auf den in § 48 Abs. 2 VwVfG normierten Vertrauensschutz berufen. Dies gilt auch für eine Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft. Denn sie ist dem Staat aufgrund öffentlichen Rechts eingegliedert und übt mittelbare Staatsgewalt aus. Deshalb ist sie an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden und kann sich nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen. Vielmehr muss sie darauf achten, dass öffentliche Mittel sachgerecht und rechtmäßig verwendet werden. Insofern dient der Vertrauensschutz nur dem Schutz des Bürgers vor dem ihm überlegenen Staat. Eines solchen Schutzes bedarf der Träger öffentlicher Gewalt hingegen nicht.

43

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich zu ihren Gunsten ein Vertrauensschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG auch nicht aus den besonderen Umständen des hier vorliegenden Einzelfalls. Zwar waren sich die Beteiligten und der Landesrechnungshof seit 1979/1980 bis zum Prüfvermerk vom 8. November 2006 einig, dass Kosten einer kommunalen Eigengesellschaft für die Leitungsverlegung zuwendungsfähig sind, sofern das Unternehmen zu 100 % im Eigentum der Gemeinde steht. Jedoch wird die besondere Gesetzesbindung der Klägerin, welche Grund für den Ausschluss des Vertrauensschutzes bei öffentlichen Rechtsträgern ist, weder durch die Einbeziehung des Rechnungshofs in die Prüfung der Rechtslage noch durch die Dauer der Überzeugung der Beteiligten von der Rechtmäßigkeit der Zuwendungsgewährung gemindert.

44

b) Des Weiteren kann sich die Klägerin als Gemeinde nicht auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG, innerhalb der die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts noch zulässig ist, berufen. Diese Frist dient dem Schutz des Vertrauens, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach Fristablauf trotz entgegenstehender Rechtslage Bestand hat. Damit schützt § 48 Abs. 4 VwVfG ebenso wie der Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 VwVfG das Interesse des Adressaten eines Verwaltungsakts an der Rechtssicherheit. Die rechtliche Unzulässigkeit der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt nach Ablauf der Jahresfrist ist demnach eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. § 48 Abs. 4 VwVfG dient demnach als ebenfalls vertrauensschützende Norm dem Schutz des Bürgers vor dem ihm überlegenen Staat. Da öffentliche Rechtsträger wegen ihrer besonderen Gesetzesbindung diesen Schutz nicht in Anspruch nehmen und sich nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen können, ist § 48 Abs. 4 VwVfG auf die Klägerin als Kommune nicht anwendbar. Insofern überwiegt entgegen der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. Juni 2007 - 15 A 371/05 - juris, Rn. 20) das öffentliche Interesse an der Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln das Interesse der Klägerin an der „Klarheit ihrer finanziellen Planungsgrundlagen“.

45

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass im vorliegenden Fall die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG nicht abgelaufen war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beginnt die Jahresfrist zu laufen, wenn der für die Entscheidung über die Rücknahme zuständige Amtswalter die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihm die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Diese Kenntnis ist erst vorhanden, wenn sich die Behörde der Notwendigkeit bewusst geworden ist, wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts über die Rücknahme entscheiden zu müssen. Hierzu ist es erforderlich, dass die Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und unzweifelhaft ermittelt sind. Da zur Herstellung der Entscheidungsreife regelmäßig eine Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG erforderlich ist, beginnt die Frist erst nach deren Abschluss zu laufen (vgl. BVerwGE 70, 356 [362 ff.]; BVerwG, NJW 2001, 1440).

46

Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, begann die Jahresfrist mit dem Eingang der abschließenden Stellungnahme der Klägerin beim Beklagten am 13. Mai 2009. Denn erst zu diesem Zeitpunkt waren dem Beklagten neben der teilweisen Rechtswidrigkeit der gewährten Zuwendungen die sonstigen für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen bekannt. Zwar hat sich die Landesregierung aufgrund einer Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität vom 9. März 2007 bereits im April 2007 der Auffassung des Landesrechnungshofs angeschlossen, nach der die Kosten für die Leitungsverlegung im Zusammenhang mit mehreren Straßenbaumaßnahmen der Klägerin nicht zuwendungsfähig sind (vgl. LT-Drucks. 15/1018, S. 20). Jedoch führte die daraufhin im Juni 2007 gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG eingeleitete - nicht die verlängerte Industriestraße, sondern drei andere Baumaßnahmen betreffende - erste Anhörung der Klägerin nicht zur Entscheidungsreife der Rücknahmefrage. In ihrer Stellungnahme vom 27. August 2007 hat die Klägerin nämlich auf die Bewertung der Zuwendungsfälle seit 1979/1980 durch die Beteiligten und den Landesrechnungshof hingewiesen. Danach wurden die Kosten für Leitungsverlegungen als zuwendungsfähig auch dann angesehen, wenn die Gemeinde die Anteile am kommunalen Versorgungsunternehmen zu 100 % hielt. Der Hinweis der Klägerin auf die bisherige Zuwendungspraxis hat daraufhin zu einer erneuten eingehenden Erörterung der hier streitigen Rücknahmevoraussetzungen geführt. Hieran waren der Landesrechnungshof, die Rechnungsprüfungskommission des Landtages und das beklagte Ministerium beteiligt. Dabei setzte sich der Beklagte gegenüber dem Landesrechnungshof entschieden dafür ein, die Zuwendungsfähigkeit der in Rede stehenden Aufwendungen so wie in der Vergangenheit zu beurteilen und von einer Rückforderung abzusehen (vgl. Schreiben des Beklagten an den Landesrechnungshof vom 10. Dezember 2007). Erst nachdem die Rechnungsprüfungskommission sowie der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages am 13. Juni sowie am 8. und 21. August 2008 die Landesregierung aufgefordert hatten, die Kosten für die Leitungsverlegung von der Förderung auszunehmen, entschloss sich der Beklagte, die Bewilligungsbescheide zurückzunehmen. Zuvor war es jedoch erforderlich, die Rückforderungsbeträge hinsichtlich des Baus der hier in Rede stehenden verlängerten Industriestraße vom Landesbetrieb Mobilität feststellen zu lassen und die Klägerin zu den sodann ermittelten Tatsachen anzuhören. Letzteres geschah mit Schreiben vom 27. April 2009. Erst aufgrund der am 13. Mai 2009 eingegangenen Stellungnahme der Klägerin begann sodann die Jahresfrist zu laufen. Demnach ist der angefochtene Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 18. Mai 2009 rechtzeitig erlassen worden.

II.

47

Ziffer 2. des Bescheides vom 18. Mai 2009, in dem die zu viel gezahlten Zuwendungen zurückgefordert wurden, findet seine Rechtsgrundlage in § 49a Abs. 1 VwVfG. Danach sind die erbrachten Leistungen zu erstattet, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden ist.

B.

48

Rechtlich zu beanstanden ist Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides, durch den der Beklagte eine Verzinsung des Rückforderungsbetrages ab 22. Dezember 2005 angeordnet hat. Gemäß § 49a Abs. 3 Satz 1 VwVfG ist der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts an zu verzinsen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann von der Geltendmachung des Zinsanspruchs insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.

49

Der sich aus § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG ergebende Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Absehen von einer Verzinsung des Rückforderungsbetrages steht auch der Klägerin als öffentlichem Rechtsträger zu. Dies widerspricht nicht dem Umstand, dass sich Behörden weder auf Vertrauensschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG noch auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG berufen können. Der Ausschluss des Vertrauensschutzes und der Jahresfrist gegenüber öffentlichen Rechtsträgern beruht auf der gesteigerten Gesetzesbindung von Behörden und dem Zweck der §§ 48 Abs. 1, 49a Abs. 1 VwVfG. Beide Vorschriften dienen der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände durch die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte und die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Leistungen. Demgegenüber bezweckt die Verzinsung des Rückforderungsbetrages im Sinne des § 49a Abs. 3 Satz 1 VwVfG die Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile, die der durch die Hauptleistung Begünstigte zusätzlich erlangt hat. Sie führt damit zu einer Belastung, welche über die nachträgliche Schaffung rechtmäßiger Verhältnisse hinaus geht und deshalb nicht Ausdruck der Gesetzesbindung öffentlicher Rechtsträger ist. Deshalb ist der Beklagte gemäß § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG verpflichtet, ermessensfehlerfrei darüber zu entscheiden, ob er ausnahmsweise von dieser weiteren Belastung in Form der Verzinsung des Rückforderungsbetrages absieht.

50

Die von dem Beklagten nach § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG getroffene Entscheidung ist ermessensfehlerhaft. Ausweislich der Begründung im angefochtenen Bescheid beruht sie darauf, den der Klägerin entstandenen Zinsvorteil aus Gründen einer geordneten Bewirtschaftung von Subventionen dem Beklagten zuzuführen. Darüber hinaus entspreche die Verzinsung des Rückforderungsbetrages dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Umstände, die eine davon abweichende Entscheidung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus hat der Beklagte im gerichtlichen Verfahren als ergänzende Ermessenserwägung im Sinne des § 114 Satz 2 Verwaltungsgerichtordnung - VwGO - geltend gemacht, die in der Vergangenheit erfolgte Anerkennung der Kosten für die Veränderung von Versorgungsleitungen als zuwendungsfähig sei nicht geeignet, von der Geltendmachung des Zinsanspruchs abzusehen (vgl. Schriftsatz vom 2. November 2010). Mit diesen Erwägungen hat der Beklagte die besonderen Umstände des Einzelfalls nicht angemessen gewichtet. Denn die Beteiligten haben sich 1979/1980 mit dem Landesrechnungshof darauf geeinigt, die Kosten von Leitungsverlegungen als zuwendungsfähig anzuerkennen, weil die Klägerin 100 % der Anteile der Beigeladene hält. Diese Übereinkunft und ihre praktische Handhabung wurden über mehr als 25 Jahre von keinem der Beteiligten, insbesondere auch nicht vom Landesrechnungshof, in Frage gestellt. Insbesondere wegen der 1979/1980 erfolgten rechtlichen Prüfung durch den Landesrechnungshof als unabhängiger Institution hat die Klägerin die Umstände, die zur Rücknahme des Zuwendungsbescheides geführt haben, nicht im Sinne des § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG zu vertreten. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von den sonstigen Fällen, in denen lediglich die Behörde und der Begünstigte von der Rechtmäßigkeit des sich später als rechtswidrig ergebenden Verwaltungsaktes ausgegangen sind. Diese Besonderheiten haben auch gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Bewirtschaftung von Subventionen und einer Gleichbehandlung der Zuwendungsempfänger ein solches Gewicht, dass die Entscheidung des Beklagten, nicht ausnahmsweise von einer Verzinsung des Rückforderungsbetrages abzusehen, den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung nicht gerecht wird.

51

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

52

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10 Zivilprozessordnung.

53

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

54

Beschluss

55

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 12.253,00 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.