Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 30. Okt. 2014 - B 3 K 14.30283
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am ...1988 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und Volkszugehöriger der Pashtunen. Er reiste eigenen Angaben nach am ...2011 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am ...2011 seine Anerkennung als asylberechtigt.
Bei seiner Anhörung am ...2011 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Kläger an, er sei 13 Jahre in Pakistan gewesen und drei Jahre nach der Machtergreifung Karsais von Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt. Er habe eine Originaltazkira, die er dem Bundesamt übergebe. Vor seiner Ausreise habe er sich in Nangarhar, Batikot, ... aufgehalten. 10 bis 12 Tage vor seiner Ausreise sei er schon bei Freunden in Jalalabad gewesen und habe sich dort versteckt. Seine Eltern hätten sich in Afghanistan in oben genanntem Dorf in Batikot aufgehalten. Als er ausgereist sei, habe ihm ein Freund gesagt, dass sie nicht mehr dort seien. Er wisse nicht, wo sie seien. Er habe die Eltern auch nicht per Handy erreichen können, sondern nur mit dem Freund sprechen können. Dieser habe gesagt, er melde sich, wenn er Bescheid wisse. Er denke, dass sie nach Pakistan gegangen seien und zwar deshalb, weil er einen Onkel mütterlicherseits in Pakistan habe. Er sei nicht mit den Eltern zusammen irgendwo hingegangen, weil er von den Taliban verfolgt worden und deshalb gezwungen gewesen sei, schon vorher auszureisen. Er habe in Afghanistan einen Onkel und eine Tante, jeweils mütterlicherseits. Er habe zwei verheiratete Tanten und einen Onkel mütterlicherseits, die im Dorf lebten. Er habe sieben Geschwister, davon vier Schwestern, zwei seien schon verheiratet und lebten in Afghanistan im Dorf. Die beiden anderen Schwestern und die drei jüngeren Brüder seien bei den Eltern und er wisse auch nicht, wo sie jetzt seien. Eine Schule habe er nicht besucht und sei nur Taxi gefahren in seinem Dorf und in die Dörfer außen herum bzw. auch nach Jalalabad. Bei seiner Ausreise sei er von Afghanistan zunächst nach Pakistan gereist. Die Reisekosten hätten insgesamt 13.000,00 Dollar betragen. Einen Teil habe er von seinem Vater bekommen, der Land verkauft habe, den Rest habe er sich von einem Freund geliehen. Der Freund habe ihm Geld geliehen, weil er in Gefahr gewesen sei. Vom Datum der Anhörung an gerechnet, habe er Afghanistan vor fünf Monaten verlassen.
Er habe Afghanistan verlassen, weil ihn der Leiter des Kreises damit beauftragt habe, Informationen für ihn zu sammeln, konkret die Taliban auszuspionieren. Er habe den Auftrag angenommen. Der Führer der Taliban in ihrem Dorf habe neuen Taliban Unterschlupf gewährt. Sie hätten zusammen Menschen unter Druck gesetzt. Jeder sei bedroht worden, der die Regierung unterstütze. Er habe den Kreis leider mit Informationen versorgt, wer zum Beispiel ins Dorf gekommen sei und was sich dort abgespielt habe. Das Dorf sei mehrmals angegriffen und Talibanmitglieder festgenommen worden. Der Talibanführer des Dorfes sei getötet worden. Die Taliban seien auf ihn aufmerksam geworden, weil er sich länger als normal im Dorf aufgehalten habe und immer wieder zur Behördenleitung gegangen sei. Er sei bereits vor dem Tod des Führers der Taliban bedroht worden und habe einen Drohbrief bekommen. Eines Tages seien sie zu ihm heimgekommen und hätten ihn holen wollen. Er sei geflohen und sei ihnen so entkommen. Ein anderer Bekannter, der Informationen gesammelt habe, sei von ihnen getötet worden. Als er in Jalalabad gewesen sei, hätten ihn Bekannte aus dem Dorf vor den Taliban gewarnt und gesagt, dass sie ihn suchen würden und er solle nach Afghanistan gehen. Die Taliban hätten Drohbriefe geschrieben und sie in sein Haus geworfen. Sie hätten ihn für den Tod des Führers verantwortlich gemacht und ebenso den anderen Bekannten, den sie erwischt und anschließend erschossen hätten. Nach einiger Zeit in Jalalabad sei er nach Pakistan gefahren und reiste so aus in Richtung Deutschland. Sein Dorf umfasse 3.500 bis 4.000 Häuser und die Mehrheit sei für die Taliban. Sie zeigten es aber nicht. Sie seien daher nachts mehr aktiv als am Tag. Die Frage, warum gerade er vom Kreisleiter ausgewählt worden sei, um für ihn als Spion zu arbeiten, beantwortete der Kläger damit, dass der Leiter nicht nur ihn angeworben habe, sondern auch andere. Als Taxifahrer habe er aufgrund seines Berufes eine gute Tarnung gehabt. Als ihm das angeboten worden sei, habe er zwei bis drei Tage nachgedacht und habe dann zugesagt, weil er finde, dass die Taliban für die Regierung nicht gut seien. Der Schulleiter, der jetzt in Jalalabad lebe, habe ihn auch zum Kreisleiter gebracht. Der Schulleiter lebe in Jalalabad, weil er auch von den Taliban bedroht worden sei. Seine Eltern hätten es erst nicht gewusst und es erst erfahren, als Drohbriefe ins Haus gekommen seien. Einen gewöhnlichen Spionagetag beschreibe er so, tagsüber und abends nach der Arbeit habe er sich vor allem mit Freunden getroffen. Sie hätten die Taliban gekannt und geschaut, wer zu ihnen hineinging und wo sie hingingen. Nachts hätten die Taliban die Leute, die mit der Regierung zusammenarbeiteten, getötet. Von ihren Taten hätten die Taliban Videos gedreht, die sie den Menschen zur Abschreckung gezeigt hätten. Er habe das beobachtet und diese Informationen gesammelt und der Regierung gesagt. Die Regierung habe angegriffen und der Taliban-Kommandant sei festgenommen worden. Die Dorfältesten hätten Angst vor dem Taliban-Kommandanten gehabt und zugleich auch davor, dass er sie bei der Regierung verpetzen könnte, dass er sie zu Unrecht beschuldigen könnte, mit den Taliban zusammengearbeitet zu haben. Der Taliban-Kommandant sei dann wieder freigelassen worden. Die Frage, warum er mit der Spionagetätigkeit nicht aufgehört habe, als er das erste Mal bedroht worden sei, beantwortete der Kläger damit, dass er nach dem ersten Drohbrief schon nicht mehr ins Dorf gegangen sei. Dann sei der Taliban-Kommandant getötet worden und es seien weitere Briefe gekommen. Er habe insgesamt drei Drohbriefe erhalten, einen habe er verloren und zwei habe er noch (zwei Original-Drohbriefe werden zur Akte genommen). Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, dass sie ihn töteten. Auch wenn er nach Herat ginge oder woanders hin, in ganz Afghanistan seien die Taliban. Die Taliban könnten Fotos von ihm gemacht haben und so wäre er gefährdet und man könne ihn finden und umbringen. Er habe noch ein Dokument und zwar das vom Kreisleiter (wurde zur Akte genommen). Auf die Kopien der vorgelegten Dokumente samt Übersetzung wird verwiesen (Beiakt I S. 76 bis 84).
Mit Bescheid vom
Gegen den mit Postzustellungsurkunde am
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
2. Die Beklagte wird verpflichtet, dass für den Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Zur Begründung wurde vorgetragen, entgegen der Auffassung des Bundesamtes lägen die Voraussetzungen des Art. 16a GG bzw. des § 60 AufenthG vor.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom
Mit Beschluss der 3. Kammer vom
Das zunächst auf den
Nach dem diesbezüglichen Ruhen des Verfahrens wurde es durch Verfügung vom 18.07.2014
Mit Schriftsatz vom
Mit Schreiben vom
Für den Ablauf der mündlichen Verhandlung, in der die Klägervertreterin auf (weitere) mündliche Verhandlung verzichtete, wird auf die Sitzungsniederschrift vom
Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakten in den Verfahren B 3 K 13.30037 und B 3 K 14.30283 verwiesen.
Gründe
Die Entscheidung konnte ohne (weitere) mündliche Verhandlung ergehen, weil Kläger und Beklagte übereinstimmend ihr diesbezügliches Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG) keinen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes, weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie des § 4 Abs. 1 AsylVfG nicht vorliegen. Auch nationale Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben.
1. Soweit der Kläger seine Anerkennung als Flüchtling nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG beantragt, hat die Klage in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom
Eine Verfolgung i. S. v. § 3 Abs. 1 AsylVfG liegt nach § 3 a AsylVfG bei Handlungen vor, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1959 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem gemäß § 3 a Abs. 2 AsylVfG die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden oder auch unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung gelten. Dabei muss zwischen den genannten Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen gemäß § 3 a Abs. 3 AsylVfG eine Verknüpfung bestehen.
Politisch verfolgt ist, wem in Anknüpfung an asylrelevante Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG vom 10.07.1989 BVerfGE 80, 315/334 f.). Dabei sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG und des Art. 16 a Abs. 1 GG deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlung betrifft (BVerwG
Wegen der teilweisen parallelen Voraussetzungen von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 60 Abs. 1 AufenthG kann Abschiebungsschutz nur erhalten, wer als politisch Verfolgter ausgereist ist bzw. bei dem die politische Verfolgung unmittelbar bevorstand (Vorverfolgter), sowie derjenige, der zwar unverfolgt ausgereist ist, sich aber auf Nachfluchtgründe berufen kann. Das Schutzbegehren eines Vorverfolgten darf nur abgewiesen werden, wenn sich eine erneute Verfolgung ohne ernsthafte Zweifel an dessen Sicherheit im Falle der Rückkehr in die Heimat ausschließen lässt. Wer unverfolgt ausgereist ist, hat hingegen glaubhaft zu machen, dass bei einer Rückkehr in sein Heimatland die Gefahr politischer Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG
Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; Urteile vom 16.04., 01.10. und
Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; Beschluss vom 21.07.1989
An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990, lnfAusIR 1991, 94, 95; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; Beschluss vom 21.07.1989
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG. Das Gericht verweist insofern auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
Ergänzend ist zum gerichtlichen Verfahren auszuführen:
Der Kläger hat seine vorgetragene Verfolgungsgeschichte nach den oben genannten Kriterien nicht glaubhaft gemacht. Seine Verfolgungsgeschichte ist unglaubwürdig. Der Kläger stützte seine Verfolgungsfurcht in der mündlichen Verhandlung (weiterhin) zentral darauf, dem Gouverneur Qasem Khan mit Büro in Batikot Informationen über die Taliban in seinem Dort weitergegeben und deshalb den Verdacht der Taliban auf sich gezogen zu haben (Niederschrift Seite 4 f.). Auf entsprechenden Beweisbeschluss hin hat das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 30.09.2014 mitgeteilt, das - vom Kläger vorgelegte und von „Qasem Khan“ unterzeichnete - Schreiben aus Nangarhar (Originaldokumente Beiakt II, Kopie Beiakt I Seite 79 f.) sei den Behörden im Distrikt Batikot der Provinz Nangarhar vorgelegt worden, es sei dort nicht registriert und daher dort auch nicht ausgestellt worden. Das Gericht hat keinerlei Grund, an dieser präzisen Auskunft des Auswärtigen Amtes, die auf einer gezielten Recherche untermittelbar vor Ort beruht, zu zweifeln. Der mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24.10.2014 vorgetragene Einwand, die Art und Weise der Nachfrage und Nachforschung der Botschaft in Afghanistan sei hier nicht bekannt und nicht überprüfbar, ist allgemein und kann in einer Auskunftssituation wie der vorliegenden stets - ohne weitere, konkrete Begründung - erhoben werden; das Gericht sieht sich daher nicht veranlasst, dem nachzugehen.
Nachdem der Kläger die angeblich verfolgungsauslösende Tätigkeit als Informant für einen lokalen Regierungsvertreter nicht nur nicht glaubhaft machen konnte, sondern - im Gegenteil - das zum Beleg vorgelegte Dokument sich nicht als echt erwies, fällt seine gesamte Verfolgungsgeschichte notwendig in sich zusammen.
Zur Überzeugung des Gerichts hat der Kläger somit sein Heimatland verlassen, ohne verfolgt oder von Verfolgung bedroht gewesen zu sein.
2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG (Todesstrafe), § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG (Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) oder § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. Art. 15 c der Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) in Bezug auf den Irak zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auf die zutreffende Begründung im Bescheid des Bundesamtes (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG liegen ersichtlich nicht vor.
Im Hinblick auf die Schutzregelung nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG, wonach einem Ausländer subsidiärer Schutz zusteht, wenn er in seinem Herkunftsland als Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre, verweist das Gericht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Die geforderte „individuelle“ Bedrohung muss dabei nicht notwendig auf die spezifische persönliche Situation des schutzsuchenden Ausländers zurückzuführen sein. Der betreffende subsidiäre Schutzanspruch besteht vielmehr auch dann, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07).
Davon ist nach den vorliegenden Erkenntnissen jedoch nicht auszugehen. Zwar besteht nach wie vor in Afghanistan landesweit ein bewaffneter Konflikt zwischen den von den internationalen Kräften unterstützten Regierungseinheiten und den pauschal als Taliban bezeichneten Oppositionskräften. Auch hat die Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr wieder deutlich zugenommen, so dass die hohen Opferzahlen des Jahres 2011 wieder erreicht werden (vgl. UNAMA, Afghanistan Annual Report 2013, S. 1). Im ersten Halbjahr 2014 stieg die Zahl der zivilen Opfer gegenüber dem ersten Halbjahr 2013 erneut um 23% (UNAMA, Afghanistan Mid-Year Report 2014). Daraus allein kann jedoch weder für das ganze Land noch für einzelne Gebiete auf eine Extremgefahr im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. Art. 15 Buchst. c QRL geschlossen werden. Eine solche lässt sich auch für die Herkunftsregion des Klägers, die Provinz Nangarhar (Ostregion), nicht feststellen.
Die Herkunftsregion des Klägers Nangarhar gehört zwar zu den Provinzen, die von der ANSO in ihrem letzten frei zugänglich veröffentlichten Quartalsbericht 1.2013 (weiterhin) mit 244 „attacks“ als „extremely insecure“ eingestuft werden (s.a. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur Sicherheitslage Afghanistan 30.9.2013, S. 10). Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinen Urteilen vom 01.02.2013 (13 aB 11.30515,
An neueren provinzbezogenen Daten liegt nur die Angabe von 244 „attacks“ in Nangarhar im ersten Quartal 2013 im letzten frei veröffentlichten Quartalsbericht der ANSO vor. Hochgerechnet auf vier Quartale ergeben sich rund 976 „attacks“, was von den seitens des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in vorgenannten Entscheidungen ermittelten Größenordnungen jedenfalls nicht im Sinne einer Steigerung abweicht. Auch das Verwaltungsgericht Köln kommt in seinem Urteil vom 20.03.2014 nach gewissenhafter und umfangreicher Aufarbeitung des vorliegenden Zahlenmaterials zu dem Ergebnis, es liege kein derart hoher Gefährdungsgrad vor, dass praktisch jede Zivilperson bei einer Rückkehr allein aufgrund ihrer Anwesenheit in der Region Nangarhar einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei (Az. 14 K 6095/11.A
Dass nicht gleichsam jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist, folgt im Übrigen bereits daraus, dass die Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2013 für ganz Afghanistan (knapp 30 Millionen Einwohner) von UNAMA (a. a. O.) mit 2.959 Toten und 5.656 Verletzten angegeben wird. Für das erste Halbjahr 2014 sind im UNAMA Report Juli 2014, 4.853 zivile Opfer - 1.564 Tote und 3.289 Verletzte - genannt, was rechnerisch weiterhin eine Gefährdungswahrscheinlichkeit im Promillebereich (0,03%) bedeutet. Die abstrakte Gefahr, angesichts der fragilen Sicherheitslage in Afghanistan Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden, reicht für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht aus.
3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.
Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
Soweit es um die Sicherung des Existenzminiums des Klägers bei einer Rückkehr geht, ist ergänzend zu den entsprechenden, zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 13.02.2013 hervorzuheben, dass in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - auch aktuell - geklärt ist, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (s. B. v. 16.09.2014 - 13 aZB 14.30255 - Rn. 4). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht nach wie vor davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten (a. a. O., Rdn. 4). Ergänzend ist hinzuzufügen, dass der Kläger von seiner Familie, die derzeit nach seinen Angaben in Pakistan lebt, bislang stets großzügige finanzielle Unterstützung erhalten hat; es ist davon auszugehen, dass dies auch zukünftig bei einer Rückkehr des Klägers in sein Heimatland der Fall wäre.
4. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 4, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Asylberechtigter oder Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand
2Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, paschtunischer Volkszugehörigkeit und sunnitischen Glaubens. Er reiste nach eigenen Angaben am 14. Februar 2011 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 28. April 2011 die Anerkennung als Asylberechtigter.
3Der Asylantragstellung war ein in englischer Sprache verfasstes Schreiben des Klägers beigefügt, in welchem er seine Fluchtgründe darlegte. Danach wollten die Taliban, dass der Vater des Klägers für diese an der Front kämpfe. Sein Vater habe dieses Angebot jedoch abgelehnt. Als der Vater zu einem späteren Zeitpunkt erneut die Mitarbeit ablehnt habe, hätten die Taliban den Vater geschlagen und dessen Arztpraxis zerstört. Damit sei die einzige Einnahmequelle der Familie zerstört worden. Daher habe der Kläger beschlossen, selbst Geld für die Familie zu verdienen und sei über die Vermittlung eines Freundes an eine Dolmetscherstelle bei den Amerikanern gelangt. Er habe dann fünf Monate lang vier bis fünf Tage die Woche als Dolmetscher gearbeitet und z.T. auch gefährliche Provinzen besucht. Er sei dabei auch mehrfach von Taliban angegriffen worden. Eines Tages hätten dann die Taliban sein Haus angegriffen. Seine Mutter habe ihm geholfen, zu fliehen. Er sei dann am Folgetag zu seinem Onkel gegangen. Dieser habe ihm gesagt, seine einzige Möglichkeit sei jetzt das Land zu verlassen. Sein Onkel habe dann seine Flucht organisiert.
4In seiner Anhörung am 16. Mai 2011 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger an, er stamme aus der Provinz Nangarhar, Distrikt Rodat. Die Ausreise sei im Einverständnis mit den Eltern erfolgt. Seine Eltern würden mit den vier Brüdern und vier Schwestern dort weiterhin wohnen. Sein Vater sei Kinderarzt, arbeite aber seit Anfang 2011 nicht mehr, nachdem die Taliban sie angegriffen hätten. Zu seinem Verfolgungsschicksal befragt erklärte der Kläger, er habe seit seinem 16. Lebensjahr für die Amerikaner als Dolmetscher gearbeitet. Er sei mehrfach von der Taliban bedroht worden. Es habe Briefe gegeben und einmal sei er im Krieg am Bein verletzt worden. Sein Vater sei von der Taliban bedroht worden, weil er nicht mit an die Front wollte. Dann hätten diese seine Praxis zerstört und den Vater geschlagen. Eines Tages hätten die Taliban sein Elternhaus angegriffen. Seine Mutter habe ihm geholfen, durch die Hintertür zu fliehen. Er sei dann zu seinem Onkel gegangen. Dieser habe einen Freund, der Schleuser sei. Der Onkel habe diesem die Adresse der Tante des Klägers gegeben, die in Deutschland wohne. Ebenfalls habe der Onkel die Zertifikate über die Tätigkeit bei den Amerikanern besorgt. Für die Flucht habe der Onkel 10.000 US-Dollar bezahlt.
5Mit Bescheid vom 20. Oktober 2011 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Ziffer 1.) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 2.) sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 Satz 2 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet in der damals geltenden Fassung (AufenthG) in der damaligen Fassung (Ziffer 3.) nicht vorliegen. Zugleich wurde festgestellt, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt. Der Bescheid wurde am 26. Oktober 2011 als Einschreiben zur Post gegeben. Zur Begründung führte das Bundesamt aus, eine Anerkennung als Asylberechtigter scheide aus, da er auf dem Landweg – mithin über einen sicheren Drittstaat – in die Bundesrepublik eingereist sei. Eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft scheide aus, da sein Vortrag bzgl. des Verfolgungsschicksals unglaubhaft sei. Die Aussage sei glatt und zielgerichtet und weise keine Nebensächlichkeiten auf. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 Satz 2 AufenthG a.F. lägen ebenfalls nicht vor.
6Der Kläger hat am 8. November 2011 Klage erhoben.
7Zur Begründung verweist der Kläger auf seinen Vortrag gegenüber der Beklagten im Rahmen der Anhörung und führt weiter aus, er sei glaubwürdig und habe überzeugend sein Verfolgungsschicksal dargestellt. Insbesondere werde sein Vortrag durch das vorgelegte Zertifikat bestätigt.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Oktober 2011 zu verpflichten,
10dem Kläger den Flüchtlingsstatus nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen,
11hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie nimmt zur Begründung im Wesentlichen Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
15Zu dem vorgelegten Zertifikat hat die Kammer eine Auskunft beim Auswärtigen Amt eingeholt. Bzgl. des Ergebnisses wird auf das Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 23. Januar 2014 verwiesen.
16Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2014 informatorisch zu seinen Fluchtgründen angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll verwiesen.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe
19Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2014 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht zum Termin erschienen ist, denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Falle des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-). Die Beklagte ist form- und fristgerecht mit Empfangsbekenntnis vom 5. März 2014 geladen worden.
20Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat nach der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes -AsylVfG-) keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG oder subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG.
21Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 -Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)-, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Demnach wird zunächst eine Verfolgungshandlung gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 AsylVfG durch einen Verfolgungsakteur (§ 3c AsylVfG) vorausgesetzt, die eine Verfolgungsprognose zulässt. Gemäß 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung solche Handlungen, welche aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Insbesondere sind dabei Verletzungen der absoluten Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, zu berücksichtigen.
22Vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteile vom 7. November 2013 - Rs. C - 199/12 bis 201/12 -X, Y und Z-, Rn. 51, und vom 5. September 2012 - Rs. C - 71/11 und C - 99/11 -Y und Z-, Rn. 53, zitiert jeweils nach juris.
23Nach Ziffer 2 kann auch eine Kumulation unterschiedlicher Maßnahmen die Qualität einer Verletzungshandlung haben, wenn der Ausländer davon in ähnlicher Weise betroffen ist wie im Falle einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Ziffer 1. Die nach Ziffer 2 zu berücksichtigende Maßnahmen können Menschenrechtsverletzungen sein, aber auch sonstige Diskriminierungen, die für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen. Die einzelnen Eingriffshandlungen müssen dabei in ihrer Gesamtheit aber eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Ziffer 1 entspricht.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rn. 36, zitiert nach juris.
25Die Verfolgungshandlung muss weiter mit einem der Verfolgungsgründe des § 3b AsylVfG verknüpft sein, § 3a Abs. 3 AsylVfG, und es muss an einem effektiven Schutz im Herkunftsland fehlen (§§ 3d, e AsylVfG). Bzgl. der Verfolgungsgründe ist zu beachten, dass gemäß § 28 Abs. 1a AsylVfG auch Nachfluchtgründe insoweit zu berücksichtigen sind. Abschließend dürfen keine Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 bis 4 AsylVfG vorliegen.
26Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 3a AsylVfG vorliegt, ist Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifizierungsrichtlinie in der Neufassung vom 13. Dezember 2011 Richtlinie 2011/95/EU -QRL-) ergänzend anzuwenden. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Vorschrift privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 QRL, der sich mit der Voraussetzung, dass der Antragsteller „tatsächlich Gefahr läuft“, an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zur tatsächlichen Gefahr („real risk“) orientiert,
27vgl. EGMR, Urteil vom 28. Februar 2008 Nr. 37201/06 - Saadi - NVwZ 2008, 1330,
28und somit der Sache nach den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit übernimmt.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rn. 19, 32, zitiert nach juris.
30Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann.
31Vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 32 m.w.N., zitiert nach juris.
32Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. in anderer Weise Geschädigten normiert Art. 4 Abs. 4 QRL eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftendenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Dies ist im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, Rn. 20 ff. m.w.N., zitiert nach juris.
34Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen muss.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2009 - 10 C 24.08 -, Rn. 14, m.w.N., zitiert nach juris.
36Aus den in Art. 4 QRL geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Flucht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er ist daran festzuhalten, dass er dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern hat, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigt werden.
37Vgl. zu Art. 16a GG: BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 1989 - 9 B 239.89 -, InfAuslR 1989, 349, vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38 (39), und vom 3. August 1990 - 9 B 45.90 -, InfAuslR 1990, 344.
38Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
39So konnte schon das Gericht nicht die erforderliche Überzeugung gewinnen, dass der Kläger vor der Ausreise aus Afghanistan Verfolgungsmaßnahmen i.S.v. § 3a AsylVfG erlitten hat oder von solchen Verfolgungsmaßnahmen unmittelbar bedroht gewesen ist. Sowohl der Vortrag im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt als auch die Aussagen im Rahmen der informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung blieben hinsichtlich der konkreten Verfolgungshandlung äußerst vage und oberflächlich. Sie wiesen keinen Detailreichtum auf, den man auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes des Klägers erwarten kann, wenn man berücksichtigt, dass gerade das behauptete Verfolgungsschicksal ein einschneidendes und prägendes Erlebnis im Leben des Klägers sein muss. Der Vortrag des Klägers begnügt sich mit der Darstellung einer Rahmengeschichte, ohne dass Einzelheiten oder vermeintlich unwichtige Nebenaspekte - trotz intensiver Nachfragen durch das Gericht und den eigenen Prozessbevollmächtigten - erwähnt werden. Die eigentliche Verfolgungshandlung ist dabei nicht in der Tätigkeit des Klägers bei einem amerikanischen Unternehmen als Dolmetscher zu sehen, sondern in der Behauptung, die Taliban hätten das elterliche Haus angegriffen, um den Kläger zu bedrohen. Dieser Teil des Vortrags reduziert sich immer in den gleichen stereotypen Aussagen und unterscheidet sich gerade in Bezug auf die Schilderungen zu seiner beruflichen Tätigkeiten in der Detailschärfe. Zur Verfolgungshandlung wird allein vorgetragen, dass eines abends die Taliban über die Mauer des Hauses geklettert seien, er durch die Hintertür habe fliehen können und dann zu seinem Onkel geflohen sei. Auf dem Weg habe er dann Schüsse gehört. Weitere Angaben macht der Kläger in diesem Zusammenhang nicht. Er berichtet beispielsweise nicht, wo sich sein Schlafplatz befunden hat und wie er innerhalb des Hauses den Weg zur Hintertür finden konnte, ohne von den Taliban entdeckt zu werden. Wo sich der Rest der Familie zu diesem Zeitpunkt befunden hat und wieso diese nicht fliehen konnte, wird nicht erwähnt. Auch über das weitere Schicksal der Familie will der Kläger nichts in Erfahrung gebracht haben, obwohl seine Flucht durch seinen Onkel organisiert worden sein soll. Es hätte doch nahegelegen, sich bei ihm nach dem Verbleib und dem Wohlergehen seiner Familie zu erkundigen. Selbst innerhalb dieser äußerst ungenauen Darstellung finden sich zudem zahlreiche Widersprüche, die nicht entkräftet werden konnten. Dies führt zu der Überzeugung, dass der Kläger die geschilderten Ereignisse selbst nicht erlebt hat. Nicht nachvollziehbar ist in insoweit, warum nur der Kläger durch die Hintertür fliehen konnte. Beim Bundesamt gab er an, dass seine Mutter ihm geholfen habe. Hiervon war in der mündlichen Verhandlung nicht mehr die Rede. Wieso überhaupt ausreichend Zeit war, dass Haus noch zu verlassen, während die Taliban bereits im Hof gewesen sein sollen, erschließt sich ebenfalls nicht. Unklar ist schon, wieso nur der Kläger das Ziel der Taliban gewesen sein, wenn sich doch zugleich sein Vater zuvor schon geweigert hatte, mit den Taliban zu kooperieren und dessen Praxis durch diese zerstört wurde. Zudem steigerte der Kläger in der mündlichen Verhandlung seinen Vortrag im Vergleich zu seiner Anhörung beim Bundesamt. Erstmals in der mündlichen Verhandlung sprach er von Briefen der Taliban, in denen sein Vater und er bedroht worden sein sollen. Genauere Angaben zu diesen Briefen konnte er hingegen nicht machen. Die Glaubwürdigkeit des Klägers wird zudem dadurch schwer in Frage gestellt, dass er – in der mündlichen Verhandlung eingestanden – durch ein gefälschtes Zertifikat versucht hat, seine flüchtlingsrelevante Geschichte zu untermauern. Dieses Eingeständnis erfolgte jedoch erst, nachdem dem Gericht durch das Auswärtige Amt bereits mitgeteilt wurde, dass es sich um eine Fälschung handelt. Zudem hat das Gericht auch erhebliche Zweifel an dem Vortrag hinsichtlich seiner Dolmetschertätigkeiten. Zwar konnte der Kläger in groben Zügen seinen Arbeitsalltag beschreiben. An denjenigen Punkten, an denen jedoch erwartet werden kann, dass der Kläger detailreich über besondere Abläufe (Missionen in anderen Provinzen) berichten könnte, zieht er sich auf oberflächliche Beschreibungen zurück, die nicht den Eindruck erwecken, dass der Kläger Selbsterlebtes berichtet. Dies deckt sich schließlich mit dem Eingeständnis, dass er nicht genau wisse, ob seine Firma ein Logo gehabt habe oder nicht. Auch die behaupteten Ausweise und Zertifikate konnte der Kläger auf Nachfrage nicht hinreichend beschreiben.
40Der Kläger hat ebenfalls keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG. Danach ist ein Ausländer ein subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG). Die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens muss von einem Verfolgungsakteur i.S.d. §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3c AsylVfG ausgehen. Weiter muss es an einem effektiven Schutz im Herkunftsstaat fehlen, §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3d, 3e AsylVfG und es dürfen keine Ausschlussgründe (§ 4 Abs. 2 AsylVfG) vorliegen. Der Verweis auf einen effektiven Schutz in einem anderen Teil des Herkunftslandes (§ 3e AsylVfG) setzt jedenfalls voraus, dass von dem Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil niederlässt. Zur Frage, wann von ihm „vernünftigerweise erwartet werden kann“, dass er sich in dem verfolgungsfreien Landesteil niederlässt, wird vorausgesetzt, dass der Ausländer am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfindet, d.h. dort das Existenzminimum gewährleistet ist. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 19 f.; Beschluss vom 14. November 2012 - 10 B 22.12 -, Rn. 9, zitiert jeweils nach juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 -; Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2012 - A 11 S 3177/11 -.
42Anhaltspunkte, dass der Kläger wegen einer Straftat gesucht wird und bei seiner Rückkehr nach Afghanistan die Gefahr einer Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe besteht, können schon seinem eigenen Vorbringen im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung nicht entnommen werden.
43Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 AsylVfG liegen nicht vor. Danach gilt Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung als ein ernsthafter Schaden nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. In diesem Zusammenhang ist vor allem Art. 3 EMRK sowie die Rechtsprechung des EGMR zu berücksichtigen.
44Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C - 465/07 -Elgafaji-, Rn. 28; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte der zugrunde liegenden Richtlinienregelung des Art. 15 lit. b QRL, Rn. 22, zitiert jeweils nach juris.
45Bestehen danach ernsthafte und stichhaltige Gründe, dass der Ausländer im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden, ergibt sich hieraus die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben.
46Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Februar 2008 Nr. 37201/06 - Saadi - NVwZ 2008, 1330; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 23 zitiert nach juris.
47Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Insoweit verpflichtet Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 23; EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 Nr. 2656505, N./Vereinigtes Königreich, NVwZ 2008, 1334, und Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 10 B 16.12 -, Rn. 8, zitiert jeweils nach juris.
49Diese Rechtsprechung des BVerwG steht auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung der Großen Kammer des EGMR,
50vgl. Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09 - M.S.S. ./. Belgien und Griechenland, NVwZ 2011, 413,
51da diese Entscheidung keine Feststellung hinsichtlich der für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung im Herkunftsland trifft, sondern allein den Schutz der Menschenwürde von Personen betrifft, die - in einem ihnen insgesamt fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden.
52So auch BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 24, und Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 10 B 16.12 -, Rn. 9, zitiert jeweils nach juris.
53Demnach können nur in ganz außergewöhnlichen Fällen schlechte humanitäre Verhältnisse für sich isoliert zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen. Bzgl. Afghanistans ist unter Einbeziehung der vorliegenden Erkenntnismittel nicht davon auszugehen, dass diese Schwelle überschritten ist.
54Vgl. EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden -; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 26 zitiert nach juris.
55Dabei geht die Kammer bezüglich Kabul als demjenigen Ort, an dem eine Abschiebung enden würde, davon aus, dass Rückkehrer dort durch Gelegenheitsarbeiten jedenfalls ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten.
56Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juli 2013 - A 11 S 697/13 -, Rn. 84, 105 ff. unter Auswertung der vorliegenden Erkenntnismittel, zitiert nach juris.
57Geht man von dieser Annahme aus, so verstößt eine Abschiebung des Klägers nach Afghanistan/Kabul nicht gegen Art. 3 EMRK.
58Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 27 zitiert nach juris.
59Der Kammer liegen insoweit keine aktuelleren Erkenntnisse vor, die auf eine deutliche Verschlechterung der humanitären Bedingungen in Kabul schließen lassen.
60Darüber hinaus können dem Vortrag des Klägers auch keine sonstigen Anhaltspunkte entnommen werden, die zu einer Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 AsylVfG führen.
61Ebenfalls hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG. Danach ist von einem ersthaften Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen, wenn für den Ausländer eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts besteht. Die Schutzgewährung greift auch dann ein, wenn sich der innerstaatliche bewaffnete Konflikt nur auf ein Teil des Staatsgebietes erstreckt.
62Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 12, zitiert nach juris; vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198.
63Besteht ein bewaffneter Konflikt mit einem solchen Gefahrengrad nicht landesweit, ist bzgl. der anzustellenden Gefahrenprognose auf den Zielort der Abschiebung abzustellen. Dabei kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer seinem subjektiven Blickwinkel nach strebt. Vielmehr ist in der Regel auf die Herkunftsregion des Klägers abzustellen, in die er typischerweise zurückkehren wird. Ein Abweichen von dieser Regel kann jedenfalls nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG ihm Schutz gewähren soll.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 13, zitiert nach juris; Beschluss vom 14. November 2012 - 10 B 22.12 -; zur Frage der „tatsächlichen Zielregion“ OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2012 - 13 A 2010/12.A -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2012 - A 11 S 3177/11 -.
65Allerdings ist dann nicht auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit der Absicht niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben.
66Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 14, zitiert nach juris.
67Der Begriff des internationalen wie auch des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist unter Berücksichtigung der Bedeutung dieses Begriffs im humanitären Völkerrecht auszulegen. Dabei sind insbesondere die vier Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht vom 12. August 1949 und das Zusatzprotokoll II vom 08. Juni 1977 (ZP II) heranzuziehen. Danach liegt ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt jedenfalls dann vor, wenn der Konflikt die Kriterien des Art. 1 Nr. 1 ZP II erfüllt. Er liegt hingegen nicht vor, wenn die Ausschlusstatbestände des Art. 1 Nr. 2 ZP II erfüllt sind, es sich also nur um innere Unruhen und Spannungen handelt wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen, die nicht als bewaffnete Konflikte gelten. Für zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegende Konflikte ist die Annahme eines bewaffneten Konflikts nicht von vornherein ausgeschlossen. Typische Beispiele sind Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfe. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen und eine bestimmte Größenordnung erreichen.
68So zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O. und vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360.
69Nach der vorzitierten Entscheidung des BVerwG vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 - findet die Orientierung an den Kriterien des humanitären Völkerrechts jedenfalls dort ihre Grenze, wo ihr Zweck der Schutzgewährung von Zivilpersonen, die in ihrem Herkunftsstaat von willkürlicher Gewalt in bewaffneten Konflikten bedroht sind, entgegensteht. Mit Blick auf diesen Zweck setzt nach Auffassung des BVerwG das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts nicht zwingend voraus, dass die Konfliktparteien einen so hohen Organisationsgrad erreicht haben müssen, wie er für die Erfüllung der Verpflichtungen nach den Genfer Konventionen von 1949 und für den Einsatz des Internationalen Roten Kreuzes erforderlich ist (vgl. Art. 1 Abs. 1 ZP II). Vielmehr kann es bei einer Gesamtwürdigung der Umstände auch genügen, dass die Konfliktparteien in der Lage sind, anhaltende und koordinierte Kampfhandlungen von solcher Intensität und Dauerhaftigkeit durchzuführen, dass die Zivilbevölkerung davon typischerweise erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird. Entsprechendes dürfte auch für das Erfordernis gelten, dass die den staatlichen Streitkräften gegenüberstehende Konfliktpartei eine effektive Kontrolle über einen Teil des Staatsgebietes ausüben muss.
70Vgl. auch EuGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - Rs. C - 285/12 -Diakite-, wonach der Begriff „innerstaatlicher bewaffneter Konflikt“ gegenüber der Definition im humanitären Völkerrecht autonom zu verstehen ist.
71Danach bezieht sich der Ausdruck „innerstaatlicher bewaffneter Konflikt“ auf eine Situation, in der die regulären Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder in der zwei oder mehr bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen.
72Bei der Ermittlung des erforderlichen Niveaus willkürlicher Gewalt in einem bestimmten Gebiet sind nicht nur solche Gewaltakte der Konfliktparteien zu berücksichtigen, die gegen die Regeln des humanitären Völkerrechts verstoßen, sondern auch andere Gewaltakte der Konfliktparteien, durch die Leib oder Leben von Zivilpersonen wahllos und unbeachtet ihrer persönlichen Situation verletzt werden.
73Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C - 465/07 -Elgafaji-, Rn. 43, zitiert nach juris; BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2009 - 10 C 9.08 -, BVerwGE 134, 188; Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, a.a.O.
74Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich auch eine allgemeine Gefahr, die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Personen ausgeht, individuell so verdichten kann, dass sie die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG erfüllt.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -.
76Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG kann eine solche individuelle Verdichtung ausnahmsweise dann angenommen werde, wenn der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung ausgesetzt zu sein. Dies ist der Fall, wenn praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Hierfür sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt bzw. zu der sogenannten Gefahrendichte erforderlich, d.h. eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, die von den Konfliktparteien gegen Leib und Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung. Hierzu gehört auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann.
77Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C - 465/07 -Elgafaji-, Rn. 35, zitiert nach juris; BVerwG, vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2012 - A 11 S 3177/11 -.
78Eine weitere Verdichtung bzw. Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann sich aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Ausländers ergeben. Zu diesen gefahrerhöhenden Umständen gehören solche persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen sei, sich nahe an der Gefahrenquelle aufzuhalten. Es können aber auch persönliche Umstände sein, aufgrund derer der Antragsteller als Zielperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt.
79Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C - 465/07 -Elgafaji-, Rn. 39, zitiert nach juris.
80Ob die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllt sind, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinn der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden.
81Vgl. zu diesen Kriterien auch Bayerischer VGH, Urteil vom 3. Februar 2011 -13a B 10.30394 -, juris Rn. 20 ff.
82Gemessen an diesen Kriterien besteht für den Kläger bezogen auf seine Herkunftsregion in Afghanistan keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG.
83Zwar ist wohl davon auszugehen, dass in der Heimatprovinz des Klägers – Nangarhar – ein innerstaatlicher Konflikt vorliegt. Im Ergebnis kann diese Frage jedoch offen bleiben, da jedenfalls keine ausreichend individuelle Gefährdungslage für den Kläger vorliegt.
84Die ausgewerteten Quellen berichten insoweit übereinstimmend, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan nach dem Sturz des Taliban‐Regimes 2001 und einer anfänglichen Stabilisierung in den Jahren 2001‐2005 seit 2006 stetig verschlechtert hat. Sie ist jedoch durch große regionale wie saisonale Unterschiede geprägt. Seit 2006 ist unter anderem aufgrund verstärkter militärischer Aktionen der afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte eine stete Zunahme sicherheitsrelevanter Vorfälle zu beobachten, die ihren vorläufigen Höhepunkt im Jahr 2011 erreichte.
85Vgl. Berichte des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Lagebericht) vom 9. Februar 2011, 10. Januar 2012 und 4. Juni 2013.
86Nach dem Jahr 2012, welches gemessen an den reinen Zahlen einen Rückgang von Anschlägen, Todesopfern und Verletzten aufwies, ist für 2013 festzustellen, dass sich die Gefährdungslage eher wieder derjenigen des Jahres 2011 annähert.
87Vgl. Fortschrittsbericht Afghanistan der Bundesregierung zur Unterrichtung des Deutschen Bundestages von Januar 2014 (Fortschrittsbericht 2014); UN Security Council: Report of the Secretary-General of the protection of civilian in armed conflict - S 2013/689 - vom 22. November 2013; UNHCR: UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender (deutsche Fassung der UNHCR Guidelines 2013), S. 14 ff.
88Laut United Nations Mission in Afghanistan (UNAMA) ist die Anzahl der zivilen Opfer und Verwundeten im ersten Halbjahr 2013 um 14 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum angestiegen. Die Anzahl der Toten überstieg die Werte der ersten sechs Monate der Jahre 2010 und 2012; die Anzahl der Verletzten lag gar über denjenigen des Jahres 2011. Dieser Anstieg geht vor allem auf die Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppen zurück. Für 74 Prozent der zivilen Opfer waren laut UNAMA regierungsfeindliche Elemente, für 9 Prozent regierungstreue Kräfte und für 12 Prozent Bodenkämpfe zwischen beiden Seiten verantwortlich. Die restlichen 4 Prozent konnten keiner Konfliktpartei zugeordnet werden. Die Hauptursachen für den Anstieg der zivilen Opfer in der ersten Jahreshälfte 2013 waren die vermehrte willkürliche Verwendung von Spreng- und Brandvorrichtungen durch regierungsfeindliche Elemente sowie Selbstmordanschläge und komplexe Angriffe an Orten, an denen sich Zivilisten aufhalten, darunter auch zivile Regierungsgebäude.
89Vgl. UNAMA, Mid-Year Report 2013 protection of civilians in armed conflicts, von Juli 2013, S. 3.
90Die Anzahl der durch die ausländischen Truppen oder durch die afghanischen Sicherheitskräfte getöteten Personen habe gleichzeitig den niedrigsten Wert seit Beginn des ISAF-Einsatzes erreicht.
91Vgl. Fortschrittsbericht 2014, Seite 10.
92In den Bevölkerungszentren und entlang der bedeutsamen Verkehrsinfrastruktur besteht eine „ausreichend kontrollierbare Sicherheitslage“; in den südlichen und östlichen, ländlich geprägten Gebieten und Distrikten herrscht hingegen eine „überwiegend nicht“ oder sogar eine „nicht kontrollierbare Sicherheitslage“.
93Vgl. Fortschrittsbericht 2014, Seite 10.
94Für das gesamte Jahr 2013 dokumentierte UNAMA 2.959 Tote und 5.656 Verwundete. Die Zahl der Todesopfer entspricht in etwa den bisher höchsten Werten aus dem Jahr 2011; die Zahl der Verletzten stellt gar den bisherigen Höchstwert dar. Im Vergleich zu 2012 stieg die Anzahl der Toten um 7 % und die der Verletzten um 17 %.
95Vgl. UNAMA: Annual Report 2013 protection of civilians in armed conflicts, von Februar 2014, S. 9.
96Weiter berichtet die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH),
97vgl. SFH, Afghanistan: Update „Die aktuelle Sicherheitslage“ vom 30. September 2013, S. 4 ff., 10,
98dass die Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen 2012 bei sehr hoch bleibendem Gewaltlevel um 25 % zurückgegangen seien. Dies resultiere jedoch aus einem Strategiewechsel der regierungsfeindlichen Gruppen, die das Niveau ihrer Anschläge den verbleibenden internationalen Sicherheitskräften angepasst hätten und ihre Anstrengungen dafür in andere Bereiche (Schaffung parallelstaatlicher Einrichtungen) intensiviert hätten. 2013 habe es dann eine erneute Trendwende gegeben, wonach die Anzahl der Anschläge um 47 % angestiegen sei und leicht die Werte aus 2011 und 2009 erreichen könnte. Diese Gewaltakte würden weiterhin von vier Quellen ausgehen: von den regierungsfeindlich eingestellten, bewaffneten Gruppierungen wie Taliban, Hezb-e-Islami von Gulbuddin Hekamatyar, Haqqani-Netzwerk und anderen, von regionalen Kriegsherren und Kommandierenden der Milizen, von kriminellen Gruppierungen und von Reaktionen der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen regierungsfeindliche Gruppierungen (insbesondere Bombardierungen).
99Wie den genannten Auskünfte weiter zu entnehmen ist, halten sich die Konfliktparteien mit Ausnahme der internationalen Truppen nicht an die Regeln des humanitären Völkerrechts. Sie unterscheiden nicht zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten. Die unterschiedlichen Milizen sowie die Taliban suchen gerade nicht den Kampf mit den regulären Truppen. Vielmehr agieren sie z.B. mit Sprengstoffanschlägen gerade gegen die Zivilbevölkerung, um hier ihre Opfer zu finden. Zudem tarnen sie sich als Zivilisten und provozieren hierdurch Angriffe der Gegenseite, die als Folge auch Unschuldige treffen. Damit liegen unterschiedslose Angriffe vor. Die fehlende Zielgerichtetheit der Angriffe ergibt sich daraus, dass gerade Angriffe auf Zivilpersonen und humanitäre Organisationen ein allgemeines Klima der Angst hervorrufen sollen. Hierzu werden Attentate eingesetzt, die möglichst viele Opfer zur Folge haben sollen.
100Vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 1. Oktober 2013 - 5 A 95/13-, Rn. 37, zitiert nach juris.
101Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die Gefährdungslage regional deutlich differenziert zu bewerten ist. So berichtet ACCORD,
102vgl. ACCORD, Themendossier zu Afghanistan: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul vom 12. Dezember 2013,
103unter Berufung auf Berichte der UNO und ANSO, dass sich die meisten Vorfälle (70 % aller landesweit dokumentierten Vorfälle) in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes ereigneten.
104Der Kläger stammt nach seinen Angaben aus der Provinz Nangarhar, Distrikt Rodat. Dort hat er mit seinen Eltern und Geschwistern gelebt und bis zu seiner Ausreise seinen wesentlichen Lebensmittelpunkt innegehabt. Das Gericht geht nach Auswertung der vorliegenden Erkenntnismittel davon aus, dass ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt in dieser Heimatregion des Klägers vorliegt. Die Provinz Nangarhar hat eine Fläche von rund 7.727 qm2 und eine Einwohnerzahl von rund 1.462.600.
105Vgl. Daten vom Central Statistics Office Afghanistan, abrufbar unter: http://www.geohive.com/cntry/afghanistan.aspx?.
106Das Gros der dokumentierten Vorfälle konzentrierte sich auch 2013 in den südlichen und südöstlichen Provinzen. In Nangarhar fanden 2013 noch vor Kandahār mit 77 Vorfällen die meisten gezielten Tötungsaktionen durch regierungsfeindliche Truppen statt.
107Vgl. UNAMA: Annual Report 2013, von Februar 2014, S. 24.
1082013 gab es 9 Tote und 28 Verletzte infolge grenzübergreifender Vorfälle in den Provinzen Kunar und Nangarhar. Dies stellte eine Reduzierung im Vergleich zu 2012 um 51 % dar.
109Vgl. UNAMA: Annual Report 2013, von Februar 2014, S. 69.
110In Zusammenhang mit Bodenkämpfen dokumentierte UNAMA für das Jahr 2013 insgesamt 261 Tote und Verletzte für die Provinz Nangarhar. Infolge der im Juni 2013 begonnenen Transition konnte vor allem in der Provinz Nangarhar ein deutlicher Anstieg von 150% an Toten und Verletzten festgestellt werden.
111Vgl. UNAMA: Annual Report 2013, von Februar 2014, S. 39.
112Im Süden seien 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 %). Zu den meist umkämpften Provinzen hätten 2012/2013 Kandahār, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni gezählt.
113Vgl. SFH, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage“ vom 30. September 2013, S. 10.
114Dies deckt sich auch mit den vorliegenden Zahlen aus den Quartalsberichten des Afghanistan NGO Safety Office (ANSO).
115Vgl. ANSO, Quartalsberichte 4/2012 (Januar 2013) und 1/2013 (April 2013).
116Danach fanden allein 1.973 registrierte Vorfälle im Jahr 2012 in Nangarhar statt - mithin fast 5,5 Vorfälle pro Tag. Damit steht Nangarhar mit an der Spitze aller Provinzen, zusammen mit Kandahār, Helmand und Khost. Im Jahr 2013 ist jedoch auch nach den Zahlen von ANSO festzustellen, dass eher wieder eine Gefährdungslage wie 2011 anzunehmen ist. Die Anzahl der Anschläge im ersten Quartal 2013 erhöhte sich deutlich um 81 % (244 Vorfälle). Im Vergleich zu 2011 stellt dies sogar eine Steigerung um 90% dar. Weiter steht Nangarhar an der Spitze der Provinzen bzgl. der registrierten Selbstmordanschläge. Wegen der Häufigkeit der täglichen Angriffe von regierungsfeindlichen Gruppen stuft ANSO die Provinz Nangarhar als „extremely insecure“ ein.
117Jedoch liegt kein derart hoher Gefährdungsgrad vor, dass praktisch jede Zivilperson bei Rückkehr allein aufgrund ihrer Anwesenheit in der Region Nangarhar einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist.
118Für die Provinz Nangarhar selbst sind konkrete Opferzahlen den Erkenntnisquellen zwar nicht zu entnehmen. Anhand der wenig belastbaren Datenlage kann sich die Kammer daher nur annäherungsweise der verlangten quantitativen Ermittlung der Gesamtzahl der Akte willkürlicher Gewalt, die von den Konfliktparteien gegen Leib und Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, nähern. Anhand der jüngsten vorliegenden Auskünfte der sachverständigen Quellen geht die Kammer auch davon aus, dass konkrete Opferzahlen für die Provinz oder deren Hauptstadt Nangarhar nicht zu ermitteln sind, da ein solches Unterfangen bereits für zugänglichere Regionen keinen Erfolg hatte.
119Vgl. Dr. Danesch: Stellungnahme an VGH Kassel (8 A 119/12.A) vom 3. September 2013 zu Kabul.
120UNAMA hat für das Jahr 2013 festgestellt, dass 288 Tote und Verletzte infolge von unkonventionellen Sprengkörpern aus der Ostregion, zu der neben Nangarhar auch die Provinzen Nuristan, Kunar und Laghman gerechnet werden, stammen.
121Vgl. UNAMA: Annual Report 2013, von Februar 2014, S. 17.
122Dabei ist zu berücksichtigen, dass Anschläge mit Sprengkörpern 2013 die häufigste Ursache aller Vorfälle waren (34 %), so dass danach grob mit 850 Toten und Verletzten in Nangarhar zu rechnen ist, wenn man davon ausginge, dass alle Toten und Verletzten allein in der Provinz Nangarhar zu beklagen wären. Ein etwas realistischeres Ergebnis ergibt sich, wenn man die Anschlagszahlen in Nangarhar (1.973) in ein Verhältnis zu den landesweit ermittelten Anschlägen (ca. 22.000) stellt. Danach fanden knapp 9 % aller Vorfälle in Nangarhar statt. Für das gesamte Jahr 2013 dokumentierte UNAMA 2.959 Tote und 5.656 Verwundete.
123Vgl. UNAMA: Annual Report 2013, von Februar 2014, S. 9.
124Unter Bezugnahme auf die errechneten 9 % dürften demnach in Nangarhar ca. 266 Tote und 509 Verletzte zu beklagen sein (insgesamt 775 Opfer).
125Bezogen auf die Zahl der Gesamtbevölkerung von Nangarhar (1.462.600) liegt die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines willkürlichen Anschlags zu werden, bei einem Verhältnis von 1:1.887. Ein derartiges Verhältnis reicht nach der Rechtsprechung des BVerwG,
126vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 13/10 -,
127nicht aus, um eine ausreichend hohe Gefahrendichte willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung zu dokumentieren. Auch bei der über die reine Berechnung hinaus anzustellenden wertenden Gesamtbetrachtung aller Gesichtspunkte der dortigen Sicherheitslage kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Konflikt in der Provinz Nangarhar keine so hohe Gefahrendichte willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung erreicht, dass jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region jederzeit mit einer nicht mehr zu vernachlässigenden Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Dabei hat die Kammer die Schwierigkeiten beachtet, vorhandene Zahlen für Gesamtafghanistan (UNAMA) auf Provinzen - oder gar Distrikte innerhalb von Provinzen - allein anhand von mathematischen Rechenoperationen zu übertragen. Weiter ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer ein nicht zu vernachlässigender Punkt ist. Dabei dürfte durchaus ein Faktor von 1:3 nicht unrealistisch sein.
128Vgl. Dr. Danesch: Stellungnahme an VGH Kassel (8 A 119/12.A) vom 3. September 2013 unter Hinweis auf den Sprecher des „Bundesausschusses Friedensforschung“ in Berlin, Herr Lühr Henken, S. 11.
129Dennoch liegt die Gefahrendichte unter Einbeziehung all dieser Aspekte im Promillebereich (0,15 Prozent).
130Vgl. ebenso für die Provinz Nangarhar: Bayerischer VGH, Urteil vom 15. März 2013 - 13a B 12.30406 -, Rn. 12 ff., VG München, Urteil vom 31. Oktober 2013 – M 12 K 13.30854 – Rn. 19 ff., VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21. Februar 2013 - 5a K 3753/11.A -, Rn. 76 ff., VG Augsburg, Urteil 9. Januar 2013 - Au 6 K 12.30349 – Rn. 21 ff. (wobei allein individuelle gefahrerhöhende Merkmale des dortigen Klägers angenommen wurden); a.A.: VG Ansbach, Urteil vom 11. Oktober 2013 - AN 11 K 13.30455 – Rn. 36 ff., zitiert jeweils nach juris.
131Dies gilt angesichts des festgestellten Risikos auch unter Einbeziehung der in Nangarhar und im gesamten Land unzureichenden medizinischen Versorgungslage, bei der nur eingeschränkt gewährleistet sein dürfte, dass den Opfern nach schweren körperlichen Verletzungen keine dauerhaften Verletzungsfolgen mit Invalidität verbleiben.
132Über das allgemeine Risiko hinausgehende, persönliche gefahrerhöhende Merkmale des Klägers wurden nicht glaubhaft gemacht und sind für die Kammer auch nicht ersichtlich.
133Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
134Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
135Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11 und 711 der Zivilprozessordnung.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.