Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. März 2018 - Au 5 K 17.513

bei uns veröffentlicht am22.03.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung hinsichtlich der Nutzungsänderung eines Einfamilienhauses zu einer heilpädagogischen Kinderheimeinrichtung.

Das streitgegenständliche Bestandsgebäude auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. ... der Gemarkung ... ist mit Bescheid vom 10. November 1998 als Wohngebäude baurechtlich genehmigt worden. Das Baugrundstück befindet sich im Geltungsbereich des seit 4. Mai 1994 rechtsverbindlichen Bebauungsplans „...“ der Klägerin. Der Bebauungsplan setzt für den gegenständlichen Bereich des Baugrundstücks ein allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO) 1990 fest.

Hinsichtlich der Dachneigung, Firstrichtung und des Überbaus wurden im Bescheid vom 10. November 1998 Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) erteilt. Die Klägerin hatte diesbezüglich mit Beschluss vom 31. August 1998 Befreiungen und Ausnahmen von den Festsetzungen ausnahmslos zugestimmt.

Mit Formblatt vom 22. Januar 2017 beantragte der Beigeladene eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des bestehenden Einfamilienhauses zu einer heilpädagogischen Kinderheimeinrichtung gemäß § 45 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII.

Mit Beschluss vom 7. März 2017 verweigerte die Klägerin die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens.

Mit Bescheid vom 27. März 2017 erteilte das Landratsamt ... dem Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung hinsichtlich der Umnutzung eines bestehenden Einfamilienhauses zu einer heilpädagogischen Kinderheimeinrichtung auf der Fl.Nr. ... der Gemarkung ....

Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Vorhaben keinen öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen seien. Das gegenständliche Grundstück befinde sich im Geltungsbereich des gültigen Bebauungsplans „...“. Die Festsetzungen des Bebauungsplans sähen ein allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 der BauNVO 1990 vor. Hinsichtlich der beantragten Nutzungsänderung sei lediglich die Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zu prüfen. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1990 seien in einem allgemeinen Wohngebiet u.a. Anlagen für soziale Zwecke allgemein zulässig. Die beantragte Nutzungsänderung bedürfe daher keiner Ausnahme oder Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Das Vorhaben sei nach den §§ 29, 30 Abs. 1 BauGB zulässig, weil es den Festsetzungen nicht widerspreche und die Erschließung gesichert sei. Nachdem lediglich bei Vorhaben nach den §§ 31 und 33 bis 35 BauGB im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden sei, bedürfe es des gemeindlichen Einvernehmens im vorliegenden Falle nicht. Eine Entscheidung über das Ersetzen des gemeindlichen Einvernehmens nach Art. 67 Bayerische Bauordnung (BayBO) sei nicht erforderlich. Das von der Klägerin verweigerte Einvernehmen zur beantragten Nutzungsänderung sei zudem nicht begründet worden. Zur Prüfung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften werde zunächst auf die bestandskräftige Genehmigung vom 10. November 1998 hingewiesen. Vorliegend seien zum einen die Vorschriften zu den notwendigen Stellplätzen sowie der vorgelegte Brandschutznachweis neu geprüft worden. Aus den vorgelegten Genehmigungsunterlagen ergäben sich keine Anhaltspunkte auf weitere prüfungsrelevante Vorgaben der Bayerischen Bauordnung.

Mit Schriftsatz vom 7. April 2017, bei Gericht per Telefax eingegangen am 7. April 2017, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom 27.3.2017, Az.:, aufzuheben.

Zur Klagebegründung ist mit Schreiben vom 30. Mai 2017 ausgeführt, dass die Klage begründet sei. Die Klägerin sei zwar im Genehmigungsverfahren beteiligt worden, sie habe jedoch ihr erforderliches Einvernehmen verweigert. Dieses sei vom Beklagten nicht gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB i.V.m. Art. 67 BayBO ersetzt worden, so dass die Klägerin bereits deshalb in ihren Rechten verletzt sei. Eine ohne wirksames oder wirksam ersetztes gemeindliches Einvernehmen erteilte Baugenehmigung sei auf den Rechtsbehelf der Gemeinde hin aufzuheben. Dies gelte unabhängig davon, ob ein materieller Anspruch auf die Genehmigung bestehe bzw. das Einvernehmen zu Recht oder zu Unrecht verweigert worden sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe es vorliegend des gemeindlichen Einvernehmens bedurft, da ein Fall des § 31 BauGB vorliege. Das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“. Der Beklagte habe zu Unrecht allein geprüft, ob das streitgegenständliche Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung den Festsetzungen des Bebauungsplans entspreche. Letztendlich habe der Beklagte damit der Sache nach Bestandsschutzerwägungen angestellt, die in diesem Zusammenhang fehlgingen. Diese Einschränkung des Prüfprogramms lasse sich mit § 29 Abs. 1 BauGB nicht vereinbaren. Aus dem Wortlaut des § 29 Abs. 1 BauGB ergebe sich, dass sich Vorhaben, die eine Nutzungsänderung zum Inhalt hätten, an den §§ 30 bis 37 BauGB messen lassen müssten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfe, wenn genehmigungspflichtige Maßnahmen die Merkmale einer Änderung bzw. Nutzungsänderung im Sinne des § 29 BauGB aufwiesen, die erforderliche Baugenehmigung nur erteilt werden, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen des § 34 BauGB erfüllt seien. Dieser Grundsatz sei auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Für eine erleichterte Zulässigkeit des Vorhabens unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes sei demnach kein Raum. Das streitgegenständliche Vorhaben sei vollumfänglich an den Festsetzungen des Bebauungsplans zu messen gewesen. Zu diesen stehe es aber teilweise im Widerspruch. Nach § 4 der Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ müssten die Baugrundstücke im Plangebiet bei einer offenen Bauweise eine Mindestgröße von 650 m2 aufweisen. Das streitgegenständliche Grundstück mit der Fl.Nr. ... sei jedoch nur 582 m2 groß. Weiter werde die Geschossflächenzahl gemäß § 3 Nr. 1 der textlichen Festsetzungen auf 0,6 festgesetzt. Das streitgegenständliche Gebäude weise jedoch eine Geschossflächenzahl von 0,738 auf. Es hätte daher vorliegend einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans bedurft. Die Klägerin habe das erforderliche Einvernehmen rechtzeitig verweigert. Dieses sei nicht ersetzt worden. Demnach sei die Klägerin in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht verletzt. Der streitgegenständliche Bescheid sei daher rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2017 hat der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... mit Bescheid vom 10. November 1998 baurechtlich genehmigt worden sei. Gegenstand der Baugenehmigung seien Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ der Klägerin gewesen. Die Klägerin habe mit Beschluss vom 31. August 1998 allen Befreiungen und Ausnahmen im Zusammenhang mit dem beantragten Bauvorhaben zugestimmt. Sowohl der Bauverwaltung des Landratsamtes ... als auch der Klägerin sei zum Zeitpunkt der Antragstellung am 24. August 1998 bekannt gewesen, dass das Grundstück die Mindestgröße nicht erreiche. Dies ergebe sich aus der Baubeschreibung zur beantragten Baugenehmigung. Der Klägerin sei dies ebenfalls durch den Verkauf des Grundstücks bewusst gewesen. Durch das nunmehr geplante und beantragte Vorhaben „Umnutzung eines bestehenden Einfamilienhauses zu einer heilpädagogischen Kinderheimeinrichtung“ werde weder eine Änderung der Grundstücksgröße noch eine Änderung hinsichtlich der Geschossfläche vorgenommen. Entsprechende Befreiungen seien zudem nicht beantragt worden. Nach Prüfung durch den Bereich Bautechnik könne zur Geschossfläche mitgeteilt werden, dass die Angaben im streitgegenständlichen Verfahren falsch seien. Das Kellergeschoss sei kein Vollgeschoss. Damit betrage die Geschossflächenzahl 0,492, eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sei somit nicht erforderlich. Das Vorhaben sei nach § 30 BauGB zu beurteilen. Die geplante Nutzung entspreche dem Bebauungsplan, so dass eine Genehmigung zu erteilen gewesen sei. Die Klägerin sei in ihrem Planungsrecht nicht verletzt worden.

Mit Beschluss des Gerichts vom 9. Mai 2017 wurde der Bauherr zum Verfahren notwendig beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Am 22. März 2018 fand die mündliche Verhandlung vor Gericht statt.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte, die Gerichtsakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klägerin ist insbesondere klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO). Die Klägerin kann sich auf eine mögliche Verletzung in ihren subjektiven Rechten, im Wesentlichen hinsichtlich ihrer verfassungsrechtlich garantierten Planungshoheit als einen Teilaspekt des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG‚ Art. 11 Abs. 2 Satz 2 Bayerische Verfassung – BV), berufen.

2. Die Klage ist in der Sache nicht begründet.

Die Klägerin ist durch die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Eine Ersetzung des verweigerten gemeindlichen Einvernehmens war vorliegend nicht erforderlich.

a) Über die Zulässigkeit von Bauvorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 Baugesetzbuch (BauGB) wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden, § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Das Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens dient dabei der Sicherung der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV verankerten gemeindlichen Planungshoheit. Das gemeindliche Einvernehmen ist ein als Mitentscheidungsrecht ausgestattetes Sicherungsinstrument des Baugesetzbuchs, mit dem die Gemeinde als sachnahe und fachkundige Behörde und als Trägerin der Planungshoheit in Genehmigungsverfahren mitentscheidend an der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens beteiligt wird (BVerwG, U.v. 14.4.2000 – 4 C 5/99 – BayVBl 2001, 22). Entspricht ein zulässiges Vorhaben nicht den planerischen Vorstellungen der Gemeinde, kann diese den Maßstab für die Zulässigkeitsprüfung durch Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans ändern und planungssichernde Maßnahmen ergreifen.

Ein fehlendes Einvernehmen darf die Baugenehmigungsbehörde nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB i.V.m. Art. 67 Abs. 1 Satz 1 BayBO nur ersetzen, wenn es zu Unrecht verweigert worden ist, weil das Vorhaben nach den §§ 31 und 33 bis 35 BauGB zulässig ist, und ein Rechtsanspruch auf Erteilung der jeweiligen Genehmigung besteht. Dies bedeutet, dass auf die Klage einer Gemeinde gegen die Ersetzung ihres Einvernehmens bei einem Bauvorhaben, die Voraussetzungen der §§ 31 und 33 bis 35 BauGB in vollem Umfang nachzuprüfen sind und sich eine Differenzierung danach, ob diese Voraussetzungen jeweils dem Selbstverwaltungsrecht zuzuordnen sind oder nicht, verbietet. Die zugunsten der Gemeinde in § 36 Abs. 1 BauGB normierte Beteiligungsbefugnis und ihre damit anerkannte hoheitliche Mitverantwortung schließen es aus, ihre Stellung mit der eines privaten Nachbarn im Verhältnis zu einem privaten Bauherrn zu vergleichen (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2008 – 1 ZB 08.1462 – juris; OVG RhPf, U.v. 16.3.2006 – 1 K 2012/04 – juris; NdsOVG, U.v. 10.1.2008 – 12 LB 22/07 – juris). Daraus folgt, dass jede Verletzung oder Missachtung des Rechts der Gemeinde auf Einvernehmen zur Aufhebung der Genehmigung führt (vgl. OVG SH, U.v. 11.11.2013 – 12 LC 271/11 – BauR2014, 522; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: Oktober 2017, § 36 Rn. 47 m.w.N.). Andererseits bedeutet dies aber auch, dass Verstöße gegen andere Rechtsnormen dem Rechtsmittel der Gemeinde nur dann zum Erfolg verhelfen können, wenn sie auch dem Schutz der Gemeinde – insbesondere ihrer Planungshoheit – zu dienen bestimmt sind (BVerwG, U.v. 31.10.1990 – BVerwGE 4 C 45.88 – NVwZ 1991, 176; OVG SH, B.v. 7.10.2004 – 1 ME 169/04 – NVwZ-RR 2005, 90). Denn § 36 BauGB erschöpft sich darin, das bauaufsichtliche Verfahren näher auszugestalten. Die Vorschrift begründet hinsichtlich der materiellen Planungshoheit keine Rechte, sondern setzt diese voraus. Wenn entsprechend dem durch § 36 Abs. 2 BauGB begrenzten Prüfumfang eine Verletzung der Planungshoheit einer Gemeinde zu verneinen ist, kann diese sich auch nicht mit Erfolg gegen die Ersetzung ihres Einvernehmens wenden (BVerwG, B.v. 10.1.2006 – 4 B 48.05 – BauR 2006, 815).

Für den Fall, dass ein nach § 36 BauGB erforderliches Einvernehmen verweigert wurde und die Baugenehmigungsbehörde dieses nicht ersetzt hat, ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass die Gemeinde allein deshalb in ihrem Recht der Planungshoheit (§ 2 Abs. 1 BauGB‚ Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG‚ Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) verletzt ist‚ ohne dass es darauf ankommt‚ ob sie das Einvernehmen zu Recht verweigert hat (vgl. BayVGH, U.v. 1.3.2016 – 1 BV 15.1535 – juris Rn. 23). Einer Anfechtungsklage der Gemeinde ist in einem solchen Fall bereits aus diesem Grund stattzugeben. Zu prüfen ist daher nicht, ob der Bauherr einen materiellen Anspruch auf die beantragte Genehmigung besitzt (BVerwG, U.v. 26.3.2015 – 4 C 1.14 – BauR 2015, 1457).

b) Eine Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens ist bei der Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht erfolgt und war nach Auffassung der Kammer auch nicht erforderlich.

Vorliegend ist der Anwendungsbereich des § 36 BauGB bereits nicht eröffnet. Es handelt sich bei dem gegenständlichen Genehmigungsverfahren nicht um eine Prüfung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB. Die angefochtene Baugenehmigung wurde in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nach § 30 Abs. 1 BauGB erteilt. Die beantragte Nutzungsänderung eines Einfamilienhauses in eine heilpädagogische Jugendheimeinrichtung entspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ der Klägerin. Das geplante Vorhaben ist nach seiner Art der baulichen Nutzung als soziale Anlage gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO 1990) in dem durch den Bebauungsplan festgesetzten Allgemeinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich allgemein zulässig. Eine Ausnahme oder Befreiung nach § 31 BauGB wurde weder beantragt noch erteilt. Eine solche ist hinsichtlich der beantragten Nutzungsänderung auch nicht erforderlich. Eine Prüfung des Maßes der baulichen Nutzung durch die Baugenehmigungsbehörde war nicht Prüfungsgegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.

Die Baugenehmigung entfaltet bauplanungsrechtlich demzufolge auch nur insoweit eine Regelungswirkung, als Gegenstand des Genehmigungsverfahrens die Nutzungsänderung, d.h. die Änderung der Art der baulichen Nutzung ist. Eine Prüfung der von der Klägerin vorgetragenen Befreiung für das Bestandsgebäude im Rahmen des Maßes der baulichen Nutzung hinsichtlich der Mindestgröße des Grundstücks ist kein Bestandteil des Prüfungsumfangs des streitgegenständlichen Genehmigungsverfahrens. Die Baugenehmigung entfaltet diesbezüglich auch keine Regelungs- und Feststellungswirkung. Es ist gerade nicht so, dass bei der Genehmigung einer Nutzungsänderung die bauliche Anlage erneut einer umfänglichen Prüfung sowohl hinsichtlich der Art als auch des Maßes der baulichen Nutzung unterliegt. Die Vorschrift des § 29 Abs. 1 BauGB differenziert hierbei explizit zwischen der Errichtung, der Änderung und der Nutzungsänderung einer baulichen Anlage. Die Tatsache, dass bei der Errichtung des Bauvorhabens eine an sich notwendige Befreiung in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung nicht erteilt wurde, führt daher nach Auffassung der Kammer nicht dazu, dass der Prüfungsumfang hinsichtlich der Nutzungsänderung erweitert würde. Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich des im Rahmen des § 34 BauGB erforderlichen Prüfungsumfangs lässt für den vorliegenden Fall, in dem ein qualifizierter Bebauungsplan der Gemeinde vorhanden ist, keine Rückschlüsse zu, da in den Fällen der Prüfung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens anhand des § 34 BauGB der Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB unproblematisch eröffnet ist und sich die vorliegend aufgeworfene Frage bereits nicht stellt.

Da demzufolge kein Fall des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB vorliegt, scheidet eine Verletzung der Beteiligungsbefugnis der Klägerin im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren aus.

c) Eine anderweitige Verletzung der Klägerin in ihrem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht scheidet vorliegend ebenfalls aus. Hinsichtlich der abweichenden Mindestgröße des Grundstücks ist die Klägerin nicht materiell in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hatte hinsichtlich des Bestandsgebäudes ihr Einvernehmen mit Beschluss vom 31. August 1998 auch in Bezug auf alle erforderlichen Befreiungen erteilt. Damit hat sie selbst im streitgegenständlichen Baukörper keinen Widerspruch zu ihrer Planung gesehen. Der Baukörper an sich ist mit Bescheid vom 10. November 1998 bestandskräftig genehmigt. Eine Verletzung der Planungshoheit der Klägerin durch die Umnutzung des Bestandsgebäudes ist nach Auffassung der Kammer nicht gegeben.

Belange ihrer Bürger – vorliegend die subjektiven Rechte der Nachbarn des Baugrundstückes – kann die Klägerin nicht geltend machen. Der Umstand allein, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts öffentliche Aufgaben, also Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit wahrnimmt, macht sie nicht zum grundrechtsgeschützten „Sachwalter“ des Einzelnen bei der Wahrnehmung seiner Grundrechte. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Bürger selbst seine Grundrechte wahrnimmt und etwaige Verletzungen geltend macht. (BVerfG, B.v. 8.7.1982 – 2 BvR 1187/80 – BVerfGE 61, 82 – juris Rn. 62).

Nach alledem ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat und sich somit keinem prozessualen Risiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

4. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. März 2018 - Au 5 K 17.513

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. März 2018 - Au 5 K 17.513

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. März 2018 - Au 5 K 17.513 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

Baugesetzbuch - BBauG | § 33 Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung


(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn1.die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden is

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. März 2018 - Au 5 K 17.513 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. März 2018 - Au 5 K 17.513 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 01. März 2016 - 1 BV 15.1535

bei uns veröffentlicht am 01.03.2016

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. April 2015 wird aufgehoben. II. Der Bescheid des Landratsamts R. vom 31. Juli 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen. I

Referenzen

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. April 2015 wird aufgehoben.

II.

Der Bescheid des Landratsamts R. vom 31. Juli 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.

IV.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

V.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Verlängerung der Geltungsdauer einer Baugenehmigung für ein Autohaus in ihrem Gemeindegebiet.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2008 erhielt die Beigeladene eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Autohauses auf der Grundlage des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 33 „VEP A. W.-Chiemsee“ (im Folgenden: Bebauungsplan) der Klägerin. Der dem Bebauungsplan zugrunde liegende Durchführungsvertrag vom 19. Oktober 2007 sah zunächst eine Fertigstellung des Vorhabens bis zum 30. September 2009‚ der Änderungsvertrag vom 29. September 2009 eine Fertigstellung bis zum 30. September 2013 vor. Die Geltungsdauer der Baugenehmigung wurde bis zum 14. August 2014 verlängert.

Nachdem das Bauvorhaben von der Beigeladenen weiterhin nicht verwirklicht worden war‚ verweigerte der Gemeinderat der Klägerin mit Beschluss vom 20. März 2014 die Zustimmung zur weiteren Verlängerung des Durchführungsvertrags. Auch dem Antrag der Beigeladenen vom 31. Mai 2014 auf weitere Verlängerung der Baugenehmigung verweigerte der Gemeinderat der Klägerin mit Beschluss vom 10. Juli 2014 das Einvernehmen‚ da der vorhabenbezogene Bebauungsplan wegen des ausgelaufenen Durchführungsvertrags nicht mehr wirksam sei und das Bauvorhaben deshalb heute nicht mehr genehmigt werden könne. Nach seinen eigenen Angaben fasste der erste Bürgermeister der Klägerin am 27. Juli 2014 mündlich den Aufstellungsbeschluss zur Aufhebung des Bebauungsplans und stellte am 28. Juli 2014 einen Antrag auf Zurückstellung des Verlängerungsantrags bei dem Landratsamt R. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 28. Juli 2014 ortsüblich bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 30. Juli 2014 lehnte das Landratsamt R. den Zurückstellungsantrag ab und verlängerte mit Bescheid vom 31. Juli 2014 - unter ausdrücklicher Berufung auf ein vermeintlich vorliegendes Einvernehmen der Klägerin - die Geltungsdauer der Baugenehmigung bis zum 14. August 2016. Am 31. Juli 2014 bestätigte der Gemeinderat der Klägerin den Aufstellungsbeschluss zur Aufhebung des Bebauungsplans.

Am 22. August 2014 erhob die Klägerin Klage gegen die Ablehnung der Zurückstellung und gegen die Verlängerung der Baugenehmigung. Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2015 beantragte sie außerdem‚ die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 31. Juli 2014 anzuordnen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab‚ der erkennende Senat gab ihm statt.

Mit Urteil vom 18. April 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zurückstellung des Verlängerungsantrags der Beigeladenen aus § 15 Abs. 1 BauGB‚ da diese Vorschrift nach § 12 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB im Bereich eines Vorhaben- und Erschließungsplans keine Anwendung finde‚ so dass die beabsichtigte Aufhebung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht durch eine Zurückstellung habe abgesichert werden können.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung führt die Klägerin im Einzelnen aus: Es liege ein wirksamer vorhabenbezogener Bebauungsplan vor‚ da man im vorliegenden Fall Vorhaben- und Erschließungsplan und vorhabenbezogenen Bebauungsplan als Einheit ansehen müsse. Bei der beabsichtigten Aufhebung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 Abs. 6 Satz 1 BauGB kämen nach dessen Sinn und Zweck die Sicherungsinstrumente der §§ 14 ff. BauGB - trotz § 12 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB - zur Anwendung. Der erste Bürgermeister habe wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit gemäß Art. 37 Abs. 3 GO wirksam einen Antrag auf Zurückstellung des Verlängerungsantrags gestellt. Jedenfalls sei die Entscheidung des ersten Bürgermeisters mit dem Beschluss vom 31. Juli 2014 geheilt worden.

In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich des Bescheids vom 30. Juli 2014 für erledigt; Beklagter und Beigeladener stimmten dem nicht zu.

Die Klägerin stellt den Antrag‚

unter diesbezüglicher Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. April 2015 den Bescheid des Beklagten vom 31. Juli 2014 aufzuheben.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 30. Juli 2014 beantragt sie festzustellen‚ dass der Rechtstreit erledigt ist.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen‚

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte führt aus‚ auch bei der Aufhebung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans komme § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht zur Anwendung. Im Übrigen zeige der Aufstellungsbeschluss keine positiven Planungsabsichten auf‚ die mit deren Zurückstellung abgesichert werden hätten sollen. Es gehe erklärtermaßen lediglich um die Verhinderung eines bereits genehmigten Vorhabens. Der Aufstellungsbeschluss des ersten Bürgermeisters könne bereits aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht als dringliche Anordnung oder unaufschiebbares Geschäft angesehen werden‚ da er einen gemeindlichen Rechtsetzungsakt‚ der eine Abwägungsentscheidung durch den Gemeinderat erfordere‚ darstelle. Im Übrigen müsse dem Landratsamt nicht einmal der Durchführungsvertrag vorgelegt werden‚ so dass es insoweit auch nicht die Beteiligung der Gemeinde sicherstellen könne.

Die Beigeladene trägt vor: Eine Verpflichtung zur Zurückstellung sei nicht mehr möglich‚ da der Bebauungsplan inzwischen aufgehoben sei. § 15 BauGB werde durch § 12 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB ausgeschlossen. Dies folge aus der Entstehungsgeschichte‚ dem Wortlaut und der Systematik des § 12 BauGB. Auch die vom Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgenommene teleologische Reduktion dahingehend‚ dass der Ausschluss des § 15 BauGB für die Aufhebung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans wegen der dann nicht mehr übereinstimmenden Interessenlage zwischen Gemeinde und Vorhabensträger nicht gelte‚ sei unzulässig. Eine Anwendung der § 14 ff. BauGB sei nicht erforderlich‚ da die Gemeinde ihre Rechte und Interessen sehr viel besser und effektiver durch entsprechende Regelungen im Durchführungsvertrag‚ der konstitutiver Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei‚ sicherstellen könne. Das Einvernehmen der Klägerin sei gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht erforderlich gewesen‚ da das Vorhaben den Festsetzungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans entspreche. Das von der Klägerin verweigerte Einvernehmen habe deshalb vom Beklagten nicht ersetzt werden müssen; was nicht erforderlich sei‚ müsse auch nicht ersetzt werden. Der Bebauungsplan sei im Übrigen auch wirksam zustande gekommen‚ da jedenfalls im Falle des § 12 Abs. 3a BauGB das Vorliegen einer Urkunde für Vorhaben- und Erschließungsplan sowie Bebauungsplan ausreiche. Selbst im Falle seiner Unwirksamkeit könne sich die Klägerin nicht auf ihre Planungshoheit berufen‚ da sich das (objektive) Erfordernis ihres Einvernehmens nur daraus ergebe‚ dass ein von ihr selbst erlassener Bebauungsplan unwirksam sei. In diesem Fall habe die Gemeinde allein die Möglichkeit‚ diesen (von ihr für unwirksam gehaltenen) Bebauungsplan im dafür vorgeschriebenen förmlichen Verfahren aufzuheben‚ wie das § 12 Abs. 6 Satz 1 BauGB als Regelverpflichtung vorsehe. Im Übrigen bedürfe es im Falle der Aufhebung eines fehlgeschlagenen vorhabenbezogenen Bebauungsplans einer Ersatzplanung.

Im Übrigen wird auf die Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2016 verwiesen. Dort hat der Senat mit den Beteiligten ausführlich die - im bisherigen Verfahren nur am Rande behandelte - Problematik zu § 36 BauGB erörtert.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Hinblick auf die Verlängerung der Baugenehmigung im Bescheid vom 31. Juli 2014 zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin wurde zwar im Genehmigungsverfahren beteiligt‚ sie hat jedoch ihr gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliches Einvernehmen verweigert. Dieses wurde vom Landratsamt R. nicht gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB‚ Art. 67 BayBO ersetzt‚ so dass die Klägerin bereits deshalb in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO‚ § 2 Abs. 1‚ § 36 BauGB‚ Art. 28 Abs. 2 GG‚ Art. 11 Abs. 2 BV) und der Klage insoweit stattzugeben ist (s. hierzu 1). Ein Anspruch auf Zurückstellung gemäß § 15 BauGB besteht hingegen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht (mehr)‚ da der Bebauungsplan inzwischen aufgehoben ist‚ so dass die im Berufungsverfahren auf Feststellung der Erledigung umgestellte Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen ist (s. 2).

1. Die Verlängerung der Baugenehmigung nach Art. 69 Abs. 2 BayBO im Bescheid vom 31. Juli 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.1 Der der Baugenehmigung und deren Verlängerung zugrunde liegende Bebauungsplan ist als vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3a BauGB wirksam zustande gekommen. Ihm liegt zwar kein - gesonderter - Vorhaben- und Erschließungsplan (§ 12 Abs. 1 Satz 1‚ Abs. 3 Satz 1 BauGB) zugrunde. Der Bebauungsplan ist aber als „vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 33 „VEP A. W.-Chiemsee“ bezeichnet; auch der Durchführungsvertrag wird „für den Vorhaben- und Erschließungsplan (VEP Bebauungsplan Nr. 33 „GE-Chiemseestraße/Nord-A. W. ...““) geschlossen und es soll gemäß § 2 Buchst. b ein „Vorhaben- und Erschließungsplan in der Fassung vom 25. Juli 2007 (Anlage 2)“ Bestandteil des Durchführungsvertrags sein. Dabei handelt es sich um den Entwurf des künftigen vorhabenbezogenen Bebauungsplans vom 25. Juli 2007. Somit ist nach den Planunterlagen abwechselnd und teilweise synonym vom Vorhaben- und Erschließungsplan oder vom vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Rede.

In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten‚ ob ein vorhabenbezogener Bebauungsplan auch ohne (gesonderten) Vorhaben- und Erschließungsplan wirksam sein kann (grundsätzlich eher verneinend OVG NRW‚ U. v. 23.1.2006 - 7 D 60/04.NE-BauR 2006‚ 1275; ebenso BayVGH‚ U. v. 27.9.2005 - 8 N 03.2750 - BayVBl 2006‚ 665; offen gelassen in BayVGH‚ B. v. 27.10.2009 - 15 CS 09.2252 - juris Rn. 10). Der Senat ist im Berufungsverfahren zu der Überzeugung gelangt‚ dass in einem Fall wie hier‚ in dem Vorhaben- und Erschließungsplan und vorhabenbezogener Bebauungsplan räumlich und sachlich identisch sind‚ beide Pläne ausnahmsweise „körperlich“ in einer Planurkunde vereinigt werden dürfen (so bereits BayVGH‚ U. v. 3.8.2010 - 15 N 10.358 - juris Rn. 22; BayVGH‚ U. v. 20.4.2011 - 15 N 10.1320 - BauR 2011‚ 1775; angedeutet: OVG NRW‚ U. v. 11.9.2008 - 7 D 74/07.NE - juris Rn. 57).

Die Klägerin hat hier von der Festsetzungsmöglichkeit des § 12 Abs. 3a Satz 1 BauGB Gebrauch gemacht‚ wie sich aus § 9 Nr. 4 des Durchführungsvertrags ergibt; denn sie hat unter Nummer 1 Abs. 1 Satz 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO als allgemeine Art der baulichen Nutzung mit der Einschränkung festgesetzt‚ dass nur solche Vorhaben zulässig sind‚ zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Damit übernimmt der Durchführungsvertrag die planungsrechtliche Konkretisierung des Vorhabens mit der Konsequenz‚ dass die näheren Vorgaben im Durchführungsvertrag maßgeblich für die Zulässigkeit des jeweiligen Vorhabens sind (vgl. Busse in Spannowsky/Uechtritz‚ BauGB‚ 1. Aufl. 2009‚ § 12 Rn. 56). Da der vorhabenbezogene Bebauungsplan nicht nur darauf gerichtet ist, nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB die planungsrechtlichen Grundlagen für ein im Vorhaben- und Erschließungsplan bestimmtes Projekt zu schaffen, sondern in Verknüpfung mit dem Durchführungsvertrag der Realisierung des Projekts innerhalb eines überschaubaren Zeitraums dient (vgl. Gatz in Berliner Kommentar zum BauGB, § 12 Rn. 35), gehört auch der Zeitpunkt der Fertigstellung des Projekts zu den Festsetzungen nach § 12 Abs. 3a Satz 1 BauGB.

Nach § 2 Buchst. c ist dem vorliegenden Durchführungsvertrag ein „Baukonzept zur Errichtung dieses A. Stand: Oktober 2007“ als Anlage 3 beigefügt, das das konkrete Projekt im Einzelnen darstellt. Damit ist im Bebauungsplan abschließend festgesetzt‚ welches konkrete Vorhaben im Detail zulässig sein soll. Durch den Verweis auf § 3 des Durchführungsvertrags enthält der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch die Festsetzung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauGB‚ dass das Vorhaben ursprünglich bis spätestens 30. September 2009‚ verlängert bis zum 30. September 2013‚ durchgeführt werden muss. Daher hätte es nach Ablauf der Durchführungsfrist einer erneuten Änderung des Durchführungsvertrags bedurft, um das Vorhaben nach § 30 Abs. 2 BauGB genehmigen zu können. Da das Vorhaben der Beigeladenen aber dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan widersprach, war gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB das Einvernehmen der Klägerin bzw. im Falle der Verweigerung - wie hier - die Ersetzung desselben gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB‚ Art. 67 BayBO erforderlich. Das Landratsamt muss sich deshalb in Fällen des § 12 Abs. 3a BauGB (der hier vorliegenden Art) den Durchführungsvertrag samt Anlagen vorlegen lassen‚ um prüfen zu können‚ welches Bauvorhaben es genehmigt und bis zu welchem Zeitpunkt das Vorhaben durchzuführen ist‚ was generell zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB).

Das Landratsamt hat die Klägerin zwar im Baugenehmigungsverfahren beteiligt‚ es hat im angefochtenen Bescheid jedoch unzutreffend festgestellt‚ dass das Einvernehmen der Klägerin vorliege und somit die Baugenehmigung erteilt werden könne. Da diese Annahme wegen des ausdrücklich verweigerten Einvernehmens der Klägerin falsch war‚ hätte das Landratsamt das Einvernehmen wie erwähnt ersetzen müssen‚ wenn es die Baugenehmigung hätte verlängern wollen. Allein deshalb ist die Klägerin in ihrem Recht der Planungshoheit (§ 2 Abs. 1 BauGB‚ § 36 Abs. 1 BauGB‚ Art. 28 Abs. 2 GG‚ Art. 11 Abs. 2 BV) verletzt‚ ohne dass es darauf ankommt‚ ob sie das Einvernehmen zu Recht verweigert hat (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 4 C 1.14 - BauR 2015, 1457).

1.2 Etwas anderes ergäbe sich aber auch dann nicht‚ wenn der Bebauungsplan unwirksam wäre. Selbst wenn man davon ausgehen wollte‚ dass dieser wegen Nicht-Vorhandenseins eines gesonderten Vorhaben- und Erschließungsplans wegen eines Verstoßes gegen § 12 Abs. 1 Satz 1‚ Abs. 3 Satz 1 BauGB oder mangels einer Festsetzung nach § 9 Abs. 2 BauGB wegen eines dann vorliegenden Verstoßes gegen § 12 Abs. 3a Satz 1 BauGB unwirksam sein sollte‚ wäre auch in diesem Fall das Einvernehmen der Klägerin gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderlich gewesen und zu Recht verweigert worden. Nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten und nach den dem Senat vorliegenden Plänen ist nämlich das zu bebauende Grundstück dem Außenbereich zuzurechnen‚ so dass die Baugenehmigung und damit auch ihre Verlängerung jedenfalls wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu versagen gewesen wären (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB).

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen kann sich die Klägerin auch in diesem Fall auf ihre Planungshoheit und damit auf eine mögliche Rechtsverletzung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) berufen. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nicht Anderes. Die Beigeladene verweist zwar zutreffend auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Januar 2006 (4 B 48.05 - BauR 2006‚ 815)‚ wonach die Regelung in § 36 BauGB hinsichtlich der materiellen Planungshoheit der Gemeinde keine Rechte begründet‚ sondern sie voraussetzt‚ so dass sich die Gemeinde nicht gegen die Ersetzung ihres Einvernehmens wenden kann‚ wenn die Planungshoheit nicht verletzt ist. Eine Aussage dahingehend‚ dass eine Gemeinde‚ die einen unwirksamen Bebauungsplan aufgestellt hat‚ sich nicht mehr auf ihre Planungshoheit berufen kann‚ ist dieser Entscheidung jedoch nicht zu entnehmen‚ ebensowenig wie dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 1986 (4 C 60.84 - BayVBl 1987‚ 311). Aus dieser Entscheidung folgt entgegen dem Vortrag der Beigeladenen nicht‚ dass die Gemeinde im Falle des Erlasses eines unwirksamen Bebauungsplans nur mehr die Möglichkeit habe‚ diesen Bebauungsplan aufzuheben. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht dort nur festgestellt‚ dass wegen der im Allgemeinen nicht für jedermann erkennbaren Unwirksamkeit eines Bebauungsplans die Gemeinde den durch die Normgebung gesetzten Rechtsschein durch einen Gegenakt der Normsetzung‚ d. h. beim fehlerhaften Bebauungsplan durch dessen förmliche Aufhebung‚ zu beseitigen hat. Eine Aussage dahingehend‚ dass die Gemeinde in einem solchen Fall ihre Planungshoheit sozusagen „verwirkt“ habe‚ enthält diese Entscheidung nicht.

1.3 Nach alledem kommt es auf die von den Beteiligten und auch vom Verwaltungsgericht sowie dem erkennenden Senat im Eilverfahren in den Vordergrund gerückte Frage nicht an‚ ob § 12 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB die Anwendbarkeit der §§ 14 ff. BauGB auch für den Fall der Aufhebung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 Abs. 6 Satz 1 BauGB wegen nicht fristgerechter Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans ausschließt.

2. Der zulässige Feststellungsantrag (vgl. zur einseitigen Erledigungserklärung des Klägers grundsätzlich Kopp/Schenke‚ VwGO‚ 17. Aufl. 2011‚ § 161 Rn. 20 ff.) ist unbegründet‚ so dass insoweit die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen ist. Es bedurfte von Beginn an keiner Zurückstellung der Entscheidung über den Verlängerungsantrag, weil die Verlängerung der Baugenehmigung in jedem Fall des Einvernehmens der Klägerin bedurfte. Denn entweder widersprach das Vorhaben der Beigeladenen nach Ablauf der im Durchführungsvertrag vereinbarten Frist den Festsetzungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans oder es war im Fall der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 1‚ Abs. 3‚ § 162 Abs. 3 VwGO. Dabei sind die Kosten zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen‚ die sich durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat‚ hälftig zu teilen. Beklagtem und Beigeladenem sind die Kosten ganz aufzuerlegen‚ da die Klägerin im Hinblick auf die Zurückstellung nur zu einem (sehr) geringen Teil unterlegen ist (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 zuzulassen‚ da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Insbesondere können durch das Bundesverwaltungsgericht die Fragen geklärt werden‚ ob ein vorhabenbezogener Bebauungsplan ohne gesonderten Vorhaben- und Erschließungsplan wirksam ist‚ ob - im Falle des § 12 Abs. 3a BauGB - bei der Verlängerung einer Baugenehmigung nach Ablauf der Durchführungsfrist das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich ist und ob sich - ggf. - eine Gemeinde im Falle des Erlasses eines unwirksamen Bebauungsplans gleichwohl auf ihre Planungshoheit berufen kann.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000‚- Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 3‚ § 52 Abs. 1 GKG).

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.