Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 01. Aug. 2017 - Au 1 K 17.458

bei uns veröffentlicht am01.08.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen Anordnungen des Beklagten bezüglich seiner Rinderhaltung.

Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis ... In der Vergangenheit erließ der Beklagte wegen tierschutz- und tierseuchenwidriger Zustände bei den im Betrieb des Klägers gehaltenen Rindern und Kälbern bereits mehrfach Anordnungen zur Beseitigung dieser Missstände.

Nachdem am 13. Oktober 2016 durch den Milchprüfring Bayern e.V. ein positiver Hemmstoffbefund in der Milchviehhaltung des Klägers festgestellt worden war, wurden am 7. November 2016, am 9. November 2016, am 16. Dezember 2016 und am 18. Januar 2017 Betriebskontrollen bzw. Nachkontrollen hinsichtlich der Tierhaltung im klägerischen Betrieb durchgeführt. Anlässlich dieser Kontrollen wurden diverse Missstände festgestellt.

Nach vorheriger Anhörung verpflichtete das Landratsamt ... den Kläger mit Bescheid vom 9. März 2017 einzeln aufgeführte Maßnahmen in seiner Rinderhaltung zu treffen (Ziffer I. des Bescheids). Die unter dieser Ziffer tabellarisch aufgeführten Maßnahmen wurden hinsichtlich der Haltungseinrichtungen im Betrieb (Ziffern 1.1 bis 1.7), der Klauenpflege der Rinder und durchzuführender tierärztlicher Maßnahmen (Ziffern 2.1 bis 2.8), der Kälberhaltung (Ziffern 3.1 bis 3.6), Meldungen in der HI-Tierdatenbank (Ziffern 4.1 bis 4.3) und dem Zustand der Milchkammer einschließlich der im Rahmen des Melkvorgangs zu beachtenden Hygienemaßnahmen (Ziffern 5.1 bis 5.9) getroffen. Für die einzelnen Maßnahmen wurde jeweils eine Frist für deren Durchführung gesetzt und ein Zwangsgeld festgelegt. Weiterhin wurde bestimmt, dass für den Fall, dass der Kläger die geforderten Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erfülle, die bei den jeweiligen Punkten genannten Zwangsgelder fällig würden (Ziffer II.). Die sofortige Vollziehung des Bescheids wurde angeordnet (Ziffer III.). Unter Ziffer IV. wurden dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt und eine Gebühr in Höhe von 300,00 EUR sowie Auslagen in Höhe von 4.003,23 EUR festgesetzt. Unter Auflistung der einzelnen bei den oben genannten Betriebskontrollen festgestellten Mängel wurde zur Begründung ausgeführt, dass das Landratsamt die notwendigen tierschutzrechtlichen Anordnungen zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße im klägerischen Betrieb zu treffen habe. Insbesondere habe nach § 2 TierSchG derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, dieses seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Bei den betrieblichen Kontrollen sei festgestellt worden, dass der Kläger dagegen verstoßen habe. Ferner habe er gegen die Vorschriften der Viehverkehrsverordnung verstoßen, weil er die nach dieser Verordnung erforderlichen Meldungen in der Tierdatenbank fehlerhaft, verspätet oder gar nicht eingetragen habe. Hinsichtlich des Melkvorgangs und der Verhältnisse in der Milchkammer seien lebensmittelrechtliche Anordnungen nach Art. 54 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004 und§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB zu treffen gewesen, weil Lebensmittelunternehmer sowohl allgemeine als auch spezifische Hygienevorschriften einzuhalten hätten. Angesichts der tierschutzwidrigen Verstöße sei ein Einschreiten der Behörde unabdingbar gewesen. Dies gelte auch hinsichtlich der Nicht- bzw. Falschmeldungen in der Tierdatenbank, weil die Rückverfolgung von möglichen Tierseuchen sonst nicht mehr sichergestellt werden könne. Aufgrund der lebensmittelrechtlichen Verstöße und den damit bestehenden erheblichen Gefahren für die Gesundheit der Verbraucher habe das Landratsamt auch hier einschreiten müssen. Die geforderten Maßnahmen seien schnell und einfach zu erfüllen. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung der tierschutz-, tierseuchen- und lebensmittelrechtlichen Vorschriften überwiege das wirtschaftliche Interesse des Klägers, von der Anwendung solcher Vorschriften verschont zu bleiben. Die jeweils gesetzten Fristen seien angemessen. Es sei nach der jeweiligen Dringlichkeit differenziert worden. Die Höhe des angedrohten Zwangsgelds sei angemessen, insbesondere habe der Kläger trotz der bisherigen Beanstandungen keine echten und eigenen Bemühungen um eine ordnungsgemäße Tierhaltung gezeigt.

Am 16. März 2017 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 9. März 2017 Klage mit folgenden Anträgen,

1. den Bescheid vom 9. März 2017 aufzuheben,

2. hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 9. März 2017 rechtswidrig gewesen ist.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Kläger mittlerweile seine Tierhaltung aufgegeben habe. Er habe aber ein Interesse an der hilfsweise beantragten Feststellung, weil ihm die für den streitgegenständlichen Bescheid angefallenen Kosten auferlegt wurden und die Gefahr bestehe, dass für den Fall erneuter Tierhaltung die rechtswidrigen Anordnungen fortbestehen. Die vom Beklagten beanstandeten Zustände der Haltungseinrichtungen seien unzutreffend. Den Rindern sei eine ausreichend trockene Liegefläche zur Verfügung gestanden. Der Kläger habe Tiefstreueinrichtungen, die regelmäßig gemistet würden. Wenn im Zeitpunkt der Kontrolle das Einstreu nass gewesen sei, so liege das daran, dass das Ausmisten an diesem Tag noch nicht erfolgt sei. Die monierten verletzungsträchtigen Gegenstände seien entfernt worden. Die im Bescheid beanstandeten Trennvorrichtungen seien standardmäßig. Die beanstandeten Liegematten seien nicht gesundheitsschädlich. Entgegen der Ansicht des Beklagten halte der Kläger geeignete Boxen oder Abteile für kranke Tiere vor. Die Klauenpflege sei ausreichend und regelmäßig durchgeführt worden. Die Kälber seien in Gruppen gehalten worden und auch die vom Kläger verwendeten Boxen seien ausreichend dimensioniert. Es sei nicht zu verhindern, dass gelegentlich ein Kalb entkomme. Jedem Kalb ab zwei Wochen stünde ausreichend Wasser und Raufutter zur Verfügung. Warum die Geburt von Tieren unverzüglich in der Tierdatenbank zu melden sei, sei nicht nachvollziehbar. Das Gesetz sehe eine Meldefrist von sieben Tagen vor. Sofern fehlerhafte Meldungen beanstandet würden, seien diese berichtigt. Die vom Kläger verursachten Fehler würden sich innerhalb der zulässigen Fehlertoleranz bewegen. In der Milchkammer sei keine funktionstüchtige Temperaturanzeige zu installieren, da der Milchtank auf 6 Grad eingestellt sei und Fehler beim Pumpen in den Tankwagen bemerkt würden. Es sei auch nicht erkennbar, was mit der Entfernung zweckfremder Gegenstände gemeint sei, die Milch komme mit diesen Gegenständen in der Milchkammer nicht in Berührung. Zudem seien die dem Kläger gesetzten Fristen viel zu kurz bemessen.

Der Beklagte bezieht sich in ihrer Klageerwiderung im Wesentlichen auf die Begründung des angefochtenen Bescheids. Ergänzend wird ausgeführt, die vor Ort gemachten Fotos würden belegen, dass die Haltungseinrichtungen nicht regelmäßig gereinigt würden, verletzungsträchtige Gegenstände enthielten und für die Tiere keine ausreichenden Liegeflächen vorhanden seien. Hinsichtlich der Feststellung der schadhaften Liegematten würden die in der Akte beigelegten Fotos zeigen, dass dort große Löcher vorhanden seien und sich an den defekten Stellen Kot und Urin sammeln würde. Soweit der Kläger vortrage, dass er die beanstandeten Maßnahmen durchgeführt habe, sei er durch den Bescheid nicht beschwert.

Ein ebenfalls angestrengtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Au 1 S. 17.448) wurde nach der vollständigen Veräußerung des Rinderbestandes übereinstimmend für erledigt erklärt und mit Beschluss vom 31. Juli 2017 eingestellt.

In der mündlichen Verhandlung stellten die Beteiligten unstreitig, dass der Kläger derzeit in seinem Betrieb keine Tiere mehr hält, den Betrieb jedoch noch nicht abgemeldet hat. Der Kläger gab hierzu an, seinen landwirtschaftlichen Betrieb ohne Tierhaltung fortführen zu wollen. Der Beklagte hob in der Verhandlung Ziffer IV. des streitgegenständlichen Bescheids auf.

Die Klägerbevollmächtigte erklärte den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt.

Der Beklagte stimmte der Erledigungserklärung nicht zu und beantragte

Klageabweisung.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte, der Gerichtsakte sowie der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

1. Nachdem die Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung die Hauptsache für erledigt erklärt hat, ist Gegenstand der Klage nicht mehr das ursprünglich anhängig gemachte Anfechtungsbegehren hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheids vom 9. März 2017. Die (einseitige) Erledigungserklärung konnte den Rechtsstreit aber auch nicht beenden, weil der Beklagte der Erledigungserklärung nicht zugestimmt hat.

Diese prozessuale Situation hat zur Folge, dass ein sogenannter Erledigungsstreit vorliegt, dessen Gegenstand allein die Frage ist, ob sich der Rechtsstreit durch eine nach Rechtshängigkeit des ursprünglichen Sachbegehrens eingetretene Änderung der Sach- oder Rechtslage erledigt hat (sogenannte Erledigungsfeststellungsklage). Würde das Gericht nämlich im Rahmen der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage zu dem Ergebnis kommen, dass sich der Rechtsstreit durch eine (nachträgliche) Änderung der Sach- oder Rechtslage tatsächlich erledigt hat, wäre die – möglicherweise im Zeitpunkt der Klageerhebung zulässige und begründete – Klage abzuweisen, mit der Folge der Kostentragungspflicht des Klägers. Dieser Kostenfolge kann der Kläger nur entgehen, wenn er die Hauptsache für erledigt erklärt, um gemäß § 161 Abs. 2 VwGO eine Kostenentscheidung des Gerichts nach billigem Ermessen zu erreichen. Widersetzt sich der Beklagte jedoch der Erledigungserklärung, kann der Kläger die Erledigung feststellen lassen, um auf diese Weise der Kostentragungspflicht zu entgehen. Der Klageantrag ist deswegen sachdienlich dahingehend auszulegen (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO), festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Kostenregelung in Ziffer IV. des angefochtenen Bescheides ausdrücklich aufgehoben hat und die Bevollmächtigte des Klägers daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärte, wurde die Klage auch nicht teilweise als Anfechtungsklage gegen die Kostenfestsetzung aufrechterhalten.

2. Die Klage auf Feststellung der Erledigung ist zulässig.

Der Wechsel vom ursprünglichen Anfechtungsbegehren im Zeitpunkt der Klageerhebung zur Erledigungsfeststellung unterliegt nicht den Einschränkungen des § 91 VwGO (BVerwG, U.v. 29.6.2001 – 6 CN 1.01 – juris Rn. 7). Insoweit ist der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag auf Feststellung der Hauptsacheerledigung eine nicht von der Einwilligung des Beklagten abhängige, zulässige Klageänderung (BayVGH, B.v. 18.1.1990 – 4 C 89.3621; BVerwG, U.v. 1.9.2011 – 5 C-21/10 – juris Rn. 10). Neuer Streitgegenstand ist somit die Feststellung, dass sich das Verfahren erledigt hat.

Das Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Umstellung des Klageantrags die einzige Möglichkeit darstellt, sich der für den Kläger nachteiligen Kostenfolge zu entziehen, wenn die Klage in Folge eines erledigenden Ereignisses unzulässig geworden ist und der Beklagte einer Erledigungserklärung nicht zustimmt (BVerwG, U.v. 1.9.2011 – 5 C-21/10 – juris Rn. 12). Um nicht nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen oder in Folge der prozessualen Erledigung zur Klagerücknahme mit der Kostenfolge des§ 155 Abs. 2 VwGO genötigt zu werden, kann der Kläger stattdessen eine Erledigungserklärung abgeben, mit der Folge, dass im Falle der Zustimmung des Beklagten über die Kosten gemäߧ 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen entschieden wird. Widersetzt sich der Beklagte der Erledigungserklärung, kann der Kläger der Kostentragung dadurch entgehen, dass er gerichtlich die Erledigung der Streitsache feststellen lässt. Ist er mit diesem Antrag erfolgreich, trägt der Beklagte die Kosten des Verfahrens. Die Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile ist ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO.

3. Die Erledigungsfeststellungsklage ist auch begründet.

a). Voraussetzung für die Begründetheit der Klage auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache ist zunächst, dass objektiv ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob sich der Rechtstreit erledigt hat, ist die mündliche Verhandlung (Schmidt in: Eyermann, VwGO, § 113 Rn. 113). Als erledigendes Ereignis kommt jede nach Klageerhebung eintretende Änderung der Sach- und Rechtslage in Betracht, die bereits für sich betrachtet die Abweisung der Klage als unzulässig oder unbegründet rechtfertigen würde. Für den Erledigungseintritt kommt es nicht darauf an, welche Ursachen der Erledigung zugrunde liegen, insbesondere, ob der Kläger die Erledigung durch sein eigenes Verhalten herbeigeführt hat, sondern er richtet sich ausschließlich nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes (Schmidt in: Eyermann, VwGO, § 113 Rn. 76).

aa) Infolge des vollständigen Verkaufs der Rinder und der Aufgabe der Rinderhaltung ist durch den Wegfall des Regelungsobjektes des streitgegenständlichen Bescheides – die Rinderhaltung des Klägers – Erledigung eingetreten.

Nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG bleibt ein Verwaltungsakt grundsätzlich wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Da ein Verwaltungsakt, wie sich in Art. 35 Satz 1 BayVwVfG zeigt, auf eine Regelungsfunktion des Verwaltungshandelns ausgerichtet ist bzw. Voraussetzung für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes ist, dass dieser eine Regelung hinsichtlich eines konkreten Sachverhaltes trifft, hat sich ein Verwaltungsakt, bei dem die ihm ursprünglich zukommende steuernde Funktion des Verwaltungshandelns nachträglich entfallen ist, erledigt. Von einer Erledigung des Verwaltungsaktes ist insbesondere dann auszugehen, wenn das Regelungsobjekt des Verwaltungsakts entfällt, was speziell bei betriebsbezogenen Geboten der Fall ist (BayVGH, B.v. 21.4.2017 – 12 ZB 13.2101 – juris Rn. 11).

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurden dem Kläger im einzelnen aufgelistete Handlungspflichten in Bezug auf seine bei Erlass des Bescheids noch vorhandene Rinderhaltung auferlegt, die jeweils mit einer Handlungsfrist verbunden und mit Zwangsgeld bewehrt waren. Als Folge der Aufgabe der Rinderhaltung ist jedoch der rechtliche Regelungsgehalt, der im vorliegenden Fall sich ausschließlich auf die Rinderhaltung des Klägers bezogenen Verfügungen unter Ziffer I. des Bescheides, nachträglich entfallen, weil die in untrennbarem Zusammenhang mit der Rinderhaltung stehenden Maßnahmen, zu denen der Kläger unter Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen verpflichtet wurde, durch die Aufgabe der Rinderhaltung obsolet wurden. Hieran ändert sich auch nichts durch die Tatsache, dass der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb weiterhin angemeldet hat. Wie er in der mündlichen Verhandlung erklärte, beabsichtigt er – nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen veterinärrechtlichen Anordnungen hinsichtlich seiner Rinderhaltung – den Betrieb künftig zwar als landwirtschaftlichen Betrieb, jedoch ohne Tierhaltung weiterzuführen.

bb) Die rechtlichen Wirkungen des streitgegenständlichen Verwaltungsakts wirken auch nicht im Hinblick auf das Argument des Beklagten, der Kläger könnte möglicherweise zu einem anderen Zeitpunkt erneut die Rinderhaltung aufnehmen, fort. Zwar wäre es denkbar, dass im Falle einer offensichtlich lediglich kurzfristigen Betriebsunterbrechung die Regelungswirkung eines Bescheids fortbesteht, doch ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung nicht absehbar, ob der Kläger überhaupt erneut eine Landwirtschaft mit Rinderhaltung betreiben wird bzw. in welchem zeitlichen Rahmen er möglicherweise seinen Betrieb erneut umstellen könnte. Die vom Beklagten diesbezüglich geäußerte Vermutung führt nicht dazu, dass die Rechtswirkungen des streitgegenständlichen Bescheids, der konkrete Handlungspflichten und -fristen sowie Zwangsgeldandrohungen beinhaltet, trotz Wegfall des Regelungsobjekts aufrecht erhalten werden kann, um – wie der Beklagte anführt – im Fall der Wiederaufnahme der Rinderhaltung gegebenenfalls unmittelbar Vollstreckungsmaßnahmen aus diesem Bescheid ableiten zu können. In diesem Fall wäre eine vollständige Neubewertung der Situation im Betrieb und der konkreten Umstände der Rinderhaltung notwendig. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die mit den einzelnen Maßnahmen verbundenen, zwangsgeldbewehrten Handlungsfristen.

cc) Angesichts der Erledigung der Hauptsache nach Klageerhebung wäre die ursprünglich als Anfechtungsklage erhobene Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 9. März 2017 unzulässig geworden, weil für diese Klage kein Rechtschutzbedürfnis mehr anzuerkennen ist. Diesem Umstand hat der Kläger durch die Erklärung der Erledigung in der Hauptsache Rechnung getragen.

b). Strittig ist, ob im Fall einer einseitigen Erledigungserklärung neben der Feststellung der Erledigung des Streitgegenstands auch noch zu prüfen ist, ob die ursprüngliche Klage Erfolg gehabt hätte, d.h. ob das Anfechtungsbegehren zulässig und begründet war (vgl. zum Streitstand Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 161, Rn. 23).

aa) Zum Teil wird gefordert, dass die ursprünglich erhobene Klage zumindest zulässig gewesen sein muss, weil es andernfalls zu einem unbilligen Ergebnis führen könnte, wenn der Beklagte bei einseitiger Erledigung der Hauptsache trotz unzulässiger Klageerhebung zur Kostentragung verpflichtet ist (so Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 113). Darauf kommt es im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich an, weil der Kläger die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 9. März 2017 zulässig erhoben hat. Im Übrigen könnte der Beklagte im Falle der Unzulässigkeit der Klage durch Zustimmung zur Erledigungserklärung der Kostenpflicht entgehen, weil in diesem Fall die nach § 161 Abs. 2 VwGO vom Gericht zu treffende Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten ausgehen würde.

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Feststellung der Hauptsacheerledigung im Falle einer einseitigen Erledigungserklärung der Klägerseite zwar dann die Überprüfung der Zulässigkeit und der Begründetheit des ursprünglichen Klagebegehrens, wenn die Beklagtenseite sich für ihren Widerspruch gegen die Erledigungserklärung und ihr Festhalten an ihrem bisherigen Antrag auf ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung berufen kann. Liegt dieses Interesse vor, hat ausnahmsweise eine Entscheidung über den ursprünglichen Klagegegenstand zu erfolgen, d.h. es wäre zu prüfen, ob die Klage vor ihrer Erledigung unzulässig oder unbegründet war. Für die Feststellung eines berechtigten Interesses in diesem Sinne wird § 113 Abs. 4 VwGO analog herangezogen (BVerwG, U.v. 31.10.1990 – 4 C-7/88 – juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 1.9.2011 – 5 C-21/10 – juris Rn. 14). Fehlt ein solches, soll das Gericht nach der Erledigungserklärung des Klägers einer aufwendigen Prüfung des ursprünglichen Klagebegehrens gerade enthoben sein, weil der Kläger eine Entscheidung hierüber nicht mehr begehrt.

cc) Vorliegend ist die Hauptsacheerledigung festzustellen, ohne dass noch zu prüfen ist, ob die ursprüngliche Klage begründet war. Denn der Beklagte verfügt nicht über ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an einer gerichtlichen Sachentscheidung.

Von den in diesem Zusammenhang von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Fallgruppen, die ein Feststellungsinteresse begründen können, scheidet das Rehabilitierungsinteresse ebenso aus wie das Interesse an der Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsanspruchs, denn beides ist beim Beklagten nicht vorstellbar. Denkbar ist daher nur die Fallgruppe der Wiederholungsgefahr. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Beurteilung der Frage, ob der Beklagte unter Berufung auf eine Wiederholungsgefahr trotz Erledigung des Rechtsstreits eine gerichtliche Sachentscheidung über den gegenstandslos gewordenen Verwaltungsakt einfordern kann, eine grundlegend andere Interessenlage gegeben ist, als im Falle der Prüfung eines Feststellungsinteresses wegen Wiederholungsgefahr seitens des Klägers. Maßgeblich kann nämlich nicht sein, ob der Beklagte möglicherweise wegen eines derzeit nicht absehbaren, zukünftigen Verstoßes gegen sicherheitsrechtliche Vorschriften (hier: Tierschutz-, Tierseuchen- und Lebensmittelrecht) erneut einen gleichartigen Verwaltungsakt erlassen könnte. Eine hinreichend konkretisierte Wiederholungsgefahr begründet für den Beklagten nur dann ein schutzwürdiges Interesse an der von ihm begehrten Entscheidung, wenn durch die Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen ihm und dem Kläger weitere rechtliche Auseinandersetzungen vermieden werden können. Daran fehlt es jedoch hier. Der Kläger hat seine Rinderhaltung aufgegeben und es ist völlig ungewiss, ob der Kläger je wieder Rinderhaltung betreiben wird. Für eine gerichtliche Klärung der Rechtsfrage, ob der Beklagte berechtigt war, die von ihm vom Kläger geforderten Handlungspflichten zu verlangen, besteht daher kein rechtlich schützenswertes Interesse mehr. Darüber hinaus wäre die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der vom Kläger hinsichtlich der Rinderhaltung geforderten Maßnahmen auch nicht geeignet, weitere Auseinandersetzungen zwischen den Parteien zu vermeiden. Denn zwischen den Beteiligten sind nicht die vom Beklagten geforderten Anforderungen an die Rinderhaltung streitig, sondern die Frage, ob die konkreten Zustände im klägerischen Betrieb das Einschreiten des Beklagten und die von ihm geforderten Maßnahmen, insbesondere die gesetzten Handlungsfristen und Zwangsgeldfestsetzungen, rechtfertigten. Der Regelungsgehalt des streitgegenständlichen Bescheids bezieht sich daher zwangsnotwendig auf die Umstände der mittlerweile aufgegebenen Rinderhaltung. Ob der Beklagte im Falle der Wiederaufnahme einer Tierhaltung aufgrund der dann im Betrieb vorhandenen Situation möglicherweise erneut tierschutz-, tierseuchen- oder lebensmittelrechtliche Anordnungen treffen kann und muss, kann nicht durch Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Anordnung entschieden werden. Die erneute Tierhaltung würde einen neuen Sachverhalt darstellen, der vor Erlass einer (vollstreckbaren) Anordnung eine neue Bewertung der Sachlage erfordern würde.

4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Apr. 2017 - 12 ZB 13.2101

bei uns veröffentlicht am 21.04.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründe

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Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin, die - als H. GmbH firmierend - bis 30. September 2011 in I. ein Seniorenheim betrieben hatte, wendet sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen die heimrechtliche Verfügung des Beklagten vom 22. Juni 2011, mit der - betriebsbezogen - Anordnungen zu Rufanlagen in den Bewohnerzimmern des Seniorenheims bzw. in den Nasszellen der Bewohnerzimmer getroffen worden waren.

1. Nach einer Prüfung durch die Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen - Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) - des Landratsamts T. am 31. Mai 2011, bei der hinsichtlich der in den Bewohnerzimmern vorhandenen Rufanlagen Mängel festgestellt worden waren, erließ der Beklagte am 22. Juni 2011 gegenüber der Klägerin einen Bescheid, wonach sofort jedem Bewohner eine Rufanlage zur Verfügung zu stellen sei, die vom Bett aus bedient werden könne (Ziffer 1.1), gewährleistet werden müsse, dass die Rufglocken funktionsfähig seien (Ziffer 1.2) und ferner zu gewährleisten sei, dass Rufglocken in den Nasszellen, die mit einer Zugschnur betätigt werden, von den Bewohnern auch in liegender Position erreicht werden können (Ziffer 1.3). Für den Fall, dass die genannten Pflichten nicht „mit sofortiger Vollziehung erfüllt werden“, seien Zwangsgelder zur Zahlung fällig und könnten in Höhe von jeweils 1.000 EUR je Verstoß und Bewohner eingezogen werden (Ziffer 2.). Ziffer 3. des Bescheids erlegte der Klägerin die Verfahrenskosten in Höhe von 400 EUR sowie Auslagen in Höhe von 3,45 EUR auf.

2. Gegen diesen, ihrem damaligen Bevollmächtigten am 1. Juli 2011 zugestellten Bescheid ließ die Klägerin am 1. August 2011 Widerspruch einlegen, dem das Landratsamt T. nicht abhalf und den es der Regierung von O. zur Entscheidung vorlegte. Eine Entscheidung über den Widerspruch erging in der Folge jedoch nicht.

3. Bereits mit Bescheid vom 20. Juli 2011 hatte der Beklagte der Klägerin den Betrieb des Seniorenheims in I. untersagt; er wurde daraufhin zum 30. September 2011 vollständig eingestellt. Zur Begründung nahm der Beklagte u.a. auf die festgestellten Mängel bei den Rufanlagen Bezug, die auch Gegenstand der streitgegenständlichen Anordnung vom 22. Juni 2011 waren.

4. Am 26. November 2012, mithin mehr als ein Jahr nach Einstellung des Heimbetriebs, erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 22. Juni 2011 Klage zum Verwaltungsgericht München. In der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2013 hob der Beklagte zunächst Ziffer 2. des Bescheids vom 22. Juni 2011 - die Zwangsgeldandrohung - auf, woraufhin die Klägerin den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärte, der Beklagte der Erledigungserklärung zustimmte und die Bereitschaft zur Kostenübernahme erklärte. Mit Urteil vom 10. Juli 2013 (Az. M 17 K 12.5854) wies das Verwaltungsgericht die Klage ab und erlegte der Klägerin 4/5, dem Beklagten 1/5 der Kosten auf. Es hielt die Klage auch angesichts der späteren Betriebsuntersagung und Einstellung des Heimbetriebs für zulässig, jedoch für materiell unbegründet. Die Kostenentscheidung zulasten des Beklagten fußte auf der abgegebenen Erledigungserklärung.

5. Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht. Der Beklagte beantragt die Ablehnung des Zulassungsantrags.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO beschränkt ist, nicht vorliegen oder nicht hinreichend dargelegt sind.

1. Soweit das Verwaltungsgericht die gegen die Verfügungen unter Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 gerichtete Anfechtungsklage als unbegründet abgewiesen hat, erweist sich die streitbefangene Entscheidung, unabhängig von den geltend gemachten Zulassungsgründen nach § 124 Abs. 2 VwGO, bereits deshalb als im Ergebnis richtig (vgl. hierzu Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 98, 101, 102a), weil sich die genannten Anordnungen betreffend die Erreichbarkeit bzw. Funktionsfähigkeit von Rufglocken in den Bewohnerzimmern bereits vor Klageerhebung durch die Heimschließung zum 30. September 2011 erledigt haben, die Klägerin gleichwohl trotz Wegfall ihres Rechtsschutzinteresses anstelle einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Anfechtungsklage (in Form der Untätigkeitsklage im Sinne von § 75 Satz 1 VwGO) erhoben hat. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war die Klage mithin bereits bei ihrer Erhebung unzulässig. Könnte die Klage daher auch in einem angestrebten Berufungsverfahren aufgrund der anfänglichen Unzulässigkeit ebenfalls nur als unzulässig abgewiesen werden, scheidet eine Zulassung der Berufung unabhängig von den vorgetragenen Zulassungsgründen von vornherein aus (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Vorb. § 124 Rn. 32; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 98, 101, 102a; Frey in Gärditz, VwGO, 2013, Vorb. § 124 Rn. 72; BayVGH, B.v. 26.3.2003 - 8 ZB 02.2918 - NVwZ 2004, 629). Überdies steht auch der Rechtsgedanke von § 144 Abs. 4 VwGO analog der Zulassung der Berufung entgegen.

1.1 Vorliegend haben sich vor Klageerhebung die streitbefangenen Verfügungen betreffend die Rufglocken in den Zimmern der Heimbewohner in Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 durch die Einstellung des Heimbetriebs zum 30. September 2011 erledigt. Zwar bleibt nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG ein Verwaltungsakt grundsätzlich wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Diese Regelung steht im inneren Zusammenhang mit der in Art. 35 Satz 1 BayVwVfG normierten Regelungsfunktion des Verwaltungsakts (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerwG, U.v. 19.4.2011 - 1 C 2.11 - BVerwGE 139, 337 Rn. 14 m.w.N.). Indem Art. 35 Satz 1 BayVwVfG festlegt, dass ein Verwaltungsakt auf eine bestimmte Rechtswirkung „gerichtet“ ist, betont er die Finalität des Verwaltungshandelns in dieser Handlungsform. Demgegenüber erfasst Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG spiegelbildlich die Fälle, in denen die dem Verwaltungsakt ursprünglich zukommende steuernde Funktion des Verwaltungshandelns nachträglich entfällt. Dies kann beim Wirksamkeitsverlust „auf andere Weise“ der Fall sein, wenn eine geänderte Sach- und Rechtslage selbst zur Beendigung der Rechtswirkung führt. Die Erledigung eines Verwaltungsakts tritt folglich dadurch ein, dass er sich als nicht mehr geeignet erweist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder dass die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich wegfällt (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2008 - 7 C 5.08 - NVwZ 2009, 122 Rn. 13).

Angesichts dessen ist von einer Erledigung eines Verwaltungsakts in sonstiger Weise insbesondere dann auszugehen, wenn das Regelungsobjekt des Verwaltungsakts entfällt, was speziell bei betriebsbezogenen Geboten der Fall ist, wenn der betroffene Betrieb nach Erlass der entsprechenden Verfügung eingestellt wird (vgl. hierzu und zum Folgenden Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 43 Rn. 209 ff.; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG 17. Aufl. 2016, § 43 Rn. 41 ff.; Leisner-Egensperger in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2014, § 43 Rn. 66 f.; Schemmer in BeckOK-VwVfG, Stand 1.1.2017, § 43 Rn. 51; BVerwG, U.v. 9.5.2012 - 6 C 3.11 - NVwZ 2012, 1547 ff. Rn. 19 ff.; U.v. 17.8.2011 - 6 C 9.10 - BVerwGE 140, 221 Rn. 43; U.v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - NVwZ 1991, 570, 571). Auf andere Weise erledigt sich ein Verwaltungsakt ferner auch, wenn eine inhaltliche Überholung eintritt (vgl. hierzu Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 78; BVerwG, U.v. 9.5.2012 - 6 C 3.11 - NVwZ 2012, 1547 Rn. 21).

Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der - ausschließlich betriebsbezogenen - Verfügungen unter Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 sowohl das Regelungsobjekt nachträglich weggefallen als auch eine inhaltliche Überholung eingetreten. Denn mit der vollständigen Schließung des Seniorenheims in I zum 30. September 2011 bestand für betriebsbezogene Anordnungen, die dem Schutz der Heimbewohner und der Sicherstellung der Qualität der Pflege dienen sollen, kein Anwendungsbereich mehr, jedenfalls dann, wenn eine Wiederaufnahme des Betriebs im Zeitpunkt der tatsächlichen Heimschließung nicht absehbar war, es sich bei der Betriebsuntersagung folglich nicht lediglich um eine kurzfristige Betriebsunterbrechung sondern vielmehr um eine endgültige Betriebseinstellung gehandelt hat. Die steuernde Wirkung der entsprechenden Anordnungen ist mit der Aufgabe des Heimbetriebs endgültig entfallen. Wenn die Klägerin mehr als vier Jahre nach der Heimschließung nunmehr unter geänderter Firma und unter neuem Namen ab 15. Oktober 2015 im gleichen Gebäude erneut ein Seniorenpflegeheim eröffnet hat, kommt eine Fortwirkung der betriebsbezogenen Anordnungen unter Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 nicht in Betracht (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.3.2015 - 12 ZB 12.1640 juris Rn. 17 ff. für die Erledigung der „Statusfeststellung“ einer Pflegeeinrichtung durch Schließung und Verlegung sämtlicher Pflegebedürftiger). Vielmehr greift insoweit eine vollständige, mit dem vorliegenden Verfahren nicht in Zusammenhang stehende Neubewertung Platz.

Des Weiteren ist auch von der inhaltlichen Überholung der getroffenen Regelungen auszugehen, da sie ihre beabsichtigte Regelungswirkung, nämlich sicherzustellen, dass Heimbewohner in Notfällen das Pflegepersonal alarmieren können, ab dem Zeitpunkt der Betriebsschließung nicht mehr entfalten können. Mithin bestand für eine Aufhebung der Verfügungen in Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 im Wege der Anfechtungsklage bereits ab dem Zeitpunkt der Heimschließung am 30. September 2011 infolge des Erledigungseintritts kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (vgl. zur Möglichkeit der Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage unten 1.3).

1.2 Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, eine Erledigung sei „auch deshalb nicht eingetreten, weil mit Verstößen gegen die streitgegenständlichen Anordnungen nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG) hilfsweise die spätere Untersagung des Heimbetriebs begründet wurde“ (Entscheidungsumdruck S. 9), geht dies fehl. Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 PfleWoqG stellt die Untersagung des Betriebs einer stationären Einrichtung u.a. in den Fällen in das Ermessen der zuständigen Behörde, in welchen der Träger der stationären Einrichtung „Anordnungen nach Art. 13 Abs. 1 und 2 nicht innerhalb der gesetzlichen Frist befolgt“. Anknüpfungspunkt der Betriebsuntersagung bildet dabei der Pflichtenverstoß des Heimträgers, der angesichts des Erfordernisses der effizienten Gefahrenabwehr das Vorliegen einer bestandskräftigen heimrechtlichen Anordnung nach Art. 13 Abs. 1 oder Abs. 2 PfleWoqG nicht voraussetzt. Mithin kommt dem Vorliegen einer bestandskräftigen heimrechtlichen Anordnung nach Art. 13 Abs. 1 oder Abs. 2 PfleWoqG für die Betriebsuntersagung nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 PfleWoqG keine Tatbestandswirkung zu. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der heimrechtlichen Anordnung ist für die Beurteilung des Pflichtenverstoßes nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 PfleWoqG damit auch nicht vorgreiflich. Vielmehr ist das Bestehen eines Pflichtenverstoßes im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle einer auf Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 PfleWoqG gestützten Betriebsuntersagung eigenständig zu überprüfen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts greifen die Rechtswirkungen der Verfügungen aus Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 daher nicht über den Zeitpunkt der Einstellung des Heimbetriebs zum 30. September 2011 hinaus. Der Annahme der Erledigung der streitgegenständlichen Verfügungen steht folglich nicht entgegen, dass der Beklagte sie - im Übrigen lediglich hilfsweise - zum Anknüpfungspunkt für eine Betriebsuntersagung nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 PfleWoqG gemacht hat.

1.3 Hat sich daher - wie im vorliegenden Fall - der die Klägerin belastende Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt, fehlt ihr für eine Anfechtungsklage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Sie hätte in diesem Fall jedoch die Möglichkeit besessen, anstelle der Anfechtungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO im Wege einer - gegebenenfalls auch hilfsweise erhobenen - Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts feststellen zu lassen (vgl. zur Möglichkeit der Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage bei Erledigungseintritt vor Klageerhebung Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 72 ff.), sofern sie über das erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung verfügt hätte. Indes hat die Klägerin weder im Klageschriftsatz vom 22. November 2012 noch im Zuge der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2013 ausdrücklich oder konkludent einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellt. Die erhobene Anfechtungsklage war daher bereits bei Klageerhebung unzulässig (vgl. hierzu Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 66 f.). Nachdem die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage auch im Berufungszulassungsverfahren durch den Senat von Amts wegen zu prüfen sind, scheidet bei einer bereits unzulässigen Klageerhebung die Zulassung der Berufung von vornherein aus (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 78a a.E.; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Vorb. § 124 Rn. 29, 32; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 98, 101, 102a; Frey in Gärditz, VwGO, 2013, Vorb. § 124 Rn. 72; BayVGH, B.v. 26.3.2003 - 8 ZB 02.2918 - NVwZ 2004, 629). Eine Bindung des Berufungsgerichts an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts besteht im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage nicht.

1.4 In der, von der erstinstanzlichen Entscheidung abweichenden Bewertung der Erledigung der Verfügungen in Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 durch den Senat liegt auch ohne Ergehen eines richterlichen Hinweises keine Überraschungsentscheidung, mithin kein Verstoß gegen die Garantie rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 2 GG bzw. § 108 Abs. 2 VwGO (vgl. hierzu und zum Folgenden Schmidt in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 108 Rn. 24). Eine sog. Überraschungsentscheidung liegt nur dann vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (BVerfG, B.v. 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 LS; B.v. 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133, LS 1, BVerwG, B.v. 2.3.2010 - 6 B 72.09 - NVwZ 2010, 845 Rn. 14). Das Gericht ist im Allgemeinen auch nicht verpflichtet, seine Rechtsauffassung den Verfahrensbeteiligten zu offenbaren (BVerfG, B.v. 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133, 145 Rn. 36). Ein entsprechender Hinweis ist nur dann geboten, wenn auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter unter Berücksichtigung der Vielfalt der vertretbaren Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf mit der rechtlichen Einschätzung des Sachverhalts durch das Gericht nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfG, B.v.14.10.2010 - 2 BvR 409/09 - juris Rn. 20).

Bei der anwaltlich vertretenen Klägerin ist Letzteres nicht der Fall. Wie sich den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils entnehmen lässt (Entscheidungsumdruck S. 9), war die Problematik der Erledigung der streitgegenständlichen Verfügungen unter Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 Gegenstand der richterlichen Entscheidungsfindung erster Instanz. Die Klägerin musste daher bereits nach dem damaligen Prozessverlauf und unter Berücksichtigung der vorstehend zitierten Rechtsprechung zur Erledigung betriebsbezogener Anordnungen bei Betriebsstilllegung damit rechnen, dass der Senat die Erledigungsfrage anders als das Verwaltungsgericht beurteilt. Eine Überraschungsentscheidung liegt mithin nicht vor.

Im Übrigen ist bei der vorliegenden Fallkonstellation ein richterlicher Hinweis auch deswegen entbehrlich, weil der Klägerin die Möglichkeit gefehlt hätte, prozessual im Berufungszulassungsverfahren auf die bereits vor Klageerhebung eingetretene Erledigung durch Umstellung des Klageantrags zu reagieren (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 78a aE), sich der richterliche Hinweis folglich als eine reine Formalie erweisen würde.

2. Keine Erledigung ist vorliegend indes hinsichtlich der Kostenentscheidung in Ziffer 3. des Bescheids vom 22. Juni 2011 eingetreten (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung VG Augsburg, U.v. 16.6.2015 - Au 3 K 14.1138 - juris Rn. 59 ff.). Auch insoweit hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung die Klage, die sich nicht auf die Verfügungen unter Ziffer 1. des Bescheids vom 22. Juni 2011 beschränkt hatte, jedenfalls konkludent abgewiesen. Indes hat die Klägerin bezogen auf die Kostenentscheidung nach Art. 12 KostG keine Zulassungsgründe vorgetragen, sodass auch hinsichtlich dieses Verfahrensteils die Zulassung der Berufung abzulehnen ist.

3. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des erfolglosen Zulassungsantrags. Der Streitwert bestimmt sich für das Zulassungsverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.