Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 18. Dez. 2015 - Au 3 E 15.1795

published on 18/12/2015 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 18. Dez. 2015 - Au 3 E 15.1795
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

Gründe

I.

1. Der Antragsteller beantragte am 1. Dezember 2015 bei der Antragsgegnerin die Ausstellung eines Berechtigungsscheins zum Erwerb vergünstigter Monatskarten für öffentliche Verkehrsmittel (Sozialticket). Er legte dabei die Kopie einer Bestätigung des Jobcenters ... vom 30. November 2015 vor, wonach er am gleichen Tag einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt und angegeben habe, aktuell über keinerlei Einkünfte, Vermögenswerte etc. zu verfügen. Nach dem Betreff des Schriftstücks dient dieses als „Bestätigung zur Vorlage bei der Tafel“.

Die Antragsgegnerin forderte daraufhin den Antragsteller auf, den kompletten Leistungsbescheid (des Jobcenters ...) über den Bezug von Arbeitslosengeld II in Kopie bis spätestens 7. Januar 2016 vorzulegen. Da - ausweislich eines Vermerks in den Verwaltungsakten - der Antragsteller nicht auf den Bescheid des Jobcenters habe warten wollen und eine sofortige Entscheidung der Antragsgegnerin verlangt habe, lehnte diese den Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets mit Bescheid vom 9. Dezember 2015 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Sozialticket nur ausgestellt werden könne, wenn der Betroffene den Bezug von Arbeitslosengeld II, Leistungen nach dem SGB XII oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nachweist. Dies sei jedoch nicht der Fall. Sobald dem Antragsteller ein entsprechender Leistungsbescheid vorliege, könne er einen neuen Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets stellen.

Am 9. Dezember 2015 stellte der Antragsteller erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets. Mit Schreiben vom gleichen Tag bat die Antragsgegnerin (erneut) um Vorlage einer Kopie des Bescheids über den Bezug von Arbeitslosengeld II.

2. Am 10. Dezember 2015 erhob der Antragsteller zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts Klage mit dem Antrag (sinngemäß), die Antragsgegnerin unter Aufhebung deren Bescheids vom 9. Dezember 2015 zu verpflichten, dem Antragsteller ein Sozialticket auszustellen (Az. Au 3 K 15.1794).

Weiter beantragt er,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller umgehend ein Sozialticket auszustellen.

Zur Begründung gibt der Antragsteller im Wesentlichen an, dass er sich in einer akuten Notlage befinde. Er sei wohnungs- und mittellos und besitze derzeit keinen Euro. Um Arbeitslosengeld II erhalten zu können, verlange das Jobcenter von ihm die Beibringung diverser Unterlagen, die sich derzeit an verschiedenen Standorten im Großraum ..., teilweise auch in ..., befänden. Außerdem müsse er bei verschiedenen Wohnungsinhabern vorstellig werden und auch Wohnungen besichtigen. Ihm sei es nicht zuzumuten, zu Fuß diese Standorte aufzusuchen und zurückzukehren. Dies gelte vor allem auch im Hinblick auf die derzeitigen Witterungsverhältnisse. Wenn er vom Jobcenter zur Überbrückung Essensgutscheine erhalten habe, zeige dies, dass eine derartige „Zwischenbewilligung“ eines Sozialtickets auch möglich sein müsse.

3. Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Der Antragsteller erfülle derzeit nicht die Voraussetzungen für den Erhalt eines Sozialtickets, da er weder eine der einschlägigen Sozialleistungen beziehe noch einer entsprechenden Bedarfsgemeinschaft angehöre. Er habe zwar beim Jobcenter einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, doch bislang keinen Leistungsanspruch nachgewiesen.

4. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Zur Entscheidung über den Antrag ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und nicht der Sozialrechtsweg (§ 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) eröffnet. Denn Streitgegenstand sind keine Forderungen nach den in § 51 Abs. 1 SGG genannten Gesetzen, sondern freiwillige, gesetzlich nicht geregelte Leistungen der Antragsgegnerin zur Verbesserung der Mobilität einkommensschwacher Menschen.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

1.1 Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung).

Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Der Antragsteller hat das Vorliegen des Anordnungsgrunds und des Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung - ZPO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 54).

Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes kann das Gericht ausnahmsweise auch eine Anordnung treffen, die die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt, wenn diese Regelung notwendig ist, die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht.

1.2 Der Antragsteller kann sich nicht auf einen Anordnungsanspruch berufen.

1.2.1 Eine unmittelbare gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Ausstellung von Berechtigungsscheinen zum Erwerb verbilligter Monatskarten, wie sie der Antragsteller begehrt, gibt es nicht. Grundlage der Gewährung eines Sozialtickets sind daher (nur) die vom Stadtrat der Antragsgegnerin beschlossenen „Richtlinien“ zur Einführung eines Sozialtickets, wie sie auf der Internetseite der Antragsgegnerin veröffentlicht sind.

Die Antragsgegnerin ist grundsätzlich darin frei, in Richtlinien Regelungen über Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, Zuwendungsverfahren und Zuwendungsumfang zu treffen. Dabei handelt es sich um keine nach außen wirkenden und anspruchsbegründenden Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen oder Verwaltungsvorschriften. Allerdings entfalten diese in Form der Selbstbindung Außenwirkung über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz [GG], Art. 118 Abs.1 Verfassung des Freistaats Bayern [BV]; vgl. z. B. BVerwG, U. v. 8.4.1997 - 3 C 6/95 - BVerwGE 104, 220; zum Sozialticket der Antragsgegnerin VG Augsburg, U. v. 7.10.2014 - Au 3 K 14.1030 u. a. - juris). Der Zuwendungsbewerber hat so Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm behandelt zu werden. Den Gerichten ist es dabei verwehrt, durch Auslegung der Richtlinien die Bewilligungspraxis selbst zu bestimmen. Vielmehr haben sie die Richtlinien als Willenserklärung der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der von dieser gepflogenen Handhabung zu beachten. Die gerichtliche Prüfung hat sich somit darauf zu beschränken, ob das Handeln der Behörde willkürfrei ist und sich im Rahmen der Zweckbestimmung der jeweiligen Förderung bewegt (vgl. BVerwG, U. v. 19.9.2000 - 1 C 19/99 - BVerwGE 112, 63).

1.2.2 Von vorstehenden Erwägungen ausgehend kann die Versagung der Ausstellung eines Sozialtickets nicht beanstandet werden, denn der Antragsteller erfüllt - jedenfalls bislang - nicht die Anforderungen, die nach den Zuwendungsrichtlinien der Antragsgegnerin und der von der Antragsgegnerin gepflogenen Verwaltungspraxis vorliegen müssen.

Wie sich aus

- den auch im Internet veröffentlichten und für jedermann abrufbaren Hinweisen (siehe u. a. www.a...de/.../.../.../),

- der verwaltungsinternen „Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015)“ (siehe dort § 2 „Anspruchsvoraussetzungen“ und § Abs. 1 „Verfahren“),

- der ebenfalls verwaltungsinternen „Erläuterung der Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015)“ (siehe dort: Punkt 2. „Zu § 2 Anspruchsvoraussetzungen“ und Punkt 5. „Zu § 5 Verfahren“ [hier: Unterpunkte 5.1, 5.2 und 5.3] und

- den sich auf der Rückseite des von der Antragsgegnerin allgemein verwendeten Formblatts „Antrag auf Erhalt eines Sozialtickets der Stadt ...“ befindenden „Hinweise(n) zum Ausfüllen des Antrags“

ergibt, ist Leistungsvoraussetzung, dass der Bewerber um die Ausstellung eines Sozialtickets im Gebiet der Antragsgegnerin seinen Wohnsitz und einen entsprechenden Antrag gestellt hat, Leistungen der in § 2 der Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015) - u. a. von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - zum Zeitpunkt der Antragstellung bezieht und die Anspruchsvoraussetzungen nachweist, wobei der Nachweis des Bezugs von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II durch Vorlage einer Kopie des vollständigen „ALG II-Bescheids“ zu erfolgen hat. Hiergegen bestehen unter dem Blickwinkel der oben unter 1.2.1 dargelegten Erwägungen keine rechtlichen Bedenken.

Dass Empfänger von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II - anders als Empfänger von Leistungen der Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - den Nachweis der Leistungsberechtigung durch Vorlage einer Kopie des vollständigen „ALG II-Bescheids“ nachzuweisen haben, stellt keine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar und verstößt damit auch nicht gegen das Willkürverbot. Diese Verfahrensweise findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Antragsgegnerin selbst für die Erbringung der genannten Leistungen nach dem SGB XII und dem AsylbLG zuständig ist (§ 97 Abs. 1 SGB XII, Art. 80 Abs. 1 Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze [AGSG]; § 10 AsylbLG, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 17 Verordnung zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Aufnahmegesetzes [Asyldurchführungsverordnung - DVAsyl]), somit auch Zugriff auf die entsprechenden Daten hat, während für die genannten Leistungen nach dem SGB II das Jobcenter... (§§ 6d, 44b SGB II) zuständig ist, auf dessen Daten die Antragsgegnerin nicht, zumindest nicht unmittelbar zugreifen kann. Diese Differenzierung in Bezug auf die Erbringung eines Nachweises ist sachgerecht.

Der Antragsteller hat unstreitig einen Bescheid des Jobcenters über den Bezug von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II nicht vorgelegt und bezieht, ebenfalls unstreitig, keine Leistungen nach dem SGB XII oder dem AsylbLG. Die Versagung der Ausstellung eines Sozialtickets kann daher nicht beanstandet werden.

Der Antragsteller kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass er vom Jobcenter zur Überbrückung Essensgutscheine erhalten habe und deshalb - aufgrund des Gleichheitssatzes - auch im Hinblick auf das Sozialticket eine „Zwischenbewilligung“ möglich sein müsse. Der Antragsteller verkennt insoweit, dass es bei den Leistungen nach dem SGB II, über die das Jobcenter zu entscheiden hat, um normativ festgelegte Hilfen geht, auf die grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht. Beim Sozialticket handelt es sich demgegenüber um eine freiwillige (im Übrigen auch unter Haushaltsvorbehalt stehende) Leistung der Antragsgegnerin, deren Voraussetzungen ausschließlich von der Antragsgegnerin festgelegt werden können. Wie bereits dargelegt, steht der Antragsgegnerin insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zu; dieser ist nur durch den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV und das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV begrenzt. Die Antragsgegnerin hat in ihren o. g. Richtlinien zum Sozialticket eine „Zwischenbewilligung“ - wie vom Antragsteller begehrt - nicht vorgesehen. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist auch nicht dargetan oder sonst erkennbar, dass die Antragsgegnerin im praktischen Vollzug anderen potentiell Berechtigten ohne Prüfung der Leistungsvoraussetzungen vorab ein Sozialticket ausgestellt oder Vorschussleistungen in irgendeiner Form erteilt hätte. Die Antragsgegnerin behandelt vielmehr insoweit alle Bewerber für ein Sozialticket gleich.

1.3 Nachdem es somit schon an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob sich der Antragsteller auf einen Anordnungsgrund (Dringlichkeit) berufen kann.

2. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, weil das Verfahren nach der Rechtsprechung der Kammer gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei ist (vgl. VG Augsburg, U. v. 7.10.2014 - Au 3 K 14.1030 u. a. - juris).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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published on 22/03/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbes
published on 07/10/2014 00:00

Tenor I. Die Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2014 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Anträge der Kläger jeweils vom 16. Juni 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Annotations

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

Die Landesregierungen oder die von ihnen beauftragten obersten Landesbehörden bestimmen die für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden und Kostenträger und können Näheres zum Verfahren festlegen, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist. Die bestimmten zuständigen Behörden und Kostenträger können auf Grund näherer Bestimmung gemäß Satz 1 Aufgaben und Kostenträgerschaft auf andere Behörden übertragen.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.