Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Gründe
I.
1. Der Antragsteller beantragte am 1. Dezember 2015 bei der Antragsgegnerin die Ausstellung eines Berechtigungsscheins zum Erwerb vergünstigter Monatskarten für öffentliche Verkehrsmittel (Sozialticket). Er legte dabei die Kopie einer Bestätigung des Jobcenters ... vom 30. November 2015 vor, wonach er am gleichen Tag einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt und angegeben habe, aktuell über keinerlei Einkünfte, Vermögenswerte etc. zu verfügen. Nach dem Betreff des Schriftstücks dient dieses als „Bestätigung zur Vorlage bei der Tafel“.
Die Antragsgegnerin forderte daraufhin den Antragsteller auf, den kompletten Leistungsbescheid (des Jobcenters ...) über den Bezug von Arbeitslosengeld II in Kopie bis spätestens 7. Januar 2016 vorzulegen. Da - ausweislich eines Vermerks in den Verwaltungsakten - der Antragsteller nicht auf den Bescheid des Jobcenters habe warten wollen und eine sofortige Entscheidung der Antragsgegnerin verlangt habe, lehnte diese den Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets mit Bescheid vom 9. Dezember 2015 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Sozialticket nur ausgestellt werden könne, wenn der Betroffene den Bezug von Arbeitslosengeld II, Leistungen nach dem SGB XII oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nachweist. Dies sei jedoch nicht der Fall. Sobald dem Antragsteller ein entsprechender Leistungsbescheid vorliege, könne er einen neuen Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets stellen.
Am 9. Dezember 2015 stellte der Antragsteller erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets. Mit Schreiben vom gleichen Tag bat die Antragsgegnerin (erneut) um Vorlage einer Kopie des Bescheids über den Bezug von Arbeitslosengeld II.
2. Am 10. Dezember 2015 erhob der Antragsteller zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts Klage mit dem Antrag (sinngemäß), die Antragsgegnerin unter Aufhebung deren Bescheids vom 9. Dezember 2015 zu verpflichten, dem Antragsteller ein Sozialticket auszustellen (Az. Au 3 K 15.1794).
Weiter beantragt er,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller umgehend ein Sozialticket auszustellen.
Zur Begründung gibt der Antragsteller im Wesentlichen an, dass er sich in einer akuten Notlage befinde. Er sei wohnungs- und mittellos und besitze derzeit keinen Euro. Um Arbeitslosengeld II erhalten zu können, verlange das Jobcenter von ihm die Beibringung diverser Unterlagen, die sich derzeit an verschiedenen Standorten im Großraum ..., teilweise auch in ..., befänden. Außerdem müsse er bei verschiedenen Wohnungsinhabern vorstellig werden und auch Wohnungen besichtigen. Ihm sei es nicht zuzumuten, zu Fuß diese Standorte aufzusuchen und zurückzukehren. Dies gelte vor allem auch im Hinblick auf die derzeitigen Witterungsverhältnisse. Wenn er vom Jobcenter zur Überbrückung Essensgutscheine erhalten habe, zeige dies, dass eine derartige „Zwischenbewilligung“ eines Sozialtickets auch möglich sein müsse.
3. Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller erfülle derzeit nicht die Voraussetzungen für den Erhalt eines Sozialtickets, da er weder eine der einschlägigen Sozialleistungen beziehe noch einer entsprechenden Bedarfsgemeinschaft angehöre. Er habe zwar beim Jobcenter einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, doch bislang keinen Leistungsanspruch nachgewiesen.
4. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Zur Entscheidung über den Antrag ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und nicht der Sozialrechtsweg (§ 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) eröffnet. Denn Streitgegenstand sind keine Forderungen nach den in § 51 Abs. 1 SGG genannten Gesetzen, sondern freiwillige, gesetzlich nicht geregelte Leistungen der Antragsgegnerin zur Verbesserung der Mobilität einkommensschwacher Menschen.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
1.1 Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung).
Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Der Antragsteller hat das Vorliegen des Anordnungsgrunds und des Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2,§ 294 der Zivilprozessordnung - ZPO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 54).
Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes kann das Gericht ausnahmsweise auch eine Anordnung treffen, die die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt, wenn diese Regelung notwendig ist, die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht.
1.2 Der Antragsteller kann sich nicht auf einen Anordnungsanspruch berufen.
1.2.1 Eine unmittelbare gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Ausstellung von Berechtigungsscheinen zum Erwerb verbilligter Monatskarten, wie sie der Antragsteller begehrt, gibt es nicht. Grundlage der Gewährung eines Sozialtickets sind daher (nur) die vom Stadtrat der Antragsgegnerin beschlossenen „Richtlinien“ zur Einführung eines Sozialtickets, wie sie auf der Internetseite der Antragsgegnerin veröffentlicht sind.
Die Antragsgegnerin ist grundsätzlich darin frei, in Richtlinien Regelungen über Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, Zuwendungsverfahren und Zuwendungsumfang zu treffen. Dabei handelt es sich um keine nach außen wirkenden und anspruchsbegründenden Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen oder Verwaltungsvorschriften. Allerdings entfalten diese in Form der Selbstbindung Außenwirkung über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz [GG], Art. 118 Abs.1 Verfassung des Freistaats Bayern [BV]; vgl. z. B. BVerwG, U. v. 8.4.1997 - 3 C 6/95 - BVerwGE 104, 220; zum Sozialticket der Antragsgegnerin VG Augsburg, U. v. 7.10.2014 - Au 3 K 14.1030 u. a. - juris). Der Zuwendungsbewerber hat so Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm behandelt zu werden. Den Gerichten ist es dabei verwehrt, durch Auslegung der Richtlinien die Bewilligungspraxis selbst zu bestimmen. Vielmehr haben sie die Richtlinien als Willenserklärung der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der von dieser gepflogenen Handhabung zu beachten. Die gerichtliche Prüfung hat sich somit darauf zu beschränken, ob das Handeln der Behörde willkürfrei ist und sich im Rahmen der Zweckbestimmung der jeweiligen Förderung bewegt (vgl. BVerwG, U. v. 19.9.2000 - 1 C 19/99 - BVerwGE 112, 63).
1.2.2 Von vorstehenden Erwägungen ausgehend kann die Versagung der Ausstellung eines Sozialtickets nicht beanstandet werden, denn der Antragsteller erfüllt - jedenfalls bislang - nicht die Anforderungen, die nach den Zuwendungsrichtlinien der Antragsgegnerin und der von der Antragsgegnerin gepflogenen Verwaltungspraxis vorliegen müssen.
Wie sich aus
- den auch im Internet veröffentlichten und für jedermann abrufbaren Hinweisen (siehe u. a. www.a...de/.../.../.../),
- der verwaltungsinternen „Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015)“ (siehe dort § 2 „Anspruchsvoraussetzungen“ und § Abs. 1 „Verfahren“),
- der ebenfalls verwaltungsinternen „Erläuterung der Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015)“ (siehe dort: Punkt 2. „Zu § 2 Anspruchsvoraussetzungen“ und Punkt 5. „Zu § 5 Verfahren“ [hier: Unterpunkte 5.1, 5.2 und 5.3] und
- den sich auf der Rückseite des von der Antragsgegnerin allgemein verwendeten Formblatts „Antrag auf Erhalt eines Sozialtickets der Stadt ...“ befindenden „Hinweise(n) zum Ausfüllen des Antrags“
ergibt, ist Leistungsvoraussetzung, dass der Bewerber um die Ausstellung eines Sozialtickets im Gebiet der Antragsgegnerin seinen Wohnsitz und einen entsprechenden Antrag gestellt hat, Leistungen der in § 2 der Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015) - u. a. von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - zum Zeitpunkt der Antragstellung bezieht und die Anspruchsvoraussetzungen nachweist, wobei der Nachweis des Bezugs von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II durch Vorlage einer Kopie des vollständigen „ALG II-Bescheids“ zu erfolgen hat. Hiergegen bestehen unter dem Blickwinkel der oben unter 1.2.1 dargelegten Erwägungen keine rechtlichen Bedenken.
Dass Empfänger von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II - anders als Empfänger von Leistungen der Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - den Nachweis der Leistungsberechtigung durch Vorlage einer Kopie des vollständigen „ALG II-Bescheids“ nachzuweisen haben, stellt keine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar und verstößt damit auch nicht gegen das Willkürverbot. Diese Verfahrensweise findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Antragsgegnerin selbst für die Erbringung der genannten Leistungen nach dem SGB XII und dem AsylbLG zuständig ist (§ 97 Abs. 1 SGB XII, Art. 80 Abs. 1 Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze [AGSG]; § 10 AsylbLG, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 17 Verordnung zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Aufnahmegesetzes [Asyldurchführungsverordnung - DVAsyl]), somit auch Zugriff auf die entsprechenden Daten hat, während für die genannten Leistungen nach dem SGB II das Jobcenter... (§§ 6d, 44b SGB II) zuständig ist, auf dessen Daten die Antragsgegnerin nicht, zumindest nicht unmittelbar zugreifen kann. Diese Differenzierung in Bezug auf die Erbringung eines Nachweises ist sachgerecht.
Der Antragsteller hat unstreitig einen Bescheid des Jobcenters über den Bezug von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II nicht vorgelegt und bezieht, ebenfalls unstreitig, keine Leistungen nach dem SGB XII oder dem AsylbLG. Die Versagung der Ausstellung eines Sozialtickets kann daher nicht beanstandet werden.
Der Antragsteller kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass er vom Jobcenter zur Überbrückung Essensgutscheine erhalten habe und deshalb - aufgrund des Gleichheitssatzes - auch im Hinblick auf das Sozialticket eine „Zwischenbewilligung“ möglich sein müsse. Der Antragsteller verkennt insoweit, dass es bei den Leistungen nach dem SGB II, über die das Jobcenter zu entscheiden hat, um normativ festgelegte Hilfen geht, auf die grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht. Beim Sozialticket handelt es sich demgegenüber um eine freiwillige (im Übrigen auch unter Haushaltsvorbehalt stehende) Leistung der Antragsgegnerin, deren Voraussetzungen ausschließlich von der Antragsgegnerin festgelegt werden können. Wie bereits dargelegt, steht der Antragsgegnerin insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zu; dieser ist nur durch den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV und das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV begrenzt. Die Antragsgegnerin hat in ihren o. g. Richtlinien zum Sozialticket eine „Zwischenbewilligung“ - wie vom Antragsteller begehrt - nicht vorgesehen. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist auch nicht dargetan oder sonst erkennbar, dass die Antragsgegnerin im praktischen Vollzug anderen potentiell Berechtigten ohne Prüfung der Leistungsvoraussetzungen vorab ein Sozialticket ausgestellt oder Vorschussleistungen in irgendeiner Form erteilt hätte. Die Antragsgegnerin behandelt vielmehr insoweit alle Bewerber für ein Sozialticket gleich.
1.3 Nachdem es somit schon an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob sich der Antragsteller auf einen Anordnungsgrund (Dringlichkeit) berufen kann.
2. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, weil das Verfahren nach der Rechtsprechung der Kammer gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei ist (vgl. VG Augsburg, U. v. 7.10.2014 - Au 3 K 14.1030 u. a. - juris).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 18. Dez. 2015 - Au 3 E 15.1795
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Ni
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.
(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.
(3) Das Gesuch kann vor der
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e
(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.
(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken
(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach
(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.
(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht besti
Die Landesregierungen oder die von ihnen beauftragten obersten Landesbehörden bestimmen die für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden und Kostenträger und können Näheres zum Verfahren festlegen, soweit dies nicht durch Landesgesetz ge
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbes
Tenor
I. Die Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2014 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, über die Anträge der Kläger jeweils vom 16. Juni 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1. Der Kläger beantragte am 1. Dezember 2015 bei der Beklagten die Ausstellung eines Berechtigungsscheins zum Erwerb vergünstigter Monatskarten für öffentliche Verkehrsmittel (Sozialticket). Er legte dabei die Kopie einer Bestätigung des Jobcenters ... vom 30. November 2015 vor, wonach er am gleichen Tag einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt und angegeben habe, aktuell über keinerlei Einkünfte, Vermögenswerte etc. zu verfügen. Nach dem Betreff des Schriftstücks dient dieses als „Bestätigung zur Vorlage bei der Tafel“.
Die Beklagte forderte daraufhin den Kläger auf, den kompletten Leistungsbescheid (des Jobcenters ...) über den Bezug von Arbeitslosengeld II in Kopie bis spätestens 7. Januar 2016 vorzulegen. Da - ausweislich eines Vermerks in den Verwaltungsakten - der Kläger nicht auf den Bescheid des Jobcenters habe warten wollen und eine sofortige Entscheidung der Beklagten verlangt habe, lehnte diese den Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets mit Bescheid vom 9. Dezember 2015 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Sozialticket nur ausgestellt werden könne, wenn der Betroffene den Bezug von Arbeitslosengeld II, Leistungen nach dem SGB XII oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nachweist. Dies sei jedoch nicht der Fall. Sobald dem Antragsteller ein entsprechender Leistungsbescheid vorliege, könne er einen neuen Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets stellen.
Am 9. Dezember 2015 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Sozialtickets. Mit Schreiben vom gleichen Tag bat die Beklagte (erneut) um Vorlage einer Kopie des Bescheids über den Bezug von Arbeitslosengeld II.
2. Mit seiner am 10. Dezember 2015 zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Sozialticket zu erteilen.
Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass er sich in einer akuten Notlage befinde. Er sei mittellos und auf ein Sozialticket angewiesen.
Ein gleichzeitig gestellter Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Erlass einer einstweiligen Anordnung blieb mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom18. Dezember 2015 erfolglos.
3. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger erfülle derzeit nicht die Voraussetzungen für den Erhalt eines Sozialtickets, da er weder eine der einschlägigen Sozialleistungen beziehe noch einer entsprechenden Bedarfsgemeinschaft angehöre. Er habe zwar beim Jobcenter einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, doch bislang keinen Leistungsanspruch nachgewiesen.
4. Die Kammer übertrug den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung. Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2016 wird auf die betreffende Niederschrift verwiesen.
5 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Gründe
Die als Versagungsgegenklage statthaft und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet, weil der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Gewährung eines Sozialtickets gegen die Beklagte hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Eine unmittelbare gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Ausstellung von Berechtigungsscheinen zum Erwerb verbilligter Monatskarten, wie sie der Kläger begehrt, gibt es nicht. Grundlage der Gewährung eines Sozialtickets sind daher (nur) die vom Stadtrat der Antragsgegnerin beschlossenen „Richtlinien“ zur Einführung eines Sozialtickets, wie sie auf der Internetseite der Beklagten veröffentlicht sind.
Die Beklagte ist grundsätzlich darin frei, in Richtlinien Regelungen über Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, Zuwendungsverfahren und Zuwendungsumfang zu treffen. Dabei handelt es sich um keine nach außen wirkenden und anspruchsbegründenden Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen oder Verwaltungsvorschriften. Allerdings entfalten diese in Form der Selbstbindung Außenwirkung über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz [GG], Art. 118 Abs.1 Verfassung des Freistaats Bayern [BV]; vgl. z. B. BVerwG, U. v. 8.4.1997 - 3 C 6/95 - BVerwGE 104, 220; zum Sozialticket der Beklagten VG Augsburg, U. v. 7.10.2014 - Au 3 K 14.1030 u. a. - juris). Der Zuwendungsbewerber hat so Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm behandelt zu werden. Den Gerichten ist es dabei verwehrt, durch Auslegung der Richtlinien die Bewilligungspraxis selbst zu bestimmen. Vielmehr haben sie die Richtlinien als Willenserklärung der Beklagten unter Berücksichtigung der von dieser gepflogenen Handhabung zu beachten. Die gerichtliche Prüfung hat sich somit darauf zu beschränken, ob das Handeln der Behörde willkürfrei ist und sich im Rahmen der Zweckbestimmung der jeweiligen Förderung bewegt (vgl. BVerwG, U. v. 19.9.2000 - 1 C 19/99 - BVerwGE 112, 63).
Von vorstehenden Erwägungen ausgehend kann die Versagung der Ausstellung eines Sozialtickets nicht beanstandet werden, denn der Kläger erfüllt - jedenfalls bislang - nicht die Anforderungen, die nach den Zuwendungsrichtlinien der Beklagten und der von dieser gepflogenen Verwaltungspraxis vorliegen müssen. Wie sich aus
- den auch im Internet veröffentlichten und für jedermann abrufbaren Hinweisen (siehe u. a. www...de/umwelt-soziales/soziales/sozialticket-oepnv/),
- der verwaltungsinternen „Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015)“ (siehe dort § 2 „Anspruchsvoraussetzungen“ und § Abs. 1 „Verfahren“),
- der ebenfalls verwaltungsinternen „Erläuterung der Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015)“ (siehe dort: Punkt 2. „Zu § 2 Anspruchsvoraussetzungen“ und Punkt 5. „Zu § 5 Verfahren“ [hier: Unterpunkte 5.1, 5.2 und 5.3] und
- den sich auf der Rückseite des von der Beklagten allgemein verwendeten Formblatts „Antrag auf Erhalt eines Sozialtickets der Stadt ...“ befindenden „Hinweise(n) zum Ausfüllen des Antrags“
ergibt, ist Leistungsvoraussetzung, dass der Bewerber um die Ausstellung eines Sozialtickets im Gebiet der Beklagten seinen Wohnsitz und einen entsprechenden Antrag gestellt hat, Leistungen der in § 2 der Richtlinie zur administrativen Umsetzung des Sozialtickets (Stand: 22.05.2015) - u. a. von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - zum Zeitpunkt der Antragstellung bezieht und die Anspruchsvoraussetzungen nachweist, wobei der Nachweis des Bezugs von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II durch Vorlage einer Kopie des vollständigen „ALG II-Bescheids“ zu erfolgen hat. Hiergegen bestehen unter dem Blickwinkel der oben dargelegten Erwägungen keine rechtlichen Bedenken.
Dass Empfänger von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II - anders als Empfänger von Leistungen der Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - den Nachweis der Leistungsberechtigung durch Vorlage einer Kopie des vollständigen „ALG II-Bescheids“ nachzuweisen haben, stellt keine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar und verstößt damit auch nicht gegen das Willkürverbot. Diese Verfahrensweise findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Beklagte selbst für die Erbringung der genannten Leistungen nach dem SGB XII und dem AsylbLG zuständig ist (§ 97 Abs. 1 SGB XII, Art. 80 Abs. 1 Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze [AGSG]; § 10 AsylbLG, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 17 Verordnung zur Durchführung des Asylgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Aufnahmegesetzes [Asyldurchführungsverordnung - DVAsyl]), somit auch Zugriff auf die entsprechenden Daten hat, während für die genannten Leistungen nach dem SGB II das Jobcenter... (§§ 6d, 44b SGB II) zuständig ist, auf dessen Daten die Beklagte nicht, zumindest nicht unmittelbar zugreifen kann. Diese Differenzierung in Bezug auf die Erbringung eines Nachweises ist sachgerecht.
Der Kläger hat unstreitig einen Bescheid des Jobcenters über den Bezug von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II nicht vorgelegt und bezieht, ebenfalls unstreitig, keine Leistungen nach dem SGB XII oder dem AsylbLG. Die Versagung der Ausstellung eines Sozialtickets kann daher nicht beanstandet werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommene Drucksache der Beklagten Nr. 04/00153 (Beschluss des Sozialhilfeausschusses vom 21.4.2004).
Der Kläger kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass er vom Jobcenter zur Überbrückung Essensgutscheine erhalten habe und deshalb - aufgrund des Gleichheitssatzes - auch im Hinblick auf das Sozialticket eine „Zwischenbewilligung“ möglich sein müsse. Der Kläger verkennt insoweit, dass es bei den Leistungen nach dem SGB II, über die das Jobcenter zu entscheiden hat, um normativ festgelegte Hilfen geht, auf die grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht. Beim Sozialticket handelt es sich demgegenüber um eine freiwillige (im Übrigen auch unter Haushaltsvorbehalt stehende) Leistung der Beklagten, deren Voraussetzungen ausschließlich von der Beklagten festgelegt werden können. Wie bereits dargelegt, steht der Beklagten insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zu; dieser ist nur durch den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV und das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV begrenzt. Die Beklagte hat in ihren o.g. Richtlinien zum Sozialticket eine „Zwischenbewilligung“ - wie vom Antragsteller begehrt - nicht vorgesehen. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist auch nicht dargetan oder sonst erkennbar, dass die Beklagte im praktischen Vollzug anderen potentiell Berechtigten ohne Prüfung der Leistungsvoraussetzungen vorab ein Sozialticket ausgestellt oder Vorschussleistungen in irgendeiner Form erteilt hätte. Die Beklagte behandelt vielmehr insoweit alle Bewerber für ein Sozialticket gleich.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, weil das Verfahren nach der Rechtsprechung der Kammer gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei ist (vgl. VG Augsburg, U. v. 7.10.2014 - Au 3 K 14.1030 u.a - juris).
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.
(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.
(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.
(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.
I. Die Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2014 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, über die Anträge der Kläger jeweils vom 16. Juni 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
II. Die Kosten der Verfahren hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Ausstellung von Berechtigungsscheinen für den Erwerb sog. Sozialtickets.
1. Die Beklagte bietet seit Juli 2014 bestimmten einkommensschwachen Personen, die im Stadtgebiet wohnen, als freiwillige Leistung die Ausgabe von Berechtigungsscheinen zum Erwerb verbilligter Monatsfahrkarten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel in zwei Tarifzonen (Sozialtickets) an. Die Berechtigungsscheine müssen bei der Beklagten beantragt werden. Ergibt die Prüfung durch die Beklagte, dass die Bezugsvoraussetzungen vorliegen, werden den Antragstellern jeweils sechs Berechtigungsscheine (für sechs Monate) zugesandt; diese berechtigen zum Erwerb von Monatskarten der betreffenden Ticketart (Monatskarte Senioren, Ausbildungsverkehr oder Jedermann) zum einheitlichen Preis von 25,-- € an einer der Fahrkartenverkaufsstellen.
Nach einem Informationsblatt und dem Internetauftritt der Beklagten (http://www.armutspraevention.augsburg.de) sind folgende Personenkreise berechtigt:
„... Leistungsempfänger/innen von Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), die nicht in Einrichtungen (z.B. Alters- bzw. Pflegeheimen) leben sowie die zu deren Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen
... Empfänger/innen von Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG), die nicht in Einrichtungen (z.B. Alters- bzw. Pflegeheimen) leben, sowie die zu deren Haushalt gehörenden, wohngeldrechtlich zu berücksichtigenden Lebenspartner/innen und minderjährigen Kinder.
... Leistungsempfänger/innen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und die zu deren Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen.“
Die betreffende Internetseite der Beklagten weist außerdem folgenden Hinweis auf:
„Wichtig: Empfänger von Leistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld - Jobcenter ...) gehören derzeit nicht zum berechtigten Personenkreis.“
2. Die Kläger, die allesamt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) – Arbeitslosengeld II und Sozialgeld – (sog. „Hartz IV-Leistungen“) beziehen, haben jeweils bei der Beklagten die Ausstellung von Berechtigungsscheinen beantragt. Diese Anträge lehnte die Beklagte jeweils mit der Begründung ab, dass Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) nicht bezugsberechtigt seien.
3. Gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung von Berechtigungsscheinen richten sich die Klagen. Die Kläger beantragen,
die Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über ihre Anträge auf Gewährung eines Sozialtickets unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Zur Begründung führen sie im Wesentlich aus, dass der Ausschluss von Empfängern von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch („Hartz IV“) eine Diskriminierung darstelle.
4. Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Ziel der Einführung des Sozialtickets durch Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 30. Januar 2014 sei es, besonders bedürftigen Bevölkerungsschichten die Teilhabe an einem durch Mobilität bestimmten Leben zu erleichtern. Der Stadtrat habe sich damals aus verschiedenen sachlichen Erwägungen heraus bewusst für die nunmehr bezugsberechtigten Personenkreise entschieden.
Ein Kriterium sei sicherlich gewesen, dass im kommunalaufsichtlich genehmigten Haushalt für das Jahr 2014 Mittel in Höhe von 500.000,- € für das Sozialticket zur Verfügung gestellt worden seien. Nach damaligen Schätzungen sei man davon ausgegangen, dass bei einer Ausweitung der Bezugsberechtigung auch auf Leistungsempfänger nach dem SGB II und einer Nutzung durch lediglich 20 v.H. der Berechtigten Mehrkosten von 900.000,- € zzgl. Verwaltungskosten zu erwarten gewesen wären. Dies sei zwar nicht der ausschlaggebende sachliche Grund für die Differenzierung zwischen den verschiedenen Transferleistungsempfängern, doch sei die Begrenzung des Haushaltsansatzes der Beklagten für die freiwillige soziale Leistung des Sozialtickets grundsätzlich anzuerkennen. Insoweit werde auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. Januar 2004, Az. AN 4 K 03.00002, verwiesen
Berechtigt zum Erwerb eines Sozialtickets seien u.a. Empfänger von Grundsicherung nach Kap. 3 und 4 des SGB XII, d.h. Personen, die aufgrund ihres Alters oder aufgrund dauerhafter voller Erwerbsminderung nicht (mehr) in der Lage sind, ihren notwendigen Lebensunterhalt aus Einkommen und Vermögen selbst zu beschaffen. Für diese Personen sei eine Rückkehr in das Berufsleben in aller Regel nicht möglich. Zudem seien sie in den meisten Fällen aufgrund ihres Alters bzw. aufgrund ihrer Gesundheit nicht mobil und oftmals auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen.
lm Gegensatz dazu seien Empfänger von SGB Il-Transferleistungen erwerbsfähig und damit im Regelfall deutlich mobiler als SGB XII-Leistungsempfänger. Auf die regelmäßige Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs seien diese oftmals nicht angewiesen, zumal ihnen die Benutzung kostengünstigerer Verkehrsmittel, wie z.B. Fahrräder zumutbar sei. Die Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen bekämen SGB II-Leistungsempfänger üblicherweise auf Antrag ersetzt.
Nach § 1 SGB XII sei Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Dazu gehöre sicherlich die Erleichterung von Mobilität. Nach § 1 SGB II sei Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu stärken. Allein diese Unterscheidung in den Aufgaben dieser beiden Transferleistungen zeige, dass eine Differenzierung zwischen den beiden Gruppen von Leistungsempfängern möglich und auch gewollt sei. Während bei der Gruppe der SGB XII-Leistungsempfänger eine Rückkehr in die Erwerbsfähigkeit bzw. das Leben ohne Sozialhilfe im Regelfall nicht möglich sei, solle die Gruppe der SGB II-Leistungsempfänger unterstützt werden, ein Leben unabhängig von der Grundsicherung führen zu können.
Auch eine Differenzierung zwischen SGB II-Leistungsempfängern und Wohngeldempfängern sei sachlich gerechtfertigt. Wohngeldempfänger seien meist berufstätig, aber aufgrund nicht ausreichenden Einkommens nicht in der Lage, die Miete für angemessenen Wohnraum für sich und ihre Familien zu zahlen. Aufgrund der Berufstätigkeit müssten Wohngeldempfänger jedoch täglich unterwegs sein und seien deshalb auf die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oftmals besonders angewiesen.
Auch die Einbeziehung von Leistungsempfängern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sei sachlich gerechtfertigt. Viele dieser Leistungsempfänger erhielten lediglich ein sog. Taschengeld, das deutlich niedriger ist als der übliche Regelsatz. Von diesen Leistungen sei eine regelmäßige Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs nicht finanzierbar. Auch auf andere kostengünstige Verkehrsmittel wie Fahrräder oder auch auf ein Netzwerk von Verwandten oder Bekannten, die Besorgungen miterledigen könnten, könnten diese Personen nicht zurückgreifen. Zudem lebten Asylbewerber häufig in nicht zentral gelegenen Gemeinschaftsunterkünften. lm Hinblick auf eine Integration in ihrer neuen Heimat dürften Asylbewerber aber nicht von einer Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden.
Da bei der Auswahl der zum Erwerb des Sozialtickets berechtigten Personengruppen sachliche Differenzierungsgründe vorgelegen hätten, sei ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht ersichtlich.
Auf gerichtliche Anfrage teilte die Beklagte weiter mit, dass grundsätzlich eine Ausweitung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf Empfänger von Leistungen nach dem SGB II für die Zukunft beabsichtigt sei. Vorher sei jedoch eine Evaluierung der bisherigen Nutzung des Sozialtickets erforderlich. Diese solle bis Juni 2015 erfolgen. Erst nach dieser Auswertung könne von der Verwaltung beurteilt werden, welche Mittel für eine Ausweitung des berechtigten Personenkreises zur Verfügung gestellt werden müssten.
Aus diesem Grund sei im Haushaltsplan für das Jahr 2015 zunächst weiterhin eine Summe von 500.000,- € für das Sozialticket eingeplant. Nach der Evaluierung der bisherigen Inanspruchnahme des Sozialtickets solle im Stadtrat über die Erweiterung des Sozialtickets neu beraten und abgestimmt werden. Möglicherweise sei eine Änderung des Personenkreises schon im Laufe des Jahres 2015 denkbar. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass die Mittel aus den Jahren 2014 und 2015 nicht vollständig vom derzeit nutzungsberechtigten Personenkreis aufgebraucht würden. Bei Betrachtung der bisher ausgewerteten Zahlen sei dies nicht unrealistisch.
Bevor das Sozialticket in seiner jetzigen Form beschlossen worden sei, habe die Beklagte zusammen mit dem ... (...) die Einführung eines neuen Sozialtarifs durch den ... geplant und vorbereitet. Die Einführung eines Sozialtarifs bedürfe einer langen Vorbereitung und Abstimmung mit den im ...-Verbund befindlichen Landkreisen ..., ... und .... Da die politischen Gremien der Beklagten die Einführung des Sozialtickets jedoch schon vor Abschluss dieser Abstimmung auf den Weg hatten bringen wollen, habe man sich für die derzeitige Form des Sozialtickets als freiwilligen Zuschuss entschieden. Parallel dazu werde von der Beklagten sowie dem ..., wie ursprünglich geplant, die Neueinführung eines Sozialtarifs durch den ... vorbereitet.
Auf Bitte des Verwaltungsgerichts übermittelte die Beklagte auch die einschlägigen Niederschriften über Sitzungen der städtischen Gremien – soweit diese bereits erstellt waren.
5. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte über sämtliche nach § 93 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Streitsachen auch in Abwesenheit von zwei Klägern verhandeln und entscheiden, weil die Ladungen den Hinweis nach § 102 Abs. 1 VwGO enthielten.
Die Bescheidungsklagen sind statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere bestehen keine Zweifel daran, dass der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO und nicht der Sozialrechtsweg (§ 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) eröffnet ist. Denn Streitgegenstand sind keine Forderungen nach den in § 51 Abs. 1 SGG genannten Gesetzen, sondern freiwillige, gesetzlich nicht geregelte Leistungen der Beklagten zur Verbesserung der Mobilität einkommensschwacher Menschen.
Die Klagen sind auch begründet. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihrem Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und Art. 118 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV); sie sind deshalb aufzuheben. Nachdem auf die Gewährung des Sozialtickets kein Rechtsanspruch (im engeren Sinn), sondern insoweit lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung besteht, kann die Beklagte nur – wie klägerseits auch beantragt – zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts verpflichtet werden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Eine unmittelbare gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Ausstellung von Berechtigungsscheinen zum Erwerb verbilligter Monatskarten, wie sie von den Klägern begehrt werden, gibt es nicht. Rechtliche Grundlage der Gewährung von Sozialtickets sind daher (nur) die mit Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 30. Januar 2014beschlossenen „Richtlinien“ zur Einführung eines Sozialtickets, wie sie auf der Internetseite der Beklagten veröffentlicht sind, in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV.
1.1 Die Beklagte ist nicht normativ verpflichtet, ein System zur Förderung der Mobilität bedürftiger Bürger im Rahmen des Personennahverkehrs einzuführen, sie ist aber dazu berechtigt. Nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO) gehört auch die öffentliche Wohlfahrtspflege zu den Aufgabe der Gemeinden im eigenen Wirkungskreis. Das eingeführte Sozialticket dient der Förderung der Teilhabe einkommensschwacher Menschen und damit der Wohlfahrtspflege. Die Beklagte macht deshalb grundsätzlich von ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV) Gebrauch, wenn sie Sozialtickets einführt.
1.2 Die Gewährung von Sozialtickets ist, da hierdurch nicht in Rechtspositionen eingegriffen wird, ausschließlich Teil der leistenden Verwaltung (vgl. BVerwG, U.v. 27.3.1992 – 7 C 21/90 – BVerwGE 90, 112). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass als rechtliche Grundlage für den Erlass von (begünstigenden) Verwaltungsakten im Bereich der leistenden Verwaltung (Subventionswesen) keine differenzierten normativen Regelungen erforderlich sind; vielmehr sind insoweit im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) untergesetzliche Richtlinien (Verwaltungsvorschriften), die die näheren Einzelheiten (z.B. tatbestandliche Voraussetzungen der Leistung, Verfahren) bestimmen und denen keine unmittelbare Außenwirkung zukommt, ausreichend. Entscheidungen aufgrund solcher Richtlinien stehen regelmäßig unter Haushaltsvorbehalt, d. h. setzen die Verfügbarkeit bereitgestellter Haushaltsmittel voraus, und sind dem Grunde nach Ermessensentscheidungen. Das Ermessen der Bewilligungsbehörde ist jedoch entsprechend dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG durch die gleichmäßige Anwendung der Richtlinien in der Praxis gebunden (Selbstbindung der Verwaltung).
Die verwaltungsgerichtliche Prüfung von Verwaltungsakten, die auf der Grundlage derartiger Förderrichtlinien erlassen werden, beschränkt sich daher auf eine Ermessenskontrolle i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO, bei der die Richtlinie selbst keiner eigenständigen richterlichen Auslegung, wie dies etwa bei Rechtsnormen der Fall ist, unterliegt. Allerdings ist ein Verwaltungsakt auch dann als ermessensfehlerhaft zu qualifizieren, wenn er zwar richtlinienkonform ist, d.h. dem durch die Richtlinie vorgegebenen Verteilungsprogramm entspricht, das Verteilungsprogramm seinerseits aber mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren und damit nicht frei von Willkür ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 – BVerwGE 58, 45).
1.3 Die Beklagte hat bei der Ausgestaltung der Voraussetzungen für die freiwillige Leistung „Sozialticket“ einen weiten Ermessensspielraum, muss aber – ebenso wie der Gesetzgeber beim Erlass von (Leistungs-)Gesetzen – den Gleichheitssatz beachten (vgl. z. B. BVerfGE, B.v. 2.2.1999 – 1 BvL 8/97 – BVerfGE 100, 195). Der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von potentiell Leistungsberechtigten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 7.12.2012 – 1 BvL 14/07 – BVerfGE 130, 240 und B.v. 8.6.2004 – 2 BvL 5/00 – BVerfGE 110, 412 m.w.N.). Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfG, B.v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49).
1.4 Allerdings schließt der Gleichheitssatz nicht jede Differenzierung aus. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der „Andersbehandlung“ angemessen sind (vgl. BVerfG, B.v. 7.7.2009 – 1 BvR 1164/07 – BVerfGE 124, 199 und B.v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49). Dies bedeutet, dass die Anforderungen an die Rechtfertigung einer anderen Behandlung umso strenger sein müssen, je intensiver sich die Ungleichbehandlung auswirkt.
Von einer größeren Intensität ist auszugehen, wenn nicht verhaltens-, sondern personenbezogene Merkmale oder die Zugehörigkeit der Betroffenen zu einer Personengruppe zur Differenzierung herangezogen werden (vgl. BVerfG, B.v. 26.1.1993 – 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92 – BVerfGE 88, 93). In diesen Fällen ist ein strenger Maßstab an die Rechtfertigung der Andersbehandlung anzulegen.
Verfahrensökonomische Gründe können als Rechtfertigung einer differenzierten Behandlung verschiedener Personengruppen nur dann in Betracht kommen, wenn „Massenerscheinungen“ geregelt werden und bei einer Gleichbehandlung „erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstehen würden, die nicht durch einfachere, die Betroffenen weniger belastende Regelungen behoben werden könnten“ (BVerfGE, B.v. 2.2.1999 – 1 BvL 8/97 – BVerfGE 100,195 m.w.N.).
Rein fiskalische Erwägungen können allerdings nicht als zureichende Differenzierungsgründe angesehen werden. Der Leistungsgeber kann zwar (im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit) frei bestimmen, in welchem Umfang er finanzielle Mittel zur Erbringung freiwilliger Leistungen ein- und im Haushaltsplan ansetzen möchte. Bei der Entscheidung über die Verteilung dieser Mittel kann eine Personengruppe jedoch nicht mit dem Hinweis auf die Begrenztheit der Mittel außen vor gelassen werden, wenn keine anderen tragfähigen Sachgründe für die Differenzierung gegeben sind. Ausgaben zu vermeiden, ist zwar ein legitimer Zweck; dieser vermag jedoch eine Ungleichbehandlung von Personengruppen nicht zu rechtfertigen. Ist ein darüber hinausgehender sachlicher Differenzierungsgrund nicht vorhanden, muss der Leistungsgeber finanzpolitischen Belangen ggf. durch eine Beschränkung der Leistungshöhe oder der Bezugsdauer für alle Berechtigten Rechnung tragen (vgl. BVerfG, B.v. 7.12.2012 – 1 BvL 14/07 – BVerfGE 130, 240).
2. Von vorstehenden Erwägungen ausgehend, kann die Versagung des Sozialtickets gegenüber den Klägern nicht gerechtfertigt werden. Der Ausschluss der Gruppe der Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach § 19 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) aus dem Katalog der Leistungsberechtigten ist mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV nicht vereinbar.
2.1 Nach dem Vortrag der Beklagten dient die Einführung des Sozialtickets der Förderung der Teilhabe „besonders bedürftiger Bevölkerungsschichten“ an einem durch Mobilität bestimmten Leben. Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der besonderen Bedürftigkeit derjenige, die in den Genuss der freiwilligen Leistung kommen sollen, ist nach dem zugrundeliegenden Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 30. Januar 2014 der Bezug bestimmter öffentlicher (Sozial-)Leistungen.
Betrachtet man die einzelnen Personengruppen, deren „Mitglieder“ die Beklagte als Bezugsberechtigte bestimmt hat, ergibt sich in Bezug auf deren wirtschaftliche Situation (Einkommen und Vermögen) folgendes Bild:
• Leistungsempfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (§§ 41 ff. SGB XII) sind Personen, die die Regelarbeitszeitgrenze (derzeit 65 Jahre + 2 Monate) erreicht oder die das 18. Lebensjahr vollendet haben und – unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage – aus medizinischen Gründen dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können (§ 41 Abs. 1 und 3 SGB XII.
Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können und weder Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld) noch Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) erhalten (z.B. Personen, die die Regelarbeitszeitgrenze noch nicht erreicht haben und nur vorübergehend erwerbsgemindert sind).
Der notwendige Lebensunterhalt (mit Ausnahme der erforderlichen Aufwendungen für die Unterkunft und die Heizung – diese werden zusätzlich in tatsächlicher Höhe berücksichtigt (§ 35 SGB XII) – sowie weiterer Sonderbedarfe) bemisst sich bei der Grundsicherung im Alter wie auch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt im Übrigen nach pauschalen abgestuften Regelbedarfssätzen, die nach dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfsermittlungsgesetz) ermittelt und fortgeschrieben werden. Derzeit beträgt der Regelbedarf für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die alleinstehend oder alleinerziehend ist und einen eigenen Haushalt führt (Regelbedarfsstufe 1), 391,00 €.
Zur Deckung ihres notwendigen Bedarfs haben die Leistungsberechtigten vorrangig ihr Einkommen nach näheren Bestimmungen in §§ 82 ff. SGB XII sowie grundsätzlich ihr gesamtes verwertbares Vermögen – soweit es sich nicht um sog. Schonvermögen i.S.d. § 90 Abs. 2 SGB XII handelt – einzusetzen.
• Wohngeld wird entweder als Mietzuschuss oder Lastenzuschuss gewährt und dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens (§ 1 des Wohngeldgesetzes – WoGG). Die Höhe des Wohngeldes ist nach § 4 WoGG abhängig von der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder (§§ 5 bis 8 WoGG), den (angemessenen) Kosten der Unterkunft (Miete oder Belastung nach §§ 9 bis 12 WoGG) und dem Gesamteinkommen. Da bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (und auch beim Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch) die (angemessenen) Unterkunftskosten in vollem Umfang berücksichtigt werden, sind Empfänger der genannten Transferleistungen vom Wohngeldbezug ausgeschlossen (§ 7 Abs. 1 Nrn. 1, 5 und 6 WoGG). Wohngeldbezug wird deshalb nur dann in Betracht kommen, wenn ein (regelmäßig wohl geringfügig) über dem jeweils maßgeblichen Bedarf nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (und dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch) liegendes Einkommen vorhanden ist. Im Unterschied zu den genannten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch und denen nach dem Zweiten Buch setzt die Gewährung von Wohngeld grundsätzlich nicht den vorherigen Vermögenseinsatz voraus – ausgenommen bei missbräuchlicher Inanspruchnahme nach § 21 Nr. 3 WoGG (vgl. z.B. BVerwG, U.v.18.4.2013 – 5 C 21/12 – NVwZ-RR 2013, 719 und juris).
• Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten die in § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 des genannten Gesetzes bezeichneten Ausländer, denen allesamt gemein ist, dass sie entweder (noch) kein gesichertes Bleiberecht im Bundesgebiet haben oder (vollziehbar) ausreisepflichtig sind. Je nach Ort der Unterbringung können die Leistungen als Sach- und/oder Geldleistungen gewährt werden. Die Höhe der (Geld-)Leistungen entspricht nicht dem Niveau der Leistungen nach dem Zweiten und dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs, sondern ist geringer. Einkommen und Vermögen sind einzusetzen.
Demgegenüber stellt sich die wirtschaftliche Situation der von der Inanspruchnahme des Sozialtickets ausgeschlossenen Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch wie folgt dar:
• Arbeitslosengeld II erhält, wer das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hat, erwerbsfähig ist und seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst aus seinem Einkommen und Vermögen decken kann (§ 7 Abs. 1,§ 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB II). Nach § 7 Abs. 2 Satz 1,§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II erhalten nichterwerbsfähige Personen, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches (Hilfe zum Lebensunterhalt) haben.
Der notwendige Lebensunterhalt (mit Ausnahme der erforderlichen Aufwendungen für die Unterkunft und die Heizung – diese werden nach § 22 SGB II zusätzlich in tatsächlicher Höhe berücksichtigt, soweit diese angemessen ist – sowie weiterer Sonderbedarfe nach §§ 21 und 28 SBG II) bemisst sich wie bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch gemäß § 20 SGB II nach pauschalen abgestuften Regelbedarfssätzen, die nach dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfsermittlungsgesetz) ermittelt und fortgeschrieben werden. Derzeit beträgt der Regelbedarf für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die alleinstehend oder alleinerziehend ist und einen eigenen Haushalt führt (Regelbedarfsstufe 1) 391,00 €. Der Leistungsumfang beim Arbeitslosengeld II und beim Sozialgeld entspricht damit dem Niveau der Sozialhilfe (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch).
Zur Deckung ihres notwendigen Bedarfs haben die Leistungsberechtigten vorrangig ihr Einkommen nach näheren Bestimmungen in §§ 11 bis 13 SGB II sowie grundsätzlich ihr gesamtes verwertbares Vermögen – soweit es sich nicht um sog. Schonvermögen i.S.d. § 12 SGB II handelt – einzusetzen. Es bestehen geringfügige Unterschiede zum Einkommens- und Vermögenseinsatz nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch insoweit, als ein anderer Freibetrag bei Erwerbstätigkeit (§ 11b Abs. 2 und 3 SGB II) sowie eine höhere Freigrenze in Bezug auf das verwertbare Vermögen gilt.
2.2 Ein Vergleich zwischen der wirtschaftlichen Situation von Leistungsempfängern nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und Hilfe zum Lebensunterhalt) mit der von Leistungsempfängern nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) ergibt, dass insoweit keine, allenfalls marginale Unterschiede bestehen. Beide Personengruppen sind im Wesentlichen gleichermaßen bedürftig bzw. einkommensschwach. Um die Ungleichbehandlung der genannten Personengruppen im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz rechtfertigen zu können, bedürfte es daher weiterer tragfähiger Sachgründe.
Dies gilt umso mehr, als die Leistungen für die Betroffenen durchaus ins Gewicht fallen – für viele Empfänger von Arbeitslosengeld II (bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres) sogar in stärkerem Maße als für Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Ein Empfänger von „Hartz IV-Leistungen“ unter 63 Jahren würde sich durch das Sozialticket einen Betrag von 34,40 € monatlich (Preis für Jedermannsmonatskarte 59,40 € abzüglich 25,00 €) und damit 8,8 % des Regelsatzes eines Alleinstehenden ersparen. Dagegen hat ein Bezieher von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (nach Erreichen der Altersgrenze) lediglich einen Preisvorteil von 12,70 € gegenüber der regulären Seniorenmonatskarte, die 37,70 € kostet (und die Vollendung des 63. Lebensjahres voraussetzt), und spart damit nur 3,25 % des Regelsatzes ein.
Es ist allerdings nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts, von sich aus nach geeigneten Rechtfertigungsgründen zu suchen. Denn streitgegenständlich sind Ermessensentscheidungen der Beklagten, die nur einer eingeschränkten Kontrolle unterliegen. Insbesondere darf das Verwaltungsgericht nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Beklagten als „Richtlinien- und Leistungsgeberin“ setzen. Es kann daher nur überprüfen, ob die Gründe, die die Beklagte erwogen hat, geeignet sind, die Andersbehandlung von „Hartz IV-Empfängern“ gegenüber Sozialhilfeempfängern zu rechtfertigen. Dabei ist zuvörderst zu ermitteln, welche Motive den Stadtrat der Beklagten als dem maßgeblichen Entscheidungsgremium (Art. 29 und 30 Abs. 1 und Abs. 1 GO) dazu veranlasst haben, die Gruppe der Empfänger von Transferleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch aus dem Kreis der Begünstigten, d.h. derjenigen, die ein Sozialticket erhalten können, auszuschließen. Darüber hinaus ist auch das sonstige Vorbringen der Beklagten in der Begründung der angefochtenen Bescheide und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in den Blick zu nehmen.
2.3 Hinsichtlich der Erforschung des (politischen) Willens des Stadtrats kann im Wesentlichen nur auf die Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 30. Januar 2014 zurückgegriffen werden, die dem Gericht auszugsweise in Ablichtung vorgelegt wurde. Die vorgelegten Niederschriften über die Sitzungen des Jugend-, Sozial- und Wohnungsausschusses vom 24. April 2013 und vom 16. Oktober 2013 sind hinsichtlich der Frage des berechtigten Personenkreises unergiebig. Eine (insoweit möglicherweise ergiebigere) Niederschrift über die Sitzung des Jugend-, Sozial- und Wohnungsausschusses vom 15. Januar 2014 wurde nach Angabe der Beklagten noch nicht erstellt und kann deshalb auch nicht berücksichtigt werden.
2.3.1 Betrachtet man die Redebeiträge der Stadtratsmitglieder, die sich gegen die Einbeziehung der „Hartz IV-Empfänger“ in den Kreis der Leistungsberechtigten ausgesprochen haben, so spricht vieles dafür, dass insoweit im Wesentlichen fiskalische Erwägungen maßgeblich waren. Nachdem einerseits, wie wiederholt hervorgehoben wurde, der im Haushalt 2014 angesetzte Betrag von 500.000,00 € nicht überschritten werden sollte, andererseits aber nach einer Schätzung der Verwaltung der Beklagten bei einer umfassenden Leistungsberechtigung („Alternative 3: Sozial-Ticket für SGB XII + Wohngeld + Asyl + SGB II (ca. 20.000 Personen)“) und einer Inanspruchnahmequote von 20 % aller Berechtigten (Sach-)Kosten von jährlich etwa 1.000.000,00 € und Personalkosten von 210.000,00 € zu erwarten waren, sah sich das Gremium vor die Entscheidung gestellt, entweder den Preisvorteil des Sozialtickets gegenüber den regulären Monatskarten zu marginalisieren oder den Berechtigtenkreis zu reduzieren. Für letzteres hat sich der Stadtrat der Beklagten dann – allein zu Lasten der Gruppe „SGB II“ – entschieden. Wie oben unter 1.4 bereits dargelegt, können jedoch fiskalische Interessen den Ausschluss einer Personengruppe von einer Begünstigung nicht rechtfertigen, wenn die ausgeschlossene Gruppe im Wesentlichen mit einer anderen (begünstigten) Personengruppe vergleichbar ist. Letzteres trifft vorliegend zu.
Andere tragfähige Sachgründe für eine differenzierte Behandlung der genannten Transferleistungsempfänger lassen sich in den Redebeiträgen, so wie sie in der Niederschrift wiedergegeben sind, allenfalls ansatzweise finden:
- Soweit ein Differenzierungsgrund darin gesehen wird, dass die „Hartz IV-Berechtigten … bereits in der Hartz IV-Zahlung einen 25 €-Mobilitätszuschuss“ bekämen (Seite 32 der Sitzungsniederschrift), ist dies nur die „halbe Wahrheit“, denn dies trifft gleichermaßen auf die Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu. Die Regelbedarfe enthalten in allen Fällen einen Anteil „Verkehr“ als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgabe (§ 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Regelbedarfsermittlungsgesetz).
Soweit vorgebracht wurde, dass eine Begünstigung der Gruppe der Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch deshalb gerechtfertigt sei, weil diese Personen „stabil keine Chance mehr hätten, ins System zurückzukommen“ (Seite 33 der Sitzungsniederschrift), kann dies nicht überzeugen. Wenn damit die „Rückkehr“ in eine (den Lebensunterhalt sicherstellende) Erwerbstätigkeit (im ersten Arbeitsmarkt) gemeint gewesen sein sollte, dann trifft die Aussage, dass dieser Weg für Bezieher von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung abgeschnitten sei, zu. Bei Personen, die die Alterszeitgrenze erreicht haben, liegt dies jedoch in der Natur der Sache. Andererseits sinken die Chancen von Langzeitarbeitslosen, die „Hartz IV-Leistungen“ beziehen, im ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen zu können, mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit rapid ab. Insoweit erscheint eine Differenzierung der beiden Personengruppen nicht sachgerecht, zumal auf die aktuelle Bedürftigkeit und nicht auf eine (oftmals allenfalls vage) Chance, der Arbeitslosigkeit entkommen zu können, abzustellen sein wird. Für den Langzeitarbeitslosen ändert der Hinweis auf die Möglichkeit, irgendwann wieder in „Lohn und Brot“ gelangen zu können, nichts an seiner aktuellen wirtschaftlichen Misere, die sich nicht von der eines Empfängers von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung unterscheidet.
- Soweit zur Begründung der Andersbehandlung ausgeführt wurde, dass bei Empfängern von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld im Falle der Erwerbstätigkeit (sog. Aufstocker) ein Freibetrag von 100,00 € berücksichtigt werde (Seite 33 der Sitzungsniederschrift), wird übersehen, dass nach § 82 Abs. 3 SGB XII auch bei Empfängern von Sozialhilfe ein Erwerbseinkommen teilweise nicht auf die Hilfe angerechnet wird. Zwar mögen die in § 82 SGB XII sowie in § 11b SGB II enthaltenen „Hinzuverdienstregelungen“ in Bezug auf das freizulassende Erwerbseinkommen zu unterschiedlichen Freibeträgen führen, doch ist nicht ersichtlich und von der Beklagten im Einzelnen auch nicht dargelegt, dass diese Unterschiede so gewichtig wären, dass sie eine Ungleichbehandlung der beiden Personenkreise in Bezug auf die Berechtigung zur Nutzung des Sozialtickets rechtfertigen könnten. Dies gilt umso mehr, als eine eventuelle „Hinzuverdienstprivilegierung“ nicht bei allen „Hartz IV-Empfängern“ zu Buche schlägt, sondern lediglich für die „Untergruppe“ der Aufstocker relevant ist.
- Weiter erscheinen auch eventuelle verwaltungspraktische Problem, zu denen die Einbeziehung der Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in die Sozialticket-Förderung führen könnte, nicht durchgreifend. Zwar wurde in der genannten Stadtratssitzung ausgeführt, dass im Bereich der „SGB II-Leistungen“ häufiger Veränderungen in Bezug auf die Hilfeempfänger („Zu- und Abgang“) einträten; auch sei im Sozialamt eine „cleverere EDV“ vorhanden die eine „einfachere Abwicklung“ des Förderprogramms (nur hinsichtlich von Sozialhilfeempfängern) ermögliche (Seite 33 der Sitzungsniederschrift). Dies kann nach Überzeugung der Kammer eine Ungleichbehandlung jedoch nicht rechtfertigen. Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld könnten ihre Bezugsberechtigung durch Vorlage des betreffenden aktuellen Leistungsbescheids des Jobcenters nachweisen (vgl. dazu VG Aachen, U.v. 28.11.2007 – 8 K 2082/05 – juris zur Befreiung von Sozialleistungsempfängern von der Rundfunkgebührenpflicht); dies wird von der Beklagten bei Anträgen auf „Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II (Arbeitslosengeld II), § 34 SGB XII (Sozialhilfe), bzw. § 6b BKGG i.V.m. § 28 SGB II (Wohngeld, Kinderzuschlag)“ auch so praktiziert, wie sich aus dem betreffenden Antragsformular ergibt (herunterzuladen unter http://www.armutspraevention.....de). Dass es Veränderungen im Personenkreis der „Hartz IV-Empfänger“ geben kann und wird, ist jedenfalls kein Grund, diese Personengruppe von der Berechtigung zum Bezug des Sozialtickets auszunehmen, da Veränderungen auch bei den Mitgliedern anderer (begünstigter) Personengruppen eintreten können. Im Übrigen zeigt die Verwaltungspraxis der Landeshauptstadt München sowie die der Stadt Nürnberg, wo auch Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch Sozialtickets erhalten, dass solche verwaltungspraktische Probleme lösbar sind.
- Schließlich ist auch der wiederholt von einzelnen Stadtratsmitgliedern geäußerte Hinweis auf eine beabsichtigte „Evaluierung“ im Zusammenhang mit den Beratungen zum Haushalt 2015 nur vor dem Hintergrund der im Jahr 2014 zur Verfügung stehenden auf 500.000,00 € begrenzten Haushaltsmittel zu erklären. Ein solches „Vertrösten“ der Personengruppe der Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld auf mögliche „bessere Zeiten“, das seinen Grund ausschließlich im aktuellen Haushaltsansatz hat, rechtfertigt, wie oben jedoch unter Verweis auf die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bereits dargelegt wurde, die Ungleichbehandlung der genannten Personengruppe jedenfalls nicht.
2.3.2 Ein tragfähiger Differenzierungsgesichtspunkt kann weder der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide – diese verweisen nur auf die „Förderrichtlinien“ – noch dem Vortrag der Beklagten im Klageverfahren entnommen werden.
- Soweit geltend gemacht wird, dass „Hartz IV-Empfänger“ wegen ihrer Erwerbsfähigkeit im Vergleich zu Empfängern von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung „im Regelfall deutlich mobiler“ seien, mag dies zwar oftmals im Hinblick auf das Zufußgehen zutreffen; Mobilität als Grundlage der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – deren Förderung ist nach dem Vorbringen der Beklagten auch der Grund für die Einführung des Sozialtickets – ist jedoch nicht allein durch die Fähigkeit, sich einigermaßen flüssig zu Fuß fortbewegen zu können, gewährleistet. Vielmehr kommt es maßgeblich auch darauf an, dass dem Betroffenen die Möglichkeit offensteht, auch größere Entfernungen innerhalb des Stadtgebiets der Beklagten in angemessener Zeit zurücklegen zu können, was regelmäßig den Einsatz eines Fahrzeugs bedingt. Nachdem „Hartz IV-Empfänger“ kaum über eigene Kraftfahrzeuge verfügen dürften, verbleibt ihnen nur die Möglichkeit der Nutzung von Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs. Auch der Hinweis der Beklagten, dass den Empfängern von Arbeitslosengeld II oftmals die Benutzung von Fahrrädern vorrangig vor anderen Verkehrsmitteln als zumutbar anzusinnen sei, verfängt in dieser Pauschalität nicht. Beispielsweise dürfte es Alleinerziehenden im „ALG II-Bezug“ mit einem oder mehreren Kindern unter drei Jahren kaum zuzumuten sein, gemeinsam mit einem Kind zu jeder Jahreszeit mit dem Fahrrad etwa zum Kinderarzt oder zum Erledigen von Besorgungen des täglichen Lebens zu fahren. Dass diese Personengruppe keineswegs eine zahlenmäßig nur unbedeutende Rolle spielt, kann dem Sozialbericht der Beklagten für das Jahr 2012 (siehe dort Seite 21) entnommen werden. Danach waren 2012 23,5 % der Haushalte mit Kindern Alleinerziehendenhaushalte; von den Alleinerziehenden waren wiederum 44 % von staatlichen Transferleistungen abhängig. Dass sich zwischenzeitlich signifikante Veränderungen ergeben hätten, ist nicht anzunehmen. Andererseits gibt es auch bei den über 65-Jährigen einen nicht unerheblichen Anteil von körperlich leistungsfähigen Personen, denen die Benutzung eines Fahrrads eher zugemutet werden könnte, als manchen jüngeren Langzeitarbeitslosen.
- Weiter ist auch das Argument, dass Empfänger von Arbeitslosengeld II Kosten, die ihnen für Fahrten zu Bewerbungsgesprächen entstehen, üblicherweise auf Antrag erstattet bekämen, für die getroffene Andersbehandlung nicht tragfähig. Denn die Bedeutung der Mobilität, die durch das Sozialticket gefördert werden soll, erschöpft sich nicht darin, zu Bewerbungsgesprächen fahren zu können.
- Soweit in der Klageerwiderung anklingt, dass die Versagung der Begünstigung für die Personengruppe der Empfänger von Arbeitslosengeld II als Maßnahme zur Stärkung deren Eigenverantwortung und damit gleichsam als „Hilfe“ zur Überwindung ihrer aktuellen Situation anzusehen sei, kann das Gericht dies nicht nachvollziehen.
2.4 Nachdem die Andersbehandlung der Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld im Vergleich zu Empfängern von Sozialhilfe nicht zu rechtfertigen ist, sind die angefochtenen Entscheidungen rechtswidrig und bereits deshalb aufzuheben. Auf die Frage, ob der Ausschluss der Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch auch im Vergleich zu Empfängern von Wohngeld sowie Empfängern von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gegen den Gleichheitssatz verstößt, kommt es daher nicht mehr entscheidend an.
Wie oben bereits dargelegt, kann das Verwaltungsgericht die Beklagte (nur) zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichten.
3. Nach alledem sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Beklagte antragsgemäß zur erneuten Entscheidung über die klägerischen Anträge auf Ausstellung von Sozialtickets unter Beachtung der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu verpflichten.
(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.
(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.
(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für
1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.
Die Landesregierungen oder die von ihnen beauftragten obersten Landesbehörden bestimmen die für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden und Kostenträger und können Näheres zum Verfahren festlegen, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist. Die bestimmten zuständigen Behörden und Kostenträger können auf Grund näherer Bestimmung gemäß Satz 1 Aufgaben und Kostenträgerschaft auf andere Behörden übertragen.
(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.
(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.
(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.
(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.
(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.
(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
I. Die Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2014 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, über die Anträge der Kläger jeweils vom 16. Juni 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
II. Die Kosten der Verfahren hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Ausstellung von Berechtigungsscheinen für den Erwerb sog. Sozialtickets.
1. Die Beklagte bietet seit Juli 2014 bestimmten einkommensschwachen Personen, die im Stadtgebiet wohnen, als freiwillige Leistung die Ausgabe von Berechtigungsscheinen zum Erwerb verbilligter Monatsfahrkarten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel in zwei Tarifzonen (Sozialtickets) an. Die Berechtigungsscheine müssen bei der Beklagten beantragt werden. Ergibt die Prüfung durch die Beklagte, dass die Bezugsvoraussetzungen vorliegen, werden den Antragstellern jeweils sechs Berechtigungsscheine (für sechs Monate) zugesandt; diese berechtigen zum Erwerb von Monatskarten der betreffenden Ticketart (Monatskarte Senioren, Ausbildungsverkehr oder Jedermann) zum einheitlichen Preis von 25,-- € an einer der Fahrkartenverkaufsstellen.
Nach einem Informationsblatt und dem Internetauftritt der Beklagten (http://www.armutspraevention.augsburg.de) sind folgende Personenkreise berechtigt:
„... Leistungsempfänger/innen von Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), die nicht in Einrichtungen (z.B. Alters- bzw. Pflegeheimen) leben sowie die zu deren Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen
... Empfänger/innen von Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG), die nicht in Einrichtungen (z.B. Alters- bzw. Pflegeheimen) leben, sowie die zu deren Haushalt gehörenden, wohngeldrechtlich zu berücksichtigenden Lebenspartner/innen und minderjährigen Kinder.
... Leistungsempfänger/innen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und die zu deren Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen.“
Die betreffende Internetseite der Beklagten weist außerdem folgenden Hinweis auf:
„Wichtig: Empfänger von Leistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld - Jobcenter ...) gehören derzeit nicht zum berechtigten Personenkreis.“
2. Die Kläger, die allesamt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) – Arbeitslosengeld II und Sozialgeld – (sog. „Hartz IV-Leistungen“) beziehen, haben jeweils bei der Beklagten die Ausstellung von Berechtigungsscheinen beantragt. Diese Anträge lehnte die Beklagte jeweils mit der Begründung ab, dass Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) nicht bezugsberechtigt seien.
3. Gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung von Berechtigungsscheinen richten sich die Klagen. Die Kläger beantragen,
die Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über ihre Anträge auf Gewährung eines Sozialtickets unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Zur Begründung führen sie im Wesentlich aus, dass der Ausschluss von Empfängern von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch („Hartz IV“) eine Diskriminierung darstelle.
4. Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Ziel der Einführung des Sozialtickets durch Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 30. Januar 2014 sei es, besonders bedürftigen Bevölkerungsschichten die Teilhabe an einem durch Mobilität bestimmten Leben zu erleichtern. Der Stadtrat habe sich damals aus verschiedenen sachlichen Erwägungen heraus bewusst für die nunmehr bezugsberechtigten Personenkreise entschieden.
Ein Kriterium sei sicherlich gewesen, dass im kommunalaufsichtlich genehmigten Haushalt für das Jahr 2014 Mittel in Höhe von 500.000,- € für das Sozialticket zur Verfügung gestellt worden seien. Nach damaligen Schätzungen sei man davon ausgegangen, dass bei einer Ausweitung der Bezugsberechtigung auch auf Leistungsempfänger nach dem SGB II und einer Nutzung durch lediglich 20 v.H. der Berechtigten Mehrkosten von 900.000,- € zzgl. Verwaltungskosten zu erwarten gewesen wären. Dies sei zwar nicht der ausschlaggebende sachliche Grund für die Differenzierung zwischen den verschiedenen Transferleistungsempfängern, doch sei die Begrenzung des Haushaltsansatzes der Beklagten für die freiwillige soziale Leistung des Sozialtickets grundsätzlich anzuerkennen. Insoweit werde auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. Januar 2004, Az. AN 4 K 03.00002, verwiesen
Berechtigt zum Erwerb eines Sozialtickets seien u.a. Empfänger von Grundsicherung nach Kap. 3 und 4 des SGB XII, d.h. Personen, die aufgrund ihres Alters oder aufgrund dauerhafter voller Erwerbsminderung nicht (mehr) in der Lage sind, ihren notwendigen Lebensunterhalt aus Einkommen und Vermögen selbst zu beschaffen. Für diese Personen sei eine Rückkehr in das Berufsleben in aller Regel nicht möglich. Zudem seien sie in den meisten Fällen aufgrund ihres Alters bzw. aufgrund ihrer Gesundheit nicht mobil und oftmals auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen.
lm Gegensatz dazu seien Empfänger von SGB Il-Transferleistungen erwerbsfähig und damit im Regelfall deutlich mobiler als SGB XII-Leistungsempfänger. Auf die regelmäßige Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs seien diese oftmals nicht angewiesen, zumal ihnen die Benutzung kostengünstigerer Verkehrsmittel, wie z.B. Fahrräder zumutbar sei. Die Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen bekämen SGB II-Leistungsempfänger üblicherweise auf Antrag ersetzt.
Nach § 1 SGB XII sei Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Dazu gehöre sicherlich die Erleichterung von Mobilität. Nach § 1 SGB II sei Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu stärken. Allein diese Unterscheidung in den Aufgaben dieser beiden Transferleistungen zeige, dass eine Differenzierung zwischen den beiden Gruppen von Leistungsempfängern möglich und auch gewollt sei. Während bei der Gruppe der SGB XII-Leistungsempfänger eine Rückkehr in die Erwerbsfähigkeit bzw. das Leben ohne Sozialhilfe im Regelfall nicht möglich sei, solle die Gruppe der SGB II-Leistungsempfänger unterstützt werden, ein Leben unabhängig von der Grundsicherung führen zu können.
Auch eine Differenzierung zwischen SGB II-Leistungsempfängern und Wohngeldempfängern sei sachlich gerechtfertigt. Wohngeldempfänger seien meist berufstätig, aber aufgrund nicht ausreichenden Einkommens nicht in der Lage, die Miete für angemessenen Wohnraum für sich und ihre Familien zu zahlen. Aufgrund der Berufstätigkeit müssten Wohngeldempfänger jedoch täglich unterwegs sein und seien deshalb auf die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oftmals besonders angewiesen.
Auch die Einbeziehung von Leistungsempfängern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sei sachlich gerechtfertigt. Viele dieser Leistungsempfänger erhielten lediglich ein sog. Taschengeld, das deutlich niedriger ist als der übliche Regelsatz. Von diesen Leistungen sei eine regelmäßige Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs nicht finanzierbar. Auch auf andere kostengünstige Verkehrsmittel wie Fahrräder oder auch auf ein Netzwerk von Verwandten oder Bekannten, die Besorgungen miterledigen könnten, könnten diese Personen nicht zurückgreifen. Zudem lebten Asylbewerber häufig in nicht zentral gelegenen Gemeinschaftsunterkünften. lm Hinblick auf eine Integration in ihrer neuen Heimat dürften Asylbewerber aber nicht von einer Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden.
Da bei der Auswahl der zum Erwerb des Sozialtickets berechtigten Personengruppen sachliche Differenzierungsgründe vorgelegen hätten, sei ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht ersichtlich.
Auf gerichtliche Anfrage teilte die Beklagte weiter mit, dass grundsätzlich eine Ausweitung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf Empfänger von Leistungen nach dem SGB II für die Zukunft beabsichtigt sei. Vorher sei jedoch eine Evaluierung der bisherigen Nutzung des Sozialtickets erforderlich. Diese solle bis Juni 2015 erfolgen. Erst nach dieser Auswertung könne von der Verwaltung beurteilt werden, welche Mittel für eine Ausweitung des berechtigten Personenkreises zur Verfügung gestellt werden müssten.
Aus diesem Grund sei im Haushaltsplan für das Jahr 2015 zunächst weiterhin eine Summe von 500.000,- € für das Sozialticket eingeplant. Nach der Evaluierung der bisherigen Inanspruchnahme des Sozialtickets solle im Stadtrat über die Erweiterung des Sozialtickets neu beraten und abgestimmt werden. Möglicherweise sei eine Änderung des Personenkreises schon im Laufe des Jahres 2015 denkbar. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass die Mittel aus den Jahren 2014 und 2015 nicht vollständig vom derzeit nutzungsberechtigten Personenkreis aufgebraucht würden. Bei Betrachtung der bisher ausgewerteten Zahlen sei dies nicht unrealistisch.
Bevor das Sozialticket in seiner jetzigen Form beschlossen worden sei, habe die Beklagte zusammen mit dem ... (...) die Einführung eines neuen Sozialtarifs durch den ... geplant und vorbereitet. Die Einführung eines Sozialtarifs bedürfe einer langen Vorbereitung und Abstimmung mit den im ...-Verbund befindlichen Landkreisen ..., ... und .... Da die politischen Gremien der Beklagten die Einführung des Sozialtickets jedoch schon vor Abschluss dieser Abstimmung auf den Weg hatten bringen wollen, habe man sich für die derzeitige Form des Sozialtickets als freiwilligen Zuschuss entschieden. Parallel dazu werde von der Beklagten sowie dem ..., wie ursprünglich geplant, die Neueinführung eines Sozialtarifs durch den ... vorbereitet.
Auf Bitte des Verwaltungsgerichts übermittelte die Beklagte auch die einschlägigen Niederschriften über Sitzungen der städtischen Gremien – soweit diese bereits erstellt waren.
5. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte über sämtliche nach § 93 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Streitsachen auch in Abwesenheit von zwei Klägern verhandeln und entscheiden, weil die Ladungen den Hinweis nach § 102 Abs. 1 VwGO enthielten.
Die Bescheidungsklagen sind statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere bestehen keine Zweifel daran, dass der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO und nicht der Sozialrechtsweg (§ 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) eröffnet ist. Denn Streitgegenstand sind keine Forderungen nach den in § 51 Abs. 1 SGG genannten Gesetzen, sondern freiwillige, gesetzlich nicht geregelte Leistungen der Beklagten zur Verbesserung der Mobilität einkommensschwacher Menschen.
Die Klagen sind auch begründet. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihrem Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und Art. 118 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV); sie sind deshalb aufzuheben. Nachdem auf die Gewährung des Sozialtickets kein Rechtsanspruch (im engeren Sinn), sondern insoweit lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung besteht, kann die Beklagte nur – wie klägerseits auch beantragt – zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts verpflichtet werden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Eine unmittelbare gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Ausstellung von Berechtigungsscheinen zum Erwerb verbilligter Monatskarten, wie sie von den Klägern begehrt werden, gibt es nicht. Rechtliche Grundlage der Gewährung von Sozialtickets sind daher (nur) die mit Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 30. Januar 2014beschlossenen „Richtlinien“ zur Einführung eines Sozialtickets, wie sie auf der Internetseite der Beklagten veröffentlicht sind, in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV.
1.1 Die Beklagte ist nicht normativ verpflichtet, ein System zur Förderung der Mobilität bedürftiger Bürger im Rahmen des Personennahverkehrs einzuführen, sie ist aber dazu berechtigt. Nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO) gehört auch die öffentliche Wohlfahrtspflege zu den Aufgabe der Gemeinden im eigenen Wirkungskreis. Das eingeführte Sozialticket dient der Förderung der Teilhabe einkommensschwacher Menschen und damit der Wohlfahrtspflege. Die Beklagte macht deshalb grundsätzlich von ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV) Gebrauch, wenn sie Sozialtickets einführt.
1.2 Die Gewährung von Sozialtickets ist, da hierdurch nicht in Rechtspositionen eingegriffen wird, ausschließlich Teil der leistenden Verwaltung (vgl. BVerwG, U.v. 27.3.1992 – 7 C 21/90 – BVerwGE 90, 112). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass als rechtliche Grundlage für den Erlass von (begünstigenden) Verwaltungsakten im Bereich der leistenden Verwaltung (Subventionswesen) keine differenzierten normativen Regelungen erforderlich sind; vielmehr sind insoweit im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) untergesetzliche Richtlinien (Verwaltungsvorschriften), die die näheren Einzelheiten (z.B. tatbestandliche Voraussetzungen der Leistung, Verfahren) bestimmen und denen keine unmittelbare Außenwirkung zukommt, ausreichend. Entscheidungen aufgrund solcher Richtlinien stehen regelmäßig unter Haushaltsvorbehalt, d. h. setzen die Verfügbarkeit bereitgestellter Haushaltsmittel voraus, und sind dem Grunde nach Ermessensentscheidungen. Das Ermessen der Bewilligungsbehörde ist jedoch entsprechend dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG durch die gleichmäßige Anwendung der Richtlinien in der Praxis gebunden (Selbstbindung der Verwaltung).
Die verwaltungsgerichtliche Prüfung von Verwaltungsakten, die auf der Grundlage derartiger Förderrichtlinien erlassen werden, beschränkt sich daher auf eine Ermessenskontrolle i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO, bei der die Richtlinie selbst keiner eigenständigen richterlichen Auslegung, wie dies etwa bei Rechtsnormen der Fall ist, unterliegt. Allerdings ist ein Verwaltungsakt auch dann als ermessensfehlerhaft zu qualifizieren, wenn er zwar richtlinienkonform ist, d.h. dem durch die Richtlinie vorgegebenen Verteilungsprogramm entspricht, das Verteilungsprogramm seinerseits aber mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren und damit nicht frei von Willkür ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 – BVerwGE 58, 45).
1.3 Die Beklagte hat bei der Ausgestaltung der Voraussetzungen für die freiwillige Leistung „Sozialticket“ einen weiten Ermessensspielraum, muss aber – ebenso wie der Gesetzgeber beim Erlass von (Leistungs-)Gesetzen – den Gleichheitssatz beachten (vgl. z. B. BVerfGE, B.v. 2.2.1999 – 1 BvL 8/97 – BVerfGE 100, 195). Der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von potentiell Leistungsberechtigten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 7.12.2012 – 1 BvL 14/07 – BVerfGE 130, 240 und B.v. 8.6.2004 – 2 BvL 5/00 – BVerfGE 110, 412 m.w.N.). Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfG, B.v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49).
1.4 Allerdings schließt der Gleichheitssatz nicht jede Differenzierung aus. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der „Andersbehandlung“ angemessen sind (vgl. BVerfG, B.v. 7.7.2009 – 1 BvR 1164/07 – BVerfGE 124, 199 und B.v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49). Dies bedeutet, dass die Anforderungen an die Rechtfertigung einer anderen Behandlung umso strenger sein müssen, je intensiver sich die Ungleichbehandlung auswirkt.
Von einer größeren Intensität ist auszugehen, wenn nicht verhaltens-, sondern personenbezogene Merkmale oder die Zugehörigkeit der Betroffenen zu einer Personengruppe zur Differenzierung herangezogen werden (vgl. BVerfG, B.v. 26.1.1993 – 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92 – BVerfGE 88, 93). In diesen Fällen ist ein strenger Maßstab an die Rechtfertigung der Andersbehandlung anzulegen.
Verfahrensökonomische Gründe können als Rechtfertigung einer differenzierten Behandlung verschiedener Personengruppen nur dann in Betracht kommen, wenn „Massenerscheinungen“ geregelt werden und bei einer Gleichbehandlung „erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstehen würden, die nicht durch einfachere, die Betroffenen weniger belastende Regelungen behoben werden könnten“ (BVerfGE, B.v. 2.2.1999 – 1 BvL 8/97 – BVerfGE 100,195 m.w.N.).
Rein fiskalische Erwägungen können allerdings nicht als zureichende Differenzierungsgründe angesehen werden. Der Leistungsgeber kann zwar (im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit) frei bestimmen, in welchem Umfang er finanzielle Mittel zur Erbringung freiwilliger Leistungen ein- und im Haushaltsplan ansetzen möchte. Bei der Entscheidung über die Verteilung dieser Mittel kann eine Personengruppe jedoch nicht mit dem Hinweis auf die Begrenztheit der Mittel außen vor gelassen werden, wenn keine anderen tragfähigen Sachgründe für die Differenzierung gegeben sind. Ausgaben zu vermeiden, ist zwar ein legitimer Zweck; dieser vermag jedoch eine Ungleichbehandlung von Personengruppen nicht zu rechtfertigen. Ist ein darüber hinausgehender sachlicher Differenzierungsgrund nicht vorhanden, muss der Leistungsgeber finanzpolitischen Belangen ggf. durch eine Beschränkung der Leistungshöhe oder der Bezugsdauer für alle Berechtigten Rechnung tragen (vgl. BVerfG, B.v. 7.12.2012 – 1 BvL 14/07 – BVerfGE 130, 240).
2. Von vorstehenden Erwägungen ausgehend, kann die Versagung des Sozialtickets gegenüber den Klägern nicht gerechtfertigt werden. Der Ausschluss der Gruppe der Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach § 19 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) aus dem Katalog der Leistungsberechtigten ist mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV nicht vereinbar.
2.1 Nach dem Vortrag der Beklagten dient die Einführung des Sozialtickets der Förderung der Teilhabe „besonders bedürftiger Bevölkerungsschichten“ an einem durch Mobilität bestimmten Leben. Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der besonderen Bedürftigkeit derjenige, die in den Genuss der freiwilligen Leistung kommen sollen, ist nach dem zugrundeliegenden Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 30. Januar 2014 der Bezug bestimmter öffentlicher (Sozial-)Leistungen.
Betrachtet man die einzelnen Personengruppen, deren „Mitglieder“ die Beklagte als Bezugsberechtigte bestimmt hat, ergibt sich in Bezug auf deren wirtschaftliche Situation (Einkommen und Vermögen) folgendes Bild:
• Leistungsempfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (§§ 41 ff. SGB XII) sind Personen, die die Regelarbeitszeitgrenze (derzeit 65 Jahre + 2 Monate) erreicht oder die das 18. Lebensjahr vollendet haben und – unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage – aus medizinischen Gründen dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können (§ 41 Abs. 1 und 3 SGB XII.
Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können und weder Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld) noch Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) erhalten (z.B. Personen, die die Regelarbeitszeitgrenze noch nicht erreicht haben und nur vorübergehend erwerbsgemindert sind).
Der notwendige Lebensunterhalt (mit Ausnahme der erforderlichen Aufwendungen für die Unterkunft und die Heizung – diese werden zusätzlich in tatsächlicher Höhe berücksichtigt (§ 35 SGB XII) – sowie weiterer Sonderbedarfe) bemisst sich bei der Grundsicherung im Alter wie auch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt im Übrigen nach pauschalen abgestuften Regelbedarfssätzen, die nach dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfsermittlungsgesetz) ermittelt und fortgeschrieben werden. Derzeit beträgt der Regelbedarf für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die alleinstehend oder alleinerziehend ist und einen eigenen Haushalt führt (Regelbedarfsstufe 1), 391,00 €.
Zur Deckung ihres notwendigen Bedarfs haben die Leistungsberechtigten vorrangig ihr Einkommen nach näheren Bestimmungen in §§ 82 ff. SGB XII sowie grundsätzlich ihr gesamtes verwertbares Vermögen – soweit es sich nicht um sog. Schonvermögen i.S.d. § 90 Abs. 2 SGB XII handelt – einzusetzen.
• Wohngeld wird entweder als Mietzuschuss oder Lastenzuschuss gewährt und dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens (§ 1 des Wohngeldgesetzes – WoGG). Die Höhe des Wohngeldes ist nach § 4 WoGG abhängig von der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder (§§ 5 bis 8 WoGG), den (angemessenen) Kosten der Unterkunft (Miete oder Belastung nach §§ 9 bis 12 WoGG) und dem Gesamteinkommen. Da bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (und auch beim Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch) die (angemessenen) Unterkunftskosten in vollem Umfang berücksichtigt werden, sind Empfänger der genannten Transferleistungen vom Wohngeldbezug ausgeschlossen (§ 7 Abs. 1 Nrn. 1, 5 und 6 WoGG). Wohngeldbezug wird deshalb nur dann in Betracht kommen, wenn ein (regelmäßig wohl geringfügig) über dem jeweils maßgeblichen Bedarf nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (und dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch) liegendes Einkommen vorhanden ist. Im Unterschied zu den genannten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch und denen nach dem Zweiten Buch setzt die Gewährung von Wohngeld grundsätzlich nicht den vorherigen Vermögenseinsatz voraus – ausgenommen bei missbräuchlicher Inanspruchnahme nach § 21 Nr. 3 WoGG (vgl. z.B. BVerwG, U.v.18.4.2013 – 5 C 21/12 – NVwZ-RR 2013, 719 und juris).
• Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten die in § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 des genannten Gesetzes bezeichneten Ausländer, denen allesamt gemein ist, dass sie entweder (noch) kein gesichertes Bleiberecht im Bundesgebiet haben oder (vollziehbar) ausreisepflichtig sind. Je nach Ort der Unterbringung können die Leistungen als Sach- und/oder Geldleistungen gewährt werden. Die Höhe der (Geld-)Leistungen entspricht nicht dem Niveau der Leistungen nach dem Zweiten und dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs, sondern ist geringer. Einkommen und Vermögen sind einzusetzen.
Demgegenüber stellt sich die wirtschaftliche Situation der von der Inanspruchnahme des Sozialtickets ausgeschlossenen Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch wie folgt dar:
• Arbeitslosengeld II erhält, wer das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hat, erwerbsfähig ist und seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst aus seinem Einkommen und Vermögen decken kann (§ 7 Abs. 1,§ 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB II). Nach § 7 Abs. 2 Satz 1,§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II erhalten nichterwerbsfähige Personen, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches (Hilfe zum Lebensunterhalt) haben.
Der notwendige Lebensunterhalt (mit Ausnahme der erforderlichen Aufwendungen für die Unterkunft und die Heizung – diese werden nach § 22 SGB II zusätzlich in tatsächlicher Höhe berücksichtigt, soweit diese angemessen ist – sowie weiterer Sonderbedarfe nach §§ 21 und 28 SBG II) bemisst sich wie bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch gemäß § 20 SGB II nach pauschalen abgestuften Regelbedarfssätzen, die nach dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfsermittlungsgesetz) ermittelt und fortgeschrieben werden. Derzeit beträgt der Regelbedarf für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die alleinstehend oder alleinerziehend ist und einen eigenen Haushalt führt (Regelbedarfsstufe 1) 391,00 €. Der Leistungsumfang beim Arbeitslosengeld II und beim Sozialgeld entspricht damit dem Niveau der Sozialhilfe (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch).
Zur Deckung ihres notwendigen Bedarfs haben die Leistungsberechtigten vorrangig ihr Einkommen nach näheren Bestimmungen in §§ 11 bis 13 SGB II sowie grundsätzlich ihr gesamtes verwertbares Vermögen – soweit es sich nicht um sog. Schonvermögen i.S.d. § 12 SGB II handelt – einzusetzen. Es bestehen geringfügige Unterschiede zum Einkommens- und Vermögenseinsatz nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch insoweit, als ein anderer Freibetrag bei Erwerbstätigkeit (§ 11b Abs. 2 und 3 SGB II) sowie eine höhere Freigrenze in Bezug auf das verwertbare Vermögen gilt.
2.2 Ein Vergleich zwischen der wirtschaftlichen Situation von Leistungsempfängern nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und Hilfe zum Lebensunterhalt) mit der von Leistungsempfängern nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) ergibt, dass insoweit keine, allenfalls marginale Unterschiede bestehen. Beide Personengruppen sind im Wesentlichen gleichermaßen bedürftig bzw. einkommensschwach. Um die Ungleichbehandlung der genannten Personengruppen im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz rechtfertigen zu können, bedürfte es daher weiterer tragfähiger Sachgründe.
Dies gilt umso mehr, als die Leistungen für die Betroffenen durchaus ins Gewicht fallen – für viele Empfänger von Arbeitslosengeld II (bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres) sogar in stärkerem Maße als für Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Ein Empfänger von „Hartz IV-Leistungen“ unter 63 Jahren würde sich durch das Sozialticket einen Betrag von 34,40 € monatlich (Preis für Jedermannsmonatskarte 59,40 € abzüglich 25,00 €) und damit 8,8 % des Regelsatzes eines Alleinstehenden ersparen. Dagegen hat ein Bezieher von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (nach Erreichen der Altersgrenze) lediglich einen Preisvorteil von 12,70 € gegenüber der regulären Seniorenmonatskarte, die 37,70 € kostet (und die Vollendung des 63. Lebensjahres voraussetzt), und spart damit nur 3,25 % des Regelsatzes ein.
Es ist allerdings nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts, von sich aus nach geeigneten Rechtfertigungsgründen zu suchen. Denn streitgegenständlich sind Ermessensentscheidungen der Beklagten, die nur einer eingeschränkten Kontrolle unterliegen. Insbesondere darf das Verwaltungsgericht nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Beklagten als „Richtlinien- und Leistungsgeberin“ setzen. Es kann daher nur überprüfen, ob die Gründe, die die Beklagte erwogen hat, geeignet sind, die Andersbehandlung von „Hartz IV-Empfängern“ gegenüber Sozialhilfeempfängern zu rechtfertigen. Dabei ist zuvörderst zu ermitteln, welche Motive den Stadtrat der Beklagten als dem maßgeblichen Entscheidungsgremium (Art. 29 und 30 Abs. 1 und Abs. 1 GO) dazu veranlasst haben, die Gruppe der Empfänger von Transferleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch aus dem Kreis der Begünstigten, d.h. derjenigen, die ein Sozialticket erhalten können, auszuschließen. Darüber hinaus ist auch das sonstige Vorbringen der Beklagten in der Begründung der angefochtenen Bescheide und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in den Blick zu nehmen.
2.3 Hinsichtlich der Erforschung des (politischen) Willens des Stadtrats kann im Wesentlichen nur auf die Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 30. Januar 2014 zurückgegriffen werden, die dem Gericht auszugsweise in Ablichtung vorgelegt wurde. Die vorgelegten Niederschriften über die Sitzungen des Jugend-, Sozial- und Wohnungsausschusses vom 24. April 2013 und vom 16. Oktober 2013 sind hinsichtlich der Frage des berechtigten Personenkreises unergiebig. Eine (insoweit möglicherweise ergiebigere) Niederschrift über die Sitzung des Jugend-, Sozial- und Wohnungsausschusses vom 15. Januar 2014 wurde nach Angabe der Beklagten noch nicht erstellt und kann deshalb auch nicht berücksichtigt werden.
2.3.1 Betrachtet man die Redebeiträge der Stadtratsmitglieder, die sich gegen die Einbeziehung der „Hartz IV-Empfänger“ in den Kreis der Leistungsberechtigten ausgesprochen haben, so spricht vieles dafür, dass insoweit im Wesentlichen fiskalische Erwägungen maßgeblich waren. Nachdem einerseits, wie wiederholt hervorgehoben wurde, der im Haushalt 2014 angesetzte Betrag von 500.000,00 € nicht überschritten werden sollte, andererseits aber nach einer Schätzung der Verwaltung der Beklagten bei einer umfassenden Leistungsberechtigung („Alternative 3: Sozial-Ticket für SGB XII + Wohngeld + Asyl + SGB II (ca. 20.000 Personen)“) und einer Inanspruchnahmequote von 20 % aller Berechtigten (Sach-)Kosten von jährlich etwa 1.000.000,00 € und Personalkosten von 210.000,00 € zu erwarten waren, sah sich das Gremium vor die Entscheidung gestellt, entweder den Preisvorteil des Sozialtickets gegenüber den regulären Monatskarten zu marginalisieren oder den Berechtigtenkreis zu reduzieren. Für letzteres hat sich der Stadtrat der Beklagten dann – allein zu Lasten der Gruppe „SGB II“ – entschieden. Wie oben unter 1.4 bereits dargelegt, können jedoch fiskalische Interessen den Ausschluss einer Personengruppe von einer Begünstigung nicht rechtfertigen, wenn die ausgeschlossene Gruppe im Wesentlichen mit einer anderen (begünstigten) Personengruppe vergleichbar ist. Letzteres trifft vorliegend zu.
Andere tragfähige Sachgründe für eine differenzierte Behandlung der genannten Transferleistungsempfänger lassen sich in den Redebeiträgen, so wie sie in der Niederschrift wiedergegeben sind, allenfalls ansatzweise finden:
- Soweit ein Differenzierungsgrund darin gesehen wird, dass die „Hartz IV-Berechtigten … bereits in der Hartz IV-Zahlung einen 25 €-Mobilitätszuschuss“ bekämen (Seite 32 der Sitzungsniederschrift), ist dies nur die „halbe Wahrheit“, denn dies trifft gleichermaßen auf die Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu. Die Regelbedarfe enthalten in allen Fällen einen Anteil „Verkehr“ als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgabe (§ 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Regelbedarfsermittlungsgesetz).
Soweit vorgebracht wurde, dass eine Begünstigung der Gruppe der Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch deshalb gerechtfertigt sei, weil diese Personen „stabil keine Chance mehr hätten, ins System zurückzukommen“ (Seite 33 der Sitzungsniederschrift), kann dies nicht überzeugen. Wenn damit die „Rückkehr“ in eine (den Lebensunterhalt sicherstellende) Erwerbstätigkeit (im ersten Arbeitsmarkt) gemeint gewesen sein sollte, dann trifft die Aussage, dass dieser Weg für Bezieher von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung abgeschnitten sei, zu. Bei Personen, die die Alterszeitgrenze erreicht haben, liegt dies jedoch in der Natur der Sache. Andererseits sinken die Chancen von Langzeitarbeitslosen, die „Hartz IV-Leistungen“ beziehen, im ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen zu können, mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit rapid ab. Insoweit erscheint eine Differenzierung der beiden Personengruppen nicht sachgerecht, zumal auf die aktuelle Bedürftigkeit und nicht auf eine (oftmals allenfalls vage) Chance, der Arbeitslosigkeit entkommen zu können, abzustellen sein wird. Für den Langzeitarbeitslosen ändert der Hinweis auf die Möglichkeit, irgendwann wieder in „Lohn und Brot“ gelangen zu können, nichts an seiner aktuellen wirtschaftlichen Misere, die sich nicht von der eines Empfängers von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung unterscheidet.
- Soweit zur Begründung der Andersbehandlung ausgeführt wurde, dass bei Empfängern von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld im Falle der Erwerbstätigkeit (sog. Aufstocker) ein Freibetrag von 100,00 € berücksichtigt werde (Seite 33 der Sitzungsniederschrift), wird übersehen, dass nach § 82 Abs. 3 SGB XII auch bei Empfängern von Sozialhilfe ein Erwerbseinkommen teilweise nicht auf die Hilfe angerechnet wird. Zwar mögen die in § 82 SGB XII sowie in § 11b SGB II enthaltenen „Hinzuverdienstregelungen“ in Bezug auf das freizulassende Erwerbseinkommen zu unterschiedlichen Freibeträgen führen, doch ist nicht ersichtlich und von der Beklagten im Einzelnen auch nicht dargelegt, dass diese Unterschiede so gewichtig wären, dass sie eine Ungleichbehandlung der beiden Personenkreise in Bezug auf die Berechtigung zur Nutzung des Sozialtickets rechtfertigen könnten. Dies gilt umso mehr, als eine eventuelle „Hinzuverdienstprivilegierung“ nicht bei allen „Hartz IV-Empfängern“ zu Buche schlägt, sondern lediglich für die „Untergruppe“ der Aufstocker relevant ist.
- Weiter erscheinen auch eventuelle verwaltungspraktische Problem, zu denen die Einbeziehung der Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in die Sozialticket-Förderung führen könnte, nicht durchgreifend. Zwar wurde in der genannten Stadtratssitzung ausgeführt, dass im Bereich der „SGB II-Leistungen“ häufiger Veränderungen in Bezug auf die Hilfeempfänger („Zu- und Abgang“) einträten; auch sei im Sozialamt eine „cleverere EDV“ vorhanden die eine „einfachere Abwicklung“ des Förderprogramms (nur hinsichtlich von Sozialhilfeempfängern) ermögliche (Seite 33 der Sitzungsniederschrift). Dies kann nach Überzeugung der Kammer eine Ungleichbehandlung jedoch nicht rechtfertigen. Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld könnten ihre Bezugsberechtigung durch Vorlage des betreffenden aktuellen Leistungsbescheids des Jobcenters nachweisen (vgl. dazu VG Aachen, U.v. 28.11.2007 – 8 K 2082/05 – juris zur Befreiung von Sozialleistungsempfängern von der Rundfunkgebührenpflicht); dies wird von der Beklagten bei Anträgen auf „Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II (Arbeitslosengeld II), § 34 SGB XII (Sozialhilfe), bzw. § 6b BKGG i.V.m. § 28 SGB II (Wohngeld, Kinderzuschlag)“ auch so praktiziert, wie sich aus dem betreffenden Antragsformular ergibt (herunterzuladen unter http://www.armutspraevention.....de). Dass es Veränderungen im Personenkreis der „Hartz IV-Empfänger“ geben kann und wird, ist jedenfalls kein Grund, diese Personengruppe von der Berechtigung zum Bezug des Sozialtickets auszunehmen, da Veränderungen auch bei den Mitgliedern anderer (begünstigter) Personengruppen eintreten können. Im Übrigen zeigt die Verwaltungspraxis der Landeshauptstadt München sowie die der Stadt Nürnberg, wo auch Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch Sozialtickets erhalten, dass solche verwaltungspraktische Probleme lösbar sind.
- Schließlich ist auch der wiederholt von einzelnen Stadtratsmitgliedern geäußerte Hinweis auf eine beabsichtigte „Evaluierung“ im Zusammenhang mit den Beratungen zum Haushalt 2015 nur vor dem Hintergrund der im Jahr 2014 zur Verfügung stehenden auf 500.000,00 € begrenzten Haushaltsmittel zu erklären. Ein solches „Vertrösten“ der Personengruppe der Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld auf mögliche „bessere Zeiten“, das seinen Grund ausschließlich im aktuellen Haushaltsansatz hat, rechtfertigt, wie oben jedoch unter Verweis auf die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bereits dargelegt wurde, die Ungleichbehandlung der genannten Personengruppe jedenfalls nicht.
2.3.2 Ein tragfähiger Differenzierungsgesichtspunkt kann weder der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide – diese verweisen nur auf die „Förderrichtlinien“ – noch dem Vortrag der Beklagten im Klageverfahren entnommen werden.
- Soweit geltend gemacht wird, dass „Hartz IV-Empfänger“ wegen ihrer Erwerbsfähigkeit im Vergleich zu Empfängern von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung „im Regelfall deutlich mobiler“ seien, mag dies zwar oftmals im Hinblick auf das Zufußgehen zutreffen; Mobilität als Grundlage der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – deren Förderung ist nach dem Vorbringen der Beklagten auch der Grund für die Einführung des Sozialtickets – ist jedoch nicht allein durch die Fähigkeit, sich einigermaßen flüssig zu Fuß fortbewegen zu können, gewährleistet. Vielmehr kommt es maßgeblich auch darauf an, dass dem Betroffenen die Möglichkeit offensteht, auch größere Entfernungen innerhalb des Stadtgebiets der Beklagten in angemessener Zeit zurücklegen zu können, was regelmäßig den Einsatz eines Fahrzeugs bedingt. Nachdem „Hartz IV-Empfänger“ kaum über eigene Kraftfahrzeuge verfügen dürften, verbleibt ihnen nur die Möglichkeit der Nutzung von Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs. Auch der Hinweis der Beklagten, dass den Empfängern von Arbeitslosengeld II oftmals die Benutzung von Fahrrädern vorrangig vor anderen Verkehrsmitteln als zumutbar anzusinnen sei, verfängt in dieser Pauschalität nicht. Beispielsweise dürfte es Alleinerziehenden im „ALG II-Bezug“ mit einem oder mehreren Kindern unter drei Jahren kaum zuzumuten sein, gemeinsam mit einem Kind zu jeder Jahreszeit mit dem Fahrrad etwa zum Kinderarzt oder zum Erledigen von Besorgungen des täglichen Lebens zu fahren. Dass diese Personengruppe keineswegs eine zahlenmäßig nur unbedeutende Rolle spielt, kann dem Sozialbericht der Beklagten für das Jahr 2012 (siehe dort Seite 21) entnommen werden. Danach waren 2012 23,5 % der Haushalte mit Kindern Alleinerziehendenhaushalte; von den Alleinerziehenden waren wiederum 44 % von staatlichen Transferleistungen abhängig. Dass sich zwischenzeitlich signifikante Veränderungen ergeben hätten, ist nicht anzunehmen. Andererseits gibt es auch bei den über 65-Jährigen einen nicht unerheblichen Anteil von körperlich leistungsfähigen Personen, denen die Benutzung eines Fahrrads eher zugemutet werden könnte, als manchen jüngeren Langzeitarbeitslosen.
- Weiter ist auch das Argument, dass Empfänger von Arbeitslosengeld II Kosten, die ihnen für Fahrten zu Bewerbungsgesprächen entstehen, üblicherweise auf Antrag erstattet bekämen, für die getroffene Andersbehandlung nicht tragfähig. Denn die Bedeutung der Mobilität, die durch das Sozialticket gefördert werden soll, erschöpft sich nicht darin, zu Bewerbungsgesprächen fahren zu können.
- Soweit in der Klageerwiderung anklingt, dass die Versagung der Begünstigung für die Personengruppe der Empfänger von Arbeitslosengeld II als Maßnahme zur Stärkung deren Eigenverantwortung und damit gleichsam als „Hilfe“ zur Überwindung ihrer aktuellen Situation anzusehen sei, kann das Gericht dies nicht nachvollziehen.
2.4 Nachdem die Andersbehandlung der Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld im Vergleich zu Empfängern von Sozialhilfe nicht zu rechtfertigen ist, sind die angefochtenen Entscheidungen rechtswidrig und bereits deshalb aufzuheben. Auf die Frage, ob der Ausschluss der Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch auch im Vergleich zu Empfängern von Wohngeld sowie Empfängern von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gegen den Gleichheitssatz verstößt, kommt es daher nicht mehr entscheidend an.
Wie oben bereits dargelegt, kann das Verwaltungsgericht die Beklagte (nur) zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichten.
3. Nach alledem sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Beklagte antragsgemäß zur erneuten Entscheidung über die klägerischen Anträge auf Ausstellung von Sozialtickets unter Beachtung der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu verpflichten.