Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 19. Aug. 2014 - 3 E 14.1140

bei uns veröffentlicht am19.08.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung stationärer Jugendhilfeleistungen.

1. Mit am 11. April 2014 eingegangenem Formblatt stellten die Eltern des am ... 1998 geborenen Antragstellers für diesen beim Jugendamt des Antragsgegners einen Antrag auf Gewährung von Jugendhilfe. Der Antrag war nicht näher begründet, jedoch waren Nachweise zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern beigefügt.

Mit handschriftlichem Schreiben vom 9. April 2014 - eingegangen am 14. April 2014 - teilten die Eltern des Antragstellers dem Jugendamt ergänzend mit, dass es ihnen nicht mehr möglich sei, den an Schizophrenie leidenden Antragsteller in der häuslichen Umgebung zu betreuen. Es werde daher eine Fremdunterbringung beantragt. Aufgrund seiner aus einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS), Legasthenie und Dyskalkulie herrührenden großen schulischen Defizite sei ggf. eine Einrichtung in ... von Vorteil.

2. Ausweislich einer fachlichen Stellungnahme des Jugendamts vom 17. Juni 2014 habe der Antragsteller bis zur vierten Klassenstufe eine Montessori-Schule in ... besucht; nach schulischen Schwierigkeiten sei er zur fünften Klassenstufe auf ein Internat in ... mit individuellen Förderunterricht gewechselt. Mitte Dezember 2013 habe sich das Internat gemeldet und über einen völlig verwirrten Zustand des Antragstellers berichtet. Der Antragsteller habe überall unerträgliche Gerüche wahrgenommen, an Waschzwang und anderen unerklärlichen Verhaltensweisen sowie Halluzinationen in Form von körperlichen Missempfindungen gelitten. Eine körperliche Ursache habe nicht festgestellt werden können, der Antragsteller sei sodann ab 15. Januar 2014 stationär im Universitätsklinikum ... untergebracht worden.

Hier sei beim Antragsteller sodann im März 2014 als Hauptdiagnose vor allem eine undifferenzierte Schizophrenie (F20.3) sowie daneben eine hebephrene Schizophrenie diagnostiziert worden. Nebendiagnosen seien sowohl Dyskalkulie, Legasthenie als auch eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) gewesen.

Am 23. April 2014 hätten laut Mitteilung des Universitätsklinikums ... die Eltern des Antragstellers dessen stationären Aufenthalt abgebrochen, da sie mit der dortigen Behandlung unzufrieden gewesen seien. Der Antragsteller sei in der Folge ambulant durch eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie (bezogen auf die Nebendiagnosen), eine Psychotherapeutin sowie eine Spezialtherapeutin (für Hypnotherapie, Prüfungs- und Versagensängste, integrative Lerntherapie, Legasthenie und Dyskalkulie) behandelt worden.

Als Ursache für die aktuelle Krankheit werde ein traumatisches Ereignis im Jahr 2013 vermutet, als der Familienhund auf einem Autobahnrastplatz entlaufen und später auf der Autobahn angefahren und getötet worden sei. Auch habe es im Internat in ... nicht näher konkretisierte Übergriffe gegen den Antragsteller sowie Drogenmissbrauch gegeben.

Die Rentenversicherung habe zwischenzeitlich einen Antrag der Eltern des Antragstellers auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen dem Grunde nach bewilligt. Die Mutter des Antragstellers habe bereits Kontakt zur Einrichtung „...“ in ... (...) aufgenommen, welche eine Aufnahme in Aussicht gestellt habe. Die behandelnde Fachärztin habe eine dortige Aufnahme des Antragstellers empfohlen.

Die zuständige Fachkraft des Jugendamts gelangte in der fachlichen Stellungnahme vom 17. Juni 2014 zu dem Ergebnis, dass ein Bedarf des Antragstellers für Hilfe zur Erziehung dem Grunde nach zu bejahen sei. Eine Fremdunterbringung sei auch grundsätzlich die geeignete Hilfeform, um den Antragsteller therapeutisch, schulisch und lebenspraktisch zu unterstützen. Allerdings sei die von der Rentenversicherung bereits zugesagte medizinische Rehabilitationsmaßnahme zunächst die vorrangige Hilfeform.

Der fachlichen Stellungnahme des Jugendamts lag eine sechs Seiten umfassende ärztliche Stellungnahme des Universitätsklinikums ... zur Planung einer Eingliederungshilfe nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vom 4. März 2014 zugrunde. Demnach weiche insbesondere die seelische Gesundheit des Antragstellers aufgrund des diagnostizierbaren Störungsbilds länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab. Aus kinder- bzw. jugendpsychiatrischer Sicht benötige der Antragsteller einen strukturierten Rahmen in einem spezialisierten Setting - möglichst innerhalb einer Einrichtung, die über Erfahrung mit Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis verfügt -, welcher insbesondere die Krankheitsverarbeitung, schulisch-berufliche Integration - möglichst in Form einer integrativen Beschulung - und Nachreifung des Jugendlichen sowie altersangemessene Verselbstständigung im geschützten Umfeld fokussiere. Derzeit würden die Möglichkeiten einer medizinischen Rehabilitation abgeklärt. Der Antragsteller benötige auch weiterhin professionelle und umfassende Begleitung. Nur so könne aus seiner Sicht seine Entwicklung gefördert werden, eine langfristige Stabilisierung erreicht und einem möglichen Rückfall entgegengewirkt werden.

Der fachlichen Stellungnahme des Jugendamts lag ebenfalls eine eine Seite umfassende ärztliche Empfehlung der den Antragsteller seit dem Jahr 2004 behandelnden Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 3. Juni 2014 zugrunde. Dort wurde eine Unterbringung in der Einrichtung „...“ empfohlen, da es sich um eine einzigartige Kombination aus kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung mit Anbindung an die Universitätsklinik ... handele, die auch die Möglichkeit einer therapeutischen Begleitung durch psychiatrisch geschulte Erzieher und eines Abschlusses einer Schul- bzw. Berufsausbildung biete.

3. Mit E-Mail vom 23. Juni 2014 teilte das Jugendamt den Eltern des Antragstellers mit, dass derzeit die Einleitung einer stationären Jugendhilfemaßnahme nicht möglich sei, da die zugesagte medizinische Rehabilitationsmaßnahme der Rentenversicherung die vorrangige Hilfeform sei.

Auf Nachfrage teilte das Jugendamt den Eltern des Antragstellers mit E-Mail vom 24. Juni 2014 nochmals mit, dass von Gesetzes wegen vor der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme keine Jugendhilfemaßnahme eingeleitet werden könne. Ferner könne derzeit auch noch nicht zugesagt werden, ob die Einrichtung „...“ in ... für den Antragsteller die geeignete Hilfeform darstelle. Das Jugendamt belege vielmehr bevorzugt Einrichtungen in der näheren Umgebung.

Ausweislich einer internen E-Mail des Jugendamts vom 2. Juli 2014 wurde diese Linie in einem Fachkräfte-Teamgespräch vom Vortag nochmals bekräftigt, nachdem die Eltern des Antragstellers mit E-Mail vom 30. Juni 2014 mitgeteilt hatten, dass die Einrichtung „...“ am selben Tag zugesagt hatte, dass - die Zustimmung des zuständigen Jugendamts vorausgesetzt - eine Aufnahme des Antragstellers in eine Wohngruppe am 10. Juli 2014, 15.00 Uhr erfolgen könne.

4. Nachfolgend wandten sich die Eltern des Antragstellers zunächst an das Familiengericht, um zu erreichen, dass der Antragsteller auf Grundlage von § 1631b des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - (freiheitsentziehende Unterbringung zum Wohl des Kindes, insbesondere zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung) in der Einrichtung „...“ untergebracht wird. Mit Schreiben vom 9. Juli 2014 hatte das Jugendamt in diesem Verfahren Stellung genommen und den Antrag auf freiheitsentziehende Unterbringung nicht befürwortet.

5. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Juli 2014 wandten sich die Eltern des Antragstellers sodann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an das Sozialgericht ... Das Verfahren wurde mit Beschluss des Sozialgerichts ... vom 29. Juli 2014 (Az. ...) aufgrund sachlicher Unzuständigkeit an das Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen. Es wird beantragt (sinngemäß),

den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, dem Antragsteller Jugendhilfe in Form der stationären Unterbringung in der Einrichtung „...“ in ... (...) zu gewähren.

Die für einen Anordnungsgrund erforderliche Eilbedürftigkeit ergebe sich vorliegend aus dem Umstand, dass eine Aufnahmezusage der Einrichtung „...“ für den 10. Juli 2014 vorliege. Der stellvertretende Einrichtungsleiter habe zugesagt, den freien Platz zumindest bis 18. Juli 2014 für den Antragsteller zu reservieren. Auch ein Anordnungsanspruch aus § 35a SGB VIII sei gegeben. Auf die ärztliche Stellungnahme des Universitätsklinikums ... vom 4. März 2014 werde Bezug genommen. Die Einrichtung „...“ erfülle exakt die dort aufgestellten Kriterien für die weitere Behandlung des Antragstellers. Auch ausweislich der ärztlichen Empfehlung der den Antragsteller seit 2004 behandelnden Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 3. Juni 2014 handele es sich bei dieser Einrichtung um eine einzigartige Kombination aus kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung mit Anbindung an die Universitätsklinik ..., die auch die Möglichkeit der therapeutischen Begleitung durch psychiatrisch geschulte Erzieher und des Abschlusses einer Schul- und Berufsausbildung biete. Auch die Eigenbeschreibung der Einrichtung „...“ mache deren Eignung für den Antragsteller deutlich. Die vom Antragsgegner angeführte Vorrangigkeit der Rehabilitationsmaßnahme greife nicht, da die Einrichtung „...“ eine Doppelfunktion erfülle und eine vorherige Abklärung des Hilfebedarfs in einer gesonderten Rehabilitationsmaßnahme entbehrlich mache. Der Hilfebedarf könne vielmehr in der angestrebten Einrichtung selbst ermittelt werden.

6. Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Bereits die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds sei zweifelhaft. Ausweislich des Vortrags der Antragstellerseite selbst sei der freie Platz in der Einrichtung „...“ nur bis zum 18. Juli 2014 reserviert worden. Ob dort derzeit noch freie Kapazitäten für den Antragsteller bestehen, sei aufgrund des Zeitablaufs jedoch völlig unklar. Jedenfalls jedoch sei kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Soweit begehrt werde, eine Rehabilitationsmaßnahme in der Einrichtung „...“ durchzuführen, sei dies nicht verfahrensgegenständlich, sondern mit der zuständigen Rentenversicherung zu klären. Soweit die Gewährung einer Jugendhilfemaßnahme in der Einrichtung „...“ begehrt werde, sei nochmals darauf hinzuweisen, dass Grundvoraussetzung einer Jugendhilfemaßnahme die vom Universitätsklinikum ... vorgeschlagene vorherige Abklärung im Rahmen der durch die Rentenversicherung bereits genehmigten medizinischen Jugendrehabilitation sei. Diese sei nach § 10 SGB VIII gesetzlich vorrangig. Erst hiernach könne auch fachgerecht beurteilt werden, ob die Einrichtung „...“ die für den Antragsteller geeignete Hilfe erbringen kann und ob eine Unterbringung in einer so weit vom Elternhaus entfernten Einrichtung aus fachlicher Sicht sinnvoll ist.

7. Im Übrigen wird hinsichtlich des Sachverhalts auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern.

Eine derartige Anordnung setzt daher sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (eventuellen) Hauptsacheverfahren. Das Vorliegen eines derartigen Anordnungsgrundes und Anordnungsanspruches ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO). Eine solche Glaubhaftmachung liegt in entsprechender Anwendung von § 23 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) dann vor, wenn das Vorliegen von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich ist.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 123 Rn. 54).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist vorliegend weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

1. Es fehlt bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.

Nach dem Vortrag des Antragstellers selbst hatte die Einrichtung „...“ vorliegend lediglich zugesagt, für den Antragsteller einen Platz zumindest bis 18. Juli 2014 zu reservieren. Dieses Datum ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits seit über einem Monat verstrichen.

Damit hat der Antragsteller jedoch weder dargelegt noch i. S. v. § 123 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 920 ZPO in geeigneter Weise (§ 173 VwGO i. V. m. § 294 Abs. 1 ZPO) glaubhaft gemacht, dass seine Unterbringung in der Einrichtung „...“ - jederzeit beginnend - überhaupt derzeit noch möglich ist (vgl. BayVGH, B. v. 2.8.2011 - 12 CE 11.1180 - juris Rn. 39 f.).

Letztlich hat der Antragsteller - von der zwischenzeitlich abgelaufenen Freihaltezusage der Einrichtung „...“ bis zum 18. Juli 2014 abgesehen - keinerlei substantiierte Ausführungen gemacht, aus welchen Gründen vorliegend eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben sein soll.

2. Ein Anordnungsanspruch ist vom Antragsteller ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.

Gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (seelische Behinderung) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Teilhabebeeinträchtigung). Von einer seelischen Behinderung bedroht sind Kinder und Jugendliche, bei denen eine seelische Behinderung als Folge seelischer Störungen zwar noch nicht vorliegt, eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft aber nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall in ambulanter Form, in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, durch geeignete Pflegepersonen und in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet (§ 35a Abs. 2 SGB VIII).

Zwischen den Beteiligten steht ausweislich der fachlichen Stellungnahme des Jugendamts vom 17. Juni 2014 außer Streit, dass beim Antragsteller grundsätzlich die Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII vorliegen und somit dem Grunde nach ein Hilfeanspruch besteht. Streitig ist jedoch im Kern, ob zunächst vorrangig eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme durchzuführen ist (hierzu nachfolgend unter a.) und - sollte diese Frage verneint werden - die vom Antragsteller gewünschte stationäre Hilfe in der Einrichtung „...“ die in seinem Einzelfall einzig notwendige und geeignete Hilfe ist (hierzu nachfolgend unter b.).

a) Es spricht vorliegend bereits vieles dafür, dass der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs der aus § 10 Abs. 1 SGB VIII folgende Nachrang von Jugendhilfeleistungen gegenüber medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen eines anderen Leistungsträgers entgegensteht.

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, durch das Achte Buch Sozialgesetzbuch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

§ 10 Abs. 1 SGB VIII sieht somit den grundsätzlichen Nachrang der Jugendhilfe gegenüber anderen Verpflichtungen und Leistungen vor, wobei gerade die Verpflichtungen und Leistungen der anderen Sozialleistungsträger besonders hervorgehoben werden. Eine das Vorrang-Nachrang-Verhältnis des § 10 Abs. 1 SGB VIII auslösende Leistungskonkurrenz setzt voraus, dass beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind. Allgemein greift der Nachrang der Jugendhilfe daher dann, wenn vorrangige andere Verpflichtungen und Leistungen demselben Zweck wie die Jugendhilfe dienen und den Bedarf auch voll decken; für einen durch den an sich vorrangig verpflichteten Dritten nicht abgedeckten jugendhilferechtlichen Bedarf muss der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ggf. ergänzend leisten (vgl. zum Ganzen: OVG NRW, B. v. 18.10.2012 - 12 B 1018/12 - juris Rn. 5-7; vgl. allg. BVerwG, U. v. 19.10. 2011 - 5 C 6/11 - juris). Der Nachrang von Jugendhilfemaßnahmen aus § 10 Abs. 1 SGB VIII gilt insbesondere für Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation; um solche handelt es sich insbesondere dann, wenn eine ärztliche Behandlung erforderlich ist, mithin ein Tätigwerden eines Arztes oder eines Dritten auf ärztliche Anordnung (vgl. VGH BW, B. v. 9.12.1999 - 2 S 2737/98 - juris Rn. 18 f.; Vondung in LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 10 Rn. 17; vgl. zum Begriff der medizinischen Rehabilitation auch § 5 Nr. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IX - i. V. m. § 26 SGB IX).

Unter Anwendung obiger Grundsätze spricht vieles dafür, dass die hier durch den zuständigen Leistungsträger offenbar bereits genehmigte sechswöchige Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (vgl. E-Mail der Mutter des Antragstellers vom 24. Juni 2014, Blatt 31 der Verwaltungsakte), die auch durch das Universitätsklinikum ... als grundsätzlich medizinisch indiziert erachtet wurde (vgl. Stellungnahme des Universitätsklinikums ... vom 4. März 2014, S. 6 - Blatt 29 der Verwaltungsakte), gegenüber der gegenständlichen Gewährung von Jugendhilfe vorrangig ist und damit einem jugendhilferechtlichen Leistungsanspruch zumindest derzeit entgegensteht. Dass diese Maßnahme der medizinischen Jugendrehabilitation, die ausweislich der Akten unter ärztlicher Aufsicht in einer Klinik in ... stattfinden könnte, nicht gleichartig oder während ihrer Dauer vollständig bedarfsdeckend sein könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

b) Unabhängig davon hat der Antragsteller jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihm gewünschte stationäre Hilfe in der Einrichtung „...“ die in seinem Einzelfall einzig notwendige und geeignete Hilfe ist.

Will ein Betroffener wie der Antragsteller die Verpflichtung des Trägers der Jugendhilfe zur Durchführung einer bestimmten Hilfemaßnahme im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erwirken, muss er im Hinblick auf den im Rahmen der sozialpädagogischen Fachlichkeit bestehenden, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Jugendamts darlegen und glaubhaft machen, dass allein die beanspruchte Hilfemaßnahme zur Deckung des Hilfebedarfs erforderlich und geeignet, mithin fachlich vertretbar ist (vgl. BayVGH, B. v. 21.2.2013 - 12 CE 12.2136 - juris Rn. 30; B. v. 2.8.2011 - 12 CE 11.1180 - juris Rn. 46; B. v. 22.12.2009 - 12 CE 09.2371 - juris Rn. 21 ff.).

Diese Voraussetzungen sind im Fall des Antragstellers nicht gegeben.

Ausweislich der im Internet zur Eigendarstellung veröffentlichten Broschüre der gegenständlichen Einrichtung „...“ (http://www...de/lep_ allgemeine_informationen. pdf, Blatt 39 f. der Gerichtsakte) handelt es sich hierbei um ein Kinder- und Jugendwohnheim im Landkreis ... in ..., das sich auf einem acht Hektar großen Areal befindet. Dort würden im Anschluss an klinische Akutbehandlungen Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene mit psychischen Erkrankungen aus dem ganzen Bundesgebiet betreut. Träger der Einrichtung sei ein Verein für Jugendfürsorge und Jugendpflege. Die Einrichtung verfüge über 180 vollstationäre Plätze, ca. 40 Plätze im Bereich „Trainingswohnen“ (betreute Wohngruppen und betreutes Einzelwohnen), 13 stationäre Plätze im Bereich Mutter-Kind-Betreuung und 32 Tagesgruppenplätze. Die vollstationären Plätze unterteilten sich nochmals in die Bereiche Intensivwohngruppen, Innenwohngruppen und Außenwohngruppen. Der vollstationäre Bereich für Jugendliche und junge Erwachsene richte sich an Personen mit Psychosen, schweren neurotischen Störungen, Persönlichkeitsstörungen und Asperger-Autismus. Die Einrichtung verfüge über eine heimeigene Schule und einen arbeitstherapeutischen Bereich. Therapie sei in Form von Psychotherapie, Reittherapie, Beschäftigungstherapie oder Bewegungstherapie möglich.

Ausgehend von diesem Einrichtungsprofil erscheint es aus Sicht der Kammer nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Einrichtung „...“ für den Antragsteller zu gegebener Zeit eine geeignete Hilfeform darstellen könnte. Dass es sich bei dieser Einrichtung jedoch um die einzig notwendige und geeignete Hilfe handelt, ist durch den Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden; einen solchen Schluss lassen insbesondere die vorliegenden fachärztlichen Stellungnahmen nicht zu.

So empfiehlt die knappe fachärztliche Stellungnahme vom 3. Juni 2014 zwar ausdrücklich eine Unterbringung des Antragstellers in der Einrichtung „...“ und betont deren Vorzüge; eine Aussage, dass es sich hierbei um die einzig notwendige und geeignete Hilfe für den Antragsteller handele, enthält die Stellungnahme jedoch nicht. Die ausführlichere Stellungnahme des Universitätsklinikums ... vom 4. März 2014 verhält sich zur konkreten Einrichtung „...“ überhaupt nicht, sondern empfiehlt lediglich allgemein für den Antragsteller ein spezialisiertes Setting - möglichst innerhalb einer Einrichtung, die über Erfahrung mit Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis verfügt -, welches insbesondere die Krankheitsverarbeitung, schulisch-berufliche Integration - möglichst in Form einer integrativen Beschulung - und Nachreifung des Antragstellers sowie altersangemessene Verselbstständigung im geschützten Umfeld fokussiere. Wie ausgeführt ist vorliegend nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Einrichtung „...“ - insbesondere aufgrund ihrer Ausrichtung auf Persönlichkeitsstörungen wie Schizophrenie - das für den Antragsteller seitens Universitätsklinikums ... empfohlene „spezialisierte Setting“ darstellen könnte; jedoch kann dieses erforderliche Setting grundsätzlich auch eine andere stationäre - und möglicherweise ortsnähere - Jugendhilfeeinrichtung bieten.

Letztlich trägt auch der Antragsteller selbst lediglich eine Eignung der Einrichtung „...“ in seinem Fall vor, ohne jedoch geltend zu machen, dass diese Einrichtung die einzig notwendige und geeignete Hilfe darstelle.

3. Nach alledem war der Antrag abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 VwGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 19. Aug. 2014 - 3 E 14.1140

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 19. Aug. 2014 - 3 E 14.1140

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 19. Aug. 2014 - 3 E 14.1140 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 35a Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung


(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und2. daher ihre Teilhabe am Leben in d

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 10 Verhältnis zu anderen Leistungen und Verpflichtungen


(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch ents

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 26 Gemeinsame Empfehlungen


(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen. (2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus geme

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 5 Leistungsgruppen


Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht: 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,3. unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,4. Leistungen zur Teilhabe an Bildung und5. L

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 23 Glaubhaftmachung, Versicherung an Eides statt


(1) Sieht eine Rechtsvorschrift vor, dass für die Feststellung der erheblichen Tatsachen deren Glaubhaftmachung genügt, kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen na

Referenzen

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Sieht eine Rechtsvorschrift vor, dass für die Feststellung der erheblichen Tatsachen deren Glaubhaftmachung genügt, kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.

(2) Die Behörde darf bei der Ermittlung des Sachverhalts eine Versicherung an Eides statt nur verlangen und abnehmen, wenn die Abnahme der Versicherung über den betreffenden Gegenstand und in dem betreffenden Verfahren durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgesehen und die Behörde durch Rechtsvorschrift für zuständig erklärt worden ist. Eine Versicherung an Eides statt soll nur gefordert werden, wenn andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit nicht vorhanden sind, zu keinem Ergebnis geführt haben oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Von eidesunfähigen Personen im Sinne des § 393 der Zivilprozessordnung darf eine eidesstattliche Versicherung nicht verlangt werden.

(3) Wird die Versicherung an Eides statt von einer Behörde zur Niederschrift aufgenommen, sind zur Aufnahme nur der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter sowie Angehörige des öffentlichen Dienstes befugt, welche die Befähigung zum Richteramt haben. Andere Angehörige des öffentlichen Dienstes kann der Behördenleiter oder sein allgemeiner Vertreter hierzu allgemein oder im Einzelfall schriftlich ermächtigen.

(4) Die Versicherung besteht darin, dass der Versichernde die Richtigkeit seiner Erklärung über den betreffenden Gegenstand bestätigt und erklärt: "Ich versichere an Eides statt, dass ich nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe." Bevollmächtigte und Beistände sind berechtigt, an der Aufnahme der Versicherung an Eides statt teilzunehmen.

(5) Vor der Aufnahme der Versicherung an Eides statt ist der Versichernde über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung und die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung zu belehren. Die Belehrung ist in der Niederschrift zu vermerken.

(6) Die Niederschrift hat ferner die Namen der anwesenden Personen sowie den Ort und den Tag der Niederschrift zu enthalten. Die Niederschrift ist demjenigen, der die eidesstattliche Versicherung abgibt, zur Genehmigung vorzulesen oder auf Verlangen zur Durchsicht vorzulegen. Die erteilte Genehmigung ist zu vermerken und von dem Versichernden zu unterschreiben. Die Niederschrift ist sodann von demjenigen, der die Versicherung an Eides statt aufgenommen hat, sowie von dem Schriftführer zu unterschreiben.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht:

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
3.
unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,
4.
Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
5.
Leistungen zur sozialen Teilhabe.

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen,

1.
welche Maßnahmen nach § 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden,
2.
in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern,
3.
über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens,
4.
in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 zu beteiligen ist,
5.
wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 koordiniert werden,
6.
in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden,
7.
für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13,
8.
in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind,
9.
zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie
10.
über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.

(3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher.

(4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen ab, soweit die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind.

(5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen beteiligt. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten.

(6) Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder.

(7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu einem Vorschlag aufgefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen.

(8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation alle zwei Jahre ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung.

(9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.