Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Mai 2017 - AN 9 K 16.00105

bei uns veröffentlicht am03.05.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Bürogebäudes in eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des nördlich der … in … gelegenen Vorhabengrundstücks FlNr. …(…) und des sich nördlich daran anschließenden Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … Auf der südlichen Hälfte des Vorhabengrundstücks FlNr. … befindet sich ein 5-geschossiges Bürogebäude; an dieses schließt sich auf der nördlichen Grundstückshälfte eine Lagerhalle an, die sich auch nahezu über das gesamte Grundstück FlNr. … erstreckt.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung …, …in …, welches nordöstlich des Anwesens der Beigeladenen liegt und mit seiner südwestlichen Ecke an deren Grundstück FlNr. … angrenzt. Das klägerische Grundstück, welches mit einem fast die gesamte südliche Grundstückshälfte einnehmenden Gewerbegebäude bebaut ist, wird von der Firma A. … GmbH zur Herstellung und zum Vertrieb chemischer Stoffe genutzt (nachfolgend: Firma A. …). Die Firma A. … betreibt auf den Anwesen … immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlagen. Im dazugehörigen Rohstoff- und Produktlager befinden sich auch Stoffe, die im Sinne der 12. BImSchV (sog. Störfallverordnung) grundsätzlich als gefährliche Stoffe eingestuft sind. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 zeigte die Firma A. … gegenüber dem Umweltamt der Beklagten an, dass sie im Verlauf des Jahres 2016 die Mengenschwellen der Seveso-III-Richtlinie (gemeint ist die Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates; im Folgende weiterhin als Seveso-III-Richtlinie bezeichnet) überschreiten werde und folglich als Störfallbetrieb einzustufen sei.

Beide Grundstücke der Beigeladenen wie auch das der Klägerin liegen im räumlichen Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. … der Beklagten vom 2. Juli 1971, der für diesen Bereich als Art der baulichen Nutzung ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO (1968) vorsieht. Im Bebauungsplan selbst sind keine Nutzungsausschlüsse festgesetzt. Südlich der an das Anwesen der Beigeladenen angrenzenden … befindet sich Wohnbebauung; im Bebauungsplan ist dort ein allgemeines Wohngebiet (WA) festgesetzt.

Am 22. Oktober 2015 beantragte die Beigeladene die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des auf dem Grundstück FlNr. … gelegenen Bürogebäudes zu einer Asylbewerberunterkunft und Errichtung einer Außentreppe. Im Erdgeschoss waren hauptsächlich Sozialräume geplant. Die Bewohnerzimmer sollten sich überwiegend in den vier Obergeschossen befinden. Das Dachgeschoss sollte als Terrasse zu Aufenthaltszwecken genutzt werden. Die sich an das Bürogebäude im Norden anschließende Lagerhalle war nicht Gegenstand des Bauantrags. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 16. November 2015 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass die Ausnahme für die im Baugebiet nur ausnahmsweise zulässige Anlage für soziale Zwecke erteilt werden könne. Eine spätere Nutzungsänderung zu (allgemeinem) Wohnraum sei hingegen nicht möglich, da dadurch die Grundzüge der Planung berührt würden.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2015 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung zur „Nutzungsänderung von Bürogebäude zu Gemeinschaftsunterkunft für Leistungsberechtigte nach Asylbewerberleistungsgesetz mit 144 Betten und Errichtung einer Außentreppe“ unter Gewährung einer Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Gewerbegebiet und einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB für die Unterbringung einer wohnähnlichen Nutzung in einem Gewerbegebiet. Weiter wurde eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 von Art. 6 Abs. 5 bzw. 6 BayBO wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen nach Norden zwischen gegenüberliegenden Gebäudeteilen auf dem Baugrundstück zugelassen. Der Klägerin, die als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde am 29. Dezember 2015 eine Ausfertigung der Baugenehmigung zugestellt.

Mit am 18. Januar 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung lässt die Klägerin u.a. mit Schriftsätzen vom 13. Juni 2016 und 16. September 2016 im Wesentlichen vortragen, die streitgegenständliche Baugenehmigung sei rechtswidrig und verstoße gegen auch dem Nachbarschutz dienende Vorschriften. Die Klägerin werde durch sie in ihrem Eigentum, insbesondere in ihrem Anspruch auf Gebietserhaltung und in ihren Entwicklungsmöglichkeiten verletzt. Es lägen bereits die Voraussetzungen für die seitens der Beklagten gewährte Ausnahme i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bzw. erteilte Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB nicht vor. In Bezug auf § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sei bereits fraglich, ob es sich bei einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber überhaupt um eine Anlage für soziale Zwecke handele. Selbst wenn man dies bejahen wolle, wäre eine solche Unterkunft aufgrund ihres wohnähnlichen Charakters in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich und daher nicht zulassungsfähig. Eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB komme nicht in Betracht, da davon auszugehen sei, dass der Bebauungsplan für das Gewerbegebiet Anlagen für soziale Zwecke ausschließe. Überdies sei eine Befreiung auch nicht unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Das Grundstück der Klägerin werde gewerblich genutzt. Es würden dort u.a. chemische Stoffe hergestellt, welche teilweise hochexplosiv seien. Durch die Nutzung des in Rede stehenden Gebäudes als Asylbewerberunterkunft mit 144 Betten und damit 144 Personen trete eine erhöhte Gefährdungssituation ein. Einerseits seien so wesentlich mehr Personen einem vom klägerischen Grundstück ausgehenden Risiko ausgesetzt. Andererseits erhöhe sich auch die Gefahr unbefugten Betretens des klägerischen Grundstücks oder des Einbringens von leicht entflammbaren Gegenständen wie brennenden Zigaretten durch die im angrenzenden Grundstück untergebrachten Personen. Bei einer Nutzung als Asylbewerberunterkunft seien daher u.a. erhöhte Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, die zusätzliche Kosten verursachen würden. Zudem sei damit zu rechnen, dass die Klägerin (gemeint ist wohl die Firma A. …) zukünftig strengere Auflagen hinsichtlich Brand- und Explosionsschutz bzw. hinsichtlich Lärmschutz einhalten müsse, da die im benachbarten Grundstück untergebrachten Personen sich dort auch nachts zum Schlafen aufhielten. Überdies halte das streitgegenständliche Vorhaben keinen angemessenen Abstand zu den baulichen Anlagen der Klägerin ein. Welcher Abstand hier angemessen sei, ergebe sich aus der Seveso-III-Richtlinie. Auch wenn diese nicht bis zum 31. Mai 2015 in nationales Recht umgesetzt worden sei, sei sie insbesondere mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG sowie den Referentenentwurf der Bundesregierung anwendbar und nicht nur im Rahmen der Bauleitplanung zu berücksichtigen, sondern auch bei Genehmigung von Einzelbauvorhaben. Eine Asylbewerberunterkunft zähle grundsätzlich zu den Schutzobjekten, für welche eine Abstandsregelung zu berücksichtigen sei. Aus dem Leitfaden „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfallverordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung“ der Kommission für Anlagensicherheit (im Folgenden: Leitfaden KAS 18) ergäbe sich für die auf dem Grundstück der Klägerin gehandhabten Stoffe eine „Abstandsempfehlung für die Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse“ von 200 m. Bei Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens sei eine Erweiterung der Genehmigung für die Produktion aufgrund zu geringen Abstands nicht mehr möglich. Dies führe zu einer gravierenden Einschränkung der Entwicklungsmöglichkeiten des Betriebes und damit zu einer Verletzung der sich aus Art. 12 GG und Art. 14 GG ergebenden Rechte. Auch wenn zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung der Beklagten eine Anzeige nach § 7 Abs. 2 Störfallverordnung noch nicht vorgelegen habe, so führe dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dazu, dass die Klägerin sich nicht auf eine Unterschreitung eines angemessenen Achtungsabstandes im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes berufen könne. Denn zum einen hätten die Gegebenheiten, die zur Anwendung der Störfallverordnung führen, bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung vorgelegen. Zum anderen sei der Beklagten - wenn auch nach Erteilung der Genehmigung - jedenfalls noch vor dem Einzug der ersten Asylbewerber und damit vor dem Vollzug des Vorhabens die Verletzung des Rücksichtnahmegebots erkennbar gewesen. Es sei daher unbillig, im Rahmen der Beurteilung der Verletzung des Rücksichtnahmegebots ausschließlich auf den Zeitpunkt des Erlasses der Baugenehmigung abzustellen. Vielmehr sei vorliegend ausnahmsweise der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 18. Januar 2016 beantragt die Klägerin:

Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Bürogebäude zu Gemeinschaftsunterkunft für Leistungsberechtigte nach Asylbewerberleistungsgesetz mit 144 Betten und Errichtung einer Außentreppe auf dem Anwesen … vom 18. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 18. Juli 2016,

die Klage abzuweisen.

Zum Sachverhalt trägt sie vor, aufgrund vorzunehmender Neueinstufung von Stoffen und Gemischen nach der europäischen CLP-Verordnung und der Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie falle die Firma A. … nunmehr unter die Störfallverordnung. Entscheidend für die Eigenschaft als Störfallbetrieb sei die Anzeige der Firma A. … nach § 7 der Störfallverordnung vom 10. Oktober 2016. Im Rahmen eines Antrags auf Änderungsgenehmigung nach BImSchG habe die Firma A. … dem Umweltamt der Beklagten am 18. Januar 2016 eine aktuelle Auflistung und Einstufung der Gefahrstoffmengen unter Berücksichtigung der Seveso-III-Richtlinie zugesandt. Nach dieser Auflistung würde der Betrieb grundsätzlich unter die Störfallverordnung fallen und das Abstandsgebot nach Art. 13 der Seveso-III-Richtlinie greifen. Der notwendige Abstand zur schutzwürdigen Umgebungsbebauung werde gutachterlich zu bestimmen sein, wobei zu erwarten sei, dass ein solcher gutachterlich ermittelter sog. angemessener Abstand geringer ausfalle als der klägerseits vorgetragene sog. Achtungsabstand von 200 m. Dass das Vorhabengrundstück wegen der Nähe zum Lagerbereich auf dem Grundstück der Klägerin innerhalb des noch zu ermittelnden angemessenen Abstands liege, könne jedoch derzeit nicht ausgeschlossen werden. In rechtlicher Hinsicht führt die Beklagte aus, die angefochtene Baugenehmigung sei rechtmäßig. Entgegen des Vortrags der Klägerin schließe der Bebauungsplan Anlagen für soziale Zwecke nicht aus, so dass § 246 Abs. 10 BauGB hier anwendbar sei. Auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Lärm- und Geruchsemissionen seien weder ersichtlich, noch von der Klägerin substantiiert vorgetragen. Bei der Bewertung von Gefahren und Beeinträchtigungen der Interessen der Klägerin und der Betreiberfirma seien nur solche Störungen zu berücksichtigen, die typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung des Vorhabens auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz seien. Anderen Gefahren sei im jeweiligen Einzelfall mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts und des privaten Nachbarrechts zu begegnen. Aufgrund der zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung noch fehlenden Anzeige nach § 7 Abs. 2 Störfallverordnung sei die Klägerin mit dem Einwand ausgeschlossen, das Vorhaben der Beigeladenen verletze wegen Unterschreitung eines angemessenen Achtungsabstands das Rücksichtnahmegebot. Diese Anzeigepflicht diene auch dem Interesse von Grundstücksnachbarn. Ohne diese könne die Betroffenheit durch die Auswirkung der BImSchG-Anlage nicht beurteilt werden. Vor diesem Hintergrund könne offen bleiben, wie groß der notwendige Abstand in der konkreten Situation tatsächlich sein müsse - bei den klägerseits angegebenen 200 m handele es sich lediglich um den Abstand „ohne Detailkenntnisse“ - und ob die Flüchtlingsunterkunft tatsächlich als „öffentliches Gebäude“ im Sinne der Seveso-III-Richtlinie einzustufen sei.

Die Beigeladene beantragt mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 12. Juli 2016 ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung lässt sie ausführen, die Asylbewerberunterkunft sei eine Anlage für soziale Zwecke und nach dem hier geltenden Bebauungsplan ausnahmsweise zulässig sei. Die Voraussetzungen zur Gewährung einer Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO lägen vor. Das Vorhaben sei insbesondere gebietsverträglich und verletze nicht das Rücksichtnahmegebot. Auch habe zusätzlich eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB rechtmäßig erteilt werden können. Die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Der Vortrag der Klägerin, der Betrieb könne für die Asylbewerber gefährlich sein, da die dort hergestellten chemischen Stoffe teilweise hochexplosiv seien, könne nicht nachvollzogen werden. Es komme nicht darauf an, in welcher Dichte die gefährdeten Personen auftreten. Vielmehr sei der Betrieb der Klägerin so durchzuführen, dass auch angrenzende Gewerbebetriebe mit nur wenigen Mitarbeitern keinen Explosionsgefahren ausgesetzt werden. Überdies sei für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung das baurechtliche Nutzungskonzept und das dadurch typischerweise verursachte Störpotenzial maßgeblich und nicht das individuelle und mehr oder weniger störende oder als störend empfundene Verhalten der Bewohner. Durch eine bestimmungsgemäße Nutzung der Asylbewerberunterkunft werde der Gewerbebetrieb der Klägerin jedenfalls nicht eingeschränkt. Die Belästigungen durch die Gewerbebetriebe, die auf eine Asylbewerberunterkunft in einem Gewerbegebiet einwirken, seien von deren Bewohnern zu dulden. Entsprechendes müsse auch für andere Belästigungen oder mögliche Gefahren gelten, da die Einhaltung strengerer Anforderungen nicht verlangt werden könne. Das Gewerbegebiet grenze unmittelbar an ein Wohngebiet an, so dass die darin ansässigen Gewerbebetriebe bereits auf diese Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen hätten; dies viel stärker, als dies bei Asylbewerberunterkünften in „gewöhnlichen“ Gewerbegebieten der Fall sei. Die Abstandsflächen seien aufgrund der Festsetzungen im zugrundeliegenden Bebauungsplan eingehalten. Auch aus europarechtlichen oder europarechtlich umgesetzten Vorschriften ergebe sich kein anderes Ergebnis. Die Seveso-III-Richtlinie sei bisher nicht umgesetzt worden. Ebenso wenig sei ein Referentenentwurf der Bundesregierung verbindlich und anzuwenden. Die derzeit rechtswirksame Störfallverordnung setze lediglich Betreiberpflichten fest, regele aber nicht die Zulässigkeit von Bauvorhaben. Überdies habe die Klägerin bislang nicht dargelegt, ob es sich bei dem Betrieb der Firma A. … tatsächlich um einen Störfallbetrieb handele, was vorliegend bei einem Hersteller für Kleber und Pflegeprodukte für Natur- und Kunststein wohl zu verneinen sei. Die seitens der Klägerin zitierte Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, da es sich vorliegend um die Nutzungsänderung eines Bestandsgebäudes handele, welches keine „Achtungsgrenzen“ einhalten könne. Der Leitfaden KAS 18 sei, da es sich bei der Asylbewerberunterkunft um eine Bestandsbebauung handele, unanwendbar und im Verfahren daher nicht zu berücksichtigen. Vielmehr sei hier die der Firma A. … zuletzt erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 28. August 1995 maßgeblich, in der in den Gründen ausgeführt sei, dass die Prüfung der eingereichten Unterlagen ergeben habe, dass die Anlage nicht der Störfallverordnung unterliege, da die Einsatzstoffmengen bzw. die bei einem Störfall entstehenden Stoffmengen weit unter den im Anhang III der Verordnung genannten Mengenschwellen lägen und damit keine Gemeingefahr zu befürchten sei. Dieser Genehmigung nach BImSchG seien lediglich baurechtliche Genehmigungen nachgefolgt, deren Inhalt sich auf bauliche, nicht aber auf immissionsschutzrechtliche Änderungen bezogen habe. Unabhängig davon sei ein Achtungsabstand i.S.d. Störfallverordnung nur notwendig zwischen Störfallbetrieb und öffentlich genutzten Gebäuden. Eine Asylbewerberunterkunft stelle aber kein solches öffentlich genutztes Gebäude dar. Unabhängig davon sei die Klägerin mit dem Einwand der Unterschreitung eines angemessenen Achtungsabstandes ausgeschlossen, denn bei Erteilung der Baugenehmigung habe die Beklagte davon ausgehen dürfen und müssen, dass hier kein Störfallbetrieb vorliege. Dies folge aus der mangelnden Anzeige nach § 7 Abs. 2 der Störfallverordnung und dem Prioritätsgrundsatz, wonach Bauanträge nach dem Antragseingang zu bearbeiten seien.

Mit Änderungsantrag vom 2. August 2016 modifizierte die Beigeladene das Bauvorhaben dahingehend, dass eine Grundrissänderung im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss beabsichtigt sei, die Fluchttreppe anders ausgeführt und zusätzlich eine Außenterrasse im 1. Obergeschoss errichtet werden solle. Das Dachgeschoss solle hingegen nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, als Terrasse genutzt werden.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2017 erließ die Beklagte die beantragte Änderungsgenehmigung.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 30. Januar 2017 ließ die Klägerin erklären, dass sich die Klage auch auf diese Änderungsgenehmigung vom 18. Januar 2017 erstrecken und auch diese aufgehoben werden solle. Die Beigeladene beantragt, auch diesbezüglich die Klage abzuweisen.

Im Rahmen eines anderen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (AN 9 K 16.00764) legte die Klägerin mit Schreiben vom 15. Februar 2017 einen Bericht des … vom 12. Dezember 2016 über mögliche Einwirkungen von Störfällen in Hinblick auf die Bauleitplanung vor, den die Firma A. … im Rahmen des laufenden immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahrens zur Vorlage bei der Umweltbehörde der Beklagten hat erstellen lassen. Nach dem Bericht betrage der angemessene Abstand i.S.d. Artikels 13 der Seveso-III-Richtlinie zwischen dem sich auf dem klägerischen Anwesen befindlichen Betriebsbereich der Firma A. … und schutzwürdigen Objekten bei Anwendung des Leitfadens KAS 18 unter Berücksichtigung der konkreten emissionsrelevanten Anlageteile der Firma A. … hinsichtlich einer möglichen Freisetzung von leicht entzündbaren Flüssigkeiten 57 m. Damit seien ausreichende Abstände zwischen der untersuchten Anlage und der benachbarten Bebauung vorhanden. Auf einem beigefügten Lageplan ist zu erkennen, dass das Grundstück Fl. … zu ca. 1/3 innerhalb des - von einem im klägerischen Betriebsgebäude eingezeichneten Tankraum ausgehenden - 57-m-Schutzradius liegt, das Grundstück Fl.Nr. … hingegen nur in seinem nord-östlichen Teil vom Schutzradius angeschnitten wird und sich die im südlichen Teil des Grundstücks befindliche Asylbewerberunterkunft komplett außerhalb des Schutzradius befindet. Die Gerichtsakte aus dem Verfahren AN 9 K 16.00764 sowie die seitens der Beklagten dort vorgelegten Behördenakten zur Firma A. … wurden mit Verfügung vom 20. März 2017 zum hiesigen Verfahren beigezogen.

Mit Schriftsatz vom 19. April lässt die Klägerin unter Bezugnahme auf eine umwelttechnische Stellungnahme des Dr.-Ing. … vom 12. April 2017 zum Bericht des … zu den Erweiterungsabsichten der Firma A. … ergänzend vortragen, dass zwar der vom … errechnete angemessene Abstand von 57 m vom Tanklager zu schutzwürdigen Objekten nach derzeitiger Rechtslage auch bei größeren Lagermengen unverändert bliebe. Seitens der Firma A. …wie auch der Behörden bestehe jedoch schon seit längerem der Wunsch, das Tanklager technisch zu erneuern. Eine Verlegung aus der heutigen Betriebsmitte an die Grundstücksgrenze sei dabei nicht auszuschließen. Damit würde sich ebenfalls das Gebiet verlagern, das innerhalb des angemessenen Abstandes von 57 m liege. Auch sei nicht unwahrscheinlich, dass die Bewertung von Objekten als Schutzgut nach § 50 BImSchG in naher Zukunft enger gesehen werde. Überdies sei im Zuge der Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie eine sog. Technische Anleitung Abstand geplant, mit der sich der als angemessen zu betrachtende Abstand künftig erhöhen könnte. Auch sei künftig eine mengenabhängige Berechnung denkbar; eine Erhöhung der Lagermengen könnte dann zur Notwendigkeit höherer angemessener Abständen führen. Die Klägerin könne sich im vorliegenden Verfahren auch auf die Erweiterungsabsichten der Firma A. … berufen, da ihre Interessen mit denen der Firma A. … deckungsgleich seien. Bei der Klägerin und der Firma A. … handele es sich um eine Betriebsaufspaltung. Die Klägerin sei die Besitzgesellschaft, die Firma A. … die Betreibergesellschaft.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 19. April 2017 teilt die Beklagte mit, dass die Firma A. … den im Januar 2016 gestellten Antrag auf Änderungsgenehmigung nach BImSchG zwischenzeitlich erneut zum 30. Januar 2017 eingereicht habe. Hiernach seien auf dem klägerischen Anwesen vielfältige Änderungen beabsichtigt u.a. ein Hallenneubau, eine Aktualisierung des Anlagenbestands sowie eine Erhöhung der Produktionskapazität. Eine Genehmigung sei hier noch nicht ergangen; einzelne Maßnahmen seien mit Bescheid vom 4. April 2017 jedoch vorzeitig zugelassen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch die des beigezogenen Verfahrens AN 9 K 16.00764 Bezug genommen; hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zwar zulässig, im Ergebnis aber unbegründet.

Die Klägerin wird durch die Baugenehmigung vom 18. Dezember 2015 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 18. Januar 2017 nicht in ihren Rechten verletzt, so dass ihr auch kein Anspruch auf deren Aufhebung zusteht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Bei der Klage eines Dritten - hier eines baurechtlichen Nachbarn - hat dieser aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schon dann einen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung, wenn diese lediglich objektiv rechtswidrig ist; vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus solchen Normen ergeben, die zum Prüfungsumfang im bauaufsichtlichen Verfahren gehören (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1; BayVGH, B.v. 10.10.2013 - 15 ZB 11.1480 - juris, Rn. 9) und zugleich aber auch dem Schutz dieses Dritten dienen (sog. Schutznormtheorie, vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris, Rn. 20). Der Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde ergibt sich wegen Einstufung des streitgegenständlichen Vorhabens als Sonderbau i.S.d. Art. 2 Abs. 4 BayBO vorliegend aus Art. 60 BayBO.

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben liegt keine Rechtsverletzung der Klägerin durch die Baugenehmigung vor. Eine Verletzung der vom Prüfungsumfang nach Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO umfassten bauordnungsrechtlichen Vorschriften wird von der Klägerin schon nicht vorgetragen und ist für das Gericht auch nicht ersichtlich. Soweit es nach Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO zu prüfende bauplanungsrechtliche Vorschriften betrifft, kann sich die Klägerin insbesondere nicht erfolgreich auf die Verletzung eines Anspruchs auf Gebietserhaltung berufen.

Der Anspruch auf Gebietserhaltung ermöglicht es dem Eigentümer eines in einem Bebauungsplangebiet (§ 30 BauGB) gelegenen Grundstücks, Vorhaben auch ohne konkrete Beeinträchtigung abzuwehren, welche nach ihrer Art in diesem Gebiet nicht zulässig sind oder unter Erteilung von Abweichungen auch nicht zugelassen werden können. Der Gebietserhaltungsanspruch resultiert daraus, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Diese weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Grundstücke in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitige Wirkung der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG hat jeder Eigentümer unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebietes durch die Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 26.2.2014 - 2 ZB 14.101 - juris Rn. 10).

Vorliegend wird dieser Anspruch auf Erhaltung des Gebietscharakters nicht verletzt. Zwar ist das Vorhaben der Beigeladenen nicht schon allgemein oder ausnahmsweise, dafür aber mittels der hier erfolgten Erteilung einer nicht zu beanstandenden Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB im festgesetzten Gewerbegebiet zulässig.

Das Gericht stimmt zunächst mit der obergerichtlichen Rechtsprechung darin überein, dass eine Unterkunft für Asylbewerber, insbesondere weil der Aufenthalt darin nicht freiwillig ist, sondern auf einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörden beruht, eine Anlage für soziale Zwecke darstellt und damit trotz des wohnähnlichen Charakters nicht als eine im Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO per se unzulässige Wohnnutzung zu qualifizieren ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris, Rn. 3 m.w.N.; VG Ansbach, U.v. 29.6.2016 - AN 9 K 15.01348 - juris, Rn. 48 f.). Trotz dieser Einstufung als Anlage für soziale Zwecke geht das Gericht aber in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung auch davon aus, dass die hier geplante Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber aufgrund ihres Umfangs und ihrer allgemeinen Zweckbestimmung mit dem Charakter eines Gewerbegebiets zunächst unvereinbar wäre und damit jedenfalls nicht nach § 31 Abs. 1 BauGB als Ausnahme zugelassen werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832 - juris, Rn. 16 m.w.N.; VG Ansbach U.v. 29.6.2016, AN 9 K 15.01348 - juris, Rn. 48 f.).

Aufgrund der gesetzgeberischen Wertung des neu eingeführten § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB widerspricht eine Unterkunft für Asylbewerber allerdings dann nicht dem Gebietscharakter eines Gewerbegebiets, wenn für sie - wie dies vorliegend geschehen ist - in zulässiger Weise eine Befreiung erteilt wurde. Nach dieser Regelung kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten insbesondere für Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine solche Befreiung sind hier erfüllt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin können in dem streitgegenständlichen Gewerbegebiet Anlagen für soziale Zwecke grundsätzlich als Ausnahme zugelassen werden. Durch die Festsetzung eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO hat die plangebende Beklagte den Katalog der regelhaft oder ausnahmsweise zulässigen Vorhaben i.S.v. § 8 Abs. 1, 2 und 3 BauNVO (1968) in den Bebauungsplan übernommen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Da keine diesen Katalog im konkreten Fall einschränkenden Festsetzungen ersichtlich sind, ergibt sich aus dem festgesetzten Gebietscharakter zugleich nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (1968) eine ausnahmsweise Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke.

Die Abweichung ist auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Für diese Prüfung sind wie bei der insoweit vergleichbaren allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden; vielmehr sind die Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Im Rahmen der hiernach erforderlichen Einzelfallbetrachtung liegt die Annahme der Unvereinbarkeit einer Befreiung mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch eine Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Eine eventuelle Unruhe, die durch die Genehmigung einer Unterkunft für Asylbewerber und der damit verbundenen wohnähnlichen Nutzung in ein Gewerbegebiet getragen wird, muss allerdings für die Erteilung einer Befreiung außer Betracht bleiben. Der Gesetzgeber hat sich nämlich durch die Schaffung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB bewusst für die Möglichkeit einer Befreiung in diesen Fällen entschieden (vgl. VGH BW, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - juris, Rn. 15). Eine Zulassung der in der Vorschrift benannten Unterkünfte für Asylbewerber ist daher tatbestandlich u. a. nur dann unvereinbar mit öffentlichen Belangen bzw. nachbarlichen Interessen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären (vgl. VGH BW, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - juris, Rn. 15, VG Ansbach, U.v. 29.6.2016 - AN 9 K 15.01348 - juris Rn. 53) oder wenn sich das Vorhaben gegenüber der Klägerin als rücksichtslos erweist.

Beides ist jedoch nicht der Fall. Anders als die Klägerin meint, verhält sich das Vorhaben ihr gegenüber schon nicht rücksichtslos. Insbesondere ist das Gebot der Rücksichtnahme vorliegend nicht vor dem Hintergrund eines ggf. nicht eingehaltenen, aber möglicherweise entsprechend Art. 13 Abs. 2 der Seveso-III-Richtlinie einzuhaltenden Sicherheitsabstands verletzt. Nach Art. 13 Abs. 2 der Seveso-III-Richtlinie sind die Mitgliedstaaten sinngemäß dazu aufgerufen, dem Erfordernis Rechnung zu tragen, dass bei einem sogenannten Störfallbetrieb einerseits und öffentlich genutzten Gebäuden andererseits ein angemessener Sicherheitsabstand gewahrt bleibt. Jedenfalls mit Ablauf der Umsetzungsfrist zum 31. Mai 2015 (§ 31 Abs. 1 der Seveso-III-Richtlinie) ist diese Vorschrift bei der Anwendung des nationalen Rechts im Wege richtlinienkonformer Auslegung zu berücksichtigen (st. Rspr. des EuGH, vgl. U.v. 4.7.2006 - Rs. C-212/04 Ziffer 115). Für die Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme bedeutet dies, dass, wenn es um die Beurteilung der Zulässigkeit von öffentlich genutzten Gebäuden im Umkreis von Störfallbetrieben geht, auch gewürdigt werden muss, ob zwischen solchen baulichen Anlagen ein „angemessener Sicherheitsabstand“ eingehalten ist (grundlegend zur inhaltlich weitestgehend identischen Vorgängernorm des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG Seveso-II-Richtlinie: BVerwG, U.v. 20.12.2012 - 4 C 11/11 - juris, Rn. 28 ff.).

Hier steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Betrieb der Firma A. … zu dem für die nachbarliche Anfechtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt, also dem der Erteilung der Baugenehmigung am 18. Dezember 2015 als letzte Behördenentscheidung (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2005 - 26 B 03.2579 - juris, Rn. 15), (noch) nicht als Störfallbetrieb im Sinne der Seveso-III-Richtlinie zu qualifizieren war. Die Firma A. … hat selbst gegenüber dem Umweltamt der Beklagten mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 angezeigt, dass sie erst im Laufe des Jahres 2016 zu einem Störfallbetrieb werde. Dass die Beigeladene für ihr Vorhaben im August 2016 eine Tektur beantragt hat, die erst mit Änderungsgenehmigung vom 18. Januar 2017 und damit nach dieser Anzeige der Firma A. … verbeschieden wurde, vermag hieran nichts zu ändern. Die Tektur betraf nämlich lediglich Randbereiche der bereits genehmigten Nutzung als Asylbewerberunterkunft; mithin wurde hierdurch die Genehmigungsfrage insgesamt nicht neu aufgeworfen, so dass die Tekturgenehmigung auch nicht geeignet ist, den entscheidungsrelevanten Zeitpunkt zu verlagern.

Unabhängig davon wäre auch fraglich, ob es sich bei der Asylbewerberunterkunft überhaupt um ein „öffentlich genutztes Gebäude“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Seveso-III-Richtlinie handelt, da diese Unterkunft ihrem Zwecktypus entsprechend nicht für einen unbegrenzten Personenkreis und damit gerade nicht öffentlich zugänglich ist (vgl. Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 50, Rn. 15).

Aber auch wenn man dem klägerischen Vortrag folgend der Firma A. … die Qualifikation als Störfallbetrieb zugestehen würde, hätte dies kein anderes Ergebnis zur Folge, da der erforderliche Sicherheitsabstand nach § 13 Abs. 2 der Seveso-III-Richtlinie gewahrt ist. Dies ergibt sich aus der seitens der Firma A. … im Rahmen ihres Änderungsverfahrens nach BImSchG in Auftrag gegebenen Einzelfallbetrachtung des … vom 12. Dezember 2016. Danach ist unter Zugrundelegung der Vorgaben des Leitfadens KAS 18 und unter Berücksichtigung der konkreten emissionsrelevanten Anlageteile, also hier des Tankraums als Bezugspunkt, ein Abstand von 57 ausreichend und somit als „angemessen“ i.S.v. § 13 Abs. 1 der Seveso-III-Richtlinie anzusehen. Dieser Abstand ist vorliegend eingehalten, da sich das auf der südlichen Hälfte des Grundstücks Fl.Nr. … befindliche streitgegenständlichen Vorhaben vollständig außerhalb dieses Schutzradius von 57m befindet. Unerheblich ist hierbei, dass die Grundstücke der Beigeladenen teilweise noch innerhalb des Schutzradius liegen, da für die Einhaltung des Abstandes eben eine anlage- und nicht eine grundstücksbezogene Sichtweise heranzuziehen ist. An der Validität des Gutachtens bestehen für das Gericht schließlich auch keine Zweifel. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass der … den Leitfaden KAS 18 als Berechnungsgrundlage herangezogen hat, da weder das Unionsrecht noch das innerstaatliche Recht bislang Regelungen zur Frage des „angemessenen Abstands“ vorhalten, die dann eine verdrängende Wirkung haben könnten (vgl. HessVGH, U.v. 26.3.2015 - 4 C 1566/12.N - juris, Rn. 44, 47; so auch zu dem vorangegangenen Leitfaden SFK/TAA BayVGH, U.v. 14.7.2006 - 1 BV 03.2179 - juris Rn. 58). Auch wurden keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die auf Grundlage des Leitfadens KAS 18 vorgenommene Berechnung als solche fehlerhaft wäre; entsprechende Gründe sind für das Gericht auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund vermag das Vorhaben zulasten der Firma A. … als Anlagenbetreiberin auch keine neuen oder anderen störfallrechtlichen Auflagen auszulösen. Überdies geht mit der Überwindung der grundsätzlichen Gebietsunverträglichkeit einer wohnähnlichen Nutzung im Gewerbegebiet durch die neu geschaffene Befreiungsmöglichkeit des § 246 Abs. 10 BauGB auch zugleich eine Absenkung des immissionsbezogenen Schutzanspruchs der Nutzer solcher Einrichtungen einher (vgl. VG Ansbach, a.a.O., VG München, B.v. 30.11.2015 - M 1 SN 15.4780 - juris Rn. 29), so dass das Vorhaben ohnehin nicht mehr Schutz beanspruchen kann, als im Gewerbegebiet auch jedem anderen zulässigen Vorhaben zu Teil wird.

Soweit die Klägerin aus eventuellen Erweiterungsabsichten, auch im Hinblick auf das in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, eine Abwehrposition herzuleiten versucht, übersieht sie, dass unter Zugrundelegung ihres Vortrages weder im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigungen noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein schützenswertes Erweiterungsinteresse der Firma A. … vorliegt. In der Stellungnahme des Umwelttechnikers Dr.-Ing. … vom 12. April 2017, die die Klägerin in diesem Zusammenhang beigebracht hat, ist zwar ausgeführt, dass bei der Firma A. … schon seit längerem der Wunsch bestehe, das Tanklager technisch zu erneuern. Ein konkreter Zeitpunkt für die geplanten Modernisierungsmaßnahmen wird allerdings nicht genannt. Vielmehr zeigt die Stellungnahme selbst auf, wie ungewiss derzeit eine Realisierung der geplanten Maßnahmen ist, indem darin dargelegt wird, dass eine Verlegung des Tanklagers an die Grundstücksgrenze zum heutigen Zeitpunkt lediglich „nicht auszuschließen“ sei. Vor dem Hintergrund dieser nur als vage zu bezeichnenden Planungsabsichten, bei denen gegenwärtig noch völlig unklar ist, ob und inwieweit sie überhaupt realisiert werden, kann das Gebot der Rücksichtnahme der Beigeladenen nicht abverlangen, ihre eigenen konkreten Nutzungsabsichten zurückstellen, um der Firma A. … möglichst große Spielräume für deren künftige Nutzung offen zu halten. Selbiges gilt für die seitens der Klägerin befürchteten Änderungen der Rechtslage insbesondere mit Blick auf den angemessenen Abstand oder die die Eigenschaft als Störfallbetrieb und damit die Abstandspflicht auslösenden Mengenschwellen. Der bloße Hinweis auf generelle zukünftige Rechtsänderungen vermag der Klägerin keinen Abwehranspruch zu vermitteln.

Ohne Aussicht auf Erfolg bleiben auch die von der Klägerin erhobenen Bedenken gegen die streitgegenständliche Nutzung im Hinblick auf Sicherheitsbelange wie das unbefugte Betreten ihres Grundstücks oder das Einbringen von leicht entflammbaren Gegenständen wie brennenden Zigaretten durch die Bewohner der Unterkunft. Als unzumutbar können im nachbarschaftlichen Verhältnis nur solche Einwirkungen angesehen werden, die bei der bestimmungsgemäßen Nutzung einer baulichen Anlage typischerweise auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind. Hingegen sind über das typischerweise zu erwartende Maß hinausgehende verhaltensbedingte Störungen durch das Fehlverhalten einzelner Personen kein Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Betrachtung; vielmehr ist dem mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts zu begegnen (BayVGH B.v. 21.8.2015 - 9 CE 15.1318 - juris, Rn. 19). Bodenrechtliche Spannungen in diesem Sinne vermag das Gericht nicht zu erkennen. Die seitens der Klägerin dargestellte Brandgefahr durch weggeworfene Zigaretten ist gerade nicht spezifisch in der Nutzung der Asylbewerberunterkunft angelegt, sondern hat im persönlichen Fehlverhalten einzelner Bewohner ihre Ursache. Bei solchen Rechts- oder Ordnungsverletzungen sieht die Rechtsordnung vor, dass primär die konkret handelnden Personen als Verhaltensstörer zur Verantwortung zu ziehen sind, nicht aber gegen die bauliche Anlage als solche vorgegangen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2015 - 9 CE 14.2854 - juris, Rn. 19). Gleiches gilt auch für den Vortrag der Klägerin bezüglich einer Gefahr durch unbefugtes Betreten ihres Grundstücks. Im Übrigen obliegt es ihr selbst, ihr Grundstück so zu sichern, dass derartige Gefahren vermieden werden. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass Sicherheitsmaßnahmen mit hohen Kosten verbunden seien, so ist auch dieser Vortrag ohne jeden Bezug zum Baurecht und kann daher im Baugenehmigungsverfahren nicht berücksichtigt werden.

Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Bewohner des Vorhabens gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt würden. Es ist schon weder erkennbar noch von der Klägerin substantiiert vorgetragen worden, dass hier beispielsweise vom Gewerbegebiet ausgehende Lärm- und Geruchsimmissionen zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Bewohner des streitgegenständlichen Asylbewerberheimes führen könnten.

Nach alledem ist daher auch mit Blick darauf, dass aufgrund des dringenden öffentlichen Interesses an der Unterbringung von Asylbewerbern den Nachbarn ein Mehr an Beeinträchtigungen grundsätzlich zuzumuten ist (HessVGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris Rn. 18), die streitgegenständliche Asylbewerberunterkunft im Gewerbegebiet auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar.

Die Beklagte hat schriftlich auch ihr Einvernehmen mit dem in Rede stehenden Vorhaben erklärt und in der mündlichen Verhandlung nochmals explizit ausgeführt, dass für das betreffende Baugebiet keine planungsrechtlichen Probleme aufgrund der geänderten Nutzung zu erwarten seien (vgl. § 246 Abs. 10 Satz 2 BauGB i.V.m § 36 BauGB).

Die Erteilung der streitgegenständlichen Befreiung durch die Beklagte ist auch nicht im Verhältnis zur Klägerin in ermessensfehlerhafter Weise erfolgt. In Übereinstimmung mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ist das Gericht der Auffassung, dass im Fall des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB im Regelfall eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt und damit ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Befreiung nach dieser Vorschrift besteht (BayVGH, B.v. 8.1.2016 - 1 CS 15.2687 - juris, Rn. 3; auch VGH BW, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - juris, Rn. 20). Dabei ist insbesondere auf das hohe öffentliche Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber abzustellen, zumal hier mit der erteilten Baugenehmigung auch keine Beeinträchtigungen der Klägerin oder der Betreiberfirma verbunden sind. Das Gericht hat auch keine Bedenken dagegen, dass die streitgegenständliche Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB hier unbefristet gewährt wurde. Mit der Befristung der Geltungsdauer der Regelung des § 246 Abs. 10 BauGB bis zum 31. Dezember 2019 war seitens des Gesetzgebers nicht beabsichtigt, nur befristete Befreiungen zu ermöglichen. Dies ergibt sich nunmehr sogar ausdrücklich aus der am 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Neufassung des § 246 BauGB, in dessen Absatz 17 es nunmehr lediglich klarstellend heißt, dass sich die Befristung bis zum 31. Dezember 2019 in den Absätzen 8 bis 16 nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann, bezieht.

Vor dem Hintergrund, dass vorliegend die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB vorlagen, scheidet eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs der Klägerin aus.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung erweist sich gegenüber der Klägerin auch nicht im Übrigen als rücksichtslos.

Nach allem ist die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 18. Dezember 2015 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 18. Januar 2017 nicht geeignet, die Klägerin in drittschützenden Vorschriften zu verletzen. Die Klage ist mithin unbegründet und war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren Unterlegene hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, die der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen für erstattungsfähig zu erklären, da die Beigeladene sich aufgrund eigener Antragstellung im Verfahren am Prozessrisiko beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Mai 2017 - AN 9 K 16.00105

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Mai 2017 - AN 9 K 16.00105

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Mai 2017 - AN 9 K 16.00105 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 8 Gewerbegebiete


(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder W

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 50 Planung


Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in B

Baugesetzbuch - BBauG | § 246 Sonderregelungen für einzelne Länder; Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte


(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen. (1a) Die Län

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Mai 2017 - AN 9 K 16.00105 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Mai 2017 - AN 9 K 16.00105 zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 23. Feb. 2017 - AN 9 K 16.00764

bei uns veröffentlicht am 23.02.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. 3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. März 2015 - 9 CE 14.2854

bei uns veröffentlicht am 31.03.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsteller haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Stre

Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Nov. 2015 - M 1 SN 15.4780

bei uns veröffentlicht am 30.11.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin wendet s

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. März 2015 - 1 ZB 14.2373

bei uns veröffentlicht am 05.03.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. III. Der Streitwert w

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Feb. 2015 - 15 B 14.1832

bei uns veröffentlicht am 06.02.2015

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Februar 2013 wird geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 29. August 2012 wird aufgehoben. II. Die Beklagte und die Beigeladenen tragen die Kosten des Verfahrens

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2016 - 1 CS 15.2687

bei uns veröffentlicht am 08.01.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2014 - 2 ZB 14.101

bei uns veröffentlicht am 26.02.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert wi

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2015 - 9 CE 15.1318

bei uns veröffentlicht am 21.08.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsteller haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Str

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 29. Juni 2016 - AN 9 K 15.01348

bei uns veröffentlicht am 29.06.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen. 3. Das Urteil ist in Ziffer 2) vorläufig vollstreckbar gegen Sich

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 11. März 2015 - 8 S 492/15

bei uns veröffentlicht am 11.03.2015

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Dez. 2012 - 4 C 11/11

bei uns veröffentlicht am 20.12.2012

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Zurückweisung eines Nachbarwiderspruchs gegen einen ihr erteilten Bauvorbescheid für ein großflächiges Gartencenter in der Nachbars

Referenzen

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Rechtsschutz gegen eine der Beigeladenen von der Stadt … erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Büroräumen zu Musikproberäumen.

Das Baugrundstück in der …straße …, FlNr. … der Gemarkung … in der Stadt … steht im Eigentum der Beigeladenen sowie von Herrn …, Herrn … und Frau … Es weist eine Grundfläche von 2.351 m² auf und ist in seinem nördlichen, an die … grenzenden Bereich mit einem fünfgeschossigen Bürogebäude mit Flachdach bebaut. Für das Grundstück finden sich in der Bauakte Bau- bzw. Tekturpläne für das Vorhaben „Verwaltungsgebäude Firma …“, die Genehmigungsstempel der Stadt … vom 28. Oktober 1975 und vom 25. Januar 1979 tragen. Östlich grenzt das Grundstück … … und …, FlNr. … der Gemarkung … an, welches sich im Eigentum der Klägerin befindet, über eine Grundfläche von 6.169 m² verfügt und mit einem nahezu die gesamte südliche Grundstückshälfte einnehmenden Gewerbegebäude bebaut ist, welches von der Firma … GmbH zur Herstellung und zum Vertrieb chemischer Stoffe genutzt wird. Neben den Fertigungsräumen wird das Gebäude in dem an das Grundstück der Beigeladenen grenzenden westlichen Grundstücksteil als Lagerhalle genutzt, dort befindet sich auch ein Tankraum. Nördlich zur … hin ist in einem Abstand von ca. 54 m zur Grenze des Beigeladenengrundstücks an das längliche Fertigungs- und Lagergebäude ein dreigeschossiges Bürogebäude angeschlossen. Beide Grundstücke befinden sich im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … der Stadt … vom 2. Juli 1971, der für den Bereich ein Gewerbegebiet (GE) festsetzt. Südlich der beiden Grundstücke befindet sich eine weitere Grundstücksreihe, und sodann verläuft dort etwa parallel zur … die … Südlich von ihr befinden sich Wohnhäuser, im Bebauungsplan ist dort ein allgemeines Wohngebiet (WA) festgesetzt.

Mit Bauantrag vom 4. August 2014, bei der Stadt … am 22. August 2014 eingegangen, beantragte die Beigeladene für ihr Grundstück FlNr. … die Erteilung der Baugenehmigung für das Vorhaben „Nutzungsänderung eines bestehenden Bürohauses in ein Gebäude mit Musik-Proberäumen“. An der Kubatur des Gebäudes soll nichts geändert werden, auch die Raumaufteilung im Inneren soll im Wesentlichen gleich bleiben. Aus der Betriebsbeschreibung vom 2. Oktober 2014 geht hervor, dass sich werktags zwischen 8:00 Uhr und 18:00 Uhr einzelne Musiker in den Räumen aufhalten sollen, um bzw. ab ca. 18:00 Uhr seien täglich maximal fünf bis sechs Bands tätig, Probenende sei in der Regel um 22:00 Uhr. Die Bands bestünden aus drei bis fünf Mitgliedern, die allerdings nicht immer vollzählig da seien. Viele der Bands seien wöchentlich nur an einem Tag anwesend, manche etwa zweimal in der Woche. So erkläre es sich, dass trotz der 50 Proberäume die Auslastung des Hauses sowie die Geräuschentwicklung als sehr moderat zu bezeichnen sei. Weiterhin bekämen Proberäume, die Richtung … zeigten, die Auflage, einen zusätzlichen Schallschutz an den Fenstern anzubringen. Im Bauantrag findet sich unter der Kategorie „Nachbarn“ die Angabe, dass die Klägerin die Bauzeichnungen und den Lageplan unterschrieben habe, derartige Unterschriften sind auf den Bauplänen und dem Lageplan selbst indes nicht zu finden.

Im Baugenehmigungsverfahren wurde auf Anforderung der Stadt … eine schalltechnische Untersuchung auf Grundlage der TA Lärm der … mbH vom 3. Dezember 2014 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird. Für die Immissionsorte IO 2 und IO 4 (beide …*) seien an den Messpunkten Taktmaximalpegel LAFTeq von 41 bis 45 dB(A) festgestellt worden. Nach Abzug der Umgebungsgeräusche könnten dem Probenbetrieb Pegel LAFTeq von 38 bis 41 dB(A) zugeordnet werden. Hinsichtlich der An- und Abfahrten der Pkw auf den Stellplätzen werde auf die in der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt aufgeführten Abstandskriterien verwiesen. Demnach sei bezüglich der Pkw-Abstellplätze ein Mindestabstand zur nächstgelegenen Wohnbebauung im allgemeinen Wohngebiet von nachts 28 m und tags 1 m einzuhalten. Mit einem Abstand der Stellplätze von 6 m zu den nächstgelegenen Gewerberäumen werde die entsprechende Anforderung in Gewerbegebieten zur Tag- und Nachtzeit ebenfalls eingehalten. Mit der Vermietung der Musikproberäume sei bei vollständiger Ausnutzung der Stellplätze tagsüber ein Verkehrsaufkommen von bis zu 84 Fahrzeugen und nachts maximal 42 Fahrzeugen verbunden. Aufgrund der geringen Fahrzeugzahl, rechnerisch fünf Pkw pro Stunde sei an den betrachteten Wohngebäuden keine Erhöhung des Beurteilungspegels um 3 dB(A) zu erwarten.

Mit Bescheid vom 10. März 2016, Az.: B2-2014-736, erteilte die Stadt … der Beigeladenen für das beantragte Vorhaben die Baugenehmigung unter folgenden Auflagen:

„5. Die Betriebszeit der Musikproberäume ist auf die Zeit zwischen 8:00 Uhr bis 23:00 Uhr zu begrenzen.

6. Fenster und Türen dürfen während lärmintensiver Nutzungen (Probebetrieb) zu Lüftungszwecken nicht geöffnet werden. Eine Lüftung der Proberäume ist nur in den Spielpausen zulässig.

7. Tieffrequente Geräusche (f < 90 Hz) sind immissionsseitig nicht zulässig. Können diese nicht vermieden werden, sind sie nach DIN 45680 zu ermitteln und zu beurteilen. Danach dürfen die im Beiblatt 1 genannten Anhaltswerte nicht überschritten werden.

8. Beim Auftreten … von Lärmbeschwerden bleiben weitere Auflagen zur Reduzierung der Einwirkungen auf die Nachbarschaft vorbehalten, zum Beispiel:

– Betriebszeitverkürzung auf die Tagzeit (8:00 Uhr bis 22:00 Uhr),

– Austausch der bestehenden Fenster durch Fenster, deren Dimensionierung den Spektrum-Anpassungswert Nr. 2 ctr nach DIN EN ISO 717-1 Akustik-Bewertung der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen - Teil 1: Luftschalldämmung - berücksichtigt.

– Raumakustische Maßnahmen in den Proberäumen…

10. Der Beurteilungspegel aller vom Betriebsgrundstück des Gebäudes mit Musikproberäumen ausgehender Geräusche darf nach TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort folgende Immissionsrichtwerte nicht überschreiten:

…, … - Gewerbegebiet: tags 59 dB(A), nachts 44 dB(A).

Der maßgebliche Immissionsort liegt 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten vom Geräusch am stärksten betroffenen Fensters schutzbedürftiger Räume… Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Baugenehmigung sei zu erteilen gewesen, da das Vorhaben bei Einhaltung der gestellten Auflagen keinen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu prüfenden Vorschriften widerspreche. Auch gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 BauNVO, welches erhebliche Immissionen im Sinne der § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verbiete, werde nicht verstoßen. Der Bescheid wurde der Klägerin ausweislich Postzustellungsurkunde, die sich in der Bauakte befindet, am 6. April 2016 zugestellt.

Gegen die Baugenehmigung hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 6. Mai 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2016 lässt sie zur Begründung vortragen, die Baugenehmigung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Bei dem geplanten Vorhaben handle es sich um eine kulturelle Einrichtung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Betriebsbeschreibung gehe hervor, dass sich in der Zeit von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr einzelne Musiker in den Räumen befänden und von ca. 18:00 Uhr an täglich eine Nutzung durch fünf bis sechs Bands erfolgen solle. Da insgesamt 50 Proberäume vorhanden seien, könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Auslastung steigern werde. Auch sei damit zu rechnen, dass bei den Proben Zuhörer anwesend sein würden, und die Proberäume damit konzertähnlichen Charakter bekämen. Dies sei vergleichbar mit Räumlichkeiten für musikalische Darbietungen, weswegen von einer kulturellen Einrichtung auszugehen sei. Damit sei das streitgegenständliche Vorhaben nicht allgemein, sondern nur ausnahmsweise gemäß § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig. Die Beklagte habe sich jedoch in ihrem Genehmigungsbescheid nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulassung vorlägen und habe keine Ermessensentscheidung getroffen. Im Wege der Ausnahme sei eine Zulassung des Vorhabens nicht möglich, da ihm das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit entgegenstehe. Die Musikschule störe nämlich aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise, die mit einer hohen Besucherfrequenz und Lärmbelästigung verbunden sei, den Gebietscharakter des Gewerbegebiets. Zudem sei das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Die Klägerin stelle auf ihrem Grundstück chemische Stoffe her, die zum Teil entzündlich bzw. hochentzündlich sowie ätzend oder anderweitig umweltgefährdend seien. Durch den erhöhten Publikumsverkehr der Musikschule müsse damit gerechnet werden, dass Personen das klägerische Grundstück unbefugt betreten würden. Das führe zu einer Gefährdungssituation und zwinge die Klägerin zur Durchführung kostspieliger Sicherheitsmaßnahmen. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin strengere Auflagen bezüglich des Brandschutzes auferlegt bekomme.

Die Klägerin beantragt,

Die der Firma …GbR, vertreten durch Herrn …, erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Büroräumen zu Musikproberäumen vom 10. März 2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung trägt sie mit Schriftsatz vom 15. August 2016 vor, die Baugenehmigung sei rechtmäßig. Das Bauvorhaben befinde sich im festgesetzten Gewerbegebiet, welches vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben diene. Dessen Gebietscharakter werde durch die Zulassung einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht infrage gestellt. Proberäume, von denen möglicherweise Störungen und Belästigungen ausgingen, seien in einem Gewerbegebiet gut aufgehoben. Überhaupt sei fraglich, ob man bei den genehmigten Proberäumen tatsächlich von einer Anlage für kulturelle Zwecke ausgehen könne. Da in dem Gebäude keine Musikveranstaltungen geplant seien, könne es sich auch um einen „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handeln. Die Büroräume auf dem Grundstück der Klägerin hätten unzumutbare Geräuschimmissionen wegen der verfügten Auflagen zum Lärmschutz nicht zu befürchten. Die Gefahr des unbefugten Betretens des klägerischen Grundstücks durch Besucher der Musikproberäume sei gering, ihr könne man durch Errichtung einer Einfriedung begegnen. Auch sei nicht erkennbar, inwiefern die Klägerin höhere Brandschutzauflagen befürchten müsse. Vorkehrungen für den Fall von Bränden müsse sie bereits zum Schutz der eigenen Mitarbeiter und der anliegenden Gewerbetreibenden treffen.

Die Beigeladene beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens wurde der Klägerin von der Stadt … aufgegeben, ein Sachverständigengutachten zu notwendigen Abständen zwischen Betriebsbereichen nach der zwölften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung (Umsetzung von § 50 BImSchG) erstellen zu lassen. Der Bericht des TÜV Süd Industrie Service über mögliche Einwirkungen von Störfällen im Hinblick auf die Bauleitplanung vom 12. Dezember 2016 kommt zu dem Ergebnis, dass nach den im Leitfaden KAS-18 gemachten Anforderungen für den klägerischen Betrieb nach der Störfallverordnung ein Sicherheitsabstand zu schutzwürdigen Objekten von 57 m erforderlich sei. Damit seien ausreichende Abstände zwischen der untersuchten Anlage und der benachbarten Bebauung vorhanden. Innerhalb einer Entfernung von 57 m befänden sich keine Schutzobjekte, die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienten. Auf einem beigefügten Lageplan ist zu erkennen, dass das streitgegenständliche Grundstück der Beigeladenen mit seinem östlichen Teil zur knappen Hälfte im 57 m-Radius ausgehend von einem im klägerischen Betriebsgebäude eingezeichneten Tankraum liegt.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 20. Februar 2017 trägt die Beigeladene vor, die Musikproberäume seien für öffentliche Musikaufführungen viel zu klein, solche würden entsprechend der Betriebsbeschreibung auch nicht stattfinden. Das Gebäude werde auch nicht als Musikschule genutzt, lediglich in zwei Räumen gebe ein Musiker derzeit gelegentlich Einzelunterricht. Zu Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärmbelästigungen sei es seit Aufnahme der Nutzung nicht gekommen. Bei der gegenwärtigen Nutzung hielten sich während der Geschäftszeiten weniger Personen im Gebäude der Beigeladenen auf als bei der vormaligen Büronutzung. Was eine Gefährdung der Musiker durch den klägerischen Betrieb anbelange, ergebe die Argumentation der Klägerin keinen Sinn. Es mache keinen Unterschied, ob sich Musiker oder Büroangestellte im Nachbargebäude aufhielten. Wenn von ihrem Betrieb tatsächlich Gefahren für Leib und Leben ausgingen, müsse die Klägerin unverzüglich geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese Gefahren zu unterbinden. Außerdem sei der vom TÜV ermittelte Sicherheitsabstand nur bei Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden sowie wichtigen Verkehrswegen zu beachten, das Grundstück der Beigeladenen falle nicht in diese Kategorien.

In der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2017 übergab der Beklagtenvertreter dem Gericht ergänzend zu dem Gutachten vom 3. Dezember 2014 eine schalltechnische Untersuchung der … mbH vom 21. Februar 2017, welches für den Immissionsort IO 6 (am obersten Geschoss der Westfassade des Büroanbaus auf dem klägerischen Grundstück) Beurteilungspegel von tagsüber 45 dB(A) und nachts 43 dB(A) berechnet. Ein Zuschlag für informationshaltige Geräusche sei berücksichtigt worden. Die Beteiligten stellten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Behördenakten und der Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die mit der Klage angegriffene Baugenehmigung der Stadt … vom 10. März 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO darf die Baugenehmigung nur versagt werden, wenn das zur Genehmigung gestellte Vorhaben gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Der Nachbar hingegen kann die Baugenehmigung mit dem Ziel der Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn sie rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die nicht nur im Interesse der Allgemeinheit erlassen sind, sondern gerade dem Schutz eines von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreises, namentlich des betroffenen Nachbarn zu dienen bestimmt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das ist der Fall, wenn er in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 - 4 C 5.87; BVerwGE 89, 69; BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017, m.w.N. - juris). Hinzu kommt, dass ein Verstoß gegen eine solche Vorschrift nur dann in Betracht kommt, wenn die Baugenehmigung hierzu auch Feststellungen trifft (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris, Rn. 22). Dies ist davon abhängig, ob die entsprechende Vorschrift im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen war. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung ist darauf beschränkt, ob durch die angegriffene Baugenehmigung Vorschriften verletzt sind, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, und die zum Prüfungsmaßstab der Baugenehmigung gehören.

Ein solcher Verstoß ist nicht gegeben.

1.1 Einschlägig ist im vorliegenden Fall das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO, da es sich bei dem genehmigten Vorhaben um keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt. Zum Prüfungsmaßstab der Baugenehmigung zählen daher gemäß Art. 59 BayBO im Wesentlichen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, die Regelungen örtlicher Bauvorschriften und beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO.

1.2 Ein Gebietserhaltungsanspruch, der grundsätzlich unabhängig von einer individuellen Betroffenheit dem Nachbarn desselben Plangebiets die Möglichkeit einräumt, das Eindringen gebietsfremder Nutzungen abzuwehren, steht der Klägerin nicht zur Seite. Gegen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art der baulichen Nutzung bestehen nämlich keine durchgreifenden Bedenken. Der maßgebliche Bebauungsplan Nr. … der Stadt … vom 2. Juli 1971 setzt für das Gebiet, in dem sich das klägerische Grundstück FlNr. … und das Grundstück der Beigeladenen FlNr. … befinden, ein Gewerbegebiet fest. Die Zulässigkeit nach der Art der baulichen Nutzung richtet sich dementsprechend nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung in der Fassung vom 26. November 1968 (BGBl. I S. 1238, ber. 1969 I S. 11; BGBl. III 213-1-2). Als nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb ist das streitgegenständliche Vorhaben hier gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1968 allgemein zulässig. Für diese Einordnung spricht aus Sicht des Gerichts insbesondere, dass laut der der Baugenehmigung zu Grunde liegenden Betriebsbeschreibung keine künstlerischen Vorführungen oder Darbietungen vor Publikum geplant und somit auch nicht genehmigt sind, sondern offensichtlich die gewerbliche Vermietung der Räume an Musiker und damit die Gewinnerzielungsabsicht für die Beigeladene im Vordergrund steht. Der Klägerin stünde indes auch dann kein Gebietserhaltungsanspruch gegen das Vorhaben zu, wenn es als Anlage für kulturelle Zwecke einzustufen wäre. Dessen Zulassung steht zwar grundsätzlich gemäß § 31 Abs. 1 BauGB im Ermessen der Behörde, die Abwehrmöglichkeiten des Nachbarn beschränken sich aber auf die Erhaltung des Gebietscharakters. Die grundsätzliche Zulassungsmöglichkeit von Ausnahmen entsprach bereits der Abwägungsentscheidung des Satzungsgebers - der Stadt … - bei Aufstellung des Bebauungsplans Nr. … Durch die allgemeine Festsetzung eines Gewerbegebiets wurde gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1968 der gesamte Regelungskomplex des § 8 BauNVO 1968 Bestandteil des Bebauungsplans, also nicht nur die allgemein, sondern auch die ausnahmsweise zulässigen Nutzungen. Dementsprechend muss sich die Klägerin auf die Erteilung von Ausnahmen grundsätzlich einstellen (vgl. Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, EL 116, § 31, Rn. 27). Wenn der Ausnahmetatbestand erfüllt ist, dann ist auch die Zulassung im Grundsatz möglich. Eine Grenze bildet das Regel-Ausnahme-Prinzip, das im Baugebiet gewahrt bleiben muss. Auch kann ein Vorhaben im Einzelfall nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1968 unzulässig sein, wenn es nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Eigenart eines jeden Baugebiets nicht nur durch die allgemein zulässigen, sondern in bestimmtem Rahmen auch durch die ausnahmsweise zulassungsfähigen Anlagen bestimmt wird (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2008 - 4 B 60.07). Nach diesem Maßstab bestehen gegen das Vorhaben

– auch wenn man seine Einstufung als Anlage für kulturelle Zwecke unterstellt - keine Bedenken. Das Vorhaben ordnet sich sowohl nach Größe als auch nach Betriebsumfang so deutlich unter, dass durch seine Zulassung die Eigenart des Gewerbegebiets als Raum für nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe aller Art nicht infrage gestellt wird. Auch sind neben ihm - soweit ersichtlich - keine weiteren ausnahmsweise zulässigen Nutzungen vorhanden, sodass ein „Kippen“ des Gebietscharakters auszuschließen ist.

1.3 Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf das baurechtliche Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung berufen. Für Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans gemäß § 30 Abs. 1 BauGB findet das Rücksichtnahmegebot über § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO Eingang in die Zulässigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 5.8.1983 - 4 C 96.79). Danach ist eine bauliche Anlage im Einzelfall unzulässig, wenn von ihr Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt wird. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung, die die jeweiligen Umstände des Einzelfalls berücksichtigen muss, ist ausschlaggebend, was dem Rücksichtnahmeberechtigten, aber auch, was dem zur Rücksichtnahme Verpflichteten in der jeweiligen Grundstückssituation zumutbar ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden, je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht der Bauherr Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - juris, Rdnr. 22).

1.3.1 Was die von dem Vorhaben ausgehenden Lärmemissionen anbelangt, so können zur Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze die Wertungen und Begriffsbestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) und die Richtwerte der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BImSchG (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm), die dessen unbestimmte Rechtsbegriffe konkretisieren (vgl. Ebd.; BayVGH, B.v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris, Rn. 29), herangezogen werden. Hält der Emittent die dort genannten Grenzwerte ein, bei denen davon auszugehen ist, dass sie im Grundsatz dem entsprechen, was in dem jeweiligen Gebiet entsprechend seiner Zweckbestimmung vom Durchschnittsbürger als zumutbar angesehen wird, kann demnach auch keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots angenommen werden (vgl. BVerwG, U.v. 30.9.1983 - 4 C 74.78; BayVGH, B.v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305).

Hiernach bestehen gegen das genehmigte Vorhaben keine Bedenken. Die Stadt … hat den Immissionsort korrekt festgelegt und ist in nicht zu beanstandender Weise von den für das Gewerbegebiet maßgeblichen Immissionsrichtwerten von tagsüber 65 dB(A) und nachts 50 dB(A) ausgegangen. Durch das Abziehen von jeweils 6 dB(A) wurde der Vorbelastung durch die ringsum liegenden anderen Gewerbebetriebe nach Ziffer 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm Rechnung getragen. Dementsprechend enthält Ziffer 10 der Auflagen zur Baugenehmigung die Verpflichtung, gegenüber dem klägerischen Anwesen Immissionsrichtwerte von tagsüber 59 dB(A) und nachts 44 dB(A) einzuhalten. Das Gericht ist auch - insbesondere auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten ergänzenden Schallschutzgutachtens vom 21. Februar 2017 - davon überzeugt, dass diese Werte bei regelmäßigem Betrieb des streitgegenständlichen Vorhabens realistischerweise eingehalten werden können. Das genannte Gutachten kommt zu dem - von der Klägerin nicht angegriffenen - Ergebnis, dass am Immissionsort IO 6 auf dem klägerischen Grundstück tagsüber ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) und nachts von 43 dB(A) nicht überschritten wird. Darüber hinaus hat die Stadt … sich in Ziffer 8 der Auflagen zur Baugenehmigung für den Fall von Lärmbeschwerden den Erlass weiterer Auflagen zur Verbesserung des Lärmschutzes vorbehalten, etwa eine Betriebszeitenverkürzung auf die Tagzeit oder den Einbau von Schallschutzfenstern. Die dauerhafte Einhaltung der Lärmgrenzwerte - auch bei einer zukünftigen stärkeren Auslastung der Proberäume - erscheint daher realistisch. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist insoweit nicht gegeben.

1.3.2 Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Klägerin durch die Zulassung der Musikproberäume auf dem Grundstück der Beigeladenen für ihren eigenen Betrieb mit strengeren Auflagen und Anforderungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz oder der zwölften Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) rechnen müsste. Zwar ist im Falle von heranrückender Wohnbebauung anerkannt, dass sich ein Gewerbebetrieb in gewissem Umfang gegen sie zur Wehr setzen kann, wenn er ihr gegenüber seinerseits zu einer solchen Rücksichtnahme verpflichtet wäre, dass hierdurch der Bestand und die Entwicklungsmöglichkeiten seines Betriebs über das zumutbare Maß eingeschränkt würden (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2014 - 15 ZB 13.1167; B.v. 4.8.2008 - 1 CS 07.2770 - BayVBl. 2009, 208 (209)). Hier ist schon problematisch, dass die Klägerin den Abwehranspruch gegen eine andere gewerbliche und damit im Gewerbegebiet allgemein zulässige Nutzung geltend machen will. Ob dies grundsätzlich möglich ist, bedarf aber keiner Entscheidung. Ein Verstoß gegen das Rücksichtsnahmegebot liegt jedenfalls in der Regel dann nicht vor, wenn ein neues Vorhaben für den bestehenden Betrieb keine weiteren Einschränkungen zur Folge haben wird (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2014 - 15 ZB 13.1167) . Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Der klägerische Betrieb ist nach Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig und unterfällt nach den Angaben des Klägervertreters und des Gutachtens des TÜV Süd Industrie Service vom 12. Dezember 2016 der Störfallverordnung. Zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen hat die Klägerin daher grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG die Pflicht, ihren Betrieb dem Stand der Technik entsprechend zu betreiben. Darüber hinaus verpflichtet sie die Störfallverordnung, die nach Art und Ausmaß der möglichen Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle zu verhindern, sowie vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkung eines Störfalls, sollte er eintreten, so gering wie möglich zu halten. Ein Mittel dieser Schadensminimierung ist die Einhaltung von Achtungs- bzw. Sicherheitsabständen zur Umgebung. So fordert Art. 13 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 (Seveso-III Richtlinie) die Einhaltung angemessener Sicherheitsabstände zu Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, Erholungsgebieten und - soweit möglich - Hauptverkehrswegen. In Deutschland werden diese Vorgaben im Wesentlichen durch das Immissionsschutzrecht (vgl. § 50 BImSchG mit einer ähnlichen Bezeichnung der Schutzobjekte) und das Bauplanungsrecht umgesetzt. In dem TÜV-Gutachten wurde auf Grundlage des Leitfadens KAS-18 ein von dem auf dem klägerischen Grundstück befindlichen Tankraum ausgehender Sicherheitsabstand von 57 m als angemessen angesehen. Das Gebäude mit den Musikproberäumen befindet sich etwa zur knappen Hälfte innerhalb dieses Radius. Allerdings handelt es sich bei den Musikproberäumen nicht um ein schutzbedürftiges Objekt, namentlich ein öffentlich genutztes Gebäude. Ein solches könnte nur angenommen werden, wenn das Gebäude selbst oder die ihm zugeordneten Flächen in besonderem Maße von einem größeren Teil der Öffentlichkeit genutzt werden könnten bzw. wenn ein allgemeiner Publikumsverkehr (wie etwa bei einem Verwaltungsgebäude) vorhanden wäre und deshalb - unter dem Gesichtspunkt des Störfallschutzes - ein erhöhtes Gefährdungspotenzial bestünde (vgl. OVG Münster, U.v. 3.9.2009 - 10 D 121/07.NE, NuR 2009, 801 (810); Landmann/Rohmer, Umweltrecht BImSchG, EL 81, § 50, Rn. 113). Davon kann bei dem streitgegenständlichen Vorhaben gerade nicht ausgegangen werden. Da laut Betriebsbeschreibung gerade keine künstlerischen Vorführungen oder Darbietungen geplant und daher auch nicht genehmigt sind, ist auch nicht mit allgemeinem Publikumsverkehr und einem freien Zugang für die Öffentlichkeit zu rechnen, sondern lediglich mit einer Benutzung durch die Musiker und Bands, die die jeweiligen Räume angemietet haben. Auch eine Nutzung als Musikschule ist (ungeachtet der Frage, ob dies eine höhere Schutzbedürftigkeit zur Folge hätte) nicht Gegenstand der Baugenehmigung. Zum anderen ist ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verneinen, weil die nunmehr genehmigte Nutzung als Musikproberäume nicht sensibler und damit schutzbedürftiger ist als die bislang genehmigte. Aus den in der Bauakte befindlichen Bauplänen, die die Genehmigungsstempel der Bauordnungsbehörde der Stadt … vom 28. Oktober 1975 und vom 25. Januar 1979 tragen, geht hervor, dass in dem Gebäude nicht nur Büronutzung, sondern in einem Teil des dritten Obergeschosses und im gesamten Dachaufbau auch Wohnnutzung mit Aufenthaltsräumen zu beiden Seiten des Gebäudes genehmigt war. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Nutzung der Klägerin höhere Rücksichtnahmepflichten auferlegt und sie allein durch die Umnutzung mit strengeren Auflagen rechnen muss. Was die Beeinträchtigung von etwaigen zukünftigen Erweiterungsabsichten der Klägerin anbelangt, so wurden solche nicht substantiiert vorgetragen vgl. zum Substantiierungserfordernis BVerwG, B.v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 - juris, Rn. 7; NVwZ-RR 2001, 82, m.w.N.).

Unerheblich für das hier zu prüfende Gebot der Rücksichtnahme zwischen Klägerin und Beigeladener ist die Besorgnis der Klägerin, dass sich in der Zukunft die gesetzlichen Vorgaben verschärfen und der einzuhaltende Stand der Technik erhöhen könnten.

1.3.3 Zu der von der Klägerin vorgetragenen Befürchtung, nach der Nutzungsänderung auf dem Grundstück der Beigeladenen mit höheren Brandschutzauflagen konfrontiert zu werden, gilt das zu Ziffer 1.3.2 Gesagte. Auch das von ihr erwartete unbefugte Betreten ihres Grundstücks durch Benutzer der Musikproberäume begründet keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es ist grundsätzlich Sache der Klägerin, ihr Gelände vor unbefugtem Zutritt durch Dritte zu schützen, gegebenenfalls hat sie es entsprechend einzufrieden.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene sich durch Stellung eines Antrags gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass die Klägerin nach § 162 Abs. 3 VwGO auch deren außergerichtliche Kosten zu tragen hat.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708, 711 ZPO.

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung keine drittschützenden Vorschriften verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger kann als Nachbar die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz dienen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit wird oder von nicht drittschützenden Festsetzungen. Weicht ein Bauvorhaben von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans ab, so hat der Dritte einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB (vgl. grundlegend BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 - NVwZ-RR 1999, 8). Bei einer Befreiung von nicht drittschützenden Festsetzungen kann der Nachbar lediglich eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme geltend machen. Alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung dann zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 - NVwZ-RR 1999, 8).

Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerwG, B. v. 23.6.1995 - 4 B 52/95 - NVwZ-RR 1996, 170; BayVGH, B. v. 31.3.2005 - 2 ZB 04.2673 - juris), dass den Festsetzungen eines Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion zukommt, sondern vielmehr im Einzelfall zu ermitteln ist, ob sie nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen oder ausnahmsweise (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinn eines Austauschverhältnisses dienen sollen.

Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen hinsichtlich der hier erteilten Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans keine Bedenken, da keine der Festsetzungen im konkreten Fall nachbarschützende Wirkung entfaltet. Hierzu enthält die Begründung des Zulassungsantrags auch keine Ausführungen.

a) Erteilt wurde eine Befreiung von der Festsetzung A) 10.1 „Dachform im nördlichen Teil des Planes zwischen F.- und T-straße für die Atrium-Häuser Flachdach mit Innenentwässerung“. Diese Festsetzung steht bereits unter dem Titel „Äußere Gestaltung“. Der Feststellung des Erstgerichts, dass diese Festsetzung für sich gesehen lediglich gestalterischen Charakter hat, ist der Kläger in seiner Begründung des Berufungszulassungsantrags nicht substantiiert entgegen getreten. Vielmehr beruft er sich insoweit lediglich darauf, dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 2 BayBO (wohl nach Art. 63 Abs. 1 BayBO) hätte erteilt werden müssen und dass das nunmehr genehmigte 18° geneigte Walmdach seinen Gebietsgewährleistungsanspruch verletze. Die Wahl der falschen Rechtsgrundlage ist hier jedoch nachbarrechtlich nicht relevant, da insoweit bei einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO eine Nachbarrechtsverletzung ebenfalls nur in Betracht kommt, wenn von einer nachbarschützenden Festsetzung abgewichen werden soll (vgl. BayVGH, U. v. 16.7.1999 - 2 B 96.1048 - BayVBl. 2000, 532), was hier gerade nicht der Fall ist.

Hinsichtlich des Carports sowie des Wintergartens erfolgten Befreiungen bezüglich der überbaubaren Fläche (A) 5.), da der Carport nach Osten die dort festgesetzte Baulinie und der Wintergarten nach Süden die dort festgesetzte Baugrenze überschreitet. Allenfalls der Baulinie nach Norden, welche die Grenzbebauung für die Atriumbauweise festsetzt, könnte eine nachbarschützende Wirkung zukommen. Diese wird aber nicht überschritten, so dass insoweit auch keine Befreiung erfolgte. Im Übrigen fehlt zu diesen Befreiungen jeglicher Vortrag des Klägers in der Begründung seines Berufungszulassungsantrags.

Die Festsetzung A) 4.3 von „0,6 als maximale Grund- und Geschoßflächenzahl für die eingeschossigen Atriumhäuser (§ 17 Abs. 2 BauNVO)“ ist per se nicht nachbarschützend (vgl. BVerwG, B. v. 20.9.1984 - 4 B 202/84 - NVwZ 1985, 748). Abgesehen davon wurde eine Befreiung von dieser Festsetzung in der Baugenehmigung vom 19. September 2013 nicht erteilt.

Da im Ergebnis lediglich von nicht nachbarschützenden Festsetzungen Befreiungen erteilt wurden, kommt es auf alle übrigen denkbaren Fehler, die von Klägerseite vorgetragen wurden, wie Fehlen einer Atypik und Berührung der Grundzüge der Planung, nicht entscheidungserheblich an, weil diese Fehler, sollten sie denn vorliegen, die Rechte des Klägers nicht berühren würden (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 - NVwZ-RR 1999, 8).

b) Auch ein möglicher Gebietsbewahrungs- bzw. Gebietserhaltungsanspruch des Klägers ist nicht verletzt. Dieser wurde als neues Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet (vgl. BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - BVerwGE 94, 151) und zunächst aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB hergeleitet, später dann direkt aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - BVerwGE 101, 364; BayVGH, B. v. 26.5.2008 - 1 CS 08.881/882 - BauR 2008, 1556; U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211 - BayVBl. 2013, 51; Stühler, BauR 2011, 1576/1577). Der Gebietserhaltungsanspruch gewährt dem Eigentümer eines Grundstücks hinsichtlich der durch einen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung eines Bauvorhabens im Plangebiet, das von der zulässigen Nutzungsart abweicht und zwar unabhängig davon, ob die zugelassene gebietswidrige Nutzung den Nachbarn selbst unzumutbar beeinträchtigt oder nicht (vgl. Stühler, BauR 2011, 1576/1577; Decker, JA 2007, 55/56). Denn die Festsetzungen von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet (vgl. BVerwG, BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - BVerwGE 94, 151; U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - BVerwGE 101, 364; B. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - BayVBl. 2008, 583; BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211 - BayVBl. 2013). Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, U. v. 11.5.1989 - 4 C 1/88 - BVerwGE 82, 61; B. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - BayVBl. 2008, 583). Anwendungsfall im Bauplanungsrecht für diesen Grundsatz sind die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Durch sie werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind (vgl. BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - BVerwGE 94, 151; B. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - BayVBl. 2008, 583). Im Rahmen dieses nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können. Hinsichtlich der Frage, ob auch Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung im Rahmen des Gebietserhaltungsanspruchs Relevanz besitzen können, hat sich das Bundesverwaltungsgericht (vgl. B. v. 23.6.1995 - 4 B 52/95 - NVwZ 1996, 170) klar geäußert. Zwar gilt auch insoweit, dass der Nachbarschutz auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses beruht. Der Grundstückseigentümer kann deshalb grundsätzlich die Beachtung öffentlich-rechtlicher Beschränkungen auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen, weil und soweit er selbst in der Ausnutzung seines Grundstücks solchen Beschränkungen unterworfen ist. Allerdings werden die Planbetroffenen durch die Maßfestsetzungen eines Bebauungsplans nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in der gleichen Weise zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ verbunden, wie das für die Festsetzungen der Art der Nutzung angenommen wird. Das spielt vor allem für die Frage eine Rolle, ob der Nachbarschutz eine spürbare Beeinträchtigung im Einzelfall voraussetzt. Dies hat das Bundesverwaltungsgerichts bei der Anerkennung des Gebietserhaltungsanspruchs im Fall einer baugebietswidrigen Nutzungsart verneint, weil durch das baugebietswidrige Vorhaben, das zwar für sich gesehen noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führen mag, gleichwohl typischerweise eine „schleichende“ Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird. Mit dieser Situation sind jedoch Abweichungen von den Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung nicht vergleichbar, weil diese in der Regel den Gebietscharakter unberührt lassen und nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke haben. Zum Schutz des Nachbarn ist daher das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme des § 31 Abs. 2 BauGB ausreichend, das eine Abwägung der nachbarlichen Interessen ermöglicht und den Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen schützt. Eine einzelne Literaturmeinung (vgl. Wolf NVwZ 2013, 247/250), welche davon ausgeht, dass erst die Gesamtheit der Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung den Charakter eines geschützten Baugebiets schafft, setzt sich hingegen nicht damit auseinander, dass das Maß der baulichen Nutzung lediglich das Baugrundstück und die unmittelbar angrenzenden Grundstücke betrifft. In aller Regel setzt ein Bebauungsplan die Art der baulichen Nutzung für einen größeren Bereich des Plangebiets einheitlich fest, wohingegen das Maß der baulichen Nutzung kleinräumig variieren kann, wie es auch im vorliegenden Bebauungsplan der Fall ist, welcher hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung im Norden eingeschossige Atriumhäuser und im Süden zweigeschossige Reihenhäuser, hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung das ganze, vergleichsweise kleine Baugebiet jedoch als reines Wohngebiet festsetzt. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Gebietserhaltungsanspruch um ein von der Rechtsprechung entwickeltes Instrument zur Abwehr von Unbilligkeiten, welches nicht beliebig ausgeweitet werden kann und soll.

Im vorliegenden Fall bemüht der Kläger zudem im Wesentlichen die Festsetzung hinsichtlich des Flachdachs zur Begründung eines Gebietserhaltungsanspruchs. Insoweit handelt es sich um eine gestalterische Festsetzung und nicht um eine Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung, was der Kläger selbst vorträgt. Dies mag den architektonischen Charakter dieser Häusergruppe prägen, auf dessen Erhalt der Kläger jedoch keinen Anspruch hat. Eine Ausdehnung des Gebietserhaltungsanspruchs auf gestalterische Festsetzungen eines Bebauungsplans fordert selbst die vom Kläger vorgetragene Literaturmeinung nicht. Insoweit ist zudem nicht erkennbar, wie die Nutzungsmöglichkeiten des klägerischen Grundstücks durch diese Festsetzung eingeschränkt werden sollten. Für den Charakter von Atrium- oder Gartenhäusern ist zudem die Dachform eines Flachdachs nicht zwingend und damit nicht allgemein prägend. Auch andere Dachformen sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich möglich. Darüber hinaus lässt sich dem Bebauungsplan entnehmen, dass zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits sechs der acht Atriumhäuser errichtet und als Bestand im Planteil eingezeichnet waren. Lediglich die Grundstücke FlNrn. 1827/9 und 1827/21 sind noch als unbebaut dargestellt. Ebenso war der südliche Reihenhausbereich bereits vollständig bebaut. Im Übrigen wirken sich auch gestalterische Festsetzungen in der Regel ebenso wie die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nur auf die unmittelbare Umgebung eines Baugrundstücks aus. Dies zeigt auch der hier maßgebliche Bebauungsplan, der Flachdächer lediglich für die nördlichen Atriumhäuser, für die südlichen Reihenhausgruppen jedoch ein Satteldach mit einer maximalen Dachneigung von 40° und einer einheitlichen Farbgebung in rotbraun oder anthrazit innerhalb des einheitlichen reinen Wohngebiets festsetzt. Eine Ausdehnung des Gebietserhaltungsanspruchs auch auf Festsetzungen, welche nur für Teilbereiche eines Baugebiets mit gleicher Art der baulichen Nutzung gelten, würde zudem die Abgrenzung der einzelnen Gebiete voneinander deutlich erschweren und zu teils sehr kleinteiligen Gebieten führen, da gestalterische Festsetzungen und Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung innerhalb eines Baugebiets stark variieren können. Dagegen wird die Art der baulichen Nutzung grundsätzlich für einen größeren Bereich festgesetzt und die Grenzen sind klar im Plan selbst z. B. durch entsprechende Planzeichen (sog. Knödellinie) klar definiert.

c) Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ist ebenso wenig gegeben. Auch hierzu fehlen substantiierte Ausführungen des Klägers in seiner Begründung des Zulassungsantrags. Das eingeholte Verschattungsgutachten (vgl. Bl. 36 der Bauakte) zeigt, dass eine zusätzliche geringfügige Verschattung des klägerischen Grundstücks durch das Walmdach mit einer Dachneigung von 18° lediglich in der Mittagszeit an einigen Tagen im Dezember zu erwarten ist. Eine solche geringfügige zusätzliche Verschattung stellt jedoch keine unzumutbare Beeinträchtigung dar. Der Wintergarten wird im Süden des Baugrundstücks - außerhalb des Bauraums - errichtet. Dies tangiert den Kläger jedoch ebenfalls nicht, da es sich um die von seinem Grundstück abgewandte Gebäudeseite handelt. Der Carport wird an die Ostfassade des Gebäudes der Beigeladenen, unmittelbar an die Grenze zum klägerischen Grundstück angebaut, jedoch lediglich in einer Tiefe von 3 m. Durch die versetzt gebauten Baukörper wird der Carport teilweise durch das Gebäude des Klägers verdeckt und betrifft ansonsten den Vorgarten. Aufgrund der offenen Bauweise eines Carports ist auch insoweit nicht von einer unzumutbaren Beeinträchtigung auszugehen.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d. h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigenden Schwierigkeiten und es handelt sich auch nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird (vgl. BayVGH, B. v. 12.4.2000 - 23 ZB 00.643 - juris). Vielmehr ist der Rechtsstreit im tatsächlichen Bereich überschaubar und die entscheidungserheblichen Fragen sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Im Übrigen wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1. verwiesen.

3. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob über den anerkannten Fall des Gebietserhaltungsanspruchs hinaus ein solcher Anspruch auch bei Verfremdung eines Gebietscharakters durch andere Abweichungen von wesentlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans anerkannt werden muss. Dabei beruft sich der Kläger auf eine Literaturmeinung (vgl. Wolf NVwZ 2013, 247/250). Nach dieser Auffassung soll der abstrakt-generelle Gebietserhaltungsanspruch auf die Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung ausgedehnt werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. B. v. 23.6.1995 - 4 B 52/95 - NVwZ 1996, 170) jedoch ausdrücklich abgelehnt und festgestellt, dass Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung in aller Regel den Gebietscharakter unberührt lassen und nur Auswirkungen auf das Baugrundstück selbst und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke haben. Daher seien die Planbetroffenen gerade nicht in gleicher Weise einer „Schicksalsgemeinschaft“ unterworfen wie bei den Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung. Zum Schutz des Nachbarn ist deshalb hier das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme aus § 31 Abs. 2 BauGB ausreichend, welches eine Abwägung der nachbarlichen Interessen ermöglicht und den Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen schützt. Der Kläger will den Gebietserhaltungsanspruch nun auch auf rein gestalterische Festsetzungen wie die Dachform ausdehnen. Eine vereinzelte Literaturmeinung begründet zum einen nicht erneut die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage, die bereits durch das Bundesverwaltungsgericht entschieden ist (vgl. auch die Ausführungen unter Ziffer 1.). Zum anderen beschränkt sich die Literaturmeinung auf die Erweiterung des Gebietserhaltungsanspruchs auf Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, fordert aber nicht auch die Einbeziehung von gestalterischen Festsetzungen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Im Berufungszulassungsverfahren sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nicht aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei aufzuerlegen (vgl. BayVGH, B. v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl. 2002, 378). Ein Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Im Übrigen haben die Beigeladenen keinen Antrag gestellt.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg‚ weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die angefochtene Baugenehmigung widerspricht dem Bebauungsplan „E.“ der Beigeladenen zu 2. und verletzt deshalb den Kläger in seinem Anspruch auf Gebietserhaltung. Daran ändert auch die Befreiung nichts, die auf die seit dem 26. November 2014 geänderte Rechtslage durch das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 (BGBl. I 2014 S.1748) gestützt worden ist.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts schließt der Bebauungsplan in seinen textlichen Festsetzungen bereits die Einrichtung von Anlagen für soziale Zwecke und damit auch die Unterbringung von Asylbegehrenden aus. Dabei geht der Senat mit der herrschenden Meinung (BVerwG‚ B. v. 4.6.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998‚ 173; VGH BW‚ B. v. 14.3.2013 - 8 S 2504/12 - juris Rn. 13; BayVGH‚ U. v. 13.9.2012 - 2 B 12.109 - juris Rn. 25; B. v. 29.1.2014 - 2 ZB 13.678 - juris Rn. 5) davon aus‚ dass eine Unterkunft für Asylbegehrende keine - im Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO von vornherein unzulässige - Wohnanlage im bauplanungsrechtlichen Sinn darstellt‚ sondern eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter. Diese Auffassung findet ihre Rechtfertigung insbesondere darin‚ dass der Aufenthalt von Asylbegehrenden in solchen Unterkünften nicht freiwillig ist‚ sondern auf einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörde beruht‚ auf die der Asylbegehrende keine Einflussmöglichkeiten hat (s. § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG; Art. 4 Abs. 1 AufnG). Zudem sind Asylbegehrende von den Entscheidungen der Verwaltung der Unterkunft - z. B. im Hinblick auf die Raumbelegung - abhängig‚ so dass von einer - wie das Bundesverwaltungsgericht fordert (B. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - ZfBR 1996‚ 228) - Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises nicht die Rede sein kann. Die sich im Allgemeinen daran anschließende Frage, ob die Unterbringung von Asylbegehrenden als wohnähnliche Nutzung dem Gebietscharakter eines Gewerbegebiets widerspricht, kann hier dahingestellt bleiben‚ weil der Bebauungsplan generell Anlagen für soziale Zwecke ausschließt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die Festsetzungen unter A 2. des Bebauungsplans nicht widersprüchlich und damit auch nicht unwirksam. Den Festsetzungen des Bebauungsplans ist eine abschließende Regelung zu entnehmen‚ welche Nutzungen ausnahmsweise zulässig bzw. ausgeschlossen sind. So werden die gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 7 und § 8 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO im Misch- und Gewerbegebiet allgemein zulässigen Tankstellen sowie die nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO im Mischgebiet teils allgemein, teils ausnahmsweise und nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten in allen drei festgesetzten Gebieten (Gewerbegebiet‚ eingeschränktes Gewerbegebiet und Mischgebiet) generell ausgeschlossen. Ausnahmsweise für zulässig erklärt werden im Gewerbegebiet und im eingeschränkten Gewerbegebiet unter Übernahme des Wortlauts des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sowie -allerdings beschränkt auf das eingeschränkte Gewerbegebiet - Anlagen für kirchliche Zwecke. Mit der zuletzt genannten Regelung bringt der vorliegende Bebauungsplan zum Ausdruck, dass nur solche Nutzungsarten ausnahmsweise zugelassen werden können, die in den Festsetzungen positiv aufgeführt sind. Hätte die Beigeladene zu 2. entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO die Regelung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO insgesamt zum Gegenstand der Festsetzungen im Gewerbegebiet machen wollen‚ hätte keine Veranlassung bestanden‚ Wohnungen im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in den beiden Gewerbegebieten und Anlagen für kirchliche Zwecke im eingeschränkten Gewerbegebiet ausdrücklich für ausnahmsweise zulässig zu erklären. Dass der Bebauungsplan Vergnügungsstätten ausdrücklich ausgeschlossen hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen, weil es sich bei dieser Nutzungsart im Mischgebiet ebenso wie bei den Tankstellen im Misch- und Gewerbegebiet um allgemein und nicht nur ausnahmsweise zulässige Nutzungsarten handelt. Obwohl eine entsprechende Willensbildung des Stadtrats den Planaufstellungsakten nicht zu entnehmen ist‚ ergibt sich aus dem objektiven Erklärungsinhalt des Bebauungsplans (zu den Auslegungsmethoden von Rechtsnormen z. B. Jarass in Jarass/Pieroth‚ GG‚ 13. Aufl. 2014‚ Einleitung 5 ff.)‚ dass mit der ausdrücklichen Aufzählung zur ausnahmsweisen Zulässigkeit bestimmter Nutzungen zugleich die generelle Unzulässigkeit der übrigen Nutzungen verfügt war‚ was die Beigeladene zu 2. nunmehr auch bestätigt hat. Diese Auslegung ist auch mit § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann im Bebauungsplan festgesetzt werden‚ dass alle oder einzelne Ausnahmen‚ die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind‚ nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden. Daraus folgt nach Auffassung des Senats allerdings keine Verpflichtung der Gemeinde‚ alle nicht erwünschten Nutzungen durch ausdrückliche Festsetzung auszuschließen. Vielmehr reicht es aus‚ dass durch die Festsetzung der Zulässigkeit von in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Ausnahmen (hier: Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO beschränkt auf Anlagen für kirchliche Zwecke und generell Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) umgekehrt zum Ausdruck kommt‚ dass die übrigen dort genannten Ausnahmen nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden und damit unzulässig sind. Ob ausreichende städtebauliche Gesichtspunkte für die Privilegierung der kirchlichen Anlagen im eingeschränkten Gewerbegebiet sowie den Ausschluss von den in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen im Gewerbegebiet vorgelegen haben, lässt sich den Planungsakten nicht entnehmen. Allerdings sind etwaige Abwägungsfehler nach § 215 BauGB a. F. wegen Ablaufs der Siebenjahresfrist unbeachtlich geworden. Dafür, dass das Abwägungsergebnis schlechthin unvertretbar wäre, gibt es keine Anhaltspunkte.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Tatsache‚ dass im Erdgeschoss des Gebäudes am P. ... eine Heilpädagogische Tagesstätte für Kinder betrieben wird. Abgesehen davon‚ dass in der diesbezüglichen Baugenehmigung vom 12. Juni 2012 lediglich von einer „Brandschutzsanierung der Frühförderung …“ die Rede und damit zweifelhaft ist‚ ob für die Nutzungsänderung des früher gewerblich genutzten Gebäudes in eine Anlage für soziale Zwecke eine Baugenehmigung vorliegt‚ hat der damalige Stadtbaumeister der Beigeladenen zu 2. mit Schreiben vom 6. Februar 2012 an die Genehmigungsbehörde lediglich festgestellt‚ dass das Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans entspreche. Aus dieser Erklärung kann weder entnommen werden‚ dass die Nutzungsänderung selbst genehmigt werden sollte‚ noch kann daraus auf eine Willensbildung des Stadtrates bei Aufstellung des Bebauungsplans dahingehend geschlossen werden‚ dass Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zulässig sein sollen.

Steht somit fest‚ dass in dem Gewerbegebiet Anlagen für soziale Zwecke insgesamt wirksam ausgeschlossen sind‚ so ist auch die während des Berufungszulassungsverfahrens im Bescheid vom 18. Dezember 2014 sowohl auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB als auch auf § 246 Abs. 10 BauGB gestützte Befreiung rechtswidrig (zur Einbeziehung in das Zulassungsverfahren z. B. Schmidt in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 113 Rn. 53 ff. m. w. N.). Nach letzterer Vorschrift kann in Gewerbegebieten für Aufnahmeeinrichtungen‚ Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden‚ wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm‚ weil nach dem oben Gesagten an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke nicht als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind. Auch der vom Landratsamt unternommene Versuch‚ die Befreiung über § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zu rechtfertigen‚ ist zum Scheitern verurteilt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 246 Abs. 10 BauGB ist dieser für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2019 für die dort im Einzelnen aufgeführten Einrichtungen in Gewerbegebieten als lex specialis zu § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB anzusehen. Der Gesetzgeber wollte ersichtlich in Ansehung der Tatsache‚ dass Anlagen für Asylbegehrende von der herrschenden Rechtsprechung (s. o.) als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden‚ die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind und für die auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden konnte‚ in Ergänzung zu § 31 Abs. 2 BauGB einen befristeten Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen‚ die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind (s. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drs. 18/2752). Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus‚ dass nur unter diesen engen Voraussetzungen und unter Beachtung der Befristung der Regelung bis zum 31. Dezember 2019 die - in § 246 Abs. 10 BauGB im Gegensatz zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten - Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Das bedeutet aber auch‚ dass bei Nichtvorliegen einzelner Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht zurückgegriffen werden kann‚ weil die speziellere der allgemeinen Norm vorgeht (lex-specialis-Grundsatz). Nach alledem ist die im Bescheid vom 18. Dezember 2014 erteilte Befreiung rechtswidrig‚ da das hier fragliche Gewerbegebiet wegen des Ausschlusses im Bebauungsplan (s. o.) keinen für Anlagen für soziale Zwecke geeigneten Standort i. S. d. § 246 Abs. 10 BauGB darstellt. Da auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht zurückgegriffen werden kann, widerspricht die im Bescheid vom 16. Dezember 2014 enthaltene Rechtsauffassung‚ wegen der ausgesprochenen dreijährigen Befristung der Baugenehmigung seien die Grundzüge der Planung nicht berührt, der in § 246 Abs. 10 BauGB zum Ausdruck kommenden Entscheidung, dass die Unterbringung von Asylbegehrenden ausschließlich in für wohnähnliche Nutzungen offenen Gewerbegebieten nur unter den dort genannten Voraussetzungen zeitlich befristet mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein kann.

2. Nach alledem weist der Fall auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Rechtssache ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3.1 Die vom Beklagten aufgeworfene Frage der Gebietsverträglichkeit einer als Anlage für soziale Zwecke einzustufenden Unterkunft für Asylbegehrende in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO stellt sich im vorliegenden Verfahren bereits deshalb nicht‚ weil nach dem unter Nr. 1 Gesagten Anlagen für soziale Zwecke in dem hier einschlägigen Bebauungsplan generell ausgeschlossen sind und sich somit die Frage‚ ob Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Nutzung im Einzelfall zulässig sein können‚ von vornherein nicht stellt. Die insoweit allein entscheidungserhebliche Frage‚ ob § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO für den Ausschluss bestimmter grundsätzlich ausnahmsweise zulässiger Nutzungen eine ausdrückliche Regelung im Bebauungsplan verlangt‚ wurde nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

3.2 Nicht entscheidungserheblich im vorliegenden Fall ist deshalb auch die vom Beklagten aufgeworfene Frage nach dem „Umfang der von § 246 Abs. 10 BauGB neu geschaffenen Befreiungsmöglichkeit im Hinblick auf zahlreiche weitere Genehmigungs- und Gerichtsverfahren“‚ weil die Norm die Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke im Bebauungsplan voraussetzt‚ was hier nicht der Fall ist.

Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ weil sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Aufhebung einer für das benachbarte Anwesen der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für die Nutzung des Gebäudes als Asylbewerberunterkunft.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ..., ...straße ..., auf dem sich ein dreigeschossiges Gebäude befindet, das zuletzt aufgrund Baugenehmigung vom 21. März 2003 (...) als Call-Center mit technischem Kundendienst und Büro- und Schulungsräumen genutzt wurde. Zuvor waren Baugenehmigungen für ein Büro- und Werkstattgebäude mit gewerblichem Ausbildungs- und Fortbildungszentrum (1990 bis 1992) erteilt worden. Seit dem Auszug des Call-Centers stand das Gebäude leer. Inzwischen wurde das Gebäude nach Auskunft der Beigeladenen entsprechend der erteilten und hier angefochtenen Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 umgebaut, ein Bezug mit Asylbewerbern soll ab Anfang Juli erfolgen.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke ...straße ..., ... (FlNr. ..., Gemarkung ...) und ...straße ..., ... (FlNr. ..., Gemarkung ...). Auf dem südlich der ...straße gelegenen Grundstück FlNr. ... befindet sich ein Betriebsgebäude mit Büro, Lager und Verkaufsraum, auf dem nördlich gelegenen, ausschließlich gewerblich genutzten Grundstück FlNr. ... das Gebäude mit Hochregallager. Beide Betriebsgebäude sind durch eine Verbindungsbrücke über die ...straße miteinander verbunden. Das Baugrundstück der Beigeladenen FlNr. ... sowie das darauf befindliche Gebäude grenzen L-förmig in nördlicher und östlicher Richtung unmittelbar an das Betriebsgrundstück FlNr. ... der Klägerin an.

Weder das Anwesen der Klägerin noch das Vorhabengrundstück der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Ca. 200 m nördlich beginnt der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ..., der hier ein Industriegebiet im Sinne des § 9 BauNVO festsetzt. In den Geltungsbereich dieses Bebauungsplans fallen unter anderem das Anwesen ...straße ..., auf dem sich derzeit eine Tierklinik befindet, sowie das Anwesen ...straße ..., auf dem der Logistikbetrieb ... (...) angesiedelt ist.

Die Klägerin betreibt auf den Grundstücken ...straße ... und ...straße ... entsprechend den erteilten Baugenehmigungen vom 28. April 1986 (...), 15. September 1986 (.... ...), 23. Dezember 1986 (...) und 23. September 1998 (...) für das Grundstück ...straße ... und 9. April 1998 (...) sowie 7. Januar 1999 (...) für das Grundstück ...straße ... einen Groß- und Einzelhandel zur Lagerung, zum Verkauf und zum Versand von Leuchtmitteln. Die Klägerin verkauft ab Lager Leuchtmittel sowohl im Großhandel an Fachkunden als auch im Einzelhandel an Endkunden. Weiterhin erfolgt der Verkauf auch durch Versand, vor allem aufgrund von Bestellungen im Internet. Die Baugenehmigung für das Hochregallager auf dem Grundstück ...straße ... vom 9. April 1998 (...) setzt in der Auflage Nr. 25 fest, dass der Betriebsbeurteilungspegel aller Geräusche, die vom Betriebsgrundstück ausgehen, in dem Gewerbegebiet die Immissionsrichtwerte (IRW) von tags 65 dB(A) und nachts 50 dB(A) sowie im westlich angrenzenden Allgemeinen Wohngebiet die IRW von tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) nicht überschreiten darf. In den Baugenehmigungen für das Betriebsgebäude ...straße ... bis ... findet sich eine solche Auflage nicht.

Sämtlicher Kunden-, Mitarbeiter- sowie Lieferanten- und Speditionsverkehr zum und vom Betriebsgrundstück FlNr. ... führt wegen der Lage der Betriebsein- und -ausfahrten an der nördlichen Außenwand der geplanten Asylbewerberunterkunft vorbei.

Unmittelbar südlich an das Grundstück der Beigeladenen grenzen mehrere unbebaute, im Eigentum der Beklagten stehende Grundstücke (FlNrn. ..., ... und ... der Gemarkung ...), welche zeitweilig von einer Erdbaufirma genutzt wurden, die dort Baumaterialien abgelagert und Baufahrzeuge abgestellt hatte. Derzeit befinden sich auf dem im Übrigen geräumten Grundstück einige Container, die wohl der ... Faschingsgesellschaft gehören und im Vorgriff auf eine geplante Nutzung aufgestellt wurden. Nach Osten und Süden hin werden die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen durch den vierspurigen Frankenschnellweg, nach Westen durch die angrenzende Bahnlinie ...-... sowie eine S-Bahnlinie mit insgesamt sieben Gleisen und nach Norden durch einen Teil der sich nördlich an die ...straße anschließenden Bebauung begrenzt.

Außer den genehmigten Nutzungen der Klägerin und der Beigeladenen finden sich in der Umgebung des Vorhabengrundstücks noch eine Tierklinik (...straße ...) und der Betrieb der Fa. ... (...straße ...), bestehend aus einem Produktions- und einem Bürogebäude. In dem letztgenannten Betrieb werden auf CNC-Dreh-/Fräs-/Schleif-Erodiermaschinen Präzi-sionswerkzeuge gefertigt.

Am 28. März 2014 beantragte die Beigeladene einen Vorbescheid für Umbau und Nutzungsänderung des bisher auf dem vorbezeichneten Grundstück befindlichen Call-Centers mit technischem Kundendienst, Büro- und Schulungsräumen zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit ca. 230 Plätzen.

Mit Bescheid vom 15. April 2014 erteilte die Beklagte der Beigeladenen den streitgegenständlichen Vorbescheid. Unter Nr. 1 des Vorbescheids wurde die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens festgestellt und unter Nr. 2 eine Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wegen der Zulassung einer sozialen Einrichtung (Asylbewerberheim) in einem Gewerbegebiet gewährt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall werde die Umgebung als Gewerbegebiet (GE) gemäß § 8 BauNVO eingestuft. Für das Bauvorhaben lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gem. § 8 Abs. 3 Ziff. 2 BauNVO vor. Aufgrund der nur kurzfristigen Verweildauer der einzelnen Asylanten und unter der Voraussetzung der Einhaltung der Lärmwerte werde der Zulassung einer sozialen Einrichtung (Asylantenheim) in einem Gewerbegebiet zugestimmt.

Auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen hin erteilte die Beklagte weiter eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit wegen Lage der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet mit Ergänzungsbescheid vom 14. August 2014.

Auf die Klage der Klägerin hin hob die Kammer mit Urteil vom 9. Oktober 2014 im Verfahren AN 9 K 14.00830 den Vorbescheid der Beklagten vom 15. April 2014 und den Ergänzungsbescheid hierzu vom 14. August 2014 auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zwar sei der Vorbescheid hier hinreichend bestimmt, allerdings sei das Vorhaben Nutzungsänderung zu einer Asylbewerberunterkunft im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke seiner Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig und verletze damit den Anspruch der Klägerin auf Erhaltung der Gebietsart. Die von der Beklagten erteilte Befreiung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 31 Abs. 2 BauGB sei aus dem gleichen Grunde rechtswidrig und verletze die Klägerin ebenfalls in ihrem Gebietserhaltungsanspruch. Auf die rechtskräftige Entscheidung wird Bezug genommen, die Verfahrensakte wurde zum gegenständlichen Verfahren beigezogen.

Mit Bauantrag vom 4. August 2014 beantragte die Beigeladene für das (Bau-)Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., die Erteilung der Baugenehmigung für Umbau und Nutzungs-änderung des ehemaligen Call-Centers mit technischem Kundendienst, Büro- und Schulungsräumen zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit ca. 294 Plätzen. Nach den beiliegenden Plänen sollen in allen drei vorhandenen Geschossen des Bestandsgebäudes Zimmer für die Unterbringung von Asylbewerbern bzw. Gemeinschaftsräume eingerichtet werden, auch im Bereich entlang der westlichen und nördlichen Außenwand. In der beiliegenden Betriebsbeschreibung wird ausgeführt, das Anwesen werde als Gemeinschaftsunterkunft für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 AsylbLG genutzt, in dem Anwesen könnten 294 Personen untergebracht werden, in der Regel würden die Leistungsberechtigten, soweit es sich um Familien und Alleinerziehende mit Kindern handele, für die Zeit des behördlichen Erstverfahrens plus ein Jahr in der Unterkunft wohnen, Alleinstehende für die Zeit des behördlichen Erstverfahrens plus vier Jahre, in Einzelfällen könne sich die Unterbringungszeit aber auch verlängern. Aufgrund des geringen Barbetrages von 40,90 EUR pro Monat für Leistungsberechtigte ab dem 15. Lebensjahr, darunter 20,50 EUR pro Monat, sei der Besitz eigener Pkw der Bewohner praktisch unmöglich. Zugleich hatte die Beigeladene mit Schreiben ihrer Architekten vom 14. August 2014 die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit wegen der Lage der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet beantragt. Mit Schreiben vom 18. April 2015 erklärte die Beigeladene, mit einer zehnjährigen Befristung der Genehmigung einverstanden zu sein und ließ mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 15. Juni 2015 weiter beantragen, für das Vorhaben gemäß § 246 Abs. 10 BauGB Befreiung wegen der Lage in einem faktischen Gewerbegebiet zu erteilen und zur Begründung ausführen, an dem Standort könnten Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden, da ein förmlicher Ausschluss durch Festsetzung hier mangels Bebauungsplan nicht gegeben sei. Die Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar, die beantragte Gemeinschaftsunterkunft sei insbesondere mit den jeweils zulässigen Nutzungen im Gewerbegebiet verträglich. Auch bestehe ein überragendes öffentliches Interesse an der Unterbringung von Flüchtlingen und/oder Asylbegehrenden.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2015 erteilte die Beklagte im Rahmen der planungsrechtlichen Stellungnahme ihr Einvernehmen mit dem Vorhaben und führte dort aus, das Vorhaben sei auf Grundlage einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zulässig, zumal ein Nachtbetrieb des Unternehmens der Klägerin nicht zulässig sei, da die angrenzende Wohnbebauung... bereits durch die Umgebungsbetriebe stark belastet sei. Auch werde der Gebietstyp GE mit Genehmigung der Unterkunft im Sonderrechtsverfahren nicht gefährdet, das im Gebiet angesiedelte Gewerbe, besonders die Firma der Klägerin, nehme das Gebiet flächenmäßig zu mehr als 50% ein und präge es, die Potentialflächen auf dem Areal befänden sich im Eigentum der Beklagten, so dass hier keine fremdbestimmte Nutzung möglich sei. Das Unterkunftsgebäude sei mit entsprechenden Lärmschutzfenstern auszurüsten, so dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet seien.

Mit Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 wurde die Baugenehmigung für das genannte Vorhaben befristet auf die Dauer von zehn Jahren erteilt (Ziffer 1)). In Ziffer 2) wurde Befreiung erteilt gemäß § 246 Abs. 10 BauGB wegen der Errichtung der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet. In Ziffern 3) und 4) wurden Abweichungen von Art. 33 Abs. 2 Satz 1 sowie Art. 28 Abs. 2 BayBO zugelassen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die beantragte Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB lägen vor. Die benachbarten Gewerbebetriebe würden durch den Betrieb der Unterkunft nicht gestört, umgekehrt werde die Unterkunft nicht unzumutbaren Belästigungen oder Störungen durch Gewerbelärm ausgesetzt sein. Betriebliche Erweiterungen der bestehenden Gewerbebetriebe in Form eines Nachtschichtbetriebs zulasten der angrenzenden Wohnbebauung in ... seien wegen der Lärmvorbelastung dieser Wohngebiete nicht möglich. Das Vorhaben sei als Sonderbau geprüft worden, alle öffentlich-rechtlichen prüfpflichtigen Vorschriften des Baurechts würden eingehalten. In Auflage Nr. 3 wurde vorgeschrieben, das Unterkunftsgebäude sei mit entsprechenden Lärmschutzfenstern auszurüsten, so dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet seien. In den Auflagen Nr. 4 und 5 wurde u. a. festgesetzt, dass zehn Stellplätze für Kraftfahrzeuge und 29 Fahrradabstellplätze auf dem Baugrundstück herzustellen und bereit zu halten seien.

Mit am 13. August 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin Klage gegen die Stadt ... erheben mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten Nr. ..., vom 1. Juli 2015 aufzuheben.

Beigelegt war ein Abdruck des angefochtenen Bescheids mit Eingangsstempel 20. Juli 2015 sowie dem handschriftlichen Vermerk „EB-Datum 18.7.“.

Mit Beschluss der Kammer vom 17. August 2015 wurde die Bauherrin zu diesem Verfahren beigeladen.

Mit Schriftsatz vom 26. August 2015 zeigten die Beigeladenenvertreter ihre Bevollmächtigung an und beantragten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bauvorhaben sei aufgrund der rechtmäßig erteilten Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet zulässig, die Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Andere nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts und die durch die Baugenehmigung tangiert sein könnten, seien nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 trugen die Klägervertreter zur Klagebegründung in diesem Verfahren vor:

Die Klägerin betreibe auf den Anwesen ...straße ... und ...straße ... entsprechend der erteilten Baugenehmigungen einen großen Einzelhandel mit Lagerung zum Verkauf und zum Versand von Leuchtmitteln. Es würden Leuchtmittel ab Lager sowohl im Großhandel an Fachkunden als auch im Einzelhandel an Endkunden vertrieben. Weiterhin erfolge der Verkauf auch durch Versand, vor allem aufgrund von Bestellungen aus dem Internet. Die Klägerin habe für den Elektronikeinzelhandel „...“ den gesamten Online-Versand für ca. 10.000 Einzelprodukte des Leuchtmittelherstellers ... übernommen. Auch wickle die Klägerin für die Firma ... das stark wachsende Online-Geschäft über die Plattform ... ab. Schließlich führe die Klägerin auch einen eigenen Online-Endkundenshop „...“. Alle Geschäftsbereiche der Klägerin wüchsen stark, allein das Versandgeschäft mit der Firma „...“ solle in den nächsten fünf Jahren von 150.000,00 EUR Umsatz auf zwei bis drei Millionen Euro Umsatz erhöht werden. Das Versandgeschäft mit ... wachse seit Jahren jährlich um 80 bis 100% und solle innerhalb der nächsten fünf Jahre von derzeit 4 Mio. Euro auf ca. 7 Mio. Euro gesteigert werden. Der Online-Kundenshop „...“ solle innerhalb der nächsten fünf Jahre auf ein Volumen von zwei bis drei Millionen Euro Umsatz angehoben werden. Anfang 2014 habe die Klägerin eine Projektgruppe eröffnet und sieben neue Arbeitnehmer eingestellt. Diese Abteilung solle dieses Jahr einen Umsatz von 3 Mio. Euro und in den nächsten fünf Jahren gesteigert auf ca. 12 bis 15 Mio. Euro Jahresumsatz erreichen. Dabei handele es sich hauptsächlich um den Vertrieb von Leuchten, die im Vergleich zu Leuchtmittel einen deutlich höheren Stückwert besäßen. Das Lager-, Büro- und Verkaufsgebäude der Klägerin befinde sich im südlichen Teil des Grundstücks FlNr. ..., welches unter Einhaltung von 3 m Abstand nach Süden und Westen unmittelbar an das Baugrundstück der Beigeladenen ...straße ... angrenze. Die Außenwände bestünden aus Trapezblech mit geringem Schalldämmmaß. Auf dem nördlichen Teil dieses Grundstücks befinde sich der Betriebshof für das Lager-, Büro- und Verkaufsgebäude, der durch zwei Betriebsein- und -ausfahrten über die ...straße erschlossen werde, dort werde ein Teil des Zuliefer- und Abholverkehrs durch Lieferanten und Speditionen, der Zu- und Abfahrtsverkehr von Kunden und Mitarbeitern sowie die sonst notwendige unternehmensinterne Lade- und Umschlagtätigkeit innerhalb des Betriebs abgewickelt. In das Gebäude führten die beiden nördlich zum Betriebshof hin ausgerichteten Sektionaltore bzw. drei Zugangstüren, nach Süden befänden sich zwei Notausgangstüren, nach Osten und Westen keinerlei Zugänge. Ein Sektionaltor 5 sowie eine Zugangstür befänden sich in unmittelbarer Nähe zum Baugrundstück. Auf dem Betriebshof befänden sich weiter 16 genehmigte Kfz-Stellplätze sowie ein Carport und vier Garagen. An das Tor 5 für die Warenannahme müssten Lkw rückwärts andocken, sie würden unter Einsatz von Dieselstaplern entladen. Westlich des Gebäudes befinde sich noch eine Müllpressanlage im Freien. Auf dem Betriebsgrundstück FlNr. ... befinde sich das Gebäude mit dem Hochregallager, in dessen westlicher Außenwand vier Sektionaltore für Anlieferung und Abtransport der Ware vorhanden seien. Auch dort müssten die Sattelschlepper rückwärts von der ...straße an den Sektionaltoren andocken. Auch dort gebe es zwei Betriebsein- und -ausfahrten, die Hauptein- und -ausfahrt liege im nordsüdlichen Teil der ...straße, die andere im ostwestlichen Teil. Sämtlicher Kunden-, Mitarbeiter-, Lieferanten- und Speditionsverkehr zum Grundstück FlNr. ... führe an der nördlichen Außenwand des geplanten Wohnheims vorbei. Aber auch der Lieferverkehr auf dem Betriebshof des Grundstücks FlNr. ... wirke schalltechnisch auf dieses ein. Die ...straße fungiere weiter als Zufahrt für den nördlich gelegenen Betrieb der Firma ... GmbH. In der Folge wurden detaillierte Angaben zum Verkehr auf und zum und vom Betriebsgrundstück der Klägerin gemacht. Weiter wurde angegeben, im westlichen Teil des Betriebsgebäudes, ca. 5 m vom geplanten Wohnheim entfernt, sei ein Warenaufzug zum Warentransport vorhanden, die Waren würden über die Verbindungsbrücke dann zum nördlich gelegenen Teil des Betriebsgrundstücks verbracht.

Die Klägerin beabsichtige, den Betriebsumfang im Rahmen der erteilten Baugenehmigungen erheblich auszuweiten, deshalb werde es kurz-, mittel- und langfristig zu einer deutlichen Intensivierung der Betriebslärmimmissionen kommen. Der Klägerin sei bereits mit Bescheid vom 9. April 1998 ein Nachtbetrieb genehmigt worden, dort sei in Auflage Nr. 25 für das westlich der Gleisanlagen gelegene Gebiet die Einhaltung eines IRW von tags 55 dB(A) und nachts 40dB(A) festgelegt worden. Diese Regelung sei rechtswidrig, es hätte bereits damals in Anwendung von Ziffer 6.7 TA-Lärm die Richtwerte gemäß Ziffer 6.1c von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts festgelegt werden müssen. Die Klägerin habe zudem erneut die Erweiterung ihrer Betriebszeiten in die Nachtstunden mit Bauantrag vom 25. März 2015 beantragt, wobei jeweils Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,7 t eingesetzt werden sollen und von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr jeweils acht Lkw sowohl vor dem Gebäude Nord als auch vor dem Gebäude Süd be- und entladen werden sollen. Die Beklagte habe dazu gefordert, dass wegen der Vorbelastung durch die Geräuscheinwirkungen des Hafens und der weiteren in der Umgebung gelegenen Gewerbe- und Industriegebiete die Klägerin einen um 10 dB(A) reduzierten IRW eines Mischgebiets zur Nachtzeit, demgemäß 35 dB(A) einhalten müsse. Die Beklagte habe sich zu Unrecht auf den Bebauungsplan Nr. ... und die dortigen Festsetzungen berufen, da dieser Bebauungsplan weder die der Klägerin erteilte Baugenehmigung für den Nachtbetrieb berücksichtigt habe noch hätte davon ausgehen dürfen, dass im gegenständlichen Gewerbegebiet keinerlei Nutzungen zur Nachtzeit vorhanden und auch in Zukunft nicht zu erwarten seien. Festzuhalten bleibe, dass der Klägerin ein Betrieb zur Nachtzeit genehmigt worden sei oder jedenfalls eine Genehmigung erteilt werden müsste, weshalb diese befürchten müsse, wegen der geplanten und genehmigten Einrichtungen für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Nutzung schalltechnische Beschränkungen auferlegt zu bekommen. Im Folgenden wurde der Verlauf des Baugenehmigungsverfahrens für das gegenständliche Vorhaben dargestellt und ausgeführt, die Gemeinschaftsunterkunft führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Sicherheit des Betriebsverkehrs, auch sei die Sicherheit auf dem Betriebsgelände gefährdet. Die hohe Zahl von Asylbewerbern und deren Notwendigkeit, die ...straße zu begehen, führe zu häufigen Begegnungen zwischen Fußgängern und betrieblichem oder vom Betrieb ausgelöstem Verkehr bei der Klägerin, dies berge Gefahren insbesondere wegen der zahlreichen Kinder. Diese Gefahr werde auch durch die Stellungnahme der ... Büro für Stadt- und Verkehrsplanung ... GmbH vom 18. September 2014 bestätigt. Das Bauvorhaben sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, es sei weder abstrakt noch konkret gebietsverträglich, es verstoße gegen § 15 BauNVO und sei rücksichtslos, auch lägen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB nicht vor. Die maßgebliche Umgebung des Vorhabens sei als faktisches Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO einzustufen. Die geplante Asylbewerberunterkunft stelle eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter dar. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB lägen nicht vor, denn dabei müssten weiterhin die konkrete Gebietsverträglichkeit und das Rücksichtnahmegebot geprüft werden. Zwar sei die abstrakte Gebietsunverträglichkeit mit dieser Vorschrift überwunden, allerdings sei weiterhin zu prüfen, ob die beantragte Flüchtlingsunterkunft und die jeweils zulässigen Gewerbebetriebe im Gewerbegebiet miteinander verträglich seien. Das Vorhaben sei hier nicht konkret gebietsverträglich, da es gegen § 15 Abs. 1 BauNVO und die dortigen Anforderungen verstoße. Im Hinblick auf die Anzahl widerspreche das Vorhaben der Eigenart des Baugebiets, da hier nur wenige Gewerbebetriebe dem Asylbewerberwohnheim gegenüber stünden. Im Hinblick auf die Lage sei dies der Fall, da der gewählte Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zum klägerischen Betrieb für diesen unzumutbar sei, da dieser im Hinblick auf die von ihm ausgelösten Lärmimmissionen beim Bauvorhaben mit Beeinträchtigungen zu rechnen habe. Dies zeige sich bereits bei der Behandlung des Antrags auf Genehmigung des Nachtbetriebs durch die Beklagte. Im Hinblick auf das Kriterium Umfang in § 15 Abs. 1 BauNVO sei auf die Größe der Asylbewerberunterkunft mit 294 Plätzen hinzuweisen, wodurch erhebliche Konflikte im Verkehr bei den örtlichen Verhältnissen vorprogrammiert seien. Da das Asylbewerberwohnheim eine besondere Störanfälligkeit gegenüber in der Nachbarschaft vorhandenen und dort zulässigen Anlagen aufweise, widerspreche es auch aufgrund seiner Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets. Weiter sei das Bauvorhaben unzumutbaren Belästigungen oder Störungen ausgesetzt und deshalb nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzulässig. Das geplante Vorhaben sei unmittelbar neben einem produzierenden Gewerbebetrieb unzulässig, es entspreche nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 5 BauGB nicht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im gegenständlichen Gewerbegebiet, sondern begründe erhebliche bodenrechtliche Spannungen. Das vorliegende Gewerbegebiet sei allein aufgrund seiner Lage zwischen ... und einer vierspurigen Gleisanlage so erheblich vorbelastet, dass die Einhaltung der Grenzwerte bei der Situierung der wohnähnlichen Nutzung unmittelbar neben einem erheblich lärmemitierenden Gewerbebetrieb nicht möglich sei, daran ändere auch die Auflage Nr. 25 im Bescheid vom 9. April 1998 nichts. Im Hinblick auf den geringen Abstand zwischen Bauvorhaben und Betrieb der Klägerin sei auch bei Einhaltung der Auflage Nr. 25 in Bezug auf das westlich gelegene Gebiet die Gefahr unzumutbarer Immissionen am Bauvorhaben nicht gebannt. Dabei sei auch der geplante Nachtbetrieb, der bereits genehmigt, jedenfalls aber genehmigungsfähig sei, zu berücksichtigen. Die Unzumutbarkeit der Immissionen werde auch nicht durch die Befristung auf zehn Jahre beseitigt. Das Gebot der Rücksichtnahme sei auch bei Erteilung der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zu prüfen und werde hier verletzt, denn das Vorhaben führe zu unmittelbaren Betriebsbeeinträchtigungen, die der Klägerin nicht zuzumuten seien. Auch sei das Vorhaben selbst unzumutbaren Schallimmissionen durch den Gewerbebetrieb der Klägerin ausgesetzt. Gerade die Lage des Asylbewerberheims mit nur 6 m von der Außenwand des Betriebsgebäudes der Klägerin und wenige Meter von der vorhandenen Müllpresse und dem Betriebshof führe zu so erheblichen Gewerbe- und Verkehrslärmimmissionen, die sich in den nächsten Jahren auch noch beträchtlich steigern würden, dass die Beigeladene diese nicht mit ausreichender Wirksamkeit verhindern könne. Die Klägerin sei ohne die beantragte Betriebsausweitung in die Nachtzeit nicht in der Lage, am Standort zu bleiben, sie habe diese Ausweitung seit längerem systematisch durch entsprechende Geschäftsbeziehungen vorbereitet und bereits beantragt. Passiver Lärmschutz sei hier keinesfalls ausreichend, zumal die maßgeblichen Immissionsorte vor dem Fenster der Aufenthaltsräume lägen. Weiterhin sei mit sonstiger Betriebsbeeinträchtigung und erheblicher Unfallgefahr durch die Asylbewerber zu rechnen. Diese Gefahr gehe insbesondere von den zu erwartenden mehreren Dutzend Kindern aus. Vorsorglich werde noch gebeten, die Berufung zuzulassen, da der Regelungsgehalt des § 246 Abs. 10 BauGB neu sei.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2015 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der vom 4. August 2014 datierende und im August 2014 ergänzte Bauantrag der Beigeladenen sei genehmigt worden, während der Bauantrag der Klägerin auf Erweiterung ihrer Betriebszeiten in die Nachtstunden mit dem Gutachten des Ingenieurbüros ... vom 23. März 2015 vom 25. Februar 2015 vorgelegt worden sei. Danach ergebe sich, dass die Betriebszeiterweiterung durch die Klägerin wegen der Überschreitung der im Anwesen ...Straße ... befindlichen Wohnnutzung nicht genehmigungsfähig sei. Im Übrigen lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB hier vor, insbesondere seien im vorliegenden faktischen Gewerbegebiet Anlagen für soziale Zwecke nicht durch Bebauungsplanfestsetzung ausgeschlossen, sondern nach § 34 Abs. 2 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig. Mit der Sonderregelung in § 246 Abs. 10 BauGB sei die Voraussetzung des § 31 Abs. 2 BauGB, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt sein dürften, und dass das Vorhaben städtebaulich vertretbar sein müsse, nicht mehr Gegenstand der Prüfung. Vorliegend sei das Vorhaben mit den öffentlichen Belangen bei § 246 Abs. 10 BauGB vereinbar, da es nicht in Widerspruch zu städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen der Beklagten liege, ebenso wenig seien bauplanerische Festsetzungen zur Steuerung des Gebietes geplant, öffentliche Belange seien insoweit nicht beeinträchtigt. Die nachbarlichen Interessen der Klägerin, insbesondere das Gebot der Rücksichtnahme, seien hier nicht verletzt. Der Gewerbebetrieb der Klägerin und die Gemeinschaftsunterkunft der Beigeladenen schlössen sich nicht gegenseitig aus, sondern seien wechselseitig verträglich. Darüber hinaus sei nach der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten. Was den Betrieb der Klägerin angehe, so habe weder dieser noch der Betrieb der Firma ... GmbH weder gegenwärtig noch in der Vergangenheit eine nächtliche betriebliche Aktivität entfaltet, sie besäßen auch keine Genehmigungen dafür, deshalb habe die Beklagte nicht fehlerhaft gehandelt, bei der Geräuschkontingentierung für den Bebauungsplan Nr. ... für diese Grundstücke keine Vorbelastung für den Beurteilungszeitraum nachts anzunehmen. Allerdings sei die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. ... hier nicht relevant, da bei der Ablehnung des Genehmigungsantrags der Klägerin für den Nachtbetrieb gerade nicht darauf abgestellt werde, dass das Hafengebiet bereits das zur Verfügung stehende Lärmkontingent ausschöpfe, sondern dass der Betrieb der Klägerin wegen der tatsächlich bestehenden Lärmvorbelastung der Wohngebiete in der Nachtzeit durch die bereits vorhandenen Gewerbebetriebe im Umfeld keine weiteren Betriebe mit zusätzlichem Lärmpotential in der Nachtzeit in dieser Situation zugelassen werden könnten. Dies gelte unabhängig davon, ob es den Bebauungsplan Nr. ... gebe oder nicht. Maßgeblich sei allein die vorhandene Geräuschvorbelastung durch die bestehenden Gewerbebetriebe. Diese habe sich seit Aufstellung des Bebauungsplans nicht verändert und bereits vorher bestanden. Im Hinblick darauf, dass ein Nachtbetrieb der Klägerin schon daran scheitern werde, dass er die Wohnruhe in den angrenzenden Wohngebieten stören würde, sei dem Interesse der Beigeladenen an einer Nutzung ihres Baugrundstücks ermessensfehlerfrei der Vorrang eingeräumt worden. Das von der Klägerin vorgelegte Schallschutzgutachten der IFB ... vom 9. November 2015, wonach wegen ständig vorherrschender Fremdgeräusche keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen zu befürchten seien, stellten diese Entscheidung nicht in Frage. Be- und Entlade- und Lkw-Geräusche seien impulshaltig, diese entstünden beim An- und Abkuppeln von Anhängern, Verladen, durch Druckluftgeräusche bei einer Entlüftung der Bremsen, bei einer beschleunigten Abfahrt und durch Türenschlagen. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 5 Satz 2 TA-Lärm komme aber das Fremdgeräuschkriterium nicht in Betracht, wenn für die Beurteilung der Geräuschimmissionen Zuschläge für Ton- und Informationshaltigkeit oder Impulshaltigkeit erforderlich seien. Der Gutachter der Klägerin gehe von einer Zusatzbelastung für die lauteste Nachtstunde von 42 dB(A) aus. Nach Anlage 2 zum Bericht Nr. ... vom 23. März 2015 würden für die Ladegeräusche der Hallen Nord und Süd je eine Dauer von 30 Minuten angesetzt. Der Wert von 42 dB(A) würde in dem Moment überschritten werden, wenn - entgegen der Betriebsbeschreibung - die Ladetätigkeiten gleichzeitig oder überlappend stattfänden. Der 95%-Pegel sei für alle Nachtstunden zu bilden, insbesondere für die leiseste Fremdgeräuschstunde. Der Bericht weise diese Pegel nur für die Stunden zwischen 3.00 Uhr und 6.00 Uhr aus, nicht jedoch für die Nachtstunden von 23.00 Uhr bis 3.00 Uhr. Der Bericht der IFB ... vom 9. November 2015 widerlege deshalb nicht die Annahme der Beklagten, dass das beantragte Vorhaben zu zusätzlichen schädlichen Lärmeinwirkungen an der nächstgelegenen Wohnbebauung führen werde. Die Befristung der Baugenehmigung sei hier zulässig, auch liege kein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vor. Mit dem Verzicht des Gesetzgebers auf die Voraussetzung „Grundzüge der Planung nicht berührt“ könne die aus dem wohnähnlichen Charakter einer Gemeinschaftsunterkunft resultierende Gebietsunverträglichkeit kein Hindernis mehr für die Zulassung eines solchen Vorhabens unter Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB sein. Der Gebietserhaltungsanspruch sei damit als subjektives Abwehrrecht beseitigt worden und könne auch nicht über § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO wieder begründet werden. Vielmehr habe der Gesetzgeber bei Schaffung des § 246 Abs. 10 BauGB gerade das Einbringen einer wohnähnlichen Nutzung in ein Gewerbegebiet regeln wollen. Im Hinblick auf die von der Klägerin nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO normierte konkrete Gebietsverträglichkeit sei festzustellen, dass der Vorschrift kein nachbarschützender Charakter zukomme. Im Übrigen sei das Vorhaben konkret gebietsverträglich. So handele es sich hier um ein einzelnes Vorhaben, das wegen der Anzahl auch in einem kleinen Gewerbegebiet nicht allein deshalb unzulässig sei. Die Lage sei konkret gebietsverträglich, die Lage im Gewerbegebiet setze ein unmittelbares Angrenzen eines Gewerbebetriebs voraus und führe deshalb nicht allein deshalb zur konkreten Gebietsunverträglichkeit. Im Übrigen seien die Lärmimmissionen aus dem Betrieb der Klägerin, aber auch dem anderen ansässigen Unternehmen, im Hinblick auf die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft als vernachlässigbar einzustufen. Die Betriebsgebäude würden als Lager und Büro genutzt, relevante gewerbliche Lärmquellen seien lediglich die „drei bis fünf großen Lkw, auch Sattelschlepper“, die täglich die Betriebsgrundstücke der Klägerin anführen und dort, auch mit Gabelstaplern, be- und entladen würden. Die entsprechenden Geräuschbelästigungen seien zeitlich begrenzt und nur während der Tagzeit vorhanden, deshalb für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft nicht unzumutbar. Zusätzlicher Lieferanten-, Kunden- und Mitarbeiterverkehr sei von der Intensität nicht anders als etwa in einem allgemeinen Wohngebiet anzutreffen. Die Klägerin habe deshalb wegen des Bauvorhabens nicht mit behördlichen Auflagen zu rechnen. Die Klägerin sei auch nicht dadurch von dem Vorhaben belastet, dass seinetwegen ein Nachtbetrieb nicht zulässig sei. Dies liege daran, dass einem An- und Ablieferverkehr in den Nachtstunden von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr ohnehin schon wegen des benachbarten Wohngebiets Grenzen gesetzt seien, im Übrigen sei eine betriebliche Notwendigkeit dafür bisher nicht belegt. Die Gemeinschaftsunterkunft sei auch nicht hinsichtlich ihres Umfangs gebietsunverträglich, auch nicht im Hinblick darauf, dass die Bewohner die Fahrbahn der ...straße benutzen und sich unter Umständen sogar in Gefahr bringen könnten. Dass Bewohner einer Gemeinschaftsunterkunft beim Zu- und Abgang zur Unterkunft in einem Gewerbegebiet auch Betriebszufahrten kreuzen, sei eine alltägliche und zu meisternde Situation. Diese Gefahr bestehe im Übrigen unabhängig von der Größe der Unterkunft, im Übrigen sei eine Beeinträchtigung der Sicherheit oder Leichtigkeit des betrieblichen Verkehrs hier nicht zu erwarten. Eine besondere Gefährdung gerade durch das Rückwärtsanfahren der Ladetore sei wegen der dabei notwendigen Tätigkeit eines Einweisers nicht gegeben. Im Übrigen könne Gefahren im Straßenverkehr auch durch verkehrslenkende Maßnahmen nach der StVO begegnet werden, falls solche aufträten. Schließlich weise das Vorhaben der Beigeladenen keine signifikante Störanfälligkeit gegenüber gewerblichen Betrieben als andere Gemeinschaftsunterkünfte auf und sei deshalb wegen der Zweckbestimmung nicht gebietsunverträglich. Auch die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO seien nicht erfüllt, wie bereits der Augenschein im Verfahren AN 9 K 14.00830 ergeben habe. Beim Augenschein seien damals außer einem Verkehrshintergrundgeräusch keine auffallenden Betriebsgeräusche aus dem klägerischen Betrieb festgestellt worden. Dies ergebe sich auch aus der Betriebsbeschreibung vom 29. Januar 1998. Es handele sich hier eben nicht um Produktionsstätten, sondern um Lagerhallen, die Verkehrsfrequenz sei als gering anzusehen. Auch der Warenumschlag auf den Betriebsgrundstücken führe nicht zu unzumutbaren Immissionen oder gar Gefährdungen von Bewohnern der Unterkunft. Weshalb deshalb die Klägerin mit ihrem derzeitigen Betrieb nicht in der Lage sein solle, die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet einzuhalten, sei deshalb nicht nachzuvollziehen. Dabei sei die Vorbelastung durch die Verkehrswege zulasten der Klägerin gerade nicht zu berücksichtigen. Vielmehr habe das Vorhaben der Beigeladenen auf den genehmigten Tagbetrieb der Klägerin Rücksicht zu nehmen. Das Vorhaben verursache erkennbar keine bodenrechtlichen Spannungen, weil es sich nicht als rücksichtslos darstelle. So habe etwa der VGH Baden-Württemberg (B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15) bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ausgeführt, der Gesetzgeber habe für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen.

Ein Nachtbetrieb finde beim Betrieb der Klägerin derzeit nicht statt und habe nie stattgefunden. Betriebliche Entwicklungen, die noch nicht im Bestand angelegt seien, genössen noch nicht den eigentumsrechtlichen Schutz von Art. 14 GG. Prüfungsmaßstab sei das tatsächlich Vorhandene, deshalb verbiete es sich, zur Begründung eines nachbarlichen Abwehranspruchs auf eine noch nicht existierende Nutzung abzuheben. Beim Betrieb der Klägerin handele es sich um ein mittleres Unternehmen im Groß- und Einzelhandel, es sei auf einen Betrieb in der Nachtzeit, unabhängig von der baulichen Ausstattung, typischerweise nicht angelegt. Die Rücksichtnahmepflicht bestehe nur gegenüber einer bauaufsichtlich genehmigten tatsächlich ausgeübten Nutzung. Ein Nachtbetrieb sei der Klägerin aber bisher in keiner Baugenehmigung genehmigt worden. Dass die Baugenehmigung für das Betriebsgrundstück FlNr. ... auch Auflagen zur Einhaltung von IRW nachts enthalte, stelle dies nicht in Frage. Der Grund dafür liege schlicht in der Praxis der Bauordnungsbehörde der Beklagten, ungeachtet des beantragten Betriebsumfangs mittels Auflage stets sowohl für die Tag- wie auch für die Nachtzeit Beurteilungspegel zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm festzusetzen. Die genehmigte Nutzung ergebe sich aus dem Bauantrag und den Bauvorlagen. Diese gäben für einen Nachtbetrieb nichts her. In Zweifelsfällen könne auch die tatsächliche Nutzung indizielle Bedeutung für den Genehmigungsumfang haben. Aber auch die „gelebten“ Baugenehmigungen sprächen dagegen, dass eine An- oder Ablieferung zu unbestimmten Nachtzeiten Teil der in den 90er Jahren erteilten Genehmigungen sei. Allerdings sei ein Nachtbetrieb mit einem zeitlich nicht eingegrenzten Speditionsverkehr gegenwärtig auch deshalb nicht mehr genehmigungsfähig, weil dann ein durchgehendes Schlafen in der Unterkunft nicht mehr möglich sein werde. Nach eigenen überschlägigen Berechnungen würde ein Nachtbetrieb der Klägerin an der Nordfassade des Anwesens ...straße ... Einwirkungen von 54 dB(A) verursachen und damit den Nachtrichtwert für ein Gewerbegebiet von 50 dB(A) erheblich überschreiten.

Wenn Bauanträge für mehrere Bauvorhaben gestellt seien, aber nach den hierfür geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nur für ein Vorhaben die Genehmigung erteilt werden könne, habe die Behörde nach dem auf dem allgemeinen Gleichheitssatz beruhenden Grundsatz der Priorität vorzugehen. Nur der früher gestellte Bauantrag sei genehmigungsfähig. Dies bedeute, dass der früher gestellte Bauantrag der Beigeladenen auf Nutzungsänderung ohne Rücksicht auf den Bauantrag der Klägerin für einen Nachtbetrieb genehmigungsfähig sei. Wenn nach anderer Auffassung eine Ermessensentscheidung zu treffen sei, komme es dabei auf die Verhältnisse und Umstände des Einzelfalles an, die im Zeitpunkt der Genehmigung einer der Konkurrenzanlagen bestünden. Aber auch insoweit sei es sachgerecht gewesen, der Beigeladenen den Vorzug zu geben, auch wenn damit im Ergebnis betriebliche Aktivitäten der Klägerin während der Nachtstunden Einschränkungen unterworfen würden. Die bevorzugte Behandlung des Bauantrags der Klägerin würde dazu führen, dass die von der Beigeladenen beantragte Nutzung gänzlich abgelehnt werden müsste und der dringende Bedarf nach Unterkünften für Bürgerkriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte nicht befriedigt werden könne. Der Gesetzgeber habe mit den Bestimmungen der BauGB-Novelle 2014 der Schaffung von Flüchtlings- und Asylbewerberunterkünften ein besonderes Gewicht beigemessen, was insbesondere auch bei der Abwägung und Bewertung nachbarlicher Interessen bei Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme von Bedeutung sei (HessVGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15).

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2016 erwiderten die Klägervertreter, tatsächlich habe die Beklagte eingeräumt, bei der Ermittlung der tatsächlichen Lärmvorbelastung auf die Ermittlungen im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. ... zurückgegriffen zu haben. Die Beklagte genehmige auch immer wieder neue lärmträchtige Nutzungen zur Nachtzeit im Hafengebiet im Rahmen des bestehenden Lärmmanagements. Der Bebauungsplan Nr. ... schließe einen Nachtbetrieb der in seinem Geltungsbereich ansässigen Gewerbebetriebe gerade nicht aus. Es könne daher nicht sein, dass ein eventuelles Erweiterungsvorhaben der Klägerin von vorneherein an der vorhandenen Vorbelastung scheitere. Wenn betriebliche Erweiterungen im benachbarten Hafengebiet im Rahmen der dort festgesetzten Lärmkontingente zulässig seien, müsse dies auch erst recht für das Betriebsgrundstück der Klägerin gelten, das nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans liege. Auch habe die Klägerin ihre Betriebsgrundstücke von der Beklagten gekauft, um ihren expandierenden Betrieb genau in diesem Gewerbegebiet anzusiedeln. Wenn deshalb nunmehr eine Betriebserweiterung wegen des Bebauungsplans Nr. ... nicht mehr möglich sei, wäre der Bebauungsplan Nr. ... insoweit unwirksam. Auch verlange § 246 Abs. 10 BauGB ausdrücklich die Würdigung nachbarlicher Interessen, selbst wenn nach herrschender Meinung die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht nachbarschützend wäre. Im Übrigen sei diese Auffassung der Beklagten unzutreffend, vielmehr könne sich die Klägerin hier auf den Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets berufen, da zu befürchten sei, dass durch das Vorhaben in dem hier kleinen Gewerbegebiet der Gebietscharakter „kippen“ würde. Im Hinblick darauf, dass der Klägerin ein nächtlicher Betrieb bereits genehmigt sei, wofür auch die Auflage Nr. 25 in der Baugenehmigung vom 9. April 1998 spreche, sei tatsächlich mit einer Beeinträchtigung des nächtlichen Betriebs bei der Klägerin durch die Asylbewerberunterkunft zu rechnen und somit ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO gegeben. Darüber hinaus umfasse § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht nur schädliche Umwelteinwirkungen, sondern etwa auch die erheblichen Verkehrsgefährdungen zulasten der Bewohner der Asylbewerberunterkunft.

Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2016 teilten die Beigeladenenvertreter mit, dass sich weder auf dem Baugrundstück noch auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin oder in der näheren Umgebung baurechtlich relevante Veränderungen seit dem Augenschein ergeben hätten, es seien lediglich auf dem Baugrundstück selbst Baumaßnahmen zur Realisierung des mit Bescheid vom 1. Juli 2015 genehmigten Vorhabens durchgeführt worden. Die Klägervertreter führten mit Schriftsatz vom 23. Februar 2016 insofern aus, dass auf dem Baugrundstück umfangreiche bauliche Veränderungen vorgenommen worden seien. Die Beklagte trug mit Schreiben vom 16. März 2016 insoweit vor, dass sich die Veränderungen auf dem Baugrundstück, dem Grundstück der Klägerin und der näheren Umgebung auf den Umbau des gegenständlichen Gebäudes gemäß der Baugenehmigung beschränkten.

Mit Schriftsatz vom 29. März 2016 führten die Beigeladenenvertreter weiter aus, die Klägervertreter ließen bei ihren bauplanungsrechtlichen Ausführungen gerade die Erleichterungen für Flüchtlings- und Asylunterkünfte aufgrund des Art. 6 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes unberücksichtigt. § 246 Abs. 10 BauGB habe bereits vor Inkrafttreten der neuen Regelungen eine neben § 31 Abs. 2 BauGB tretenden Sonderbefreiungstatbestand festgesetzt. Nunmehr könnten Befreiungen auch dann erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung berührt würden. Die Beklagte habe hier von dieser Befreiungsmöglichkeit im angefochtenen Bescheid Gebrauch gemacht, die sogenannte abstrakte Gebietsverträglichkeit sei damit ohne weiteres gegeben. Die geplante Flüchtlingsunterkunft sei auch mit den jeweils zulässigen Nutzungen im Gewerbegebiet verträglich, sie werde insbesondere keinen Lärmimmissionen ausgesetzt, die mit gesunden Wohnverhältnissen völlig unvereinbar wären. Auch fänden technische Regelwerke, wie z. B. TA-Lärm oder die 16. BImSchV, bei einem Heranrücken einer Asylunterkunft an emittierende Anlagen nicht direkt Anwendung, insoweit werde auf das Rundschreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 30. September 2015 verwiesen. Danach müssten Flüchtlinge und Asylbewerber bei ihrer Unterbringung im Gewerbegebiet die für ein Gewerbegebiet maßgebenden Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 Buchstabe b) der TA-Lärm hinnehmen und könnten nicht die Einhaltung strengerer Anforderungen verlangen. Daher könnten und müssten Gewerbetreibende auch keine Abwehrklagen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Gewerbegebiet erheben, um ihnen drohende Betriebsbeschränkungen abzuwehren. Dass diese Immissionsrichtwerte vorliegend überschritten würden, werde weder von der Klägerin behauptet und sei auch sonst nicht ersichtlich. Schließlich sei auf die Intention des Bundesgesetzgebers abzustellen, der bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern von einer Notsituation und einer daraus geschuldeten besonderen Rechtfertigung ausgehe, um dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollten, auch bereitstellen zu können. Die Anforderungen an die konkrete Gebietsverträglichkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO seien vor diesem Hintergrund im Lichte der Bedeutung der nationalen Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung zu sehen (so Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 22.12.2015). Auch im Einzelfall liege kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme hier vor. So gingen vom Betrieb der Klägerin keinerlei Lärmimmissionen aus, die mit dem Wohnen unverträglich wären. Damit sei das Vorhaben der Beigeladenen auch keinen unzumutbaren Lärm- bzw. sonstigen Immissionen ausgesetzt, die Klägerin müsse auch sonst keine Betriebsbeschränkungen durch das Vorhaben befürchten. Damit hätten die Interessen der Beigeladenen und der Allgemeinheit an der erteilten Befreiung angesichts des weiterhin sehr hohen Bedarfs an der übergangsweisen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden absoluten Vorrang.

Mit Schriftsatz vom 6. April 2016 führten die Klägervertreter im vorliegenden Verfahren ergänzend aus, der Klägerin sei, wie ausgeführt, ein Nachtbetrieb bereits genehmigt, andernfalls besitze sie einen Anspruch auf entsprechende Genehmigung. Aber selbst wenn ein Nachtbetrieb derzeit nicht genehmigt sei, so habe die Beklagte eine Ermessensentscheidung zu treffen über die Frage, ob dem Prioritätsgrundsatz Vorrang gegeben oder richtigerweise den Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen werden müsse. Da der Betrieb der Klägerin bereits deutlich vor der Asylbewerberunterkunft der Beigeladenen genehmigt worden sei, sei hier zwingend eine Ermessensentscheidung über die Frage der Anwendung des Prioritätsgrundsatzes zu treffen, zumal die Klägerin bereits einmal gegen einen entsprechenden Genehmigungsbescheid geklagt habe. Die Beklagte habe bei Erteilung der Genehmigung bereits gewusst, dass die Klägerin gegen die Asylbewerberunterkunft vorgehen müsse, um nicht späteren Beschränkungen ausgesetzt zu werden. Die Beklagte habe hier nicht beachtet, dass die Erweiterung im Betrieb der Klägerin bereits angelegt sei. Auch wäre in die Ermessensentscheidung einzustellen gewesen, dass die Entscheidung der Behörde über den vorsorglichen Antrag der Klägerin auf Baugenehmigung wegen Erweiterung des Betriebs in die Nachtstunden ein Jahr gedauert habe. Nur deshalb sei der gegenständliche Baugenehmigungsbescheid für die Asylbewerberunterkunft zwischenzeitlich ohne Berücksichtigung einer zwischenzeitlichen Genehmigung zum Betrieb der Nachtzeit erteilt worden. Die Bearbeitungszeiten für die beiden Anträge hätten sich überschnitten, eine fehlerfreie Ermessensentscheidung hätte zu dem Ergebnis geführt, dass der Genehmigung des Nachtbetriebs der Vorrang hätte eingeräumt werden müssen. Schließlich ergebe sich die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens nach § 15 Abs. 1 BauNVO auch daraus, dass bei einer ausnahmsweisen Zulassung einer Anlage für soziale Zwecke auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und die Sicherheit der Wohnbevölkerung zu prüfen sei. Diese Voraussetzungen seien gerade hier nicht gegeben, nachdem als Standorte in Gewerbegebieten für Flüchtlingsunterkünfte gerade solche, in denen insbesondere Konflikte mit Lärm- und Geruchsimmissionen nicht zu erwarten seien, in Frage kämen. Im Übrigen habe die Klägerin Klage erheben müssen, da wegen der besonderen baulichen Situation zwischen der Asylbewerberunterkunft und dem klägerischen Lagergebäude hier gerade kein geeignetes Gebäudes zur Unterbringung einer wohnähnlichen Nutzung vorliege. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte in Gewerbegebieten durch die Beigeladene wegen der wohnähnlichen Nutzung könne nicht hingenommen werden, was bei einem gewerblichen Gebäude, welches nachts keinen Betrieb aufweise, problemlos möglich gewesen wäre. Die Klägerin müsse aber ihren Standort und den Nachtbetrieb sichern.

In einem weiteren Verfahren (AN 9 K 16.00223) erhob die Klägerin am 15. Februar 2016 Klage gegen die Beklagte mit dem Ziel, die Verpflichtung der Klägerin zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung der Betriebszeiten in den Nachtstunden entsprechend dem Bauantrag, eingegangen bei der Beklagten am 25. März 2015, zu erteilen.

Mit Bauantrag vom 25. Februar 2015, eingegangen bei der Beklagten am 25. März 2015, hatte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Betriebserweiterung zur Nachtzeit ihres Betriebs im Anwesen ...straße ..., ... und ..., Grundstücke FlNrn. ... und ..., beantragt.

Mit Bescheid vom 14. März 2016 hatte die Beklagte die begehrte Baugenehmigung für den Nachtbetrieb versagt und zur Begründung ausgeführt, die Mindestanforderungen für IRW könnten nicht eingehalten werden. Die vorgelegten Gutachten vom 23. März und 9. November 2015 setzten den maßgeblichen IO an dem Anwesen ...Straße ... fest, übersehen worden sei der maßgebliche Immissionsort ...straße ... im Gewerbegebiet. Aus den vorgelegten schalltechnischen Gutachten ergebe sich, dass der Nachtbetrieb eine Schallleistung von 92 dB(A) bis 95 dB(A) benötige. Danach verursache der Nachtbetrieb der Klägerin nach eigenen überschlägigen Berechnungen an der Nordfassade des Anwesens ...straße ... Einwirkungen von 54 dB(A) und überschreite damit den Nachtrichtwert für ein Gewerbegebiet von 50 dB(A) erheblich. Wäre die Asylunterkunft nicht zulässig, sei der maßgebliche IO nach Anhang A 1.3 Buchstabe b) TA-Lärm der Rand der Betriebsfläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen entstellt werden dürften, festzulegen. Dort sei ein Beurteilungspegel für die lauteste Nachtstunde von 59 dB(A) zu erwarten. Der Klägerin stehe aufgrund der Entfernung zur Lieferzone in der Nachtzeit ein Schallleistungspegel von LWA = 89 dB(A) zur Verfügung, der vorgesehene Betrieb überschreite diesen Wert deutlich. Es seien auch keine verhältnismäßigen schalltechnischen Maßnahmen ersichtlich, die zu einer Einhaltung der IRW führen könnten.

Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016 bezogen die Klägervertreter den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14. März 2016 in diese Klage ein und führten aus, dieser sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten und sei damit aufzuheben.

In einem weiteren Verfahren (AN 9 K 16.00578) erhob die Klägerin Feststellungsklage gegen die Beklagte mit dem Antrag, festzustellen, dass mit Bescheid der Beklagten vom 28. April 1986, Az...., zur Errichtung eines Betriebsgebäudes der Klägerin auch der Betrieb zur Nachtzeit genehmigt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2016 waren die Beteiligten erschienen, die Klägerin nahm die Feststellungsklage (AN 9 K 16.00578) zurück, hinsichtlich der Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Nachtbetrieb (AN 9 K 16.00223) wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Die Akten der Verfahren AN 9 K 16.00223 und AN 9 K 16.0578 wurden zum vorliegenden Verfahren beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Gerichts- und Behördenakten, insbesondere die dort vorhandenen Schriftsätze und Pläne einschließlich der beigezogenen Akten, auch des Verfahrens AN 9 K 14.00830 und insbesondere der dort vorhandenen Unterlagen über den Augenschein am 9. Oktober 2014 Bezug genommen. Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Das als Sonderbau gemäß Art. 2 Abs. 4 BayBO von der Beklagten genehmigte Vorhaben verletzt keine im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Klägerin als Nachbar zu dienen bestimmt sind.

Eine Verletzung prüfpflichtiger bauordnungsrechtlicher Vorschriften wird von der Klägerin nicht dargetan, eine Verletzung solcher Vorschriften zu ihren Lasten ist auch nicht ersichtlich.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt auch nicht in bauplanungsrechtlicher Hinsicht gegen nachbarschützende Rechte der Klägerin. Das geplante Vorhaben, eine Asylbewerberunterkunft, ist als Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Ausprägung zwar ihrer Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet zulässig. Allerdings hat die Beklagte hier rechtmäßig gemäß § 246 Abs. 10 BauGB Befreiung wegen der Errichtung der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet erteilt, so dass dadurch die Gebietsverträglichkeit gegeben ist und der Klägerin kein Gebietserhaltungsanspruch insoweit zusteht, mit dem sie das Vorhaben abwehren könnte. Auch verstößt das Vorhaben nicht gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zulasten der Betriebsgrundstücke der Klägerin.

Der Klägerin steht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen kein Abwehrrecht aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruchs zu. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens der Beigeladenen richtet sich nach §§ 29 Abs. 1, 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO. Die Kammer ist in Übereinstimmung mit der Entscheidung vom 9. Oktober 2014 im Verfahren AN 9 K 14.00830 der Auffassung, dass es sich bei der maßgeblichen Umgebung des Bauvorhabens hier um ein faktisches Gewerbegebiet handelt. Diese Einschätzung, die soweit ersichtlich von allen Beteiligten geteilt wird, beruht auf den vorgelegten Lichtbildern und Plänen, insbesondere aber auch auf dem Ergebnis des von der Kammer im genannten Verfahren durchgeführten Augenscheins am 9. Oktober 2014. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sich seither mit Ausnahme der Umbauarbeiten im Zusammenhang mit der angefochtenen Baugenehmigung auf dem Baugrundstück in der näheren Umgebung keine relevanten Änderungen im Hinblick auf die damals getroffenen Feststellungen ergeben haben. Dass auf dem südlich an das Baugrundstück angrenzenden bisher unbebauten Grundstück damals vorhandene Schuttablagerungen inzwischen beseitigt wurden, ändert daran ebenso wenig etwas wie die mögliche Erteilung eines Vorbescheids für die Bebauung dieses Grundstücks, da maßgeblich für die Gebietseinschätzung der vorhandene Bestand unter Berücksichtigung der eventuellen Nachwirkung früherer Nutzungen ist. Der räumliche Umgriff wird von der Kammer wie in der genannten Entscheidung dargelegt bestimmt, die Grenzen stellen die im Bereich des Vorhabengrundstücks westlich verlaufende Bahnlinie ... sowie die ebenfalls dort befindliche S-Bahn, der östlich bzw. südlich verlaufende ... sowie im Norden die ...straße unter Einbeziehung des nördlich der ...straße gelegenen Anwesens ...straße ..., auf dem sich eine Tierklinik befindet. Wie im genannten Urteil geht die Kammer auch weiterhin davon aus, dass das streitgegenständliche Vorhaben als Anlage für soziale Zwecke, die dem Wohnen ähnlich ist, einzustufen ist, wegen der Zuweisung der Unterkunft an die Bewohner aber keine Wohnnutzung darstellt. Weiter geht die Kammer davon aus, dass im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet das Bauvorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig ist, da die Asylbewerberunterkunft aufgrund ihres Umfangs und ihrer allgemeinen Zweckbestimmung gegen die allgemeine Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets verstößt und mit einem Gewerbegebiet generell nicht verträglich ist.

Die hier geplante Asylbewerberunterkunft ist aber in dem vorliegenden faktischen Gewerbegebiet dennoch bauplanungsrechtlich zulässig, da die Beklagte in der angefochtenen Baugenehmigung zulässigerweise eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB für das Vorhaben erteilt hat.

Die Voraussetzungen für die Erteilung der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB für die hier gegenständliche Asylbewerberunterkunft liegen vor. Das vorhandene faktische Gewerbegebiet ist grundsätzlich für Anlagen für soziale Zwecke offen, da diese nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden können, ein Ausschluss durch Bebauungsplan ist hier gerade nicht erfolgt.

Die Abweichung ist auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Die Beklagte hat schriftlich ihr Einvernehmen mit dem gegenständlichen Bauvorhaben erklärt und ausdrücklich ausgeführt, das Vorhaben stehe eventuellen planerischen Absichten in Bezug auf das gegenständliche Gebiet nicht entgegen.

Im Gegensatz zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB ist für die Prüfung der Zulässigkeit der Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB die Frage, ob das Vorhaben gegen die Grundzüge der Planung verstößt, nicht Prüfungsgegenstand. Denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der Tatsache, dass Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber und ähnliche Anlagen von der herrschenden Rechtsprechung als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden, die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind, und für die auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden konnte, mit der Vorschrift des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB einen befristen Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen wollen, die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind (vgl. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drs. 18/2752, S. 12). Der Gesetzgeber hat also die Befreiungsmöglichkeit für Asylbewerberunterkünfte in Gewerbegebieten in Ansehung der durch die Genehmigung einer wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes durch Asylsuchende möglicherweise in ein Gewerbegebiet getragenen Unruhe vorgesehen, so dass von der Gebietsverträglichkeit der Nutzung im Gewerbegebiet auszugehen ist, wenn das Gebiet allgemein für Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme offen ist und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Dabei darf weder bei der Prüfung nachbarlicher Interessen noch bei der Prüfung öffentlicher Belange die Frage der der Eigenart eines Gewerbegebiets an sich entgegenstehenden Zweckbestimmung der wohnähnlichen Asylbewerberunterbringung etwa im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO erneut geprüft werden, da dies dem erklärten Willen des Gesetzgebers, zur Beseitigung des Unterbringungsnotstandes vorübergehend und befristet Asylbewerber auch in Gewerbegebieten unterzubringen, entgegenlaufen würde. Dabei ist im Hinblick auf § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB davon auszugehen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann, da der Gesetzgeber insofern eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, insoweit Befreiung zu erteilen, getroffen hat (VGH Baden-Württemberg, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15- juris - Rn. 15).

Als öffentlicher Belang ist hier die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende wäre daher tatbestandlich u. a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen durch die vorhandenen Nutzungen im festgesetzten Baugebiet ausgesetzt wären (VG Augsburg, U.v. 21.4.2016 - Au 5 K 15.1897- juris Rn. 56).

Danach sind öffentliche Belange im Sinne des § 246 Abs. 10 BauGB vorliegend nicht betroffen. Dies gilt insbesondere für die von der Klägerin dargelegten Lärmimmissionen durch ihren gewerblichen Betrieb. Insofern ist zunächst davon auszugehen, dass Gewerbegebiete nach § 8 BauNVO ohnehin nur der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen.

Nach Überzeugung der Kammer stellt der Betrieb der Klägerin, soweit er entsprechend der vorhandenen Baugenehmigungen betrieben wird, einen solchen Betrieb dar. Denn bei der Tätigkeit des klägerischen Betriebs handelt es sich um die Lagerung und Verteilung (Distribution) von Lampen und Leuchtmitteln, nicht also um produzierendes Gewerbe. Die Tätigkeit im Betrieb der Klägerin, also das Abwickeln der Lieferaufträge für die von der Klägerin vertretenen Unternehmen erzeugt, wie auch der Augenschein ergeben hat, ersichtlich keine nennenswerte außerhalb der Betriebsgebäude wahrnehmbare Lärmbelastung. Dies gilt auch für den während der Tagzeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr auf dem Betriebsgelände der Klägerin stattfindenden Verkehr. Dieser Verkehr besteht im Wesentlichen aus An- und Abfahrten von Mitarbeiter- oder Kunden-Pkws, sowie Liefer- und Abholverkehr durch Kleintransporter, während nur wenige, etwa maximal drei bis fünf Lkw-Anfahrten pro Tag bisher vorliegen.

Ob für die Nachtzeit ein Betrieb zulässig ist, d. h. ob betriebliche Tätigkeiten einschließlich der An- und Abfahrt von Lkws auf dem Betriebsgelände stattfinden dürfen, kann hier offenbleiben, da im vorhandenen faktischen Gewerbegebiet der Betrieb der Klägerin die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm von 65 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht gemäß Nr. 6.1b TA-Lärm einhalten muss. Dies ergibt sich für den Gesamtbetrieb der Klägerin zudem auch aus der Auflage Nr. 25 zur Baugenehmigung für die Betriebserweiterung auf das nördlich gelegene Grundstück FlNr. ... und die Errichtung des Hochregallagers dort mit Bescheid vom 9. April 1998. Diese Immissionsrichtwerte gelten für alle im vorliegenden Gewerbegebiet vorhandenen und genehmigten gewerbliche Nutzungen. Dabei ist auch nicht ersichtlich, dass die entsprechenden Immissionsrichtwerte von den im Gewerbegebiet vorhandenen Nutzungen nicht eingehalten werden können.

Weiter geht die Kammer davon aus, dass die Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber, die aufgrund der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB im faktischen Gewerbegebiet zulässig ist, vom Schutzgrad her einer dort nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter entspricht. Für diese betriebsbezogenen Wohnungen als eigenem bauplanungsrechtlichen Nutzungsbegriff ist allgemein anerkannt, dass deren Bewohner grundsätzlich die üblichen im Gewerbegebiet auftretenden zulässigen Störungen hinzunehmen haben. Nicht die Betriebe, die sich innerhalb des zulässigen Störgrades halten, sind zu Maßnahmen verpflichtet, die das Wohnen zumutbar erscheinen lassen, sondern die Nutzer der betriebsbezogenen Wohnungen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg - Söfker, Rn. 40 zu § 8 BauNVO). Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass den betriebsbezogenen Wohnungen ein geringerer Schutz gegen Immissionen zusteht als den sonstigen Wohnungen in den übrigen Baugebieten (BVerwG, U.v. 27.5.1983 - 4 C 67.83).

Damit liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das genehmigte Vorhaben Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber unzumutbaren Lärmbelastungen durch die im hier vorliegenden Gewerbegebiet vorhandenen und genehmigten Nutzungen ausgesetzt ist.

Da aber der Gesamtbetrieb der Klägerin am hier maßgeblichen Immissionsort gemäß Anlage A.1.3 a) zur TA-Lärm, 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109, Ausgabe November 1989, einen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts einzuhalten hat, während bei der zuvor genehmigten gewerblichen Nutzung als Call-Center nach Anlage A.1.3 b) der TA-Lärm bei Gebäuden ohne schutzbedürftige Räume der IO an dem am stärksten betroffenen Rand der Fläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen erstellt werden dürfen, verlegt wird, führt die nunmehr genehmigte Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auf dem Grundstück der Beigeladenen dazu, dass wegen des sonst erheblich näher an der Hauptquelle der Emissionen durch Lkw-Verkehr, nämlich dem nördlichen Teil des Betriebsgeländes mit den dortigen Andockstellen für Lkw, gelegenen Immissionsorts faktisch sogar eine Verbesserung für die Klägerin im Hinblick auf den vom Betriebsgelände der Klägerin in Form von An- und Abfahrt sowie Ladegeräuschen bei den Lkw ausgehenden Lärmmengen ergibt. Das nunmehr genehmigte Vorhaben führt demgemäß also keinesfalls zu einer Verschlechterung der immissionsschutzrechtlichen Situation für das klägerische Unternehmen, sondern faktisch in gewissem Umfang sogar zu einer Verbesserung.

Soweit bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen im Rahmen des § 246 Abs. 10 BauGB die Wohngesundheit Gegenstand der Prüfung ist, d. h. die Bewohner der genehmigten Asylbewerberunterkunft keinen gesundheitsschädlichen Lärmimmissionen dauerhaft ausgesetzt werden dürfen, bezieht sich dies allein auf die Immissionen durch die genehmigten und vorhandenen gewerblichen Nutzungen im hier gegenständlichen Gewerbegebiet.

Insoweit ist die Kammer der Auffassung, dass sich im Rahmen der hier gegenständlichen Nachbarklage die Klägerin nicht darauf berufen kann, dass das gegenständliche Bauvorhaben unzuträglichen Lärmimmissionen von Quellen ausgesetzt sei, die außerhalb des hier maßgeblichen Gewerbegebietes und der dort genehmigten und vorhandenen Nutzungen liegen. Denn wenn § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB die Errichtung von ähnlichen Nutzungen in Form von Asylbewerberunterkünften in Gewerbegebieten zulässt, und damit einen Gebietserhaltungsanspruch der in dem Gewerbegebiet vorhandenen Gewerbetreibenden für eine begrenzte Zeit überlagert, so greift diese Vorschrift damit in das innere Gefüge des Gewerbegebiets ein, weshalb die Festsetzung, dass eine Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar sein muss, ersichtlich dazu dient, die Rechte der Eigentümer im Gewerbegebiet gegen Eingriffe in ihren betrieblichen Bestand bzw. betriebliche Entwicklungsmöglichkeiten zu schützen und die Gefahr eines dauerhaften Umkippens des Gewerbegebiets nicht hinnehmen zu müssen. Demgegenüber erscheint es der Kammer als nicht geboten, die Vereinbarkeit der genehmigten Nutzung mit sonstigen, nicht aus dem Gewerbegebiet stammenden Immissionen im Rahmen der Nachbarklage und des dabei zu prüfenden nachbarlichen Abwehranspruchs zu untersuchen. Selbst wenn das Bauvorhaben hier teilweise gesundheitsgefährdenden Immissionen durch den vorhandenen Bahnbetrieb ausgesetzt wäre, wofür nach Ansicht der Kammer wenig spricht, würde dies nicht zu einem Abwehrrecht der Klägerin gegen das genehmigte Vorhaben führen. Der Klägerin als Nachbar obliegt insoweit nicht die Funktion eines Wächters über die Gesundheit der Asylbewerber. Deshalb war es hier auch nicht geboten, weitere Untersuchungen hinsichtlich der von der angrenzenden Bahnlinie ausgehenden Lärmimmissionen beim Vorhaben einzuholen bzw. diesbezüglich Beweis zu erheben, zumal der Beweisantrag auf ganz konkrete Immissionsrichtwerte abstellt, deren Relevanz aber, da es einen verbindlichen allgemeinen Lärmgrenzwert für gesundheitsgefährdenden Lärm, gerade auch im Hinblick auf die hier übergangsweise und zur Erfüllung der Unterbringungsverpflichtung aus der Notlage heraus, nicht gibt.

Soweit die Klägerin vorträgt, durch die das Baugebiet umgebenden Straßen und Eisenbahnlinien sei ein solcher gesundheitsschädlicher Lärm zu befürchten, so widerspricht dem zum einen die Tatsache, dass dann auch die übrigen im Gewerbegebiet ansässigen Nutzungen solchen gesundheitsschädlichen Lärmimmissionen ausgesetzt wären, zumal die Klägerin selbst vorträgt, die Außenwände ihres Gebäudes bestünden nur aus dünnen Trapezblechen. Weiter sprechen gegen eine gesundheitsgefährdende Lärmbelastung im Innern der Asylbewerberunterkunft die Feststellungen der Kammer beim Augenschein am 9. Oktober 2014. Weiterhin ist gerichtsbekannt, dass sich entlang der Bahnlinie ... oder vergleichbarer Bahnlinien zahlreiche Wohngebäude und gewerblich genutzte Gebäude befinden, die in einem vergleichbaren Abstand wie die Asylbewerberunterkunft oder sogar näher an den Gleisen errichtet wurden. Schließlich ist hier auf Auflage 3 der angefochtenen Baugenehmigung hinzuweisen, nach der Schallschutzfenster derart vorgeschrieben werden, dass es im Inneren nicht zu gesundheitsgefährdendem Lärm kommt. Schließlich ist hier noch zu beachten, dass das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen zur Linderung einer extremen Notsituation im Hinblick auf die Unterbringung hunderttausender Flüchtlinge in kurzer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland erlassen wurde. Aus der ersichtlichen Notwendigkeit, zur Linderung dieser Notsituation schnelle und effektive Maßnahmen zur Errichtung bzw. Nutzungsänderung vorhandener Gebäude zur Unterbringung von Asylbewerbern zu ermöglichen, ergibt sich, dass alle Beteiligten vorübergehend höhere Belastungen in Kauf nehmen müssen als nach dem bisherigen Bauplanungsrecht vorgesehen.

Die weiteren von der Klägerin erhobenen Bedenken gegen die Nutzung des genehmigten Vorhabens im Hinblick auf Sicherheitsbelange führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen hält die Kammer aufgrund der hier vorliegenden Verkehrssituation, die von einem relativ geringen Pkw-Verkehr und einigen wenigen Lkw-Bewegungen am Tag geprägt wird, während entlang der ...straße ein Fußweg für Fußgänger vorhanden ist, die von der Klägerin geäußerten Sicherheitsbedenken und Befürchtungen im Hinblick auf Probleme beim Zusammentreffen von motorisiertem Verkehr und Fußgängern für nicht einschlägig. Die verkehrliche Situation hier erscheint der Kammer im Verhältnis zur sonstigen Verkehrssituation in ..., auch im Hinblick auf Wege, die Asylbewerber von anderen Asylbewerberunterkünften etwa zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Versorgungseinrichtungen oder Schulen zurücklegen müssen, nicht als außergewöhnlich gefährlich, zum anderen hat die Beklagte erklärt, im Fall von dennoch auftretenden Problemen durch verkehrsregelnde Maßnahmen zu reagieren.

Soweit die Klägerin Sicherheitsprobleme auf ihrem Betriebsgrundstück befürchtet, so ist zum einen das Baugrundstück vollständig umzäunt, so dass ein Zugang auf das Grundstück der Klägerin direkt vom Grundstück der Beigeladenen aus nicht möglich ist. Zum anderen ist es Sache jedes Grundstückseigentümers, den Zugang zu seinem Grundstück gegebenenfalls durch Umzäunungen und Tore so zu gestalten, dass Gefahren vermieden werden. Auch insoweit ist aber keine atypische Situation durch das genehmigte Vorhaben entstanden, zumal auch bei dem zuvor genehmigten Call-Center 200 Mitarbeiter auf dem Baugrundstück tätig waren. Die Klägerin muss deshalb nicht befürchten, dass ihr Betrieb in der derzeit genehmigten Form durch das genehmigte Vorhaben beeinträchtigt werden wird, auch eventuell geplante Betriebserweiterungen würden im Hinblick auf den oben beschriebenen Schutzgrad der genehmigten Nutzung, die sich von der früheren genehmigten gewerblichen Nutzung jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin verändert hat, durch die hier angefochtene Baugenehmigung und das genehmigte Vorhaben nicht erschwert oder unmöglich gemacht werden.

Damit ist eine Vereinbarkeit des genehmigten Bauvorhabens auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar.

In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (a. a. O., Nr. 20) ist die Kammer der Auffassung, dass das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde auf § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung auf Null reduziert ist. Dabei ist insbesondere auf das hohe öffentliche Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber abzustellen, zumal hier Beeinträchtigungen des Betriebs der Klägerin mit der erteilten Baugenehmigung nicht verbunden sind. Die Kammer hat auch keine Bedenken daran, dass hier die Befristung auf zehn Jahre zulässigerweise erfolgte. Insbesondere kann aus der Befristung für die Geltung der Vorschrift des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB nicht gefolgert werden, dass auch auf Grundlage dieser Vorschrift erteilte Baugenehmigungen längstens bis zu diesem Zeitpunkt zu befristen seien, dies zeigt allein der Vergleich mit der Regelung in § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB.

Nach alldem ist die hier angefochtene Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 nicht geeignet, die Klägerin in nachbarschützenden Vorschriften zu verletzen. Damit ist die Klage unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Es entspricht der Billigkeit, die der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen erstatten zu lassen, da die Beigeladene sich aufgrund eigener Antragstellung am Prozessrisiko beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Die Berufung wird hier gemäß dem Antrag der Klägerin zugelassen, da die Voraussetzungen der §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben sind, insbesondere im Hinblick auf die Frage des Umfangs der notwendigen Prüfung der Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB bei Nachbarklagen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Februar 2013 wird geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 29. August 2012 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte und die Beigeladenen tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte, die Beigeladenen haften untereinander gesamtschuldnerisch.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kostengläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit der vom Senat zugelassenen Berufung gegen eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg, mit der ihre Klage gegen die Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auf dem Grundstück FlNr. ... und ... der Gemarkung M., ... im Stadtgebiet der Beklagten, abgewiesen wurde.

Die Klägerin ist Eigentümerin des vom Baugrundstück nur durch die FlNr. ... der Gemarkung M.n, die Straße „A. ...“, getrennten Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung M. Darauf befinden sich ein Verbrauchermarkt, ein Einkaufsmarkt, eine Bäckereifiliale, ein Chinarestaurant, Bowlingbahnen und ein Bürogebäude mit Friseur im Erdgeschoss und einer vom Geschäftsführer und einer Gesellschafterin der Klägerin bewohnten Betriebsleiterwohnung im vierten Obergeschoss. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten entspricht die Eigenart der im unbeplanten Innenbereich liegenden näheren Umgebung einem Gewerbegebiet. Die Beklagte und - ihr folgend - das Verwaltungsgericht stufen das Vorhaben als Einrichtung für soziale Zwecke ein und halten es für im faktischen Gewerbegebiet ausnahmsweise zulassungsfähig.

Die Klägerin tritt dem unter Hinweis auf den wohnähnlichen Charakter der Nutzung des Vorhabens entgegen. Sie sieht ihren Gebietsbewahrungsanspruch, unabhängig von der Einordnung des Vorhabens als Anlage für soziale Zwecke oder als Wohnnutzung, als verletzt an, weil eine nicht gewerbeakzessorische Wohnnutzung jedenfalls nicht mit dem Charakter eines Gewerbegebiets vereinbar sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Februar 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2012 aufzuheben und der Beklagten und den Beigeladenen die Kosten des Verfahrens anteilig aufzuerlegen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Asylbewerberunterkunft sei für sich gesehen noch weniger wohnähnlich als die gesetzlich für zulässig erklärten Betriebswohnungen. Der Zwangscharakter der im Übrigen nur vorübergehenden Unterbringung überwiege. Eine für die Wohnnutzung typische eigenständige Gestaltung des häuslichen Lebens und die Gewährleistung der Intimsphäre seien nicht gegeben. Das ergebe sich hier vor allem aus der gemeinsamen Bad- und Küchenbenutzung. Außerdem unterliege das Leben vor Ort fremder Gestaltung durch die Heimleitung. Es seien gesetzliche Bestrebungen im Gange, die die planungsrechtlichen Voraussetzungen zugunsten von Asylbewerberunterkünften verbessern sollten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gründe

Über das Rechtsmittel der Klägerin kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten damit einverstanden sind (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet, die Baugenehmigung der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb zu ändern; die Baugenehmigung für die streitgegenständliche Gemeinschaftsunterkunft für insgesamt 40 Personen in 15 Zimmern in zwei Gebäuden des ehemaligen Güterbahnhofs ist aufzuheben.

Der Klägerin steht der Anspruch auf die Bewahrung der Gebietsart zur Seite (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151, 156; B. v. 22.12.2011 - 4 B 32/11 - BauR 2012, 634 = juris Rn. 5). Danach kann der Eigentümer eines Grundstücks, das in einem Baugebiet liegt, welches einem der in den Vorschriften des ersten Abschnitts der Baunutzungsverordnung näher beschriebenen Typen entspricht, die Zulassung eines gebietsfremden Vorhabens unabhängig von den damit verbundenen tatsächlichen Beeinträchtigungen oder Störungen abwehren. Die hierfür nötigen Voraussetzungen sieht der Senat als gegeben an. Das streitgegenständliche Vorhaben ist gebietsunverträglich (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 = juris Rn. 16 ; U. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 19; B. v. 28.2.2008 - 4 B 62/07 - juris Rn. 6; B. v. 13.5.2002 - 4 B 86/01 - DÖV 2002, 1043 = juris Rn. 9/10; U. v. 21.3.2002 - 4 C 1/02 - BVerwGE 116, 155 = juris Rn. 12/13, je m. zahlr. w. N.); es kann nicht im Wege einer Ausnahme zugelassen werden.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO. Die aufeinanderfolgend bebaute nähere Umgebung des Baugrundstücks wird im Westen durch die von Nord nach Süd verlaufende Bahnlinie K. - N. ..., im Norden durch den S.-platz und im Osten durch die bogenförmig zuerst nach Südsüdosten weisende R.-straße sowie anschließend durch die nach Süden und Südwesten führende A.-straße eingerahmt. Außer den neben den Gleisen gelegenen Gebäuden des ehemaligen Güterbahnhofs befinden sich in diesem Areal auf großflächigen Grundstücken neben umfangreichen Park- und Lagerplätzen zahlreiche weitere Gebäude mit großen Grundrissen (allein die Gebäude auf dem Grundstück der Kläger sind insgesamt fast 100 m lang und bis zu etwa 25 m tief), deren Nutzung dem Umgriff nach den auch im Berufungsverfahren unwidersprochen gebliebenen Angaben aller Verfahrensbeteiligten den Charakter eines Gewerbegebiets i. S. v. § 8 BauNVO verleihen.

Die jüngere Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und der Oberverwaltungsgerichte vertritt - soweit ersichtlich - einhellig die Meinung, dass Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, auch wenn diese als Anlagen für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinn angesehen werden können, mit dem Charakter eines Gewerbegebiets unvereinbar sind (vgl.: VG Leipzig, B. v. 13.11.2014 - 4 L 1187/14 - juris Rn. 39; VG München, U. v. 3.6.2014 - M 1 K 14.339 - juris Rn. 16-19; OVG Hamburg, B. v 17.6.2013 - 2 Bs 151/13 - NVwZ-RR 2013, 990 = juris LS 2 und Rn. 17; VGH BW, B. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - NVwZ-RR 2014, 752 = juris Rn. 17; B. v. 14.3.2013 - 8 S 2504/12 - DVBl 2013, 795 = juris LS 2 und Rn. 13-19, je m. zahlr. w. N.). Diese Auffassung wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Unterbringung von Asylbewerbern keine Funktion im Zusammenhang mit oder für eine der im Gewerbegebiet zulässigen Hauptnutzungsarten erfüllt. Die von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO als ausnahmsweise zulassungsfähig erklärten Wohnungen, „die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber … untergeordnet sind“, genießen die Vorteile ihrer betriebsnahen Unterbringung nur unter Inkaufnahme des von den Gewerbetrieben ausgehenden Störpotentials. Damit ist die Unterbringung von Asylbewerbern nicht vergleichbar. Ferner bildet eine Gemeinschaftsunterkunft für einen mehr als nur unbeachtlich kurzen Zeitraum den Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers. In Übereinstimmung mit den zitierten Erkenntnissen ist die tatsächlich stattfindende Nutzung - auch unter Berücksichtigung der Einwände der Beklagten wegen der näheren Ausgestaltung des Aufenthalts des betroffenen Personenkreises im streitgegenständlichen Vorhaben - nicht entscheidungserheblich anders einzustufen als das Wohnen im bauplanungsrechtlichen Sinn, sie ist „wohnähnlich“.

Der Gesetzgeber ist dieser rechtlichen Beurteilung bei der Einfügung von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB durch das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 (BGBl. I S. 1748) im Ergebnis gefolgt (noch anders, die Möglichkeit einer ausnahmsweisen Zulassung vorsehend: Art. 1 § 2 Abs. 4 Satz 1 des Entwurfs des Bundesrats für ein Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drucks. 18/2752 vom 8.10.2014 S. 5; vgl. jedoch auch den Änderungsvorschlag der Bundesregierung, a. a. O. S. 9 ff.: Einfügung von § 246 Abs. 10). Nach der Gesetz gewordenen Regelung kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Mit demselben Gesetz wurde auch § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB neu gefasst. Neben den schon bisher für eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans erforderlichen Gründen des Wohls der Allgemeinheit kann jetzt auch der Bedarf zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden eine Befreiung rechtfertigen.

Diese Gesetzeslage gilt seit dem 26. November 2014 (vgl. Art. 2 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BGBl I S. 1748). Nachdem das Gesetz keine Übergangsvorschriften enthält, ist es sogleich anzuwenden und gemäß § 128 VwGO einer in der Berufungsinstanz ergehenden Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. ferner zur Beachtlichkeit von Gesetzesänderungen während der Rechtshängigkeit: BVerwG, U. v. 17.12.1954 - V C 97.54 - BVerwGE 1, 291 = juris LS 2 und 3 sowie Rn. 12 ff.). Eine während des Rechtsstreits zugunsten des Bauherrn eintretende Änderung der Rechtslage ist auch bei baurechtlichen Nachbarklagen zu berücksichtigen (BVerwG, B. v. 23.4.1998 - 4 B 40/98 - BauR 1998, 995 = juris LS 2 und Rn. 3; B. v. 8.11.2010 - 4 B 43/10 - ZfBR 2011, 164 = juris Rn. 9, st. Rspr.). Im Einzelfall ist eine Befreiung gerade auch für eine weder regelhaft noch ausnahmsweise zulässige Anlage denkbar (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 29-34: Erweiterungsvorhaben einer in einem festgesetzten Industriegebiet genehmigten Syrisch-Orthodoxen Kirche um eine Krypta im vorhandenen Untergeschoss „als privaten Bestattungsplatz ausschließlich für verstorbene Geistliche“).

Diese neuen, seine Zulassung unter Befreiung von dem tatsächlichen Gebietscharakter der näheren Umgebung erleichternden Vorschriften kommen dem streitgegenständlichen Vorhaben hier jedoch nicht zugute, da es ausdrücklich nur im Wege der Ausnahme gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2BauGB 1 BauGB i.V.m § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen wurde. Eine Umdeutung (Art. 47 BayVwVfG) der Entscheidung der Beklagten in eine Befreiung kommt nicht in Betracht. Eine solche scheitert im vorliegenden Fall gemäß Art. 47 Abs. 2 Satz 1 VarBayVwVfGwVfG jedenfalls daran, dass die Beklagte bewusst keine Befreiung, sondern ausdrücklich nur eine Ausnahme erteilen wollte, was zusätzlich aus ihren Stellungnahmen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutlich geworden ist.

Kosten: § 154 Abs. 1 und 3, § 159 VwGO; vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Aufhebung einer für das benachbarte Anwesen der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für die Nutzung des Gebäudes als Asylbewerberunterkunft.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ..., ...straße ..., auf dem sich ein dreigeschossiges Gebäude befindet, das zuletzt aufgrund Baugenehmigung vom 21. März 2003 (...) als Call-Center mit technischem Kundendienst und Büro- und Schulungsräumen genutzt wurde. Zuvor waren Baugenehmigungen für ein Büro- und Werkstattgebäude mit gewerblichem Ausbildungs- und Fortbildungszentrum (1990 bis 1992) erteilt worden. Seit dem Auszug des Call-Centers stand das Gebäude leer. Inzwischen wurde das Gebäude nach Auskunft der Beigeladenen entsprechend der erteilten und hier angefochtenen Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 umgebaut, ein Bezug mit Asylbewerbern soll ab Anfang Juli erfolgen.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke ...straße ..., ... (FlNr. ..., Gemarkung ...) und ...straße ..., ... (FlNr. ..., Gemarkung ...). Auf dem südlich der ...straße gelegenen Grundstück FlNr. ... befindet sich ein Betriebsgebäude mit Büro, Lager und Verkaufsraum, auf dem nördlich gelegenen, ausschließlich gewerblich genutzten Grundstück FlNr. ... das Gebäude mit Hochregallager. Beide Betriebsgebäude sind durch eine Verbindungsbrücke über die ...straße miteinander verbunden. Das Baugrundstück der Beigeladenen FlNr. ... sowie das darauf befindliche Gebäude grenzen L-förmig in nördlicher und östlicher Richtung unmittelbar an das Betriebsgrundstück FlNr. ... der Klägerin an.

Weder das Anwesen der Klägerin noch das Vorhabengrundstück der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Ca. 200 m nördlich beginnt der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ..., der hier ein Industriegebiet im Sinne des § 9 BauNVO festsetzt. In den Geltungsbereich dieses Bebauungsplans fallen unter anderem das Anwesen ...straße ..., auf dem sich derzeit eine Tierklinik befindet, sowie das Anwesen ...straße ..., auf dem der Logistikbetrieb ... (...) angesiedelt ist.

Die Klägerin betreibt auf den Grundstücken ...straße ... und ...straße ... entsprechend den erteilten Baugenehmigungen vom 28. April 1986 (...), 15. September 1986 (.... ...), 23. Dezember 1986 (...) und 23. September 1998 (...) für das Grundstück ...straße ... und 9. April 1998 (...) sowie 7. Januar 1999 (...) für das Grundstück ...straße ... einen Groß- und Einzelhandel zur Lagerung, zum Verkauf und zum Versand von Leuchtmitteln. Die Klägerin verkauft ab Lager Leuchtmittel sowohl im Großhandel an Fachkunden als auch im Einzelhandel an Endkunden. Weiterhin erfolgt der Verkauf auch durch Versand, vor allem aufgrund von Bestellungen im Internet. Die Baugenehmigung für das Hochregallager auf dem Grundstück ...straße ... vom 9. April 1998 (...) setzt in der Auflage Nr. 25 fest, dass der Betriebsbeurteilungspegel aller Geräusche, die vom Betriebsgrundstück ausgehen, in dem Gewerbegebiet die Immissionsrichtwerte (IRW) von tags 65 dB(A) und nachts 50 dB(A) sowie im westlich angrenzenden Allgemeinen Wohngebiet die IRW von tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) nicht überschreiten darf. In den Baugenehmigungen für das Betriebsgebäude ...straße ... bis ... findet sich eine solche Auflage nicht.

Sämtlicher Kunden-, Mitarbeiter- sowie Lieferanten- und Speditionsverkehr zum und vom Betriebsgrundstück FlNr. ... führt wegen der Lage der Betriebsein- und -ausfahrten an der nördlichen Außenwand der geplanten Asylbewerberunterkunft vorbei.

Unmittelbar südlich an das Grundstück der Beigeladenen grenzen mehrere unbebaute, im Eigentum der Beklagten stehende Grundstücke (FlNrn. ..., ... und ... der Gemarkung ...), welche zeitweilig von einer Erdbaufirma genutzt wurden, die dort Baumaterialien abgelagert und Baufahrzeuge abgestellt hatte. Derzeit befinden sich auf dem im Übrigen geräumten Grundstück einige Container, die wohl der ... Faschingsgesellschaft gehören und im Vorgriff auf eine geplante Nutzung aufgestellt wurden. Nach Osten und Süden hin werden die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen durch den vierspurigen Frankenschnellweg, nach Westen durch die angrenzende Bahnlinie ...-... sowie eine S-Bahnlinie mit insgesamt sieben Gleisen und nach Norden durch einen Teil der sich nördlich an die ...straße anschließenden Bebauung begrenzt.

Außer den genehmigten Nutzungen der Klägerin und der Beigeladenen finden sich in der Umgebung des Vorhabengrundstücks noch eine Tierklinik (...straße ...) und der Betrieb der Fa. ... (...straße ...), bestehend aus einem Produktions- und einem Bürogebäude. In dem letztgenannten Betrieb werden auf CNC-Dreh-/Fräs-/Schleif-Erodiermaschinen Präzi-sionswerkzeuge gefertigt.

Am 28. März 2014 beantragte die Beigeladene einen Vorbescheid für Umbau und Nutzungsänderung des bisher auf dem vorbezeichneten Grundstück befindlichen Call-Centers mit technischem Kundendienst, Büro- und Schulungsräumen zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit ca. 230 Plätzen.

Mit Bescheid vom 15. April 2014 erteilte die Beklagte der Beigeladenen den streitgegenständlichen Vorbescheid. Unter Nr. 1 des Vorbescheids wurde die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens festgestellt und unter Nr. 2 eine Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wegen der Zulassung einer sozialen Einrichtung (Asylbewerberheim) in einem Gewerbegebiet gewährt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall werde die Umgebung als Gewerbegebiet (GE) gemäß § 8 BauNVO eingestuft. Für das Bauvorhaben lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gem. § 8 Abs. 3 Ziff. 2 BauNVO vor. Aufgrund der nur kurzfristigen Verweildauer der einzelnen Asylanten und unter der Voraussetzung der Einhaltung der Lärmwerte werde der Zulassung einer sozialen Einrichtung (Asylantenheim) in einem Gewerbegebiet zugestimmt.

Auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen hin erteilte die Beklagte weiter eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit wegen Lage der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet mit Ergänzungsbescheid vom 14. August 2014.

Auf die Klage der Klägerin hin hob die Kammer mit Urteil vom 9. Oktober 2014 im Verfahren AN 9 K 14.00830 den Vorbescheid der Beklagten vom 15. April 2014 und den Ergänzungsbescheid hierzu vom 14. August 2014 auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zwar sei der Vorbescheid hier hinreichend bestimmt, allerdings sei das Vorhaben Nutzungsänderung zu einer Asylbewerberunterkunft im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke seiner Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig und verletze damit den Anspruch der Klägerin auf Erhaltung der Gebietsart. Die von der Beklagten erteilte Befreiung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 31 Abs. 2 BauGB sei aus dem gleichen Grunde rechtswidrig und verletze die Klägerin ebenfalls in ihrem Gebietserhaltungsanspruch. Auf die rechtskräftige Entscheidung wird Bezug genommen, die Verfahrensakte wurde zum gegenständlichen Verfahren beigezogen.

Mit Bauantrag vom 4. August 2014 beantragte die Beigeladene für das (Bau-)Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., die Erteilung der Baugenehmigung für Umbau und Nutzungs-änderung des ehemaligen Call-Centers mit technischem Kundendienst, Büro- und Schulungsräumen zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit ca. 294 Plätzen. Nach den beiliegenden Plänen sollen in allen drei vorhandenen Geschossen des Bestandsgebäudes Zimmer für die Unterbringung von Asylbewerbern bzw. Gemeinschaftsräume eingerichtet werden, auch im Bereich entlang der westlichen und nördlichen Außenwand. In der beiliegenden Betriebsbeschreibung wird ausgeführt, das Anwesen werde als Gemeinschaftsunterkunft für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 AsylbLG genutzt, in dem Anwesen könnten 294 Personen untergebracht werden, in der Regel würden die Leistungsberechtigten, soweit es sich um Familien und Alleinerziehende mit Kindern handele, für die Zeit des behördlichen Erstverfahrens plus ein Jahr in der Unterkunft wohnen, Alleinstehende für die Zeit des behördlichen Erstverfahrens plus vier Jahre, in Einzelfällen könne sich die Unterbringungszeit aber auch verlängern. Aufgrund des geringen Barbetrages von 40,90 EUR pro Monat für Leistungsberechtigte ab dem 15. Lebensjahr, darunter 20,50 EUR pro Monat, sei der Besitz eigener Pkw der Bewohner praktisch unmöglich. Zugleich hatte die Beigeladene mit Schreiben ihrer Architekten vom 14. August 2014 die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit wegen der Lage der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet beantragt. Mit Schreiben vom 18. April 2015 erklärte die Beigeladene, mit einer zehnjährigen Befristung der Genehmigung einverstanden zu sein und ließ mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 15. Juni 2015 weiter beantragen, für das Vorhaben gemäß § 246 Abs. 10 BauGB Befreiung wegen der Lage in einem faktischen Gewerbegebiet zu erteilen und zur Begründung ausführen, an dem Standort könnten Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden, da ein förmlicher Ausschluss durch Festsetzung hier mangels Bebauungsplan nicht gegeben sei. Die Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar, die beantragte Gemeinschaftsunterkunft sei insbesondere mit den jeweils zulässigen Nutzungen im Gewerbegebiet verträglich. Auch bestehe ein überragendes öffentliches Interesse an der Unterbringung von Flüchtlingen und/oder Asylbegehrenden.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2015 erteilte die Beklagte im Rahmen der planungsrechtlichen Stellungnahme ihr Einvernehmen mit dem Vorhaben und führte dort aus, das Vorhaben sei auf Grundlage einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zulässig, zumal ein Nachtbetrieb des Unternehmens der Klägerin nicht zulässig sei, da die angrenzende Wohnbebauung... bereits durch die Umgebungsbetriebe stark belastet sei. Auch werde der Gebietstyp GE mit Genehmigung der Unterkunft im Sonderrechtsverfahren nicht gefährdet, das im Gebiet angesiedelte Gewerbe, besonders die Firma der Klägerin, nehme das Gebiet flächenmäßig zu mehr als 50% ein und präge es, die Potentialflächen auf dem Areal befänden sich im Eigentum der Beklagten, so dass hier keine fremdbestimmte Nutzung möglich sei. Das Unterkunftsgebäude sei mit entsprechenden Lärmschutzfenstern auszurüsten, so dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet seien.

Mit Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 wurde die Baugenehmigung für das genannte Vorhaben befristet auf die Dauer von zehn Jahren erteilt (Ziffer 1)). In Ziffer 2) wurde Befreiung erteilt gemäß § 246 Abs. 10 BauGB wegen der Errichtung der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet. In Ziffern 3) und 4) wurden Abweichungen von Art. 33 Abs. 2 Satz 1 sowie Art. 28 Abs. 2 BayBO zugelassen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die beantragte Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB lägen vor. Die benachbarten Gewerbebetriebe würden durch den Betrieb der Unterkunft nicht gestört, umgekehrt werde die Unterkunft nicht unzumutbaren Belästigungen oder Störungen durch Gewerbelärm ausgesetzt sein. Betriebliche Erweiterungen der bestehenden Gewerbebetriebe in Form eines Nachtschichtbetriebs zulasten der angrenzenden Wohnbebauung in ... seien wegen der Lärmvorbelastung dieser Wohngebiete nicht möglich. Das Vorhaben sei als Sonderbau geprüft worden, alle öffentlich-rechtlichen prüfpflichtigen Vorschriften des Baurechts würden eingehalten. In Auflage Nr. 3 wurde vorgeschrieben, das Unterkunftsgebäude sei mit entsprechenden Lärmschutzfenstern auszurüsten, so dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet seien. In den Auflagen Nr. 4 und 5 wurde u. a. festgesetzt, dass zehn Stellplätze für Kraftfahrzeuge und 29 Fahrradabstellplätze auf dem Baugrundstück herzustellen und bereit zu halten seien.

Mit am 13. August 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin Klage gegen die Stadt ... erheben mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten Nr. ..., vom 1. Juli 2015 aufzuheben.

Beigelegt war ein Abdruck des angefochtenen Bescheids mit Eingangsstempel 20. Juli 2015 sowie dem handschriftlichen Vermerk „EB-Datum 18.7.“.

Mit Beschluss der Kammer vom 17. August 2015 wurde die Bauherrin zu diesem Verfahren beigeladen.

Mit Schriftsatz vom 26. August 2015 zeigten die Beigeladenenvertreter ihre Bevollmächtigung an und beantragten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bauvorhaben sei aufgrund der rechtmäßig erteilten Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet zulässig, die Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Andere nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts und die durch die Baugenehmigung tangiert sein könnten, seien nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 trugen die Klägervertreter zur Klagebegründung in diesem Verfahren vor:

Die Klägerin betreibe auf den Anwesen ...straße ... und ...straße ... entsprechend der erteilten Baugenehmigungen einen großen Einzelhandel mit Lagerung zum Verkauf und zum Versand von Leuchtmitteln. Es würden Leuchtmittel ab Lager sowohl im Großhandel an Fachkunden als auch im Einzelhandel an Endkunden vertrieben. Weiterhin erfolge der Verkauf auch durch Versand, vor allem aufgrund von Bestellungen aus dem Internet. Die Klägerin habe für den Elektronikeinzelhandel „...“ den gesamten Online-Versand für ca. 10.000 Einzelprodukte des Leuchtmittelherstellers ... übernommen. Auch wickle die Klägerin für die Firma ... das stark wachsende Online-Geschäft über die Plattform ... ab. Schließlich führe die Klägerin auch einen eigenen Online-Endkundenshop „...“. Alle Geschäftsbereiche der Klägerin wüchsen stark, allein das Versandgeschäft mit der Firma „...“ solle in den nächsten fünf Jahren von 150.000,00 EUR Umsatz auf zwei bis drei Millionen Euro Umsatz erhöht werden. Das Versandgeschäft mit ... wachse seit Jahren jährlich um 80 bis 100% und solle innerhalb der nächsten fünf Jahre von derzeit 4 Mio. Euro auf ca. 7 Mio. Euro gesteigert werden. Der Online-Kundenshop „...“ solle innerhalb der nächsten fünf Jahre auf ein Volumen von zwei bis drei Millionen Euro Umsatz angehoben werden. Anfang 2014 habe die Klägerin eine Projektgruppe eröffnet und sieben neue Arbeitnehmer eingestellt. Diese Abteilung solle dieses Jahr einen Umsatz von 3 Mio. Euro und in den nächsten fünf Jahren gesteigert auf ca. 12 bis 15 Mio. Euro Jahresumsatz erreichen. Dabei handele es sich hauptsächlich um den Vertrieb von Leuchten, die im Vergleich zu Leuchtmittel einen deutlich höheren Stückwert besäßen. Das Lager-, Büro- und Verkaufsgebäude der Klägerin befinde sich im südlichen Teil des Grundstücks FlNr. ..., welches unter Einhaltung von 3 m Abstand nach Süden und Westen unmittelbar an das Baugrundstück der Beigeladenen ...straße ... angrenze. Die Außenwände bestünden aus Trapezblech mit geringem Schalldämmmaß. Auf dem nördlichen Teil dieses Grundstücks befinde sich der Betriebshof für das Lager-, Büro- und Verkaufsgebäude, der durch zwei Betriebsein- und -ausfahrten über die ...straße erschlossen werde, dort werde ein Teil des Zuliefer- und Abholverkehrs durch Lieferanten und Speditionen, der Zu- und Abfahrtsverkehr von Kunden und Mitarbeitern sowie die sonst notwendige unternehmensinterne Lade- und Umschlagtätigkeit innerhalb des Betriebs abgewickelt. In das Gebäude führten die beiden nördlich zum Betriebshof hin ausgerichteten Sektionaltore bzw. drei Zugangstüren, nach Süden befänden sich zwei Notausgangstüren, nach Osten und Westen keinerlei Zugänge. Ein Sektionaltor 5 sowie eine Zugangstür befänden sich in unmittelbarer Nähe zum Baugrundstück. Auf dem Betriebshof befänden sich weiter 16 genehmigte Kfz-Stellplätze sowie ein Carport und vier Garagen. An das Tor 5 für die Warenannahme müssten Lkw rückwärts andocken, sie würden unter Einsatz von Dieselstaplern entladen. Westlich des Gebäudes befinde sich noch eine Müllpressanlage im Freien. Auf dem Betriebsgrundstück FlNr. ... befinde sich das Gebäude mit dem Hochregallager, in dessen westlicher Außenwand vier Sektionaltore für Anlieferung und Abtransport der Ware vorhanden seien. Auch dort müssten die Sattelschlepper rückwärts von der ...straße an den Sektionaltoren andocken. Auch dort gebe es zwei Betriebsein- und -ausfahrten, die Hauptein- und -ausfahrt liege im nordsüdlichen Teil der ...straße, die andere im ostwestlichen Teil. Sämtlicher Kunden-, Mitarbeiter-, Lieferanten- und Speditionsverkehr zum Grundstück FlNr. ... führe an der nördlichen Außenwand des geplanten Wohnheims vorbei. Aber auch der Lieferverkehr auf dem Betriebshof des Grundstücks FlNr. ... wirke schalltechnisch auf dieses ein. Die ...straße fungiere weiter als Zufahrt für den nördlich gelegenen Betrieb der Firma ... GmbH. In der Folge wurden detaillierte Angaben zum Verkehr auf und zum und vom Betriebsgrundstück der Klägerin gemacht. Weiter wurde angegeben, im westlichen Teil des Betriebsgebäudes, ca. 5 m vom geplanten Wohnheim entfernt, sei ein Warenaufzug zum Warentransport vorhanden, die Waren würden über die Verbindungsbrücke dann zum nördlich gelegenen Teil des Betriebsgrundstücks verbracht.

Die Klägerin beabsichtige, den Betriebsumfang im Rahmen der erteilten Baugenehmigungen erheblich auszuweiten, deshalb werde es kurz-, mittel- und langfristig zu einer deutlichen Intensivierung der Betriebslärmimmissionen kommen. Der Klägerin sei bereits mit Bescheid vom 9. April 1998 ein Nachtbetrieb genehmigt worden, dort sei in Auflage Nr. 25 für das westlich der Gleisanlagen gelegene Gebiet die Einhaltung eines IRW von tags 55 dB(A) und nachts 40dB(A) festgelegt worden. Diese Regelung sei rechtswidrig, es hätte bereits damals in Anwendung von Ziffer 6.7 TA-Lärm die Richtwerte gemäß Ziffer 6.1c von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts festgelegt werden müssen. Die Klägerin habe zudem erneut die Erweiterung ihrer Betriebszeiten in die Nachtstunden mit Bauantrag vom 25. März 2015 beantragt, wobei jeweils Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,7 t eingesetzt werden sollen und von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr jeweils acht Lkw sowohl vor dem Gebäude Nord als auch vor dem Gebäude Süd be- und entladen werden sollen. Die Beklagte habe dazu gefordert, dass wegen der Vorbelastung durch die Geräuscheinwirkungen des Hafens und der weiteren in der Umgebung gelegenen Gewerbe- und Industriegebiete die Klägerin einen um 10 dB(A) reduzierten IRW eines Mischgebiets zur Nachtzeit, demgemäß 35 dB(A) einhalten müsse. Die Beklagte habe sich zu Unrecht auf den Bebauungsplan Nr. ... und die dortigen Festsetzungen berufen, da dieser Bebauungsplan weder die der Klägerin erteilte Baugenehmigung für den Nachtbetrieb berücksichtigt habe noch hätte davon ausgehen dürfen, dass im gegenständlichen Gewerbegebiet keinerlei Nutzungen zur Nachtzeit vorhanden und auch in Zukunft nicht zu erwarten seien. Festzuhalten bleibe, dass der Klägerin ein Betrieb zur Nachtzeit genehmigt worden sei oder jedenfalls eine Genehmigung erteilt werden müsste, weshalb diese befürchten müsse, wegen der geplanten und genehmigten Einrichtungen für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Nutzung schalltechnische Beschränkungen auferlegt zu bekommen. Im Folgenden wurde der Verlauf des Baugenehmigungsverfahrens für das gegenständliche Vorhaben dargestellt und ausgeführt, die Gemeinschaftsunterkunft führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Sicherheit des Betriebsverkehrs, auch sei die Sicherheit auf dem Betriebsgelände gefährdet. Die hohe Zahl von Asylbewerbern und deren Notwendigkeit, die ...straße zu begehen, führe zu häufigen Begegnungen zwischen Fußgängern und betrieblichem oder vom Betrieb ausgelöstem Verkehr bei der Klägerin, dies berge Gefahren insbesondere wegen der zahlreichen Kinder. Diese Gefahr werde auch durch die Stellungnahme der ... Büro für Stadt- und Verkehrsplanung ... GmbH vom 18. September 2014 bestätigt. Das Bauvorhaben sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, es sei weder abstrakt noch konkret gebietsverträglich, es verstoße gegen § 15 BauNVO und sei rücksichtslos, auch lägen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB nicht vor. Die maßgebliche Umgebung des Vorhabens sei als faktisches Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO einzustufen. Die geplante Asylbewerberunterkunft stelle eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter dar. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB lägen nicht vor, denn dabei müssten weiterhin die konkrete Gebietsverträglichkeit und das Rücksichtnahmegebot geprüft werden. Zwar sei die abstrakte Gebietsunverträglichkeit mit dieser Vorschrift überwunden, allerdings sei weiterhin zu prüfen, ob die beantragte Flüchtlingsunterkunft und die jeweils zulässigen Gewerbebetriebe im Gewerbegebiet miteinander verträglich seien. Das Vorhaben sei hier nicht konkret gebietsverträglich, da es gegen § 15 Abs. 1 BauNVO und die dortigen Anforderungen verstoße. Im Hinblick auf die Anzahl widerspreche das Vorhaben der Eigenart des Baugebiets, da hier nur wenige Gewerbebetriebe dem Asylbewerberwohnheim gegenüber stünden. Im Hinblick auf die Lage sei dies der Fall, da der gewählte Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zum klägerischen Betrieb für diesen unzumutbar sei, da dieser im Hinblick auf die von ihm ausgelösten Lärmimmissionen beim Bauvorhaben mit Beeinträchtigungen zu rechnen habe. Dies zeige sich bereits bei der Behandlung des Antrags auf Genehmigung des Nachtbetriebs durch die Beklagte. Im Hinblick auf das Kriterium Umfang in § 15 Abs. 1 BauNVO sei auf die Größe der Asylbewerberunterkunft mit 294 Plätzen hinzuweisen, wodurch erhebliche Konflikte im Verkehr bei den örtlichen Verhältnissen vorprogrammiert seien. Da das Asylbewerberwohnheim eine besondere Störanfälligkeit gegenüber in der Nachbarschaft vorhandenen und dort zulässigen Anlagen aufweise, widerspreche es auch aufgrund seiner Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets. Weiter sei das Bauvorhaben unzumutbaren Belästigungen oder Störungen ausgesetzt und deshalb nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzulässig. Das geplante Vorhaben sei unmittelbar neben einem produzierenden Gewerbebetrieb unzulässig, es entspreche nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 5 BauGB nicht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im gegenständlichen Gewerbegebiet, sondern begründe erhebliche bodenrechtliche Spannungen. Das vorliegende Gewerbegebiet sei allein aufgrund seiner Lage zwischen ... und einer vierspurigen Gleisanlage so erheblich vorbelastet, dass die Einhaltung der Grenzwerte bei der Situierung der wohnähnlichen Nutzung unmittelbar neben einem erheblich lärmemitierenden Gewerbebetrieb nicht möglich sei, daran ändere auch die Auflage Nr. 25 im Bescheid vom 9. April 1998 nichts. Im Hinblick auf den geringen Abstand zwischen Bauvorhaben und Betrieb der Klägerin sei auch bei Einhaltung der Auflage Nr. 25 in Bezug auf das westlich gelegene Gebiet die Gefahr unzumutbarer Immissionen am Bauvorhaben nicht gebannt. Dabei sei auch der geplante Nachtbetrieb, der bereits genehmigt, jedenfalls aber genehmigungsfähig sei, zu berücksichtigen. Die Unzumutbarkeit der Immissionen werde auch nicht durch die Befristung auf zehn Jahre beseitigt. Das Gebot der Rücksichtnahme sei auch bei Erteilung der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zu prüfen und werde hier verletzt, denn das Vorhaben führe zu unmittelbaren Betriebsbeeinträchtigungen, die der Klägerin nicht zuzumuten seien. Auch sei das Vorhaben selbst unzumutbaren Schallimmissionen durch den Gewerbebetrieb der Klägerin ausgesetzt. Gerade die Lage des Asylbewerberheims mit nur 6 m von der Außenwand des Betriebsgebäudes der Klägerin und wenige Meter von der vorhandenen Müllpresse und dem Betriebshof führe zu so erheblichen Gewerbe- und Verkehrslärmimmissionen, die sich in den nächsten Jahren auch noch beträchtlich steigern würden, dass die Beigeladene diese nicht mit ausreichender Wirksamkeit verhindern könne. Die Klägerin sei ohne die beantragte Betriebsausweitung in die Nachtzeit nicht in der Lage, am Standort zu bleiben, sie habe diese Ausweitung seit längerem systematisch durch entsprechende Geschäftsbeziehungen vorbereitet und bereits beantragt. Passiver Lärmschutz sei hier keinesfalls ausreichend, zumal die maßgeblichen Immissionsorte vor dem Fenster der Aufenthaltsräume lägen. Weiterhin sei mit sonstiger Betriebsbeeinträchtigung und erheblicher Unfallgefahr durch die Asylbewerber zu rechnen. Diese Gefahr gehe insbesondere von den zu erwartenden mehreren Dutzend Kindern aus. Vorsorglich werde noch gebeten, die Berufung zuzulassen, da der Regelungsgehalt des § 246 Abs. 10 BauGB neu sei.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2015 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der vom 4. August 2014 datierende und im August 2014 ergänzte Bauantrag der Beigeladenen sei genehmigt worden, während der Bauantrag der Klägerin auf Erweiterung ihrer Betriebszeiten in die Nachtstunden mit dem Gutachten des Ingenieurbüros ... vom 23. März 2015 vom 25. Februar 2015 vorgelegt worden sei. Danach ergebe sich, dass die Betriebszeiterweiterung durch die Klägerin wegen der Überschreitung der im Anwesen ...Straße ... befindlichen Wohnnutzung nicht genehmigungsfähig sei. Im Übrigen lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB hier vor, insbesondere seien im vorliegenden faktischen Gewerbegebiet Anlagen für soziale Zwecke nicht durch Bebauungsplanfestsetzung ausgeschlossen, sondern nach § 34 Abs. 2 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig. Mit der Sonderregelung in § 246 Abs. 10 BauGB sei die Voraussetzung des § 31 Abs. 2 BauGB, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt sein dürften, und dass das Vorhaben städtebaulich vertretbar sein müsse, nicht mehr Gegenstand der Prüfung. Vorliegend sei das Vorhaben mit den öffentlichen Belangen bei § 246 Abs. 10 BauGB vereinbar, da es nicht in Widerspruch zu städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen der Beklagten liege, ebenso wenig seien bauplanerische Festsetzungen zur Steuerung des Gebietes geplant, öffentliche Belange seien insoweit nicht beeinträchtigt. Die nachbarlichen Interessen der Klägerin, insbesondere das Gebot der Rücksichtnahme, seien hier nicht verletzt. Der Gewerbebetrieb der Klägerin und die Gemeinschaftsunterkunft der Beigeladenen schlössen sich nicht gegenseitig aus, sondern seien wechselseitig verträglich. Darüber hinaus sei nach der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten. Was den Betrieb der Klägerin angehe, so habe weder dieser noch der Betrieb der Firma ... GmbH weder gegenwärtig noch in der Vergangenheit eine nächtliche betriebliche Aktivität entfaltet, sie besäßen auch keine Genehmigungen dafür, deshalb habe die Beklagte nicht fehlerhaft gehandelt, bei der Geräuschkontingentierung für den Bebauungsplan Nr. ... für diese Grundstücke keine Vorbelastung für den Beurteilungszeitraum nachts anzunehmen. Allerdings sei die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. ... hier nicht relevant, da bei der Ablehnung des Genehmigungsantrags der Klägerin für den Nachtbetrieb gerade nicht darauf abgestellt werde, dass das Hafengebiet bereits das zur Verfügung stehende Lärmkontingent ausschöpfe, sondern dass der Betrieb der Klägerin wegen der tatsächlich bestehenden Lärmvorbelastung der Wohngebiete in der Nachtzeit durch die bereits vorhandenen Gewerbebetriebe im Umfeld keine weiteren Betriebe mit zusätzlichem Lärmpotential in der Nachtzeit in dieser Situation zugelassen werden könnten. Dies gelte unabhängig davon, ob es den Bebauungsplan Nr. ... gebe oder nicht. Maßgeblich sei allein die vorhandene Geräuschvorbelastung durch die bestehenden Gewerbebetriebe. Diese habe sich seit Aufstellung des Bebauungsplans nicht verändert und bereits vorher bestanden. Im Hinblick darauf, dass ein Nachtbetrieb der Klägerin schon daran scheitern werde, dass er die Wohnruhe in den angrenzenden Wohngebieten stören würde, sei dem Interesse der Beigeladenen an einer Nutzung ihres Baugrundstücks ermessensfehlerfrei der Vorrang eingeräumt worden. Das von der Klägerin vorgelegte Schallschutzgutachten der IFB ... vom 9. November 2015, wonach wegen ständig vorherrschender Fremdgeräusche keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen zu befürchten seien, stellten diese Entscheidung nicht in Frage. Be- und Entlade- und Lkw-Geräusche seien impulshaltig, diese entstünden beim An- und Abkuppeln von Anhängern, Verladen, durch Druckluftgeräusche bei einer Entlüftung der Bremsen, bei einer beschleunigten Abfahrt und durch Türenschlagen. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 5 Satz 2 TA-Lärm komme aber das Fremdgeräuschkriterium nicht in Betracht, wenn für die Beurteilung der Geräuschimmissionen Zuschläge für Ton- und Informationshaltigkeit oder Impulshaltigkeit erforderlich seien. Der Gutachter der Klägerin gehe von einer Zusatzbelastung für die lauteste Nachtstunde von 42 dB(A) aus. Nach Anlage 2 zum Bericht Nr. ... vom 23. März 2015 würden für die Ladegeräusche der Hallen Nord und Süd je eine Dauer von 30 Minuten angesetzt. Der Wert von 42 dB(A) würde in dem Moment überschritten werden, wenn - entgegen der Betriebsbeschreibung - die Ladetätigkeiten gleichzeitig oder überlappend stattfänden. Der 95%-Pegel sei für alle Nachtstunden zu bilden, insbesondere für die leiseste Fremdgeräuschstunde. Der Bericht weise diese Pegel nur für die Stunden zwischen 3.00 Uhr und 6.00 Uhr aus, nicht jedoch für die Nachtstunden von 23.00 Uhr bis 3.00 Uhr. Der Bericht der IFB ... vom 9. November 2015 widerlege deshalb nicht die Annahme der Beklagten, dass das beantragte Vorhaben zu zusätzlichen schädlichen Lärmeinwirkungen an der nächstgelegenen Wohnbebauung führen werde. Die Befristung der Baugenehmigung sei hier zulässig, auch liege kein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vor. Mit dem Verzicht des Gesetzgebers auf die Voraussetzung „Grundzüge der Planung nicht berührt“ könne die aus dem wohnähnlichen Charakter einer Gemeinschaftsunterkunft resultierende Gebietsunverträglichkeit kein Hindernis mehr für die Zulassung eines solchen Vorhabens unter Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB sein. Der Gebietserhaltungsanspruch sei damit als subjektives Abwehrrecht beseitigt worden und könne auch nicht über § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO wieder begründet werden. Vielmehr habe der Gesetzgeber bei Schaffung des § 246 Abs. 10 BauGB gerade das Einbringen einer wohnähnlichen Nutzung in ein Gewerbegebiet regeln wollen. Im Hinblick auf die von der Klägerin nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO normierte konkrete Gebietsverträglichkeit sei festzustellen, dass der Vorschrift kein nachbarschützender Charakter zukomme. Im Übrigen sei das Vorhaben konkret gebietsverträglich. So handele es sich hier um ein einzelnes Vorhaben, das wegen der Anzahl auch in einem kleinen Gewerbegebiet nicht allein deshalb unzulässig sei. Die Lage sei konkret gebietsverträglich, die Lage im Gewerbegebiet setze ein unmittelbares Angrenzen eines Gewerbebetriebs voraus und führe deshalb nicht allein deshalb zur konkreten Gebietsunverträglichkeit. Im Übrigen seien die Lärmimmissionen aus dem Betrieb der Klägerin, aber auch dem anderen ansässigen Unternehmen, im Hinblick auf die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft als vernachlässigbar einzustufen. Die Betriebsgebäude würden als Lager und Büro genutzt, relevante gewerbliche Lärmquellen seien lediglich die „drei bis fünf großen Lkw, auch Sattelschlepper“, die täglich die Betriebsgrundstücke der Klägerin anführen und dort, auch mit Gabelstaplern, be- und entladen würden. Die entsprechenden Geräuschbelästigungen seien zeitlich begrenzt und nur während der Tagzeit vorhanden, deshalb für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft nicht unzumutbar. Zusätzlicher Lieferanten-, Kunden- und Mitarbeiterverkehr sei von der Intensität nicht anders als etwa in einem allgemeinen Wohngebiet anzutreffen. Die Klägerin habe deshalb wegen des Bauvorhabens nicht mit behördlichen Auflagen zu rechnen. Die Klägerin sei auch nicht dadurch von dem Vorhaben belastet, dass seinetwegen ein Nachtbetrieb nicht zulässig sei. Dies liege daran, dass einem An- und Ablieferverkehr in den Nachtstunden von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr ohnehin schon wegen des benachbarten Wohngebiets Grenzen gesetzt seien, im Übrigen sei eine betriebliche Notwendigkeit dafür bisher nicht belegt. Die Gemeinschaftsunterkunft sei auch nicht hinsichtlich ihres Umfangs gebietsunverträglich, auch nicht im Hinblick darauf, dass die Bewohner die Fahrbahn der ...straße benutzen und sich unter Umständen sogar in Gefahr bringen könnten. Dass Bewohner einer Gemeinschaftsunterkunft beim Zu- und Abgang zur Unterkunft in einem Gewerbegebiet auch Betriebszufahrten kreuzen, sei eine alltägliche und zu meisternde Situation. Diese Gefahr bestehe im Übrigen unabhängig von der Größe der Unterkunft, im Übrigen sei eine Beeinträchtigung der Sicherheit oder Leichtigkeit des betrieblichen Verkehrs hier nicht zu erwarten. Eine besondere Gefährdung gerade durch das Rückwärtsanfahren der Ladetore sei wegen der dabei notwendigen Tätigkeit eines Einweisers nicht gegeben. Im Übrigen könne Gefahren im Straßenverkehr auch durch verkehrslenkende Maßnahmen nach der StVO begegnet werden, falls solche aufträten. Schließlich weise das Vorhaben der Beigeladenen keine signifikante Störanfälligkeit gegenüber gewerblichen Betrieben als andere Gemeinschaftsunterkünfte auf und sei deshalb wegen der Zweckbestimmung nicht gebietsunverträglich. Auch die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO seien nicht erfüllt, wie bereits der Augenschein im Verfahren AN 9 K 14.00830 ergeben habe. Beim Augenschein seien damals außer einem Verkehrshintergrundgeräusch keine auffallenden Betriebsgeräusche aus dem klägerischen Betrieb festgestellt worden. Dies ergebe sich auch aus der Betriebsbeschreibung vom 29. Januar 1998. Es handele sich hier eben nicht um Produktionsstätten, sondern um Lagerhallen, die Verkehrsfrequenz sei als gering anzusehen. Auch der Warenumschlag auf den Betriebsgrundstücken führe nicht zu unzumutbaren Immissionen oder gar Gefährdungen von Bewohnern der Unterkunft. Weshalb deshalb die Klägerin mit ihrem derzeitigen Betrieb nicht in der Lage sein solle, die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet einzuhalten, sei deshalb nicht nachzuvollziehen. Dabei sei die Vorbelastung durch die Verkehrswege zulasten der Klägerin gerade nicht zu berücksichtigen. Vielmehr habe das Vorhaben der Beigeladenen auf den genehmigten Tagbetrieb der Klägerin Rücksicht zu nehmen. Das Vorhaben verursache erkennbar keine bodenrechtlichen Spannungen, weil es sich nicht als rücksichtslos darstelle. So habe etwa der VGH Baden-Württemberg (B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15) bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ausgeführt, der Gesetzgeber habe für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen.

Ein Nachtbetrieb finde beim Betrieb der Klägerin derzeit nicht statt und habe nie stattgefunden. Betriebliche Entwicklungen, die noch nicht im Bestand angelegt seien, genössen noch nicht den eigentumsrechtlichen Schutz von Art. 14 GG. Prüfungsmaßstab sei das tatsächlich Vorhandene, deshalb verbiete es sich, zur Begründung eines nachbarlichen Abwehranspruchs auf eine noch nicht existierende Nutzung abzuheben. Beim Betrieb der Klägerin handele es sich um ein mittleres Unternehmen im Groß- und Einzelhandel, es sei auf einen Betrieb in der Nachtzeit, unabhängig von der baulichen Ausstattung, typischerweise nicht angelegt. Die Rücksichtnahmepflicht bestehe nur gegenüber einer bauaufsichtlich genehmigten tatsächlich ausgeübten Nutzung. Ein Nachtbetrieb sei der Klägerin aber bisher in keiner Baugenehmigung genehmigt worden. Dass die Baugenehmigung für das Betriebsgrundstück FlNr. ... auch Auflagen zur Einhaltung von IRW nachts enthalte, stelle dies nicht in Frage. Der Grund dafür liege schlicht in der Praxis der Bauordnungsbehörde der Beklagten, ungeachtet des beantragten Betriebsumfangs mittels Auflage stets sowohl für die Tag- wie auch für die Nachtzeit Beurteilungspegel zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm festzusetzen. Die genehmigte Nutzung ergebe sich aus dem Bauantrag und den Bauvorlagen. Diese gäben für einen Nachtbetrieb nichts her. In Zweifelsfällen könne auch die tatsächliche Nutzung indizielle Bedeutung für den Genehmigungsumfang haben. Aber auch die „gelebten“ Baugenehmigungen sprächen dagegen, dass eine An- oder Ablieferung zu unbestimmten Nachtzeiten Teil der in den 90er Jahren erteilten Genehmigungen sei. Allerdings sei ein Nachtbetrieb mit einem zeitlich nicht eingegrenzten Speditionsverkehr gegenwärtig auch deshalb nicht mehr genehmigungsfähig, weil dann ein durchgehendes Schlafen in der Unterkunft nicht mehr möglich sein werde. Nach eigenen überschlägigen Berechnungen würde ein Nachtbetrieb der Klägerin an der Nordfassade des Anwesens ...straße ... Einwirkungen von 54 dB(A) verursachen und damit den Nachtrichtwert für ein Gewerbegebiet von 50 dB(A) erheblich überschreiten.

Wenn Bauanträge für mehrere Bauvorhaben gestellt seien, aber nach den hierfür geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nur für ein Vorhaben die Genehmigung erteilt werden könne, habe die Behörde nach dem auf dem allgemeinen Gleichheitssatz beruhenden Grundsatz der Priorität vorzugehen. Nur der früher gestellte Bauantrag sei genehmigungsfähig. Dies bedeute, dass der früher gestellte Bauantrag der Beigeladenen auf Nutzungsänderung ohne Rücksicht auf den Bauantrag der Klägerin für einen Nachtbetrieb genehmigungsfähig sei. Wenn nach anderer Auffassung eine Ermessensentscheidung zu treffen sei, komme es dabei auf die Verhältnisse und Umstände des Einzelfalles an, die im Zeitpunkt der Genehmigung einer der Konkurrenzanlagen bestünden. Aber auch insoweit sei es sachgerecht gewesen, der Beigeladenen den Vorzug zu geben, auch wenn damit im Ergebnis betriebliche Aktivitäten der Klägerin während der Nachtstunden Einschränkungen unterworfen würden. Die bevorzugte Behandlung des Bauantrags der Klägerin würde dazu führen, dass die von der Beigeladenen beantragte Nutzung gänzlich abgelehnt werden müsste und der dringende Bedarf nach Unterkünften für Bürgerkriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte nicht befriedigt werden könne. Der Gesetzgeber habe mit den Bestimmungen der BauGB-Novelle 2014 der Schaffung von Flüchtlings- und Asylbewerberunterkünften ein besonderes Gewicht beigemessen, was insbesondere auch bei der Abwägung und Bewertung nachbarlicher Interessen bei Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme von Bedeutung sei (HessVGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15).

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2016 erwiderten die Klägervertreter, tatsächlich habe die Beklagte eingeräumt, bei der Ermittlung der tatsächlichen Lärmvorbelastung auf die Ermittlungen im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. ... zurückgegriffen zu haben. Die Beklagte genehmige auch immer wieder neue lärmträchtige Nutzungen zur Nachtzeit im Hafengebiet im Rahmen des bestehenden Lärmmanagements. Der Bebauungsplan Nr. ... schließe einen Nachtbetrieb der in seinem Geltungsbereich ansässigen Gewerbebetriebe gerade nicht aus. Es könne daher nicht sein, dass ein eventuelles Erweiterungsvorhaben der Klägerin von vorneherein an der vorhandenen Vorbelastung scheitere. Wenn betriebliche Erweiterungen im benachbarten Hafengebiet im Rahmen der dort festgesetzten Lärmkontingente zulässig seien, müsse dies auch erst recht für das Betriebsgrundstück der Klägerin gelten, das nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans liege. Auch habe die Klägerin ihre Betriebsgrundstücke von der Beklagten gekauft, um ihren expandierenden Betrieb genau in diesem Gewerbegebiet anzusiedeln. Wenn deshalb nunmehr eine Betriebserweiterung wegen des Bebauungsplans Nr. ... nicht mehr möglich sei, wäre der Bebauungsplan Nr. ... insoweit unwirksam. Auch verlange § 246 Abs. 10 BauGB ausdrücklich die Würdigung nachbarlicher Interessen, selbst wenn nach herrschender Meinung die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht nachbarschützend wäre. Im Übrigen sei diese Auffassung der Beklagten unzutreffend, vielmehr könne sich die Klägerin hier auf den Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets berufen, da zu befürchten sei, dass durch das Vorhaben in dem hier kleinen Gewerbegebiet der Gebietscharakter „kippen“ würde. Im Hinblick darauf, dass der Klägerin ein nächtlicher Betrieb bereits genehmigt sei, wofür auch die Auflage Nr. 25 in der Baugenehmigung vom 9. April 1998 spreche, sei tatsächlich mit einer Beeinträchtigung des nächtlichen Betriebs bei der Klägerin durch die Asylbewerberunterkunft zu rechnen und somit ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO gegeben. Darüber hinaus umfasse § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht nur schädliche Umwelteinwirkungen, sondern etwa auch die erheblichen Verkehrsgefährdungen zulasten der Bewohner der Asylbewerberunterkunft.

Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2016 teilten die Beigeladenenvertreter mit, dass sich weder auf dem Baugrundstück noch auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin oder in der näheren Umgebung baurechtlich relevante Veränderungen seit dem Augenschein ergeben hätten, es seien lediglich auf dem Baugrundstück selbst Baumaßnahmen zur Realisierung des mit Bescheid vom 1. Juli 2015 genehmigten Vorhabens durchgeführt worden. Die Klägervertreter führten mit Schriftsatz vom 23. Februar 2016 insofern aus, dass auf dem Baugrundstück umfangreiche bauliche Veränderungen vorgenommen worden seien. Die Beklagte trug mit Schreiben vom 16. März 2016 insoweit vor, dass sich die Veränderungen auf dem Baugrundstück, dem Grundstück der Klägerin und der näheren Umgebung auf den Umbau des gegenständlichen Gebäudes gemäß der Baugenehmigung beschränkten.

Mit Schriftsatz vom 29. März 2016 führten die Beigeladenenvertreter weiter aus, die Klägervertreter ließen bei ihren bauplanungsrechtlichen Ausführungen gerade die Erleichterungen für Flüchtlings- und Asylunterkünfte aufgrund des Art. 6 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes unberücksichtigt. § 246 Abs. 10 BauGB habe bereits vor Inkrafttreten der neuen Regelungen eine neben § 31 Abs. 2 BauGB tretenden Sonderbefreiungstatbestand festgesetzt. Nunmehr könnten Befreiungen auch dann erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung berührt würden. Die Beklagte habe hier von dieser Befreiungsmöglichkeit im angefochtenen Bescheid Gebrauch gemacht, die sogenannte abstrakte Gebietsverträglichkeit sei damit ohne weiteres gegeben. Die geplante Flüchtlingsunterkunft sei auch mit den jeweils zulässigen Nutzungen im Gewerbegebiet verträglich, sie werde insbesondere keinen Lärmimmissionen ausgesetzt, die mit gesunden Wohnverhältnissen völlig unvereinbar wären. Auch fänden technische Regelwerke, wie z. B. TA-Lärm oder die 16. BImSchV, bei einem Heranrücken einer Asylunterkunft an emittierende Anlagen nicht direkt Anwendung, insoweit werde auf das Rundschreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 30. September 2015 verwiesen. Danach müssten Flüchtlinge und Asylbewerber bei ihrer Unterbringung im Gewerbegebiet die für ein Gewerbegebiet maßgebenden Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 Buchstabe b) der TA-Lärm hinnehmen und könnten nicht die Einhaltung strengerer Anforderungen verlangen. Daher könnten und müssten Gewerbetreibende auch keine Abwehrklagen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Gewerbegebiet erheben, um ihnen drohende Betriebsbeschränkungen abzuwehren. Dass diese Immissionsrichtwerte vorliegend überschritten würden, werde weder von der Klägerin behauptet und sei auch sonst nicht ersichtlich. Schließlich sei auf die Intention des Bundesgesetzgebers abzustellen, der bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern von einer Notsituation und einer daraus geschuldeten besonderen Rechtfertigung ausgehe, um dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollten, auch bereitstellen zu können. Die Anforderungen an die konkrete Gebietsverträglichkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO seien vor diesem Hintergrund im Lichte der Bedeutung der nationalen Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung zu sehen (so Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 22.12.2015). Auch im Einzelfall liege kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme hier vor. So gingen vom Betrieb der Klägerin keinerlei Lärmimmissionen aus, die mit dem Wohnen unverträglich wären. Damit sei das Vorhaben der Beigeladenen auch keinen unzumutbaren Lärm- bzw. sonstigen Immissionen ausgesetzt, die Klägerin müsse auch sonst keine Betriebsbeschränkungen durch das Vorhaben befürchten. Damit hätten die Interessen der Beigeladenen und der Allgemeinheit an der erteilten Befreiung angesichts des weiterhin sehr hohen Bedarfs an der übergangsweisen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden absoluten Vorrang.

Mit Schriftsatz vom 6. April 2016 führten die Klägervertreter im vorliegenden Verfahren ergänzend aus, der Klägerin sei, wie ausgeführt, ein Nachtbetrieb bereits genehmigt, andernfalls besitze sie einen Anspruch auf entsprechende Genehmigung. Aber selbst wenn ein Nachtbetrieb derzeit nicht genehmigt sei, so habe die Beklagte eine Ermessensentscheidung zu treffen über die Frage, ob dem Prioritätsgrundsatz Vorrang gegeben oder richtigerweise den Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen werden müsse. Da der Betrieb der Klägerin bereits deutlich vor der Asylbewerberunterkunft der Beigeladenen genehmigt worden sei, sei hier zwingend eine Ermessensentscheidung über die Frage der Anwendung des Prioritätsgrundsatzes zu treffen, zumal die Klägerin bereits einmal gegen einen entsprechenden Genehmigungsbescheid geklagt habe. Die Beklagte habe bei Erteilung der Genehmigung bereits gewusst, dass die Klägerin gegen die Asylbewerberunterkunft vorgehen müsse, um nicht späteren Beschränkungen ausgesetzt zu werden. Die Beklagte habe hier nicht beachtet, dass die Erweiterung im Betrieb der Klägerin bereits angelegt sei. Auch wäre in die Ermessensentscheidung einzustellen gewesen, dass die Entscheidung der Behörde über den vorsorglichen Antrag der Klägerin auf Baugenehmigung wegen Erweiterung des Betriebs in die Nachtstunden ein Jahr gedauert habe. Nur deshalb sei der gegenständliche Baugenehmigungsbescheid für die Asylbewerberunterkunft zwischenzeitlich ohne Berücksichtigung einer zwischenzeitlichen Genehmigung zum Betrieb der Nachtzeit erteilt worden. Die Bearbeitungszeiten für die beiden Anträge hätten sich überschnitten, eine fehlerfreie Ermessensentscheidung hätte zu dem Ergebnis geführt, dass der Genehmigung des Nachtbetriebs der Vorrang hätte eingeräumt werden müssen. Schließlich ergebe sich die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens nach § 15 Abs. 1 BauNVO auch daraus, dass bei einer ausnahmsweisen Zulassung einer Anlage für soziale Zwecke auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und die Sicherheit der Wohnbevölkerung zu prüfen sei. Diese Voraussetzungen seien gerade hier nicht gegeben, nachdem als Standorte in Gewerbegebieten für Flüchtlingsunterkünfte gerade solche, in denen insbesondere Konflikte mit Lärm- und Geruchsimmissionen nicht zu erwarten seien, in Frage kämen. Im Übrigen habe die Klägerin Klage erheben müssen, da wegen der besonderen baulichen Situation zwischen der Asylbewerberunterkunft und dem klägerischen Lagergebäude hier gerade kein geeignetes Gebäudes zur Unterbringung einer wohnähnlichen Nutzung vorliege. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte in Gewerbegebieten durch die Beigeladene wegen der wohnähnlichen Nutzung könne nicht hingenommen werden, was bei einem gewerblichen Gebäude, welches nachts keinen Betrieb aufweise, problemlos möglich gewesen wäre. Die Klägerin müsse aber ihren Standort und den Nachtbetrieb sichern.

In einem weiteren Verfahren (AN 9 K 16.00223) erhob die Klägerin am 15. Februar 2016 Klage gegen die Beklagte mit dem Ziel, die Verpflichtung der Klägerin zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung der Betriebszeiten in den Nachtstunden entsprechend dem Bauantrag, eingegangen bei der Beklagten am 25. März 2015, zu erteilen.

Mit Bauantrag vom 25. Februar 2015, eingegangen bei der Beklagten am 25. März 2015, hatte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Betriebserweiterung zur Nachtzeit ihres Betriebs im Anwesen ...straße ..., ... und ..., Grundstücke FlNrn. ... und ..., beantragt.

Mit Bescheid vom 14. März 2016 hatte die Beklagte die begehrte Baugenehmigung für den Nachtbetrieb versagt und zur Begründung ausgeführt, die Mindestanforderungen für IRW könnten nicht eingehalten werden. Die vorgelegten Gutachten vom 23. März und 9. November 2015 setzten den maßgeblichen IO an dem Anwesen ...Straße ... fest, übersehen worden sei der maßgebliche Immissionsort ...straße ... im Gewerbegebiet. Aus den vorgelegten schalltechnischen Gutachten ergebe sich, dass der Nachtbetrieb eine Schallleistung von 92 dB(A) bis 95 dB(A) benötige. Danach verursache der Nachtbetrieb der Klägerin nach eigenen überschlägigen Berechnungen an der Nordfassade des Anwesens ...straße ... Einwirkungen von 54 dB(A) und überschreite damit den Nachtrichtwert für ein Gewerbegebiet von 50 dB(A) erheblich. Wäre die Asylunterkunft nicht zulässig, sei der maßgebliche IO nach Anhang A 1.3 Buchstabe b) TA-Lärm der Rand der Betriebsfläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen entstellt werden dürften, festzulegen. Dort sei ein Beurteilungspegel für die lauteste Nachtstunde von 59 dB(A) zu erwarten. Der Klägerin stehe aufgrund der Entfernung zur Lieferzone in der Nachtzeit ein Schallleistungspegel von LWA = 89 dB(A) zur Verfügung, der vorgesehene Betrieb überschreite diesen Wert deutlich. Es seien auch keine verhältnismäßigen schalltechnischen Maßnahmen ersichtlich, die zu einer Einhaltung der IRW führen könnten.

Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016 bezogen die Klägervertreter den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14. März 2016 in diese Klage ein und führten aus, dieser sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten und sei damit aufzuheben.

In einem weiteren Verfahren (AN 9 K 16.00578) erhob die Klägerin Feststellungsklage gegen die Beklagte mit dem Antrag, festzustellen, dass mit Bescheid der Beklagten vom 28. April 1986, Az...., zur Errichtung eines Betriebsgebäudes der Klägerin auch der Betrieb zur Nachtzeit genehmigt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2016 waren die Beteiligten erschienen, die Klägerin nahm die Feststellungsklage (AN 9 K 16.00578) zurück, hinsichtlich der Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Nachtbetrieb (AN 9 K 16.00223) wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Die Akten der Verfahren AN 9 K 16.00223 und AN 9 K 16.0578 wurden zum vorliegenden Verfahren beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Gerichts- und Behördenakten, insbesondere die dort vorhandenen Schriftsätze und Pläne einschließlich der beigezogenen Akten, auch des Verfahrens AN 9 K 14.00830 und insbesondere der dort vorhandenen Unterlagen über den Augenschein am 9. Oktober 2014 Bezug genommen. Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Das als Sonderbau gemäß Art. 2 Abs. 4 BayBO von der Beklagten genehmigte Vorhaben verletzt keine im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Klägerin als Nachbar zu dienen bestimmt sind.

Eine Verletzung prüfpflichtiger bauordnungsrechtlicher Vorschriften wird von der Klägerin nicht dargetan, eine Verletzung solcher Vorschriften zu ihren Lasten ist auch nicht ersichtlich.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt auch nicht in bauplanungsrechtlicher Hinsicht gegen nachbarschützende Rechte der Klägerin. Das geplante Vorhaben, eine Asylbewerberunterkunft, ist als Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Ausprägung zwar ihrer Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet zulässig. Allerdings hat die Beklagte hier rechtmäßig gemäß § 246 Abs. 10 BauGB Befreiung wegen der Errichtung der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet erteilt, so dass dadurch die Gebietsverträglichkeit gegeben ist und der Klägerin kein Gebietserhaltungsanspruch insoweit zusteht, mit dem sie das Vorhaben abwehren könnte. Auch verstößt das Vorhaben nicht gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zulasten der Betriebsgrundstücke der Klägerin.

Der Klägerin steht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen kein Abwehrrecht aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruchs zu. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens der Beigeladenen richtet sich nach §§ 29 Abs. 1, 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO. Die Kammer ist in Übereinstimmung mit der Entscheidung vom 9. Oktober 2014 im Verfahren AN 9 K 14.00830 der Auffassung, dass es sich bei der maßgeblichen Umgebung des Bauvorhabens hier um ein faktisches Gewerbegebiet handelt. Diese Einschätzung, die soweit ersichtlich von allen Beteiligten geteilt wird, beruht auf den vorgelegten Lichtbildern und Plänen, insbesondere aber auch auf dem Ergebnis des von der Kammer im genannten Verfahren durchgeführten Augenscheins am 9. Oktober 2014. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sich seither mit Ausnahme der Umbauarbeiten im Zusammenhang mit der angefochtenen Baugenehmigung auf dem Baugrundstück in der näheren Umgebung keine relevanten Änderungen im Hinblick auf die damals getroffenen Feststellungen ergeben haben. Dass auf dem südlich an das Baugrundstück angrenzenden bisher unbebauten Grundstück damals vorhandene Schuttablagerungen inzwischen beseitigt wurden, ändert daran ebenso wenig etwas wie die mögliche Erteilung eines Vorbescheids für die Bebauung dieses Grundstücks, da maßgeblich für die Gebietseinschätzung der vorhandene Bestand unter Berücksichtigung der eventuellen Nachwirkung früherer Nutzungen ist. Der räumliche Umgriff wird von der Kammer wie in der genannten Entscheidung dargelegt bestimmt, die Grenzen stellen die im Bereich des Vorhabengrundstücks westlich verlaufende Bahnlinie ... sowie die ebenfalls dort befindliche S-Bahn, der östlich bzw. südlich verlaufende ... sowie im Norden die ...straße unter Einbeziehung des nördlich der ...straße gelegenen Anwesens ...straße ..., auf dem sich eine Tierklinik befindet. Wie im genannten Urteil geht die Kammer auch weiterhin davon aus, dass das streitgegenständliche Vorhaben als Anlage für soziale Zwecke, die dem Wohnen ähnlich ist, einzustufen ist, wegen der Zuweisung der Unterkunft an die Bewohner aber keine Wohnnutzung darstellt. Weiter geht die Kammer davon aus, dass im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet das Bauvorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig ist, da die Asylbewerberunterkunft aufgrund ihres Umfangs und ihrer allgemeinen Zweckbestimmung gegen die allgemeine Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets verstößt und mit einem Gewerbegebiet generell nicht verträglich ist.

Die hier geplante Asylbewerberunterkunft ist aber in dem vorliegenden faktischen Gewerbegebiet dennoch bauplanungsrechtlich zulässig, da die Beklagte in der angefochtenen Baugenehmigung zulässigerweise eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB für das Vorhaben erteilt hat.

Die Voraussetzungen für die Erteilung der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB für die hier gegenständliche Asylbewerberunterkunft liegen vor. Das vorhandene faktische Gewerbegebiet ist grundsätzlich für Anlagen für soziale Zwecke offen, da diese nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden können, ein Ausschluss durch Bebauungsplan ist hier gerade nicht erfolgt.

Die Abweichung ist auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Die Beklagte hat schriftlich ihr Einvernehmen mit dem gegenständlichen Bauvorhaben erklärt und ausdrücklich ausgeführt, das Vorhaben stehe eventuellen planerischen Absichten in Bezug auf das gegenständliche Gebiet nicht entgegen.

Im Gegensatz zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB ist für die Prüfung der Zulässigkeit der Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB die Frage, ob das Vorhaben gegen die Grundzüge der Planung verstößt, nicht Prüfungsgegenstand. Denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der Tatsache, dass Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber und ähnliche Anlagen von der herrschenden Rechtsprechung als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden, die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind, und für die auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden konnte, mit der Vorschrift des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB einen befristen Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen wollen, die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind (vgl. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drs. 18/2752, S. 12). Der Gesetzgeber hat also die Befreiungsmöglichkeit für Asylbewerberunterkünfte in Gewerbegebieten in Ansehung der durch die Genehmigung einer wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes durch Asylsuchende möglicherweise in ein Gewerbegebiet getragenen Unruhe vorgesehen, so dass von der Gebietsverträglichkeit der Nutzung im Gewerbegebiet auszugehen ist, wenn das Gebiet allgemein für Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme offen ist und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Dabei darf weder bei der Prüfung nachbarlicher Interessen noch bei der Prüfung öffentlicher Belange die Frage der der Eigenart eines Gewerbegebiets an sich entgegenstehenden Zweckbestimmung der wohnähnlichen Asylbewerberunterbringung etwa im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO erneut geprüft werden, da dies dem erklärten Willen des Gesetzgebers, zur Beseitigung des Unterbringungsnotstandes vorübergehend und befristet Asylbewerber auch in Gewerbegebieten unterzubringen, entgegenlaufen würde. Dabei ist im Hinblick auf § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB davon auszugehen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann, da der Gesetzgeber insofern eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, insoweit Befreiung zu erteilen, getroffen hat (VGH Baden-Württemberg, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15- juris - Rn. 15).

Als öffentlicher Belang ist hier die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende wäre daher tatbestandlich u. a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen durch die vorhandenen Nutzungen im festgesetzten Baugebiet ausgesetzt wären (VG Augsburg, U.v. 21.4.2016 - Au 5 K 15.1897- juris Rn. 56).

Danach sind öffentliche Belange im Sinne des § 246 Abs. 10 BauGB vorliegend nicht betroffen. Dies gilt insbesondere für die von der Klägerin dargelegten Lärmimmissionen durch ihren gewerblichen Betrieb. Insofern ist zunächst davon auszugehen, dass Gewerbegebiete nach § 8 BauNVO ohnehin nur der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen.

Nach Überzeugung der Kammer stellt der Betrieb der Klägerin, soweit er entsprechend der vorhandenen Baugenehmigungen betrieben wird, einen solchen Betrieb dar. Denn bei der Tätigkeit des klägerischen Betriebs handelt es sich um die Lagerung und Verteilung (Distribution) von Lampen und Leuchtmitteln, nicht also um produzierendes Gewerbe. Die Tätigkeit im Betrieb der Klägerin, also das Abwickeln der Lieferaufträge für die von der Klägerin vertretenen Unternehmen erzeugt, wie auch der Augenschein ergeben hat, ersichtlich keine nennenswerte außerhalb der Betriebsgebäude wahrnehmbare Lärmbelastung. Dies gilt auch für den während der Tagzeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr auf dem Betriebsgelände der Klägerin stattfindenden Verkehr. Dieser Verkehr besteht im Wesentlichen aus An- und Abfahrten von Mitarbeiter- oder Kunden-Pkws, sowie Liefer- und Abholverkehr durch Kleintransporter, während nur wenige, etwa maximal drei bis fünf Lkw-Anfahrten pro Tag bisher vorliegen.

Ob für die Nachtzeit ein Betrieb zulässig ist, d. h. ob betriebliche Tätigkeiten einschließlich der An- und Abfahrt von Lkws auf dem Betriebsgelände stattfinden dürfen, kann hier offenbleiben, da im vorhandenen faktischen Gewerbegebiet der Betrieb der Klägerin die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm von 65 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht gemäß Nr. 6.1b TA-Lärm einhalten muss. Dies ergibt sich für den Gesamtbetrieb der Klägerin zudem auch aus der Auflage Nr. 25 zur Baugenehmigung für die Betriebserweiterung auf das nördlich gelegene Grundstück FlNr. ... und die Errichtung des Hochregallagers dort mit Bescheid vom 9. April 1998. Diese Immissionsrichtwerte gelten für alle im vorliegenden Gewerbegebiet vorhandenen und genehmigten gewerbliche Nutzungen. Dabei ist auch nicht ersichtlich, dass die entsprechenden Immissionsrichtwerte von den im Gewerbegebiet vorhandenen Nutzungen nicht eingehalten werden können.

Weiter geht die Kammer davon aus, dass die Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber, die aufgrund der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB im faktischen Gewerbegebiet zulässig ist, vom Schutzgrad her einer dort nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter entspricht. Für diese betriebsbezogenen Wohnungen als eigenem bauplanungsrechtlichen Nutzungsbegriff ist allgemein anerkannt, dass deren Bewohner grundsätzlich die üblichen im Gewerbegebiet auftretenden zulässigen Störungen hinzunehmen haben. Nicht die Betriebe, die sich innerhalb des zulässigen Störgrades halten, sind zu Maßnahmen verpflichtet, die das Wohnen zumutbar erscheinen lassen, sondern die Nutzer der betriebsbezogenen Wohnungen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg - Söfker, Rn. 40 zu § 8 BauNVO). Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass den betriebsbezogenen Wohnungen ein geringerer Schutz gegen Immissionen zusteht als den sonstigen Wohnungen in den übrigen Baugebieten (BVerwG, U.v. 27.5.1983 - 4 C 67.83).

Damit liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das genehmigte Vorhaben Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber unzumutbaren Lärmbelastungen durch die im hier vorliegenden Gewerbegebiet vorhandenen und genehmigten Nutzungen ausgesetzt ist.

Da aber der Gesamtbetrieb der Klägerin am hier maßgeblichen Immissionsort gemäß Anlage A.1.3 a) zur TA-Lärm, 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109, Ausgabe November 1989, einen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts einzuhalten hat, während bei der zuvor genehmigten gewerblichen Nutzung als Call-Center nach Anlage A.1.3 b) der TA-Lärm bei Gebäuden ohne schutzbedürftige Räume der IO an dem am stärksten betroffenen Rand der Fläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen erstellt werden dürfen, verlegt wird, führt die nunmehr genehmigte Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auf dem Grundstück der Beigeladenen dazu, dass wegen des sonst erheblich näher an der Hauptquelle der Emissionen durch Lkw-Verkehr, nämlich dem nördlichen Teil des Betriebsgeländes mit den dortigen Andockstellen für Lkw, gelegenen Immissionsorts faktisch sogar eine Verbesserung für die Klägerin im Hinblick auf den vom Betriebsgelände der Klägerin in Form von An- und Abfahrt sowie Ladegeräuschen bei den Lkw ausgehenden Lärmmengen ergibt. Das nunmehr genehmigte Vorhaben führt demgemäß also keinesfalls zu einer Verschlechterung der immissionsschutzrechtlichen Situation für das klägerische Unternehmen, sondern faktisch in gewissem Umfang sogar zu einer Verbesserung.

Soweit bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen im Rahmen des § 246 Abs. 10 BauGB die Wohngesundheit Gegenstand der Prüfung ist, d. h. die Bewohner der genehmigten Asylbewerberunterkunft keinen gesundheitsschädlichen Lärmimmissionen dauerhaft ausgesetzt werden dürfen, bezieht sich dies allein auf die Immissionen durch die genehmigten und vorhandenen gewerblichen Nutzungen im hier gegenständlichen Gewerbegebiet.

Insoweit ist die Kammer der Auffassung, dass sich im Rahmen der hier gegenständlichen Nachbarklage die Klägerin nicht darauf berufen kann, dass das gegenständliche Bauvorhaben unzuträglichen Lärmimmissionen von Quellen ausgesetzt sei, die außerhalb des hier maßgeblichen Gewerbegebietes und der dort genehmigten und vorhandenen Nutzungen liegen. Denn wenn § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB die Errichtung von ähnlichen Nutzungen in Form von Asylbewerberunterkünften in Gewerbegebieten zulässt, und damit einen Gebietserhaltungsanspruch der in dem Gewerbegebiet vorhandenen Gewerbetreibenden für eine begrenzte Zeit überlagert, so greift diese Vorschrift damit in das innere Gefüge des Gewerbegebiets ein, weshalb die Festsetzung, dass eine Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar sein muss, ersichtlich dazu dient, die Rechte der Eigentümer im Gewerbegebiet gegen Eingriffe in ihren betrieblichen Bestand bzw. betriebliche Entwicklungsmöglichkeiten zu schützen und die Gefahr eines dauerhaften Umkippens des Gewerbegebiets nicht hinnehmen zu müssen. Demgegenüber erscheint es der Kammer als nicht geboten, die Vereinbarkeit der genehmigten Nutzung mit sonstigen, nicht aus dem Gewerbegebiet stammenden Immissionen im Rahmen der Nachbarklage und des dabei zu prüfenden nachbarlichen Abwehranspruchs zu untersuchen. Selbst wenn das Bauvorhaben hier teilweise gesundheitsgefährdenden Immissionen durch den vorhandenen Bahnbetrieb ausgesetzt wäre, wofür nach Ansicht der Kammer wenig spricht, würde dies nicht zu einem Abwehrrecht der Klägerin gegen das genehmigte Vorhaben führen. Der Klägerin als Nachbar obliegt insoweit nicht die Funktion eines Wächters über die Gesundheit der Asylbewerber. Deshalb war es hier auch nicht geboten, weitere Untersuchungen hinsichtlich der von der angrenzenden Bahnlinie ausgehenden Lärmimmissionen beim Vorhaben einzuholen bzw. diesbezüglich Beweis zu erheben, zumal der Beweisantrag auf ganz konkrete Immissionsrichtwerte abstellt, deren Relevanz aber, da es einen verbindlichen allgemeinen Lärmgrenzwert für gesundheitsgefährdenden Lärm, gerade auch im Hinblick auf die hier übergangsweise und zur Erfüllung der Unterbringungsverpflichtung aus der Notlage heraus, nicht gibt.

Soweit die Klägerin vorträgt, durch die das Baugebiet umgebenden Straßen und Eisenbahnlinien sei ein solcher gesundheitsschädlicher Lärm zu befürchten, so widerspricht dem zum einen die Tatsache, dass dann auch die übrigen im Gewerbegebiet ansässigen Nutzungen solchen gesundheitsschädlichen Lärmimmissionen ausgesetzt wären, zumal die Klägerin selbst vorträgt, die Außenwände ihres Gebäudes bestünden nur aus dünnen Trapezblechen. Weiter sprechen gegen eine gesundheitsgefährdende Lärmbelastung im Innern der Asylbewerberunterkunft die Feststellungen der Kammer beim Augenschein am 9. Oktober 2014. Weiterhin ist gerichtsbekannt, dass sich entlang der Bahnlinie ... oder vergleichbarer Bahnlinien zahlreiche Wohngebäude und gewerblich genutzte Gebäude befinden, die in einem vergleichbaren Abstand wie die Asylbewerberunterkunft oder sogar näher an den Gleisen errichtet wurden. Schließlich ist hier auf Auflage 3 der angefochtenen Baugenehmigung hinzuweisen, nach der Schallschutzfenster derart vorgeschrieben werden, dass es im Inneren nicht zu gesundheitsgefährdendem Lärm kommt. Schließlich ist hier noch zu beachten, dass das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen zur Linderung einer extremen Notsituation im Hinblick auf die Unterbringung hunderttausender Flüchtlinge in kurzer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland erlassen wurde. Aus der ersichtlichen Notwendigkeit, zur Linderung dieser Notsituation schnelle und effektive Maßnahmen zur Errichtung bzw. Nutzungsänderung vorhandener Gebäude zur Unterbringung von Asylbewerbern zu ermöglichen, ergibt sich, dass alle Beteiligten vorübergehend höhere Belastungen in Kauf nehmen müssen als nach dem bisherigen Bauplanungsrecht vorgesehen.

Die weiteren von der Klägerin erhobenen Bedenken gegen die Nutzung des genehmigten Vorhabens im Hinblick auf Sicherheitsbelange führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen hält die Kammer aufgrund der hier vorliegenden Verkehrssituation, die von einem relativ geringen Pkw-Verkehr und einigen wenigen Lkw-Bewegungen am Tag geprägt wird, während entlang der ...straße ein Fußweg für Fußgänger vorhanden ist, die von der Klägerin geäußerten Sicherheitsbedenken und Befürchtungen im Hinblick auf Probleme beim Zusammentreffen von motorisiertem Verkehr und Fußgängern für nicht einschlägig. Die verkehrliche Situation hier erscheint der Kammer im Verhältnis zur sonstigen Verkehrssituation in ..., auch im Hinblick auf Wege, die Asylbewerber von anderen Asylbewerberunterkünften etwa zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Versorgungseinrichtungen oder Schulen zurücklegen müssen, nicht als außergewöhnlich gefährlich, zum anderen hat die Beklagte erklärt, im Fall von dennoch auftretenden Problemen durch verkehrsregelnde Maßnahmen zu reagieren.

Soweit die Klägerin Sicherheitsprobleme auf ihrem Betriebsgrundstück befürchtet, so ist zum einen das Baugrundstück vollständig umzäunt, so dass ein Zugang auf das Grundstück der Klägerin direkt vom Grundstück der Beigeladenen aus nicht möglich ist. Zum anderen ist es Sache jedes Grundstückseigentümers, den Zugang zu seinem Grundstück gegebenenfalls durch Umzäunungen und Tore so zu gestalten, dass Gefahren vermieden werden. Auch insoweit ist aber keine atypische Situation durch das genehmigte Vorhaben entstanden, zumal auch bei dem zuvor genehmigten Call-Center 200 Mitarbeiter auf dem Baugrundstück tätig waren. Die Klägerin muss deshalb nicht befürchten, dass ihr Betrieb in der derzeit genehmigten Form durch das genehmigte Vorhaben beeinträchtigt werden wird, auch eventuell geplante Betriebserweiterungen würden im Hinblick auf den oben beschriebenen Schutzgrad der genehmigten Nutzung, die sich von der früheren genehmigten gewerblichen Nutzung jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin verändert hat, durch die hier angefochtene Baugenehmigung und das genehmigte Vorhaben nicht erschwert oder unmöglich gemacht werden.

Damit ist eine Vereinbarkeit des genehmigten Bauvorhabens auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar.

In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (a. a. O., Nr. 20) ist die Kammer der Auffassung, dass das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde auf § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung auf Null reduziert ist. Dabei ist insbesondere auf das hohe öffentliche Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber abzustellen, zumal hier Beeinträchtigungen des Betriebs der Klägerin mit der erteilten Baugenehmigung nicht verbunden sind. Die Kammer hat auch keine Bedenken daran, dass hier die Befristung auf zehn Jahre zulässigerweise erfolgte. Insbesondere kann aus der Befristung für die Geltung der Vorschrift des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB nicht gefolgert werden, dass auch auf Grundlage dieser Vorschrift erteilte Baugenehmigungen längstens bis zu diesem Zeitpunkt zu befristen seien, dies zeigt allein der Vergleich mit der Regelung in § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB.

Nach alldem ist die hier angefochtene Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 nicht geeignet, die Klägerin in nachbarschützenden Vorschriften zu verletzen. Damit ist die Klage unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Es entspricht der Billigkeit, die der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen erstatten zu lassen, da die Beigeladene sich aufgrund eigener Antragstellung am Prozessrisiko beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Die Berufung wird hier gemäß dem Antrag der Klägerin zugelassen, da die Voraussetzungen der §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben sind, insbesondere im Hinblick auf die Frage des Umfangs der notwendigen Prüfung der Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB bei Nachbarklagen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 anordnet.

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Beschlusses abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Abänderungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Abänderungsverfahren wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen am 21.09.2012 erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
1. Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen (Nutzungs-)Änderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Nachbargrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“.
2. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Mit Senatsbeschluss vom 14. März 2013 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die angegriffene Baugenehmigung werde sich in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Anlage für soziale Zwecke handele, sei sie voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil die genehmigte Nutzung mit ihrem wohnähnlichen Charakter in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich sei.
3. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch der Antragsteller mit Bescheid vom 07.08.2013 unter Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ zurück. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB lägen vor, denn Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung und die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Ein auf die Erteilung der Befreiung gestützter Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg (Beschluss vom 14.10.2013 - 11 K 2941/13). Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsteller mit Senatsbeschluss vom 17.12.2013 geändert und der Antrag auf Abänderung abgelehnt (8 S 2350/13).
4. Auf die Klage der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 21.09.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 mit Urteil vom 22.07.2014 aufgehoben (11 K 3170/13). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist vom Beklagten, dem Beigeladenen und dem - im Klageverfahren ebenfalls beigeladenen - Landkreis Rems-Murr-Kreis, eingelegt worden. Über die Berufungen ist noch nicht entschieden worden.
II.
Der Senat macht von der ihm in § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ändert den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.11.2012 - in der Fassung, die er durch den Senatsbeschluss vom 14.03.2013 gefunden hat - mit Wirkung für die Zukunft ab und lehnt den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die Erfolgsaussichten dieser Klage erweisen sich aufgrund der Einführung von § 246 Abs. 10 BauGB durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl I S. 1748) mit Wirkung vom 26.11.2014 (vgl. dessen Art. 2) derzeit als offen. Das Vollzugsinteresse - sowohl das öffentliche als auch das private des Beigeladenen - überwiegt daher nunmehr das Suspensivinteresse der Antragsteller.
1. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient dabei nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG; Beschluss vom 10.03.2011 - 8 VR 2.11 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.1995 - 13 S 494/95 - VBlBW 1996, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2013 - 9 S 53.13 - juris; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 143a).
10 
2. Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Aufgrund der Einfügung des neuen Absatzes 10 in § 246 BauGB erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen (a)). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des §212a Abs. 1 BauGB, wonach der Bauherr von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen darf, kommt dem Vollzugsinteresse aufgrund des erheblichen Platzbedarfs für die Unterbringung von Asylantragstellern der Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zu (b)).
11 
a) Die dem Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ wird tatbestandlich voraussichtlich von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dessen Einfügung in das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 26.11.2014 vom Senat hier zu berücksichtigen ist (aa)) - gedeckt (bb)). Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Baurechtsbehörde ist hier wohl zugunsten des Beigeladenen auf Null reduziert (cc)). Es ist allerdings eine offene Rechtsfrage, ob auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine unbefristete Baugenehmigung bzw. Befreiung erteilt werden darf (dd)).
12 
aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung einer Baugenehmigung der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung. Allerdings ist es zu berücksichtigen, wenn sich die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Bauherrn verändert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.2011 - 5 S 194/10 - VBlBW 2011, 395 m.w.N.). Eine solche Änderung stellt § 246 Abs. 10 BauGB dar.
13 
bb) (1) Nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
14 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit derem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609<1612>). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.
15 
Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte (BVerwG, Urteile vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78 f.> und vom 19.09.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende (dazu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 15 f. und Bayerischer VGH, Urteil vom 06.02.2015 - 15 B 14.1832 - juris, jeweils m.w.N.), in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt (auch hierzu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 18 m.w.N.), nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären.
16 
Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 - NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
17 
(2) Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich alle erfüllt.
18 
(a) Im Plangebiet sind allein die das Wohnen wesentlich störenden Betriebe von der Zulässigkeit, wie sie von dem mit der Festsetzung unter Nr. 1.2 des Bebauungsplans in Bezug genommenen § 8 BauNVO 1968 bestimmt werden, ausgenommen. Anlagen für soziale Zwecke sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. BauNVO 1968 hingegen ausnahmsweise zulässig.
19 
(b) Die Befreiung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller haben bislang nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen - wie etwa der auf ihrem Grundstück ausgeübte Handel mit Natursteinen - aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnte und also Nutzungen auf Nachbargrundstücken von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert tatsächlich konkret beeinträchtigt werden könnten. Eine solche Beeinträchtigung liegt im Übrigen auch schon deswegen fern, weil die in dem festgesetzten beschränkten Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe das Wohnen ohnehin nicht wesentlich stören dürfen und auch im Mischgebiet zulässig sein müssen, so dass der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen kann, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten.
20 
bb) Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 31 Rn. 43). Dies gilt auch für das der Baurechtsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl auch Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 - NVwZ-RR 2008, 225 <226 f.>).
21 
cc) Offen hingegen erscheint, ob die Befreiung und damit die Baugenehmigung für die begehrte Nutzungsänderung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - wie bislang geschehen - unbefristet erteilt werden darf.
22 
Die Gesetzesmaterialien äußern sich nicht zu der Frage, ob mit der Befristung der Ermächtigungsgrundlage auf den 31.12.2019 auch beabsichtigt gewesen ist, nur befristet Befreiungen zu ermöglichen. In der Literatur wird vertreten, dass § 246 Abs. 10 BauGB die Erteilung unbefristeter Befreiungen und auf ihrer Grundlage Baugenehmigungen ermögliche (Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73<78>) und dass eine Rechtfertigung, Baugenehmigungen für beantragte Vorhaben behördlicherseits mit einer zeitlichen Beschränkung auf den 31.12.2019 zu versehen, nicht bestehe (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609 <1611>). Dagegen könnte jedoch sprechen, dass der mit der zeitlichen Befristung der Ermächtigungsgrundlage erkennbar verfolgte doppelte Zweck, nur eine befristete Regelung aufgrund der aktuell stark ansteigenden Asylantragszahlen zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 7) und den Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch Zulassung einer Befreiungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf Planungsgrundzüge möglichst gering zu halten, letztlich nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn auch die Auswirkungen der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zeitlich begrenzt werden und damit der „Ausnahmecharakter“ der Norm (Kment/Bauer, BauR 2015, 211<214>) hinreichend Berücksichtigung findet. Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung der Antragsteller, wonach die Frage der Befristung für die Verhältnismäßigkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG relevant sei. Denn Art. 14 GG gewährleistet keinen Anspruch auf Beibehaltung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41).
23 
b) Angesichts der aufgrund der fehlenden Befristung der erteilten Befreiung derzeit offenen Frage ihrer Rechtmäßigkeit kommt nunmehr - abweichend von der vom Senat im Beschluss vom 14.03.2013 vorgenommenen Interessenabwägung - dem privaten Interesse des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung höheres Gewicht als dem Suspensivinteresse der Antragsteller zu. Bei dieser Interessenabwägung ist zugunsten des Vollzugsinteresses die gesetzliche Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB, der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und die Möglichkeit der Nachholung der Befristung der angefochtenen Baugenehmigung auch im laufenden Klageverfahren - sollte sie denn rechtlich erforderlich sein - einzustellen. Da die Antragsteller bislang keine konkreten Nachteile für den Fall des erneuten Vollzugs der Baugenehmigung substantiiert geltend gemacht haben und solche auch nicht ersichtlich sind, muss ihr Suspensivinteresse nunmehr zurückstehen.
24 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat weist darauf hin, dass aufgrund der Bestimmung des § 16 Nr. 5 RVG das von Amts wegen eingeleitete Änderungsverfahren im Verhältnis zum ersten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung „dieselbe Angelegenheit“ i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 08.11.2011 - 8 S 1247/11 - JZ 2012, 421).
25 
b) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Anwendung von Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Es bedarf einer Streitwertfestsetzung, weil diese Grundlage für zu erhebende Gebühren ist. Denn mehrere Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7, § 80a Abs. 3 VwGO gelten - systematisch insoweit vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abweichend - nur innerhalb eines Rechtszugs als ein Verfahren, Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, was zur Folge hat, dass die Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses durch das Berufungsgericht eine Gebühr auslöst (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.10.1989 - 1 S 3032/89 - juris). Die Abänderung eines Beschlusses nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO von Amts wegen führt zum Entstehen einer Gebühr. Denn Absatz 2 der Vorbemerkung 5.2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nimmt sowohl Satz 1 als auch Satz 2 des § 80 Abs. 7 VwGO in Bezug.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Aufhebung einer für das benachbarte Anwesen der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für die Nutzung des Gebäudes als Asylbewerberunterkunft.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ..., ...straße ..., auf dem sich ein dreigeschossiges Gebäude befindet, das zuletzt aufgrund Baugenehmigung vom 21. März 2003 (...) als Call-Center mit technischem Kundendienst und Büro- und Schulungsräumen genutzt wurde. Zuvor waren Baugenehmigungen für ein Büro- und Werkstattgebäude mit gewerblichem Ausbildungs- und Fortbildungszentrum (1990 bis 1992) erteilt worden. Seit dem Auszug des Call-Centers stand das Gebäude leer. Inzwischen wurde das Gebäude nach Auskunft der Beigeladenen entsprechend der erteilten und hier angefochtenen Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 umgebaut, ein Bezug mit Asylbewerbern soll ab Anfang Juli erfolgen.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke ...straße ..., ... (FlNr. ..., Gemarkung ...) und ...straße ..., ... (FlNr. ..., Gemarkung ...). Auf dem südlich der ...straße gelegenen Grundstück FlNr. ... befindet sich ein Betriebsgebäude mit Büro, Lager und Verkaufsraum, auf dem nördlich gelegenen, ausschließlich gewerblich genutzten Grundstück FlNr. ... das Gebäude mit Hochregallager. Beide Betriebsgebäude sind durch eine Verbindungsbrücke über die ...straße miteinander verbunden. Das Baugrundstück der Beigeladenen FlNr. ... sowie das darauf befindliche Gebäude grenzen L-förmig in nördlicher und östlicher Richtung unmittelbar an das Betriebsgrundstück FlNr. ... der Klägerin an.

Weder das Anwesen der Klägerin noch das Vorhabengrundstück der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Ca. 200 m nördlich beginnt der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ..., der hier ein Industriegebiet im Sinne des § 9 BauNVO festsetzt. In den Geltungsbereich dieses Bebauungsplans fallen unter anderem das Anwesen ...straße ..., auf dem sich derzeit eine Tierklinik befindet, sowie das Anwesen ...straße ..., auf dem der Logistikbetrieb ... (...) angesiedelt ist.

Die Klägerin betreibt auf den Grundstücken ...straße ... und ...straße ... entsprechend den erteilten Baugenehmigungen vom 28. April 1986 (...), 15. September 1986 (.... ...), 23. Dezember 1986 (...) und 23. September 1998 (...) für das Grundstück ...straße ... und 9. April 1998 (...) sowie 7. Januar 1999 (...) für das Grundstück ...straße ... einen Groß- und Einzelhandel zur Lagerung, zum Verkauf und zum Versand von Leuchtmitteln. Die Klägerin verkauft ab Lager Leuchtmittel sowohl im Großhandel an Fachkunden als auch im Einzelhandel an Endkunden. Weiterhin erfolgt der Verkauf auch durch Versand, vor allem aufgrund von Bestellungen im Internet. Die Baugenehmigung für das Hochregallager auf dem Grundstück ...straße ... vom 9. April 1998 (...) setzt in der Auflage Nr. 25 fest, dass der Betriebsbeurteilungspegel aller Geräusche, die vom Betriebsgrundstück ausgehen, in dem Gewerbegebiet die Immissionsrichtwerte (IRW) von tags 65 dB(A) und nachts 50 dB(A) sowie im westlich angrenzenden Allgemeinen Wohngebiet die IRW von tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) nicht überschreiten darf. In den Baugenehmigungen für das Betriebsgebäude ...straße ... bis ... findet sich eine solche Auflage nicht.

Sämtlicher Kunden-, Mitarbeiter- sowie Lieferanten- und Speditionsverkehr zum und vom Betriebsgrundstück FlNr. ... führt wegen der Lage der Betriebsein- und -ausfahrten an der nördlichen Außenwand der geplanten Asylbewerberunterkunft vorbei.

Unmittelbar südlich an das Grundstück der Beigeladenen grenzen mehrere unbebaute, im Eigentum der Beklagten stehende Grundstücke (FlNrn. ..., ... und ... der Gemarkung ...), welche zeitweilig von einer Erdbaufirma genutzt wurden, die dort Baumaterialien abgelagert und Baufahrzeuge abgestellt hatte. Derzeit befinden sich auf dem im Übrigen geräumten Grundstück einige Container, die wohl der ... Faschingsgesellschaft gehören und im Vorgriff auf eine geplante Nutzung aufgestellt wurden. Nach Osten und Süden hin werden die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen durch den vierspurigen Frankenschnellweg, nach Westen durch die angrenzende Bahnlinie ...-... sowie eine S-Bahnlinie mit insgesamt sieben Gleisen und nach Norden durch einen Teil der sich nördlich an die ...straße anschließenden Bebauung begrenzt.

Außer den genehmigten Nutzungen der Klägerin und der Beigeladenen finden sich in der Umgebung des Vorhabengrundstücks noch eine Tierklinik (...straße ...) und der Betrieb der Fa. ... (...straße ...), bestehend aus einem Produktions- und einem Bürogebäude. In dem letztgenannten Betrieb werden auf CNC-Dreh-/Fräs-/Schleif-Erodiermaschinen Präzi-sionswerkzeuge gefertigt.

Am 28. März 2014 beantragte die Beigeladene einen Vorbescheid für Umbau und Nutzungsänderung des bisher auf dem vorbezeichneten Grundstück befindlichen Call-Centers mit technischem Kundendienst, Büro- und Schulungsräumen zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit ca. 230 Plätzen.

Mit Bescheid vom 15. April 2014 erteilte die Beklagte der Beigeladenen den streitgegenständlichen Vorbescheid. Unter Nr. 1 des Vorbescheids wurde die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens festgestellt und unter Nr. 2 eine Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wegen der Zulassung einer sozialen Einrichtung (Asylbewerberheim) in einem Gewerbegebiet gewährt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall werde die Umgebung als Gewerbegebiet (GE) gemäß § 8 BauNVO eingestuft. Für das Bauvorhaben lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gem. § 8 Abs. 3 Ziff. 2 BauNVO vor. Aufgrund der nur kurzfristigen Verweildauer der einzelnen Asylanten und unter der Voraussetzung der Einhaltung der Lärmwerte werde der Zulassung einer sozialen Einrichtung (Asylantenheim) in einem Gewerbegebiet zugestimmt.

Auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen hin erteilte die Beklagte weiter eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit wegen Lage der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet mit Ergänzungsbescheid vom 14. August 2014.

Auf die Klage der Klägerin hin hob die Kammer mit Urteil vom 9. Oktober 2014 im Verfahren AN 9 K 14.00830 den Vorbescheid der Beklagten vom 15. April 2014 und den Ergänzungsbescheid hierzu vom 14. August 2014 auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zwar sei der Vorbescheid hier hinreichend bestimmt, allerdings sei das Vorhaben Nutzungsänderung zu einer Asylbewerberunterkunft im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke seiner Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig und verletze damit den Anspruch der Klägerin auf Erhaltung der Gebietsart. Die von der Beklagten erteilte Befreiung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 31 Abs. 2 BauGB sei aus dem gleichen Grunde rechtswidrig und verletze die Klägerin ebenfalls in ihrem Gebietserhaltungsanspruch. Auf die rechtskräftige Entscheidung wird Bezug genommen, die Verfahrensakte wurde zum gegenständlichen Verfahren beigezogen.

Mit Bauantrag vom 4. August 2014 beantragte die Beigeladene für das (Bau-)Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., die Erteilung der Baugenehmigung für Umbau und Nutzungs-änderung des ehemaligen Call-Centers mit technischem Kundendienst, Büro- und Schulungsräumen zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit ca. 294 Plätzen. Nach den beiliegenden Plänen sollen in allen drei vorhandenen Geschossen des Bestandsgebäudes Zimmer für die Unterbringung von Asylbewerbern bzw. Gemeinschaftsräume eingerichtet werden, auch im Bereich entlang der westlichen und nördlichen Außenwand. In der beiliegenden Betriebsbeschreibung wird ausgeführt, das Anwesen werde als Gemeinschaftsunterkunft für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 AsylbLG genutzt, in dem Anwesen könnten 294 Personen untergebracht werden, in der Regel würden die Leistungsberechtigten, soweit es sich um Familien und Alleinerziehende mit Kindern handele, für die Zeit des behördlichen Erstverfahrens plus ein Jahr in der Unterkunft wohnen, Alleinstehende für die Zeit des behördlichen Erstverfahrens plus vier Jahre, in Einzelfällen könne sich die Unterbringungszeit aber auch verlängern. Aufgrund des geringen Barbetrages von 40,90 EUR pro Monat für Leistungsberechtigte ab dem 15. Lebensjahr, darunter 20,50 EUR pro Monat, sei der Besitz eigener Pkw der Bewohner praktisch unmöglich. Zugleich hatte die Beigeladene mit Schreiben ihrer Architekten vom 14. August 2014 die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit wegen der Lage der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet beantragt. Mit Schreiben vom 18. April 2015 erklärte die Beigeladene, mit einer zehnjährigen Befristung der Genehmigung einverstanden zu sein und ließ mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 15. Juni 2015 weiter beantragen, für das Vorhaben gemäß § 246 Abs. 10 BauGB Befreiung wegen der Lage in einem faktischen Gewerbegebiet zu erteilen und zur Begründung ausführen, an dem Standort könnten Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden, da ein förmlicher Ausschluss durch Festsetzung hier mangels Bebauungsplan nicht gegeben sei. Die Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar, die beantragte Gemeinschaftsunterkunft sei insbesondere mit den jeweils zulässigen Nutzungen im Gewerbegebiet verträglich. Auch bestehe ein überragendes öffentliches Interesse an der Unterbringung von Flüchtlingen und/oder Asylbegehrenden.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2015 erteilte die Beklagte im Rahmen der planungsrechtlichen Stellungnahme ihr Einvernehmen mit dem Vorhaben und führte dort aus, das Vorhaben sei auf Grundlage einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zulässig, zumal ein Nachtbetrieb des Unternehmens der Klägerin nicht zulässig sei, da die angrenzende Wohnbebauung... bereits durch die Umgebungsbetriebe stark belastet sei. Auch werde der Gebietstyp GE mit Genehmigung der Unterkunft im Sonderrechtsverfahren nicht gefährdet, das im Gebiet angesiedelte Gewerbe, besonders die Firma der Klägerin, nehme das Gebiet flächenmäßig zu mehr als 50% ein und präge es, die Potentialflächen auf dem Areal befänden sich im Eigentum der Beklagten, so dass hier keine fremdbestimmte Nutzung möglich sei. Das Unterkunftsgebäude sei mit entsprechenden Lärmschutzfenstern auszurüsten, so dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet seien.

Mit Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 wurde die Baugenehmigung für das genannte Vorhaben befristet auf die Dauer von zehn Jahren erteilt (Ziffer 1)). In Ziffer 2) wurde Befreiung erteilt gemäß § 246 Abs. 10 BauGB wegen der Errichtung der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet. In Ziffern 3) und 4) wurden Abweichungen von Art. 33 Abs. 2 Satz 1 sowie Art. 28 Abs. 2 BayBO zugelassen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die beantragte Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB lägen vor. Die benachbarten Gewerbebetriebe würden durch den Betrieb der Unterkunft nicht gestört, umgekehrt werde die Unterkunft nicht unzumutbaren Belästigungen oder Störungen durch Gewerbelärm ausgesetzt sein. Betriebliche Erweiterungen der bestehenden Gewerbebetriebe in Form eines Nachtschichtbetriebs zulasten der angrenzenden Wohnbebauung in ... seien wegen der Lärmvorbelastung dieser Wohngebiete nicht möglich. Das Vorhaben sei als Sonderbau geprüft worden, alle öffentlich-rechtlichen prüfpflichtigen Vorschriften des Baurechts würden eingehalten. In Auflage Nr. 3 wurde vorgeschrieben, das Unterkunftsgebäude sei mit entsprechenden Lärmschutzfenstern auszurüsten, so dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet seien. In den Auflagen Nr. 4 und 5 wurde u. a. festgesetzt, dass zehn Stellplätze für Kraftfahrzeuge und 29 Fahrradabstellplätze auf dem Baugrundstück herzustellen und bereit zu halten seien.

Mit am 13. August 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin Klage gegen die Stadt ... erheben mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten Nr. ..., vom 1. Juli 2015 aufzuheben.

Beigelegt war ein Abdruck des angefochtenen Bescheids mit Eingangsstempel 20. Juli 2015 sowie dem handschriftlichen Vermerk „EB-Datum 18.7.“.

Mit Beschluss der Kammer vom 17. August 2015 wurde die Bauherrin zu diesem Verfahren beigeladen.

Mit Schriftsatz vom 26. August 2015 zeigten die Beigeladenenvertreter ihre Bevollmächtigung an und beantragten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bauvorhaben sei aufgrund der rechtmäßig erteilten Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet zulässig, die Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Andere nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts und die durch die Baugenehmigung tangiert sein könnten, seien nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 trugen die Klägervertreter zur Klagebegründung in diesem Verfahren vor:

Die Klägerin betreibe auf den Anwesen ...straße ... und ...straße ... entsprechend der erteilten Baugenehmigungen einen großen Einzelhandel mit Lagerung zum Verkauf und zum Versand von Leuchtmitteln. Es würden Leuchtmittel ab Lager sowohl im Großhandel an Fachkunden als auch im Einzelhandel an Endkunden vertrieben. Weiterhin erfolge der Verkauf auch durch Versand, vor allem aufgrund von Bestellungen aus dem Internet. Die Klägerin habe für den Elektronikeinzelhandel „...“ den gesamten Online-Versand für ca. 10.000 Einzelprodukte des Leuchtmittelherstellers ... übernommen. Auch wickle die Klägerin für die Firma ... das stark wachsende Online-Geschäft über die Plattform ... ab. Schließlich führe die Klägerin auch einen eigenen Online-Endkundenshop „...“. Alle Geschäftsbereiche der Klägerin wüchsen stark, allein das Versandgeschäft mit der Firma „...“ solle in den nächsten fünf Jahren von 150.000,00 EUR Umsatz auf zwei bis drei Millionen Euro Umsatz erhöht werden. Das Versandgeschäft mit ... wachse seit Jahren jährlich um 80 bis 100% und solle innerhalb der nächsten fünf Jahre von derzeit 4 Mio. Euro auf ca. 7 Mio. Euro gesteigert werden. Der Online-Kundenshop „...“ solle innerhalb der nächsten fünf Jahre auf ein Volumen von zwei bis drei Millionen Euro Umsatz angehoben werden. Anfang 2014 habe die Klägerin eine Projektgruppe eröffnet und sieben neue Arbeitnehmer eingestellt. Diese Abteilung solle dieses Jahr einen Umsatz von 3 Mio. Euro und in den nächsten fünf Jahren gesteigert auf ca. 12 bis 15 Mio. Euro Jahresumsatz erreichen. Dabei handele es sich hauptsächlich um den Vertrieb von Leuchten, die im Vergleich zu Leuchtmittel einen deutlich höheren Stückwert besäßen. Das Lager-, Büro- und Verkaufsgebäude der Klägerin befinde sich im südlichen Teil des Grundstücks FlNr. ..., welches unter Einhaltung von 3 m Abstand nach Süden und Westen unmittelbar an das Baugrundstück der Beigeladenen ...straße ... angrenze. Die Außenwände bestünden aus Trapezblech mit geringem Schalldämmmaß. Auf dem nördlichen Teil dieses Grundstücks befinde sich der Betriebshof für das Lager-, Büro- und Verkaufsgebäude, der durch zwei Betriebsein- und -ausfahrten über die ...straße erschlossen werde, dort werde ein Teil des Zuliefer- und Abholverkehrs durch Lieferanten und Speditionen, der Zu- und Abfahrtsverkehr von Kunden und Mitarbeitern sowie die sonst notwendige unternehmensinterne Lade- und Umschlagtätigkeit innerhalb des Betriebs abgewickelt. In das Gebäude führten die beiden nördlich zum Betriebshof hin ausgerichteten Sektionaltore bzw. drei Zugangstüren, nach Süden befänden sich zwei Notausgangstüren, nach Osten und Westen keinerlei Zugänge. Ein Sektionaltor 5 sowie eine Zugangstür befänden sich in unmittelbarer Nähe zum Baugrundstück. Auf dem Betriebshof befänden sich weiter 16 genehmigte Kfz-Stellplätze sowie ein Carport und vier Garagen. An das Tor 5 für die Warenannahme müssten Lkw rückwärts andocken, sie würden unter Einsatz von Dieselstaplern entladen. Westlich des Gebäudes befinde sich noch eine Müllpressanlage im Freien. Auf dem Betriebsgrundstück FlNr. ... befinde sich das Gebäude mit dem Hochregallager, in dessen westlicher Außenwand vier Sektionaltore für Anlieferung und Abtransport der Ware vorhanden seien. Auch dort müssten die Sattelschlepper rückwärts von der ...straße an den Sektionaltoren andocken. Auch dort gebe es zwei Betriebsein- und -ausfahrten, die Hauptein- und -ausfahrt liege im nordsüdlichen Teil der ...straße, die andere im ostwestlichen Teil. Sämtlicher Kunden-, Mitarbeiter-, Lieferanten- und Speditionsverkehr zum Grundstück FlNr. ... führe an der nördlichen Außenwand des geplanten Wohnheims vorbei. Aber auch der Lieferverkehr auf dem Betriebshof des Grundstücks FlNr. ... wirke schalltechnisch auf dieses ein. Die ...straße fungiere weiter als Zufahrt für den nördlich gelegenen Betrieb der Firma ... GmbH. In der Folge wurden detaillierte Angaben zum Verkehr auf und zum und vom Betriebsgrundstück der Klägerin gemacht. Weiter wurde angegeben, im westlichen Teil des Betriebsgebäudes, ca. 5 m vom geplanten Wohnheim entfernt, sei ein Warenaufzug zum Warentransport vorhanden, die Waren würden über die Verbindungsbrücke dann zum nördlich gelegenen Teil des Betriebsgrundstücks verbracht.

Die Klägerin beabsichtige, den Betriebsumfang im Rahmen der erteilten Baugenehmigungen erheblich auszuweiten, deshalb werde es kurz-, mittel- und langfristig zu einer deutlichen Intensivierung der Betriebslärmimmissionen kommen. Der Klägerin sei bereits mit Bescheid vom 9. April 1998 ein Nachtbetrieb genehmigt worden, dort sei in Auflage Nr. 25 für das westlich der Gleisanlagen gelegene Gebiet die Einhaltung eines IRW von tags 55 dB(A) und nachts 40dB(A) festgelegt worden. Diese Regelung sei rechtswidrig, es hätte bereits damals in Anwendung von Ziffer 6.7 TA-Lärm die Richtwerte gemäß Ziffer 6.1c von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts festgelegt werden müssen. Die Klägerin habe zudem erneut die Erweiterung ihrer Betriebszeiten in die Nachtstunden mit Bauantrag vom 25. März 2015 beantragt, wobei jeweils Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,7 t eingesetzt werden sollen und von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr jeweils acht Lkw sowohl vor dem Gebäude Nord als auch vor dem Gebäude Süd be- und entladen werden sollen. Die Beklagte habe dazu gefordert, dass wegen der Vorbelastung durch die Geräuscheinwirkungen des Hafens und der weiteren in der Umgebung gelegenen Gewerbe- und Industriegebiete die Klägerin einen um 10 dB(A) reduzierten IRW eines Mischgebiets zur Nachtzeit, demgemäß 35 dB(A) einhalten müsse. Die Beklagte habe sich zu Unrecht auf den Bebauungsplan Nr. ... und die dortigen Festsetzungen berufen, da dieser Bebauungsplan weder die der Klägerin erteilte Baugenehmigung für den Nachtbetrieb berücksichtigt habe noch hätte davon ausgehen dürfen, dass im gegenständlichen Gewerbegebiet keinerlei Nutzungen zur Nachtzeit vorhanden und auch in Zukunft nicht zu erwarten seien. Festzuhalten bleibe, dass der Klägerin ein Betrieb zur Nachtzeit genehmigt worden sei oder jedenfalls eine Genehmigung erteilt werden müsste, weshalb diese befürchten müsse, wegen der geplanten und genehmigten Einrichtungen für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Nutzung schalltechnische Beschränkungen auferlegt zu bekommen. Im Folgenden wurde der Verlauf des Baugenehmigungsverfahrens für das gegenständliche Vorhaben dargestellt und ausgeführt, die Gemeinschaftsunterkunft führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Sicherheit des Betriebsverkehrs, auch sei die Sicherheit auf dem Betriebsgelände gefährdet. Die hohe Zahl von Asylbewerbern und deren Notwendigkeit, die ...straße zu begehen, führe zu häufigen Begegnungen zwischen Fußgängern und betrieblichem oder vom Betrieb ausgelöstem Verkehr bei der Klägerin, dies berge Gefahren insbesondere wegen der zahlreichen Kinder. Diese Gefahr werde auch durch die Stellungnahme der ... Büro für Stadt- und Verkehrsplanung ... GmbH vom 18. September 2014 bestätigt. Das Bauvorhaben sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, es sei weder abstrakt noch konkret gebietsverträglich, es verstoße gegen § 15 BauNVO und sei rücksichtslos, auch lägen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB nicht vor. Die maßgebliche Umgebung des Vorhabens sei als faktisches Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO einzustufen. Die geplante Asylbewerberunterkunft stelle eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter dar. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB lägen nicht vor, denn dabei müssten weiterhin die konkrete Gebietsverträglichkeit und das Rücksichtnahmegebot geprüft werden. Zwar sei die abstrakte Gebietsunverträglichkeit mit dieser Vorschrift überwunden, allerdings sei weiterhin zu prüfen, ob die beantragte Flüchtlingsunterkunft und die jeweils zulässigen Gewerbebetriebe im Gewerbegebiet miteinander verträglich seien. Das Vorhaben sei hier nicht konkret gebietsverträglich, da es gegen § 15 Abs. 1 BauNVO und die dortigen Anforderungen verstoße. Im Hinblick auf die Anzahl widerspreche das Vorhaben der Eigenart des Baugebiets, da hier nur wenige Gewerbebetriebe dem Asylbewerberwohnheim gegenüber stünden. Im Hinblick auf die Lage sei dies der Fall, da der gewählte Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zum klägerischen Betrieb für diesen unzumutbar sei, da dieser im Hinblick auf die von ihm ausgelösten Lärmimmissionen beim Bauvorhaben mit Beeinträchtigungen zu rechnen habe. Dies zeige sich bereits bei der Behandlung des Antrags auf Genehmigung des Nachtbetriebs durch die Beklagte. Im Hinblick auf das Kriterium Umfang in § 15 Abs. 1 BauNVO sei auf die Größe der Asylbewerberunterkunft mit 294 Plätzen hinzuweisen, wodurch erhebliche Konflikte im Verkehr bei den örtlichen Verhältnissen vorprogrammiert seien. Da das Asylbewerberwohnheim eine besondere Störanfälligkeit gegenüber in der Nachbarschaft vorhandenen und dort zulässigen Anlagen aufweise, widerspreche es auch aufgrund seiner Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets. Weiter sei das Bauvorhaben unzumutbaren Belästigungen oder Störungen ausgesetzt und deshalb nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzulässig. Das geplante Vorhaben sei unmittelbar neben einem produzierenden Gewerbebetrieb unzulässig, es entspreche nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 5 BauGB nicht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im gegenständlichen Gewerbegebiet, sondern begründe erhebliche bodenrechtliche Spannungen. Das vorliegende Gewerbegebiet sei allein aufgrund seiner Lage zwischen ... und einer vierspurigen Gleisanlage so erheblich vorbelastet, dass die Einhaltung der Grenzwerte bei der Situierung der wohnähnlichen Nutzung unmittelbar neben einem erheblich lärmemitierenden Gewerbebetrieb nicht möglich sei, daran ändere auch die Auflage Nr. 25 im Bescheid vom 9. April 1998 nichts. Im Hinblick auf den geringen Abstand zwischen Bauvorhaben und Betrieb der Klägerin sei auch bei Einhaltung der Auflage Nr. 25 in Bezug auf das westlich gelegene Gebiet die Gefahr unzumutbarer Immissionen am Bauvorhaben nicht gebannt. Dabei sei auch der geplante Nachtbetrieb, der bereits genehmigt, jedenfalls aber genehmigungsfähig sei, zu berücksichtigen. Die Unzumutbarkeit der Immissionen werde auch nicht durch die Befristung auf zehn Jahre beseitigt. Das Gebot der Rücksichtnahme sei auch bei Erteilung der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zu prüfen und werde hier verletzt, denn das Vorhaben führe zu unmittelbaren Betriebsbeeinträchtigungen, die der Klägerin nicht zuzumuten seien. Auch sei das Vorhaben selbst unzumutbaren Schallimmissionen durch den Gewerbebetrieb der Klägerin ausgesetzt. Gerade die Lage des Asylbewerberheims mit nur 6 m von der Außenwand des Betriebsgebäudes der Klägerin und wenige Meter von der vorhandenen Müllpresse und dem Betriebshof führe zu so erheblichen Gewerbe- und Verkehrslärmimmissionen, die sich in den nächsten Jahren auch noch beträchtlich steigern würden, dass die Beigeladene diese nicht mit ausreichender Wirksamkeit verhindern könne. Die Klägerin sei ohne die beantragte Betriebsausweitung in die Nachtzeit nicht in der Lage, am Standort zu bleiben, sie habe diese Ausweitung seit längerem systematisch durch entsprechende Geschäftsbeziehungen vorbereitet und bereits beantragt. Passiver Lärmschutz sei hier keinesfalls ausreichend, zumal die maßgeblichen Immissionsorte vor dem Fenster der Aufenthaltsräume lägen. Weiterhin sei mit sonstiger Betriebsbeeinträchtigung und erheblicher Unfallgefahr durch die Asylbewerber zu rechnen. Diese Gefahr gehe insbesondere von den zu erwartenden mehreren Dutzend Kindern aus. Vorsorglich werde noch gebeten, die Berufung zuzulassen, da der Regelungsgehalt des § 246 Abs. 10 BauGB neu sei.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2015 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der vom 4. August 2014 datierende und im August 2014 ergänzte Bauantrag der Beigeladenen sei genehmigt worden, während der Bauantrag der Klägerin auf Erweiterung ihrer Betriebszeiten in die Nachtstunden mit dem Gutachten des Ingenieurbüros ... vom 23. März 2015 vom 25. Februar 2015 vorgelegt worden sei. Danach ergebe sich, dass die Betriebszeiterweiterung durch die Klägerin wegen der Überschreitung der im Anwesen ...Straße ... befindlichen Wohnnutzung nicht genehmigungsfähig sei. Im Übrigen lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB hier vor, insbesondere seien im vorliegenden faktischen Gewerbegebiet Anlagen für soziale Zwecke nicht durch Bebauungsplanfestsetzung ausgeschlossen, sondern nach § 34 Abs. 2 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig. Mit der Sonderregelung in § 246 Abs. 10 BauGB sei die Voraussetzung des § 31 Abs. 2 BauGB, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt sein dürften, und dass das Vorhaben städtebaulich vertretbar sein müsse, nicht mehr Gegenstand der Prüfung. Vorliegend sei das Vorhaben mit den öffentlichen Belangen bei § 246 Abs. 10 BauGB vereinbar, da es nicht in Widerspruch zu städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen der Beklagten liege, ebenso wenig seien bauplanerische Festsetzungen zur Steuerung des Gebietes geplant, öffentliche Belange seien insoweit nicht beeinträchtigt. Die nachbarlichen Interessen der Klägerin, insbesondere das Gebot der Rücksichtnahme, seien hier nicht verletzt. Der Gewerbebetrieb der Klägerin und die Gemeinschaftsunterkunft der Beigeladenen schlössen sich nicht gegenseitig aus, sondern seien wechselseitig verträglich. Darüber hinaus sei nach der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten. Was den Betrieb der Klägerin angehe, so habe weder dieser noch der Betrieb der Firma ... GmbH weder gegenwärtig noch in der Vergangenheit eine nächtliche betriebliche Aktivität entfaltet, sie besäßen auch keine Genehmigungen dafür, deshalb habe die Beklagte nicht fehlerhaft gehandelt, bei der Geräuschkontingentierung für den Bebauungsplan Nr. ... für diese Grundstücke keine Vorbelastung für den Beurteilungszeitraum nachts anzunehmen. Allerdings sei die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. ... hier nicht relevant, da bei der Ablehnung des Genehmigungsantrags der Klägerin für den Nachtbetrieb gerade nicht darauf abgestellt werde, dass das Hafengebiet bereits das zur Verfügung stehende Lärmkontingent ausschöpfe, sondern dass der Betrieb der Klägerin wegen der tatsächlich bestehenden Lärmvorbelastung der Wohngebiete in der Nachtzeit durch die bereits vorhandenen Gewerbebetriebe im Umfeld keine weiteren Betriebe mit zusätzlichem Lärmpotential in der Nachtzeit in dieser Situation zugelassen werden könnten. Dies gelte unabhängig davon, ob es den Bebauungsplan Nr. ... gebe oder nicht. Maßgeblich sei allein die vorhandene Geräuschvorbelastung durch die bestehenden Gewerbebetriebe. Diese habe sich seit Aufstellung des Bebauungsplans nicht verändert und bereits vorher bestanden. Im Hinblick darauf, dass ein Nachtbetrieb der Klägerin schon daran scheitern werde, dass er die Wohnruhe in den angrenzenden Wohngebieten stören würde, sei dem Interesse der Beigeladenen an einer Nutzung ihres Baugrundstücks ermessensfehlerfrei der Vorrang eingeräumt worden. Das von der Klägerin vorgelegte Schallschutzgutachten der IFB ... vom 9. November 2015, wonach wegen ständig vorherrschender Fremdgeräusche keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen zu befürchten seien, stellten diese Entscheidung nicht in Frage. Be- und Entlade- und Lkw-Geräusche seien impulshaltig, diese entstünden beim An- und Abkuppeln von Anhängern, Verladen, durch Druckluftgeräusche bei einer Entlüftung der Bremsen, bei einer beschleunigten Abfahrt und durch Türenschlagen. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 5 Satz 2 TA-Lärm komme aber das Fremdgeräuschkriterium nicht in Betracht, wenn für die Beurteilung der Geräuschimmissionen Zuschläge für Ton- und Informationshaltigkeit oder Impulshaltigkeit erforderlich seien. Der Gutachter der Klägerin gehe von einer Zusatzbelastung für die lauteste Nachtstunde von 42 dB(A) aus. Nach Anlage 2 zum Bericht Nr. ... vom 23. März 2015 würden für die Ladegeräusche der Hallen Nord und Süd je eine Dauer von 30 Minuten angesetzt. Der Wert von 42 dB(A) würde in dem Moment überschritten werden, wenn - entgegen der Betriebsbeschreibung - die Ladetätigkeiten gleichzeitig oder überlappend stattfänden. Der 95%-Pegel sei für alle Nachtstunden zu bilden, insbesondere für die leiseste Fremdgeräuschstunde. Der Bericht weise diese Pegel nur für die Stunden zwischen 3.00 Uhr und 6.00 Uhr aus, nicht jedoch für die Nachtstunden von 23.00 Uhr bis 3.00 Uhr. Der Bericht der IFB ... vom 9. November 2015 widerlege deshalb nicht die Annahme der Beklagten, dass das beantragte Vorhaben zu zusätzlichen schädlichen Lärmeinwirkungen an der nächstgelegenen Wohnbebauung führen werde. Die Befristung der Baugenehmigung sei hier zulässig, auch liege kein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vor. Mit dem Verzicht des Gesetzgebers auf die Voraussetzung „Grundzüge der Planung nicht berührt“ könne die aus dem wohnähnlichen Charakter einer Gemeinschaftsunterkunft resultierende Gebietsunverträglichkeit kein Hindernis mehr für die Zulassung eines solchen Vorhabens unter Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB sein. Der Gebietserhaltungsanspruch sei damit als subjektives Abwehrrecht beseitigt worden und könne auch nicht über § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO wieder begründet werden. Vielmehr habe der Gesetzgeber bei Schaffung des § 246 Abs. 10 BauGB gerade das Einbringen einer wohnähnlichen Nutzung in ein Gewerbegebiet regeln wollen. Im Hinblick auf die von der Klägerin nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO normierte konkrete Gebietsverträglichkeit sei festzustellen, dass der Vorschrift kein nachbarschützender Charakter zukomme. Im Übrigen sei das Vorhaben konkret gebietsverträglich. So handele es sich hier um ein einzelnes Vorhaben, das wegen der Anzahl auch in einem kleinen Gewerbegebiet nicht allein deshalb unzulässig sei. Die Lage sei konkret gebietsverträglich, die Lage im Gewerbegebiet setze ein unmittelbares Angrenzen eines Gewerbebetriebs voraus und führe deshalb nicht allein deshalb zur konkreten Gebietsunverträglichkeit. Im Übrigen seien die Lärmimmissionen aus dem Betrieb der Klägerin, aber auch dem anderen ansässigen Unternehmen, im Hinblick auf die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft als vernachlässigbar einzustufen. Die Betriebsgebäude würden als Lager und Büro genutzt, relevante gewerbliche Lärmquellen seien lediglich die „drei bis fünf großen Lkw, auch Sattelschlepper“, die täglich die Betriebsgrundstücke der Klägerin anführen und dort, auch mit Gabelstaplern, be- und entladen würden. Die entsprechenden Geräuschbelästigungen seien zeitlich begrenzt und nur während der Tagzeit vorhanden, deshalb für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft nicht unzumutbar. Zusätzlicher Lieferanten-, Kunden- und Mitarbeiterverkehr sei von der Intensität nicht anders als etwa in einem allgemeinen Wohngebiet anzutreffen. Die Klägerin habe deshalb wegen des Bauvorhabens nicht mit behördlichen Auflagen zu rechnen. Die Klägerin sei auch nicht dadurch von dem Vorhaben belastet, dass seinetwegen ein Nachtbetrieb nicht zulässig sei. Dies liege daran, dass einem An- und Ablieferverkehr in den Nachtstunden von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr ohnehin schon wegen des benachbarten Wohngebiets Grenzen gesetzt seien, im Übrigen sei eine betriebliche Notwendigkeit dafür bisher nicht belegt. Die Gemeinschaftsunterkunft sei auch nicht hinsichtlich ihres Umfangs gebietsunverträglich, auch nicht im Hinblick darauf, dass die Bewohner die Fahrbahn der ...straße benutzen und sich unter Umständen sogar in Gefahr bringen könnten. Dass Bewohner einer Gemeinschaftsunterkunft beim Zu- und Abgang zur Unterkunft in einem Gewerbegebiet auch Betriebszufahrten kreuzen, sei eine alltägliche und zu meisternde Situation. Diese Gefahr bestehe im Übrigen unabhängig von der Größe der Unterkunft, im Übrigen sei eine Beeinträchtigung der Sicherheit oder Leichtigkeit des betrieblichen Verkehrs hier nicht zu erwarten. Eine besondere Gefährdung gerade durch das Rückwärtsanfahren der Ladetore sei wegen der dabei notwendigen Tätigkeit eines Einweisers nicht gegeben. Im Übrigen könne Gefahren im Straßenverkehr auch durch verkehrslenkende Maßnahmen nach der StVO begegnet werden, falls solche aufträten. Schließlich weise das Vorhaben der Beigeladenen keine signifikante Störanfälligkeit gegenüber gewerblichen Betrieben als andere Gemeinschaftsunterkünfte auf und sei deshalb wegen der Zweckbestimmung nicht gebietsunverträglich. Auch die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO seien nicht erfüllt, wie bereits der Augenschein im Verfahren AN 9 K 14.00830 ergeben habe. Beim Augenschein seien damals außer einem Verkehrshintergrundgeräusch keine auffallenden Betriebsgeräusche aus dem klägerischen Betrieb festgestellt worden. Dies ergebe sich auch aus der Betriebsbeschreibung vom 29. Januar 1998. Es handele sich hier eben nicht um Produktionsstätten, sondern um Lagerhallen, die Verkehrsfrequenz sei als gering anzusehen. Auch der Warenumschlag auf den Betriebsgrundstücken führe nicht zu unzumutbaren Immissionen oder gar Gefährdungen von Bewohnern der Unterkunft. Weshalb deshalb die Klägerin mit ihrem derzeitigen Betrieb nicht in der Lage sein solle, die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet einzuhalten, sei deshalb nicht nachzuvollziehen. Dabei sei die Vorbelastung durch die Verkehrswege zulasten der Klägerin gerade nicht zu berücksichtigen. Vielmehr habe das Vorhaben der Beigeladenen auf den genehmigten Tagbetrieb der Klägerin Rücksicht zu nehmen. Das Vorhaben verursache erkennbar keine bodenrechtlichen Spannungen, weil es sich nicht als rücksichtslos darstelle. So habe etwa der VGH Baden-Württemberg (B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15) bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ausgeführt, der Gesetzgeber habe für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen.

Ein Nachtbetrieb finde beim Betrieb der Klägerin derzeit nicht statt und habe nie stattgefunden. Betriebliche Entwicklungen, die noch nicht im Bestand angelegt seien, genössen noch nicht den eigentumsrechtlichen Schutz von Art. 14 GG. Prüfungsmaßstab sei das tatsächlich Vorhandene, deshalb verbiete es sich, zur Begründung eines nachbarlichen Abwehranspruchs auf eine noch nicht existierende Nutzung abzuheben. Beim Betrieb der Klägerin handele es sich um ein mittleres Unternehmen im Groß- und Einzelhandel, es sei auf einen Betrieb in der Nachtzeit, unabhängig von der baulichen Ausstattung, typischerweise nicht angelegt. Die Rücksichtnahmepflicht bestehe nur gegenüber einer bauaufsichtlich genehmigten tatsächlich ausgeübten Nutzung. Ein Nachtbetrieb sei der Klägerin aber bisher in keiner Baugenehmigung genehmigt worden. Dass die Baugenehmigung für das Betriebsgrundstück FlNr. ... auch Auflagen zur Einhaltung von IRW nachts enthalte, stelle dies nicht in Frage. Der Grund dafür liege schlicht in der Praxis der Bauordnungsbehörde der Beklagten, ungeachtet des beantragten Betriebsumfangs mittels Auflage stets sowohl für die Tag- wie auch für die Nachtzeit Beurteilungspegel zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm festzusetzen. Die genehmigte Nutzung ergebe sich aus dem Bauantrag und den Bauvorlagen. Diese gäben für einen Nachtbetrieb nichts her. In Zweifelsfällen könne auch die tatsächliche Nutzung indizielle Bedeutung für den Genehmigungsumfang haben. Aber auch die „gelebten“ Baugenehmigungen sprächen dagegen, dass eine An- oder Ablieferung zu unbestimmten Nachtzeiten Teil der in den 90er Jahren erteilten Genehmigungen sei. Allerdings sei ein Nachtbetrieb mit einem zeitlich nicht eingegrenzten Speditionsverkehr gegenwärtig auch deshalb nicht mehr genehmigungsfähig, weil dann ein durchgehendes Schlafen in der Unterkunft nicht mehr möglich sein werde. Nach eigenen überschlägigen Berechnungen würde ein Nachtbetrieb der Klägerin an der Nordfassade des Anwesens ...straße ... Einwirkungen von 54 dB(A) verursachen und damit den Nachtrichtwert für ein Gewerbegebiet von 50 dB(A) erheblich überschreiten.

Wenn Bauanträge für mehrere Bauvorhaben gestellt seien, aber nach den hierfür geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nur für ein Vorhaben die Genehmigung erteilt werden könne, habe die Behörde nach dem auf dem allgemeinen Gleichheitssatz beruhenden Grundsatz der Priorität vorzugehen. Nur der früher gestellte Bauantrag sei genehmigungsfähig. Dies bedeute, dass der früher gestellte Bauantrag der Beigeladenen auf Nutzungsänderung ohne Rücksicht auf den Bauantrag der Klägerin für einen Nachtbetrieb genehmigungsfähig sei. Wenn nach anderer Auffassung eine Ermessensentscheidung zu treffen sei, komme es dabei auf die Verhältnisse und Umstände des Einzelfalles an, die im Zeitpunkt der Genehmigung einer der Konkurrenzanlagen bestünden. Aber auch insoweit sei es sachgerecht gewesen, der Beigeladenen den Vorzug zu geben, auch wenn damit im Ergebnis betriebliche Aktivitäten der Klägerin während der Nachtstunden Einschränkungen unterworfen würden. Die bevorzugte Behandlung des Bauantrags der Klägerin würde dazu führen, dass die von der Beigeladenen beantragte Nutzung gänzlich abgelehnt werden müsste und der dringende Bedarf nach Unterkünften für Bürgerkriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte nicht befriedigt werden könne. Der Gesetzgeber habe mit den Bestimmungen der BauGB-Novelle 2014 der Schaffung von Flüchtlings- und Asylbewerberunterkünften ein besonderes Gewicht beigemessen, was insbesondere auch bei der Abwägung und Bewertung nachbarlicher Interessen bei Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme von Bedeutung sei (HessVGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15).

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2016 erwiderten die Klägervertreter, tatsächlich habe die Beklagte eingeräumt, bei der Ermittlung der tatsächlichen Lärmvorbelastung auf die Ermittlungen im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. ... zurückgegriffen zu haben. Die Beklagte genehmige auch immer wieder neue lärmträchtige Nutzungen zur Nachtzeit im Hafengebiet im Rahmen des bestehenden Lärmmanagements. Der Bebauungsplan Nr. ... schließe einen Nachtbetrieb der in seinem Geltungsbereich ansässigen Gewerbebetriebe gerade nicht aus. Es könne daher nicht sein, dass ein eventuelles Erweiterungsvorhaben der Klägerin von vorneherein an der vorhandenen Vorbelastung scheitere. Wenn betriebliche Erweiterungen im benachbarten Hafengebiet im Rahmen der dort festgesetzten Lärmkontingente zulässig seien, müsse dies auch erst recht für das Betriebsgrundstück der Klägerin gelten, das nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans liege. Auch habe die Klägerin ihre Betriebsgrundstücke von der Beklagten gekauft, um ihren expandierenden Betrieb genau in diesem Gewerbegebiet anzusiedeln. Wenn deshalb nunmehr eine Betriebserweiterung wegen des Bebauungsplans Nr. ... nicht mehr möglich sei, wäre der Bebauungsplan Nr. ... insoweit unwirksam. Auch verlange § 246 Abs. 10 BauGB ausdrücklich die Würdigung nachbarlicher Interessen, selbst wenn nach herrschender Meinung die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht nachbarschützend wäre. Im Übrigen sei diese Auffassung der Beklagten unzutreffend, vielmehr könne sich die Klägerin hier auf den Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets berufen, da zu befürchten sei, dass durch das Vorhaben in dem hier kleinen Gewerbegebiet der Gebietscharakter „kippen“ würde. Im Hinblick darauf, dass der Klägerin ein nächtlicher Betrieb bereits genehmigt sei, wofür auch die Auflage Nr. 25 in der Baugenehmigung vom 9. April 1998 spreche, sei tatsächlich mit einer Beeinträchtigung des nächtlichen Betriebs bei der Klägerin durch die Asylbewerberunterkunft zu rechnen und somit ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO gegeben. Darüber hinaus umfasse § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht nur schädliche Umwelteinwirkungen, sondern etwa auch die erheblichen Verkehrsgefährdungen zulasten der Bewohner der Asylbewerberunterkunft.

Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2016 teilten die Beigeladenenvertreter mit, dass sich weder auf dem Baugrundstück noch auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin oder in der näheren Umgebung baurechtlich relevante Veränderungen seit dem Augenschein ergeben hätten, es seien lediglich auf dem Baugrundstück selbst Baumaßnahmen zur Realisierung des mit Bescheid vom 1. Juli 2015 genehmigten Vorhabens durchgeführt worden. Die Klägervertreter führten mit Schriftsatz vom 23. Februar 2016 insofern aus, dass auf dem Baugrundstück umfangreiche bauliche Veränderungen vorgenommen worden seien. Die Beklagte trug mit Schreiben vom 16. März 2016 insoweit vor, dass sich die Veränderungen auf dem Baugrundstück, dem Grundstück der Klägerin und der näheren Umgebung auf den Umbau des gegenständlichen Gebäudes gemäß der Baugenehmigung beschränkten.

Mit Schriftsatz vom 29. März 2016 führten die Beigeladenenvertreter weiter aus, die Klägervertreter ließen bei ihren bauplanungsrechtlichen Ausführungen gerade die Erleichterungen für Flüchtlings- und Asylunterkünfte aufgrund des Art. 6 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes unberücksichtigt. § 246 Abs. 10 BauGB habe bereits vor Inkrafttreten der neuen Regelungen eine neben § 31 Abs. 2 BauGB tretenden Sonderbefreiungstatbestand festgesetzt. Nunmehr könnten Befreiungen auch dann erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung berührt würden. Die Beklagte habe hier von dieser Befreiungsmöglichkeit im angefochtenen Bescheid Gebrauch gemacht, die sogenannte abstrakte Gebietsverträglichkeit sei damit ohne weiteres gegeben. Die geplante Flüchtlingsunterkunft sei auch mit den jeweils zulässigen Nutzungen im Gewerbegebiet verträglich, sie werde insbesondere keinen Lärmimmissionen ausgesetzt, die mit gesunden Wohnverhältnissen völlig unvereinbar wären. Auch fänden technische Regelwerke, wie z. B. TA-Lärm oder die 16. BImSchV, bei einem Heranrücken einer Asylunterkunft an emittierende Anlagen nicht direkt Anwendung, insoweit werde auf das Rundschreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 30. September 2015 verwiesen. Danach müssten Flüchtlinge und Asylbewerber bei ihrer Unterbringung im Gewerbegebiet die für ein Gewerbegebiet maßgebenden Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 Buchstabe b) der TA-Lärm hinnehmen und könnten nicht die Einhaltung strengerer Anforderungen verlangen. Daher könnten und müssten Gewerbetreibende auch keine Abwehrklagen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Gewerbegebiet erheben, um ihnen drohende Betriebsbeschränkungen abzuwehren. Dass diese Immissionsrichtwerte vorliegend überschritten würden, werde weder von der Klägerin behauptet und sei auch sonst nicht ersichtlich. Schließlich sei auf die Intention des Bundesgesetzgebers abzustellen, der bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern von einer Notsituation und einer daraus geschuldeten besonderen Rechtfertigung ausgehe, um dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollten, auch bereitstellen zu können. Die Anforderungen an die konkrete Gebietsverträglichkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO seien vor diesem Hintergrund im Lichte der Bedeutung der nationalen Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung zu sehen (so Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 22.12.2015). Auch im Einzelfall liege kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme hier vor. So gingen vom Betrieb der Klägerin keinerlei Lärmimmissionen aus, die mit dem Wohnen unverträglich wären. Damit sei das Vorhaben der Beigeladenen auch keinen unzumutbaren Lärm- bzw. sonstigen Immissionen ausgesetzt, die Klägerin müsse auch sonst keine Betriebsbeschränkungen durch das Vorhaben befürchten. Damit hätten die Interessen der Beigeladenen und der Allgemeinheit an der erteilten Befreiung angesichts des weiterhin sehr hohen Bedarfs an der übergangsweisen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden absoluten Vorrang.

Mit Schriftsatz vom 6. April 2016 führten die Klägervertreter im vorliegenden Verfahren ergänzend aus, der Klägerin sei, wie ausgeführt, ein Nachtbetrieb bereits genehmigt, andernfalls besitze sie einen Anspruch auf entsprechende Genehmigung. Aber selbst wenn ein Nachtbetrieb derzeit nicht genehmigt sei, so habe die Beklagte eine Ermessensentscheidung zu treffen über die Frage, ob dem Prioritätsgrundsatz Vorrang gegeben oder richtigerweise den Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen werden müsse. Da der Betrieb der Klägerin bereits deutlich vor der Asylbewerberunterkunft der Beigeladenen genehmigt worden sei, sei hier zwingend eine Ermessensentscheidung über die Frage der Anwendung des Prioritätsgrundsatzes zu treffen, zumal die Klägerin bereits einmal gegen einen entsprechenden Genehmigungsbescheid geklagt habe. Die Beklagte habe bei Erteilung der Genehmigung bereits gewusst, dass die Klägerin gegen die Asylbewerberunterkunft vorgehen müsse, um nicht späteren Beschränkungen ausgesetzt zu werden. Die Beklagte habe hier nicht beachtet, dass die Erweiterung im Betrieb der Klägerin bereits angelegt sei. Auch wäre in die Ermessensentscheidung einzustellen gewesen, dass die Entscheidung der Behörde über den vorsorglichen Antrag der Klägerin auf Baugenehmigung wegen Erweiterung des Betriebs in die Nachtstunden ein Jahr gedauert habe. Nur deshalb sei der gegenständliche Baugenehmigungsbescheid für die Asylbewerberunterkunft zwischenzeitlich ohne Berücksichtigung einer zwischenzeitlichen Genehmigung zum Betrieb der Nachtzeit erteilt worden. Die Bearbeitungszeiten für die beiden Anträge hätten sich überschnitten, eine fehlerfreie Ermessensentscheidung hätte zu dem Ergebnis geführt, dass der Genehmigung des Nachtbetriebs der Vorrang hätte eingeräumt werden müssen. Schließlich ergebe sich die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens nach § 15 Abs. 1 BauNVO auch daraus, dass bei einer ausnahmsweisen Zulassung einer Anlage für soziale Zwecke auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und die Sicherheit der Wohnbevölkerung zu prüfen sei. Diese Voraussetzungen seien gerade hier nicht gegeben, nachdem als Standorte in Gewerbegebieten für Flüchtlingsunterkünfte gerade solche, in denen insbesondere Konflikte mit Lärm- und Geruchsimmissionen nicht zu erwarten seien, in Frage kämen. Im Übrigen habe die Klägerin Klage erheben müssen, da wegen der besonderen baulichen Situation zwischen der Asylbewerberunterkunft und dem klägerischen Lagergebäude hier gerade kein geeignetes Gebäudes zur Unterbringung einer wohnähnlichen Nutzung vorliege. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte in Gewerbegebieten durch die Beigeladene wegen der wohnähnlichen Nutzung könne nicht hingenommen werden, was bei einem gewerblichen Gebäude, welches nachts keinen Betrieb aufweise, problemlos möglich gewesen wäre. Die Klägerin müsse aber ihren Standort und den Nachtbetrieb sichern.

In einem weiteren Verfahren (AN 9 K 16.00223) erhob die Klägerin am 15. Februar 2016 Klage gegen die Beklagte mit dem Ziel, die Verpflichtung der Klägerin zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung der Betriebszeiten in den Nachtstunden entsprechend dem Bauantrag, eingegangen bei der Beklagten am 25. März 2015, zu erteilen.

Mit Bauantrag vom 25. Februar 2015, eingegangen bei der Beklagten am 25. März 2015, hatte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Betriebserweiterung zur Nachtzeit ihres Betriebs im Anwesen ...straße ..., ... und ..., Grundstücke FlNrn. ... und ..., beantragt.

Mit Bescheid vom 14. März 2016 hatte die Beklagte die begehrte Baugenehmigung für den Nachtbetrieb versagt und zur Begründung ausgeführt, die Mindestanforderungen für IRW könnten nicht eingehalten werden. Die vorgelegten Gutachten vom 23. März und 9. November 2015 setzten den maßgeblichen IO an dem Anwesen ...Straße ... fest, übersehen worden sei der maßgebliche Immissionsort ...straße ... im Gewerbegebiet. Aus den vorgelegten schalltechnischen Gutachten ergebe sich, dass der Nachtbetrieb eine Schallleistung von 92 dB(A) bis 95 dB(A) benötige. Danach verursache der Nachtbetrieb der Klägerin nach eigenen überschlägigen Berechnungen an der Nordfassade des Anwesens ...straße ... Einwirkungen von 54 dB(A) und überschreite damit den Nachtrichtwert für ein Gewerbegebiet von 50 dB(A) erheblich. Wäre die Asylunterkunft nicht zulässig, sei der maßgebliche IO nach Anhang A 1.3 Buchstabe b) TA-Lärm der Rand der Betriebsfläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen entstellt werden dürften, festzulegen. Dort sei ein Beurteilungspegel für die lauteste Nachtstunde von 59 dB(A) zu erwarten. Der Klägerin stehe aufgrund der Entfernung zur Lieferzone in der Nachtzeit ein Schallleistungspegel von LWA = 89 dB(A) zur Verfügung, der vorgesehene Betrieb überschreite diesen Wert deutlich. Es seien auch keine verhältnismäßigen schalltechnischen Maßnahmen ersichtlich, die zu einer Einhaltung der IRW führen könnten.

Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016 bezogen die Klägervertreter den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14. März 2016 in diese Klage ein und führten aus, dieser sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten und sei damit aufzuheben.

In einem weiteren Verfahren (AN 9 K 16.00578) erhob die Klägerin Feststellungsklage gegen die Beklagte mit dem Antrag, festzustellen, dass mit Bescheid der Beklagten vom 28. April 1986, Az...., zur Errichtung eines Betriebsgebäudes der Klägerin auch der Betrieb zur Nachtzeit genehmigt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2016 waren die Beteiligten erschienen, die Klägerin nahm die Feststellungsklage (AN 9 K 16.00578) zurück, hinsichtlich der Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Nachtbetrieb (AN 9 K 16.00223) wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Die Akten der Verfahren AN 9 K 16.00223 und AN 9 K 16.0578 wurden zum vorliegenden Verfahren beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Gerichts- und Behördenakten, insbesondere die dort vorhandenen Schriftsätze und Pläne einschließlich der beigezogenen Akten, auch des Verfahrens AN 9 K 14.00830 und insbesondere der dort vorhandenen Unterlagen über den Augenschein am 9. Oktober 2014 Bezug genommen. Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Das als Sonderbau gemäß Art. 2 Abs. 4 BayBO von der Beklagten genehmigte Vorhaben verletzt keine im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Klägerin als Nachbar zu dienen bestimmt sind.

Eine Verletzung prüfpflichtiger bauordnungsrechtlicher Vorschriften wird von der Klägerin nicht dargetan, eine Verletzung solcher Vorschriften zu ihren Lasten ist auch nicht ersichtlich.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt auch nicht in bauplanungsrechtlicher Hinsicht gegen nachbarschützende Rechte der Klägerin. Das geplante Vorhaben, eine Asylbewerberunterkunft, ist als Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Ausprägung zwar ihrer Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet zulässig. Allerdings hat die Beklagte hier rechtmäßig gemäß § 246 Abs. 10 BauGB Befreiung wegen der Errichtung der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet erteilt, so dass dadurch die Gebietsverträglichkeit gegeben ist und der Klägerin kein Gebietserhaltungsanspruch insoweit zusteht, mit dem sie das Vorhaben abwehren könnte. Auch verstößt das Vorhaben nicht gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zulasten der Betriebsgrundstücke der Klägerin.

Der Klägerin steht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen kein Abwehrrecht aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruchs zu. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens der Beigeladenen richtet sich nach §§ 29 Abs. 1, 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO. Die Kammer ist in Übereinstimmung mit der Entscheidung vom 9. Oktober 2014 im Verfahren AN 9 K 14.00830 der Auffassung, dass es sich bei der maßgeblichen Umgebung des Bauvorhabens hier um ein faktisches Gewerbegebiet handelt. Diese Einschätzung, die soweit ersichtlich von allen Beteiligten geteilt wird, beruht auf den vorgelegten Lichtbildern und Plänen, insbesondere aber auch auf dem Ergebnis des von der Kammer im genannten Verfahren durchgeführten Augenscheins am 9. Oktober 2014. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sich seither mit Ausnahme der Umbauarbeiten im Zusammenhang mit der angefochtenen Baugenehmigung auf dem Baugrundstück in der näheren Umgebung keine relevanten Änderungen im Hinblick auf die damals getroffenen Feststellungen ergeben haben. Dass auf dem südlich an das Baugrundstück angrenzenden bisher unbebauten Grundstück damals vorhandene Schuttablagerungen inzwischen beseitigt wurden, ändert daran ebenso wenig etwas wie die mögliche Erteilung eines Vorbescheids für die Bebauung dieses Grundstücks, da maßgeblich für die Gebietseinschätzung der vorhandene Bestand unter Berücksichtigung der eventuellen Nachwirkung früherer Nutzungen ist. Der räumliche Umgriff wird von der Kammer wie in der genannten Entscheidung dargelegt bestimmt, die Grenzen stellen die im Bereich des Vorhabengrundstücks westlich verlaufende Bahnlinie ... sowie die ebenfalls dort befindliche S-Bahn, der östlich bzw. südlich verlaufende ... sowie im Norden die ...straße unter Einbeziehung des nördlich der ...straße gelegenen Anwesens ...straße ..., auf dem sich eine Tierklinik befindet. Wie im genannten Urteil geht die Kammer auch weiterhin davon aus, dass das streitgegenständliche Vorhaben als Anlage für soziale Zwecke, die dem Wohnen ähnlich ist, einzustufen ist, wegen der Zuweisung der Unterkunft an die Bewohner aber keine Wohnnutzung darstellt. Weiter geht die Kammer davon aus, dass im hier vorliegenden faktischen Gewerbegebiet das Bauvorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig ist, da die Asylbewerberunterkunft aufgrund ihres Umfangs und ihrer allgemeinen Zweckbestimmung gegen die allgemeine Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets verstößt und mit einem Gewerbegebiet generell nicht verträglich ist.

Die hier geplante Asylbewerberunterkunft ist aber in dem vorliegenden faktischen Gewerbegebiet dennoch bauplanungsrechtlich zulässig, da die Beklagte in der angefochtenen Baugenehmigung zulässigerweise eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB für das Vorhaben erteilt hat.

Die Voraussetzungen für die Erteilung der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB für die hier gegenständliche Asylbewerberunterkunft liegen vor. Das vorhandene faktische Gewerbegebiet ist grundsätzlich für Anlagen für soziale Zwecke offen, da diese nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden können, ein Ausschluss durch Bebauungsplan ist hier gerade nicht erfolgt.

Die Abweichung ist auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Die Beklagte hat schriftlich ihr Einvernehmen mit dem gegenständlichen Bauvorhaben erklärt und ausdrücklich ausgeführt, das Vorhaben stehe eventuellen planerischen Absichten in Bezug auf das gegenständliche Gebiet nicht entgegen.

Im Gegensatz zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB ist für die Prüfung der Zulässigkeit der Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB die Frage, ob das Vorhaben gegen die Grundzüge der Planung verstößt, nicht Prüfungsgegenstand. Denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der Tatsache, dass Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber und ähnliche Anlagen von der herrschenden Rechtsprechung als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden, die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind, und für die auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden konnte, mit der Vorschrift des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB einen befristen Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen wollen, die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind (vgl. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drs. 18/2752, S. 12). Der Gesetzgeber hat also die Befreiungsmöglichkeit für Asylbewerberunterkünfte in Gewerbegebieten in Ansehung der durch die Genehmigung einer wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes durch Asylsuchende möglicherweise in ein Gewerbegebiet getragenen Unruhe vorgesehen, so dass von der Gebietsverträglichkeit der Nutzung im Gewerbegebiet auszugehen ist, wenn das Gebiet allgemein für Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme offen ist und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Dabei darf weder bei der Prüfung nachbarlicher Interessen noch bei der Prüfung öffentlicher Belange die Frage der der Eigenart eines Gewerbegebiets an sich entgegenstehenden Zweckbestimmung der wohnähnlichen Asylbewerberunterbringung etwa im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO erneut geprüft werden, da dies dem erklärten Willen des Gesetzgebers, zur Beseitigung des Unterbringungsnotstandes vorübergehend und befristet Asylbewerber auch in Gewerbegebieten unterzubringen, entgegenlaufen würde. Dabei ist im Hinblick auf § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB davon auszugehen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann, da der Gesetzgeber insofern eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, insoweit Befreiung zu erteilen, getroffen hat (VGH Baden-Württemberg, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15- juris - Rn. 15).

Als öffentlicher Belang ist hier die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende wäre daher tatbestandlich u. a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen durch die vorhandenen Nutzungen im festgesetzten Baugebiet ausgesetzt wären (VG Augsburg, U.v. 21.4.2016 - Au 5 K 15.1897- juris Rn. 56).

Danach sind öffentliche Belange im Sinne des § 246 Abs. 10 BauGB vorliegend nicht betroffen. Dies gilt insbesondere für die von der Klägerin dargelegten Lärmimmissionen durch ihren gewerblichen Betrieb. Insofern ist zunächst davon auszugehen, dass Gewerbegebiete nach § 8 BauNVO ohnehin nur der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen.

Nach Überzeugung der Kammer stellt der Betrieb der Klägerin, soweit er entsprechend der vorhandenen Baugenehmigungen betrieben wird, einen solchen Betrieb dar. Denn bei der Tätigkeit des klägerischen Betriebs handelt es sich um die Lagerung und Verteilung (Distribution) von Lampen und Leuchtmitteln, nicht also um produzierendes Gewerbe. Die Tätigkeit im Betrieb der Klägerin, also das Abwickeln der Lieferaufträge für die von der Klägerin vertretenen Unternehmen erzeugt, wie auch der Augenschein ergeben hat, ersichtlich keine nennenswerte außerhalb der Betriebsgebäude wahrnehmbare Lärmbelastung. Dies gilt auch für den während der Tagzeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr auf dem Betriebsgelände der Klägerin stattfindenden Verkehr. Dieser Verkehr besteht im Wesentlichen aus An- und Abfahrten von Mitarbeiter- oder Kunden-Pkws, sowie Liefer- und Abholverkehr durch Kleintransporter, während nur wenige, etwa maximal drei bis fünf Lkw-Anfahrten pro Tag bisher vorliegen.

Ob für die Nachtzeit ein Betrieb zulässig ist, d. h. ob betriebliche Tätigkeiten einschließlich der An- und Abfahrt von Lkws auf dem Betriebsgelände stattfinden dürfen, kann hier offenbleiben, da im vorhandenen faktischen Gewerbegebiet der Betrieb der Klägerin die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm von 65 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht gemäß Nr. 6.1b TA-Lärm einhalten muss. Dies ergibt sich für den Gesamtbetrieb der Klägerin zudem auch aus der Auflage Nr. 25 zur Baugenehmigung für die Betriebserweiterung auf das nördlich gelegene Grundstück FlNr. ... und die Errichtung des Hochregallagers dort mit Bescheid vom 9. April 1998. Diese Immissionsrichtwerte gelten für alle im vorliegenden Gewerbegebiet vorhandenen und genehmigten gewerbliche Nutzungen. Dabei ist auch nicht ersichtlich, dass die entsprechenden Immissionsrichtwerte von den im Gewerbegebiet vorhandenen Nutzungen nicht eingehalten werden können.

Weiter geht die Kammer davon aus, dass die Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber, die aufgrund der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB im faktischen Gewerbegebiet zulässig ist, vom Schutzgrad her einer dort nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter entspricht. Für diese betriebsbezogenen Wohnungen als eigenem bauplanungsrechtlichen Nutzungsbegriff ist allgemein anerkannt, dass deren Bewohner grundsätzlich die üblichen im Gewerbegebiet auftretenden zulässigen Störungen hinzunehmen haben. Nicht die Betriebe, die sich innerhalb des zulässigen Störgrades halten, sind zu Maßnahmen verpflichtet, die das Wohnen zumutbar erscheinen lassen, sondern die Nutzer der betriebsbezogenen Wohnungen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg - Söfker, Rn. 40 zu § 8 BauNVO). Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass den betriebsbezogenen Wohnungen ein geringerer Schutz gegen Immissionen zusteht als den sonstigen Wohnungen in den übrigen Baugebieten (BVerwG, U.v. 27.5.1983 - 4 C 67.83).

Damit liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das genehmigte Vorhaben Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber unzumutbaren Lärmbelastungen durch die im hier vorliegenden Gewerbegebiet vorhandenen und genehmigten Nutzungen ausgesetzt ist.

Da aber der Gesamtbetrieb der Klägerin am hier maßgeblichen Immissionsort gemäß Anlage A.1.3 a) zur TA-Lärm, 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109, Ausgabe November 1989, einen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts einzuhalten hat, während bei der zuvor genehmigten gewerblichen Nutzung als Call-Center nach Anlage A.1.3 b) der TA-Lärm bei Gebäuden ohne schutzbedürftige Räume der IO an dem am stärksten betroffenen Rand der Fläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen erstellt werden dürfen, verlegt wird, führt die nunmehr genehmigte Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auf dem Grundstück der Beigeladenen dazu, dass wegen des sonst erheblich näher an der Hauptquelle der Emissionen durch Lkw-Verkehr, nämlich dem nördlichen Teil des Betriebsgeländes mit den dortigen Andockstellen für Lkw, gelegenen Immissionsorts faktisch sogar eine Verbesserung für die Klägerin im Hinblick auf den vom Betriebsgelände der Klägerin in Form von An- und Abfahrt sowie Ladegeräuschen bei den Lkw ausgehenden Lärmmengen ergibt. Das nunmehr genehmigte Vorhaben führt demgemäß also keinesfalls zu einer Verschlechterung der immissionsschutzrechtlichen Situation für das klägerische Unternehmen, sondern faktisch in gewissem Umfang sogar zu einer Verbesserung.

Soweit bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen im Rahmen des § 246 Abs. 10 BauGB die Wohngesundheit Gegenstand der Prüfung ist, d. h. die Bewohner der genehmigten Asylbewerberunterkunft keinen gesundheitsschädlichen Lärmimmissionen dauerhaft ausgesetzt werden dürfen, bezieht sich dies allein auf die Immissionen durch die genehmigten und vorhandenen gewerblichen Nutzungen im hier gegenständlichen Gewerbegebiet.

Insoweit ist die Kammer der Auffassung, dass sich im Rahmen der hier gegenständlichen Nachbarklage die Klägerin nicht darauf berufen kann, dass das gegenständliche Bauvorhaben unzuträglichen Lärmimmissionen von Quellen ausgesetzt sei, die außerhalb des hier maßgeblichen Gewerbegebietes und der dort genehmigten und vorhandenen Nutzungen liegen. Denn wenn § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB die Errichtung von ähnlichen Nutzungen in Form von Asylbewerberunterkünften in Gewerbegebieten zulässt, und damit einen Gebietserhaltungsanspruch der in dem Gewerbegebiet vorhandenen Gewerbetreibenden für eine begrenzte Zeit überlagert, so greift diese Vorschrift damit in das innere Gefüge des Gewerbegebiets ein, weshalb die Festsetzung, dass eine Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar sein muss, ersichtlich dazu dient, die Rechte der Eigentümer im Gewerbegebiet gegen Eingriffe in ihren betrieblichen Bestand bzw. betriebliche Entwicklungsmöglichkeiten zu schützen und die Gefahr eines dauerhaften Umkippens des Gewerbegebiets nicht hinnehmen zu müssen. Demgegenüber erscheint es der Kammer als nicht geboten, die Vereinbarkeit der genehmigten Nutzung mit sonstigen, nicht aus dem Gewerbegebiet stammenden Immissionen im Rahmen der Nachbarklage und des dabei zu prüfenden nachbarlichen Abwehranspruchs zu untersuchen. Selbst wenn das Bauvorhaben hier teilweise gesundheitsgefährdenden Immissionen durch den vorhandenen Bahnbetrieb ausgesetzt wäre, wofür nach Ansicht der Kammer wenig spricht, würde dies nicht zu einem Abwehrrecht der Klägerin gegen das genehmigte Vorhaben führen. Der Klägerin als Nachbar obliegt insoweit nicht die Funktion eines Wächters über die Gesundheit der Asylbewerber. Deshalb war es hier auch nicht geboten, weitere Untersuchungen hinsichtlich der von der angrenzenden Bahnlinie ausgehenden Lärmimmissionen beim Vorhaben einzuholen bzw. diesbezüglich Beweis zu erheben, zumal der Beweisantrag auf ganz konkrete Immissionsrichtwerte abstellt, deren Relevanz aber, da es einen verbindlichen allgemeinen Lärmgrenzwert für gesundheitsgefährdenden Lärm, gerade auch im Hinblick auf die hier übergangsweise und zur Erfüllung der Unterbringungsverpflichtung aus der Notlage heraus, nicht gibt.

Soweit die Klägerin vorträgt, durch die das Baugebiet umgebenden Straßen und Eisenbahnlinien sei ein solcher gesundheitsschädlicher Lärm zu befürchten, so widerspricht dem zum einen die Tatsache, dass dann auch die übrigen im Gewerbegebiet ansässigen Nutzungen solchen gesundheitsschädlichen Lärmimmissionen ausgesetzt wären, zumal die Klägerin selbst vorträgt, die Außenwände ihres Gebäudes bestünden nur aus dünnen Trapezblechen. Weiter sprechen gegen eine gesundheitsgefährdende Lärmbelastung im Innern der Asylbewerberunterkunft die Feststellungen der Kammer beim Augenschein am 9. Oktober 2014. Weiterhin ist gerichtsbekannt, dass sich entlang der Bahnlinie ... oder vergleichbarer Bahnlinien zahlreiche Wohngebäude und gewerblich genutzte Gebäude befinden, die in einem vergleichbaren Abstand wie die Asylbewerberunterkunft oder sogar näher an den Gleisen errichtet wurden. Schließlich ist hier auf Auflage 3 der angefochtenen Baugenehmigung hinzuweisen, nach der Schallschutzfenster derart vorgeschrieben werden, dass es im Inneren nicht zu gesundheitsgefährdendem Lärm kommt. Schließlich ist hier noch zu beachten, dass das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen zur Linderung einer extremen Notsituation im Hinblick auf die Unterbringung hunderttausender Flüchtlinge in kurzer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland erlassen wurde. Aus der ersichtlichen Notwendigkeit, zur Linderung dieser Notsituation schnelle und effektive Maßnahmen zur Errichtung bzw. Nutzungsänderung vorhandener Gebäude zur Unterbringung von Asylbewerbern zu ermöglichen, ergibt sich, dass alle Beteiligten vorübergehend höhere Belastungen in Kauf nehmen müssen als nach dem bisherigen Bauplanungsrecht vorgesehen.

Die weiteren von der Klägerin erhobenen Bedenken gegen die Nutzung des genehmigten Vorhabens im Hinblick auf Sicherheitsbelange führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen hält die Kammer aufgrund der hier vorliegenden Verkehrssituation, die von einem relativ geringen Pkw-Verkehr und einigen wenigen Lkw-Bewegungen am Tag geprägt wird, während entlang der ...straße ein Fußweg für Fußgänger vorhanden ist, die von der Klägerin geäußerten Sicherheitsbedenken und Befürchtungen im Hinblick auf Probleme beim Zusammentreffen von motorisiertem Verkehr und Fußgängern für nicht einschlägig. Die verkehrliche Situation hier erscheint der Kammer im Verhältnis zur sonstigen Verkehrssituation in ..., auch im Hinblick auf Wege, die Asylbewerber von anderen Asylbewerberunterkünften etwa zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Versorgungseinrichtungen oder Schulen zurücklegen müssen, nicht als außergewöhnlich gefährlich, zum anderen hat die Beklagte erklärt, im Fall von dennoch auftretenden Problemen durch verkehrsregelnde Maßnahmen zu reagieren.

Soweit die Klägerin Sicherheitsprobleme auf ihrem Betriebsgrundstück befürchtet, so ist zum einen das Baugrundstück vollständig umzäunt, so dass ein Zugang auf das Grundstück der Klägerin direkt vom Grundstück der Beigeladenen aus nicht möglich ist. Zum anderen ist es Sache jedes Grundstückseigentümers, den Zugang zu seinem Grundstück gegebenenfalls durch Umzäunungen und Tore so zu gestalten, dass Gefahren vermieden werden. Auch insoweit ist aber keine atypische Situation durch das genehmigte Vorhaben entstanden, zumal auch bei dem zuvor genehmigten Call-Center 200 Mitarbeiter auf dem Baugrundstück tätig waren. Die Klägerin muss deshalb nicht befürchten, dass ihr Betrieb in der derzeit genehmigten Form durch das genehmigte Vorhaben beeinträchtigt werden wird, auch eventuell geplante Betriebserweiterungen würden im Hinblick auf den oben beschriebenen Schutzgrad der genehmigten Nutzung, die sich von der früheren genehmigten gewerblichen Nutzung jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin verändert hat, durch die hier angefochtene Baugenehmigung und das genehmigte Vorhaben nicht erschwert oder unmöglich gemacht werden.

Damit ist eine Vereinbarkeit des genehmigten Bauvorhabens auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar.

In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (a. a. O., Nr. 20) ist die Kammer der Auffassung, dass das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde auf § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung auf Null reduziert ist. Dabei ist insbesondere auf das hohe öffentliche Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber abzustellen, zumal hier Beeinträchtigungen des Betriebs der Klägerin mit der erteilten Baugenehmigung nicht verbunden sind. Die Kammer hat auch keine Bedenken daran, dass hier die Befristung auf zehn Jahre zulässigerweise erfolgte. Insbesondere kann aus der Befristung für die Geltung der Vorschrift des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB nicht gefolgert werden, dass auch auf Grundlage dieser Vorschrift erteilte Baugenehmigungen längstens bis zu diesem Zeitpunkt zu befristen seien, dies zeigt allein der Vergleich mit der Regelung in § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB.

Nach alldem ist die hier angefochtene Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 nicht geeignet, die Klägerin in nachbarschützenden Vorschriften zu verletzen. Damit ist die Klage unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Es entspricht der Billigkeit, die der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen erstatten zu lassen, da die Beigeladene sich aufgrund eigener Antragstellung am Prozessrisiko beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Die Berufung wird hier gemäß dem Antrag der Klägerin zugelassen, da die Voraussetzungen der §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben sind, insbesondere im Hinblick auf die Frage des Umfangs der notwendigen Prüfung der Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB bei Nachbarklagen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Zurückweisung eines Nachbarwiderspruchs gegen einen ihr erteilten Bauvorbescheid für ein großflächiges Gartencenter in der Nachbarschaft eines sog. Störfallbetriebs.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich in D. mit einer Gesamtfläche von über 3 ha, die in der Nachbarschaft des Betriebs der Beigeladenen (eines Störfallbetriebs, der unter die Richtlinie 96/82/EG - kurz: "Seveso-II-Richtlinie" - fällt) liegen und die derzeit u.a. für eine Schrott- und Metallrecyclinganlage genutzt werden. Sie beantragte die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung für die Errichtung eines Gartencenters (Verkaufsfläche 9 368 qm, davon 1 340 qm Freifläche). Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin das Baugrundstück bereits an die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 12.11 verkauft. Der Vertrag soll jedoch erst wirksam werden, wenn u.a. der Nachweis des Vorliegens der Bestandskraft des beantragten Vorbescheids oder der Bestandskraft einer Baugenehmigung erbracht worden sei. Die Stadt D. erteilte der Klägerin den Vorbescheid antragsgemäß. Hiergegen erhob die Beigeladene Widerspruch, über den das beklagte Land Hessen bisher nicht (abschließend) entschieden hat.

3

Auf die Untätigkeitsklage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch der Beigeladenen gegen den der Klägerin erteilten Bauvorbescheid zurückzuweisen. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen blieben erfolglos. Der erteilte Bauvorbescheid - so die Begründung des Berufungsurteils - sei rechtmäßig, so dass die Unterlassung der begehrten Zurückweisung des Widerspruchs die Klägerin in ihren Rechten verletze. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig und verstoße auch nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Eine Verletzung der gegenüber dem Störfallbetrieb gebotenen Rücksichtnahme scheide deswegen aus, weil sich innerhalb der gutachtlich ermittelten "Achtungsgrenzen" bereits verschiedene gewerbliche Nutzungen befänden, darunter auch Baumärkte, die ebenfalls Freiverkaufsflächen aufwiesen und nur unwesentlich weiter als das geplante Gartencenter vom Betriebsgelände der Beigeladenen entfernt lägen. Auch bei etwaiger Nichteinhaltung eines erforderlichen Sicherheitsabstands sei deshalb nicht erkennbar, dass es durch das Heranrücken einer weiteren schutzwürdigen Bebauung zu einer Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen für die Beigeladene kommen könne. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Einhaltung eines Abstands gegenüber dem Störfallbetrieb ergebe sich auch nicht aus § 50 BImSchG. Selbst wenn man § 50 BImSchG im Rahmen von § 34 BauGB für anwendbar halten wollte, scheitere eine Anwendung im vorliegenden Fall daran, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht um eine raumbedeutsame Maßnahme im Sinne der Vorschrift handle. Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen die gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB zu wahrenden Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, die auf die Abwehr städtebaulicher Missstände beschränkt seien. Eine unmittelbare Anwendung des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG bzw. eine richtlinienkonforme Auslegung des § 50 BImSchG komme nicht in Betracht. Ein zwingendes Gebot der Abstandswahrung, das auch bei der Zulassung von Einzelvorhaben zu beachten sei, sei der Richtlinie nicht zu entnehmen. Selbst wenn man annehme, dass der deutsche Gesetzgeber Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG nicht vollständig umgesetzt habe, fehle es an der für eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie erforderlichen inhaltlichen Unbedingtheit und hinreichenden Genauigkeit.

4

Der Senat hat die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zum Anlass genommen, das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht auszusetzen und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg im Wege der Vorabentscheidung (Art. 267 AEUV) um Klärung mehrerer Fragen zu bitten (Beschluss vom 3. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 5.09 - juris). Der Senat war der Auffassung, dass die Revisionen auf der Grundlage des nationalen Rechts zurückzuweisen wären, hatte es allerdings für zweifelhaft gehalten, ob die Zulassung des Vorhabens unter den hier gegebenen bzw. unterstellten Umständen mit Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG vereinbar ist (Beschluss vom 3. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 11 ff. und 22 ff.).

5

Mit Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - (ABl EU 2011 Nr. C 319 S. 5 = ZfBR 2011, 763) hat der EuGH über die Vorlagefragen entschieden.

6

Die erste Vorlagefrage hat er wie folgt beantwortet:

Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG ist dahin auszulegen, dass die Pflicht der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und öffentlich genutzten Gebäuden andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt, auch von einer Behörde wie der für die Erteilung von Baugenehmigungen zuständigen Stadt D. zu beachten ist, und zwar auch dann, wenn sie in Ausübung dieser Zuständigkeit eine gebundene Entscheidung zu erlassen hat.

7

Auf die zweite und dritte Frage hat der EuGH geantwortet:

Die in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG vorgesehene Verpflichtung, langfristig dem Erfordernis Rechnung zu tragen, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und öffentlich genutzten Gebäuden andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt, schreibt den zuständigen nationalen Behörden nicht vor, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Ansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes zu verbieten. Dagegen steht diese Verpflichtung nationalen Rechtsvorschriften entgegen, nach denen eine Genehmigung für die Ansiedlung eines solchen Gebäudes zwingend zu erteilen ist, ohne dass die Risiken der Ansiedlung innerhalb der genannten Abstandsgrenzen im Stadium der Planung oder der individuellen Entscheidung gebührend gewürdigt worden wären.

8

Der Beklagte und die Beigeladene sehen ihre Rechtsauffassungen durch die Vorabentscheidung des EuGH im Wesentlichen bestätigt. Die Verpflichtung zur gebührenden Würdigung der mit einer Neuansiedlung verbundenen Risiken bestehe nicht erst dann, wenn ein hinzukommendes Vorhaben im Hinblick auf die Auswirkungen eines Störfalls einen weitergehenden Schutzbedarf als die bisherige Bebauung auslöse, sondern bereits dann, wenn durch die Neuansiedlung - wie hier - eine wesentliche Verschlechterung des Status quo u.a. im Hinblick auf das Ziel der Begrenzung der Folgen eines schweren Unfalls eintrete. Die vom EuGH geforderten Bewertungen, insbesondere unter Berücksichtigung "sozioökonomischer" Faktoren, seien hier noch nicht vorgenommen worden. Der Entscheidung des EuGH könne im Ergebnis mit der Auslegung des § 34 BauGB entsprechend Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG nur dadurch Rechnung getragen werden, dass die Klage abgewiesen werde. Welche Faktoren dazu führen sollten, dass diese Risikoermittlung und -bewertung nicht maßgeblich sei bzw. überwunden werden könne, sei nicht ersichtlich.

9

Die Klägerin hält das Vorhaben nach wie vor für bauplanungsrechtlich zulässig. Der EuGH habe das Konzept des deutschen Gesetzgebers zur Umsetzung der Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG im Hinblick auf bereits bebaute Einwirkungsbereiche von Störfallbetrieben akzeptiert. Die von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG geforderte störfallrechtliche Risikobewertung sei schon bislang in einem ausreichenden Maße im Rahmen von § 34 Abs. 1 BauGB erfolgt.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässigen Revisionen sind begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

11

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Gartencenters und damit die Rechtmäßigkeit des der Klägerin erteilten Bauvorbescheids an § 34 Abs. 1 BauGB und dem über das Tatbestandsmerkmal des Einfügens darin enthaltenen Rücksichtnahmegebot gemessen. Mit Bundesrecht unvereinbar ist allerdings die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass eine Verletzung der gegenüber dem Störfallbetrieb der Beigeladenen gebotenen Rücksichtnahme deshalb ausscheide, weil sich innerhalb der gutachtlich ermittelten "Achtungsgrenzen" bereits verschiedene gewerbliche Nutzungen befänden und wegen dieser Vorbelastung - die Nichteinhaltung des angemessenen Abstands unterstellt - nicht erkennbar sei, dass es durch die Neuansiedlung zu einer Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen für die Beigeladene kommen könne.

12

Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG verlangt, dass die Risiken der Zulassung eines öffentlich genutzten Gebäudes in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ungeachtet etwaiger Vorbelastungen gebührend gewürdigt werden (1). Diesem unionsrechtlichen Erfordernis ist durch eine richtlinienkonforme Handhabung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots Geltung zu verschaffen (2). Dessen Anforderungen hat der Verwaltungsgerichtshof verkannt (3). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil die hierfür erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlen (4).

13

1. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG schließt es aus, die Neuansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs allein im Hinblick auf bestehende Vorbelastungen zuzulassen, ohne zuvor ermittelt zu haben, welcher Abstand angemessen ist und welche Risiken mit der Neuansiedlung innerhalb dieser Abstandsgrenzen einhergehen.

14

Der EuGH (Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - UPR 2011, 443 LS 1) hat Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG dahin ausgelegt, dass die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, langfristig dem Erfordernis der Wahrung angemessener Abstände zwischen einem Störfallbetrieb und öffentlich genutzten Gebäuden Rechnung zu tragen, auch von Baugenehmigungsbehörden bei gebundenen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben zu beachten ist. Dass der Betrieb der Beigeladenen ein Störfallbetrieb und das von der Klägerin beantragte Gartencenter ein öffentlich genutztes Gebäude im Sinne der Richtlinie ist, ist unstreitig (EuGH a.a.O. Rn. 2 und 3). Die als Baugenehmigungsbehörde tätig gewordene Stadt D. war deshalb bei der Entscheidung über den von der Klägerin beantragten Bauvorbescheid verpflichtet, dem Abstandserfordernis des Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 96/82/EG Rechnung zu tragen.

15

Diese Verpflichtung hat der EuGH (a.a.O. LS 2) zwar nicht in dem Sinne ausgelegt, dass jede Neuansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes innerhalb des angemessenen Abstands zwingend untersagt werden müsste. Es ist mit der Richtlinie aber nicht vereinbar, wenn die Ansiedlung zugelassen wird, ohne dass die Risiken einer Ansiedlung innerhalb des angemessenen Abstands gebührend gewürdigt worden wären (EuGH a.a.O. Rn. 49). Die Genehmigungsbehörde muss deshalb in einem ersten Schritt ermitteln, welcher Abstand "angemessen" ist und ob das Neuansiedlungsvorhaben innerhalb dieser Abstandsgrenze liegt. Ist der angemessene Abstand nicht eingehalten, muss sich die Behörde in einem zweiten Schritt darüber Gedanken machen, ob ein Unterschreiten des angemessenen Abstands im Einzelfall vertretbar ist.

16

a) Welcher Abstand "angemessen" ist, ist im Unionsrecht nicht geregelt. Damit obliegt es den zuständigen nationalen Genehmigungsbehörden und Gerichten zumindest implizit, die angemessenen Abstände im jeweiligen Einzelfall anhand aller relevanten störfallspezifischen Faktoren festzulegen (EuGH a.a.O. Rn. 45 und 50).

17

Die nationalen Behörden haben im Falle der Ansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs den Anstieg des Unfallrisikos oder die Verschlimmerung der Unfallfolgen zu bewerten (Art. 12 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 96/82/EG; EuGH a.a.O. Rn. 43). Das erfordert jedenfalls dann, wenn die Behörde Anhaltspunkte dafür hat, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben den angemessenen Abstand nicht einhält (vgl. Uechtritz, BauR 2012, 1039 <1047>), eine Abschätzung nicht nur der Risiken und Schäden, sondern auch aller anderen in jedem Einzelfall relevanten (störfall-) "spezifischen Faktoren", die je nach den besonderen Gegebenheiten der Gebiete unterschiedlich ausfallen können (EuGH a.a.O. Rn. 43 f.). Das wird in aller Regel nicht ohne eine Heranziehung technisch-fachlichen Sachverstands möglich sein. Gegebenenfalls kann auch in Betracht kommen, vom Vorhabenträger die Vorlage eines entsprechenden Gutachtens zu verlangen (Uechtritz, a.a.O. S. 1047).

18

Als störfallspezifische Faktoren, die im jeweiligen Einzelfall relevant sein können, nennt der EuGH (a.a.O. Rn. 44) die Art der jeweiligen gefährlichen Stoffe, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schweren Unfalls, die Folgen eines etwaigen Unfalls für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die Art der Tätigkeit der neuen Ansiedlung, die Intensität ihrer öffentlichen Nutzung sowie die Leichtigkeit, mit der Notfallkräfte bei einem Unfall eingreifen können. Die Nennungen sind nur beispielhaft. In Betracht zu ziehen sind ferner, wie der EuGH (a.a.O. Rn. 43) betont, vorhabenbedingte Veränderungen, etwa die Verschlimmerung von Unfallfolgen durch einen vorhabenbedingten Anstieg der möglicherweise betroffenen Personen. Andererseits können aber auch technische Maßnahmen zur Verminderung des Unfallrisikos oder zur weiteren Begrenzung möglicher Unfallfolgen zu berücksichtigen sein, sei es im Betriebsbereich, soweit diese dem Betreiber des Störfallbetriebs auferlegt werden können, sei es außerhalb des Betriebsbereichs, wie etwa Nutzungseinschränkungen oder besondere bauliche Anforderungen an das an den Störfallbetrieb heranrückende Vorhaben, sofern über diese Maßnahmen mögliche Schadensfolgen und damit auch die Angemessenheit des Abstands beeinflusst werden können (vgl. auch Berkemann, ZfBR 2010, 18 <24>).

19

Im Hinblick auf sonstige - nicht störfallspezifische - Belange unterliegt der angemessene Abstand demgegenüber keiner Relativierung (zutreffend Uechtritz, a.a.O. S. 1046 f.). Insbesondere haben "sozioökonomische" Faktoren, die der EuGH (a.a.O. Rn. 46) in diesem Zusammenhang nennt, bei der Festlegung des "angemessenen" Abstands außer Betracht zu bleiben. Das ergibt sich zum einen daraus, dass der EuGH die vom Senat im Vorlagebeschluss vertretene Auffassung ausdrücklich bestätigt hat, wonach insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange zwar im jeweiligen Einzelfall "abwägungsrelevante" sonstige Faktoren sein können, die den Ausschlag für die Zulassung eines öffentlich genutzten Gebäudes innerhalb der gegenüber einem Störfallbetrieb grundsätzlich zu wahrenden angemessenen Abstände geben können, aber den störfallspezifischen Faktoren gerade gegenüberstehen. Zum anderen bestimmen die "angemessenen" Abstände generell den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/82/EG, und zwar auch insoweit, als die Verhütung schwerer Unfälle sowie die Begrenzung der Unfallfolgen durch Betreiberpflichten nach deren Art. 5 sichergestellt werden soll (EuGH a.a.O. Rn. 37); es ist nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen, dass die Richtlinie den Umfang der Betreiberpflichten und damit auch das Risikopotential eines Störfallbetriebs von sozioökonomischen Faktoren abhängig machen will (Uechtritz, a.a.O.).

20

Der Begriff des "angemessenen" Abstands ist ein zwar unbestimmter, aber technisch-fachlich bestimmbarer Rechtsbegriff. Im Einzelfall können erhebliche Unsicherheiten bestehen, welcher Abstand angemessen ist. Die Angemessenheit kann von einer Vielzahl störfallrelevanter technischer Faktoren abhängen und je nach den besonderen Gegebenheiten der Gebiete und den Besonderheiten des Einzelfalls in erheblichem Maße unterschiedlich ausfallen (EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 44). Präzise, absolute und objektive Grenzen der "Gefahrenzone" um einen Störfallbetrieb kann es insoweit nicht geben (Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 14. April 2011 in der Rs. C-53/10 - im Folgenden: Schlussanträge - juris Rn. 39). Gleichwohl unterliegt die behördliche Festlegung des angemessenen Abstands der vollen gerichtlichen Überprüfung (Kraus, ZfBR 2012, 324 <329 f.>; vgl. Berkemann, a.a.O. S. 27); ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum kommt der Genehmigungsbehörde insoweit nicht zu. Die in der Vorabentscheidung (EuGH a.a.O. Rn. 24) verwendete Formulierung, Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 96/82/EG lasse den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Festlegung dieser Abstände einen "Wertungsspielraum", von dem aber jedenfalls innerhalb der Grenzen der Verpflichtung, der Wahrung angemessener Abstände Rechnung zu tragen, Gebrauch gemacht werden müsse, bezieht sich nach dem Verständnis des EuGH (z.B. a.a.O. Rn. 45 f.) ersichtlich nicht auf die Ermittlung, sondern auf die "Berücksichtigung" des angemessenen Abstands.

21

b) Dieser Berücksichtigungspflicht hat die Genehmigungsbehörde in einem zweiten Schritt nachzukommen, wenn das Neuansiedlungsvorhaben innerhalb des angemessenen Abstands liegt.

22

Diese Verpflichtung ist nicht im Sinne eines Verschlechterungsverbots zu verstehen. Zwar wird mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt. Gleichwohl zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG die Baugenehmigungsbehörden nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen. Allein die Zuerkennung eines Wertungsspielraums ermöglicht es, die volle praktische Wirksamkeit des Erfordernisses sicherzustellen (EuGH a.a.O. Rn. 45). Deshalb erscheint es grundsätzlich denkbar, ein öffentlich genutztes Gebäude je nach den Umständen des Einzelfalls auch innerhalb der angemessenen Abstände zuzulassen. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG gestattet es, den "störfalltechnisch" ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange. Diese Auffassung hatte der Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss vertreten. Der EuGH (a.a.O. Rn. 44) hat sie in seiner Vorabentscheidung ausdrücklich bestätigt. Störfallspezifische Faktoren können nach den Worten des EuGH (a.a.O.) mit "sozioökonomischen Faktoren zusammentreffen". Es unterliegt keinen Zweifeln, dass der EuGH ihnen die Eigenschaft von Belangen zumisst, die den störfallspezifischen Faktoren gegenüberstehen, die mithin auf der anderen Seite "in die Gleichung" (Schlussanträge a.a.O. Rn. 41) einzustellen sind.

23

Andererseits kann der Wertungsspielraum der Mitgliedstaaten nicht so ausgelegt werden, dass er es ihnen gestatten würde, von der Berücksichtigung angemessener Abstände abzusehen (EuGH a.a.O. Rn. 49). Die "Berücksichtigung" angemessener Abstände verlangt, dass diese bei der Risikobewertung - sei es auf planerischer Ebene, sei es bei der Vorhabenzulassung - neben anderen Faktoren auch tatsächlich berücksichtigt werden (EuGH a.a.O. Rn. 50). Daraus folgt, dass Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG einer nationalen Regelung entgegensteht, soweit sie vorschreibt, dass die Genehmigung eines öffentlich genutzten Gebäudes in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs zwingend zu erteilen ist, ohne dass die Risiken der Ansiedlung innerhalb der angemessenen Abstände im Genehmigungsverfahren gebührend gewürdigt worden wären (EuGH a.a.O. LS 2 Satz 2 und Rn. 51). Die Genehmigungsbehörde muss sich folglich in jedem Einzelfall darüber Gedanken machen, ob ein Unterschreiten des eigentlich erforderlichen "angemessenen Abstands" im Hinblick auf sonstige - nicht störfallspezifische - Faktoren vertretbar ist (Uechtritz, BauR 2012, 1039 <1047>), sofern dies nicht bereits seitens der Planungsbehörden geschehen ist (EuGH a.a.O. Rn. 28). Das verkennt die Klägerin, die sich auf den Standpunkt stellt, der EuGH habe das in § 34 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck kommende Konzept des deutschen Gesetzgebers gebilligt, der bereits auf gesetzlicher Grundlage eine "generalisierende Risikobewertung" in der Weise vorgenommen habe, dass die Genehmigung im Falle einer Vorbelastung stets zu erteilen sei.

24

Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG enthält ferner die zeitliche Vorgabe, dass dem Erfordernis der Wahrung eines angemessenen Abstands "langfristig" Rechnung zu tragen ist. Diese zielt darauf ab, dass Abstände dort, wo sie bereits eingehalten werden, gewahrt bleiben, und dass sie für die Zukunft als langfristiges Ziel aufgestellt werden, wenn sie noch nicht umgesetzt worden sind (EuGH a.a.O. Rn. 47; vgl. auch Schlussanträge a.a.O. Rn. 40). Liegt ein Neuansiedlungsvorhaben innerhalb der angemessenen Abstände, ist deshalb wie folgt zu differenzieren: Die erstmalige Schaffung einer Gemengelage wird im Regelfall unzulässig sein, weil ein angemessener Abstand, der bisher eingehalten ist, auch in Zukunft - langfristig - gewahrt bleiben muss (Schlussanträge a.a.O.; Uechtritz, a.a.O. S. 1048). Ist der angemessene Abstand demgegenüber schon bisher nicht eingehalten, greift der Wertungsspielraum, den der EuGH den Genehmigungsbehörden im Rahmen des Erfordernisses, der Wahrung angemessener Abstände Rechnung zu tragen, zuerkannt hat.

25

In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Insbesondere legt die Norm die Mitgliedstaaten nicht auf eine durch planerische Gestaltungsspielräume gekennzeichnete, prinzipiell ergebnisoffene Abwägung fest (a.A. Jäde, Publicus 2011.11, 4 <5> (online); vgl. auch Uechtritz, a.a.O. S. 1052), etwa im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB. Der Vorabentscheidung lassen sich auch keine Hinweise entnehmen, die erkennen ließen, dass der EuGH die Berücksichtigung des Abstandserfordernisses im Wege der Vorhabenzulassung verfahrensrechtlich nur um den Preis einer Systemänderung akzeptieren würde (a.A. Jäde, a.a.O. und Uechtritz, a.a.O. S. 1051 ff.). Die Richtlinie verlangt nur, dass das fragliche Erfordernis zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens zur Durchführung der Pläne oder Politiken zur Flächennutzung oder Flächenausweisung beachtet werden muss, der aber von den Mitgliedstaaten frei bestimmt werden kann (EuGH a.a.O. z.B. Rn. 26, 27, 28). Im Übrigen respektiert sie die mitgliedstaatlichen Systementscheidungen. Schon gar nicht erzwingt sie eine "Strukturrevolution" (so aber Jäde, a.a.O.). Auch die auf eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung gerichteten Reformvorschläge der Kommission (KOM(2010)781 vom 21. Dezember 2010; BTDrucks 17/5891 vom 24. Mai 2011) bei allen von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG erfassten "neuen Bauprojekten", stellen den Weg einer Umsetzung des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG im Rahmen der gebundenen Entscheidung nicht in Frage. Öffentlichkeitsbeteiligungen sind auch nach bisherigen nationalrechtlichen Maßstäben einem gebundenen Genehmigungsanspruch nicht fremd (vgl. etwa § 10 Abs. 3 bis 6 BImSchG). Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten mithin auch in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um das Abstandserfordernis in bestehende nationalrechtliche Systementscheidungen einzupassen, sei es "in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne", sei es - mangels einer Planung - "in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen" (EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50). Beide Wege sieht der EuGH insoweit grundsätzlich als gleichwertig an. Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH a.a.O. Rn. 26).

26

Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist. Die Ergebnisse der Planung unterliegen einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Unterbleibt eine Planung, ist dem Abstandserfordernis "in spezifischer Weise" im Rahmen der Vorhabenzulassung Rechnung zu tragen. Unionsrechtlich gefordert, aber auch ausreichend ist insoweit eine "nachvollziehende" Abwägung (im Ergebnis ebenso OVG Münster, Beschluss vom 21. Februar 2012 - 2 B 15/12 - juris Rn. 22 und - vorausgehend - VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Dezember 2011 - 25 L 581/11 - juris Rn. 62; zum Begriff der "nachvollziehenden" Abwägung BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 <24 f.>; vgl. im Überblick auch Roeser, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand November 2012, § 35 Rn. 10), verstanden als ein Vorgang der Rechtsanwendung, der eine auf den Einzelfall ausgerichtete Gewichtsbestimmung verlangt. Sie ist nicht planerische Abwägung im Sinne rechtsgeleiteter politischer Dezision, sondern sachgeleitete Wertung, und unterliegt insoweit der vollen gerichtlichen Kontrolle (Uechtritz, BauR 2012, 1039 <1050 f.>; Kraft, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2009, § 38 Rn. 25).

27

Wie weit die Leistungsfähigkeit des Instruments der "nachvollziehenden" Abwägung reicht, ist keine Frage des Unionsrechts, sondern des nationalen Rechts. Ist die Leistungsfähigkeitsgrenze überschritten, ist der Weg einer gebundenen Entscheidung mit einer lediglich "nachvollziehenden" Abwägung versperrt. Einer Vorhabenzulassung kann dann nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans näher getreten werden, bei dessen Aufstellung die Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG im Rahmen des Abwägungsgebots planerisch zu bewältigen und zu verantworten sind.

28

2. Den Anforderungen, die Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG an die Zulassung von Vorhaben in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs stellt, ist durch eine richtlinienkonforme Auslegung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots Rechnung zu tragen.

29

Unter Zugrundelegung der Entscheidung des EuGH (a.a.O.) und der unter 1. b) gemachten Ausführungen ist zunächst davon auszugehen, dass Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG keine unmittelbare Wirkung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (vgl. hierzu etwa Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 288 Rn. 47 ff.) entfaltet. Damit bleibt nationales Recht - hier § 34 Abs. 1 BauGB - weiter anwendbar. Der Senat hat allerdings das nationale Gesetz soweit wie möglich richtlinienkonform auszulegen, um sich dadurch die Möglichkeit zu verschaffen, im Rahmen seiner Zuständigkeit die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten (EuGH a.a.O. Rn. 32 bis 34 und 52). Dieses Ziel wird durch eine richtlinienkonforme Handhabung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots erreicht, die sich auch mit den in § 34 Abs. 1 BauGB angelegten Systemmerkmalen verträgt. Eines Rückgriffs auf die im Schrifttum erörterten sonstigen Möglichkeiten der Implementierung des Unionsrechts (vgl. dazu im Überblick Uechtritz, a.a.O. S. 1049 ff.) bedarf es mithin nicht.

30

a) Einer richtlinienkonformen Auslegung steht nicht entgegen, dass sich das Vorhaben in die Eigenart der "näheren Umgebung" einfügen muss. Schon nach bisherigem Verständnis ist hierbei auf diejenige Umgebung abzustellen, auf die sich die Ausführung des Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>). Störfallrechtliche Konfliktlagen lassen sich hierunter auch insoweit subsumieren, als sie über den unmittelbaren Nahbereich hinausreichen, weil und soweit sie die bodenrechtliche Situation eines Vorhabengrundstücks prägen. Abgesehen davon sind städtebauliche Fernwirkungen dem Entscheidungsprogramm des § 34 BauGB generell nicht mehr fremd, seit der Gesetzgeber mit dem EAG Bau 2004 den Maßstab des § 34 Abs. 3 BauGB in das Prüfprogramm integriert hat (Kraus, ZfBR 2012, 324<329>).

31

b) Das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot bietet eine geeignete Anknüpfung für die unionsrechtlich geforderte "nachvollziehende" Abwägung.

32

Ein Vorhaben, das sich in jeder Hinsicht innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, fügt sich in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB dann nicht ein, wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O. S. 386 m.w.N.). Ziel des Rücksichtnahmegebots ist es, einander abträgliche Nutzungen in rücksichtsvoller Weise zuzuordnen sowie Spannungen und Störungen zu vermeiden. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, namentlich davon, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist (stRspr; zuletzt Urteil vom 29. November 2012 - BVerwG 4 C 8.11 - juris Rn. 16 m.w.N.). Es wird dabei durch die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und den auf dieser Grundlage ergangenen rechtsförmlichen technischen Regelwerken und normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften näher bestimmt (vgl. Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <319 f.>). Im Übrigen ist eine Einzelfallbeurteilung geboten.

33

Das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme erweist sich insoweit als wertungsoffenes Korrektiv (vgl. auch Berkemann, ZfBR 2010, 18 <30>: "planerisches Korrektiv"), das auch für störfallrechtlich vorgegebene Wertungen offensteht. Es erlaubt die in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG geforderte abwägende Gegenüberstellung von störfallspezifischen und nicht störfallspezifischen, insbesondere "sozioökonomischen" Faktoren, um auf dieser Grundlage entscheiden zu können, ob im Einzelfall ein Unterschreiten des eigentlich erforderlichen "angemessenen" Abstands ausnahmsweise vertretbar ist. Insoweit unterscheiden sich störfallrechtliche nicht grundlegend von anderen immissionsschutzrechtlichen Konfliktsituationen. Das Rücksichtnahmegebot ist deshalb ein geeigneter Rahmen auch für die unionsrechtlich geforderte "nachvollziehende" Abwägung, innerhalb derer die Genehmigungsbehörde den ihr nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG zukommenden Wertungsspielraum auszufüllen hat. Unerheblich ist, dass der Begriff der "nachvollziehenden" Abwägung in der Senatsrechtsprechung für Fälle im Anwendungsbereich des § 35 BauGB entwickelt und darüber hinaus bisher - soweit ersichtlich - lediglich im Bereich des § 38 BauGB thematisiert worden ist. Der Sache nach ist auch die im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu treffende Entscheidung sachgeleitete Wertung, die ebenfalls der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. Kraft, a.a.O.).

34

Einer Anpassung bedarf die Dogmatik des Rücksichtnahmegebots im störfallrechtlichen Zusammenhang allerdings insoweit, als Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG verlangt, dass der angemessene Abstand bei der Risikobewertung neben anderen Faktoren - wie dargestellt - auch im Fall einer bestehenden Vorbelastung tatsächlich berücksichtigt wird. In Anbetracht der in der Richtlinie zum Ausdruck kommenden besonderen Zielsetzung (Art. 1 der Richtlinie 96/82/EG), die Folgen schwerer Unfälle für Mensch und Umwelt nicht nur durch eine entsprechende Ausgestaltung der Betreiberpflichten (Art. 5 der Richtlinie 96/82/EG), sondern auch durch die Wahrung angemessener Abstände (Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG) zu begrenzen, darf eine bestehende Vorbelastung nicht dazu führen, die durch eine Neuansiedlung im Fall eines Störfalls zusätzlich exponierten Menschen auszublenden. Bedenkt man ferner, dass die erstmalige Schaffung einer störfallrechtlichen Gemengelage - wie dargestellt - im Regelfall ohnehin unzulässig sein wird, weil ein angemessener Abstand, der bisher eingehalten ist, "langfristig", also auch in Zukunft gewahrt bleiben muss (Beschluss vom 3. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 5.09 - juris Rn. 32; Uechtritz, BauR 2012, 1039 <1048 ff.>), liegt auf der Hand, dass eine bestehende Vorbelastung im Störfallrecht nicht Grenze, sondern vielmehr gerade Voraussetzung des Wertungsspielraums ist, den Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG eröffnet. Das Kriterium der Vorbelastung ist deshalb im Störfallrecht bei richtlinienkonformer Handhabung unbrauchbar.

35

c) Von vornherein überschritten sind allerdings die Leistungsgrenzen des Rücksichtnahmegebots, wenn die nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG zu berücksichtigenden "sozioökonomischen Faktoren" den Rahmen der im Rücksichtnahmegebot abgebildeten gegenseitigen Interessenbeziehung zwischen Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits verlassen, etwa dann, wenn nicht individuelle, sondern städtebauliche Gründe für eine Zulassung eines Vorhabens in der Gefahrenzone eines Störfallbetriebs streiten, oder wenn Alternativstandorte für die Verwirklichung des Vorhabens in Frage stehen. Entsprechendes gilt, wenn ein Neuansiedlungsvorhaben städtebauliche Spannungen bewirkt, die im Wege einer "nachvollziehenden" Abwägung nicht beseitigt werden können, sondern einer planerischen Bewältigung bedürfen, oder wenn eine rechtsfehlerfreie Konfliktbewältigung auf das Festsetzungsinstrumentarium der Bauleitplanung angewiesen ist. In all diesen Fällen ist eine Zulassung des Vorhabens auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB abzulehnen, weil es einen Koordinierungsbedarf auslöst, dem nicht das Konditionalprogramm des Rechts der Vorhabenzulassung, sondern nur eine förmliche Planung Rechnung zu tragen vermag (vgl. Urteil vom 1. August 2002 - BVerwG 4 C 5.01 - BVerwGE 117, 25 <29 f.>; jüngst auch Urteil vom 2. Februar 2012 - BVerwG 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 ). Entschließt sich die Gemeinde in diesen Fällen zur Bauleitplanung, ist auch dem Abstandserfordernis planerisch Rechnung zu tragen.

36

3. Diesen Einfluss des Unionsrechts auf die Handhabung des Rücksichtnahmegebots hat das Berufungsurteil verkannt.

37

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar zu Recht angenommen, dass die Pflicht zur Rücksichtnahme grundsätzlich nicht unabhängig von etwaigen Vorbelastungen bewertet werden kann (Beschluss vom 3. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Er hat allerdings nicht erkannt, dass das Kriterium der Vorbelastung im Störfallrecht unbrauchbar ist, weil es - wie der EuGH mit bindender Wirkung für die mitgliedstaatliche Rechtsanwendung vorgegeben hat - die Mitgliedstaaten nicht von der sich aus Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG ergebenden Verpflichtung befreit, die Risiken der Neuansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes innerhalb des angemessenen Abstands gebührend zu würdigen.

38

Mangels Bebauungsplanung war die Genehmigungsbehörde in der Pflicht, bei der Entscheidung über den von der Klägerin beantragten Bauvorbescheid dem Abstandserfordernis Rechnung zu tragen. Dieser Verpflichtung ist sie nicht nachgekommen. Sie hat es unterlassen, vor ihrer Entscheidung zu ermitteln, welcher Abstand gegenüber dem Störfallbetrieb der Beigeladenen angemessen ist und ob das streitgegenständliche Gartencenter innerhalb dieser Abstandsgrenze liegt; den TÜV hatte sie erst im Zusammenhang mit dem Bauantrag der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 12.11 mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

39

Dieses Versäumnis hätte der Verwaltungsgerichtshof zum Anlass nehmen müssen, die erforderlichen Ermittlungen und Bewertung im Rahmen seiner uneingeschränkten gerichtlichen Prüfungskompetenz selbst vorzunehmen. Er hätte feststellen müssen, welcher Abstand angemessen ist und ob das streitgegenständliche Gartencenter innerhalb dieses angemessenen Abstands liegt, etwa weil die vom TÜV gutachtlich ermittelten "Achtungsgrenzen" die Abstandsgrenzen zutreffend wiedergeben. Bejahendenfalls wäre er gehalten gewesen, zu ermitteln, ob und gegebenenfalls welche nicht-störfallspezifischen Faktoren dem Abstandserfordernis gegenüberstehen. Er hätte sich vergewissern müssen, dass die in Betracht kommenden Faktoren das Entscheidungsprogramm des § 34 Abs. 1 BauGB nicht überfordern, etwa, weil nur individuelle Gründe der Vorhabenträgerin in Frage stehen. Schließlich hätte er auf dieser Grundlage im Wege der "nachvollziehenden" Abwägung darüber befinden müssen, ob im Hinblick auf diese Gründe ein Unterschreiten des "angemessenen Abstands" vertretbar und deshalb eine Zulassung des Vorhabens innerhalb der Abstandsgrenzen gerechtfertigt erscheint. An all dem fehlt es.

40

4. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 VwGO). Es fehlen bereits abschließende tatrichterliche Feststellungen zu den maßgeblichen Faktoren zur Bestimmung des angemessenen Abstands (vgl. oben 1.) sowie dazu, ob das streitgegenständliche Gartencenter innerhalb dieses Abstands liegt. Die Sache ist deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Baugenehmigung für eine Asylbewerberunterkunft.

Der Antragsgegner beantragte am ... August 2015 beim Landratsamt Rosenheim (Landratsamt) die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines zweigeschossigen Wohnpavillons für die Aufnahme von Asylbewerbern - bestehend aus Fertig-Containern - auf einer Fläche von ca. 15 x 29 m auf Fl. Nr. 111 Gemarkung .... Ebenfalls beantragte er dort die Genehmigung eines westlich und nördlich des beantragten Wohnpavillons zu errichtenden Erdwalls von ca. 35 m Länge im Westen und ca. 20 m Länge im Norden. Zugleich beantragte er Ausnahmen und Befreiungen von Festsetzungen des Bebauungsplans „Gewerbegebiet ...“ und legte dem Antrag u. a. einen Brandschutznachweis bei. Der längliche Wohnpavillon mit einer Wandhöhe von 5,68 m grenzt mit seiner südwestlichen Schmalseite in 7 m Entfernung an das südliche Grundstück Fl. Nr. 111/1 (Anwesen „...“) an. Die Gemeinde ... erteilte zu diesem Bauvorhaben am ... September 2015 ihr Einvernehmen.

Mit Bescheid vom ... Oktober 2015 erteilte das Landratsamt dem Antragsgegner die beantragte Baugenehmigung (Punkt A. im Bescheidstenor) unter Zulassung einer Abweichung von bauordnungsrechtlichen Bestimmungen für die Ausführung von tragenden Wänden und Stützen, Trennwänden, Decken sowie von Wänden notwendiger Treppenhäuser und Flure (B.). Hinsichtlich der Wohnanlagenerrichtung teils außerhalb der Baugrenzen und teils in der Anbauverbotszone, zu Dachform und -neigung, Grünordnung, Fassadenbegrünung sowie zur Errichtung eines Walls teils in der Anbauverbotszone bzw. in der Straßenverkehrsfläche erteilte das Landratsamt eine Befreiung (C.). Die Errichtung einer Wohnanlage für soziale Zwecke im Gewerbegebiet wurde gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) ausnahmsweise zugelassen (D.). Unter „E.“ wurden Auflagen zu Stellplätzen und zum Brandschutz festgesetzt. Zur Begründung der Abweichungszulassung (B.) ist im Wesentlichen ausgeführt, die Abweichungen seien nach Beachtung der besonderen objektbezogenen Brandschutzmaßnahmen und unter Berücksichtigung aller abzuwägenden Belange mit den öffentlichen-rechtlichen Belangen vereinbar, u. a. aufgrund der Ausstattung des Gebäudes mit einer Brandmeldeanlage. Die Befreiung (C.) habe erteilt werden können, da die Abweichung städtebaulich vertretbar sei, die Grundzüge der Planung nicht berührt seien und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Die Antragstellerin erhob am ... Oktober 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Ziel einer Aufhebung dieses Bescheids (M 1 K 15.4779). Ebenfalls am ... Oktober 2015 beantragt sie,

festzustellen, dass ihre Klage gegen den Bescheid vom ... Oktober 2015 aufschiebende Wirkung hat.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, sie betreibe auf dem benachbarten Grundstück „...“ eine Tankstelle und eine Autowaschanlage. Zudem handele sie mit Heizöl und Zubehör. Die erteilte Baugenehmigung greife erheblich in ihre Rechte ein. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, hierzu Stellung zu nehmen. Jedenfalls durch die Zulassung der Errichtung der Wohnanlage teils außerhalb von Baugrenzen und Anbauverbotszonen sowie in der Straßenverkehrsfläche sei sie unmittelbar betroffen, da der beabsichtigte Erdwall die Sicht auf die Einfahrt zur Tankstelle und Waschanlage behindere und die Aus- und Einfahrt zum Betriebsgelände gefährde. Auf der westlich an den Grundstücken von Norden nach Süden entlang führenden Straße sei eine Geschwindigkeit von 70 km/h zugelassen. Ferner sei ihr Anspruch auf Gewährleistung des Gebietscharakters als reines Gewerbegebiet beeinträchtigt. Die Errichtung von Wohngebäuden sei in einem Gewerbegebiet nicht vorgesehen. Eine Nutzung der Waschanlage außerhalb der Geschäftszeiten sei nicht mehr möglich, da die Anwohner der Wohnanlage sich durch den Lärm gestört fühlen könnten. Der Wert ihres Grundstücks werde wesentlich gemindert, da durch die unmittelbare Nähe der Wohnanlage Käufer abgeschreckt würden. Deshalb sei auch ihr Eigentumsrecht berührt. Ferner sei zu befürchten, dass die baulichen Maßnahmen zur Errichtung der Wohnanlage und die Einweisung der Bewohner den Betrieb auf ihrem Grundstück erheblich beeinträchtigten. Nachts kämen keine Kunden mehr, um zu tanken. Auch sei ihr Tanklager mit ca. 30.000 l Heizöl sowie der sich ebenfalls auf ihrem Grundstück befindende Gastank in Gefahr, da die Bewohner der Anlage oder etwa auch Dritte, die mit der Errichtung der Wohnanlage nicht einverstanden seien, durch unsachgemäßes Handeln eine Brand- bzw. Explosionsgefahr herbeiführen könnten. Zudem sei vom Bauvorhaben und dessen Bewohnern Vandalismusgefahr zu befürchten, da die Wohnanlage außerhalb des Dorfes errichtet werden solle und eine Anbindung an Nachversorgungseinrichtungen nicht bestehe. Die Antragstellerin wies ferner auf eine Entscheidung des Hamburger Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2013 hin, die ihre Rechtsauffassung stütze.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, durch § 246 Abs. 10 Baugesetzbuch (BauGB) werde eine mögliche abstrakte Gebietsunverträglichkeit von Asylunterkünften in Gewerbegebieten überwunden. Für eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sei substantiell nichts vorgetragen, tatsächliche Immissionskonflikte seien nicht zu befürchten. Die ausgesprochenen Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes bezögen sich nicht auf drittschützende Festsetzungen, die der Antragstellerin Schutz vermitteln würden.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist in der Sache ohne Erfolg.

In Fällen, in denen die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem Grundsatz nach gegebene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie im vorliegenden Fall durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 212a Abs. 1 BauGB), kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtzeitig erhobenen Klage anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht in einer dem Charakter des summarischen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechenden Weise die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen, wobei als Indiz die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens berücksichtigt werden können.

Nach diesen Grundsätzen bleibt der Antrag, der gemäß § 88 VwGO als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der zugleich erhobenen Klage auszulegen ist, ohne Erfolg, da diese Klage gegen die Baugenehmigung vom... Oktober 2015 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Das kraft Gesetzes nach § 212a Abs. 1 BauGB bereits bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Baugenehmigung muss daher auch nicht ausnahmsweise zurücktreten.

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354 - juris; BayVGH, B. v. 2.9.2013 - 14 ZB 13.1193 - juris Rn. 11).

Aufgrund der im vorliegenden Verfahren nur vorzunehmenden summarischen Überprüfung ist eine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die Baugenehmigung aller Voraussicht nach nicht gegeben. Sie kann sich weder erfolgreich auf die Verletzung eines Anspruchs auf Gebietserhaltung noch auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme berufen. Auch die Pflicht zur Einhaltung einer Anbauverbotszone bzw. eines Sichtdreiecks kann sie nicht mit Erfolg einwenden.

1. Ein Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin wird durch die angefochtene Baugenehmigung nicht verletzt.

1.1 Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet ...“ in der Fassung vom 11. Juni 2003 setzt unter A.2.1 als Art der baulichen Nutzung „Gewerbegebiet“ gemäß § 8 BauNVO fest. Eine solche Baugebietsfestsetzung in einem Bebauungsplan ist nachbarschützend (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28.390 - BVerwGE 94, 151 - juris Rn. 9 ff., 15; BayVGH, U. v. 28.6.2012 - 2 B 10.788 - juris Rn. 24). Allerdings können Anlagen für soziale Zwecke gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden. Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet ...“ schließt - soweit ersichtlich - eine solche ausnahmsweise Zulassung nicht aus, sieht sie jedoch auch nicht ausdrücklich vor (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413 - juris Rn. 6). Gemäß § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.9.2004, geändert durch Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014, BGBl I S. 1748) kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.

1.2 Mit der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413 - juris Rn. 3, m. w. N.) geht das Gericht davon aus‚ dass eine Unterkunft für Asylbewerber keine - im Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO von vornherein unzulässige - Wohnanlage im bauplanungsrechtlichen Sinn darstellt‚ sondern eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter. Diese Auffassung findet ihre Rechtfertigung insbesondere darin‚ dass der Aufenthalt von Asylbewerbern in solchen Unterkünften nicht freiwillig ist‚ sondern auf einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörde beruht‚ auf die der Asylbewerber keine Einflussmöglichkeiten hat (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz - AsylG). Zudem sind Asylbewerber von den Entscheidungen der Verwaltung der Unterkunft (etwa im Hinblick auf die Raumbelegung) abhängig‚ so dass von einer Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises (vgl. BVerwG, B. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - ZfBR 1996‚ 228 - juris) nicht gesprochen werden kann.

Mit der jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und der Oberverwaltungsgerichte ist auch die Kammer der Auffassung, dass Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, auch wenn diese als Anlagen für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinn angesehen werden können, mit dem Charakter eines Gewerbegebiets unvereinbar sind (vgl. BayVGH, B. v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832 - juris Rn. 16 m. w. N.), weil die Unterbringung von Asylbewerbern keine Funktion im Zusammenhang mit oder für eine der im Gewerbegebiet zulässigen Hauptnutzungsarten erfüllt. Die von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO als ausnahmsweise zulassungsfähig erklärten Wohnungen, „die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber … untergeordnet sind“, genießen die Vorteile ihrer betriebsnahen Unterbringung nur unter Inkaufnahme des von den Gewerbetrieben ausgehenden Störpotentials. Damit ist die Unterbringung von Asylbewerbern nicht vergleichbar. Ferner bildet eine Gemeinschaftsunterkunft für einen mehr als nur unbeachtlich kurzen Zeitraum den Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers (BayVGH, B. v. 6.2.2015 a. a. O. Rn. 16).

Die Unterbringung von Asylbewerbern in einer Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter widerspricht dem Gebietscharakter eines Gewerbegebiets jedoch dann nicht, wenn für eine solche Unterbringung eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB erteilt wird. Unter den dort genannten Voraussetzungen werden die - in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB im Unterschied zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten - Grundzüge der Planung nicht berührt (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2015 a. a. O. Rn. 6).

1.3 Zwar hat das Landratsamt - bei Annahme der Gebietsunverträglichkeit von Asylbewerberunterkünften in Gewerbegebieten rechtswidrig - im angefochtenen Bescheid die Errichtung der Wohnanlage für soziale Zwecke im Gewerbegebiet „gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO … ausnahmsweise zugelassen“, doch kommt eine Umdeutung dieser fehlerhaften Entscheidung gemäß Art. 47 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) in eine Befreiung von der Festsetzung der Gebietsart „Gewerbegebiet“ in Betracht, zumal das Landratsamt in seiner Stellungnahme zum Eilantrag der Antragstellerin auf die Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB Bezug nimmt (vgl. BayVGH, U. v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832 - juris Rn. 19; allgemein zur Umdeutung im gerichtlichen Verfahren vgl. BayVGH, B. v. 24.10.2008 - 9 ZB 05.3209 - juris Rn. 5). Daraus wird deutlich, dass diese ausnahmsweise Zulassung auf das gleiche Ziel „Ermöglichung der Wohnanlage für Asylbewerber im Gewerbegebiet „...“ gerichtet war, welches mit einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB erreicht werden kann und es dem Landratsamt nicht darauf ankam, die Unterbringung der Asylbewerber gerade nur im Wege der Ausnahme zuzulassen. Form und Verfahrensweise der behördlichen Entscheidung widersprechen einer Umdeutung gemäß Art. 47 BayVwVfG ebenfalls nicht, insbesondere hat die Gemeinde... zum Bauvorhaben das Einvernehmen erteilt, worin angesichts des bestehenden Bebauungsplans auch die Zustimmung zu einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zu sehen ist.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Befreiung nach dieser Bestimmung liegen vor, insbesondere verstößt die Befreiung von der Festsetzung der Gebietsart „Gewerbegebiet“ für das Bauvorhaben nicht gegen die Grundzüge der Planung (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB). Der Gesetzgeber wollte in Ansehung der Tatsache‚ dass Anlagen für Asylbegehrende von der herrschenden Rechtsprechung als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden‚ die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind und für die auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden konnte‚ in Ergänzung zu § 31 Abs. 2 BauGB einen befristeten Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen‚ die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind (s. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drs. 18/2752). Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus‚ dass nur unter diesen engen Voraussetzungen und unter Beachtung der Befristung der Regelung bis zum 31. Dezember 2019 die - in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB im Gegensatz zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten - Grundzüge der Planung nicht berührt werden. § 246 Abs. 10 BauGB geht insofern als speziellere Norm der allgemeinen Befreiungsvorschrift nach § 31 Abs. 2 BauGB vor (BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413 - juris Rn. 6).

Art. 47 Abs. 2 BayVwVfG steht der Umdeutung der Entscheidung zur ausnahmsweisen Zulassung in eine Befreiungsentscheidung nicht entgegen. Weder widerspricht die Umdeutung der Absicht des Landratsamts zur Ermöglichung der Errichtung einer Asylbewerberunterkunft im Gewerbegebiet noch sind die Rechtsfolgen für den Antragsgegner als Genehmigungsinhaber ungünstiger als die der Ausnahmezulassung (vgl. Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Eine solche Ausnahmezulassung kann auch zurückgenommen werden (vgl. Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG).

Auch die fehlende Ausübung eines Befreiungsermessens steht der Umdeutung nicht entgegen, da für diese Ausübung bei Vorliegen der engen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB bereits regelmäßig und allgemein wenig Spielraum verbleibt (VGH BW, B. v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - NVwZ-RR 2015, 637 - juris Rn. 20). Hinsichtlich der Erteilung der Befreiung dürfte das Ermessen des Landratsamts auf Null reduziert sein. Da nicht ersichtlich ist, dass schützenswerte nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt werden könnten (vgl. unten 2.), städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarlichen Interesse in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen. Hierfür spricht auch das hohe öffentliche Interesse an einer zügigen Schaffung von winterfesten Quartieren für eine Vielzahl von erst kürzlich in das Bundesgebiet eingereisten Asylbewerbern.

Die von der Antragstellerin eingewandte Rechtsprechung des OVG Hamburg aus dem Jahr 2013 (B. v. 17.6.2013 - 2 Bs 151/13 u. a.) steht der erteilten Baugenehmigung unter Einschluss der umgedeuteten Befreiungsentscheidung nach § 246 Abs. 10 BauGB nicht entgegen. In der Entscheidung hatte das OVG Hamburg ausgeführt, dass Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB für die Zulassung von Asylbewerberunterkünften in Gewerbegebieten gegen die Grundzüge der Planung eines Bebauungsplans mit der Festsetzung „Gewerbegebiet“ verstießen. Zur im Jahr 2014 in Kraft getretenen Bestimmung des § 246 Abs. 10 BauGB konnte sich das OVG Hamburg dagegen zum damaligen Zeitpunkt (noch) nicht äußern.

2. Auch auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme kann die Antragstellerin sich nicht mit Erfolg berufen. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 2.04 - juris). Entscheidend ist letztlich, ob eine für den Rücksichtnahmebegünstigten unzumutbare Beeinträchtigung entsteht. Ob und inwieweit sich Belästigungen oder Störungen auswirken können, ist nach objektiven Maßstäben unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Nutzung der Anlage und der sich daraus ergebenden Erwartung von Auswirkungen zu beurteilen (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, Stand August 2015, Rn. 21 ff., 28 zu § 15).

Bei der Bewertung von Gefahren und Beeinträchtigungen nachbarlicher Interessen können nur solche Störungen berücksichtigt werden, die typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung des Vorhabens auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind (städtebauliche Gesichtspunkte). Anderen Gefahren kann im jeweiligen Einzelfall mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts begegnet werden (OVG NW, B. v. 27.8.1992 - 10 B 3439.92 - juris Rn. 3). Bei möglichen Rechts- und Ordnungsverletzungen müssen primär bestimmte Personen als Verhaltensstörer zur Verantwortung gezogen werden (BayVGH, B. v. 13.9.2012 - 2 B 12.109 - juris Rn. 38).

Nach diesen Maßstäben liegt aller Voraussicht nach eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zulasten der Antragstellerin nicht vor. Sie kann nicht mit Erfolg einwenden, es drohe ihrer Tankstelle und Autowaschanlage und den zudem dort vorgehaltenen Heizöl- und Gasvorräten Vandalismus- bzw. Explosionsgefahr von Bewohnern der Asylbewerberunterkunft oder von dieser Unterkunft nicht wohlgesonnenen Dritten. Auch eine etwaig zu besorgende Wertminderung ihres Grundstücks kann sie gegenüber der Baugenehmigung nicht mit Erfolg einwenden, denn je weniger der Nachbar in dieser Hinsicht an Rücksichtnahme verlangen kann, mit desto geringerem Gewicht schlägt der Gesichtspunkt von Wertminderungen bei der gebotenen Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu Buch (BayVGH B. v. 13.9.2012 a. a. O. Rn. 36). Ebenfalls ohne Erfolg bleibt ihr Einwand, dass sich für die genehmigte Asylbewerberunterkunft andere, geeignetere Standorte hätten finden lassen (OVG NW, B. v. 27.8.1992 - 10 B 3439.92 - juris Rn. 4). Das gilt ebenso für den Einwand einer etwaigen Beeinträchtigung der Einsehbarkeit der Straße bei Ein- und Ausfahrt aus dem Grundstück der Antragstellerin.

Ohne Aussicht auf Erfolg bleibt auch der Einwand der Antragstellerin, dass sich die Bewohner der Asylbewerberunterkunft von den Betriebsgeräuschen auf dem Grundstück der Antragstellerin gestört fühlen könnten. Überwindet der Gesetzgeber mit der Befreiungsmöglichkeit des § 246 Abs. 10 BauGB die grundsätzliche Gebietsunverträglichkeit einer wohnähnlichen Nutzung im Gewerbegebiet, so ist aus dieser Regelung auch die Absenkung eines immissionsbezogenen Schutzanspruchs der Nutzer solcher Einrichtungen abzuleiten. Dass Kunden der Antragstellerin durch die genehmigte Asylbewerberunterkunft vom nächtlichen Tanken auf ihrem Betriebsgrundstück abgehalten werden könnten, ist eine nicht durch Tatsachen begründete bloße Befürchtung, die für das Gericht nicht nachvollziehbar ist.

3. Die Antragstellerin kann nicht die Einhaltung der Anbauverbotszone zur am Grundstück des Bauvorhabens und auch an ihrem Grundstück vorbeiführenden Straße und aus diesem Grund auch nicht die Aufhebung der erteilten Baugenehmigung verlangen, da die straßenrechtlichen Vorschriften zur Anbauverbotszone nicht drittschützend sind (VG München, U. v. 12.5.2005 - M 11 K 04.2308 - juris Rn. 32). Das gilt auch für die öffentlich-rechtliche Pflicht zum Einhalten von Sichtdreiecken.

Nachdem nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur vorzunehmenden summarischen Prüfung auch keine sonstigen zum Antragserfolg führenden Verletzungen der Antragstellerin erkennbar sind, war der Antrag abzulehnen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO, die Bemessung des Streitwerts auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. Nr. 1.5 und 9.7.1. des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren ein bauaufsichtliches Einschreiten des Antragsgegners gegen eine Nutzung von zwei Wohnhäusern des Beigeladenen auf den Grundstücken Fl. Nrn. 766 und 766/6 Gemarkung U. für die Unterbringung von Asylbewerbern. Der Antragsteller zu 1 ist Eigentümer des östlich gelegenen Grundstücks Fl. Nr. 767 Gemarkung U., das mit einem Wohngebäude bebaut ist. Der Antragsteller zu 2 gibt an, dort ein „Wohnrecht“ zu haben.

Nachdem das Landratsamt N. den Antrag der Antragsteller auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen diese Nutzung mit Schreiben vom 28. November 2014 abgelehnt hatte, blieb auch der Antrag der Antragsteller gemäß § 123 Abs. 1 VwGO vor dem Verwaltungsgericht erfolglos (Beschluss vom 2.6.2015). Die Antragsteller hätten keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es spreche vieles dafür, dass die Nutzung der beiden Wohnhäuser durch Asylbewerber bauplanungsrechtlich zulässig sei. Insoweit könne dahinstehen, ob die beiden Wohnhäuser in einem faktischen reinen Wohngebiet oder einem faktischen allgemeinen Wohngebiet liegen würden. Ein Gebietserhaltungsanspruch stehe den Antragstellern nicht zu, da ihr Grundstück und die Grundstücke des Beigeladenen nicht im selben Baugebiet liegen würden. Unabhängig davon hätten die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass sie bei der beabsichtigten Unterbringung von Asylbewerbern in den Wohnhäusern in dem zu ihrem Schutz bestehenden Gebot der Rücksichtnahme verletzt würden. Aus dem Interesse der künftigen Bewohner auf eine menschenwürdige Unterbringung könnten die Antragsteller ein eigenes Abwehrrecht nicht herleiten. Erst recht scheide eine Ermessensreduzierung auf Null im Hinblick auf das begehrte bauaufsichtliche Einschreiten aus.

Mit ihrer Beschwerde machen die Antragsteller geltend, die Belegung der Gebäude mit ca. 30 Asylbewerbern entspreche nicht den üblichen Wohnverhältnissen in einem Wohngebiet. Das Wohnverhalten der Asylbewerber entspreche nicht den mitteleuropäischen Gepflogenheiten. Laute Musik, ständiger Aufenthalt im Freien mit lautstarken Gesprächen, Streitigkeiten etc. seien an der Tagesordnung. Das Grundstück der Antragsteller werde durch die Unterbringung ganz erheblich im Wert gemindert. Im Übrigen werde auf die Ausführungen in erster Instanz Bezug genommen.

Die Antragsteller beantragen:

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. Juni 2015 wird aufgehoben.

II.

Auf die Beschwerde hin wird dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufgegeben, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro zu unterlassen, 30 Asylbewerber in B., L. und ..., im Gebäude des Herrn L. unterzubringen.

III.

Hilfsweise wird beantragt:

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufgegeben, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro zu unterlassen, bei der Unterbringung von Asylbewerbern in B., L. und ..., mehr als insgesamt 10 Asylbewerber unterzubringen.

IV.

Nochmals hilfsweise wird beantragt:

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, baurechtlich einzuschreiten hinsichtlich der Unterbringung von 30 Asylbewerbern in B. L. und ..., bei Herrn L.

V.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Ein Anspruch der Antragsteller auf bauaufsichtliches Einschreiten bestehe nicht. Eine eventuelle Wertminderung des Grundstücks der Antragsteller verletze nicht das Gebot der Rücksichtnahme.

Der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.

1. Ob die beabsichtigte Nutzung der beiden Wohnhäuser für die Unterbringung von Asylbewerbern bauplanungsrechtlich zulässig ist, kann dahinstehen. Denn das Verwaltungsgericht hat die Ablehnung des Antrags der Antragsteller selbstständig tragend auch darauf gestützt, dass durch diese Nutzung das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber den Antragstellern nicht verletzt wird. Insoweit führt das Beschwerdevorbringen der Antragsteller nicht zum Erfolg der Beschwerde.

Unerheblich ist, ob das Grundstück der Antragsteller durch die beabsichtigte Nutzung eine Wertminderung erfahren wird. Die im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots geforderte Interessenabwägung hat sich am Kriterium der Unzumutbarkeit auszurichten. Entscheidend ist dabei, ob die zugelassene Nutzung zu einer - unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen - unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des anderen Grundstücks führt. Da sich jede - auch eine legale - Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann, kommt einer Wertminderung allenfalls eine Indizwirkung für die Interessenabwägung zu. Ein Abwehranspruch kann jedoch nur gegeben sein, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13.94 - BVerwGE 101, 364 - juris Rn. 73). Dafür lässt sich dem Beschwerdevorbringen nichts entnehmen. Soweit dort auf Streitigkeiten zwischen den Asylbewerbern verwiesen wird, die an der Tagesordnung seien, ist der erforderliche Grundstücksbezug weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die von einer baulichen Anlage ausgehenden Störungen und Belastungen sind nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind. Anderweitige Belästigungen sind nicht Gegenstand baurechtlicher Betrachtung. Insbesondere ist das Baurecht im Allgemeinen nicht in der Lage, soziale Konflikte zu lösen, die wegen der Unterbringung von Asylbewerbern besorgt werden. Solchen Belästigungen kann nicht mit Mitteln des Baurechts, sondern nur im jeweiligen Einzelfall mit denen des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts begegnet werden (vgl. BayVGH, B. v.. 31.3.2015 - 9 CE 14.2854 - juris Rn. 19).

2. Soweit im Beschwerdevorbringen ausgeführt wird, das Wohnverhalten der Asylbewerber entspreche nicht den mitteleuropäischen Gepflogenheiten, wird verkannt, dass das allgemeine Bauplanungsrecht keinen „Milieuschutz“ gewährleisten kann und soll (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - juris Rn. 72). Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass bei der vom Landratsamt beabsichtigten Unterbringung - nach dessen Angaben im Beschwerdeverfahren - von insgesamt maximal 20 Asylbewerbern in den beiden Wohnhäusern mit einer Wohnfläche von zusammen 300 m² nicht von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Häuser eine unzumutbare Lärmbelästigung für die Antragsteller entstehen kann. Bei Geräuschimmissionen, wie z. B. Gesprächen, Zurufen, Abspielen von Phonogeräten und Kochen bei offenem Fenster, handelt es sich um auch in reinen oder allgemeinen Wohngebieten grundsätzlich hinzunehmende Wohngeräusche (vgl. BayVGH, U. v. 13.9.2012 - 2 B 12.109 - juris Rn. 38). Die im Beschwerdeverfahren von den Antragstellern behaupteten Ruhestörungen - unterstellt dieses Vorbringen entspricht den Tatsachen - überschreiten die bestimmungsgemäße Nutzung. Bei solchen möglichen Rechts- und Ordnungsverletzungen müssen primär bestimmte Personen als Verhaltensstörer zur Verantwortung gezogen werden (vgl. BayVGH, U. v. 13.9.2012, a. a. O. Rn. 38). Ob aufgrund der Sonderregelungen für Flüchtlinge durch das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 (BGBl I S. 1748) deren Unterbringungsinteressen auch bei der im Rahmen der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme vorzunehmenden Abwägung einzubeziehen sind (vgl. Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73/75; Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 1.2.2015, § 246 Rn. 49), bedarf hier keiner Entscheidung.

3. Soweit im Beschwerdevorbringen im Übrigen auf die Ausführungen in erster Instanz verwiesen wird, fehlt es bereits an einer Darlegung der Beschwerdegründe in der von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gesetzlich geforderten Weise. Die Beschwerdebegründung muss danach an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht tragfähig sind bzw. aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen die Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Das erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses (vgl. BayVGH, B. v. 17.7.2013 - 15 CS 13.801 - juris Rn. 10). Eine bloße Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen reicht dafür grundsätzlich nicht aus (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 146 Rn. 22).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren als (Mit-)Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks FlNr. 767/8 Gemarkung Unterferrieden ein bauaufsichtliches Einschreiten des Antragsgegners gegen eine beabsichtigte Nutzung von zwei Wohnhäusern des Beigeladenen auf den westlich liegenden Grundstücken FlNr. 766 und 766/6 Gemarkung Unterferrieden für die Unterbringung von Asylbewerbern.

Nachdem das Landratsamt Nürnberger Land den Antrag der Antragsteller auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen diese Nutzung mit Schreiben vom 28. November 2014 abgelehnt hatte, blieb auch der Antrag der Antragsteller gemäß § 123 Abs. 1 VwGO vor dem Verwaltungsgericht erfolglos (Beschluss vom 10.12.2014). Die Antragsteller hätten keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es spreche vieles dafür, dass die beabsichtigte Nutzung der beiden Wohnhäuser durch Asylbewerber bauplanungsrechtlich zulässig sei. Insoweit könne dahinstehen, ob die beiden Wohnhäuser in einem faktischen reinen Wohngebiet oder einem faktischen allgemeinen Wohngebiet liegen würden. Ein Gebietserhaltungsanspruch stehe den Antragstellern nicht zu, da ihr Grundstück und die Grundstücke des Beigeladenen nicht im selben Baugebiet liegen würden. Unabhängig davon hätten die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass sie bei der beabsichtigten Unterbringung von Asylbewerbern in den Wohnhäusern in dem zu ihrem Schutz bestehenden Gebot der Rücksichtnahme verletzt würden. Aus dem Interesse der künftigen Bewohner auf eine menschenwürdige Unterbringung könnten die Antragsteller ein eigenes Abwehrrecht nicht herleiten. Erst recht scheide eine Ermessensreduzierung auf Null im Hinblick auf das begehrte bauaufsichtliche Einschreiten aus.

Mit ihrer Beschwerde machen die Antragsteller geltend, es stehe ihnen bei Annahme eines faktischen reinen Wohngebiets ein Gebietserhaltungsanspruch zu. Ihr Grundstück und die Grundstücke des Beigeladenen lägen im selben Baugebiet, weil sie entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durch eine Stichstraße getrennt seien. Anlagen für soziale Zwecke seien in einem reinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig. Die Unterbringung von 30 Asylbewerbern in den beiden Wohnhäusern stelle nicht nur eine menschenunwürdige Unterbringung für die künftigen Bewohner dar, sondern rufe auch eine soziale Spannungssituation hervor. Durch die Unterbringung von 30 Asylbewerbern auf den unmittelbaren Nachbargrundstücken werde ein massiver Wertverlust des Anwesens der Antragsteller herbeigeführt, der dem Gebot der Rücksichtnahme widerspreche.

Die Antragsteller beantragen,

I.

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. Dezember 2014 aufgehoben.

II.

Auf die Beschwerde wird dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufgegeben, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro zu unterlassen, 30 Asylbewerber in Burgthann-Unterferrieden, Leitenweg 10 und 12, FlNr. 766, 766/6 bei Herrn Lothar Schnepf unterzubringen.

III.

Hilfsweise für den Fall, dass Ziffer 2 zurückgewiesen wird:

Auf die Beschwerde wird dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufgegeben, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro zu unterlassen, bei der Unterbringung von Asylbewerbern in Unterferrieden in Leitenweg 10 und 12 auf den FlNrn. 766 und 766/6 der Gemarkung Unterferrieden mehr als insgesamt 10 Asylbewerber unterzubringen.

IV.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Unterbringung von Asylbewerbern in zwei Wohnhäusern sei baurechtlich zulässig und verletze die Antragsteller nicht in eigenen Rechten. Ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten bestehe nicht. Einen Gebietserhaltungsanspruch könnten die Antragsteller nicht geltend machen. Während ihr Grundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 28 der Gemeinde Burgthann liege, befänden sich die Grundstücke des Beigeladenen außerhalb in einem anders zu beurteilenden Baugebiet. Abgesehen davon, dass die Zahl der unterzubringenden Asylbewerber nach aktuellen Informationen bei nunmehr 19 bis maximal 23 Personen liege, sei die Frage der menschenwürdigen Unterbringung für Nachbarrechte irrelevant. Eine eventuelle Wertminderung des Grundstücks der Antragsteller verletze nicht das Gebot der Rücksichtnahme.

Der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.

1. Soweit sich die Antragsteller auf einen Gebietserhaltungsanspruch wegen Vorliegens eines faktischen reinen Wohngebiets berufen, wird übersehen, dass ihr Grundstück und die Grundstücke des Beigeladenen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht im selben Baugebiet liegen. Während sich das Grundstück der Antragsteller im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 28 der Gemeinde Burgthann befindet, liegen die Grundstücke des Beigeladenen außerhalb. Diesen Feststellungen wird im Beschwerdevorbringen nicht entgegengetreten.

Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet, wobei der Hauptanwendungsfall im Bauplanungsrecht für diesen Grundsatz die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung sind (vgl. BVerwG, B. v . 18.12.2007 - 4 B 55/07 - Rn. 5; BayVGH, B. v . 26.2.2014 - 2 ZB 14.101 - juris Rn. 10). Ein gebietsübergreifender Schutz des Nachbarn vor (behaupteten) gebietsfremden Nutzungen in lediglich angrenzenden Baugebieten unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen besteht dagegen nicht. Der Nachbarschutz bestimmt sich bundesrechtlich insoweit (nur) nach dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme (vgl. BVerwG, a. a. O. - juris Rn. 6). Ob auf dem Grundstück FlNr. 766/7 Gemarkung Unterferrieden zwischen dem Grundstück der Antragsteller und den Grundstücken des Beigeladenen eine Stichstraße existiert, ist für die Abgrenzung des Plangebiets vom angrenzenden faktischen Baugebiet unerheblich.

2. Ob die beabsichtigte Nutzung der beiden Wohnhäuser für die Unterbringung von Asylbewerbern bauplanungsrechtlich zulässig ist, kann dahinstehen. Denn das Verwaltungsgericht hat die Ablehnung des Antrags der Antragsteller selbstständig tragend auch darauf gestützt, dass durch diese Nutzung das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber den Antragstellern nicht verletzt wird. Insoweit führt aber das Beschwerdevorbringen der Antragsteller nicht zum Erfolg der Beschwerde. Aus der von ihnen behaupteten menschenunwürdigen Unterbringung der Asylbewerber allein können die Antragsteller - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - kein Abwehrrecht herleiten.

Unerheblich ist auch, ob das Grundstück der Antragsteller durch die beabsichtigte Nutzung eine Wertminderung erfahren wird. Die im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots geforderte Interessenabwägung hat sich am Kriterium der Unzumutbarkeit auszurichten. Entscheidend ist dabei, ob die zugelassene Nutzung zu einer - unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen - unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des anderen Grundstücks führt. Da sich jede - auch eine legale - Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann, kommt einer Wertminderung allenfalls eine Indizwirkung für die Interessenabwägung zu. Ein Abwehranspruch kann jedoch nur gegeben sein, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13.94 - BVerwGE 101, 364 - juris Rn. 73). Dafür lässt sich dem Beschwerdevorbringen nichts entnehmen. Soweit dort eine soziale Spannungssituation wegen der faktisch gegebenen „Einpferchung“ auf so engem Raum behauptet wird, ist der erforderliche Grundstücksbezug weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die von einer baulichen Anlage ausgehenden Störungen und Belastungen sind nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind. Anderweitige (befürchtete) Belästigungen sind nicht Gegenstand baurechtlicher Betrachtung. Insbesondere ist das Baurecht im Allgemeinen nicht in der Lage, soziale Konflikte zu lösen, die wegen der Unterbringung von Asylbewerbern besorgt werden. Befürchteten Belästigungen kann nicht mit Mitteln des Baurechts, sondern nur im jeweiligen Einzelfall mit denen des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts begegnet werden (vgl. OVG NW, B. v . 29.9.2014 - 2 B 1048/14 - juris Rn. 25).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragstellerin geltend gemachten und allein gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO zu prüfenden Beschwerdegründe liegen nicht vor. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der ausführlich und zutreffend begründeten Entscheidung des Verwaltungsgerichts als unbegründet zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

1. Die Beschwerdebegründung verkennt, dass der Beschluss des erkennenden Senats vom 5. März 2015 (1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist, so dass die zum Teil wörtlichen Zitate aus diesem Beschluss nicht weiterführen. Im Gegensatz zu dem damals entschiedenen Fall werden nach den dem Senat vorliegenden Akten in dem hier maßgeblichen Bebauungsplan „Gewerbegebiet Soyen“ Anlagen für soziale Zwecke im Sinn von 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nicht (konkludent) ausgeschlossen, so dass diese Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zur Errichtung einer Unterkunft für Asylbewerber erfüllt ist. Der Bebauungsplan setzt unter Nr. 2.1 ein „GE Gewerbegebiet (GE) gemäß § 8 BauNVO“ fest. Damit wird der Katalog der regelhaft oder ausnahmsweise zulässigen Vorhaben im Sinn von § 8 Abs. 1, 2 und 3 BauNVO grundsätzlich in den Bebauungsplan übernommen. Die Festsetzung unter Nr. 2.2 Satz 1 des Bebauungsplans, wonach Wohnungen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, lässt nicht den Schluss zu, dass die übrigen in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen ausgeschlossen sein sollen. Anlass für die ausdrückliche Erwähnung der betriebsbezogenen Wohnungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO war offenbar die Absicht der Gemeinde, mit Satz 2 der Festsetzung einer betriebsfremden Nutzung dieser Wohnungen entgegenzutreten. Im Gegensatz zu dem im Beschluss vom 5. März 2015 (a. a. O.) entschiedenen Fall lässt der hiesige Bebauungsplan die weiteren in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Ausnahmen unberührt. Im damaligen Fall hatte die Gemeinde von den in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen nur Anlagen für kirchliche Zwecke ausnahmsweise für zulässig erklärt und lediglich für die sonstigen Anlagen im Sinne dieser Vorschrift (Anlagen für kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke) keine ausdrückliche Regelung getroffen. Unter Anderem daraus hatte der Senat gefolgert, dass Anlagen für soziale Zwecke unzulässig sein sollten.

2. Es kann offen bleiben, ob der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (U. v. 21.12.2010 - 2 A 1419/09 - BauR 2011, 1635; ebenso B. v. 23.2.2015 - 7 B 1343/14 - BauR 2015, 797) zu folgen ist, wonach der Gebietsgewährleistungsanspruch nur gegenüber Vorhaben eingreift, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können, so dass es darauf, ob hier eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB erteilt worden ist, nicht ankäme. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Umdeutung auch durch Verwaltungsgerichte unter den Voraussetzungen des Art. 47 BayVwVfG grundsätzlich zulässig(U. v. 23.11.1999 - 9 C 16.99 - BVerwGE 110, 111 m. w. N.; vgl. hierzu zusammenfassend Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 47 Rn. 35a). Dies gilt auch für die - hier den Voraussetzungen des Art. 47 BayVwVfG entsprechende (vgl. S.11 des angefochtenen Beschlusses) - Umdeutung einer erteilten Ausnahme in eine noch nicht (ausdrücklich) erteilte Befreiung (vgl. BayVGH, U. v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832 - juris Rn. 19). Dass die weitere Voraussetzung des § 246 Abs. 10 BauGB, nämlich die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen, erfüllt ist, hat das Verwaltungsgericht - im Rahmen der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme - zutreffend bejaht (S. 12 bis 14 d. U.). Hierauf wird Bezug genommen, zumal die Antragstellerin diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts in keiner Weise angreift (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO). Ohne dass es hier entscheidungserheblich darauf ankäme, wird man entgegen der Auffassung der Antragstellerin davon ausgehen müssen, dass im Fall des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB im Regelfall eine Ermessensreduzierung vorliegt und damit ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Befreiung nach dieser Vorschrift besteht.

Die unterlegene Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 anordnet.

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Beschlusses abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Abänderungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Abänderungsverfahren wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen am 21.09.2012 erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
1. Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen (Nutzungs-)Änderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Nachbargrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“.
2. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Mit Senatsbeschluss vom 14. März 2013 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die angegriffene Baugenehmigung werde sich in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Anlage für soziale Zwecke handele, sei sie voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil die genehmigte Nutzung mit ihrem wohnähnlichen Charakter in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich sei.
3. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch der Antragsteller mit Bescheid vom 07.08.2013 unter Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ zurück. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB lägen vor, denn Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung und die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Ein auf die Erteilung der Befreiung gestützter Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg (Beschluss vom 14.10.2013 - 11 K 2941/13). Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsteller mit Senatsbeschluss vom 17.12.2013 geändert und der Antrag auf Abänderung abgelehnt (8 S 2350/13).
4. Auf die Klage der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 21.09.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 mit Urteil vom 22.07.2014 aufgehoben (11 K 3170/13). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist vom Beklagten, dem Beigeladenen und dem - im Klageverfahren ebenfalls beigeladenen - Landkreis Rems-Murr-Kreis, eingelegt worden. Über die Berufungen ist noch nicht entschieden worden.
II.
Der Senat macht von der ihm in § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ändert den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.11.2012 - in der Fassung, die er durch den Senatsbeschluss vom 14.03.2013 gefunden hat - mit Wirkung für die Zukunft ab und lehnt den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die Erfolgsaussichten dieser Klage erweisen sich aufgrund der Einführung von § 246 Abs. 10 BauGB durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl I S. 1748) mit Wirkung vom 26.11.2014 (vgl. dessen Art. 2) derzeit als offen. Das Vollzugsinteresse - sowohl das öffentliche als auch das private des Beigeladenen - überwiegt daher nunmehr das Suspensivinteresse der Antragsteller.
1. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient dabei nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG; Beschluss vom 10.03.2011 - 8 VR 2.11 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.1995 - 13 S 494/95 - VBlBW 1996, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2013 - 9 S 53.13 - juris; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 143a).
10 
2. Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Aufgrund der Einfügung des neuen Absatzes 10 in § 246 BauGB erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen (a)). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des §212a Abs. 1 BauGB, wonach der Bauherr von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen darf, kommt dem Vollzugsinteresse aufgrund des erheblichen Platzbedarfs für die Unterbringung von Asylantragstellern der Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zu (b)).
11 
a) Die dem Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ wird tatbestandlich voraussichtlich von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dessen Einfügung in das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 26.11.2014 vom Senat hier zu berücksichtigen ist (aa)) - gedeckt (bb)). Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Baurechtsbehörde ist hier wohl zugunsten des Beigeladenen auf Null reduziert (cc)). Es ist allerdings eine offene Rechtsfrage, ob auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine unbefristete Baugenehmigung bzw. Befreiung erteilt werden darf (dd)).
12 
aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung einer Baugenehmigung der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung. Allerdings ist es zu berücksichtigen, wenn sich die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Bauherrn verändert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.2011 - 5 S 194/10 - VBlBW 2011, 395 m.w.N.). Eine solche Änderung stellt § 246 Abs. 10 BauGB dar.
13 
bb) (1) Nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
14 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit derem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609<1612>). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.
15 
Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte (BVerwG, Urteile vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78 f.> und vom 19.09.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende (dazu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 15 f. und Bayerischer VGH, Urteil vom 06.02.2015 - 15 B 14.1832 - juris, jeweils m.w.N.), in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt (auch hierzu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 18 m.w.N.), nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären.
16 
Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 - NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
17 
(2) Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich alle erfüllt.
18 
(a) Im Plangebiet sind allein die das Wohnen wesentlich störenden Betriebe von der Zulässigkeit, wie sie von dem mit der Festsetzung unter Nr. 1.2 des Bebauungsplans in Bezug genommenen § 8 BauNVO 1968 bestimmt werden, ausgenommen. Anlagen für soziale Zwecke sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. BauNVO 1968 hingegen ausnahmsweise zulässig.
19 
(b) Die Befreiung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller haben bislang nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen - wie etwa der auf ihrem Grundstück ausgeübte Handel mit Natursteinen - aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnte und also Nutzungen auf Nachbargrundstücken von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert tatsächlich konkret beeinträchtigt werden könnten. Eine solche Beeinträchtigung liegt im Übrigen auch schon deswegen fern, weil die in dem festgesetzten beschränkten Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe das Wohnen ohnehin nicht wesentlich stören dürfen und auch im Mischgebiet zulässig sein müssen, so dass der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen kann, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten.
20 
bb) Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 31 Rn. 43). Dies gilt auch für das der Baurechtsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl auch Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 - NVwZ-RR 2008, 225 <226 f.>).
21 
cc) Offen hingegen erscheint, ob die Befreiung und damit die Baugenehmigung für die begehrte Nutzungsänderung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - wie bislang geschehen - unbefristet erteilt werden darf.
22 
Die Gesetzesmaterialien äußern sich nicht zu der Frage, ob mit der Befristung der Ermächtigungsgrundlage auf den 31.12.2019 auch beabsichtigt gewesen ist, nur befristet Befreiungen zu ermöglichen. In der Literatur wird vertreten, dass § 246 Abs. 10 BauGB die Erteilung unbefristeter Befreiungen und auf ihrer Grundlage Baugenehmigungen ermögliche (Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73<78>) und dass eine Rechtfertigung, Baugenehmigungen für beantragte Vorhaben behördlicherseits mit einer zeitlichen Beschränkung auf den 31.12.2019 zu versehen, nicht bestehe (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609 <1611>). Dagegen könnte jedoch sprechen, dass der mit der zeitlichen Befristung der Ermächtigungsgrundlage erkennbar verfolgte doppelte Zweck, nur eine befristete Regelung aufgrund der aktuell stark ansteigenden Asylantragszahlen zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 7) und den Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch Zulassung einer Befreiungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf Planungsgrundzüge möglichst gering zu halten, letztlich nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn auch die Auswirkungen der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zeitlich begrenzt werden und damit der „Ausnahmecharakter“ der Norm (Kment/Bauer, BauR 2015, 211<214>) hinreichend Berücksichtigung findet. Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung der Antragsteller, wonach die Frage der Befristung für die Verhältnismäßigkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG relevant sei. Denn Art. 14 GG gewährleistet keinen Anspruch auf Beibehaltung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41).
23 
b) Angesichts der aufgrund der fehlenden Befristung der erteilten Befreiung derzeit offenen Frage ihrer Rechtmäßigkeit kommt nunmehr - abweichend von der vom Senat im Beschluss vom 14.03.2013 vorgenommenen Interessenabwägung - dem privaten Interesse des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung höheres Gewicht als dem Suspensivinteresse der Antragsteller zu. Bei dieser Interessenabwägung ist zugunsten des Vollzugsinteresses die gesetzliche Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB, der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und die Möglichkeit der Nachholung der Befristung der angefochtenen Baugenehmigung auch im laufenden Klageverfahren - sollte sie denn rechtlich erforderlich sein - einzustellen. Da die Antragsteller bislang keine konkreten Nachteile für den Fall des erneuten Vollzugs der Baugenehmigung substantiiert geltend gemacht haben und solche auch nicht ersichtlich sind, muss ihr Suspensivinteresse nunmehr zurückstehen.
24 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat weist darauf hin, dass aufgrund der Bestimmung des § 16 Nr. 5 RVG das von Amts wegen eingeleitete Änderungsverfahren im Verhältnis zum ersten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung „dieselbe Angelegenheit“ i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 08.11.2011 - 8 S 1247/11 - JZ 2012, 421).
25 
b) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Anwendung von Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Es bedarf einer Streitwertfestsetzung, weil diese Grundlage für zu erhebende Gebühren ist. Denn mehrere Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7, § 80a Abs. 3 VwGO gelten - systematisch insoweit vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abweichend - nur innerhalb eines Rechtszugs als ein Verfahren, Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, was zur Folge hat, dass die Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses durch das Berufungsgericht eine Gebühr auslöst (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.10.1989 - 1 S 3032/89 - juris). Die Abänderung eines Beschlusses nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO von Amts wegen führt zum Entstehen einer Gebühr. Denn Absatz 2 der Vorbemerkung 5.2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nimmt sowohl Satz 1 als auch Satz 2 des § 80 Abs. 7 VwGO in Bezug.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.