Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 07. Sept. 2015 - AN 9 K 15.00920

bei uns veröffentlicht am07.09.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 9 K 15.00920

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 7. September 2015

9. Kammer

gez.: (...) Stv. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebiets-Nr.: 1060

Hauptpunkte:

Klagerücknahme, Anfechtung, Widerruf

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

gegen

...

vertreten durch: Landratsamt ...

- Beklagter -

wegen Streitigkeiten nach dem Bundesbodenschutzgesetz - B. v. 10.07.02

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer, durch die Einzelrichterin Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Kroh aufgrund mündlicher Verhandlung vom 7. September 2015

folgendes Urteil:

1. Die Klage im Verfahren AN 9 K 13.00241 ist zurückgenommen und das Verfahren beendet.

2. Der Kläger trägt die Kosten des weiteren Verfahrens.

Tatbestand:

Die Eltern des Klägers sind Miteigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens in ... Auf der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebs (Fl.Nr. ..., Gemarkung ...) befindet sich eine Biogasanlage, für deren Errichtung und Betrieb dem Vater im Jahr 1996 eine bauaufsichtliche Genehmigung erteilt wurde. Zum Betrieb gehörte u. a. auch das zugepachtete Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ...

Nachdem sich Bürger über die wiederholte geruchsintensive Ausbringung von Reststoffen auf das Grundstück Fl.Nr. ... beschwert hatten, ergaben Ermittlungen, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum hinweg hochbelastete Industrieabfälle in der dafür nicht zugelassenen Biogasanlage behandelt und auf den zum elterlichen Betrieb gehörenden Flächen (u. a. Grundstück Fl.Nr. ...) ausgebracht hat.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 16. Mai 2002 untersagte das Landratsamt ... dem Vater des Klägers die Weiterbefüllung der Biogasanlage und gab ihm auf, deren Inhalt zu entsorgen, die Behälter sowie die Druck- und Saugleitungen zu reinigen und die Reinigungslösung einer ordnungsgemäßen Entsorgung bei der ... GmbH zuzuführen. Der Bescheid enthielt des Weiteren die Androhung der Ersatzvornahme sowie eine Anordnung der sofortigen Vollziehung.

Mit Bescheid vom 3. Juli 2002 gab das Landratsamt dem Kläger und dessen Eltern unter näherer Bezeichnung der zu veranlassenden Maßnahmen auf, das Grundstück Fl.Nr. ... zu sanieren und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verfügung sowie die Ersatzvornahme auf Kosten der Pflichtigen an.

Mit Leistungsbescheid vom 10. Juli 2002 erhob das Landratsamt vom Kläger und dessen Eltern als Gesamtschuldner „einen Vorschuss auf die Kosten, die durch die Ersatzvornahmen anfallen, i. H. v. 400.000,00 EUR“. Die Betroffenen legten Widerspruch ein. Die Eltern des Klägers beantragten zudem beim Verwaltungsgericht Ansbach im Verfahren AN 13 S 02.01143 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 3. September 2002 ab. Das Beschwerdeverfahren hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. November 2002 (Az. 22 CS 02.2403) eingestellt, nachdem die Beteiligten einen vom Gericht formulierten Vergleichsvorschlag angenommen hatten.

Mit Leistungsbescheiden vom 11. Juli 2002 und vom 15. Juli 2002 setzte das Landratsamt zulasten des Klägers und dessen Eltern als Gesamtschuldner weitere Vorschüsse auf die Kosten der Ersatzvornahmen i. H. v. 250.000,00 EUR bzw. 100.000,00 EUR fest. Mit Bescheiden vom 10. August 2011 half das Landratsamt den Widersprüchen zum Teil ab.

Mit dem weiteren Änderungsbescheid vom 10. August 2011 ergänzte das Landratsamt die Gründe des Leistungsbescheids vom 10. Juli 2002 mit Ausführungen dazu, dass „den Eigentümern der Grundstücke“ eine Belastung i. H. v. 400.000,00 EUR für die Ersatzvornahme zugemutet werden könne.

Sämtliche oben genannten Widersprüche wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheiden vom 12. Dezember 2012 zurück. Auf die jeweilige Begründung wird Bezug genommen.

Die gegen den Änderungsbescheid vom 10. August 2011 erhobene Klage (AN 9 K 14.00038) wurde mit Schriftsatz vom 14. Februar 2014 zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2013 ließ der Kläger Klage erheben gegen den Leistungsbescheid des Landratsamtes ... vom 10. Juli 2002 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 12. Dezember 2012.

Diese unter dem Az. AN 9 K 13.00241 geführte Klage wurde in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2014 zurückgenommen und das Verfahren mit Beschluss vom 11. November 2014 eingestellt.

Mit Schriftsatz vom 13. April 2015 teilte der Kläger u. a. mit, dass er seine Rücknahmeerklärung vom 11. November 2014 zurückziehe. Er habe feststellen müssen, dass er in dieser Verhandlung absolut überfordert gewesen sei. Für ihn sei klar gewesen, nur unter der Bedingung Rangrücktritt für Wohnrecht sei die Klagerücknahme erfolgt. Ob er gegebenenfalls sogar bewusst getäuscht worden sei, dazu wolle er sich nicht äußern. Er sowie seine Mutter seien nicht überzeugt gewesen, die Klage zurückzunehmen. Die Worte der Vorsitzenden „Herr ... denken Sie an Ihre Eltern, nehmen Sie die Klage zurück, damit das Wohnrecht gesichert ist“ seien noch deutlich in seinen Ohren. Dass er die richterlichen Ausführungen zur Sach- u. Rechtslage als juristischer Laie nicht verstehen könne, sei durch die Vorsitzende ja selbst in der mündlichen Verhandlung ausgeführt worden. Er habe zwar seitenweise mitgeschrieben, wobei ihm durch die Richterin sogar gesagt worden sei, er solle das nicht, aber verstanden habe er es nicht. In diesem Fall - Rücknahmeerklärung der Klagerücknahme - usw. sei es sicher besser, dass ein Urteil gefällt werde.

Auf Nachfrage des Gerichts, ob diese unter den Az. AN 9 K 13.00241 bis AN 9 K 13.00248 eingereichten Schreiben als neue Klagen zu verstehen seien, verbunden mit einem schriftlichen Hinweis, dass eine Rücknahme einer Prozesshandlung nur unter besonderen Voraussetzungen möglich sei, teilte der Kläger mit Schreiben vom 14. Mai 2015 im Wesentlichen mit, Sinn und Zweck seines Schreibens vom 13. April 2015 sei die Rücknahme der Rücknahmeerklärung.

Auf Anforderung des Gerichts zur Vorlage einer Vollmacht, die Verfahren der Mutter und des Vaters betreffend, übersandte der Kläger mit Schreiben vom 6. Juni 2015 die Vollmacht von Frau ... Bezüglich des Vaters, Herrn ..., solle das Gericht diesen persönlich anschreiben, des Weiteren ihm den Sachstand mitteilen und erklären, da er nicht persönlich in der Verhandlung am 11. November 2014 anwesend gewesen sei und er ebenfalls nicht verstehen könne, warum die Vorsitzende einen Vorschlag gemacht habe „Rangrücktritt Behörde - Eintragung Wohnrecht ... und ...“ von welchem sie nunmehr angebe, es sei so nicht abgesprochen und nicht gesichert gewesen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 29. Juni 2015 erklärte der Kläger seine Bedenken an einer möglichen Einzelrichterübertragung auf die Vorsitzende Richterin Kroh.

Diese habe den Vorschlag gemacht, Klagerücknahme gegen Eintragung eines Wohnrechts für die Eltern auf dem Hofgrundstück der Eltern. Dafür müssten die Behörden einen Rangrücktritt erklären. Trotz großer Bedenken seinerseits habe er unter der klaren Prämisse, dass das Wohnrecht damit für seine Eltern gesichert sei, die Klagen zurückgenommen. Spätere Anfragen seinerseits, ihm die Sach- und Rechtsausführungen zu erklären, seien durch die Vorsitzende abgelehnt worden.

Des Weiteren könne er die schriftliche Mitteilung des Gerichts, dass die Klagerücknahme als Prozesserklärung nicht den Regelungen des BGB bezüglich Anfechtung einer Willenserklärung unterliege und Prozesshandlungen nur unter ganz besonderen Umständen widerrufen werden könnten, nicht verstehen. In mehreren Schreiben habe er um Erklärung gebeten, welche bisher jedoch nicht erfolgt sei. Er könne die Klagen nicht entsprechend begründen, wenn er nicht verstehe, von was die Kammer oder Frau Vorsitzende spreche bzw. schreibe. Auch habe er die Vorsitzende um die Rechtsgrundlagen gebeten, die aussagen, dass es keine Möglichkeit mehr gebe, die in der mündlichen Verhandlung gemachte Erörterung schriftlich nochmals wiederzugeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, wegen der mündlichen Verhandlung auf deren Niederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Über die Verwaltungsstreitsache konnte aufgrund mündlicher Verhandlung vom 7. September 2015 entschieden werden, obwohl der Kläger zu diesem Termin nicht erschienen ist. Nach § 102 Abs. 2 VwGO kann auch bei Nichterscheinen einer Partei verhandelt und entschieden werden. Darauf wurde der Kläger bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich hingewiesen.

Der Kläger hat auch keine erheblichen Gründe im Sinne des § 173 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht, die es geboten hätten, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen.

Gegenstand vorliegender Klage ist das - gemäß § 88 VwGO auszulegende - Begehren des Klägers, das mit Beschluss vom 11. November 2014 infolge Klagerücknahme eingestellte Klageverfahren AN 9 K 13.0241 fortzusetzen.

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

Die Klage erweist sich wohl schon als unzulässig infolge Verwirkung.

Die Verwirkung prozessualer Befugnisse setzt voraus, dass jemand die Geltendmachung seiner prozessualen Rechte in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden und das öffentliche Interesse am Rechtsfrieden missachtenden Weise verzögert. Das ist der Fall, wenn ein Kläger, obwohl er von dem Grund für den Antrag auf Fortführung des Verfahrens bereits längere Zeit Kenntnis hatte, diesen Antrag erst zu einem Zeitpunkt erhebt, in dem der Beklagte nach den besonderen Umständen des Falles nicht mehr damit rechnen musste bzw. darauf vertrauen durfte, dass der Antrag auch zukünftig nicht mehr gestellt wird (vgl. z. B. BVerwG v. 7.2.1974, III C 115.71 - juris; v. 16.5.1991, 4 C 4.89 - juris).

Der Kläger hat den Antrag auf Fortführung des Verfahrens (frühestens) mit Schriftsatz vom 13. April 2015 und mithin ca. fünf Monate nach der mündlichen Verhandlung, in welcher er die Klage zurückgenommen hat, gestellt.

Im Hinblick auf diesen Zeitraum - für die Erhebung der Restitutionsklage nach § 580 ZPO sieht das Gesetz eine Frist von einem Monat vor (§ 586 ZPO) - und der besonderen Umstände des Einzelfalles - vorliegend ist die Bestandskraft des streitgegenständlichen Bescheids durch einseitige freiwillige Erklärung des Klägers eingetreten - musste der Beklagte fünf Monate nach Verfahrensbeendigung nicht mehr mit einem Antrag auf Verfahrensfortsetzung rechnen und durfte darauf vertrauen, dass ein derartiger Antrag auch zukünftig unterbleiben wird.

II.

Letztlich mag dies jedoch dahingestellt sein, denn die Klage erweist sich jedenfalls als unbegründet.

Das Klageverfahren wurde vom Kläger durch die in der mündlichen Verhandlung am 11. November 2014 erklärte Klagerücknahme beendet.

An der Wirksamkeit dieser Klagerücknahme bestehen zur Überzeugung des Gerichts keine Zweifel. Auch ist nichts dafür erkennbar, dass die Erklärung der Klagerücknahme hier ausnahmsweise widerrufen werden könnte.

Wird eine Klage zurückgenommen, dann stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss (vgl. § 92 Abs. 3 VwGO) das Verfahren ein. Diesem Beschluss kommt nur deklaratorische Bedeutung zu: Die erklärte Klagerücknahme beendet das anhängige verwaltungsgerichtliche Streitverfahren durch Beseitigung der Rechtshängigkeit ex tunc. Dadurch wird dem Klageverfahren der Gegenstand entzogen.

Bei der Klagerücknahme handelt es sich um eine einseitige Prozesshandlung, mit welcher der Kläger sein Ersuchen um Rechtsschutzgewährung zurückzieht.

1. Die Anfechtung einer Prozesshandlung nach den §§ 119 ff. BGB ist nicht möglich (vgl. z. B. BayVGH v. 16.12.2013, 15 ZB 13.1688 - juris).

Weder die VwGO selbst noch die über § 173 VwGO ergänzend anwendbare ZPO enthält entsprechende Vorschriften.

Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, da die Interessenlage im Prozessrechtsverhältnis eine andere Bewertung gebietet als dies für Rechtsbeziehungen im rein privaten Rechtskreis der Fall ist (vgl. BVerwG v. 21.3.1979, NJW 1980, 135).

Überdies wäre auch kein Anfechtungsgrund zu bejahen.

In der mündlichen Verhandlung wurde für den Fall der nach Klagerücknahme dann grundsätzlich möglichen Vollstreckung durch den Beklagten seitens des Beklagtenvertreters die Bereitschaft erklärt, sich mit dem Kläger zu einem Gespräch zu treffen, in welchem u. a. auch über die Möglichkeit der Eintragung eines Wohnrechts für die Eltern des Klägers gesprochen werden sollte. Eine wie vom Kläger behauptete schriftliche Vereinbarung eines Wohnrechts für seine Eltern in der mündlichen Verhandlung ist nicht erfolgt.

Auch ergibt sich insoweit klar aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, dass die seitens des Beklagten in Aussicht gestellte Gesprächsbereitschaft sich auf das Vollstreckungsverfahren bezieht, wenn dieses nach Klagerücknahme durchgeführt würde, dass jedoch die im Gespräch mit dem Landratsamt ... zu klärende Möglichkeit der Eintragung eines Wohnrechts für die Eltern des Klägers auf deren Hofgrundstück nicht eine „conditio sine qua non“ der Klagerücknahme darstellen sollte.

Die in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2014 erklärte Klagerücknahme erfolgte nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage als Folge der dem Kläger vom Gericht dargestellten Erfolgsaussichten der Klage.

Die vom Kläger nunmehr behauptete Verknüpfung von Klagerücknahme und Einräumung eines Wohnrechts für die Eltern auf deren Hofgrundstück war zu keiner Zeit Thema.

Vielmehr sollte mit der auch vom Gericht in der mündlichen Verhandlung unterstützten Bereitschaft des Landratsamtes, sich bezüglich einer möglichen Wohnrechtseinräumung mit dem Kläger und dessen Eltern zu besprechen, verhindert werden, dass die Eltern des Klägers im Falle einer nach Klagerücknahme und der dadurch eintretenden Bestandskraft der den Streitgegenstand der damaligen Klageverfahren bildenden Bescheide möglichen Vollstreckung quasi obdachlos würden.

Soweit der Kläger später zur Erkenntnis gelangt sein mag, dass er an die Erklärung der Klagerücknahme die verbindliche Einräumung eines Wohnrechts für seine Eltern unter voller Kostenübernahme des Freistaates Bayern geknüpft sehen wollte, so würde dies lediglich einen unbeachtlichen Motivirrtum bzw. einen unbeachtlichen Irrtum über die weiteren Rechtsfolgen der von ihm abgegebenen Rücknahmeerklärung aufzeigen, was jedoch ohnehin wegen der oben erwähnten Nichtanwendbarkeit der Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums und anderer Willensmängel auf Prozesshandlungen wie sie die Klagerücknahme darstellt, keine Rolle spielt.

2. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. den §§ 578 ZPO kommt bereits im Hinblick auf die bei Klagerücknahme kraft Gesetzes eintretende Verfahrensbeendigung (s.o.) nicht in Betracht.

Im Übrigen wäre auch eine Widerrufsmöglichkeit nach § 580 ZPO mangels Vorliegens der dort normierten Voraussetzungen nicht zu bejahen.

Aus der nach Abschluss des Verfahrens schriftlich gemachten klägerischen Äußerung, er sei quasi überfordert gewesen, den rechtlichen Ausführungen des Gerichts zu folgen, lässt sich kein Widerrufsgrund für die von ihm begehrte „Rücknahme der Klagerücknahme“ herleiten.

Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde mit dem Kläger ausführlich über die Sach- und Rechtslage gesprochen und er hatte hinreichend Gelegenheit - und hat diese auch tatsächlich genutzt - seinen Standpunkt und seine Interessen darzulegen. Anhaltspunkte für eine wie auch immer geartete „Überrumpelung“ sind nicht gegeben.

3. Auch ein Widerruf nach Treu und Glauben kommt nicht in Betracht.

Nach diesem das gesamte Recht und damit auch die Verwaltungsgerichtsordnung beherrschenden Grundsatz kann ein Widerruf einer Prozesshandlung dann anzunehmen sein, wenn es mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, einen Beteiligten an der von ihm vorgenommenen Prozesshandlung festzuhalten.

Eine zum Widerruf der Klagerücknahmeerklärung berechtigende Sachlage ist im hier zu entscheidenden Fall jedoch nicht zu bejahen.

Mit dem Kläger wurde die Rechtslage ausführlich erörtert. In diesem Zusammenhang wurde auch eine vorläufige Rechtauffassung des Gerichts zu den Erfolgsaussichten der Klage geäußert. Dies stellt jedoch keine zum Widerruf berechtigende Ausübung unzulässigen Zwangs dar, sondern ist Ausdruck der sich aus § 86 Abs. 3 VwGO ergebenden Hinweis- und Fürsorgepflicht (vgl. z. B. BayVGH v. 29.1.2009, 13 A 08.1688 - juris).

Infolge der umfangreichen Erörterung der Sach- und Rechtslage und der dem Kläger dabei zur Verfügung stehenden Möglichkeit, seinen Rechtsstandpunkt deutlich zu machen, kann auch nicht vom Vorliegen eines aus dem Grundrecht von Treu und Glauben herzuleitenden Widerrufsgrundes in Form einer „Überrumpelung“ die Rede sein (vgl. z. B. BayVGH v. 16.12.2013, 15 ZB 13.1688 - juris).

Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die erklärte Klagerücknahme (weiterhin) wirksam ist und demgemäß das Verfahren nicht fortzusetzen ist.

Somit war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt

(§ 52 Abs. 2 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozeßordnung wiederaufgenommen werden. (2) Die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage steht auch dem Vertreter des öff

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 578 Arten der Wiederaufnahme


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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Die Klagen sind vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft.

(3) Die Vorschriften des vorstehenden Absatzes sind auf die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder Vertretung nicht anzuwenden; die Frist für die Erhebung der Klage läuft von dem Tag, an dem der Partei und bei mangelnder Prozessfähigkeit ihrem gesetzlichen Vertreter das Urteil zugestellt ist.

(4) Die Vorschrift des Absatzes 2 Satz 2 ist auf die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozeßordnung wiederaufgenommen werden.

(2) Die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage steht auch dem Vertreter des öffentlichen Interesses, im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug auch dem Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht zu.

(1) Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens kann durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen.

(2) Werden beide Klagen von derselben Partei oder von verschiedenen Parteien erhoben, so ist die Verhandlung und Entscheidung über die Restitutionsklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.