Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 17. Apr. 2019 - AN 17 K 18.50614

published on 17/04/2019 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 17. Apr. 2019 - AN 17 K 18.50614
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 19. Juli 2018, mit dem sein Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen und seine Abschiebung nach Rumänien im Rahmen eines Dublin-Verfahrens angeordnet wurde.

Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger, dem Volk der Kurden zugehörig und sunnitischen Glaubens. Er reiste eigenen Angaben zufolge gemeinsam mit seiner Mutter und dem minder-jährigen Bruder (Verfahren AN 17 K 18.50606) am 6. Juni 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein und suchte am gleichen Tag um Asyl nach. Im Rahmen der Befragungen vor dem Bundesamt am 21. und 25. Juni 2018 zur Zulässigkeit des gestellten Asylantrages und zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates sowie zur Befragung zu den Asylgründen gab der Kläger an, dass er sein Heimatland am 4. Juli 2016 verlassen habe und sodann über die Türkei, Bulgarien, Serbien und Rumänien nach Deutschland eingereist sei. In Serbien seien sie für ca. sechs Monate gewesen. Bei der Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags gab er an, dass sie sehr schlecht behandelt worden seien. Er sei von den dortigen Beamten geschlagen worden. Zudem seien ihnen all ihre Sachen (Handy, Geld und Kleidung) abgenommen worden. Er sei zudem inhaftiert und auch anschließend in einer geschlossenen Unterkunft untergebracht gewesen.

Nach den Ermittlungen des Bundesamtes (EURODAC-Treffer der Kategorie 1) wurden von dem Kläger am 31. August 2016 in Bulgarien und am 21. August 2017 in Rumänien Fingerabdrücke genommen und zugleich durch ihn Asylanträge gestellt.

Ein erstes Übernahmeersuchen richtete die Beklagte am 27. Juni 2018 an Bulgarien, woraufhin Bulgarien am 2. Juli 2018 mitteilte, dass sie bereits am 9. Oktober 2017 ein Übernahmeersuchen von Rumänien erhalten, dieses aber mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 abgelehnt hätten und Rumänien nunmehr zuständig wäre. Auf ein weiteres Übernahmeersuchen der Beklagten vom 5. Juli 2018 gegenüber Rumänien, teilte Rumänien am 18. Juli 2018 mit, dass der Kläger bereits am 21. August 2017 in Rumänien einen Asylantrag gestellt hätte und dieser noch geprüft werde. Die Rückübernahme des Klägers nach Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) bis zum 18. Januar 2019 wurde gegenüber dem Bundesamt erklärt.

Mit Bescheid vom 19. Juli 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers daraufhin als unzulässig ab (Ziffer 1.), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2.), ordnete die Abschiebung nach Rumänien an (Ziffer 3.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4.). In den Gründen verwies die Beklagte auf die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, da Rumänien für die Behandlung des Asylantrages zuständig wäre. Eine materielle Prüfung der Asylgründe erfolge daher nicht. Abschiebungsverbote ergäben sich weder aus der Anwendung der EMRK, weil außergewöhnliche, schwerwiegende humanitäre Gründe, die einer Rückführung des Klägers nach Rumänien entgegenstehen können, nicht ersichtlich seien. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Rumänien führten nicht zu der Annahme, dass eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle des Klägers anzunehmen sei, was sich auch aus dem persönlichen Vortrag des Klägers gegenüber dem Bundesamt ergebe. Zudem sprächen objektive Erkenntnisse über die Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber in Rumänien und die durch dieses Land zur Verfügung gestellten Hilfen und Versorgung gegen sog. systemische Mängel im Asylsystem. Zum anderen begründe auch der Vortrag des Klägers zu seinen persönlichen Bindungen zu seiner Mutter und seinem minderjährigen Bruder kein Abschiebungsverbot. Insbesondere ergäben sich keine Anhaltspunkte, die für ein Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung sprächen. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die ermessensgerecht vorzunehmende Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes sei mit sechs Monaten im Einzelfall zu bemessen gewesen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 2. August 2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach am gleichen Tag, erhob der Kläger Klage und stellte einen Antrag im einstweiligen Rechtschutzverfahren. Zur Begründung wurde vorgebracht, dass der Kläger, seine Mutter und sein Bruder in Rumänien schlecht behandelt worden seien. Die Mutter des Klägers sei zudem krank, weshalb sich der Kläger um seinen minderjährigen Bruder kümmern müsse. Der Kläger gehöre zusammen mit seiner alleinerziehenden Mutter und dem minderjährigen Kind zu einem besonders schützenswerten Personenkreis. Jedenfalls in Bezug auf diesen Personenkreis sei von systemischen Mängeln auszugehen.

Der Kläger lässt beantragen,

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge,

Az.: … vom 19.07.2018 wird aufgehoben.

Die Beklagte äußerte sich mit Schriftsatz vom 6. August 2018 und beantragt

Klageabweisung.

Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid unter Bezugnahme auf dessen Gründe.

Mit Schriftsatz vom 6. August 2018 wurde seitens des Klägers weiter vorgetragen, dass sein Asylverfahren in Rumänien bereits rechtskräftig abgeschlossen sei und Rumänien das Überstellungsgesuch der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt habe. Unterlagen hierzu legte der Kläger bislang nicht vor.

Mit Beschluss vom 10. August 2018 lehnte das Gericht den Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung im einstweiligen Rechtschutzverfahren ab (Verfahren AN 17 S 18.50613). Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 15. August 2018 und der Beklagten am 14. August 2018 jeweils gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2019 teilte die Beklagte mit, dass sich die Überstellungsfrist für den Kläger gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung auf 18 Monate verlängert habe. Die Zentrale Ausländerbehörde … habe am 9. Januar 2019 einen angekündigten Rücküberstellungsversuch in der Gemeinschaftsunterkunft des Klägers unternommen und dabei den Kläger nicht in den Räumen seiner Unterkunft angetroffen. Die neue Überstellungsfrist laufe nunmehr bis zum 10. Februar 2020. Dieser Umstand sei den rumänischen Behörden am 9. Januar 2019 mitgeteilt worden.

Hierauf erwiderte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 22. Januar 2019, dass der Kläger aus altruistischen Gründen sich der Überstellung habe entziehen und bei seiner Mutter habe bleiben müssen, da diese im Falle seiner Rücküberstellung die Begehung von Suizid angekündigt habe. Der Bevollmächtigte legte eine Kopie eines Beschlusses des Amtsgerichts … vom 17. Januar 2019 im Betreuungsverfahren … vor, wonach die Mutter des Klägers für längstens zwei Wochen in ein Bezirkskrankenhaus zur Begegnung eines akuten Suizidrisikos auf ärztliche Veranlassung eingewiesen worden war. In den Beschlussgründen führt das Amtsgericht aus, die Betroffene habe ihren Suizid für den Fall angekündigt, dass der Kläger nach Rumänien rücküberstellt werde. Dem liege eine Anpassungsstörung der Betroffenen zugrunde, was durch mündlich erstattetes Zeugnis des Arztes Herrn … sowie durch den unmittelbaren Eindruck, den das Gericht im Rahmen der Anhörung der Betroffenen erlangt habe, festgestellt worden sei. Der ältere Sohn der Betroffenen, der Kläger im hiesigen Verfahren, befinde sich seit dem 16. Januar 2019 in Abschiebungshaft. Am selben Tag sei die Betroffene dann auch in das Bezirkskrankenhaus … eingewiesen worden. Der Bevollmächtigte des Klägers ist der Auffassung, die durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. August 2018 im Verfahren AN 17 S 18.50613 neu in Gang gesetzte 6-Monats-Frist zur Rücküberstellung des Klägers nach Rumänien sei am 10. Februar 2019 abgelaufen und eine Verlängerung der Frist auf 18 Monate nicht eingetreten. Schon von daher sei die Beklagte nunmehr für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.

Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2019 teilte das Bundesamt zum Verfahren AN 17 K 18.50606 mit, hinsichtlich der Mutter und des minderjährigen Bruders des Klägers habe es den Unzulässigkeitsbescheid aufgehoben und trete nunmehr selbst in die materielle Prüfung des Asylantrages ein. Die Überstellungsfrist in jenem Verfahren sei abgelaufen, ohne, dass ein Verlängerungstatbestand eingegriffen habe.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat sich mit Schriftsatz vom 22. Februar 2019 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter einverstanden erklärt. Die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter erfolgte mit Beschluss vom 14. März 2019.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Behördenakte des Bundesamtes zum Az. …, sowie die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten aus dem Verfahren AN 17 K 18.50606 verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung (§ 76 Abs. 1 AsylG, § 101 Abs. 2 VwGO), da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 22. Februar 2019; Allgemeine Prozesserklärung des Bundesamtes vom 27. Juni 2017).

Die zulässige Klage ist unbegründet, da sich der angegriffene Bescheid im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) als rechtmäßig erweist und den Kläger nicht in subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Sie war folglich abzuweisen.

Die Beklagte hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG als unzulässig abgelehnt, da die vorliegenden Erkenntnisse eine Zuständigkeit Rumäniens nach der Dublin III-Verordnung ergeben haben. Diese Zuständigkeit bestand auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch fort.

Rumänien ist für die Behandlung des Asylgesuchs des Klägers zuständig. Nachdem Rumänien mit Schreiben vom 27. Juni 2018 zunächst ein Übernahmeersuchen an Bulgarien gerichtet hatte, dieser Mitgliedstaat allerdings mit Schreiben vom 2. Juli 2018 (und damit innerhalb der Frist des Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-Verordnung) eine Rückübernahme des Klägers abgelehnt hatte und Rumänien auch kein Remonstrationsverfahren nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2013 (Dublin-Durchführungs-Verordnung) durchgeführt hat, ist Rumänien für die Durchführung des Asylverfahrens jedenfalls nunmehr durch Fristablauf zuständig geworden (vgl. dazu Art. 23 Abs. 3 und Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung sowie Günther, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, § 29 Rn. 18). Nach den Angaben des Klägers vor dem Bundesamt hat sich die Familie nach dem Aufenthalt in Bulgarien für sechs Monate in Serbien aufgehalten. Dies zugrunde gelegt war Bulgarien nach Art. 19 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin III-Verordnung nicht mehr zur Rückübernahme verpflichtet, da der Kläger das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten für mindestens drei Monate verlassen hatte, und durfte daher richtigerweise von der Zuständigkeit Rumäniens nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung (unter Ablehnung des Übernahmeersuchens) ausgehen. Der in Rumänien gestellte Asylantrag war in der Folge als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst, anzusehen, Art. 19 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-Verordnung. Diese Zuständigkeit erkennt Rumänien auch entsprechend der Erklärung der Bereitschaft zur Rückübernahme des Klägers vom 18. Juli 2018 an.

Nach Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b) Dublin III-Verordnung ist ein Mitgliedsstaat verpflichtet, einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedsstaat einen Antrag gestellt hat oder sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates ohne Aufenthaltstitel aufhält, wieder aufzunehmen. Entsprechend der Erklärung seitens Rumäniens vom 18. Juli 2018 wird der Asylantrag des Klägers noch geprüft, sodass die entsprechende Verpflichtung Rumäniens gegeben ist. Soweit der Kläger geltend macht, dass sein Asylverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen sei und Rumänien das Überstellungsgesuch abgelehnt habe, steht dem die eindeutige Erklärung Rumäniens vom 18. Juli 2018 entgegen. Ein dieser Erklärung widersprechender Nachweis wurde bislang nicht vorgelegt. Das Gericht hat daher keine Zweifel an der Übernahmebereitschaft Rumäniens. Im Übrigen wäre Rumänien auch nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens zur Rückübernahme verpflichtet, vgl. Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d) Dublin III-Verordnung.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 5. Juli 2018 ein Wiederaufnahmegesuch innerhalb der 2-Monats-Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung an Rumänien gestellt. Rumänien hat mit Schreiben vom 18. Juli 2018 im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens seine Zustimmung zur Rückübernahme des Klägers fristgerecht nach Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-Verordnung erklärt.

Die Zuständigkeit der Beklagten ist in der Folgezeit nicht durch Ablauf der Überstellungsfrist eingetreten. Zwar ist die regelmäßige Überstellungsfrist von sechs Monaten mit Ablauf des 15. Februar 2019 (sechs Monate nach Zustellung des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO im Verfahren AN 17 S 18.50613 an den Klägerbevollmächtigten) abgelaufen, ohne, dass der Kläger bis dahin nach Rumänien überstellt worden wäre. Die Beklagte hat indes rechtzeitig vor Ablauf der regelmäßigen Überstellungsfrist aus zutreffenden Gründen die Frist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung auf 18 Monate verlängert. Eine wirksame Verlängerung setzt dabei auch voraus, dass der ersuchende Mitgliedsstaat die Verlängerung unter Angabe der Verlängerungsgründe vor Ablauf der 6-Monats-Frist mitgeteilt hat (Art. 9 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Durchführungsbestimmungen in der Fassung der Durchführungsverordnung zur Dublin III-VO (EU) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014). Die formgerechte Benachrichtigung der rumänischen Behörden war hier aber am 9. Januar 2019 durch das Bundesamt erfolgt. Dahingestellt bleiben kann, ob die Angabe des Ablaufs der verlängerten Frist zutreffend von der Beklagten auf den 10. Februar 2020 datiert worden war oder ob insoweit auf den Neubeginn der regelmäßigen 6-Monats-Frist zum 15. August 2018 abzustellen gewesen wäre, so dass die Höchstfrist mit Ablauf des 15. Februar 2020 endet. Denn jedenfalls ist diese verlängerte Frist ersichtlich noch lange nicht ausgeschöpft, so dass es auf den genauen Fristenablauf derzeit nicht ankommt.

In nicht zu beanstandender Weise ist die Beklagte davon ausgegangen, dass der Kläger am 9. Januar 2019 flüchtig im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung gewesen war. Die Dublin III-Verordnung definiert selbst nicht, was unter dem Tatbestandsmerkmal „flüchtig sein“ im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 zu verstehen ist. Art. 2 Buchstabe n) Dublin III-Verordnung definiert lediglich die „Fluchtgefahr“ unter Bezugnahme auf den Terminus „durch Flucht entziehen“. Auch aus den Erwägungsgründen zur Dublin III-Verordnung ergibt sich keine Auslegungshilfe zum Merkmal „Flucht“. Die deutsche Rechtsprechung ist, wann im Einzelfall vom Merkmal „flüchtig“ im vorgenannten Sinne auszugehen ist, nicht einheitlich. Einige Verwaltungsgerichte stellen auf die Bedeutung des Wortes nach den verschiedenen amtlichen Sprachversionen ab und kommen zu dem Schluss, dass die Wortbedeutung auch aktive Handlungen des Asylantragstellenden, die über die bloße Ortsveränderung ohne Kenntnis der nationalen Behörden hinausgehen, erfassen kann (bspw. VG Berlin, B.v. 25.1.2018 - 31 L 586.17 A - BeckRS 2018, 789; VGH Baden-Württemberg, B.v. 15.3.2017 - A 11 S 2151/16 - NVwZ-RR 2017, 890). Teilweise wird das Merkmal bereits dann als erfüllt angesehen, wenn der Asylantragstellende das Überstellungsverfahren absichtlich behindere oder durch ihn zuzurechnende Pflichtverletzungen erheblich erschwere (bspw. VG Schwerin, B.v. 24.8.2016 - 3 B 2176/16 As SN - juris; VG Gießen, B.v. 17.9.2018 - 4 L 9383/17.GI.A - BeckRS 2018, 26446). Nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Jawo (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - BeckRS 2019, 3600 - dort Rn. 53 ff.) ist ein Asylantragsteller „flüchtig“, wenn er sich den für die Durchführung seiner Überstellung zuständigen nationalen Behörden gezielt entzieht, um die Überstellung zu vereiteln. Dies kann angenommen werden, wenn die Überstellung nicht durchgeführt werden kann, weil der Asylantragsteller die ihm zugewiesene Wohnung verlassen hat, ohne die zuständigen nationalen Behörden über seine Abwesenheit zu informieren, sofern er über die ihm insoweit obliegenden Pflichten unterrichtet wurde, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat. Der Asylantragsteller behält die Möglichkeit, nachzuweisen, dass er diesen Behörden seine Abwesenheit aus stichhaltigen Gründen nicht mitgeteilt hat, und nicht in der Absicht, sich den Behörden zu entziehen. Unter Anlegung dieses Maßstabes war der Kläger „flüchtig“ im Sinne der Bestimmungen der Dublin III-Verordnung.

Die Beklagte hat substantiiert nachgewiesen, dass der Kläger über einen Rücküberstellungstermin innerhalb der regelmäßigen Überstellungsfrist vorab schriftlich informiert worden war und dieses Schreiben auch entgegennahm. Der Kläger stellt dies auch nicht in Abrede. Im weiteren ergibt sich aus der Bundesamtsakte des Klägers, dass dieser im Laufe des Verwaltungsverfahrens mehrmals über die ihn im Zuge des Asylverfahrens treffenden Pflichten in einer Sprache belehrt worden war, die der Kläger versteht. Auf diesen letztgenannten Umstand ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts maßgeblich abzustellen, soweit nach der vorerwähnten Rechtsprechung des EuGH zu prüfen ist, ob eine ordnungsgemäße Belehrung des Asylantragstellers erfolgt ist. Dass im Zuge der Überstellungsbemühungen der Ausländerbehörden in Dublin-Fällen der Vorabankündigung eines geplanten Rücküberstellungstermins ebenfalls eine gewisse Belehrungsqualität zukommt, ist letztlich nur erheblich, wenn im Einzelfall zu prüfen ist, dass sich der Asylantragsteller ohne stichhaltige Gründe dem Rücküberstellungsversuch gezielt entzogen hat. Bezogen auf die Belehrungspflicht, wie der EuGH sie fordert, ist es deshalb im vorliegenden Fall unerheblich, dass das Gericht anhand der Aktenlage im Falle des Klägers nicht sicher festzustellen vermochte, ob die Ankündigung des Rücküberstellungstermins durch die Ausländerbehörde, die in Deutsch und Englisch abgefasst war, ebenfalls in einer Sprache abgefasst war, die der Kläger verstehen konnte. Soweit die Frage der Verständlichkeit des Ankündigungsschreibens für den Kläger gleichwohl in der weiteren gerichtlichen Prüfung bedeutsam sein kann, ist Folgendes auszuführen. Zwar kann in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Fragen der ausländerrechtlichen Abschiebungshaft (vgl. BGH, B.v. 14.1.2016 - V ZB 178/14 - FGPrax 2016, 87) angenommen werden, dass dem Kläger die Vorabinformation über den geplanten Rücküberstellungstermin in einer ihn verständlichen Sprache übersetzt hätte zugehen müssen, was im Streitfall die nationalen Behörden nachzuweisen hätten. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass einerseits der Kläger die Verständlichkeit der Vorabinformation nicht in Abrede gestellt hat und andererseits die Sachverhalte der Rechtfertigung von Abschiebungshaft und der Feststellung des Merkmals „flüchtig“ in Anwendung europarechtlicher Vorgaben nicht vergleichbar sind (dazu auch: VG Potsdam, U.v. 21.04.2017 - VG 6 K 527/16.A - BeckRS 2017, 128547). Während es bei der Rechtfertigung von Abschiebungshaft um eine Maßnahme mit freiheitsentziehenden Charakter geht, die auch nach der verfassungsrechtlichen Ordnung unter einem besonderen Vorbehalt und einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung steht, zielen die Vorgaben der Dublin III-Verordnung primär auf eine effektive und nach objektiven Kriterien abstellende Zuständigkeitsbestimmung im europäischen Asylverbund. Soweit in Anwendung und Umsetzung der Dublin III-Verordnung ebenfalls ein Inhaftierung des Asylantragstellers in Betracht zu ziehen ist, stellt Art. 28 dieser Verordnung sicher, dass diese Maßnahme mit besonderer Eingriffstiefe in die Rechte des Asylantragstellers bestimmten Verfahrensgarantien unterworfen ist. Im Übrigen bestimmen sich die Verfahrensgarantien für den Asylantragsteller nach den jeweiligen Vorschriften der Dublin III-Verordnung. Zwar sehen auch diese im Regelfall vor, dass der Asylantragsteller in einer Sprache zu informieren und zu befragen ist, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht (vgl. Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Abs. 4 Dublin III-Verordnung). Die Regelungen der Dublin III-Verordnung legen damit aber keinen derart strengen Maßstab an die Verständigungsmöglichkeit mit dem Asylantragsteller an, wie sie der Bundesgerichtshof in seiner vorgenannten Rechtsprechung zur Abschiebungshaft fordert. Soweit der Bundesgerichtshof seine diesbezügliche Rechtsprechung auch mit dem Gebot eines fairen Verfahrens begründet, ist dem nach Ansicht des erkennenden Gerichts in dem vorliegenden Fall bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass der Kläger mehrmals im Rahmen der Anhörungen während des Dublin-Verfahrens in einer Sprache, die er sicher beherrscht, über seine Mitwirkungspflichten im Asylverfahren, auch durch Aushändigung eines Mitteilungsblattes mit wichtigen Hinweisen, sowie schließlich mit der Übersendung des angegriffenen Bescheides auch nach dem Aufenthaltsgesetz belehrt worden war und mit Zustellung des angegriffenen Bescheides, der eine Abschiebungsanordnung anstatt einer bloßen Abschiebungsandrohung enthielt, jederzeit damit rechnen musste, nach Rumänien überstellt zu werden. Es bedarf nach Auffassung des entscheidenden Gerichts insoweit keiner Belehrung in einer dem Kläger verständlichen Sprache über jede denkbare Konsequenz nach der Dublin III-Verordnung im Falle des Verstoßes von Mitwirkungspflichten des Asylantragstellers, denn der Kläger war jedenfalls hinreichend deutlich über Sinn und Zweck des Dublin-Verfahrens im Rahmen seiner Anhörungen informiert worden. Bezüglich der Ankündigung des Termins zur Rücküberstellung des Klägers im Rahmen des Dublin-Verfahrens ergibt sich für das Gericht auch keine andere Sichtweise, weil Art und Weise der Rücküberstellung sich letztlich nicht nach der Dublin III-Verordnung, sondern nach nationalem Recht richten (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-Verordnung). Denn eine Pflicht der Ausländerbehörden zur Ankündigung der Rücküberstellung besteht gerade nicht, soweit es nicht um die Frage der Zulässigkeit von Abschiebungshaft geht (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG, der auch auf Fallkonstellationen des Dublin-Verfahrens entsprechend anzuwenden ist). Folgerichtig kann in der Gesamtschau nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger augenscheinlich vom Inhalt des Ankündigungsschreibens tatsächlich für ihn verständlich Kenntnis genommen hatte. Wie dies im Einzelnen geschehen ist, ist dabei unerheblich. Die Einlassung des Klägers über seinen Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 22. Januar 2019 legt aber nahe, dass der Kläger sehr wohl wusste, welche Bewandtnis es mit dem Schreiben der Ausländerbehörde hatte. Der Kläger gab nämlich an, er habe sich aus altruistischen Gründen seiner Überstellung entziehen müssen. Diese Einlassung beinhaltet nach Überzeugung des Gerichts ein Eingeständnis, dass der Kläger am 9. Januar 2019 bewusst die Aufnahmeeinrichtung mit dem Ziel verlassen hatte, die an diesem Tag bevorstehende Rücküberstellung zu vereiteln. Der Kläger konnte zum angekündigten Termin der Rücküberstellung von der zuständigen Ausländerbehörde in der ihm zugewiesenen Unterkunft tatsächlich nicht angetroffen werden, was er nicht in Abrede stellt. Ob er seinen zugewiesenen Aufenthaltsort nur kurzfristig oder für längere Zeit verlassen wollte, ist nach der Konkretisierung des Merkmals „flüchtig“ durch den EuGH nun nicht mehr von Belang, wenn feststeht, dass auch das kurzzeitige Verlassen des Aufenthaltsortes mit dem Ziel erfolgte, die Rücküberstellung zu vereiteln. Davon ist das erkennende Gericht im vorliegenden Fall aufgrund der Gesamtumstände, wie sie sich aus den Akten vermitteln, überzeugt.

Es liegen auch keine Umstände vor, die ausnahmsweise die Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-Verordnung oder Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung begründen, noch zur Verpflichtung hinsichtlich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung führen würden.

Nach dem System der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996, 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 31.12.2011, C-411/10 und C-433/10 - NVwZ 2012, 417) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedsland der Europäischen Union (EU) den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und der Charta der Grundrechte der EU (ChGR) entspricht. Diese Vermutung ist jedoch widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedsland systemische Mängel aufweisen, die zu der Gefahr für den Asylbewerber führen, bei Rückführung in den Mitgliedsstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 ChGR bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Derartige systemische Mängel, mit dem der Asylbewerber der Überstellung allein entgegentreten kann (EuGH Gr. Kammer, U.v. 10.12.2013, C-394/12 - juris), erkennt das Gericht für Rumänien nicht. An die Annahme des Ausnahmefalls des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-Verordnung sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. Es müsste die ernsthafte Gefahr grundlegender Verfahrensmängel oder erheblich defizitäre Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem Mitgliedsland erkennbar und für den Rechtschutzsuchenden im zu entscheidenden Einzelfall zu befürchten sein (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014, 10 B 6/14 - juris). Dies ist nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln, insbesondere den regelmäßigen Berichten der Kommission der EU zur Bewertung des Dublin-Systems und des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort sowie der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017 nicht der Fall und wird nach der zu Rumänien ergangenen Rechtsprechung überwiegend nicht angenommen (vgl. VG Lüneburg, U.v. 13.3.19 - 8 B 51/19 - juris Rn. 17 - 22; VG Aachen, B.v. 21.9.18 - 6 L 1144/18.A - juris Rn. 22 - 59; VG Bayreuth, B.v. 14.11.2017 - B 6 S 17.50926 - juris Rn. 33 - 37; VG Karlsruhe, B.v. 12.9.2017 - A 1 K 10625/17 - juris Rn. 5 - 11, BayVGH, B.v. 25.6.2018 - 20 ZB 18.50032 - juris Rn. 8, vorausgegangen VG Ansbach, U.v. 26.3.2018 - AN 17 K 18.50003 - juris Rn. 27).

Der Kläger hat im Gerichtsverfahren insoweit auch keinen substantiierten Vortrag oder bei der Anhörung vor dem Bundesamt Tatsachen glaubhaft gemacht, die systemische Schwachstellen im rumänischen Asylverfahren belegen würden. Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt hat der Kläger lediglich angegeben schlecht behandelt worden und inhaftiert gewesen zu sein. Unter Berücksichtigung der Angaben der Mutter in deren Anhörung vor dem Bundesamt am 25. Juni 2018, macht es für das Gericht den Eindruck, dass sich die vorgenannten Angaben des Klägers auf den Mitgliedstaat Bulgarien, in dem sie sich ebenfalls aufgehalten haben, beziehen. So hat nämlich die Mutter konkret von einer schlechten Behandlung und Inhaftierung in Bulgarien, nicht aber in Rumänien, gesprochen. Aus dem Anhörungsprotokoll des Klägers ergibt sich hingegen kein Bezug zu einem konkreten Land. Soweit man davon ausgeht, dass sich der Vortrag des Klägers bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt ebenfalls auf Bulgarien bezogen hat, ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme von systemischen Mängeln im Hinblick auf den Mitgliedstaat Rumänien, der Zielstaat der Abschiebungsanordnung ist. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass sich seine Schilderungen auf Rumänien beziehen, ist anzumerken, dass die Behauptungen des Klägers, dass ihm sein Mobiltelefon abgenommen und er verhaftet und geschlagen worden sei, pauschal und ohne jegliche Schilderung von Details und genaueren Umständen sind. Für das Gericht ergibt sich hieraus kein in sich stimmiger und nachvollziehbarer Sachverhalt. Der Vortrag vermag die dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel folglich nicht zu erschüttern, sodass die Annahme von systemischen Mängeln auch insoweit nicht in Betracht kommt.

Für den Kläger sind auch keine besonderen Umstände erkennbar, die die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung befürchten ließen. Insbesondere gehört er als junger und gesunder Mann nicht einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe an. Der Umstand, dass er gemeinsam mit seiner alleinerziehenden Mutter und dem minderjährigen Bruder gereist ist, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Er ist bereits erwachsen und in der Lage selbst für sich zu sorgen. An dem Kreis einer schutzbedürftigen Personengruppe kann er insofern nicht teilhaben, da dies voraussetzen würde, dass er selbst schutzbedürftig ist. Dazu hat der Kläger indes nichts vorgetragen. Eine andere Betrachtung ist somit auch nicht vor dem Hintergrund geboten, dass nunmehr feststeht, dass die Mutter und der Bruder des Klägers einen Anspruch auf Durchführung deren Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Die Beklagte ist auch nicht gemäß Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung zu einer Familienzusammenführung des Klägers mit seinem minderjährigen Bruder bzw. seiner Mutter verpflichtet. Nach dieser Vorschrift entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel den Asylantragsteller nicht von seinem Kind, einem seiner Geschwister oder Elternteil zu trennen, wenn der Asylantragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen ist oder sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen ist. Das die Zuständigkeit begründende Abhängigkeitsverhältnis bleibt dabei auf Ausnahmesituationen besondere Hilfsbedürftigkeit beschränkt (vgl. VG Ansbach, B.v. 5.3.2015 - AN 14 S 15.50026 - BeckRS 2015, 42525; VG München U.v. 6.5.2016 - M 12 K 15.50793 - BeckRS 2016, 47330). Ein solches Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem minderjährigen Bruder bzw. der Mutter lässt sich vorliegend nicht feststellen. Da es sich bei der Anwendung des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung um einen Ausnahmetatbestand handelt, trifft entsprechend den allgemeinen Prozessregeln Denjenigen eine besondere Darlegungslast hinsichtlich der die Ausnahme begründenden Umstände, der sich auf den Eintritt der Ausnahmeregelung beruft (BayVGH, B.v. 06.2.2008 - 19 C 07.3399 - BeckRS 2008, 27503 Rn. 23). Je mehr die zur Begründung der Ausnahmeregelung dienenden Tatsachen in der individuellen Sphäre des Darlegungsverpflichteten liegen, umso höher sind die Anforderungen an dessen Darlegungslast anzusetzen. Gemessen daran sind besondere Umstände, wie sie in Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung aufgezählt sind, bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht in der erforderlichen Dichte dargelegt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Allein der Umstand der Minderjährigkeit des Bruders des Klägers ist für die Annahme eines Abhängigkeitsverhältnisses nicht ausreichend, insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass der Bruder des Klägers bereits in weniger als einen Monat 15 Jahre alt sein wird und es sich demnach nicht mehr um ein Kleinkind handelt. Darüber hinaus befindet sich auch noch die Mutter bei dem minderjährigen Bruder. Dies spricht ebenfalls gegen die Annahme einer Angewiesenheit im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung, da sich die Mutter ohne weiteres um den minderjährigen Bruder kümmern kann. Der behauptete Bluthochdruck der Mutter stellt keine derart schwerwiegende Krankheit dar, die dies unmöglich machen würde. Aber auch die erstmals mit Schriftsatz vom 22. Januar 2019 vorgetragene Anpassungsstörung der Mutter ist nicht geeignet, ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung zu begründen oder zu belegen, dass die Mutter des Klägers auf Dauer nicht in der Lage wäre, ohne Unterstützung des Klägers Sorge für den minderjährigen Bruder zu tragen. Zum einen ist zu Art und Umfang der Krankheit „Anpassungsstörung“ bei der Mutter durch den Kläger nichts vorgetragen. Auch aus den Gründen des Beschlusses des Amtsgerichts … ergeben sich dazu nur Anhaltspunkte, die wiederum auf ein mündlich erstattetes Zeugnis des behandelnden Arztes zurückzuführen sind. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Diagnostizierung des Krankheitsbildes Anpassungsstörung noch nichts darüber aussagt, inwieweit eine Einschränkung der Tauglichkeit der Bewältigung des Alltages durch den Betroffenen (auf Dauer) eingetreten ist, da sich Anpassungsstörungen in verschiedenen Symptomen äußern können, von denen Suizidgedanken des Betroffenen nur eine mögliche Ausprägung darstellen. Das Krankheitsbild steht häufig im Zusammenhang mit einem krisenauslösenden Ereignis sowie individuellen Risikomerkmalen und dient im medizinischen Bereich auch als Auffangdiagnose bei fehlender Differenzierungsmöglichkeit (vgl. Bengel/Frommberger/Altenhöfer, Anpassungsstörungen - Wenig beachtet und kaum untersucht, in: Deutsches Ärzteblatt, Heft 4, April 2007, S. 171 f.). Im vorliegenden Fall scheint die Inhaftierung und bevorstehende Rückführung des Klägers nach Rumänien das krisenauslösende Moment bei der Mutter des Klägers gewesen zu sein. Wie sich das Krankheitsbild bei der Mutter zwischenzeitlich weiterentwickelt hat und ob nach wie vor erhebliche Einschränkungen in der Alltagsbewältigung bestehen, wäre jedoch unter Beachtung des vorstehenden Maßstabes zur Darlegungslast durch den Kläger näher anzugeben gewesen, weil es in seiner individuellen Sphäre liegt. Dazu wäre nach der durch das Gericht gewährten Fristverlängerung zu einer Stellungnahme des Klägers (im Zusammenhang mit der Verlängerung der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung) bis zum 4. März 2019 und darüber hinaus im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens für das Hauptsacheverfahren durchaus auch noch bis Anfang April Gelegenheit gewesen. Aus der Bundesamtsakte, die zum Asylverfahren der Mutter des Klägers geführt wird, ergaben sich aus den Anhörungsniederschriften der Mutter des Klägers ebenfalls keine Hinweise auf Erkrankungen mit Ausnahme einer Bluthochdruckerkrankung. In der Gesamtschau konnte das Gericht hinsichtlich der Anpassungsstörung somit davon ausgehen, dass diese Erkrankung singulär auf ein Belastungsereignis am 16. Januar 2019 zurückzuführen war - wofür insbesondere die Beschlussgründe des Amtsgerichts … sprechen - und die Symptome zwischenzeitlich abgeklungen sind. Zu weitergehenden Ermittlungen durch das Gericht bestand von daher ohne substantiiertes Vorbringen des Klägers zur Entwicklung des Gesundheitszustandes seiner Mutter infolge der Einweisung in das Bezirkskrankenhaus kein Anlass. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Verwandten nach Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung ist im Ergebnis nicht dargetan, so dass es auf die ansonsten zu klärende (strittige) Rechtsfrage, ob sich die Mutter des Klägers aufgrund des Übergangs der Zuständigkeit für deren Asylverfahren auf die Beklagte rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, nicht mehr ankommt.

Eine Veranlassung bzw. Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung bestand ebenfalls nicht. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Es handelt sich hierbei ebenfalls um eine restriktiv anzuwendende Ausnahmebestimmung, in denen außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen müssen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern. Insofern gilt der vorstehende Maßstab zur Darlegungslast. Derartige Gründe sind vorliegend aber nicht ersichtlich oder vorgetragen.

Auch zielstaatsbezogene oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die einer Abschiebung nach Rumänien entgegenstünden, sind nicht erkennbar.

Nachdem Rumänien einer Rückübernahme des Klägers mit Schreiben vom 18. Juli 2018 zugestimmt hat und die verlängerte Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen ist, ist die Abschiebung derzeit auch durchführbar.

Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gem. §§ 11 Abs. 1, Abs. 2, 75 Nr. 12 AufenthG begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Befristung steht dabei im Ermessen der Behörde, vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, womit das Gericht die Festsetzung in zeitlicher Hinsicht nur auf - im vorliegenden nicht ersichtliche - Ermessensfehler hin überprüft (§ 114 Satz 1 VwGO).

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO ab-zuweisen, wobei Gerichtskosten gemäß § 83b AsylG nicht erhoben werden.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n
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published on 06/05/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistu
published on 05/03/2015 00:00

Tenor 1. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt. 2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der
published on 26/03/2018 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehöri
published on 25/06/2018 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen. II. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens. Gründe Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil d
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.