Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die … geborene Klägerin ist seit 1. August 2009 als Professorin für Soziologie im Beamtenverhältnis an der … beschäftigt. Zusätzlich zu dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe W2 erhielt die Klägerin monatliche Berufungsleistungsbezüge gemäß § 3 BayHLeistBV, zum Stand am 31. Dezember 2012 in Höhe von 1.151,90 EUR.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2013 wurde die Besoldungsordnung W reformiert. In der Bezügemitteilung vom 13. Dezember 2012 für den Abrechnungsmonat 1/2013 war hierzu folgende Mitteilung enthalten:

„Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 14. Februar 2012 (Az. 2 BvL 4/10) entschieden, dass die W2-Besoldung in Hessen nicht den Anforderungen an eine amtsangemessene Alimentation entspricht. Aufgrund der Ausstrahlungswirkung dieses Urteils auf Bayern werden mit dem Gesetz zur Änderung der Professorenbesoldung die Grundgehaltssätze in den Besoldungsgruppen W2 und W3 auf ein verfassungsgemäßes, amtsangemessenes Niveau angehoben.

In den Besoldungsgruppen W2 und W3 werden zusätzlich zur Anhebung der Grundgehaltssätze drei Stufen eingeführt, wobei ein Aufstieg von Stufe 1 nach Stufe 2 nach einer Dienstzeit von fünf Jahren und ein Aufstieg von Stufe 2 nach Stufe 3 nach einer Dienstzeit von weiteren sieben Jahren erfolgt.

Die Erhöhung der Grundgehaltssätze wird ab 1. Januar 2013 auf die vor diesem Zeitpunkt festgesetzten monatlichen Hochschulleistungsbezüge in der Gestalt angerechnet, dass die Hochschulleistungsbezüge kraft Gesetzes um den Betrag der Erhöhung des Grundgehalts verringert werden, wobei jedoch grundsätzlich eine Kürzung in Höhe der Hälfte der monatlichen Leistungsbezüge erfolgt. Im Falle eines Stufenaufstiegs erfolgt eine erneute Kürzung der vor dem 1. Januar 2013 festgesetzten monatlichen Hochschulleistungsbezüge um den Stufensteigerungsbetrag. Hierbei gilt, dass die Kürzung der Hochschulleistungsbezüge zum 1. Januar 2013 und die Kürzung wegen Stufensteigerung auf die Hälfte des Betrages der am 31. Dezember 2012 zustehenden monatlichen Hochschulleistungsbezüge begrenzt ist.

Die erhöhten Grundgehaltssätze gelten ab Januar 2013, wobei die für die Monate bis April 2013 bestehenden Besoldungsansprüche mit den Bezügen für den Monat Mai 2013 fällig werden.

Die Kürzung der Hochschulleistungsbezüge erfolgt ebenfalls ab Januar 2013, wobei die Kürzungen für die Monate Januar bis April 2013 mit der Abrechnung für den Monat Mai 2013 durchgeführt werden.

In den Monaten Januar bis April 2013 wird ein Vorschuss auf die ab 1. Januar 2013 geltenden Bezüge ausbezahlt, der sich nach den bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Vorschriften berechnet…“

In der Bezügemitteilung vom 18. April 2013 für den Abrechnungsmonat 05/2013 wurden die Bezüge unter Berücksichtigung der Besoldungsgruppe W2 Stufe 1 wie folgt dargestellt:

Grundgehalt 5.029,85 €

Familienzuschlag gesamt 222,69 €

Beruf.-Leist.-Bez. (Anp) 1.182,43 €

Eine Kürzung war nicht aufgeführt. Des Weiteren war folgende Mitteilung enthalten:

„Erhöhung der Bezüge ab 1. Januar 2013 auf der Grundlage des Ministerratsbeschlusses vom 19. März 2013 im Vorgriff auf den Gesetzesbeschluss des Bayerischen Landtages um 2,65 v.H. bzw. bei Anwärtern um 50,00 EUR. Die Auszahlung der erhöhten Beträge erfolgt unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass sich im Gesetzgebungsverfahren inhaltliche Änderungen ergeben.“

Im Anschluss wurde für die Abrechnungsmonate Januar bis April 2013 eine Rückrechnung vorgenommen. Auch hier waren Kürzungen nicht erkennbar.

Die Klägerin enthielt in der Folgezeit bis 31. März 2014 Bezüge aus der Besoldungsgruppe W2 Stufe 1, ab 1. April 2014 aus der Besoldungsgruppe W2 Stufe 2.

Anlässlich einer Überprüfung durch die zuständige Bezügestelle Besoldung wurde Ende Juni 2016 bemerkt, dass die gesetzlich vorgeschriebene Kürzung bei der Klägerin sowohl bei der Umsetzung der W-Besoldungsreform zum 1. Januar 2013 als auch beim späteren Stufenaufstieg am 1. April 2014 unterblieben ist. Ab dem Abrechnungsmonat August 2016 wurde daher die bisher gezahlten Berufungsleistungsbezüge von 1.271,46 EUR auf 684,36 EUR monatlich berichtigt.

Mit Bescheid vom 21. September 2016 wurde für die Zeit von Januar 2013 bis Juli 2016 eine Überzahlung in Höhe von 22.070,13 EUR festgestellt und mit einer im Abrechnungsmonat August gezahlten Prüfervergütung in Höhe von 54,60 EUR für den Monat Mai 2016 verrechnet, sodass eine Überzahlung in Höhe von 22.015,53 EUR ausgewiesen worden war. Gleichzeitig wurde ein Betrag in Höhe von 15.410,87 EUR zurückgefordert. Die Reduzierung wurde damit begründet, dass die Überzahlung in den überwiegenden Verantwortungsbereich der Bezügestelle Besoldung falle und ein Mitverschulden der Behörde gegeben sei, sodass im Rahmen der Billigkeitsentscheidung in Höhe von 30 Prozent von der Rückforderung abgesehen werde. Eine Ratenzahlung in Höhe von 350,00 EUR monatlich wurde zugebilligt.

Der gegen den Rückforderungsbescheid eingelegte Widerspruch vom 13. Oktober 2016 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2016, mit Postzustellungsurkunde zugestellt am 30. November 2016, zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am 29. Dezember 2016, ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage mit folgenden Anträgen erheben:

1. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, Bezügestelle Besoldung, vom 21. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, Bezügestelle Besoldung, vom 29. November 2016 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

In der Klagebegründung legte die Bevollmächtigte dar, dass sowohl der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 21. September 2016 als auch der Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom 29. November 2016 rechtswidrig seien und die Klägerin in ihren Rechten verletzten. Rechtsgrundlage für die mittels Leistungsbescheid geltend gemachte Rückzahlung von Bezügen bilde Art. 15 Abs. 2 Satz 1 BayBesG i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Überzahlung ergebe sich aus der Änderung der Besoldungsordnung W und betrage für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Juli 2017 22.070,13 EUR. Dem in der genannten Höhe bestehenden Rückforderungsanspruch könne die Klägerin grundsätzlich gemäß § 818 Abs. 3 BGB eine Entreicherung durch den Verbrauch der zugeflossenen Mittel entgegenhalten. Soweit es sich hierbei um einen Betrag von rund 300,00 EUR (brutto) monatlich bzw. ab April 2014 um einen Betrag von rund 500,00 EUR (brutto) monatlich handele, sei der Klägerin zugutezuhalten, dass sich infolge des Stufenaufstiegs grundsätzlich auch der Lebensstandard erhöht habe. Daher habe die Klägerin im Rahmen der normalen Lebensführung den Betrag verbraucht, ohne dass in ihrem Vermögen noch ein Gegenwert vorhanden sein müsse. Die Erhöhung des Lebensstandards sei auch für den Sohn der Klägerin anzunehmen, der zum Zeitpunkt des Beginns der Überzahlung zwölf Jahre alt gewesen sei und für den die Klägerin vom Kindsvater keinen Unterhalt erhalte.

Es liege auch keine verschärfte Haftung der Klägerin nach §§ 818 Abs. 4 BGB, 819 BGB vor. Kenne der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei Empfang der Leistung oder erfahre er ihn später, so sei er zur Herausgabe verpflichtet, ohne sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen zu können. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes stehe es im Falle der Rückforderung überzahlter Bezüge gleich, wenn der Mangel so offensichtlich gewesen sei, dass der Empfänger ihn hätte kennen müssen (Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG). Hier käme es auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten an. Von jedem Beamten sei zu erwarten, dass er über Grundkenntnisse zu den ihm zustehenden Besoldungsbestandteilen verfüge. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 26.4.2012, Az. 2 C 4/11) liege Offensichtlichkeit im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG dann vor, wenn dem Beamten auf Grund seiner Kenntnisse auffallen müsse, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmen könnten. Es müsse sich ihm aufdrängen, dass die Besoldungsmitteilung fehlerhaft sei. Nicht ausreichend sei aber, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedürfe. Erforderlich sei aber nicht, dass die konkrete Höhe der Überzahlung offensichtlich sein müsse. Der Klägerin hätte es auf Grund ihrer laienhaften Kenntnisse nicht auffallen müssen, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmten. Die Änderungen des Besoldungsrechts zum 1. Januar 2013 seien so komplex gewesen, dass der Beklagte in seiner Abrechnungssimulation vom 23. Juni 2016 mehrere Seiten benötigt habe, um allein die jeweiligen Überzahlungsbeträge bei der Besoldung der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum darzustellen. Auf Grund ihres Stufenaufstiegs im fraglichen Zeitraum hätte die Klägerin im Übrigen auch mit einer Erhöhung der Besoldung rechnen dürfen. Aber selbst bei Unklarheiten bezüglich der Stufenfestsetzung hätte die Klägerin unter Berücksichtigung der oben genannten Rechtsprechung nicht nachfragen müssen, da es im Rahmen des Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG nicht genüge, wenn lediglich Zweifel bestünden und es einer Nachfrage bedurft hätte.

Unabhängig davon sei im vorliegenden Fall die Billigkeitsentscheidung durch die Beklagte nicht ordnungsgemäß getroffen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezwecke die Billigkeitsentscheidung nach Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielten. Sie sei Ausdruck des im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stelle eine sinnvolle Ergänzung des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar. Abzustellen sei insoweit auf das konkrete Rückforderungsbegehren und die Modalitäten der Rückabwicklung und die Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten. Bei der Billigkeitsentscheidung sei von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen sei und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich sei. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung sei einzubeziehen. Von der Rückforderung sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liege. Sei ein Beamter entreichert, könne sich aber auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, so müsse sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Dies sei auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Beamte, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt habe, müsse besser stehen, als der Beamte, der die Überzahlung allein zu verantworten habe. Daher erscheine ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 Prozent des überzahlten Betrages im Regelfall als angemessen, beim Hinzutreten weiterer Umstände, etwa bei besonderen wirtschaftlichen Problemen des Beamten, könne auch eine darüber hinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrages in Betracht kommen. Die Fehlerhaftigkeit der Billigkeitsentscheidung habe die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung zufolge. Die Klägerin treffe keinerlei Verschulden hinsichtlich der nicht erfolgten Kürzung der Hochschulleistungsbezüge. Die Klägerin habe einen Anspruch darauf, dass der Beklagte darüber entscheide, ob aus Billigkeitsgründen auf die Rückforderung ganz oder teilweise verzichtet werde. Dies habe der Beklagte im Ausgangsbescheid zwar getan, habe aber nur teilweise von der Rückforderung abgesehen. Die Vorschrift des Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG sei jedoch so zu verstehen, dass die Behörde bei Erlass eines Bescheides über die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge zwingend eine Ermessensentscheidung darüber treffen müsse, ob und inwieweit eine Billigkeitsentscheidung zugunsten des Empfängers der überzahlten Bezüge in Betracht komme. Das Unterlassen der Ermessensentscheidung bzw. eine fehlerhafte Ermessensentscheidung mache den Rückforderungsbescheid insgesamt rechtswidrig. Der Beklagte habe der Klägerin zwar Ratenzahlung eingeräumt, jedoch nicht ausreichend berücksichtigt, dass die fehlerhafte Nichtkürzung allein dadurch hervorgerufen worden sei, dass der Beklagte es übersehen habe, die Bezügeberechnung der Klägerin ordnungsgemäß durchzuführen und ihm dies erst nach über drei Jahren aufgefallen sei. Die Klägerin habe die Überzahlung nicht mitverursacht. Die Lebensumstände der Klägerin seien nicht ausreichend in der Billigkeitsentscheidung berücksichtigt.

Mit weiterem Schriftsatz vom 14. Februar 2017 ergänzten die Bevollmächtigten der Klägerin ihre Ausführungen dahingehend, dass die Beklagte in der Bezügemitteilung von Januar 2013 zwar über die bevorstehende Gesetzesänderung informiert habe, diese Informationen jedoch sehr allgemein gehalten habe. Ein Bezug zur Besoldung der Klägerin habe sich hieraus kaum erkennen lassen. So fehlte jeglicher Hinweis zu den konkreten Auswirkungen der bevorstehenden Rechtsänderung auf die Auswirkung der Besoldung der Klägerin. Gleiches gelte auch für die bevorstehende Stufensteigerung der Klägerin. Auch die übrigen Hinweise in der Bezügemitteilung für Mai 2013 seien äußerst allgemein gehalten und beschränkten sich auf die bloße Erwähnung einer Erhöhung der Bezüge um 2,65 Prozent ab 1. Januar 2013. Weitere Hinweise und Erläuterungen gebe es nicht mehr. Für die Beurteilung, ob der Beamte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im besonders hohen Maße außer Acht gelassen habe, sei auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Empfängers zur Prüfung der ihm zuerkannten Beträge abzustellen. Dem Beamten müsse es sich aufdrängen, dass die Besoldungsmitteilung fehlerhaft sei. Zweifel, auf Grund derer es einer Nachfrage bedurft hätte, seien nicht ausreichend. Daher sei fraglich, ob sich der Klägerin die Überzahlung auf Grund der Bezügemitteilungen hätte aufdrängen müssen. Der Klägerin habe sich die Überzahlung aber nicht aufdrängen müssen, da es sich bei den Mitteilungen nur um allgemeine Hinweise zur Rechtsänderung gehandelt habe, die nicht explizit auf die Besoldung der Klägerin eingegangen sei. Im Übrigen habe der Beklagte in der Bezügemitteilung für Mai 2013 eine Rückrechnung für die Monate Januar bis April 2013 vorgenommen, so dass die Klägerin auf Grund dessen davon ausgehen habe dürfen, dass die angekündigten Kürzungen ordnungsgemäß vorgenommen worden seien. Weitere Rückrechnungen fänden sich zudem in den Bezügemitteilungen für Oktober 2013 sowie für Dezember 2013. Die Klägerin habe daher davon ausgehen dürfen, dass die Gesetzesänderung vom Beklagten korrekt umgesetzt worden sei. Da das alleinige Verschulden an der Überzahlung beim Beklagten liege, sei eine Rückforderung der überzahlten Beträge ausgeschlossen.

Im Rahmen der Klageerwiderung mit Schriftsatz vom 20. März 2017 kündigte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle …, für die Beklagte folgende Anträge an:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Bezüglich der in der Klage vorgetragenen Einwendungen zur Entreicherung der Klägerin erklärte die Beklagte, dass die Argumente bezüglich des Verbrauchs der zu viel erhaltenen Beiträge nicht ausreichend substantiiert seien. Im Übrigen könne sich die Klägerin nicht auf die Einwendung der Entreicherung berufen, da sie verschärft hafte. Selbst wenn die zu viel erhaltenen Beträge verbraucht wären, müsste die Klägerin die zu viel erhaltenen Beträge herausgeben, da sie verschärft hafte gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG i.V.m. § 819 Abs. 1 BGB. Danach hafte die Klägerin nicht erst bei positiver Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes, sondern bereits dann, wenn der Mangel so offensichtlich gewesen ist, dass sie ihn hätte erkennen müssen. Dies sei dann der Fall, wenn die Klägerin den Mangel des rechtlichen Grundes nur deswegen nicht erkannt habe, weil sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen habe. Unerheblich sei dabei, ob die für die Festsetzung, Anordnung und Abrechnung der Bezüge zuständige Stelle die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt habe. Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sei jeder Beamte auf Grund seiner dem Dienstherrn gegenüber bestehenden beamtenrechtlichen Treuepflicht gehalten, die ihm ausgehändigten Besoldungsunterlagen aufmerksam zur Kenntnis zu nehmen, auf deren Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Zweifeln an der Richtigkeit der Unterlagen oder Zahlungen müsse durch Rückfragen bei der zuständigen Behörde nachgegangen werden. Der Beamte müsse sich Gewissheit darüber verschaffen, ob eine Zahlung zu Recht erfolgt sei (Ziff. 15.2.8 BayVwVBes 4. Spiegelstrich). Die Prüfpflicht verlange vom Beamten Nachdenken und logische Schlussfolgerungen, eine Beschränkung auf das, was ungehindert sichtbar sei, bestehe nicht. Die Klägerin sei über die Rechtsänderung zum 1. Januar 2013 und die bevorstehenden Kürzungen der Leistungsbezüge mit der Bezügemitteilung Nr. 39 vom 13. Dezember 2012 für den Abrechnungsmonat Januar 2013 in Kenntnis gesetzt worden. Allerdings habe sie sich wegen der unterbliebenen Kürzung nicht mit der Bezügestelle Besoldung in Verbindung gesetzt. In der Bezügemitteilung Nr. 39 sei auf Seite 2 explizit angekündigt gewesen, dass die Kürzung der Hochschulleistungsbezüge ab Januar 2013 erfolgen werde, „wobei die Kürzungen für die Monate Januar bis April 2013 mit der Abrechnung für den Monat Mai durchgeführt werden“. Auf Grund der beamtenrechtlichen Treuepflicht habe die Klägerin die Verpflichtung, die Bezügemitteilungen sorgfältig zu prüfen und Zweifel, Unklarheiten bzw. Unregelmäßigkeiten mit der zuständigen Bezügestelle zu klären. Dies sei einer Beamtin mit Befähigung zur Professur der Besoldungsgruppe W 2 zweifelsfrei zuzumuten. Beim Vergleich der Bezügemitteilung für Mai 2013 mit derjenigen für November 2012 hätte auffallen müssen, dass sich das Grundgehalt um ca. 460,00 EUR erhöht habe, die Leistungsbezüge aber ungekürzt weitergezahlt worden seien. Die um 279,46 EUR erhöhten Nettobezüge habe die Klägerin hingenommen, obwohl sie vorher auf eine Kürzung hingewiesen worden und offensichtlich gewesen sei, dass ein derartiger Betrag nicht aus der allgemeinen Bezügeanpassung zum 1. Januar 2013 habe resultieren können.

Auch sei die Billigkeitsentscheidung nicht zu beanstanden. Im Rahmen der Anhörung habe die Klägerin mit Schreiben vom 15. Juli 2016 vorgebracht, dass sie alleinerziehende Mutter eines 15-jährigen Sohnes sei und keinerlei Unterhalt bekomme. Sie benötige daher ihr Gehalt zur alltäglichen Existenzsicherung dringend und habe bisher keine größeren Rücklagen bilden können. Die Rückforderung von Bezügen sei daher ein existenziell bedrohlicher Faktor für die Klägerin und ihren Sohn. Weitere Ausführungen bzw. entsprechende Nachweise (z.B. zu finanziellen Belastungen durch monatliche Zahlungen) lägen nicht vor. Zur Prüfung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse im Rahmen der Billigkeitsentscheidung sei die Behörde zwingend auf die Mitwirkung des Rückforderungsschuldners angewiesen. Ohne detaillierte Offenlegung der Vermögenssituation müsse für die Billigkeitsentscheidung auf die Bezügeakte zurückgegriffen werden. Selbst nach Kürzung der Hochschulleistungsbezüge stünden der Klägerin noch Nettobezüge in Höhe von über 5.000,00 EUR zur Verfügung. Dass dieser Betrag bei Berücksichtigung der alleinigen Betreuung des Sohnes und einer Ratenzahlung in Höhe von 350,00 EUR monatlich nicht ausreichen könne, um den allgemeinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sei ohne weitere Nachweise der Klägerin nicht nachvollziehbar. Im Übrigen sei die Tatsache, dass die Behörde die Überzahlung überwiegend selbst verschuldet habe, im Rahmen der Billigkeitsentscheidung bereits ausreichend gewürdigt, da die Behörde in Höhe von 30 v.H. von der Rückforderung abgesehen habe. Diese Größenordnung sei auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel angemessen. Ein höherer Rückforderungsverzicht könne nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen der Billigkeit entsprechen. Ein derartiger Ausnahmefall liege jedoch nicht vor. Die Rückzahlung von Geldbeträgen sei stets mit einer Härte verbunden.

Bei der Billigkeitsentscheidung nach Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG sei insbesondere die persönliche und wirtschaftliche Situation der Klägerin durch Betrachtung der aktuellen Nettobezüge und auf Grund einer langen Tilgungszeit von 43 Monaten ausreichend Rechnung getragen. Im Juli 2016 hätten die Nettobezüge 5.454,29 EUR betragen, ab August 2016 nach Korrektur der Hochschulleistungsbezüge 5.151,68 EUR. Von November 2016 bis Januar 2017 sei die monatliche Rateneinbehaltung in Höhe von 350,00 EUR erfolgt. Ab Februar 2017 seien keine Raten mehr verrechnet worden. Ohne Rateneinbehalt würden der Klägerin Nettobezüge in Höhe von 5.145,88 EUR überwiesen, mit dem Rateneinbehaltung im Jahr 2017 hätten der Klägerin 4.932,51 EUR zur Verfügung gestanden. Auch wenn die Gesamtsumme der zurückzufordernden Bezüge nicht unerheblich sei, würden die negativen Folgen der Rückforderung für die Klägerin durch die eingeräumten Ratenzahlungen über einen langen Zeitraum erheblich gemildert. Dass die Rückforderung die Klägerin in finanzielle Bedrängnis bringe, sei nicht ersichtlich, da die Klägerin selbst im Rahmen der Anhörung einen kurzfristigen Zahlbetrag von 7.000,00 EUR zur Abgeltung angeboten hätte.

Nach Art. 15 Abs. 2 BayBesG i.V.m. Ziffer 15.2.12.5 BayVwVBes seien die Bruttobeträge zurückzufordern. Die steuerliche Behandlung richte sich nach den Vorschriften des Steuerrechts. Rückzahlungen würden als negative Einkünfte berücksichtigt und minderten somit die Bruttobezüge.

Ergänzend erläuterte die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. März 2017, dass die Klägerin in der Bezügemitteilung Nr. 39 vom 13. Dezember 2012 für Januar 2013 explizit unter Mitteilungen auf die Rechtsänderung der Professorenbesoldung hingewiesen worden sei. Insbesondere sei angekündigt worden, dass der Erhöhungsbetrag des Grundgehalts ab Januar 2013 sowie künftige Erhöhungsgewinne durch Stufensteigerungen des Grundgehalts die bisherigen Hochschulleistungsbezüge verringern würden. Auch sei darauf hingewiesen worden, dass die aus der Rechtsänderung resultierende Erhöhung des Grundgehalts und die Kürzung der Hochschulleistungsbezüge erst im Abrechnungsmonat Mai 2013 vollzogen werden könnten und diesbezüglich eine Rückrechnung für die Monate Januar bis April 2013 stattfinden würde. In dieser Mitteilung seien die Kürzungsmodalitäten genau beschrieben, insbesondere auch, dass eine Kürzung bis maximal in Höhe der Hälfte der zustehenden Hochschulleistungsbezüge erfolgen könne. Genaue betragsmäßige Auswirkungen der Änderungen hätte die Bezügemitteilung für Januar 2013 noch nicht enthalten können, weil die Stufenzuordnung des Grundgehaltes erst noch durch die personalverwaltende Stelle der Universität habe ermittelt werden müssen. Die …Universität …habe der Klägerin mit Bescheid vom 16. Januar 2013 die für die Bemessung des Grundgehalts anrechenbaren Dienstzeiten mitgeteilt. Nach Bestandskraft habe der Beklagte mit Bescheid vom 20. März 2013 das Grundgehalt der Klägerin mit Stufe 1 festgesetzt und 45 Monate für den Aufstieg in Stufe 2 berücksichtigt. Daher treffe die Behauptung der Klägerin, dass in der Bezügemitteilung Nr. 39 kein konkreter Hinweis zu den Auswirkungen der Rechtsänderung enthalten gewesen sei, nicht zu. Vielmehr hätte der Klägerin auf Grund dieser Ankündigungen beim ersten Blick auf die Bezügemitteilung Nr. 41 vom 18. April 2013 für Mai 2013 auffallen können und müssen, dass die Hochschulleistungsbezüge entgegen der Ankündigung versehentlich nicht gekürzt worden seien. Vielmehr sei zu erkennen gewesen, dass sich sowohl das Grundgehalt, als auch die Hochschulleistungsbezüge erhöht hätten. Damit sei für die Klägerin erkennbar gewesen bzw. hätte sich aufdrängen müssen, dass eine Kürzung der Hochschulleistungsbezüge unterblieben sei. In der Bezügemitteilung Nr. 39 seien nämlich für Januar 2013 Hochschulleistungsbezüge in Höhe von 1.151,90 EUR enthalten gewesen, in der Bezügemitteilung Nr. 41 für Mai 2013 seien diese weiterhin mit 1.182,43 EUR ausgewiesen. Zusätzlich seien für die Monate Januar 2013 bis April 2013 Leistungsbezüge von jeweils 30,53 EUR nachbezahlt worden. Das Grundgehalt habe sich von 4.568,11 EUR auf 5.029,85 EUR erhöht. Die Hinweise seien damit nicht nur lediglich pauschal und allgemein gewesen. Unter „Mitteilungen“ seien in der Bezügemitteilung stets Erklärungen über Betrags- und/oder Rechtsänderungen enthalten, die den jeweiligen Besoldungsempfänger persönlich betreffen würden. So sei an dieser Stelle auch die persönliche Bankverbindung der Klägerin aufgeführt gewesen, mit der Bitte, diese zu überprüfen. Damit sei klar, dass es sich nicht nur um Informationen für die Allgemeinheit handle. Diese würden demgegenüber als „allgemeine Hinweise“ bezeichnet und würden am Ende jeder Bezügemitteilung aufgeführt. Dort befände sich im Übrigen auch die Bitte der Bezügestelle an den Bezügeempfänger, die Mitteilung sorgfältig zu überprüfen und bei Fehlern die Bezügestelle unverzüglich zu unterrichten. Das Argument der Bevollmächtigten, die Klägerin habe auf Grund der in der Bezügemitteilung Nr. 41 vorgenommenen Rückrechnung für Januar bis April 2013 annehmen können, dass die angekündigte Kürzung der Berufungsleistungsbezüge realisiert worden sei, sei widersinnig, da sich aus den ausgewiesenen Beträgen gerade keine Kürzung ergeben habe. Gleichzeitig sei als Grund für die Rückrechnung unter „Mitteilungen“ nur die ab 1. Januar 2013 geltende allgemeine Bezügeerhöhung genannt. Auch bei anderen Rückrechnungen in nachfolgenden Bezügemitteilungen sei jeweils ein genauer Grund für die Rückrechnung angegeben gewesen. Von der Klägerin könne erwartet werden, dass diese Begründungen auch gelesen würden.

Die Bevollmächtigte der Klägerin replizierte hierauf mit Schriftsatz vom 24. April 2017. Entgegen der Ansicht der Beklagten liege kein Fall der verschärften Haftung vor. Der Beklagte gestehe selbst ein, dass die Verantwortung für die Überzahlung ausschließlich (nicht bloß weit überwiegend) beim Beklagten liege. Es erschließe sich nicht, wie der Beklagte zu der Ansicht gelange, der Mangel in den Bezügemitteilungen sei so offensichtlich gewesen, dass die Klägerin ihn hätte erkennen müssen. Auch der Hinweis in der Bezügemitteilung Nr. 39 auf Seite 2, dass Bankdaten überprüft werden sollten, bedeute nicht, dass die Klägerin ihre Bezügemitteilung auf etwaige Fehler bei der Berechnung überprüfen solle. Einem Hinweis zur Überprüfung der Bankdaten ohne jeglichen Hinweis auf die konkrete Auswirkung der Gesetzesänderung auf die Bezüge der Klägerin lasse sich nicht eine vollumfängliche Überprüfungs- und Berechnungspflicht für die Klägerin entnehmen. Bemerkenswert sei, dass der Beklagten selbst die Überzahlung erst nach drei Jahren aufgefallen sei. Wie die Überzahlung dann für die Klägerin offensichtlich hätte sein sollen, wenn nicht einmal die Beklagte die Überzahlung in über drei Jahren entdeckt habe, erschließe sich nicht.

Auch die Ansicht der Beklagten, die Billigkeitsentscheidung sei nicht zu beanstanden, sei nicht haltbar. Der Beklagte führe selbst aus, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung geltend gemacht habe, sie sei alleinerziehende Mutter eines 2001 geborenen Kindes und erhalte vom Kindsvater keinerlei Unterhaltszahlungen. Da die Beklagte die Überzahlung selbst verschuldet habe und dies auch erst nach drei Jahren festgestellt habe, sei ein Rückforderungsverzicht von lediglich 30 v.H. keinesfalls angemessen. Die von der Klägerin angebotene Rückzahlung in Höhe von 7.000,00 EUR läge vollumfänglich im Rahmen der Billigkeitsentscheidung und würde dem alleinigen Verschulden des Beklagten an der mehr als dreijährigen Überzahlungsdauer mehr als gerecht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakten und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, Bezügestelle Besoldung, vom 21. September 2016 und der Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 29. November 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Dem Beklagten steht der auf Art. 15 Abs. 2 BayBesG gestützte Rückzahlungsanspruch in Höhe von 15.410,87 EUR zu, da die Klägerin Besoldung in der genannten Höhe ohne Rechtsgrund erhalten hat, sie sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, und auch die Billigkeitsentscheidung nach Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG nicht zu beanstanden ist.

Nach Art. 15 Abs. 2 BayBesG regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Besoldung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger oder die Empfängerin ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden.

Die Klägerin hat aufgrund der Umstellung der Professorenbesoldung in der Zeit von Januar 2013 bis Juli 2016 eine Überzahlung in Höhe von 22.070,13 EUR erhalten. Berechnungsfehler sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Dem Beklagten steht deshalb dem Grunde nach ein Rückforderungsanspruch gegen die Klägerin auf der Grundlage des Art. 15 Abs. 2 Satz 1 BayBesG i.V.m. §§ 812 ff. BGB zu.

1. Die Klägerin kann sich dabei nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen (§ 818 Abs. 3 BGB). Nach § 818 Abs. 3 BGB i.V.m. Art. 15 Abs. 2 Satz 1 BayBesG entfällt die Verpflichtung zur Herausgabe des rechtswidrig Erlangten, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Hierauf kann sich jedoch gemäß § 819 Abs. 1 BGB derjenige nicht berufen, der den Mangel des rechtlichen Grundes beim Empfang der Leistung kennt oder später erfährt. Dieser Maßstab der sog. Bösgläubigkeit des Empfängers wird im Beamtenverhältnis durch Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG verschärft. Danach ist ein Berufen auf den Wegfall der Bereicherung auch dann nicht möglich, wenn der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich war, dass der Empfänger oder die Empfängerin der Zahlung ihn hätte erkennen können.

Ein Mangel ist nach ständiger Rechtsprechung dann offensichtlich, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 15.10, juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 28.6.1990 - 6 C 41.88, juris Rn. 16; U.v. 28.2.1985 – 2 C 31.82, juris Rn. 21) oder wenn er den Fehler etwa durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen (BVerwG, U.v. 9.5.2006 - 2 C 12.05, juris Rn. 13). Letztlich ist das Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung dann offensichtlich, wenn dies für den Empfänger ohne weiteres erkennbar ist.

Zu den Sorgfaltspflichten eines Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Bezügemitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen (BVerwG, U.v. 26.4.2012, a.a.O., BVerwG, U.v. 28.2.1985, a.a.O.; U.v. 25.11.1982 - 2 C 14.81, juris Rn. 22 m.w.N.).

Offensichtlichkeit i.S. von Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG liegt vor, wenn dem Beamten auf-grund seiner individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten auffallen muss, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmen können. Ihm muss sich aufdrängen, dass die Bezügemitteilungen fehler-haft sind; nicht ausreichend ist dagegen, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedarf (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 15.10, juris Rn. 17).

Gemessen an diesen Maßstäben hätten der Klägerin, der eine positive Kenntnis der Überzahlung auch durch den Beklagten nicht unterstellt wird, die Überzahlungen bei sorgfältiger Kontrolle der Bezügemitteilungen auffallen müssen. Die Klägerin war durch die Bezügemitteilung 01/2013 vom 13. Dezember 2012 darüber informiert, dass die Professorenbesoldung mit Wirkung zum 1. Januar 2013 reformiert wird. Aus der Bezügemitteilung war deutlich zu entnehmen, dass mit der Erhöhung der Grundgehaltssätze gleichzeitig eine Kürzung der Hochschulleistungsbezüge auf maximal die Hälfte des Betrages der am 31. Dezember 2012 zustehenden monatlichen Hochschulleistungsbezüge einhergeht und dass die Umsetzung der Reform erstmals mit der Abrechnung für den Monat Mai 2013 durchgeführt wird. Aufgrund dieser Erläuterungen musste es sich der Klägerin aufdrängen, dass es durch die angekündigte vollständige Neuordnung der Professorenbesoldung auf jeden Fall zu einer Verringerung der Hochschulleistungsbezüge kommen wird und dass insbesondere die Bezügemitteilung für Mai 2013 aufgrund der beamtenrechtlichen Sorgfaltspflichten besonders gewissenhaft überprüft werden muss. Auch wenn die Klägerin nicht im Fachbereich der Rechtswissenschaften tätig ist, konnte von ihr aufgrund der wissenschaftlichen und pädagogischen Anforderungen an Professoren erwartet werden, dass sie durch „Nachdenken und logische Schlussfolgerung“ diese wesentlichen Informationen aus der Bezügemitteilung entnimmt. Auch kann davon ausgegangen werden, dass die Neuregelung der Professorenbesoldung im kollegialen Umfeld und durch Interessenvertretungen thematisiert worden ist.

Nach Auffassung der Kammer ist hierbei die Art und Weise der Zurverfügungstellung der Informationen über die Änderungen bei der Professorenbesoldung auch ausreichend. In Bezügemitteilungen wird zwischen „Mitteilungen“ und „Allgemeinen Hinweisen“ unterschieden. Bei den „Allgemeinen Hinweisen“ handelt es sich um Ausführungen grundsätzlicher Art, die in jeder Bezügemitteilung gleichlautend enthaltend sind. „Mitteilungen“ werden in Bezügemitteilungen nur bei besonderen Anlässen, z.B. Bezügeerhöhungen, Anpassungen, …; aufgenommen und enthalten immer über allgemeine Auskünfte hinausgehende besondere Informationen, die unmittelbar Einfluss auf die dem Beamten zustehende Besoldung haben. Dass in den Hinweisen zur Änderung der Professorenbesoldung keine konkreten Auswirkungen auf die Besoldung der Klägerin bezeichnet wurden, ist unschädlich, da jedenfalls zu entnehmen war, dass sich Änderungen ergeben und welcher Art die Änderungen sein werden.

Bei sorgfältiger Lektüre der dann ab Mai 2013 herausgegebenen Bezügemitteilungen, insbesondere der Bezügemitteilung für Mai 2013 vom 18.04.2013, hätte die Klägerin erkennen können und müssen, dass zwar eine Erhöhung des Grundgehalts erfolgt ist, die angekündigte Kürzung der Hochschulleistungsbezüge jedoch nicht berücksichtigt war. Vielmehr hatten sich die Hochschulleistungsbezüge gegenüber dem Stand Dezember 2012 von 1.151,90 EUR sogar auf 1.182,43 EUR, also um 2,65 v.H. im Rahmen der allgemeinen Bezügeerhöhung, erhöht. Sowohl aus der Darstellung für die aktuelle Abrechnungsperiode als auch für die Rückrechnungsperioden Januar 2013 bis April 2013 ergab sich keine Reduzierung der Hochschulleistungsbezüge, die zumindest mit einem Minuszeichen bzw. dem Wort „Kürzung“ gekennzeichnet gewesen wäre bzw. reduzierte Hochschulleistungsbezüge. Nach Auffassung der Kammer war es daher für die Klägerin ohne weiteres erkennbar, dass die Bezügemitteilung fehlerhaft war. Die Fehlerhaftigkeit aufgrund der nicht erfolgten Kürzung der Hochschulleistungsbezüge musste sich selbst einem besoldungsrechtlichen Laien, wobei diese Annahme aus Sicht der Kammer aufgrund der wissenschaftlichen Kompetenzen der Klägerin als Professorin für Soziologie bezüglich der Klägerin bereits zweifelhaft ist, aufdrängen, da sich bei der Feststellung, ob eine Kürzung erfolgt ist oder nicht, gerade um die Grundkenntnisse handelt, die von jedem Beamten erwartet werden können. Damit liegt gerade kein Fall vor, in welchem mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 26.4.2012, a.a.O.) die Offensichtlichkeit aufgrund von lediglich vorliegenden Zweifeln bezüglich der Richtigkeit der Bezügemitteilung verneint werden muss. Denn die Klägerin hätte – wie bereits dargelegt – wissen müssen, dass die Bezügemitteilung fehlerhaft ist. Nicht bekannt konnte der Klägerin dagegen sein, in welcher Höhe sich die Fehlerhaftigkeit auf die ihr zustehenden Bezüge auswirken würde. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 26.4.2012, a.a.O.) aber gerade nicht erforderlich.

Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen ihrer Lebensführung verbraucht hat (Ziffer 15.2.7.2 Satz 4 BayVwVBes). Es ist richtig, dass in der Rechtsprechung aufgrund des Anscheinsbeweises davon ausgegangen wird, dass bei der Überzahlung versorgungsrelevanter Leistungen in geringem Umfang überzahlte Beträge im Rahmen der normalen Lebensführung verbraucht werden (z.B. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 4/11 – juris Rn. 8). Darauf beruht auch Nr. 15.2.7.1 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten (BayVwVBes), wonach ein Wegfall der Bereicherung, der die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge ausschließt, unterstellt wird, wenn im jeweiligen Monat zu viel gezahlte Bezüge 10% des insgesamt zustehenden Betrags, höchstens 150 Euro, nicht überschreiten. Für den Verbrauch der Überzahlung für die eigene Lebenshaltung spricht der Beweis des ersten Anscheins, wenn es sich um eine versorgungsrelevante Leistung, d.h. laufende Einkünfte handelt, die dem Bestreiten des Lebensunterhalts dienen, und bei niedrigen oder allenfalls mittleren Einkommen die Überzahlung so gering ist, dass sie sinnvoller Weise nicht gespart wird oder sonst der Vermögensbildung dient (BayVGH. U.v. 23.1.2014 – 7 B 13.860. juris Rn. 22). Dies trifft hier jedoch nicht zu. Das Einkommen der Klägerin liegt ausweislich der Bezügemitteilungen nicht im niedrigen oder mittleren Einkommen. Die monatlichen Überzahlungen beliefen sich in der Zeit von Januar 2013 bis März 2014 auf ca. 350 EUR und in der Zeit von April 2014 bis Juli 2016 auf ca. 580 EUR. Es handelte sich also gerade nicht um geringfügige Überzahlungen. Bei Besserverdienenden spricht die Lebenserfahrung nicht dafür, dass alles, was eingeht auch ausgegeben wird (BayVGH, a.a.O.). Diese Bewertung ändert sich nach Auffassung der Kammer auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin alleinerziehend ist und für ihren Sohn vom Kindsvater keinen Unterhalt erhält.

2. Auch die durch die Beklagte getroffene Billigkeitsentscheidung gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG ist nicht zu beanstanden (§ 114 VwGO).

Nach dieser Bestimmung kann aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezweckt eine Billigkeitsentscheidung nach Art. 12 Abs. 2 Satz 3 BayBesG, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten trag-bare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 15/10; U.v. 27.1.1994 - 2 C 19.92, BVerwGE 95, 94; U.v. 25.11.1982 - 2 C 14.81, BVerwGE 66, 251 und U.v. 21.9.1989 - 2 C 68.86, Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 15 sowie B.v. 11.2.1983 - 6 B 61.82, Buchholz 238.41 § 49 SVG Nr. 3).

Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung nach Art. 12 Abs. 2 Satz 3 BayBesG einzubeziehen (BVerwG, a.a.O.).

Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. Kann sich der Beamte nicht auf Entreicherung berufen, dann muss sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung aber in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Beamte, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Beamte, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30% des überzahlten Betrages im Regelfall angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Beamten, kann auch eine darüber hinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrages in Betracht kommen. Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung nach Art. 15 Abs. 2 Satz 1 BayBesG zur Folge (BVerwG, U.v. 26.4.2012, a.a.O., m.w.N.).

Der Beklagte hat in Vollzug der Ziffer 15.2.11.6 BayVwVBes ohne Ermessensfehler einen Abschlag vom Rückforderungsbetrag in Höhe von 30 v.H. gewährt und zusätzlich Ratenzahlung mit 43 Raten bewilligt. Der Beklagte hat damit eine Gewichtung der gegenseitigen Verschuldensanteile vorgenommen und seinen überwiegenden Verschuldensanteil berücksichtigt. Ein besonders gelagerter Ausnahmefall, der einen den Anteil von 30 v.H. des Überzahlungsbetrags übersteigenden Rückforderungsverzicht nahe legen würde (vgl. Ziffer 15.2.11.6 BayVwVBes) liegt nicht vor. So musste der Beklagte weder von einem eigenen ausschließlichen Verschulden oder besonderen wirtschaftlichen Problemen der Klägerin ausgehen. Die Klägerin hätte die Fehlerhaftigkeit der Bezügeberechnung erkennen und aufgrund ihrer Treuepflicht auf die Fehlerhaftigkeit hinweisen müssen, so dass ihr zumindest ein untergeordnetes Mitverschulden zuzurechnen ist. Auch eine „existentiell bedrohliche“ Situation, wie von der Klägerin im Rahmen der Anhörung mit Schreiben vom 15. Juli 2016 vorgebracht, ist aus Sicht der Kammer nicht zu erkennen. Entsprechend der Einlassung des Beklagten stehen der Klägerin bei Zugrundelegung der korrigierten Besoldung bei einem Rateneinbehalt von 350,00 EUR Nettobezüge in Höhe von 4.932,51 EUR zur Verfügung. Auch unter Berücksichtigung der fehlenden Unterhaltsleistungen durch den Kindesvater ist eine existentielle Bedrohung für einen Zwei-Personen-Haushalt hier nicht erkennbar. Sonstige wirtschaftliche Besonderheiten sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Die Klage war deshalb abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 20. Feb. 2018 - AN 1 K 16.02548 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 819 Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes- oder Sittenverstoß


(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit recht

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 12 Rückforderung von Bezügen


(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht

Soldatenversorgungsgesetz - SVG | § 49 Rückforderung


(1) Wird ein Versorgungsberechtigter durch eine gesetzliche Änderung seiner Versorgungsbezüge mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten. (2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gez

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Tenor

1. Anlage IV Nummer 3 (Grundgehaltssätze Bundesbesoldungsordnung W) zu § 32 Satz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG, in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Professorenbesoldung vom 16. Februar 2002 ) in der Fassung des Anhangs 27 Nummer 3 (Grundgehaltssätze ab 1. August 2004) zu Artikel 3 Nummer 2 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/ 2004 - BBVAnpG 2003/2004) vom 10. September 2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 1798) ist mit Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit der Gesetzgeber den Grundgehaltssatz der Besoldungsgruppe W 2 nicht in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festgesetzt hat.

2. a) Anlage 1 Nummer 3 (Grundgehaltssätze Besoldungsordnung W ab 1. April 2008) zu § 4 Absatz 1 des Hessischen Gesetzes über die Anpassung der Dienst-, Amts- und Versorgungsbezüge 2007/2008 (Hessisches Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2007/ 2008 - HBVAnpG 2007/2008) vom 28. September 2007 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen I Seite 602),

b) Anlage 1 Nummer 3 (Grundgehaltssätze Besoldungsordnung W ab 1. April 2008 und 1. Juli 2008) zu § 4 Absatz 1 des Hessischen Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2007/2008 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Hessischen Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2007/ 2008 sowie zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 1. Oktober 2008 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen I Seite 844),

c) Anlage 1 Nummer 3 (Grundgehaltssätze Besoldungsordnung W ab 1. April 2009) zu § 1 Absatz 2 des Gesetzes zur Anpassung der Dienst-, Amts- und Versorgungsbezüge 2009/2010 (Hessisches Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2009/2010 - HBVAnpG 2009/2010) vom 18. Juni 2009 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen I Seite 175),

d) Anlage 8 Nummer 3 (Grundgehaltssätze Besoldungsordnung W ab 1. März 2010) zu § 2 Absatz 2 des Hessischen Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2009/2010

sind mit Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit der Gesetzgeber die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe W 2 nicht in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festgesetzt hat.

3. Der Gesetzgeber hat verfassungskonforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2013 zu treffen.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob die im Jahr 2002 eingeführte sogenannte "W-Besoldung" der Professoren, hier bezogen auf einen Universitätsprofessor der Besoldungsgruppe W 2 in Hessen in den Jahren 2005 bis 2010, mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. Mit dem Zweiten Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 (BGBl I S. 1173) wurde die Besoldung der Hochschullehrer bundeseinheitlich neu geregelt. Die bis dahin geltende Besoldungsordnung H wurde durch die Besoldungsordnung C ersetzt, die vier Besoldungsgruppen umfasste (vgl. das Bundesbesoldungsgesetz in der bis zum 22. Februar 2002 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998, BGBl I S. 3434 ).

3

Nach § 33 Satz 1 BBesG 1998 waren die Ämter der Professoren und ihre Besoldungsgruppen in der Bundesbesoldungsordnung C (Anlage II zum Bundesbesoldungsgesetz) geregelt. Gemäß § 35 Abs. 1 BBesG 1998 waren die Planstellen der Professoren an wissenschaftlichen Hochschulen grundsätzlich in den Besoldungsgruppen C 3 und C 4 auszubringen; den Fachhochschulen standen für die Besoldung ihrer Professoren die Besoldungsgruppen C 2 und C 3 zur Verfügung. Die Grundgehaltssätze der einzelnen Besoldungsgruppen waren gemäß § 33 Satz 2 BBesG 1998 in der Anlage IV zum Bundesbesoldungsgesetz ausgewiesen. Innerhalb der Besoldungsgruppen wurden die Grundgehälter der Professoren gemäß § 27 BBesG 1998 nach jeweils 15 Dienstaltersstufen bemessen. Die jeweilige Dienstaltersstufe bestimmte sich nach dem Besoldungsdienstalter des Stelleninhabers. Der Stelleninhaber stieg alle zwei Jahre in die nächsthöhere Dienstaltersstufe auf, bis er nach dreißig Dienstjahren das Endgrundgehalt erreichte. Das Besoldungsdienstalter war nach den allgemeinen Beamtenbesoldungsvorschriften der §§ 28 ff. BBesG 1998 in Verbindung mit § 36 BBesG 1998 zu bestimmen.

4

In der Besoldungsordnung C bestimmte sich die Vergütung der Professoren primär nach dem Grundgehalt (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BBesG 1998). Daneben konnten Universitätsprofessoren der Besoldungsgruppe C 4 gemäß § 34 BBesG 1998 individuelle Besoldungsverbesserungen nach Maßgabe der Vorbemerkungen Nummer 1, 2 und 2a zur Bundesbesoldungsordnung C in Form von Zuschüssen und Sonderzuschüssen zum Grundgehalt erhalten, die aus Anlass von Berufungs- oder Bleibeverhandlungen vergeben werden konnten. Nahmen Hochschullehrer bestimmte Funktionen in der Hochschulleitung wahr, konnten sie Stellenzulagen für die Übernahme der Funktion erhalten (vgl. zu den Einzelheiten die Verordnung über die Gewährung einer Stellenzulage für Beamte, Richter und Soldaten in der Hochschulleitung vom 3. August 1977, BGBl I S. 1527). Mit Wirkung vom 1. Januar 2002 betrugen die Grundgehaltssätze der Besoldungsordnung C je nach Dienstaltersstufe zwischen 2.843,98 € und 5.129,68 € in der Besoldungsgruppe C 3 und zwischen 3.612,61 € und 5.910,29 € in der Besoldungsgruppe C 4 (vgl. das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2000 vom 19. April 2001, BGBl I S. 618, in Verbindung mit Anlage 6 Nr. 3 der Bekanntmachung nach Art. 4 Abs. 3 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2000 und nach § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 2 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung vom 20. April 2001, BGBl I S. 648 <663>).

5

2. Seit Ende der 1990er Jahre wurde verstärkt über Reformen im Hochschulbereich diskutiert. Zur Vorbereitung der von der Bundesregierung angestrebten Reform des Hochschuldienstrechts einschließlich der Professorenbesoldung wurde im Jahr 1999 die Expertenkommission "Reform des Hochschuldienstrechts" eingerichtet, die ihren Abschlussbericht am 7. April 2000 verabschiedete. Im Besoldungsbereich lag der Schwerpunkt des Berichts auf Überlegungen zu einer stärkeren Leistungsorientierung (Bericht der Expertenkommission "Reform des Hochschuldienstrechts", S. 4 f., 37 ff.). Der Bericht schlug vor, eine wettbewerbsfähige und flexible leistungsorientierte Vergütungsstruktur zu schaffen. Für Professoren an Fachhochschulen und Universitäten sollte jeweils ein einziges Amt mit einem festen Gehaltsbestandteil als Ausgangsbetrag festgelegt werden, der durch verhandelbare variable Gehaltsbestandteile ergänzt werden sollte. Die variablen Gehaltsbestandteile sollten durch Wegfall der Dienstaltersstufen bei den Grundgehältern und der bisherigen Zuschüsse anlässlich von Berufungs- und Bleibeverhandlungen finanziert werden. Damit sollte die Reform an das damalige Gesamtvolumen der Professorenbesoldung anknüpfen und grundsätzlich kostenneutral realisierbar sein.

6

3. Die Vorschläge der Expertenkommission wurden von der Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zum Professorenbesoldungsreformgesetz aufgegriffen, der im Gesetzgebungsverfahren verschiedene Veränderungen erfuhr.

7

a) Der Gesetzentwurf knüpfte ausweislich seiner Begründung weitgehend an die Empfehlungen der Expertenkommission an und setzte eigene Akzente beim Besoldungsgefüge der Professoren (Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Professorenbesoldung vom 1. Juni 2001, BRDrucks 402/01, S. 14; Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Professorenbesoldung vom 31. August 2001, BTDrucks 14/6852, S. 12). Die Bundesregierung verfolgte nach der Begründung zum Gesetzentwurf das Ziel, die Besoldung an Hochschulen umfassend zu modernisieren. Zur Verbesserung der Effektivität und Qualität von Lehre und Forschung sollte eine stärker leistungsorientierte Professorenbesoldung mit einer wettbewerbsfähigen, flexiblen Bezahlungsstruktur eingeführt werden (BRDrucks 402/01, S. 1; BTDrucks 14/6852, S. 1). Der Regierungsentwurf sah insbesondere folgende Maßnahmen vor: Wegfall der bisherigen altersabhängigen Stufen bei den Grundgehältern sowie der Zuschüsse anlässlich von Berufungs- und Bleibeverhandlungen; Einrichtung zweier gemeinsamer Ämter an Fachhochschule und Universität mit der Möglichkeit der besoldungssystematischen Gleichstellung der Fachhochschulen mit den Universitäten; Vergabe variabler Leistungsbezüge anlässlich von Berufungs- und Bleibeverhandlungen, für die besondere individuelle Leistung in den Bereichen Forschung, Lehre, Weiterbildung und Nachwuchsförderung sowie für die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung.

8

b) Der Bundesrat schlug in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung unter anderem die Streichung der Passage vor, wonach das Grundgehalt "als Mindestbezug" gewährt werden sollte (vgl. BRDrucks 402/01, S. 2; BTDrucks 14/6852, S. 21). Zwar ziele das neue Besoldungssystem darauf ab, dass Professoren neben dem festen Grundgehalt variable Leistungsbezüge in einem gewissen Umfang erhielten. Dabei sei jedoch zu beachten, dass das Grundgehalt die amtsangemessene Alimentation darstelle und durch individuelle Leistungsbezahlung ergänzt werden könne. Mit dem Grundsatz individueller Leistungshonorierung sei es allerdings nicht vereinbar, ausnahmslos jedem Professor zusätzlich zum festen Grundgehalt Leistungsbezüge in Aussicht zu stellen. Es dürfe daher keineswegs der Eindruck entstehen, das Gesetz gebe einen Rechtsanspruch auf bestimmte Leistungsbezüge; es könne und müsse auch Professoren geben, die lediglich das Grundgehalt ihrer Besoldungsgruppe erhielten. Die Bundesregierung stimmte in ihrer Gegenäußerung dem Vorschlag der Streichung des Begriffs "Mindestbezug" nicht zu (BTDrucks 14/6852, S. 25). Sie führte aus, dass die Bezeichnung des Grundgehalts als Mindestbezug keinen Rechtsanspruch auf eine Zahlung von Leistungsbezügen zusätzlich zum Grundgehalt begründe. Die festen Grundgehälter in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 stellten - auch ohne zusätzliche Leistungsbezüge - die amtsangemessene Alimentation dar. Die ausdrückliche Bezeichnung des Grundgehalts als "Mindestbezug" sei ein wichtiges positives Signal für die Betroffenen, auf das nicht verzichtet werden könne.

9

c) Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 7. November 2001 (BTDrucks 14/7356) enthielt unter anderem höhere Grundgehaltssätze als zuvor vorgeschlagen, für die Besoldungsgruppe W 2 3.724,00 € (vorher: 3.580,00 €) und für die Besoldungsgruppe W 3 4.522,00 € (vorher: 4.350,00 €). Zur Begründung gab der Innenausschuss an, dass die Attraktivität des Professorenamtes vor allem von der Höhe des jeweils garantierten Grundgehalts abhänge (BTDrucks 14/7356, S. 18). Die von der Bundesregierung vorgesehenen Grundgehaltssätze seien deutlich zu niedrig, um wissenschaftlich hochqualifiziertes Personal zu gewinnen. Die vorgeschlagenen höheren Grundgehaltssätze für W 2 und W 3 entsprächen den derzeitigen Grundgehältern bei der Berufung eines 35-Jährigen auf eine nach C 3 beziehungsweise C 4 ausgewiesene Stelle. Nur die höheren Beträge sicherten eine amtsangemessene Besoldung, denn es bestehe keine Sicherheit, dass alle Grundgehälter durch Leistungszulagen auf ein angemessenes Niveau aufgestockt würden. Da Leistungsbezüge überdies nur begrenzt ruhegehaltfähig seien, führten die höheren Grundgehälter zu einem Ausgleich beim Versorgungsniveau.

10

d) Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf wurde vom Deutschen Bundestag am 9. November 2001 in der durch den Innenausschuss beschlossenen Fassung angenommen (BRDrucks 900/01) und dem Bundesrat zugeleitet, der die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangte (BTDrucks 14/7743). Nachdem der Deutsche Bundestag die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses (BTDrucks 14/7777) angenommen hatte, stimmte auch der Bundesrat dem Gesetz zu (BRDrucks 1062/01). Am 16. Februar 2002 wurde das Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung (Professorenbesoldungsreformgesetz - ProfBesReformG) beschlossen, ausgefertigt und am 22. Februar 2002 verkündet (BGBl I S. 686). Es trat gemäß seinem Artikel 6 am 23. Februar 2002 in Kraft.

11

4. Das Professorenbesoldungsreformgesetz ordnet in sechs Artikeln die Besoldung - und daran anknüpfend teilweise auch die Versorgung - von Professoren an deutschen Hochschulen neu. Kernstück des Reformgesetzes sind die in Artikel 1 vorgesehenen Änderungen des Bundesbesoldungsgesetzes, namentlich die Neufassung der §§ 32 bis 35 BBesG durch Art. 1 Nr. 7 ProfBesReformG und des § 77 BBesG durch Art. 1 Nr. 12 ProfBesReformG. Die Artikel 2 und 3 regeln die sich aus den Änderungen des Bundesbesoldungsgesetzes ergebenden Änderungen in anderen Gesetzen. Mit Artikel 4 wird die Hochschulleitungs-Stellenzulagenverordnung vom 3. August 1977 aufgehoben. Artikel 5 ermächtigt das Bundesministerium des Innern zu einer Bekanntmachung der Neufassung des Bundesbesoldungsgesetzes.

12

a) Mit dem Professorenbesoldungsreformgesetz ersetzte der Bundesgesetzgeber die in Dienstaltersstufen gegliederte C-Besoldung durch die dienstaltersunabhängige W-Besoldung. Diese beruht auf einem zweigliederigen Vergütungssystem, das aus einem festen Grundgehalt und variablen Leistungsbezügen besteht. Schwerpunkte der Reform sind die leistungsorientierte Ausgestaltung der Besoldungsstruktur sowie die Einrichtung zweier gemeinsamer Ämter an Fachhochschule und Universität mit der Möglichkeit der besoldungssystematischen Gleichstellung von Universität und Fachhochschule (vgl. BTDrucks 14/6852, S. 1, 12). Nach dem Willen des Bundesgesetzgebers sollen für Bund und Länder jeweils für ihren Bereich umfangreiche Handlungsspielräume im Umgang mit leistungsbezogenen Besoldungsbestandteilen eröffnet werden (vgl. BTDrucks 14/6852, S. 1, 13). Dies betrifft insbesondere die Regelung des Vergabeverfahrens, der Zuständigkeit für die Vergabe, der Voraussetzungen und Kriterien der Vergabe sowie die Möglichkeit, den Vergaberahmen in begrenztem Umfang anzuheben. Insofern bedürfen die einschlägigen Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes einer - insbesondere landesrechtlichen - Ausfüllung. Das neue System gilt mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2005 für alle neu eingestellten Professoren und eröffnet Optionsmöglichkeiten für bereits ernannte Professoren.

13

b) Die Bundesbesoldungsordnung W ist in § 32 BBesG samt Anlagen geregelt. § 32 BBesG erhielt durch das Professorenbesoldungsreformgesetz folgende Fassung:

14

§ 32

15

Bundesbesoldungsordnung W

16

Die Ämter der Professoren und ihre Besoldungsgruppen sind in der Bundesbesoldungsordnung W (Anlage II) geregelt. Die Grundgehaltssätze sind in der Anlage IV ausgewiesen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für hauptberufliche Leiter und Mitglieder von Leitungsgremien an Hochschulen, die nicht Professoren sind, soweit ihre Ämter nicht Besoldungsgruppen der Bundes- oder Landesbesoldungsordnungen A und B zugewiesen sind.

17

Mit Inkrafttreten des Professorenbesoldungsreformgesetzes im Jahr 2002 betrug das Grundgehalt gemäß Anlage IV Nr. 3 zum Bundesbesoldungsgesetz (Grundgehaltssätze der Bundesbesoldungsordnung W) in der Besoldungsgruppe W 2 3.724,00 €; das Grundgehalt in der Besoldungsgruppe W 3 betrug 4.522,00 € (jeweils Tabelle West). Dies entspricht den in der Beschlussempfehlung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 7. November 2001 vorgeschlagenen Beträgen (BTDrucks 14/7356, S. 14).

18

Durch das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 - BBVAnpG 2003/2004) vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1798) wurden die Grundgehaltssätze der Bundesbesoldungsordnung W - ebenso wie die Grundgehaltssätze der übrigen Besoldungsordnungen - zunächst mit Wirkung ab 1. Juli 2003 um 2,4 %, mit Wirkung ab 1. April 2004 um 1,0 % und mit Wirkung ab 1. August 2004 um weitere 1,0 % erhöht. Dies bedeutet für die Besoldungsgruppe W 2 ab 1. Juli 2003 eine Erhöhung auf 3.813,38 €, ab 1. April 2004 auf 3.851,51 € und ab 1. August 2004 auf 3.890,03 €. Für die Besoldungsgruppe W 3 ergaben sich Erhöhungen ab 1. Juli 2003 auf 4.630,53 €, ab 1. April 2004 auf 4.676,84 € und ab 1. August 2004 auf 4.723,61 €. Für spätere Besoldungserhöhungen sind die Landesgesetzgeber zuständig.

19

c) § 33 BBesG regelt die variablen Leistungsbezüge, die in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 als Teil der Dienstbezüge neben dem als Mindestbezug gewährten Grundgehalt vergeben werden. Die Kategorien der Leistungsbezüge sind in § 33 Abs. 1 BBesG aufgezählt, der "Berufungs-" bzw. "Bleibe-Leistungsbezüge" (Satz 1 Nr. 1), "besondere Leistungsbezüge" (Satz 1 Nr. 2) und "Funktions-Leistungsbezüge" (Satz 1 Nr. 3) unterscheidet. § 33 Abs. 2 BBesG enthält Vorgaben zur Höhe der Leistungsbezüge; § 33 Abs. 3 BBesG trifft Aussagen zu ihrer Ruhegehaltfähigkeit. Hinsichtlich der Ausgestaltung der Leistungsbezüge bleiben erhebliche Spielräume, die durch Landesrecht beziehungsweise, soweit es um die Professoren an Hochschulen des Bundes geht, durch Rechtsverordnung des Bundes auszufüllen sind (§ 33 Abs. 4 BBesG). § 33 BBesG in der Fassung des Gesetzes vom 16. Februar 2002 lautet wie folgt:

20

§ 33

21

Leistungsbezüge

22

(1) In den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 werden nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften neben dem als Mindestbezug gewährten Grundgehalt variable Leistungsbezüge vergeben:

23

1. aus Anlass von Berufungs- und Bleibeverhandlungen,

24

2. für besondere Leistungen in Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsförderung sowie

25

3. für die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung.

26

Leistungsbezüge nach Satz 1 Nr. 1 und 2 können befristet oder unbefristet sowie als Einmalzahlung vergeben werden. Leistungsbezüge nach Satz 1 Nr. 3 werden für die Dauer der Wahrnehmung der Funktion oder Aufgabe gewährt.

27

(2) Leistungsbezüge dürfen den Unterschiedsbetrag zwischen den Grundgehältern der Besoldungsgruppe W 3 und der Besoldungsgruppe B 10 übersteigen, wenn dies erforderlich ist, um den Professor aus dem Bereich außerhalb der deutschen Hochschulen zu gewinnen oder um die Abwanderung des Professors in den Bereich außerhalb der deutschen Hochschulen abzuwenden. Leistungsbezüge dürfen den Unterschiedsbetrag zwischen den Grundgehältern der Besoldungsgruppe W 3 und der Besoldungsgruppe B 10 ferner übersteigen, wenn der Professor bereits an seiner bisherigen Hochschule Leistungsbezüge erhält, die den Unterschiedsbetrag zwischen den Grundgehältern der Besoldungsgruppe W 3 und der Besoldungsgruppe B 10 übersteigen und dies erforderlich ist, um den Professor für eine andere deutsche Hochschule zu gewinnen oder seine Abwanderung an eine andere deutsche Hochschule zu verhindern. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für hauptberufliche Leiter und Mitglieder von Leitungsgremien an Hochschulen, die nicht Professoren sind.

28

(3) Leistungsbezüge nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 sind bis zur Höhe von zusammen 40 vom Hundert des jeweiligen Grundgehalts ruhegehaltfähig, soweit sie unbefristet gewährt und jeweils mindestens drei Jahre bezogen worden sind; werden sie befristet gewährt, können sie bei wiederholter Vergabe für ruhegehaltfähig erklärt werden. Für Leistungsbezüge nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 gilt § 15a des Beamtenversorgungsgesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass der Betrag der Leistungsbezüge als Unterschiedsbetrag gilt. Leistungsbezüge nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 können über den Vomhundertsatz nach Satz 1 hinaus für ruhegehaltfähig erklärt werden. Treffen ruhegehaltfähige Leistungsbezüge nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 mit solchen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 zusammen, die vor Beginn des Bemessungszeitraumes nach Satz 1 vergeben worden sind, wird nur der bei der Berechnung des Ruhegehalts für den Beamten günstigere Betrag als ruhegehaltfähiger Dienstbezug berücksichtigt.

29

(4) Das Nähere zur Gewährung der Leistungsbezüge regelt das Landesrecht; insbesondere sind Bestimmungen

30

1. über das Vergabeverfahren, die Zuständigkeit für die Vergabe sowie die Voraussetzungen und die Kriterien der Vergabe,

31

2. zur Ruhegehaltfähigkeit befristet gewährter Leistungsbezüge nach Absatz 3 Satz 1 und zur Überschreitung des Vomhundertsatzes nach Absatz 3 Satz 3 und

32

3. über die Teilnahme von Leistungsbezügen an den regelmäßigen Besoldungsanpassungen

33

zu treffen. Für den Bereich der Hochschulen des Bundes regeln dies das Bundesministerium der Verteidigung für seinen Bereich sowie das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit den für die jeweiligen Fachbereiche zuständigen obersten Dienstbehörden für die Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

34

d) § 34 BBesG führt den sogenannten Vergaberahmen ein, also den Gesamtbetrag der jährlich für die Gewährung von Leistungsbezügen zur Verfügung stehenden Mittel, innerhalb dessen sich die Personalausgaben einschließlich der variablen Leistungsbezüge bewegen müssen. Der Vergaberahmen bezweckt, die jährlichen Besoldungsausgaben auf Bundes- und Landesebene im Vergleich zur Geltung der früheren Bundesbesoldungsordnung C grundsätzlich konstant zu halten. Zugleich soll sichergestellt werden, dass die Flexibilität bei der Vergabe von Leistungsbezügen nicht zu Minderausgaben und damit zur Haushaltsentlastung genutzt wird. Die Einführung der Bundesbesoldungsordnung W mit variablen Leistungsbezügen soll dadurch grundsätzlich kostenneutral umsetzbar sein (vgl. BTDrucks 14/6852, S. 2, 13). § 34 Abs. 1 BBesG regelt die Berechnung des Vergaberahmens, der auf dem sogenannten Besoldungsdurchschnitt basiert. § 34 Abs. 2 Satz 1 BBesG gebietet eine getrennte Berechnung des Besoldungsdurchschnitts für den Bereich der Universitäten und der gleichgestellten Hochschulen einerseits sowie für den Bereich der Fachhochschulen andererseits. Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BBesG sind die regelmäßigen Besoldungsanpassungen, nach § 34 Abs. 2 Satz 3 BBesG Veränderungen in der Stellenstruktur zu berücksichtigen. Dem in § 34 Abs. 5 BBesG enthaltenen Evaluierungsauftrag kam das Bundesministerium des Innern durch den - unveröffentlichten - "Bericht zum besoldungsrechtlichen Vergaberahmen bei der Professorenbesoldung nach § 34 Abs. 5 des Bundesbesoldungsgesetzes" aus dem Jahr 2007 nach. § 34 BBesG in der Fassung des Professorenbesoldungsreformgesetzes lautet:

35

§ 34

36

Vergaberahmen

37

(1) Der Gesamtbetrag der Leistungsbezüge (Vergaberahmen) ist in einem Land und beim Bund so zu bemessen, dass die durchschnittlichen Besoldungsausgaben für die in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 sowie C 2 bis C 4 eingestuften Professoren den durchschnittlichen Besoldungsausgaben für diesen Personenkreis im Jahr 2001 (Besoldungsdurchschnitt) entsprechen. Der jeweils maßgebliche Besoldungsdurchschnitt kann durch Landesrecht sowie beim Bund durch Bundesrecht abweichend von Satz 1 auch auf höherem Niveau festgesetzt werden, höchstens jedoch auf den höchsten Besoldungsdurchschnitt in einem Land oder beim Bund. Der Besoldungsdurchschnitt kann nach Maßgabe des Landesrechts sowie beim Bund jährlich um durchschnittlich 2 vom Hundert, insgesamt höchstens um bis zu 10 vom Hundert überschritten werden, soweit zu diesem Zweck Haushaltsmittel bereitgestellt sind.

38

(2) Der Besoldungsdurchschnitt ist für den Bereich der Universitäten und gleichgestellten Hochschulen sowie für den Bereich der Fachhochschulen getrennt zu berechnen. Er nimmt an den regelmäßigen Besoldungsanpassungen und den Anpassungen des Bemessungssatzes nach § 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung teil; zur Berücksichtigung der nicht an dieser Besoldungserhöhung teilnehmenden Besoldungsbestandteile kann ein pauschaler Abschlag vorgesehen werden. Veränderungen in der Stellenstruktur sind zu berücksichtigen.

39

(3) Besoldungsausgaben im Sinne des Absatzes 1 sind die Ausgaben für Dienstbezüge nach § 1 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 5, für Dienstbezüge nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 in der bis zum 22. Februar 2002 geltenden Fassung sowie für sonstige Bezüge nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 4. Bei der Berechnung des Vergaberahmens sind

40

1. die hauptberuflichen Leiter und Mitglieder von Leitungsgremien an Hochschulen, soweit deren Ämter nicht nach § 32 Satz 3 in den Besoldungsordnungen A und B geregelt sind, und

41

2. die Professoren sowie hauptberuflichen Leiter und Mitglieder von Leitungsgremien an Hochschulen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehen und auf Planstellen für Beamte der Besoldungsgruppen W 2 und W 3 sowie C 2 bis C 4 geführt werden,

42

und die hierfür aufgewandten Besoldungsausgaben einzubeziehen. Mittel Dritter, die der Hochschule für die Besoldung von Professoren zur Verfügung gestellt werden, sind bei der Berechnung nicht einzubeziehen.

43

(4) Sofern an Hochschulen eine leistungsbezogene Planaufstellung und -bewirtschaftung nach § 6a des Haushaltsgrundsätzegesetzes eingeführt ist, ist sicherzustellen, dass der Besoldungsdurchschnitt eingehalten wird. Im Rahmen der Haushaltsflexibilisierung erwirtschaftete Mittel, die keine Personalausgaben darstellen, beeinflussen den Vergaberahmen nicht.

44

(5) Die Wirkungen der Regelungen der Absätze 1 bis 4 sind unter Berücksichtigung der Entwicklung der Besoldungsausgaben im Hochschulbereich in Bund und Ländern sowie der Umsetzung des Zieles des Gesetzes zur Reform der Professorenbesoldung vom 16. Februar 2002 (BGBl. I S. 686), eine leistungsorientierte Besoldung an Hochschulen einzuführen, vor Ablauf des 31. Dezember 2007 zu prüfen.

45

e) Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs zum Professorenbesoldungsreformgesetz sollte die Wettbewerbs- und Konkurrenzfähigkeit der Hochschulen des Weiteren durch die Möglichkeit gestärkt werden, Einkommensbestandteile aus von der Privatwirtschaft eingeworbenen Drittmitteln zu erhalten (vgl. BTDrucks 14/6852, S. 1). Diese Forschungs- und Lehrzulage ist in § 35 BBesG geregelt, der in der Fassung des Gesetzes vom 16. Februar 2002 folgendermaßen lautet:

46

§ 35

47

Forschungs- und Lehrzulage

48

(1) Das Landesrecht kann vorsehen, dass an Professoren, die Mittel privater Dritter für Forschungsvorhaben oder Lehrvorhaben der Hochschule einwerben und diese Vorhaben durchführen, für die Dauer des Drittmittelflusses aus diesen Mitteln eine nicht ruhegehaltfähige Zulage vergeben werden kann. Eine Zulage für die Durchführung von Lehrvorhaben darf nur vergeben werden, wenn die entsprechende Lehrtätigkeit des Professors nicht auf seine Regellehrverpflichtung angerechnet wird.

49

(2) Für den Bereich der Hochschulen des Bundes können das Bundesministerium der Verteidigung für seinen Bereich sowie das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit den für die jeweiligen Fachbereiche zuständigen obersten Dienstbehörden für die Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Zahlung einer Zulage für Forschungsvorhaben und Lehrvorhaben nach Absatz 1 vorsehen.

50

f) Die Übergangsvorschriften aus Anlass des Professorenbesoldungsreformgesetzes sind in § 77 BBesG enthalten. Diese Bestimmung gewährt den der C-Besoldung unterliegenden Professoren Bestandsschutz für einen Verbleib im alten System sowie eine Optionsmöglichkeit für das neue System. Ihr Wechsel in Ämter der Besoldungsordnung W erfolgt auf Antrag oder aus Anlass von Berufungs- beziehungsweise Bleibeverhandlungen. Die in der C-Besoldung verbleibenden Professoren rücken nach wie vor in Dienstaltersstufen bis zum Erreichen des Endgrundgehalts vor, wobei die Besoldungsanpassungen in der Besoldungsordnung C parallel zu den Besoldungsanpassungen in den übrigen Besoldungsordnungen erfolgen. § 77 BBesG in der Fassung des Professorenbesoldungsreformgesetzes lautet:

51

§ 77

52

Übergangsvorschrift aus Anlass des Professorenbesoldungsreformgesetzes

53

(1) § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 8 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 5, Abs. 4 Satz 1, der 3. Unterabschnitt im 2. Abschnitt, die §§ 43, 50, die Anlagen I und II und die Hochschulleitungs-Stellenzulagenverordnung in der bis zum 22. Februar 2002 geltenden Fassung sowie die Anlagen IV und IX nach Maßgabe des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2000 vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 618) sowie unter Berücksichtigung der weiteren Anpassungen der Besoldung nach § 14 und der weiteren Anpassung des Bemessungssatzes nach § 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung sind bis zum Tag des Inkrafttretens der aufgrund § 33 Abs. 4 zu erlassenden Regelungen jeweils weiter anzuwenden, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2004.

54

(2) Für Professoren der Bundesbesoldungsordnung C, die am Tag des Inkrafttretens der aufgrund § 33 Abs. 4 zu erlassenden Regelungen oder, soweit diese Regelungen bis zum 31. Dezember 2004 noch nicht erlassen sind, am 1. Januar 2005 im Amt befindlich sind, finden § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 8 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 5, Abs. 4 Satz 1, der 3. Unterabschnitt im 2. Abschnitt, die §§ 43, 50, die Anlagen I und II und die Hochschulleitungs-Stellenzulagenverordnung in der bis zum 22. Februar 2002 geltenden Fassung sowie die Anlagen IV und IX nach Maßgabe des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2000 vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 618) sowie unter Berücksichtigung der weiteren Anpassungen der Besoldung nach § 14 und der weiteren Anpassung des Bemessungssatzes nach § 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Anwendung; eine Erhöhung von Dienstbezügen durch die Gewährung von Zuschüssen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 in der bis zum 22. Februar 2002 geltenden Fassung ist ausgeschlossen. Abweichend von Satz 1 finden im Fall einer Berufung auf eine höherwertige Professur an der gleichen Hochschule oder einer Berufung an eine andere Hochschule oder auf Antrag des Beamten § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 8 Abs. 3, der 3. Unterabschnitt im 2. Abschnitt, die §§ 43 und 50 und die Anlagen I, II und IV in der nach dem 23. Februar 2002 jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe Anwendung, dass Professoren der Besoldungsgruppe C 4 ein Amt der Besoldungsgruppe W 3 und Professoren der Besoldungsgruppen C 2 und C 3 ein Amt der Besoldungsgruppe W 2 oder W 3 übertragen wird. Der Antrag des Beamten ist unwiderruflich. In den Fällen des Satzes 2 findet § 13 keine Anwendung.

55

(3) Für die Hochschuldozenten, Oberassistenten, Oberingenieure sowie wissenschaftlichen und künstlerischen Assistenten, die am Tag des Inkrafttretens der aufgrund § 33 Abs. 4 zu erlassenden Regelungen, oder, soweit diese Regelungen bis zum 31. Dezember 2004 noch nicht erlassen sind, am 1. Januar 2005 im Amt befindlich sind, sind der 3. Unterabschnitt im 2. Abschnitt sowie die Anlage II in der bis zum 22. Februar 2002 geltenden Fassung sowie die Anlagen IV und IX nach Maßgabe des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2000 vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 618) sowie unter Berücksichtigung der weiteren Anpassungen der Besoldung nach § 14 und der weiteren Anpassung des Bemessungssatzes nach § 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung über die in Absatz 1 genannten Zeitpunkte hinaus anzuwenden.

56

(4) Bei der Berechnung des Vergaberahmens nach § 34 Abs. 1 bleiben Besoldungsgruppen außer Betracht, soweit Stellen dieser Besoldungsgruppen schon am 22. Februar 2002 in der betreffenden Hochschulart nicht mehr geschaffen werden durften.

57

5. Gemäß § 33 Abs. 4 in Verbindung mit § 77 Abs. 1 BBesG waren die Länder - sowie der Bund im Bereich der Hochschulen des Bundes - verpflichtet, das Professorenbesoldungsreformgesetz spätestens bis zum 31. Dezember 2004 umzusetzen.

58

a) Der hessische Landesgesetzgeber fügte zur Umsetzung des Professorenbesoldungsreformgesetzes mit Art. 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes und anderer Gesetze vom 20. Dezember 2004 (GVBl I S. 466 <476>) einen neuen § 2a sowie einen neuen § 2b in das Hessische Besoldungsgesetz (HBesG) in der Fassung vom 25. Februar 1998 (GVBl I S. 50) ein. Nach § 2a Abs. 1 HBesG werden die Ämter der Professorinnen und Professoren an Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen) nach Maßgabe des Haushalts den Besoldungsgruppen W 2 oder W 3 der Bundesbesoldungsordnung W zugeordnet. Mit § 2a Abs. 3 HBesG wird das Ministerium für Wissenschaft und Kunst ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern und für Sport durch Rechtsverordnung das Nähere für die Vergabe von Leistungsbezügen nach § 33 BBesG zu bestimmen. In der Verordnung sind insbesondere das Vergabeverfahren, die Zuständigkeit für die Vergabe, die Voraussetzungen und die Kriterien der Vergabe, die Ruhegehaltfähigkeit der Leistungsbezüge und deren Teilnahme an den regelmäßigen Besoldungsanpassungen zu regeln. In der Verordnung sind auch nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen und das Verfahren für die Gewährung von Forschungs- und Lehrzulagen nach § 35 Abs. 1 BBesG zu treffen. § 2b HBesG regelt die Bestimmung des Besoldungsdurchschnitts nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BBesG.

59

b) Auf der Grundlage von § 2a Abs. 3 HBesG erging in Hessen die Verordnung über Leistungsbezüge sowie Forschungs- und Lehrzulagen im Hochschulbereich (Hochschul-Leistungsbezügeverordnung - HLeistBVO) vom 4. Februar 2005 (GVBl I S. 92). § 2 HLeistBVO regelt die Arten der Leistungsbezüge im Einklang mit der Bestimmung des § 33 Abs. 1 BBesG. Die Kriterienvorgaben für die Leistungsbezüge werden nach den verschiedenen in § 33 Abs. 1 Satz 1 BBesG und § 2 HLeistBVO vorgesehenen Kategorien der Leistungsbezüge aufgefächert. Die Berufungs- und Bleibe-Leistungsbezüge sind in § 3 HLeistBVO, die besonderen Leistungsbezüge in § 4 HLeistBVO, die Funktions-Leistungsbezüge in § 5 HLeistBVO und die Forschungs- und Lehrzulagen in § 6 HLeistBVO geregelt. Die §§ 7 bis 9 HLeistBVO enthalten Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften. Die Geltung der Verordnung war zunächst bis zum 31. Dezember 2010 befristet; durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Hochschul-Leistungsbezügeverordnung vom 22. September 2010 (GVBl I S. 323) wurde sie bis zum 31. Dezember 2015 verlängert. Die Verordnung hat in der bei Ernennung des Klägers des Ausgangsverfahrens geltenden Fassung folgenden Wortlaut:

60

§ 1

61

Regelungsbereich

62

Diese Verordnung regelt die Vergabe von Leistungsbezügen für Professorinnen und Professoren der Besoldungsgruppen W 2 und W 3 und für hauptberufliche Mitglieder von Leitungsgremien, deren Ämter der Besoldungsordnung W angehören (§ 33 des Bundesbesoldungsgesetzes), und trifft Bestimmungen über die Vergabe von Forschungs- und Lehrzulagen (§ 35 Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes) sowie für das Verfahren der Übernahme in ein Amt der Besoldungsordnung W (§ 77 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes).

63

§ 2

64

Leistungsbezüge

65

(1) Leistungsbezüge werden

66

1. aus Anlass von Berufungs- und Bleibeverhandlungen (§ 3),

67

2. für besondere Leistungen in Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsförderung (§ 4),

68

3. für die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung (§ 5)

69

vergeben. Sie sollen mit Zielvereinbarungen verknüpft werden.

70

(2) Leistungsbezüge können an den regelmäßigen Besoldungsanpassungen teilnehmen.

71

§ 3

72

Leistungsbezüge aus Anlass von Berufungs- und Bleibeverhandlungen

73

(1) Aus Anlass von Berufungs- und Bleibeverhandlungen können Leistungsbezüge vergeben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Professorin oder einen Professor für die Hochschule zu gewinnen (Berufungs-Leistungsbezüge) oder zum Verbleib an der Hochschule zu bewegen (Bleibe-Leistungsbezüge). Bei der Entscheidung hierüber sind insbesondere die Qualifikation, Evaluationsergebnisse und die Bewerberlage in dem jeweiligen Fach sowie die Entwicklungsplanung der Hochschule zu berücksichtigen. Bleibe-Leistungsbezüge dürfen nur vergeben werden, wenn die Professorin oder der Professor das Einstellungsinteresse eines anderen Dienstherrn oder Arbeitgebers glaubhaft gemacht hat.

74

(2) Berufungs- und Bleibe-Leistungsbezüge können befristet oder unbefristet vergeben werden.

75

§ 4

76

Leistungsbezüge für besondere Leistungen

77

(1) Für besondere Leistungen in den Bereichen Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung oder Nachwuchsförderung, die in der Regel über mehrere Jahre erbracht werden müssen, können Leistungsbezüge vergeben werden (besondere Leistungsbezüge). Neben den Leistungen im Hauptamt sind Nebentätigkeiten nur zu berücksichtigen, wenn sie auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung des Dienstherrn ausgeübt werden oder der Dienstherr ein dienstliches Interesse an der Übernahme anerkannt hat und sie unentgeltlich ausgeübt werden. Bei der Bemessung der Leistungszulage ist eine Forschungs- oder Lehrzulage nach § 6 zu berücksichtigen.

78

(2) Besondere Leistungen in der Forschung können insbesondere durch

79

1. Auszeichnungen und Forschungsevaluation,

80

2. Publikationen,

81

3. internationales Engagement in Wissenschaft und Forschung,

82

4. Aufbau und Leitung wissenschaftlicher Arbeitsgruppen,

83

5. Einwerbung von Drittmitteln,

84

6. Betreuung von Promotionen und Habilitationen,

85

7. Tätigkeiten im Bereich des Wissens- und Technologietransfers begründet werden.

86

(3) Besondere Leistungen in der Lehre können insbesondere durch

87

1. Auszeichnungen und Lehrevaluation,

88

2. Aktualisierung und fachliche Weiterentwicklung des Lehrangebots,

89

3. Einführung neuer Vermittlungsformen der Lehre,

90

4. Vortragstätigkeit,

91

5. Lehrtätigkeiten, die über die gesetzliche Lehrverpflichtung hinaus geleistet werden,

92

6. Umfang der Betreuung von Diplomarbeiten sowie der Prüfungstätigkeit

93

begründet werden.

94

(4) Leistungsbezüge für besondere Leistungen können als Einmalzahlung oder als laufende Zahlung für einen Zeitraum bis zu fünf Jahren vergeben werden. Nach einer Frist von fünf Jahren können die Leistungsbezüge unbefristet vergeben werden. Ein Widerruf für den Fall eines erheblichen Leistungsabfalls ist vorzubehalten.

95

§ 5

96

Leistungsbezüge für die Wahrnehmung von Funktionen und besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung

97

(1) Leistungsbezüge für die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung (Funktions-Leistungsbezüge) können an

98

1. hauptberufliche Mitglieder von Hochschulpräsidien und

99

2. Professorinnen und Professoren, die neben ihrem Hauptamt als nebenamtliche Vizepräsidentin oder Vizepräsident oder als Dekanin oder Dekan tätig sind,

100

vergeben werden.

101

Die Hochschule kann weitere Funktionen und Aufgabenbereiche festlegen, für die Funktions-Leistungsbezüge vergeben werden können.

102

(2) Bei der Bemessung der Funktions-Leistungsbezüge ist die mit der Funktion oder Aufgabe verbundene Verantwortung und Belastung, bei den Mitgliedern der Hochschulpräsidien auch die Größe der Hochschule, zu berücksichtigen. Funktions-Leistungsbezüge können ganz oder teilweise erfolgsabhängig vergeben werden.

103

§ 6

104

Forschungs- und Lehrzulagen

105

An Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, die Mittel privater Dritter für Forschungs- oder Lehrvorhaben der Hochschule einwerben und diese Vorhaben durchführen, kann aus diesen Mitteln für den Zeitraum, für den Drittmittel gezahlt werden, eine nichtruhegehaltfähige Zulage vergeben werden, soweit der Drittmittelgeber Mittel für diesen Zweck ausdrücklich vorgesehen hat.

106

§ 7

107

Zuständigkeit

108

(1) Über die Vergabe von Forschungs- und Lehrzulagen sowie von Leistungsbezügen für Professorinnen und Professoren einschließlich ihrer Teilnahme an den allgemeinen Besoldungserhöhungen und ihrer Ruhegehaltfähigkeit einschließlich der Überschreitung des Vomhundertsatzes nach § 33 Abs. 3 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes entscheidet das Präsidium nach Maßgabe von § 42 Abs. 7 des Hessischen Hochschulgesetzes.

109

(2) Über die Vergabe von Leistungsbezügen für hauptberufliche Vizepräsidentinnen und -präsidenten sowie für die Kanzlerin oder den Kanzler entscheidet die Präsidentin oder der Präsident.

110

(3) Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst behält sich die Entscheidung über die Funktions-Leistungsbezüge der Präsidentinnen und Präsidenten vor und genehmigt die Funktions-Leistungsbezüge der übrigen hauptamtlichen Mitglieder der Präsidien sowie die Entscheidung über die Ruhegehaltfähigkeit von Leistungsbezügen, soweit der Vomhundertsatz nach § 33 Abs. 3 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes überschritten werden soll.

111

§ 8

112

Übernahme in ein Amt der Besoldungsordnung W

113

(1) Hauptberuflichen Mitgliedern des Präsidiums überträgt das Ministerium für Wissenschaft und Kunst auf Antrag ein Amt der Besoldungsordnung W nach Maßgabe von § 2a Abs. 2 des Hessischen Besoldungsgesetzes.

114

(2) Professorinnen und Professoren der Besoldungsgruppen C 2 und C 3 überträgt das Präsidium auf Antrag ein Amt der Besoldungsgruppe W 2. Professorinnen und Professoren der Besoldungsgruppe C 4 überträgt das Präsidium auf Antrag ein Amt der Besoldungsgruppe W 3. § 3 gilt entsprechend.

115

§ 9

116

Widersprüche

117

Über Widersprüche gegen Entscheidungen über Leistungsbezüge für Professorinnen und Professoren entscheidet die Präsidentin oder der Präsident. Über Widersprüche gegen Entscheidungen der Präsidentinnen und Präsidenten entscheidet das Ministerium für Wissenschaft und Kunst.

118

§ 10

119

In-Kraft-Treten; Außer-Kraft-Treten

120

Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2005 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2010 außer Kraft.

121

c) Zur konkreten Ausgestaltung und Umsetzung dieser Vorgaben hat die Philipps-Universität Marburg eine undatierte, zum 1. Mai 2005 in Kraft getretene "Richtlinie zur Vergabe von Leistungsbezügen, Forschungs- und Lehrzulagen" erlassen. Diese Richtlinie wurde inzwischen durch die "Richtlinie des Präsidiums der Philipps-Universität Marburg zur Vergabe von Leistungsbezügen und Forschungs- und Lehrzulagen" vom 22. Februar 2010 sowie die "Grundsätze für die Kriterien der Gewährung von Leistungsbezügen für besondere Leistungen sowie für die Ermittlung dieser Leistungen der Philipps-Universität Marburg" vom 11. Januar 2010 ersetzt. Die Richtlinie aus dem Jahr 2005 regelt gemäß ihrem in § 1 angegebenen Zweck die Grundsätze des Verfahrens und der Vergabe von Leistungsbezügen sowie von Forschungs- und Lehrzulagen nach der Hochschul-Leistungsbezügeverordnung in der jeweils gültigen Fassung. Nach § 2 (Anwendungsbereich) regelt die Richtlinie das Verfahren zur Gewährung, Bemessung und Ruhegehaltfähigkeit von Berufungs- beziehungsweise Bleibe-Leistungsbezügen (§ 3), besonderen Leistungsbezügen (§ 4), Funktions-Leistungsbezügen (§ 5) und Forschungs- und Lehrzulagen (§ 6).

122

Anlage 2 zur Richtlinie regelt die Stufen, in denen die besonderen Leistungsbezüge und die Funktions-Leistungsbezüge gewährt werden. So können etwa Prodekane und Studiendekane bis zu 300,00 €, nebenamtliche Vizepräsidenten bis zu 900,00 € und Präsidenten bis zu 2.500,00 € an monatlichen Funktions-Leistungsbezügen erhalten. Besondere Leistungsbezüge werden in fünf Stufen vergeben, wobei die Stufe 1 - "Über die Erfüllung der Dienstpflichten deutlich hinausgehende Leistungen" - bis zu 400,00 € und die Stufe 5 - "Entscheidende Mitprägung der internationalen Reputation der Universität" - bis zu 2.500,00 € monatlich beträgt. Mit Beschluss vom 7. Juni 2005 setzte das Präsidium der Philipps-Universität Marburg die "Untergrenze für die W-Besoldung" auf eine "dauerhafte Besitzstandswahrung der Besoldung plus einer auf drei Jahre befristeten Berufungszulage in Höhe von 300 Euro pro Monat" fest.

123

6. Im Jahr 2006 ging infolge der sogenannten Föderalismusreform I die Gesetzgebungskompetenz für die Beamtenbesoldung und -versorgung auf die Länder über.

124

a) Das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74a, 75, 84, 85, 87c, 91a, 91b, 93, 98, 104a, 104b, 105, 107, 109, 125a, 125b, 125c, 143c) vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) führte mit Wirkung vom 1. September 2006 zu einer föderalen Neuordnung der dienstrechtlichen Regelungskompetenzen. Durch Art. 1 Nr. 8 des Änderungsgesetzes wurde unter anderem der im Jahr 1971 eingefügte (vgl. Art. I Nr. 1 des 28. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 18. März 1971, BGBl I S. 206) Art. 74a GG aufgehoben, der dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Besoldung und Versorgung aller Angehörigen des öffentlichen Dienstes zugewiesen hatte. An die Stelle des in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden Grundsatzes der bundeseinheitlichen Besoldung und Versorgung trat die Regelung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG, wonach der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz über "die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung" innehat. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 125a Abs. 1 GG gilt das Bundesbesoldungsgesetz als Bundesrecht fort; es kann aber durch Landesrecht ersetzt werden.

125

b) Die Länder haben von ihrer neuen Gesetzgebungskompetenz zum Teil bereits Gebrauch gemacht (vgl. Detmer, Das Recht der Professoren, in: Hartmer/Detmer , Hochschulrecht, Ein Handbuch für die Praxis, 2. Aufl. 2011, S. 113 <189 ff.>). Dabei sind zwei unterschiedliche Entwicklungsstufen der Landesregelungen zu verzeichnen. Manche Länder verfügen bereits über abschließende Vollregelungen, die teilweise - zum Beispiel hinsichtlich des Vergaberahmens - vom Bundesbesoldungsgesetz abweichen. In anderen Ländern ist weiterhin das bis zur Ersetzung fortgeltende Bundesbesoldungsgesetz neben den - nicht (notwendig) auf Vollständigkeit der Regelungsmaterie angelegten - Landesnormen heranzuziehen. Im Land Hessen gilt mangels entsprechender landesrechtlicher Regelungen der als Vorlagegegenstand benannte § 32 BBesG fort, wobei die Fortschreibung der Höhe der Grundgehälter in Form der Anlagen zu den Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzen inzwischen vom hessischen Landesgesetzgeber vorgenommen wird.

126

c) Lineare Besoldungsanpassungen nahm der hessische Landesgesetzgeber erstmals durch das Gesetz über die Anpassung der Dienst-, Amts- und Versorgungsbezüge 2007/2008 (Hessisches Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2007/2008 - HBVAnpG 2007/2008) vom 28. September 2007 (GVBl I S. 602) vor, das unter anderem die Bundesbesoldungsordnung W durch die hessische Besoldungsordnung W ersetzte. Ausweislich des Gesetzentwurfs vom 21. Juni 2007 (LTDrucks 16/7477) sollte eine Anpassung der Dienst-, Amts- und Versorgungsbezüge in Hessen an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse erfolgen. Von der zum 1. September 2006 auf die Länder übergegangenen Gesetzgebungszuständigkeit im Bereich der Besoldung und Versorgung sollte durch eine individualisierte Einmalzahlung im November 2007 sowie durch eine lineare Anhebung der Bezüge um 2,4 % ab 1. April 2008 Gebrauch gemacht werden. Dementsprechend erhöhten sich in der Besoldungsgruppe W 2 die Grundgehaltssätze zum 1. April 2008 auf 3.983,39 € und in der Besoldungsgruppe W 3 auf 4.836,98 €. Mit Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c des Gesetzes zur Änderung des Hessischen Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2007/2008 sowie zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 1. Oktober 2008 (GVBl I S. 844) wurde das Hessische Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2007/2008 dahingehend geändert, dass zum 1. Juli 2008 eine weitere Erhöhung der Grundgehaltssätze um 0,6 % auf 4.006,73 € (Besoldungsgruppe W 2) beziehungsweise 4.865,32 € (Besoldungsgruppe W 3) erfolgte. Die prozentualen Erhöhungen erfolgten für die Besoldungsgruppen der B-, R-, W- und C-Besoldung sowie die Besoldungsgruppen A 13 bis A 16 jeweils parallel und zeitgleich.

127

d) Mit dem Gesetz zur Anpassung der Dienst-, Amts- und Versorgungsbezüge 2009/2010 (Hessisches Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2009/2010 - HBVAnpG 2009/2010) vom 18. Juni 2009 (GVBl I S. 175) sollten die Dienst-, Amts-, Anwärter- und Versorgungsbezüge im Hinblick auf die Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des Landes Hessen vom 28. März 2009 angepasst werden (vgl. LTDrucks 18/401). Die in der Tarifeinigung vereinbarten Einkommensverbesserungen sollten dahingehend auf die Beamten übertragen werden, dass die Bezüge rückwirkend zum 1. April 2009 um 3,0 % und zum 1. März 2010 um weitere 1,2 % erhöht wurden. Dementsprechend erhöhten sich in der Besoldungsgruppe W 2 die Grundgehaltssätze zum 1. April 2009 auf 4.126,93 € und zum 1. März 2010 auf 4.176,45 €. In der Besoldungsgruppe W 3 erhöhten sich die Grundgehaltssätze zum 1. April 2009 auf 5.011,28 € und zum 1. März 2010 auf 5.071,42 €.

128

e) Nach Ergehen des Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses des Verwaltungsgerichts Gießen nahm der hessische Landesgesetzgeber weitere Besoldungserhöhungen durch das Hessische Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2011/2012 (HBVAnpG 2011/2012) vom 6. Oktober 2011 (GVBl I S. 530) vor, das in seinem § 1 die Anpassung der Besoldung im Jahr 2011 und in seinem § 2 die Anpassung der Besoldung im Jahr 2012 regelt.

II.

129

1. Der im Jahr 1965 geborene Kläger des Ausgangsverfahrens wurde mit Wirkung zum 1. Dezember 2005 vom Präsidenten der Philipps-Universität Marburg unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe W 2 eingewiesen. Bei der Berufung auf eine Professur für Physikalische Chemie handelt es sich um seine Erstberufung.

130

Seit seiner Ernennung erhält der Kläger des Ausgangsverfahrens ein Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe W 2 (zum Zeitpunkt der Ernennung 3.890,03 €) sowie gemäß einem Schreiben des Präsidenten der Philipps-Universität Marburg vom 27. September 2005 einen unbefristeten und ruhegehaltfähigen Berufungs-Leistungsbezug in Höhe von 23,72 € monatlich. Ausweislich dieses Schreibens ergibt sich die Höhe des Berufungs-Leistungsbezugs "aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Besoldungsgruppen W 2 und C 1, Stufe 10 zuzüglich einem Betrag von 300,00 €"; hiermit werden die Vorgaben des Präsidiumsbeschlusses vom 7. Juni 2005 betreffend die "Untergrenze für die W-Besoldung" umgesetzt. Nach den Angaben des Vorlagegerichts erhielt der Kläger des Ausgangsverfahrens zudem für die Zeit bis Juni 2006 im Wege eines nicht ruhegehaltfähigen Berufungs-Leistungsbezugs eine Pauschale als "Trennungsgeld" in Höhe von zunächst 300,00 € und sodann 450,00 €. Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Kläger des Ausgangsverfahrens Klage gegen das Land Hessen, mit der er im Hauptantrag zuletzt die Feststellung begehrt, dass seine Alimentation aus der Besoldungsgruppe W 2 den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine amtsangemessene Besoldung nicht genügt.

131

2. Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,

132

ob § 32 Sätze 1 und 2 BBesG in der durch das Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung vom 16. Februar 2002 in Kraft getretenen Fassung in Verbindung mit Anlage II (Bundesbesoldungsordnung W) und Anlage IV Ziffer 3 in der Fassung des Anhangs 14 zu Art. 2 Nr. 3 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2003/2004 (Grundgehaltssätze Bundesbesoldungsordnung W), letztere Anlage ersetzt durch Anlage 1 Nr. 3 (Grundgehaltssätze Besoldungsordnung W) des Hessischen Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2007/2008 vom 28. September 2007, zuletzt geändert durch Anlage 1 Nr. 3 (Grundgehaltssätze Besoldungsordnung W) des Hessischen Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2009/2010 vom 18. Juni 2009, mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist.

133

Das Verwaltungsgericht hält die Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Vorschriften für entscheidungserheblich. Die im Hauptantrag erhobene Feststellungsklage habe ohne Weiteres Erfolg, wenn - wovon das Vorlagegericht ausgeht - die Besoldung des Klägers des Ausgangsverfahrens keine amtsangemessene Alimentation darstelle.

134

Nach der Überzeugung des Verwaltungsgerichts verstößt die Besoldung des Klägers des Ausgangsverfahrens nach Besoldungsgruppe W 2 gegen das in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationsprinzip. Das Grundgehalt nach § 32 BBesG stelle keine dem Amt des Professors angemessene Alimentierung dar, wobei es für die Beurteilung der Amtsangemessenheit nur auf die jeweiligen Grundgehälter, nicht auch auf die in Aussicht gestellten Leistungsbezüge ankomme. Das dem nach Besoldungsgruppe W 2 besoldeten Professor zustehende Grundgehalt entspreche weder der vom Amtsinhaber geforderten Ausbildung, Beanspruchung und Verantwortung noch der Bedeutung und dem Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft. Die Herabsetzung der Besoldungsbezüge um mehr als ein Viertel gegenüber dem Endgrundgehalt der C 3-Besoldung (Stufe 15) sei beamtenrechtlich nicht haltbar. Dem aus dem Alimentationsprinzip und dem Leistungsgrundsatz folgenden Abstufungsgebot werde die W-Besoldung, die am Ende des Arbeitslebens eines W 2-Professors auf das Niveau eines nach Besoldungsgruppe A 13 im Endgrundgehalt besoldeten Beamten abschmelze, ebenfalls nicht gerecht. Zudem weise der Vergleich der Grundgehaltssätze der W-Besoldung mit den Einkommen vergleichbarer Berufsgruppen außerhalb des öffentlichen Dienstes ein so starkes Missverhältnis auf, dass die Alimentation nicht mehr als amtsangemessen angesehen werden könne.

III.

135

Zu der Vorlage haben der Kläger des Ausgangsverfahrens, die Bundesregierung und die Hessische Landesregierung schriftlich Stellung genommen. Des Weiteren haben sich die Hochschulrektorenkonferenz, der Deutsche Hochschulverband, der Hochschullehrerbund, der dbb beamtenbund und tarifunion sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund geäußert.

IV.

136

Das Bundesverfassungsgericht hat am 11. Oktober 2011 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Beteiligten, darunter auch der Deutsche Bundestag, ihre Rechtsstandpunkte erläutert und vertieft haben. Das Gericht hat Vertreter des Statistischen Bundesamtes als sachverständige Auskunftspersonen (§ 27a BVerfGG) zu Vergleichen der Professorenbesoldung mit der Besoldung anderer Beamtengruppen sowie der Vergütung bestimmter Berufsgruppen in der Privatwirtschaft gehört. Außerdem haben sich Vertreter der Hochschulrektorenkonferenz, des Deutschen Hochschulverbandes, des Hochschullehrerbundes, des dbb beamtenbund und tarifunion sowie des Deutschen Gewerkschaftsbundes geäußert.

B.

137

Die Vorlage ist zulässig. Gegenstand des Vorlagebeschlusses ist die Besoldungsordnung W in Gestalt ihrer erstmaligen Einführung als Bundesbesoldungsordnung W durch das Professorenbesoldungsreformgesetz sowie in Gestalt der Fortschreibung ihrer Grundgehaltssätze durch die späteren Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetze, die zunächst vom Bundesgesetzgeber und sodann  - nach dem Übergang der Besoldungsgesetzgebungskompetenz auf die Länder - vom hessischen Landesgesetzgeber erlassen wurden. Letzterer hat - bei grundsätzlicher Fortgeltung des § 32 BBesG (vgl. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG) - die Bundesbesoldungsordnung W durch die hessische (Landes-)Besoldungsordnung W ersetzt. Das Ausgangsverfahren betrifft die Besoldung im Zeitraum vom Dezember 2005 bis zum Oktober 2010.

138

Innerhalb der Besoldungsordnung W gibt der Vorlagebeschluss nur Anlass, die amtsangemessene Alimentierung der Beamten der Besoldungsgruppe W 2 verfassungsrechtlich zu untersuchen. Das Bundesverfassungsgericht hat die zur Prüfung gestellten Normen im Hinblick auf den konkreten Ausgangsfall zu überprüfen (vgl. BVerfGE 81, 363 <375>). Hier ergibt sich aus den Gründen des Vorlagebeschlusses, dass die Vorlagefrage auf die Amtsangemessenheit der Grundgehälter der Besoldungsgruppe W 2 gerichtet ist. Dies ist die Besoldungsgruppe, in die der Kläger des Ausgangsverfahrens seit seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit eingewiesen ist. Auch wenn sich der Tenor des Vorlagebeschlusses pauschal auf die Besoldungsordnung W bezieht, konzentriert sich die Vorlagefrage ausweislich der Begründung des Vorlagebeschlusses, insbesondere des dort wiedergegebenen Feststellungsantrags, ausschließlich auf die Besoldung nach der für den Kläger des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Besoldungsgruppe W 2.

139

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Tenor des Vorlagebeschlusses den Vorlagegegenstand auf die Grundgehaltssätze der Besoldungsordnung W als einen der beiden Bausteine des zweigliederigen Vergütungssystems der Professorenbesoldungsreform beschränkt. Diese Eingrenzung ist vielmehr Folge des vom Vorlagegericht vertretenen Standpunkts, wonach für die Beurteilung der Amtsangemessenheit der Besoldung der W-Professoren nur deren Grundgehälter, nicht auch die in Aussicht gestellten Leistungsbezüge herangezogen werden können. Gleichwohl ist das Bundesverfassungsgericht nicht daran gehindert, auch die Vorschriften über die Leistungsbezüge in die Prüfung einzubeziehen, soweit sie für die Beantwortung der Vorlagefrage von Relevanz sind. Die Bedeutung der Leistungsbezüge im Gesamtgefüge der Alimentation bedarf gerade der Klärung.

140

Die Begründungsanforderungen in Bezug auf die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage und die Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>; 121, 241 <252 f.>; 126, 77 <97 f.>; jeweils m.w.N.) sind erfüllt.

C.

141

Die im Tenor näher bezeichneten Vorschriften sind mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar, soweit der Gesetzgeber die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe W 2 nicht in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festgesetzt hat.

I.

142

1. Die Neuregelung der Professorenbesoldung ist an den Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG zu messen. Nach Art. 33 Abs. 5 GG in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln; diese Formulierung wurde durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74a, 75, 84, 85, 87c, 91a, 91b, 93, 98, 104a, 104b, 105, 107, 109, 125a, 125b, 125c, 143c) vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) um die Wörter "und fortzuentwickeln" ergänzt.

143

a) Verfassungsrechtliche Basis der Beamtenbesoldung ist das Alimentationsprinzip. Es gehört zu den von Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die der Gesetzgeber angesichts ihres grundlegenden und strukturprägenden Charakters nicht nur berücksichtigen muss, sondern zu beachten hat (vgl. BVerfGE 8, 1 <16>; 117, 330 <349>; 119, 247 <263, 269>; stRspr). Art. 33 Abs. 5 GG ist unmittelbar geltendes Recht und enthält einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber sowie eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums (vgl. BVerfGE 106, 225 <232>; 117, 330 <344>). Des Weiteren begründet Art. 33 Abs. 5 GG ein grundrechtsgleiches Recht der Beamten, soweit deren subjektive Rechtsstellung betroffen ist (vgl. BVerfGE 99, 300 <314>; 107, 218 <236 f.>; 117, 330 <344>; 119, 247 <266>).

144

b) Der Inhalt des Alimentationsprinzips wird von verschiedenen Determinanten geprägt.

145

aa) Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (vgl. BVerfGE 8, 1 <14>; 117, 330 <351>; 119, 247 <269>). Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 44, 249 <265 f.>; 99, 300 <315>; 107, 218 <237>; 114, 258 <288>). Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber sowohl bei strukturellen Neuausrichtungen im Besoldungsrecht als auch bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe über die Jahre hinweg im Wege einer Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und anhand einer Gegenüberstellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichsgruppen Rechnung tragen.

146

bb) Taugliche Vergleichsgruppen sind primär innerhalb des Besoldungssystems zu finden. Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Daher bestimmt sich die Amtsangemessenheit im Verhältnis zur Besoldung und Versorgung anderer Beamtengruppen. Gleichzeitig kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Die Wertigkeit wird insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die "amts"-angemessene Besoldung ist notwendigerweise eine abgestufte Besoldung (vgl. BVerfGE 114, 258 <293>; 117, 330 <355>). Vergleiche sind daher nicht nur innerhalb einer Besoldungsordnung, sondern auch zwischen den verschiedenen Besoldungsordnungen möglich und geboten.

147

cc) Der systeminterne Besoldungsvergleich wird durch den systemexternen Gehaltsvergleich mit der Privatwirtschaft ergänzt. Die Alimentation muss es dem Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher wie wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum zugewiesenen Aufgaben beizutragen (vgl. BVerfGE 44, 249 <265 f.>; 114, 258 <287 f.>; 119, 247 <269>). Die Alimentation dient damit nicht allein dem Lebensunterhalt des Beamten, sondern sie hat - angesichts der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit - zugleich eine qualitätssichernde Funktion (vgl. BVerfGE 114, 258 <294>). Damit das Beamtenverhältnis für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte attraktiv ist, muss sich die Amtsangemessenheit der Alimentation auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen bestimmen, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden (vgl. BVerfGE 114, 258 <293 f.>; 117, 330 <354>; 119, 247 <268>; BVerfGK 12, 189 <202>; 12, 253 <263 f.>). Dabei dürfen allerdings die gegenüber den Bezahlungssystemen der Privatwirtschaft bestehenden Besonderheiten des beamtenrechtlichen Besoldungssystems nicht außer Acht gelassen werden, die auf den Charakter des Beamtenverhältnisses als wechselseitiges Dienst- und Treueverhältnis zurückzuführen sind. Angesichts der zwischen Staatsdienst und Privatwirtschaft bestehenden Systemunterschiede müssen die Konditionen (nur) insgesamt vergleichbar sein (vgl. BVerfGE 114, 258 <294>; 119, 247 <268>).

148

c) Bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung besitzt der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 8, 1 <22 f.>; 114, 258 <288>; 117, 372 <381>; 121, 241 <261>). Dies gilt sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung (vgl. BVerfGE 81, 363 <375 f.>); diese ist der Verfassung nicht unmittelbar, als fester und exakt bezifferter beziehungsweise bezifferbarer Betrag, zu entnehmen (vgl. BVerfGE 44, 249 <265 ff.>; 117, 330 <352>). Insofern stellt die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines "amtsangemessenen" Unterhalts lediglich eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive dar (vgl. BVerfGE 117, 330 <352>). Innerhalb seines weiten Spielraums politischen Ermessens darf der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen. Zu prüfen, ob er dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat, ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 103, 310 <320>; 117, 330 <353>; 121, 241 <261>).

149

Dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entspricht vielmehr eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 65, 141 <148 f.>; 103, 310 <319 f.>; 110, 353 <364 f.>; 117, 330 <353>). Im Ergebnis beschränkt sich die materielle Kontrolle auf die Frage, ob die dem Beamten gewährten Bezüge evident unzureichend sind. Dies ist der Fall, wenn der unantastbare Kerngehalt der Alimentation als Untergrenze nicht mehr gewahrt ist (vgl. BVerfGE 44, 249 <263, 267 f.>; 114, 258 <288 f.>), was anhand einer Gesamtschau der oben dargelegten Kriterien und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen zu prüfen ist.

150

d) Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers deckt grundsätzlich auch strukturelle Neuregelungen der Besoldung in Form von Systemwechseln ab, welche die Bewertung eines Amtes und die damit einhergehende besoldungsrechtliche Einstufung betreffen (vgl. BVerfGE 26, 141 <158 f.>; 56, 146 <161 ff.>; 64, 367 <379>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 1999 - 2 BvR 544/97 -, NVwZ 1999, S. 1328). Bei der Einstufung von Ämtern handelt es sich zuvörderst um eine politische, vom parlamentarischen Gesetzgeber zu entscheidende Frage, mit deren Beantwortung er selbst die Wertigkeit eines bestimmten Amtes definiert. Dementsprechend kann der Gesetzgeber ein Amt neu und niedriger bewerten, die Struktur der Besoldungsordnung oder die der einzelnen Besoldungsgruppen, die Struktur des Beamtengehalts sowie die Zahlungsmodalitäten grundsätzlich für die Zukunft ändern (vgl. BVerfG, Beschluss des Vorprüfungsausschusses des Zweiten Senats vom 15. Januar 1985 - 2 BvR 1148/84 -, NVwZ 1985, S. 333; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 1999 - 2 BvR 544/97 -, NVwZ 1999, S. 1328). Eine veränderte Bewertung unter Abweichung von der bisherigen Relation der Ämter zueinander ist - bei entsprechender Besitzstandswahrung - selbst dann denkbar, wenn sich der Amtsinhalt beziehungsweise die Merkmale, nach denen die betreffenden Ämter zu beurteilen sind, nicht verändert haben (vgl. BVerfGE 26, 141 <158>; 56, 146 <163>; 64, 367 <379>).

151

Allerdings darf sich der Gesetzgeber bei einer von ihm für notwendig gehaltenen Neuregelung nicht von unsachlichen Erwägungen leiten lassen (vgl. BVerfGE 26, 141 <158 f.>; 56, 146 <163>; 64, 367 <379>). Nimmt er aufgrund einer politischen Entscheidung beziehungsweise einer veränderten politischen Wertschätzung eine besoldungsmäßige Neubewertung eines Amtes vor, ohne die dem Amt zugrunde liegenden Anforderungen zu verändern, muss er dafür Sorge tragen, dass eine derartige besoldungsrechtliche Neubewertung immer noch den (unveränderten) Anforderungen des Amtes und dessen prägenden Merkmalen gerecht wird. Führt die gesetzgeberische Neubewertung zu einer deutlichen Verringerung der Besoldung, bedarf es hierfür sachlicher Gründe.

152

2. Von dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Alimentationsprinzips ist grundsätzlich auch die Einführung neuer und die Modifizierung bestehender Leistungselemente in der Besoldung gedeckt.

153

a) Der Gesetzgeber kann das beamtenrechtliche Leistungsprinzip besoldungsrechtlich auf unterschiedliche Art und Weise verwirklichen. Das Leistungsprinzip zählt ebenso wie das Alimentationsprinzip zu den vom Gesetzgeber zu beachtenden hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerfGE 121, 205 <226>; stRspr). Es bezeichnet in seinem Kern zunächst das Prinzip der Bestenauslese, wie es ausdrücklich in Art. 33 Abs. 2 GG verankert ist (vgl. BVerfGE 117, 372 <382>; 121, 205 <226>). Das Leistungsprinzip betrifft nicht nur den erstmaligen Zugang zu einem öffentlichen Amt beim Eintritt in das Beamtenverhältnis, sondern beinhaltet auch die Anerkennung und rechtliche Absicherung des Beförderungserfolges, den der Beamte bei der Bestenauslese aufgrund von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erlangt hat (vgl. BVerfGE 117, 372 <382>; 121, 205 <226>). Über das Statusrecht ist das Besoldungsrecht mittelbar leistungsbezogen, indem Leistung mit Beförderung honoriert wird.

154

b) Die mittelbare Verwirklichung des Leistungsprinzips im Besoldungsrecht - über das Statusrecht einerseits sowie über das herkömmliche System der Dienstaltersstufen bei der Bemessung des Grundgehalts andererseits - schließt allerdings den Einsatz unmittelbar von der individuellen Leistung der Beamten abhängiger Besoldungsbestandteile nicht aus. Insoweit kommt es zu einer Überschneidung des Leistungsprinzips mit dem Alimentationsprinzip, das schon vor Einfügung der Fortentwicklungsklausel in Art. 33 Abs. 5 GG eine stete Weiterentwicklung des Beamtenrechts und dessen Anpassung an veränderte Umstände der Staatlichkeit ermöglichte (vgl. BVerfGE 119, 247 <262>). Eine stärkere Berücksichtigung des Leistungsgedankens stellt einen zulässigen Aspekt der Besoldungsgesetzgebung dar (vgl. BVerfGE 110, 353 <365 ff.>). Dabei kann die Bindung der Besoldung an Leistungsgesichtspunkte beispielsweise in Gestalt von Leistungsstufen, Leistungsprämien und Leistungszulagen erfolgen, wie es im Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24. Februar 1997 (BGBl I S. 322) der Fall war (vgl. dazu BVerfGE 110, 353 <366 ff.>). Daneben sind aber auch anders ausgestaltete leistungsbasierte Besoldungssysteme denkbar. Dies gilt auch und gerade bei der Professorenbesoldung, die seit jeher in besonderem Maße durch leistungsbezogene Elemente gekennzeichnet ist (vgl. Battis/Grigoleit, Möglichkeit und Grenzen leistungsdifferenzierender Besoldung von Universitätsprofessoren, Rechtsgutachten, Forum Deutscher Hochschulverband, 1999, S. 21 f.; Lehrich, Ökonomisierung der Wissenschaft - Rechtliche Bewertung der Reformen im Bereich der Professorenbesoldung -, 2006, S. 286 ff.).

155

3. Allerdings sind Systemwechsel im Besoldungsrecht unter Einsatz unmittelbar leistungsdifferenzierender Besoldungselemente nicht unbeschränkt möglich. Der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers findet auch und gerade bei Strukturveränderungen seine Schranke im Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 GG, das nicht nur Grundlage, sondern auch Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit im Besoldungsrecht ist (vgl. BVerfGE 114, 258 <289>; 117, 372 <381>; stRspr).

156

a) Systemwechsel kommen in verschiedener Hinsicht und Ausgestaltung in Betracht, wobei Veränderungen innerhalb oder außerhalb des beamtenrechtlichen Besoldungssystems vorstellbar sind. Hochschuldienstrechtliche Reformen sind, ohne dass Art. 33 Abs. 5 GG betroffen wäre, auch dahingehend denkbar, dass Neueinstellungen nicht im Beamten-, sondern im Angestelltenverhältnis erfolgen (vgl. BVerfGE 119, 247 <267> für die Berufsgruppe der Lehrer; vgl. auch die Überlegungen zum Personalstatut für das wissenschaftliche Personal der Hochschulen und der außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Bericht der Expertenkommission "Reform des Hochschuldienstrechts" vom 7. April 2000, S. 10 ff.). Entscheidet sich der Gesetzgeber indes für eine Verbeamtung der Professoren, so unterliegt das begründete Beamtenverhältnis auch den Bindungen des Art. 33 Abs. 5 GG. Die Übernahme der Professoren in das Beamtenverhältnis hat für den Dienstherrn viele - auch finanzielle - Vorteile. Sie befreit ihn von dem Zwang, Arbeits- und Entgeltbedingungen mit den Tarifparteien auszuhandeln und abzustimmen. Die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses ist der einseitigen Regelungskompetenz des Beamtengesetzgebers unterstellt. Der Beamte ist seinem Dienstherrn zur Treue verpflichtet, was auch Folgen für die Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts hat. Mit diesen und weiteren Vorteilen für den Dienstherrn sind umgekehrt die Bindungen verbunden, die sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergeben, insbesondere auch die Anforderungen des Alimentationsprinzips. Ein "Rosinenpicken" erlaubt die Verschiedenheit der Beschäftigungssysteme dem Gesetzgeber nicht (vgl. zum Ganzen auch BVerfGE 119, 247 <267 f.>).

157

b) Die innerhalb des Beamtenverhältnisses geltenden Bindungen des Art. 33 Abs. 5 GG ziehen einem besoldungsrechtlichen Systemwechsel verfassungsrechtliche Grenzen. Zwar ist es in der Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit des Alimentationsprinzips angelegt, dass es dem Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Realisierung des Anspruchs jedes Beamten auf amtsangemessene Alimentation eröffnet. Hierzu zählt grundsätzlich auch die Möglichkeit, anstelle eines grundgehaltsorientierten, nach Dienstaltersstufen gegliederten Besoldungssystems ein zweigliederiges Vergütungssystem bestehend aus festen Grundgehältern und variablen Leistungsbezügen als weiteren Gehaltsbestandteilen vorzusehen. Wenn der Gesetzgeber aber von der einen auf eine andere Gestaltungsvariante übergeht, dann muss er neben den vom Alimentationsprinzip gestellten Anforderungen auch den sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben Genüge tun.

158

Dazu zählt der Gesetzesvorbehalt für die Beamtenbesoldung (vgl. einfachrechtlich § 2 Abs. 1 BBesG; zur Einstufung als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums BVerfGE 8, 28 <35>; 81, 363 <386>; offener BVerfGE 99, 300 <313>). Er bedeutet, dass die Alimentation generell durch Gesetz zu regeln ist und nur nach Maßgabe eines Gesetzes zuerkannt werden kann. Die Zulässigkeit leistungsbezogener Bezahlungselemente setzt danach voraus, dass ein gesetzlicher Rahmen den Anlass und die Möglichkeiten der Leistungsgewährung bestimmt, die Leistung aufgrund Verwaltungsentscheidung bewilligt wird und diese Bewilligungsentscheidung dann in die Bezügeberechnung eingeht (vgl. Summer, Gedanken zum Gesetzesvorbehalt im Beamtenrecht, ZBR 2006, S. 120 <121, 126 f.>). Der Gesetzesvorbehalt entfaltet - insoweit parallel zum Alimentationsprinzip - Schutzfunktion für den Beamten. Dieser muss sich im Interesse der Garantie der Unabhängigkeit des Berufsbeamtentums - und damit der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Institution - auf ein Einkommen verlassen können, das seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet.

159

c) Bezogen auf den Personenkreis der Professoren, die Träger des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sind, genügt ein zweigliederiges Vergütungssystem, bei dem neben feste Grundgehaltssätze flexible Leistungsbezüge treten, den verfassungsrechtlichen Anforderungen nur bei wissenschaftsadäquater Ausgestaltung der Leistungskomponente. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG enthält neben einem individuellen Freiheitsrecht eine objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm (vgl. BVerfGE 35, 79 <112>; 127, 87 <114>; stRspr). Sie fordert, dass in der Hochschule freie Wissenschaft möglich ist und ungefährdet betrieben werden kann. Insofern dient Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG dem Schutz vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen (vgl. BVerfGE 35, 79 <116 f.>; 127, 87 <115 f.>).

160

Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung der Vereinbarkeit von hochschulrechtlichen Organisationsnormen mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ist darauf abzustellen, ob durch diese Normen die freie wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung strukturell gefährdet werden (vgl. BVerfGE 111, 333 <355>; 127, 87 <116>). Solange der Gesetzgeber ein hinreichendes Maß an organisatorischer Selbstbestimmung der Grundrechtsträger sicherstellt, ist er frei, den Wissenschaftsbetrieb nach seinem Ermessen zu regeln. Der Gesetzgeber darf dabei nicht nur neue Modelle und Steuerungstechniken entwickeln und erproben; vielmehr ist er sogar verpflichtet, bisherige Organisationsformen kritisch zu beobachten und zeitgemäß zu reformieren (vgl. BVerfGE 35, 79 <117>; 111, 333 <355 f.>; 127, 87 <116>). Ihm stehen dabei gerade hinsichtlich der Eignung neuer Organisationsformen eine Einschätzungsprärogative und ein Prognosespielraum zu (vgl. BVerfGE 111, 333 <356>; 127, 87 <116>).

161

Bei besoldungsrechtlichen Normen gelten diese Erwägungen entsprechend, so dass es auch insoweit darauf ankommt, ob eine strukturelle Gefahr wissenschaftsinadäquater Entscheidungen besteht. Dementsprechend sind die der Vergabe leistungsbezogener Besoldungsbestandteile vorgeschalteten Leistungsbewertungen im Hochschulbereich grundsätzlich zulässig, wenn und soweit sie wissenschaftsadäquat ausgestaltet sind und in einem wissenschaftsadäquaten Verfahren erfolgen. Ein Verbot der Bewertung wissenschaftlicher Qualität oder ein Verbot, an die Bewertung Folgen bei der Ressourcenverteilung zu knüpfen, lässt sich Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht entnehmen. Forschungsleistungen und Forschungsvorhaben werden seit jeher nicht nur in Prüfungen und Qualifikationsverfahren, sondern auch in Berufungsverfahren und bei der Vergabe von Drittmitteln bewertet. Ebenso zulässig ist die Bewertung im Rahmen hochschulinterner Ressourcenverteilung. Die Absicht des Gesetzgebers, Allokationsentscheidungen möglichst rational und leistungsorientiert zu steuern, ist bei wissenschaftsadäquater Bewertung der erbrachten und zu erwartenden Leistungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. zum Ganzen BVerfGE 111, 333 <359>).

162

d) Leistungsbezüge müssen, um kompensatorische Wirkung für ein durch niedrige Grundgehaltssätze entstandenes Alimentationsdefizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein. Dies ist etwa der Fall, wenn die Kriterien für die Vergabe der Leistungsbezüge vom Gesetzgeber hinreichend bestimmt ausgestaltet sind und wenn der einzelne Professor - vorbehaltlich unausweichlicher Beurteilungsspielräume zur Wahrung der Wissenschaftsfreiheit - unter klar definierten, vorhersehbaren und erfüllbaren Voraussetzungen einen einklagbaren Rechtsanspruch auf die Gewährung von Leistungsbezügen hat. Dabei müssen, wenn es um die Professorenbesoldung geht, die Voraussetzungen und Kriterien der Vergabe von Leistungsbezügen, das Verfahren und die Zuständigkeit wissenschaftsadäquat ausgestaltet sein. Zudem müssen sich die Leistungsbezüge angemessen im Ruhegehalt niederschlagen, weil zur Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG auch die Versorgung des Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst gehört (vgl. BVerfGE 11, 203 <210>; 44, 249 <265>; 76, 256 <295 ff., 347>; 117, 372 <380 f.>).

163

4. Systemwechsel sind in besonderem Maße mit Unsicherheiten behaftet und für Prognoseirrtümer anfällig. Daher kommt es auf die Einhaltung prozeduraler Anforderungen an, die als "zweite Säule" des Alimentationsprinzips neben seine auf eine Evidenzkontrolle beschränkte materielle Dimension treten und seiner Flankierung, Absicherung und Verstärkung dienen.

164

a) Zwar schuldet der Gesetzgeber von Verfassungs wegen grundsätzlich nur ein wirksames Gesetz (vgl. Geiger, Gegenwartsprobleme der Verfassungsgerichtsbarkeit aus deutscher Sicht, in: Berberich u. a. , Neue Entwicklungen im öffentlichen Recht, 1979, S. 131 <141>). Da aber das grundrechtsgleiche Recht auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation keine quantifizierbaren Vorgaben im Sinne einer exakten Besoldungshöhe liefert, bedarf es prozeduraler Sicherungen, damit die verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive des Art. 33 Abs. 5 GG auch tatsächlich eingehalten wird (vgl. BVerfGE 125, 175 <226> zur Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums; vgl. auch BVerfGE 95, 1 <22> betreffend prozedurale Anforderungen bei Planungsmaßnahmen durch Gesetz). Die prozeduralen Anforderungen an den Gesetzgeber kompensieren die Schwierigkeit, das verfassungsrechtlich gebotene Besoldungsniveau anhand materieller Kriterien zu bestimmen. Zudem stellt diese prozedurale Absicherung einen Ausgleich dafür dar, dass die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses einschließlich der Festlegung der Besoldungshöhe der Regelungskompetenz des Gesetzgebers unterliegt. Insofern entfaltet die prozedurale Dimension des Alimentationsprinzips Schutz- und Ausgleichsfunktion.

165

b) Prozedurale Anforderungen in Form von Begründungs-, Überprüfungs- und Beobachtungspflichten gelten sowohl bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe in Gestalt von regelmäßigen Besoldungsanpassungen als auch bei strukturellen Neuausrichtungen in Gestalt von Systemwechseln. Nimmt der Gesetzgeber eine Umgestaltung der Besoldungsstruktur vor, ist zu berücksichtigen, dass ein solcher Wechsel verschiedene Unsicherheitsfaktoren birgt und dass sich seine Tragfähigkeit und Auswirkungen erst allmählich herausstellen. Insoweit steht dem Gesetzgeber für die Etablierung neuer Besoldungsmodelle ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der bei der Beurteilung der Amtsangemessenheit in Rechnung zu stellen ist (vgl. auch BVerfGE 111, 333 <360> zur Hochschulorganisation). Im Gegenzug treffen den Gesetzgeber aber neben einer Begründungspflicht eine Beobachtungs- und gegebenenfalls eine Nachbesserungspflicht, damit er möglichen Verstößen gegen das Alimentationsprinzip adäquat begegnen kann. Insoweit ist er gehalten, bei einer nicht unerheblichen Abweichung der tatsächlichen von der prognostizierten Entwicklung Korrekturen an der Ausgestaltung der Bezüge vorzunehmen (vgl. BVerfGE 114, 258 <296 f.>; 117, 330 <355>).

II.

166

Hieran gemessen sind die Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG - sowohl in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung als auch in der ab dem 1. September 2006 gültigen Fassung, die in der hier maßgeblichen Frage keine andere Bewertung zulässt - nicht erfüllt. Die W 2-Besoldung entspricht in ihrer Gesamtkonzeption nicht den Anforderungen, die das Alimentationsprinzip an eine amtsangemessene Alimentierung des betroffenen Personenkreises stellt. Eine Gesamtbetrachtung der für die Bestimmung der Besoldungshöhe maßgeblichen Kriterien ergibt, dass die gewährte Besoldung evident unzureichend ist. In der Besoldungsgruppe W 2 sind sowohl die Grundgehaltssätze der durch das Professorenbesoldungsreformgesetz eingeführten Bundesbesoldungsordnung W als auch die späteren Grundgehaltssätze der hessischen Besoldungsordnung W unangemessen (anders BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juli 2008 - Vf. 25-VII-05 -, NVwZ 2009, S. 46 <48 f.> zu den Grundgehaltssätzen der Besoldungsgruppen W 2 und W 3 gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Anlage 4 des Gesetzes zur Anpassung der Bezüge 2007/2008 vom 20. Dezember 2007 ). Das durch die Grundgehaltssätze entstandene Alimentationsdefizit wird durch die Leistungsbezüge in ihrer bisherigen Ausgestaltung nicht kompensiert.

167

1. Die festen Grundgehaltssätze der Besoldungsordnung W genügen in der Besoldungsgruppe W 2 nicht, um dem Professor nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit einen angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen. Der Gesetzgeber hat bei der Festlegung der Grundgehaltssätze die Sicherung der Attraktivität des Professorenamtes für entsprechend qualifizierte Kräfte, das Ansehen dieses Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Professor geforderte Ausbildung, seine Verantwortung und seine Beanspruchung nicht hinreichend berücksichtigt. Dies ergibt sich in erster Linie aus dem Vergleich der Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe W 2 mit den Grundgehaltssätzen anderer Besoldungsordnungen und wird durch den Vergleich mit bestimmten Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes bestätigt.

168

a) Die Gegenüberstellung mit der am ehesten als Vergleichsgruppe für die W-Besoldung tauglichen Besoldungsordnung A, die für den direkten Zugang zum höheren Dienst ein abgeschlossenes akademisches Studium voraussetzt, zeigt, dass die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe W 2 - die deutlich niedriger als die Grundgehaltssätze der früheren Besoldungsgruppe C 3 ausfallen - evident unangemessen sind. Insoweit muss sich der Gesetzgeber an seiner Konkretisierung des Alimentationsprinzips in Gestalt der Besoldungsordnung A festhalten lassen.

169

aa) Bezogen auf den 1. Dezember 2005 - das Ernennungsdatum des Klägers des Ausgangsverfahrens - stellt sich die Besoldungssituation folgendermaßen dar (vgl. zu entsprechenden Vergleichs- und Berechnungsbeispielen auch Koch, Leistungsorientierte Professorenbesoldung, Rechtliche Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten für die Gewährung von Leistungsbezügen der W-Besoldung, 2010, S. 62 ff.; Wahlers, Das Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung und der Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation, ZBR 2006, S. 149 <155>): Das Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 2 BBesO (3.890,03 €) liegt zwischen der Stufe 8 (3.856,31 €) und der Stufe 9 (3.978,87 €) von insgesamt zwölf Stufen der Besoldungsgruppe A 14 BBesO. Das nicht nach Dienstaltersstufen gestaffelte Grundgehalt eines W 2-Professors entspricht somit im System der aufsteigenden Besoldungsordnung A etwa der Besoldung eines 40-jährigen Oberregierungsrates beziehungsweise Oberstudienrates. Bezogen auf die Besoldungsgruppe A 15 BBesO ergibt sich, dass das Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 2 BBesO (3.890,03 €) noch unter der Stufe 6 (3.903,77 €) liegt, welche die Eingangsbesoldung der Besoldungsgruppe A 15 darstellt. Damit erreicht das Grundgehalt eines W 2-Professors nicht die Besoldung eines jungen Regierungsdirektors beziehungsweise Studiendirektors. Ohne Leistungsbezüge liegt die Besoldung eines W 2-Professors nicht einmal auf dem Niveau des Endgrundgehalts (Stufe 12) der Besoldung eines Regierungsrates, Studienrates oder Akademischen Rates nach A 13 (3.920,58 €), dem Eingangsamt des höheren Dienstes. Das Grundgehalt des W 2-Professors liegt damit unter dem Besoldungsniveau des Eingangsamtes des höheren Dienstes in der Endstufe.

170

Dieses vom Bundesgesetzgeber begründete evidente Missverhältnis hat der seit der Föderalismusreform I für die Besoldung und Versorgung seiner Beamten zuständige hessische Landesgesetzgeber nicht beseitigt, sondern bei der Einführung der hessischen Landesbesoldungsordnungen beziehungsweise den allgemeinen Besoldungsanpassungen fortgeschrieben. Bei der Einführung der hessischen Besoldungsordnung W betrug der Grundgehaltssatz in der Besoldungsgruppe W 2 ab dem 1. April 2008 3.983,39 €. Er lag damit unter der Stufe 12 der Besoldungsgruppe A 13 (4.014,67 €) beziehungsweise zwischen der Stufe 8 (3.948,86 €) und der Stufe 9 (4.074,36 €) der Besoldungsgruppe A 14 beziehungsweise knapp unter der Stufe 6 (3.997,46 €) als Eingangsbesoldung der Besoldungsgruppe A 15 (vgl. Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 HBVAnpG 2007/2008). Bei den linearen Besoldungsanpassungen erfolgte die Erhöhung der Grundgehaltssätze für die W-Besoldung und die allgemeine Beamtenbesoldung des höheren Dienstes jeweils prozentual gleich und nicht etwa für Professoren überproportional (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 HBVAnpG 2007/2008, § 1 Abs. 1 HBVAnpG 2009/2010 und § 2 Abs. 1 HBVAnpG 2009/2010). Hierdurch konnte die Disproportionalität zwischen den Besoldungsordnungen nicht beseitigt werden.

171

bb) Diese Vergleiche belegen, dass die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe W 2 den alimentationsrechtlichen Determinanten in Form von Ausbildung, Verantwortung und Beanspruchung des Amtsinhabers evident nicht gerecht werden.

172

(1) Die Ämter nicht nur der Besoldungsgruppe W 3, sondern auch der Besoldungsgruppe W 2 stellen hohe Anforderungen an den akademischen Werdegang und die Qualifikation ihrer Inhaber. Die Einstellungsvoraussetzungen für das Professorenamt belegen, dass es sich hinsichtlich der Ausbildung um eine besonders anspruchsvolle und herausgehobene Tätigkeit im öffentlichen Dienst handelt. Nach § 44 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG) vom 27. Dezember 2004 (BGBl I S. 3835) sind Einstellungsvoraussetzungen für Professoren ein abgeschlossenes Hochschulstudium, die pädagogische Eignung des Bewerbers sowie seine besondere wissenschaftliche Befähigung, die in der Regel durch eine qualitätvolle Promotion nachgewiesen wird. Darüber hinaus sind je nach den Anforderungen der Stelle zusätzliche wissenschaftliche Leistungen oder besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mehrjährigen beruflichen Praxis erforderlich. Ähnliche Bestimmungen enthalten § 71 des Hessischen Hochschulgesetzes in der Fassung vom 31. Juli 2000 (GVBl I S. 374) beziehungsweise § 62 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2009 (GVBl I S. 666), die diese Anforderungen in das Landesrecht übernehmen. Eine Professur wird aufgrund des geforderten Qualifikationsweges typischerweise nicht vor dem 35., oft erst um das 40. Lebensjahr herum erreicht. An dieser gerade für Habilitanden langen und mit Unsicherheiten behafteten Qualifikationsphase - mag sie auch regelmäßig von Einkünften aus einem Beamtenverhältnis auf Zeit oder aus einem Angestelltenverhältnis begleitet sein - kann das Besoldungsrecht nicht vorbeigehen.

173

(2) Mit dem Professorenamt sind vielfältige und anspruchsvolle Aufgaben in Forschung und Lehre sowie administrativer Art verbunden. Nach § 43 HRG nehmen Hochschullehrer die ihrer Hochschule jeweils obliegenden Aufgaben in Wissenschaft und Kunst, Forschung, Lehre und Weiterbildung in ihren Fächern nach näherer Ausgestaltung ihres Dienstverhältnisses selbständig wahr. Diese Aufgaben der Hochschulen decken ihrerseits ein breites Spektrum ab, wie sich aus der Aufgabenbeschreibung in §§ 3 und 4 des Hessischen Hochschulgesetzes in der Fassung vom 31. Juli 2000 beziehungsweise in §§ 3 und 4 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2009 ergibt. Die Aufgabenzuweisungen unterstreichen die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Hochschulen und ihre zentrale Stellung in der Wissensgesellschaft. Auch aus § 70 Abs. 1 des Hessischen Hochschulgesetzes in der Fassung vom 31. Juli 2000 beziehungsweise § 61 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2009 erschließt sich die besondere Qualität der Tätigkeit und der Verantwortung des Professorenamtes. Diese Tätigkeit ist durch ein einzigartiges, verfassungsrechtlich durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG abgesichertes Maß an Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortung gekennzeichnet, das sich auch bei der Bestimmung der Wertigkeit des Amtes innerhalb des besoldungsrechtlichen Gefüges niederschlagen muss.

174

(3) Zur Beanspruchung des Inhabers eines Professorenamtes gehört es insbesondere, dass er für die Ausbildung der Nachwuchskräfte in akademischen Berufen Sorge trägt, die eines Tages ihrerseits anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgaben wahrnehmen sollen. Dies spricht dafür, dass das dem Professorenamt zugeordnete Grundgehalt nicht im unteren Bereich der Besoldung des höheren Dienstes (Besoldungsordnung A) angesiedelt sein darf. Ein weiteres Indiz für die evidente Unangemessenheit der Grundgehaltssätze ist der Umstand, dass ein W 2-Professor möglicherweise eine geringere Besoldung als ein der Besoldungsordnung A zugeordneter wissenschaftlicher Beamter erhält, der die Qualifikationsvoraussetzungen für eine Berufung zum Professor nicht erfüllt.

175

b) Gegenüberstellungen mit Vergleichsgruppen außerhalb des öffentlichen Dienstes führen im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau zu keiner anderen Beurteilung, sondern bekräftigen die aufgrund des Besoldungsvergleichs zu anderen Beamtengruppen getroffene Feststellung der evidenten Unangemessenheit.

176

Das Statistische Bundesamt hat in seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung Daten aus der Verdienststrukturerhebung 2006 vorgelegt, die es ermöglichen, die W 2-Besoldung mit dem Verdienst von ausgewählten, nach Beruf, Universitätsabschluss, Berufserfahrung und Anforderungsniveau verwandten Beschäftigtengruppen in der Privatwirtschaft zu vergleichen und die relative Position der W 2-Professoren in der jeweiligen gruppenspezifischen Verteilung der Verdienste zu bestimmen. Ein auf dieser Grundlage durchgeführter Vergleich der W 2-Besoldung mit der Gruppe aller Vollzeitbeschäftigten in leitender Stellung, die über einen Universitätsabschluss verfügen, ergibt, dass nur 20 % der Vergleichsgruppe weniger als der W 2-Professor verdienen, während es im Vergleich zur früheren Besoldungsgruppe C 3 (Stufe 11) 39 % der Vergleichsgruppe waren. Die W 2-Professoren sind danach in der betreffenden Verdienstskala weit unten angesiedelt, und ihre relative Verdienstposition hat sich durch die mit dem Übergang von der C-Besoldung zur W-Besoldung verbundene Absenkung des Grundgehalts und die Abschaffung der Dienstaltersstufen deutlich verschlechtert.

177

c) In der Gesamtschau ist dieser Befund verfassungsrechtlich nicht mehr akzeptabel. Sachliche Gründe für die vom Gesetzgeber vorgenommene Veränderung der Wertigkeit des Professorenamtes sind weder dargelegt noch sonst erkennbar. Vielmehr muss der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses - hier konkret des Professorenamtes - für entsprechend qualifizierte Kräfte im Blick behalten, um insgesamt die Qualität des Berufsbeamtentums und die Attraktivität des Wissenschaftsberufs sicherzustellen.

178

2. Die evidente Unangemessenheit der Grundgehaltssätze wird nicht durch die vom Gesetzgeber in Aussicht gestellten Leistungsbezüge aufgehoben. Zwar kann der Gesetzgeber dem Alimentationsprinzip auch dadurch Rechnung tragen, dass er Teile des Gehalts als fest und andere Gehaltsbestandteile als von bestimmten Leistungskriterien - etwa der Erzielung bestimmter Leistungen in Forschung und Lehre - abhängig ausgestaltet. Wenn sich der Gesetzgeber aber für eine derartige Konzeption entscheidet, dann müssen bei für sich genommen nicht ausreichendem Grundgehalt die variablen Leistungsbezüge, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein. Dies ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall.

179

a) Nach der einfachrechtlichen Ausformung besteht kein Anspruch auf die Gewährung von Leistungsbezügen, sondern nur ein Anspruch darauf, dass über die Gewährung ermessensfehlerfrei entschieden wird. Nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 BBesG sowie der §§ 3 bis 6 HLeistBVO ist die Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Gewährung von Leistungsbezügen als Ermessensentscheidung ausgestaltet, die gerichtlich (nur) auf Ermessensfehler hin überprüfbar ist (vgl. Detmer, Das Recht der Professoren, in: Hartmer/Detmer , Hochschulrecht, Ein Handbuch für die Praxis, 2. Aufl. 2011, S. 113 <190, Fn. 634>; Wahlers, Das Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung und der Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation, ZBR 2006, S. 149 <158>).

180

Auch im Gesetzgebungsverfahren ging man davon aus, dass kein Anspruch auf die Gewährung von Leistungsbezügen begründet werden solle. Der Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des Professorenbesoldungsreformgesetzes ist zu entnehmen, dass es mit dem Grundsatz individueller Leistungshonorierung nicht vereinbar sei, ausnahmslos jedem Professor zusätzlich zum festen Grundgehalt Leistungsbezüge in Aussicht zu stellen. Es dürfe daher keineswegs der Eindruck entstehen, das Gesetz gebe einen Rechtsanspruch auf bestimmte Leistungsbezüge; es könne und müsse auch Professoren geben, die lediglich das Grundgehalt ihrer Besoldungsgruppe erhielten (vgl. BTDrucks 14/6852, S. 21). Diese Aussage ist in der Gegenäußerung der Bundesregierung unwidersprochen geblieben (vgl. BTDrucks 14/6852, S. 25). Diese betont vielmehr ausdrücklich, dass die Bezeichnung des Grundgehalts als Mindestbezug keinen Rechtsanspruch auf die Zahlung von Leistungsbezügen zusätzlich zum Grundgehalt begründe. Die festen Grundgehälter in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 stellten auch ohne zusätzliche Leistungsbezüge die amtsangemessene Alimentation dar.

181

b) Die dargestellten Unsicherheiten betreffen nicht nur das "Ob" der Gewährung von Leistungsbezügen, sondern setzen sich bei ihrer höhenmäßigen Bemessung fort. Auch hierbei handelt es sich um eine von nur wenigen normativen Vorgaben eingehegte Ermessensentscheidung. Angesichts der Möglichkeit der Durchbrechung der B 10-Obergrenze gemäß § 33 Abs. 2 BBesG ist weder eine strikte Plafondierung nach oben noch - wie auch die Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens zeigt - eine nicht unterschreitbare Untergrenze bei der Vergabe vorgesehen. Dabei besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Möglichkeit der einzelfallbezogenen Durchbrechung der B 10-Obergrenze einerseits und der insgesamt gedeckelten Vergabe der Leistungsbezüge durch den Vergaberahmen nach § 34 BBesG andererseits. Diese Rahmenbindung bewirkt, dass bei der Vergabe von Leistungsbezügen berücksichtigt werden muss, in welchem Maße der Vergaberahmen durch frühere Vergaben bereits ausgeschöpft ist. So können besonders hoch bemessene Leistungsbezüge für einige wenige Spitzenkräfte dazu führen, dass für weitere Vergaben nur noch ein geringer Teil des Gesamtvolumens zur Verfügung steht. Für die "zu spät gekommenen" Professoren kommen dann allenfalls niedrig bemessene Leistungsbezüge in Betracht, ohne dass dies von der individuellen Leistung des Professors abhängig oder von ihm in irgendeiner Weise beeinflussbar wäre. Überdies ist die Teilnahme der Leistungsbezüge an den allgemeinen Besoldungserhöhungen nicht gesetzlich geregelt, sondern der Entscheidung der Hochschulleitung überantwortet (vgl. § 7 HLeistBVO).

182

c) Auch die sonstigen Modalitäten der Vergabe der Leistungsbezüge belegen, dass sie in ihrer derzeitigen Ausgestaltung lediglich additiven und keinen alimentativen Charakter aufweisen. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BBesG können Leistungsbezüge im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BBesG (Berufungs- bzw. Bleibe-Leistungsbezüge und besondere Leistungsbezüge) nicht nur unbefristet, sondern auch befristet oder als Einmalzahlung vergeben werden. Nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BBesG werden die Funktions-Leistungsbezüge im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBesG für die Dauer der Wahrnehmung der Funktion oder Aufgabe gewährt und haben damit naturgemäß befristeten Charakter. Hieran anknüpfend unterscheiden sich die Leistungsbezüge auch hinsichtlich ihrer Ruhegehaltfähigkeit. Ausweislich der komplexen Regelung des § 33 Abs. 3 BBesG hängen das "Ob" und das "Wie" der Ruhegehaltfähigkeit unbefristeter und befristeter Leistungsbezüge von einer Vielzahl von Faktoren sowie teilweise von einer Entscheidung der zuständigen Universitätsorgane ab (vgl. § 7 HLeistBVO). Sie dürften daher im Ergebnis für die Ruhestandsversorgung oft nur in geringem Maße wirksam werden. Auch aus diesem Grund sind die Leistungsbezüge in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung nicht zur Kompensation evidenter Alimentationsdefizite geeignet.

183

d) Bestätigt wird dieser Befund durch die tatsächliche Praxis der Vergabe der Leistungsbezüge. Die hierzu verfügbaren Zahlen, die von den Beteiligten und Äußerungsberechtigten in ihren schriftlichen Stellungnahmen sowie in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt wurden, divergieren teils erheblich, was nicht zuletzt auf die Schwierigkeiten bei der Erfassung befristeter und einmaliger Leistungsbezüge zurückzuführen sein dürfte. Auch Angaben zur Höhe der Leistungsbezüge bieten kein verlässliches Bild. Gleichwohl zeigen die Zahlen übereinstimmend, dass in den vergangenen Jahren durchweg nicht alle erfassten Professoren in den Genuss von Leistungsbezügen gekommen sind. So haben ausweislich des Evaluationsberichts des Bundesministeriums des Innern im erfassten Zeitraum 800 Professoren, also rund 23 % der Professoren in Ämtern der Besoldungsgruppen W 2 und W 3, keine Leistungsbezüge erhalten (Evaluationsbericht, S. 16). Dies gilt insbesondere für Erstberufene, weil die am stärksten von der Nichtgewährung betroffene Altersgruppe die der Professoren zwischen 36 und 40 Jahren ist. Dass Leistungsbezüge in über der Hälfte der Fälle unbefristet gewährt wurden (Evaluationsbericht, S. 16), heißt zugleich, dass ein nicht unerheblicher Teil (etwa 40 %) befristet oder einmalig vergeben wurde. Die Höhe der an die Professoren ausbezahlten Leistungsbezüge bewegt sich in den einzelnen Kategorien in einer weiten Bandbreite (Evaluationsbericht, S. 15). Die so vergebenen Leistungsbezüge erfüllen weder nach ihrer Dauer noch nach ihrer Höhe alimentative Mindestanforderungen.

184

3. Das vom Gesetzgeber geschaffene Besoldungsniveau verletzt trotz des ihm zukommenden großen Beurteilungsspielraums den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation. Die besoldungsmäßige Neubewertung des Amtes ist den (unverändert fortbestehenden) amtsprägenden Merkmalen und dem Inhalt des Amtes nicht gerecht geworden. Zur Beseitigung des als verfassungswidrig erkannten Alimentationsdefizits stehen dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten offen. Die Verfassung gibt dem Gesetzgeber keine bestimmte Lösung, etwa eine Rückkehr zum früheren System der C-Besoldung, vor. Es steht ihm frei, ein amtsangemessenes Alimentationsniveau über die Höhe der Grundgehaltssätze sicherzustellen oder etwa die Leistungsbezüge so auszugestalten, dass sie alimentativen Mindestanforderungen genügen.

185

Angesichts dieser Gestaltungsmöglichkeiten trifft den Gesetzgeber die Pflicht, nachdem er sich in Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für ein bestimmtes Neuregelungsmodell entschieden hat, dessen Funktionsfähigkeit und Systemgerechtigkeit zu beobachten und gegebenenfalls erforderliche Nachbesserungen vorzunehmen. Insoweit besteht eine Kontroll- und gegebenenfalls eine Nachbesserungspflicht, um möglichen Verstößen gegen das Alimentationsprinzip adäquat begegnen zu können. Erweist sich das für die Zukunft gewählte Modell als nicht tragfähig oder kommt es aus sonstigen Gründen zu einer nicht unerheblichen Abweichung der tatsächlichen von der prognostizierten Entwicklung, so ist der Gesetzgeber verpflichtet, Korrekturen an der Ausgestaltung des Besoldungssystems beziehungsweise der Bezügehöhe vorzunehmen.

D.

186

Der Verstoß einer Norm gegen das Grundgesetz kann entweder zur Nichtigerklärung (vgl. § 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 BVerfGG) oder dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht die mit der Verfassungswidrigkeit gegebene Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz feststellt (vgl. § 82 Abs. 1 i.V.m. § 79 Abs. 1 und § 31 Abs. 2 BVerfGG). Eine Nichtigerklärung hätte zur Folge, dass es für die Besoldung an der gesetzlichen Grundlage fehlen würde, der es mit Blick auf den verfassungsrechtlich vorgegebenen und einfachrechtlich in § 2 Abs. 1 BBesG angeordneten Gesetzesvorbehalt bedarf. Damit würde ein Zustand geschaffen, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt wäre als der bisherige (vgl. BVerfGE 119, 331 <382 f.>; 125, 175 <255 f.>).

187

Stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit einer Norm oder mehrerer Normen mit dem Grundgesetz fest, folgt daraus grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß umzugestalten. Ausnahmen von dieser Regelfolge der Unvereinbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen bejaht (vgl. BVerfGE 93, 121 <148>; 105, 73 <134>; 117, 1 <70>). Speziell bei besoldungsrechtlichen Normen gilt zu beachten, dass die Alimentation des Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstellt. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist daher mit Blick auf die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfGE 81, 363 <383 ff.>; 99, 300 <330 f.>). Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich des Klägers des Ausgangsverfahrens als auch hinsichtlich etwaiger Kläger erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 99, 300 <331>).

E.

188

Diese Entscheidung ist mit 6:1 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

189

Die Besoldung der Hochschullehrer folgt seit jeher Grundsätzen, die von denjenigen für die Besoldung der anderen Beamten abweichen. Daher überdehnt es die dem Gesetzgeber durch Art. 33 Abs. 5 GG auferlegten Schranken, auf der Grundlage eines direkten Vergleichs von Teilelementen der Besoldungsordnungen A und W eine Unteralimentierung einer Gruppe von Professoren festzustellen. Die gesetzliche Regelung, nach der sich die Besoldung der der Besoldungsgruppe W 2 zugeordneten Professoren aus einem moderaten, aber auskömmlichen Grundgehalt und variablen leistungsbezogenen Elementen zusammensetzt, kann vielmehr an frühere Vorbilder anknüpfen und trägt nachvollziehbar den tatsächlichen Entwicklungen und rechtlichen Anforderungen im Hochschulbereich Rechnung.

190

1. Das Bundesverfassungsgericht berücksichtigt in ständiger Rechtsprechung die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses der Hochschullehrer (vgl. BVerfGE 3, 58 <141>; 35, 23 <30 f.>; 35, 79 <146>; 43, 242 <277>; 67, 1 <12>). Das sogenannte Hochschullehrerbeamtenrecht trägt den vielfältigen Besonderheiten des Hochschulbetriebs Rechnung, der sich einerseits mit den gesellschaftlichen Erwartungen an die Hochschule als Institution wandelt, andererseits von den mit der Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) verbundenen Gewährleistungen geprägt zu sein hat (vgl. zum Ganzen BVerfGE 126, 1 <19 ff.>; 127, 87 <118 ff.>, jeweils m.w.N.).

191

Zu den dementsprechenden charakteristischen Besonderheiten des Rechts der Hochschullehrerbesoldung gehört unter anderem seit je, dass es neben dem Hochschullehrer in jedem Fall zustehenden Bezügen fakultative Bezüge unterschiedlicher Art und Ausgestaltung gibt (vgl. BVerfGE 35, 23 <30 f.>; 43, 242 <277>). Auch wenn die Professorenbesoldung seit Beginn des 20. Jahrhunderts sich zunehmend in Richtung auf eine Beamtenalimentation hin entwickelt hat, die in der Besoldungsordnung C kulminierte (vgl. Haug, Das Kolleggeld - die Geschichte eines Leistungselements in der Hochschullehrerbesoldung, ZBR 1999, S. 113 ff.; Lehrich, Ökonomisierung der Wissenschaft, 2006, S. 40 ff.), enthielt sie doch bis in die Gegenwart in erheblichem Umfang tätigkeits- und leistungsbezogene, teilweise vertraglicher Vereinbarung zugängliche Elemente (vgl. Battis/Grigoleit, Möglichkeit und Grenzen leistungsdifferenzierender Besoldung von Universitätsprofessoren, Rechtsgutachten, Forum Deutscher Hochschulverband, 1999, S. 21 f.). Für das Grundverständnis bezeichnend erscheint der Hinweis des Präsidenten des Hochschulverbandes vom 7. März 1962, "dass die deutschen Hochschullehrer mit der Preisgabe des bisherigen Kolleggeldsystems bewusst auf die Möglichkeit verzichten, durch eigene Initiative und Anstrengung im Lehrbetrieb einen wesentlichen Teil ihres Lebensstandards selbst zu bestimmen. Sie geben damit ein bedeutsames Recht auf, das sie seit jeher vor allen anderen Beamtengruppen haben" (Weißbuch über die Neuordnung des Kolleggeld- und Besoldungswesens, hrsg. im Auftrag des Vorstandes des Hochschulverbandes, 1962, S. 303 <308>).

192

Auch was die Höhe der Professorenbesoldung anlangt, lassen sich im traditionsbildenden Zeitraum keine Strukturprinzipien ausmachen, die als hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG die Gestaltungsmacht des Gesetzgebers beschränken könnten. Insbesondere gibt es keine verfassungsfeste Tradition eines bestimmten Verhältnisses zur Alimentation der anderen Beamten. Zwar entsprach seit Ende des 19. Jahrhunderts die den ordentlichen Professoren garantierte Gesamtvergütung in etwa der Vergütung eines Ministerialrats (vgl. Haug, a.a.O., S. 114 m.w.N.). Eine derartige Orientierung kann jedoch bereits angesichts der grundsätzlichen Beibehaltung von tätigkeits- und leistungsbezogenen Gehaltsanteilen und ihrer praktischen Wirkung nicht als strukturbildend angesehen werden; insbesondere das Kolleggeld bildete - je nach "Hörerzulauf" - nach wie vor einen wesentlichen Bestandteil der Diensteinnahmen der Professoren, dessen gerechtere Verteilung Gegenstand von Reformbemühungen seit etwa 1960 war (dazu Haug, a.a.O., S. 114 f.). Im Übrigen scheint der Bezug zur Besoldung von Laufbahnbeamten auf die Besoldung der ordentlichen Professoren beschränkt gewesen zu sein.

193

2. Entfaltet Art. 33 Abs. 5 GG für die Gestaltung der Besoldung der Professoren in der heutigen Hochschullandschaft demnach nur sehr begrenzt direktive Kraft (vgl. etwa BVerfGE 43, 242 <277 ff.>), drängt sich die Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen diesbezüglicher Gesetzgebung auf.

194

a) Der Senat greift ohne weiteres auf den für die allgemeine Beamtenschaft geltenden Alimentationsgrundsatz zurück und kommt in einem Vergleich des Grundgehalts der Besoldungsgruppe W 2 in erster Linie mit der Alimentation der Beamten des höheren Dienstes zur Feststellung einer Unteralimentation; diese werde durch die vorgesehenen Leistungszulagen nicht hinreichend kompensiert, weil sie dem - wiederum dem allgemeinen Alimentationsgrundsatz zugehörigen - Gebot der Gesetzmäßigkeit der Besoldung nicht genügten. Damit bleibt die - wie gezeigt, in der Tradition der Professorenbesoldung stehende - Grundentscheidung des Gesetzgebers unrespektiert, nämlich eine den Chancen und Risiken in Werdegang und beruflicher Entwicklung der Hochschullehrer - den "vertikalen" Vergleich innerhalb der W-Besoldung klammert der Senat aus - sowie den spezifischen Aufgaben von Wissenschaft und Forschung gerecht werdende Besoldung zu schaffen, die ein unstreitig moderates, aber auskömmliches Grundgehalt mit der Chance auf Tätigkeits- und Leistungszulagen integral verbindet. Die offensichtlichen Aporien des ohnehin nur teilweise durchgeführten Vergleichs - sie reichen von der verkürzten Würdigung der Qualifikationszeit für ein Professorenamt über die Nichtberücksichtigung des Umstandes, dass der Qualifikationsaufwand mit zunehmendem Dienstalter an Bedeutung verliert, bis hin zur einseitigen Gewichtung der besonderen Qualität und Verantwortung des Professorenamtes, mit der eine implizite Abwertung der Tätigkeit und Verantwortung anderer Beamter einhergeht - belegen, dass die vom Gesetzgeber gewollte und traditionsgerechte Unterscheidung der allgemeinen Beamtenbesoldung und der Hochschullehrerbesoldung bei der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nicht plausibel überspielt werden kann.

195

b) Der Besoldungsgesetzgeber ist, auch soweit er nicht hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zu berücksichtigen oder gar zu beachten hat, keineswegs frei von verfassungsrechtlichen Bindungen. Aspekte der Gleichheit und Verhältnismäßigkeit sowie sozialstaatlicher Ausgewogenheit können sich zu verfassungsgerichtlich kontrollierbaren Maßstäben verdichten (vgl. BVerfGE 49, 260 <273>; 52, 303 <341>; 67, 1 <14>). Insoweit bieten die vom Senat angesprochenen, letztlich aus den Funktionsbedingungen der rechtsstaatlichen Demokratie in der Ausprägung des Grundgesetzes herzuleitenden Anforderungen an die Gesetzgebung ("Prozeduralisierung") eine bedeutsame Richtigkeitsgewähr, und zwar gerade jenseits der lediglich bewahrenden Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG, die keine vollständigen verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Beamten- und Besoldungsgesetzgebung bereit halten kann. Hinzu treten spezifische Anforderungen dort, wo Beamte nicht in erster Linie zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse (Art. 33 Abs. 4 GG) eingesetzt werden und einem besonderen verfassungsrechtlichen Regime unterliegen, wie insbesondere Professoren den Gesetzmäßigkeiten von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG).

196

3. Der Gesetzgeber hat mit dem Professorenbesoldungsreformgesetz eine wohl vorbereitete (vgl. Nachw. in BTDrucks 14/6852, S. 12; zum weiteren Zusammenhang vgl. BVerfGE 111, 226 <227 ff.>) und ausgewogene Gesamtneuregelung geschaffen, die eine (alimentative) Grundversorgung mit Anreizelementen verbindet, deren grundsätzliche Sachgerechtigkeit von keiner Seite in Zweifel gezogen worden ist. Die Bemessung des den W 2-Professoren in jedem Fall zustehenden Grundgehalts - gewürdigt nicht isoliert, sondern als Teil der Gesamtbesoldung - lässt eine Fehlgewichtung des Gesetzgebers nicht erkennen und fügt sich in Stufungen der Besoldungsordnung W stimmig ein. Die Vorbehalte des Senats gegen die Ausgestaltung der Leistungsbezüge vermag ich nicht zu teilen. Zum einen dürfen Leistungsbezüge, wenn man die gesetzgeberische Grundentscheidung achtet, gerade nicht gewissermaßen automatisch zu Versorgungselementen werden, was aber Anliegen des Senats zu sein scheint. Zum anderen ist in keiner Weise ausgelotet, wie die diesbezüglichen differenzierten Regelungen auszulegen und anzuwenden sind und wie sie sich danach auswirken. Der Rückgriff auf globale und daher wenig aussagekräftige Statistiken hilft hier nicht weiter, vielmehr ist die Konkretisierungsleistung der Gerichte abzuwarten (vgl. BVerfGE 127, 87 <119>). So liegt es, wenn in § 33 Abs. 1 BBesG davon die Rede ist, es würden "neben dem als Mindestbezug gewährten Grundgehalt variable Leistungsbezüge vergeben", durchaus nahe, dass hier dem Grunde nach ein Anspruch begründet worden ist. Die Fragen, wie die untergesetzlichen Kriterienkataloge wissenschaftsadäquat umgesetzt werden (vgl. dazu etwa Battis, Leistungsorientierte Besoldung von Professoren, ZBR 2000, S. 253 <257 f.>) und in welchem Umfang Justiziabilität gesichert sein muss, bedürften ebenso der Klärung wie die Frage, in welchem Maße ein (fort)bestehender Vergaberahmen rechtlich und - etwa im Hinblick auf die Fluktuation in der jeweiligen Hochschule oder die mit einer Budgetierung ermöglichten Umschichtungen innerhalb ihres Haushalts - tatsächlich das Ob und die Höhe der Leistungszulagen bestimmt. Dass eine verfassungskonforme Handhabung der Leistungszulagen von vornherein ausscheidet, ist nicht dargetan (zur Bewältigung unvermeidbarer Auslegungs- und Anwendungsunsicherheiten bei umfassenden Neuregelungen vgl. BVerfGE 118, 277 <360>; 119, 331 <393> - abw. M.).

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein Steueramtmann, erhielt, obwohl seine Ehefrau seit 1. Oktober 1996 als teilzeitbeschäftigte Angestellte im öffentlichen Dienst beschäftigt war, weiterhin den vollen Ortszuschlag der Stufe 2 (sogenannter Verheiratetenzuschlag). Die seinerzeit zuständige Besoldungs- und Versorgungsstelle hatte die entsprechende Zahlungsanweisung der Personalabteilung zur Reduzierung des Ortszuschlags nicht umgesetzt. Eine Durchschrift dieser Zahlungsanweisung erhielt der Kläger zur Kenntnis. Erst nachdem die Ehefrau des Klägers ab dem 1. November 2006 keinen Ortszuschlag mehr erhielt, stellte das nun zuständige Personalreferat der Finanzbehörde die Überzahlung für die Vergangenheit fest und forderte noch im November 2006 die Überzahlung von insgesamt 6 416,92 € zurück. Nach erfolglosem Klageverfahren hat das Berufungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

2

Der Kläger könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil er aufgrund der Zahlungsanweisung gewusst habe, dass ihm der höhere Ortszuschlag nicht mehr zugestanden habe. Auch sei der Rückforderungsanspruch nicht verjährt, da die für den Kläger zuständige Personalstelle der Oberfinanzdirektion und später der Finanzbehörde vor 2006 nichts von der Überzahlung gewusst habe. Die Beklagte hätte den Rückforderungsbetrag aber aus Billigkeitsgründen, nämlich wegen des überwiegenden behördlichen Verursachungsbeitrags an der Überzahlung, des Verbrauchs der überzahlten Beträge im Rahmen der allgemeinen Lebensführung und der jahrelangen Überzahlung mit jeweils geringen Einzelbeträgen herabsetzen müssen. Insoweit sei ihr Ermessen reduziert gewesen. Der Rückforderungsbescheid sei insgesamt und nicht lediglich hinsichtlich der Billigkeitsentscheidung aufzuheben, weil diese ein unselbstständiger Teil des Rückforderungsanspruchs sei.

3

Mit der Revision beantragt die Beklagte,

das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. August 2008 zurückzuweisen.

4

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

6

Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG in der hier maßgebenden Fassung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020) regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes steht es nach Satz 2 dieser Bestimmung gleich, wenn der Mangel so offensichtlich ist, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Nach Satz 3 kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden.

7

Der Kläger ist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG zur Rückzahlung der zu viel gezahlten Bezüge verpflichtet, obwohl er sie verbraucht hat (1). Der Rückforderungsanspruch ist nicht verjährt (2). Das Berufungsgericht hat die nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu treffende Billigkeitsentscheidung zu Recht als ermessensfehlerhaft beanstandet (3). Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids nach § 12 Abs. 2 BBesG zur Folge (4).

8

1. Der Kläger hat die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen der normalen Lebensführung verbraucht. Dies ist bei relativ geringen Beträgen von 21,74 € bis 52,64 €, die monatlich über einen langen Zeitraum überzahlt wurden, anzunehmen.

9

Der Kläger schuldet aber die Rückzahlung der überzahlten Beträge, weil der Mangel offensichtlich im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG war, sodass er ihn hätte erkennen müssen.

10

Nach der Rechtsprechung des Senats ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (Urteile vom 28. Juni 1990 - BVerwG 6 C 41.88 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 17 S. 17 m.w.N. und vom 28. Februar 1985 - BVerwG 2 C 31.82 - Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 7 S. 13 m.w.N.; stRspr) oder - mit anderen Worten - er den Fehler etwa durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen (Urteil vom 9. Mai 2006 - BVerwG 2 C 12.05 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 37 Rn. 13). Letztlich ist das Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung dann offensichtlich, wenn es für den Empfänger ohne weiteres erkennbar ist.

11

Zu den Sorgfaltspflichten des Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen (vgl. Urteile vom 28. Februar 1985 a.a.O. S. 13 und 15 und vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 14.81 - Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 3 m.w.N. ). Offensichtlichkeit im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG liegt vor, wenn dem Beamten aufgrund seiner Kenntnisse auffallen muss, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmen können. Ihm muss sich aufdrängen, dass die Besoldungsmitteilungen fehlerhaft sind; nicht ausreichend ist, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedarf. Nicht erforderlich ist hingegen, dass außerdem die konkrete Höhe der Überzahlung offensichtlich ist.

12

Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wusste der Kläger aufgrund der ihm übersandten Zahlungsanweisung um die Verringerung des sogenannten Verheiratetenzuschlages. Dieser wird auf den Besoldungsmitteilungen gesondert ausgewiesen. Die auf diesen Feststellungen basierende Annahme des Berufungsgerichts, dass dem Kläger bei der gebotenen Prüfung der Besoldungsmitteilungen aufgefallen wäre, dass der Zuschlag unverändert weitergezahlt wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch insoweit, als das Berufungsgericht der mehrjährigen Zahlung und dem behördlichen Verursachungsbeitrag an der Überzahlung im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG keine Bedeutung beigemessen hat.

13

2. Die jeweils monatlich entstandenen Rückforderungsansprüche sind noch nicht verjährt.

14

Bis zur Neuregelung des Verjährungsrechts mit Wirkung vom 1. Januar 2002 trat die Verjährung bei Rückforderung von Besoldungsleistungen gemäß § 195 BGB a.F. nach dreißig Jahren ein (Urteil vom 13. September 2001 - BVerwG 2 A 9.00 - Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 11 S. 8). Rückforderungsansprüche nach § 12 BBesG, die nach dem 31. Dezember 2001, also nach Änderung der Verjährungsfristen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, entstanden sind, verjähren nunmehr gemäß § 195 BGB n.F. nach drei Jahren. Überleitungsfälle, d.h. bis zum 31. Dezember 2001 entstandene, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährte Ansprüche, werden nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 ebenfalls nach der neuen kürzeren Verjährungsfrist berechnet, wenn die vorherige längere Frist nicht zu einem früheren Zeitpunkt abgelaufen wäre (Beschluss vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 44.10 - juris Rn. 6).

15

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Bei Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist hierbei auf die Kenntnis der verfügungsberechtigten Behörde abzustellen. Verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei diejenigen Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für den Rückforderungsanspruch zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (Beschlüsse vom 20. August 2009 - BVerwG 2 B 24.09 - juris und vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 34.10 - juris; BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08 - NJW-RR 2009, 1471 <1472> m.w.N.).

16

Danach sind sowohl die vor als auch die nach dem 31. Dezember 2001 entstandenen Rückforderungsansprüche der Beklagten nicht verjährt. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wusste die zuständige Personalstelle zwar von der Änderung der besoldungsrelevanten Daten und wies die Besoldungs- und Versorgungsstelle an. Ihr war aber nicht bewusst, dass diese ihre Anweisung nicht umsetzte. Erst im November 2006 erfuhr die für die Rückforderung zuständige Stelle von der Überzahlung. Daher begann erst zum Jahresende 2006 die Verjährungsfrist des § 195 BGB zu laufen, weil dieser Dienststelle auch keine grob fahrlässige Unkenntnis von der Überzahlung angelastet werden kann. Denn die Beklagte hat das Erforderliche getan, um zu gewährleisten, dass besoldungsrelevante Änderungen unverzüglich umgesetzt werden. Somit könnte sich grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur aus einem Organisationsverschulden ergeben. Sind organisatorische Vorkehrungen getroffen, um die unverzügliche Berücksichtigung besoldungsrelevanter dienstlicher Veränderungen sicherzustellen, so kommt ein Organisationsverschulden nur in Betracht, wenn sich herausstellt, dass das vorhandene System lückenhaft oder fehleranfällig ist. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

17

3. Das Berufungsgericht hat die Billigkeitsentscheidung der Beklagten nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu Recht als ermessensfehlerhaft beanstandet.

18

Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG kann aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bezweckt eine Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, sodass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen (Urteile vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 19.92 - BVerwGE 95, 94 <97> = Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 21, vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 14.81 - BVerwGE 66, 251 <255 f.> = Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 3 und vom 21. September 1989 - BVerwG 2 C 68.86 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 15 sowie Beschluss vom 11. Februar 1983 - BVerwG 6 B 61.82 - Buchholz 238.41 § 49 SVG Nr. 3).

19

Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG einzubeziehen (Urteile vom 27. Januar 1994 a.a.O. und vom 21. April 1982 - BVerwG 6 C 112.78 - Buchholz 237.7 § 98 LBG NW Nr. 10; Beschluss vom 11. Februar 1983 - BVerwG 6 B 61.82 - a.a.O.).

20

Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. In diesen Fällen ist der Beamte entreichert, kann sich aber, wie dargelegt, auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen. Dann muss sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung aber in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Beamte, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Beamte, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 % des überzahlten Betrages im Regelfall als angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Beamten, kann auch eine darüber hinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrages in Betracht kommen.

21

Das Berufungsgericht ist deshalb in nachvollziehbarer, nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG nur ein teilweises Absehen von der Rückforderung ermessensgerecht ist. Denn es hat einen überwiegenden Verursachungsbeitrag der Behörde für die Überzahlungen festgestellt.

22

Außerdem entspricht es in der Regel der Billigkeit, bei wiederkehrenden Überzahlungen in jeweils geringer Höhe über einen längeren Zeitraum Ratenzahlungen einzuräumen, die dem Überzahlungszeitraum entsprechen. Die Festlegungen sind im Bescheid zu treffen; eine bloße Bereitschaft, später Ratenzahlungen zu vereinbaren, genügt nicht. Der Billigkeit entspricht es, dass sich Dienstherr und Beamter über die Modalitäten der Rückzahlung zu verständigen suchen.

23

4. Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG zur Folge. Ein Rückforderungsbescheid darf nicht ergehen, ohne dass eine Billigkeitsentscheidung getroffen worden ist. Eine Billigkeitsentscheidung zugunsten des Schuldners modifiziert den Rückzahlungsanspruch (Urteil vom 28. Februar 2002 - BVerwG 2 C 2.01 - BVerwGE 116, 74 <77 f.> = Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 29 S. 14). Die Billigkeitsentscheidung betrifft nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheids, sondern den materiellen Bestand des Rückforderungsanspruchs und ist deshalb zwingend vor der Rückforderung zu treffen (Urteil vom 15. Dezember 1993 - BVerwG 10 A 1.91 - Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 65 S. 8 f.) Neben dem vollständigen oder teilweisen Absehen von der Rückzahlung kommen die Stundung der Rückzahlungsforderung oder die Einräumung von Ratenzahlungen in Betracht (Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 2 C 21.97 - Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr. 25 m.w.N.). Vor der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG steht lediglich die Höhe der Überzahlung fest, nicht aber, ob, in welcher Höhe und mit welchen Modalitäten diese Überzahlung auch einen Rückforderungsanspruch nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG begründet. Die Billigkeitsentscheidung ist damit notwendiger und untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung.

24

Bei einer erneuten Entscheidung über die Rückforderung der überzahlten Bezüge nach § 12 Abs. 2 BBesG wird die Behörde im Rahmen der Billigkeitsprüfung die gebotenen Ermessenserwägungen anstellen und den Umfang des Absehens von der Rückforderung sowie die Modalitäten der Ratenzahlung für den verbleibenden Rückforderungsbetrag bestimmen müssen.

25

Dass die Beklagte im Berufungsverfahren ihre Ermessenserwägungen um Ausführungen zur Bedeutung des behördlichen Verursachungsbeitrags an der Überzahlung für die Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG ergänzt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen handelt es sich insoweit nicht um ein nach § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren zulässiges Ergänzen der Ermessenserwägungen, sondern angesichts dessen, dass der im vorliegenden Fall allein relevante Billigkeitsaspekt des behördlichen Verschuldens an der Überzahlung zuvor keine Rolle in der Billigkeitsentscheidung der Beklagten gespielt hat, um eine von § 114 Satz 2 VwGO nicht gedeckte Auswechselung der die Billigkeitsentscheidung tragenden Gründe (grundlegend zu § 114 Satz 2 VwGO Urteil vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363 ff.> = Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 13; Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 29). Zum anderen genügen auch die im gerichtlichen Verfahren mitgeteilten Ermessenserwägungen nicht den dargelegten Anforderungen an die Ermessensbetätigung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG, weil sie dem Aspekt des behördlichen Verschuldens an der Überzahlung nicht das ihm zukommende Gewicht beimessen und im Ergebnis nicht zu dem hier gebotenen teilweisen Absehen von der Rückforderung führten.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein Steueramtmann, erhielt, obwohl seine Ehefrau seit 1. Oktober 1996 als teilzeitbeschäftigte Angestellte im öffentlichen Dienst beschäftigt war, weiterhin den vollen Ortszuschlag der Stufe 2 (sogenannter Verheiratetenzuschlag). Die seinerzeit zuständige Besoldungs- und Versorgungsstelle hatte die entsprechende Zahlungsanweisung der Personalabteilung zur Reduzierung des Ortszuschlags nicht umgesetzt. Eine Durchschrift dieser Zahlungsanweisung erhielt der Kläger zur Kenntnis. Erst nachdem die Ehefrau des Klägers ab dem 1. November 2006 keinen Ortszuschlag mehr erhielt, stellte das nun zuständige Personalreferat der Finanzbehörde die Überzahlung für die Vergangenheit fest und forderte noch im November 2006 die Überzahlung von insgesamt 6 416,92 € zurück. Nach erfolglosem Klageverfahren hat das Berufungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

2

Der Kläger könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil er aufgrund der Zahlungsanweisung gewusst habe, dass ihm der höhere Ortszuschlag nicht mehr zugestanden habe. Auch sei der Rückforderungsanspruch nicht verjährt, da die für den Kläger zuständige Personalstelle der Oberfinanzdirektion und später der Finanzbehörde vor 2006 nichts von der Überzahlung gewusst habe. Die Beklagte hätte den Rückforderungsbetrag aber aus Billigkeitsgründen, nämlich wegen des überwiegenden behördlichen Verursachungsbeitrags an der Überzahlung, des Verbrauchs der überzahlten Beträge im Rahmen der allgemeinen Lebensführung und der jahrelangen Überzahlung mit jeweils geringen Einzelbeträgen herabsetzen müssen. Insoweit sei ihr Ermessen reduziert gewesen. Der Rückforderungsbescheid sei insgesamt und nicht lediglich hinsichtlich der Billigkeitsentscheidung aufzuheben, weil diese ein unselbstständiger Teil des Rückforderungsanspruchs sei.

3

Mit der Revision beantragt die Beklagte,

das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. August 2008 zurückzuweisen.

4

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

6

Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG in der hier maßgebenden Fassung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020) regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes steht es nach Satz 2 dieser Bestimmung gleich, wenn der Mangel so offensichtlich ist, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Nach Satz 3 kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden.

7

Der Kläger ist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG zur Rückzahlung der zu viel gezahlten Bezüge verpflichtet, obwohl er sie verbraucht hat (1). Der Rückforderungsanspruch ist nicht verjährt (2). Das Berufungsgericht hat die nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu treffende Billigkeitsentscheidung zu Recht als ermessensfehlerhaft beanstandet (3). Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids nach § 12 Abs. 2 BBesG zur Folge (4).

8

1. Der Kläger hat die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen der normalen Lebensführung verbraucht. Dies ist bei relativ geringen Beträgen von 21,74 € bis 52,64 €, die monatlich über einen langen Zeitraum überzahlt wurden, anzunehmen.

9

Der Kläger schuldet aber die Rückzahlung der überzahlten Beträge, weil der Mangel offensichtlich im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG war, sodass er ihn hätte erkennen müssen.

10

Nach der Rechtsprechung des Senats ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (Urteile vom 28. Juni 1990 - BVerwG 6 C 41.88 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 17 S. 17 m.w.N. und vom 28. Februar 1985 - BVerwG 2 C 31.82 - Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 7 S. 13 m.w.N.; stRspr) oder - mit anderen Worten - er den Fehler etwa durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen (Urteil vom 9. Mai 2006 - BVerwG 2 C 12.05 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 37 Rn. 13). Letztlich ist das Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung dann offensichtlich, wenn es für den Empfänger ohne weiteres erkennbar ist.

11

Zu den Sorgfaltspflichten des Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen (vgl. Urteile vom 28. Februar 1985 a.a.O. S. 13 und 15 und vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 14.81 - Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 3 m.w.N. ). Offensichtlichkeit im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG liegt vor, wenn dem Beamten aufgrund seiner Kenntnisse auffallen muss, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmen können. Ihm muss sich aufdrängen, dass die Besoldungsmitteilungen fehlerhaft sind; nicht ausreichend ist, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedarf. Nicht erforderlich ist hingegen, dass außerdem die konkrete Höhe der Überzahlung offensichtlich ist.

12

Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wusste der Kläger aufgrund der ihm übersandten Zahlungsanweisung um die Verringerung des sogenannten Verheiratetenzuschlages. Dieser wird auf den Besoldungsmitteilungen gesondert ausgewiesen. Die auf diesen Feststellungen basierende Annahme des Berufungsgerichts, dass dem Kläger bei der gebotenen Prüfung der Besoldungsmitteilungen aufgefallen wäre, dass der Zuschlag unverändert weitergezahlt wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch insoweit, als das Berufungsgericht der mehrjährigen Zahlung und dem behördlichen Verursachungsbeitrag an der Überzahlung im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG keine Bedeutung beigemessen hat.

13

2. Die jeweils monatlich entstandenen Rückforderungsansprüche sind noch nicht verjährt.

14

Bis zur Neuregelung des Verjährungsrechts mit Wirkung vom 1. Januar 2002 trat die Verjährung bei Rückforderung von Besoldungsleistungen gemäß § 195 BGB a.F. nach dreißig Jahren ein (Urteil vom 13. September 2001 - BVerwG 2 A 9.00 - Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 11 S. 8). Rückforderungsansprüche nach § 12 BBesG, die nach dem 31. Dezember 2001, also nach Änderung der Verjährungsfristen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, entstanden sind, verjähren nunmehr gemäß § 195 BGB n.F. nach drei Jahren. Überleitungsfälle, d.h. bis zum 31. Dezember 2001 entstandene, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährte Ansprüche, werden nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 ebenfalls nach der neuen kürzeren Verjährungsfrist berechnet, wenn die vorherige längere Frist nicht zu einem früheren Zeitpunkt abgelaufen wäre (Beschluss vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 44.10 - juris Rn. 6).

15

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Bei Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist hierbei auf die Kenntnis der verfügungsberechtigten Behörde abzustellen. Verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei diejenigen Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für den Rückforderungsanspruch zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (Beschlüsse vom 20. August 2009 - BVerwG 2 B 24.09 - juris und vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 34.10 - juris; BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08 - NJW-RR 2009, 1471 <1472> m.w.N.).

16

Danach sind sowohl die vor als auch die nach dem 31. Dezember 2001 entstandenen Rückforderungsansprüche der Beklagten nicht verjährt. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wusste die zuständige Personalstelle zwar von der Änderung der besoldungsrelevanten Daten und wies die Besoldungs- und Versorgungsstelle an. Ihr war aber nicht bewusst, dass diese ihre Anweisung nicht umsetzte. Erst im November 2006 erfuhr die für die Rückforderung zuständige Stelle von der Überzahlung. Daher begann erst zum Jahresende 2006 die Verjährungsfrist des § 195 BGB zu laufen, weil dieser Dienststelle auch keine grob fahrlässige Unkenntnis von der Überzahlung angelastet werden kann. Denn die Beklagte hat das Erforderliche getan, um zu gewährleisten, dass besoldungsrelevante Änderungen unverzüglich umgesetzt werden. Somit könnte sich grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur aus einem Organisationsverschulden ergeben. Sind organisatorische Vorkehrungen getroffen, um die unverzügliche Berücksichtigung besoldungsrelevanter dienstlicher Veränderungen sicherzustellen, so kommt ein Organisationsverschulden nur in Betracht, wenn sich herausstellt, dass das vorhandene System lückenhaft oder fehleranfällig ist. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

17

3. Das Berufungsgericht hat die Billigkeitsentscheidung der Beklagten nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu Recht als ermessensfehlerhaft beanstandet.

18

Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG kann aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bezweckt eine Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, sodass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen (Urteile vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 19.92 - BVerwGE 95, 94 <97> = Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 21, vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 14.81 - BVerwGE 66, 251 <255 f.> = Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 3 und vom 21. September 1989 - BVerwG 2 C 68.86 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 15 sowie Beschluss vom 11. Februar 1983 - BVerwG 6 B 61.82 - Buchholz 238.41 § 49 SVG Nr. 3).

19

Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG einzubeziehen (Urteile vom 27. Januar 1994 a.a.O. und vom 21. April 1982 - BVerwG 6 C 112.78 - Buchholz 237.7 § 98 LBG NW Nr. 10; Beschluss vom 11. Februar 1983 - BVerwG 6 B 61.82 - a.a.O.).

20

Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. In diesen Fällen ist der Beamte entreichert, kann sich aber, wie dargelegt, auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen. Dann muss sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung aber in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Beamte, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Beamte, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 % des überzahlten Betrages im Regelfall als angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Beamten, kann auch eine darüber hinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrages in Betracht kommen.

21

Das Berufungsgericht ist deshalb in nachvollziehbarer, nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG nur ein teilweises Absehen von der Rückforderung ermessensgerecht ist. Denn es hat einen überwiegenden Verursachungsbeitrag der Behörde für die Überzahlungen festgestellt.

22

Außerdem entspricht es in der Regel der Billigkeit, bei wiederkehrenden Überzahlungen in jeweils geringer Höhe über einen längeren Zeitraum Ratenzahlungen einzuräumen, die dem Überzahlungszeitraum entsprechen. Die Festlegungen sind im Bescheid zu treffen; eine bloße Bereitschaft, später Ratenzahlungen zu vereinbaren, genügt nicht. Der Billigkeit entspricht es, dass sich Dienstherr und Beamter über die Modalitäten der Rückzahlung zu verständigen suchen.

23

4. Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG zur Folge. Ein Rückforderungsbescheid darf nicht ergehen, ohne dass eine Billigkeitsentscheidung getroffen worden ist. Eine Billigkeitsentscheidung zugunsten des Schuldners modifiziert den Rückzahlungsanspruch (Urteil vom 28. Februar 2002 - BVerwG 2 C 2.01 - BVerwGE 116, 74 <77 f.> = Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 29 S. 14). Die Billigkeitsentscheidung betrifft nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheids, sondern den materiellen Bestand des Rückforderungsanspruchs und ist deshalb zwingend vor der Rückforderung zu treffen (Urteil vom 15. Dezember 1993 - BVerwG 10 A 1.91 - Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 65 S. 8 f.) Neben dem vollständigen oder teilweisen Absehen von der Rückzahlung kommen die Stundung der Rückzahlungsforderung oder die Einräumung von Ratenzahlungen in Betracht (Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 2 C 21.97 - Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr. 25 m.w.N.). Vor der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG steht lediglich die Höhe der Überzahlung fest, nicht aber, ob, in welcher Höhe und mit welchen Modalitäten diese Überzahlung auch einen Rückforderungsanspruch nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG begründet. Die Billigkeitsentscheidung ist damit notwendiger und untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung.

24

Bei einer erneuten Entscheidung über die Rückforderung der überzahlten Bezüge nach § 12 Abs. 2 BBesG wird die Behörde im Rahmen der Billigkeitsprüfung die gebotenen Ermessenserwägungen anstellen und den Umfang des Absehens von der Rückforderung sowie die Modalitäten der Ratenzahlung für den verbleibenden Rückforderungsbetrag bestimmen müssen.

25

Dass die Beklagte im Berufungsverfahren ihre Ermessenserwägungen um Ausführungen zur Bedeutung des behördlichen Verursachungsbeitrags an der Überzahlung für die Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG ergänzt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen handelt es sich insoweit nicht um ein nach § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren zulässiges Ergänzen der Ermessenserwägungen, sondern angesichts dessen, dass der im vorliegenden Fall allein relevante Billigkeitsaspekt des behördlichen Verschuldens an der Überzahlung zuvor keine Rolle in der Billigkeitsentscheidung der Beklagten gespielt hat, um eine von § 114 Satz 2 VwGO nicht gedeckte Auswechselung der die Billigkeitsentscheidung tragenden Gründe (grundlegend zu § 114 Satz 2 VwGO Urteil vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363 ff.> = Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 13; Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 29). Zum anderen genügen auch die im gerichtlichen Verfahren mitgeteilten Ermessenserwägungen nicht den dargelegten Anforderungen an die Ermessensbetätigung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG, weil sie dem Aspekt des behördlichen Verschuldens an der Überzahlung nicht das ihm zukommende Gewicht beimessen und im Ergebnis nicht zu dem hier gebotenen teilweisen Absehen von der Rückforderung führten.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 19. Juni 2012 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von zu viel gezahlten Vergütungen für seine Tätigkeit als Prüfer im Rahmen des mündlich-praktischen Teils des zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung in den Jahren 2007 bis 2010. Der Beklagte fordert vom Kläger 356 Euro zurück. Es wurden in 487 gleich- oder ähnlich gelagerten Fällen, in denen wegen eines Berechnungsfehlers den Prüfern eine doppelt so hohe Vergütung gewährt wurde wie ihnen zugestanden ist, die Festsetzungen der jeweiligen Prüfervergütungen zurückgenommen und Rückforderungsbescheide über eine Summe von insgesamt ca. 360.000 Euro erlassen. Ein erster Rücknahme- und Rückforderungsbescheid wurde nach rechtskräftigen Urteilen, in denen das Verwaltungsgericht Rücknahme- und Rückforderungsbescheide in Parallelverfahren aufgehoben hatte, vom Beklagten zurückgenommen. Nach - schon vor der Rücknahme des ersten Rückforderungsbescheids erfolgter - Anhörung des Klägers hat der Beklagte mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 die Festsetzung der Prüfervergütungen für die Jahre 2007 bis 2010 erneut zurückgenommen und die zu viel ausbezahlten Prüfervergütungen zurückgefordert.

Die Klage hiergegen war erfolgreich. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Aufhebung der mit der Überweisung der Prüfervergütungen konkludent erlassenen Festsetzungsbescheide und ihre Rückforderung verstoße gegen die in Art. 48 BayVwVfG festgelegten Grundsätze des Vertrauensschutzes. Der Kläger habe nach der Änderung der die ärztliche Prüfung betreffenden Vorschriften der Approbationsordnung für Ärzte weder Kenntnis von den Vergütungssätzen gehabt noch habe ihm eine diesbezügliche Überprüfungspflicht oblegen. Sein Vertrauen in den Bestand der Festsetzung der Prüfervergütungen sei schutzwürdig i. S. d. Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG, weil er die zu viel ausbezahlten Beträge verbraucht habe. Davon könne angesichts der Geringfügigkeit der Überzahlungen ausgegangen werden. Das öffentliche Interesse erfordere keine andere Entscheidung. Die Ursache der Fehlerhaftigkeit der Überzahlung liege ausschließlich im Verantwortungsbereich des Beklagten. Allein der Umstand, dass eine Vielzahl von Prüfern betroffen sei, rechtfertige keine Ausnahme. Die Rücknahmeentscheidung sei ermessensfehlerhaft, weil darin keinen Niederschlag gefunden habe, dass der Kläger angesichts des Verfahrensablaufs und der Gestaltung der Formulare keine Kenntnis von den Vergütungssätzen gehabt und seinerseits korrekt abgerechnet habe. Schließlich habe der Beklagte die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG nicht eingehalten. Nach Aufhebung des ersten Rücknahme- und Rückforderungsbescheids habe die Frist nicht erneut zu laufen begonnen.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zugelassenen Berufung.

Die Regelvermutung für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG zugunsten des Klägers greife nicht. Von einer Entreicherung könne nur bei Luxusausgaben ausgegangen werden. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liege beim Empfänger der Leistungen. Dass er die überzahlten Beträge ausgegeben hat und sie sich nicht mehr in seinem Vermögen niederschlagen, habe der Kläger weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen. Ein Anscheinsbeweis entsprechend dem Grundgedanken von Nr. 15.2.7.1 der Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht sei nicht zulässig, weil es sich nicht um versorgungsrelevante Leistungen handle. Die Rückforderung überzahlter Prüfervergütungen entspreche der ständigen Verwaltungspraxis der Regierung von Oberbayern.

Das Vertrauen des Klägers in den Bestand der Vergütungsfestsetzungen sei unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse nicht schutzwürdig. Alle Prüfer seien mittels eines Merkblatts über die Höhe der Prüfervergütungssätze informiert worden, die nach der Änderung der Approbationsordnung im Ergebnis gleich geblieben sei. Ein Vergleich mit den alten Abrechnungen hätte dem Kläger ohne weiteres offenbaren können, dass er jetzt für die gleiche Prüferleistung das Doppelte erhalten habe. Aufgrund des prüfungsrechtlichen Vertrauensverhältnisses hätte er eine erhöhte Sorgfaltspflicht gehabt, die in tendenzieller Anlehnung an die beamtenrechtliche Nachprüfungspflicht bei überzahlter Besoldung über die „Jedermannspflichten“ hinausgehe. Angesichts des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und angesichts dessen, dass der Beklagte gemäß dem Rechtsstaatsprinzip zu rechtmäßigem Handeln verpflichtet sei, gehe die gebotene Abwägung zugunsten des öffentlichen Interesses aus. Angesichts der geringen Höhe stelle das für den Kläger keine besondere Härte dar und habe keine existentiellen Auswirkungen. Andererseits bestehe bei einem Gesamtbetrag von 360.000 Euro in Zeiten knapper Staatskassen ein erhebliches öffentliches Interesse an der Rückforderung ohne rechtliche Verpflichtung ausbezahlter Vergütungen.

Die Frist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG sei nicht abgelaufen. Werde ein Rücknahmebescheid im Zusammenhang eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens aufgehoben, so beginne erst mit der Unanfechtbarkeit dieser Aufhebungsentscheidung der Lauf dieser Frist für den Erlass eines erneuten Rücknahmebescheids. Das gelte auch, wenn der erste Rücknahmebescheid, gegen den Klage erhoben gewesen sei, nicht vom Verwaltungsgericht, sondern wegen einer gerichtlichen Musterentscheidung von der Behörde aufgehoben worden sei.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf seine Erwiderung zum Antrag auf Zulassung der Berufung. Er ist insbesondere der Auffassung, dass das Verwaltungsgericht die Regelvermutung des Art. 48 Abs. 2 Satz 2 1. Alternative BayVwVfG zu Recht angenommen hat. Die Überzahlung sei verbraucht worden. Davon sei auszugehen, wenn der zu Unrecht gezahlte Betrag für eine verhältnismäßig geringfügige Verbesserung der Lebensführung ausgegeben werde. Die Abwägungsentscheidung, bei der nicht von der Regelvermutung ausgegangen werde, sei fehlerhaft, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass allein die Behörde die fehlerhafte Überzahlung zu verantworten habe. Im Übrigen gelte der Grundsatz, dass eine Rücknahme für die Vergangenheit regelmäßig nicht möglich sei. Die Entscheidungsfrist nach Art. 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sei nicht gewahrt. Der erste Rückforderungsbescheid sei nur aus formalen Gründen aufgehoben worden. Es seien keine Tatsachen (nachträglich) bekannt geworden, die nicht schon bei Erlass des ersten Rückforderungsbescheids bekannt gewesen wären.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftverkehr dieses Berufungsverfahrens sowie die beigezogenen Akten des Verwaltungsgerichts und der Regierung von Oberbayern Bezug genommen.

Gründe

A. Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 14. Dezember 2011, mit dem die Festsetzungen der Vergütung für die Prüfungstätigkeit des Klägers in den Jahren 2007 bis 2010 insoweit aufgehoben wurden, als er auch für den zweiten Prüfungstag je Prüfungstermin eine Vergütung erhalten hatte, und die zu viel ausbezahlte Prüfervergütung in Höhe von 356 Euro zurückgefordert worden ist, ist rechtmäßig. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Juni 2012 war deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. Mit der Rücknahme und Rückforderung hat der Beklagte nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Er hat, soweit ersichtlich, alle Fälle, in denen eine zu hohe Prüfervergütung wegen des gleichen Berechnungsfehlers gewährt worden ist, aufgegriffen, die fehlerhaften Festsetzungen aufgehoben und die überzahlten Beträge zurückgefordert. Wenige Einzelfälle, in denen nach einer gütlichen Einigung vor Gericht der Weg zu einer erneuten Rücknahme und Rückforderung versperrt war, begründen keine abweichende Verwaltungsübung.

2. Nach Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand dieses Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Der Begünstigte kann sich allerdings u. a. dann nicht auf Vertrauen berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat (Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG). Indes ist das Vertrauen in aller Regel schutzwürdig, wenn der Empfänger das Geleistete verbraucht hat oder Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Ist die Berufung auf das Vertrauen in den Bestand des Verwaltungsakts nicht nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG ausgeschlossen, wird die Schutzwürdigkeit des Vertrauens aber auch nicht gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG vermutet, ist abzuwägen, ob das Vertrauen am Bestand in Ansehung des öffentlichen Interesses an der Rücknahme des Verwaltungsakts schutzwürdig ist (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Erweist sich das Vertrauen gegenüber dem öffentlichen Interesse nicht als schutzwürdig, hat die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen über die Rücknahme zu entscheiden (Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Wird der Verwaltungsakt zurückgenommen, sind gewährte Leistungen nach den Vorschriften des Art. 49a Abs. 1 und 2 BayVwVfG vom Empfänger zu erstatten.

Gemessen daran hat die Regierung von Oberbayern die Festsetzungen der Prüfervergütung für die Jahre 2007 bis 2010 ohne Rechtsfehler zurückgenommen und den überzahlten Betrag zurückgefordert.

Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass die Prüfervergütung zu hoch festgesetzt worden ist. Auch die Höhe des überzahlten Betrags ist unstrittig. Die jeweilige Festsetzung der Prüfervergütung war deshalb rechtswidrig, soweit sie für jeden Tag der jeweils zweitägigen Prüfungen statt für den jeweiligen Prüfungstermin nur einmal gewährt worden ist. Auf das angefochtene Urteil wird insofern Bezug genommen.

Die jeweils eine einmalige Geldleistung gewährenden Festsetzungen der Prüfervergütung durften zurückgenommen werden. Das Vertrauen des Klägers in den Bestand der Festsetzungen ist unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme der Festsetzungen, soweit sie rechtswidrig sind, nicht schutzwürdig (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG).

a) Eine Berufung des Klägers auf den Vertrauensschutz ist zwar nicht gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG ausgeschlossen. Er hat weder positiv gewusst, dass aufgrund seiner wahrheitsgemäßen Abrechnung eine zu hohe Vergütung festgesetzt worden ist, noch hätte er das erkennen müssen. An seiner gegenteiligen Auffassung hält der Beklagte nicht mehr fest. Zwar habe der Kläger aufgrund seiner Bestellung zum Prüfer eine größere Sorgfaltspflicht als „Jedermann“, jedoch führe diese nicht dazu, dass er die Rechtswidrigkeit der Festsetzung infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt habe. Die erhöhte Sorgfaltspflicht sei vielmehr im Rahmen der Abwägung nach Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG zu berücksichtigen.

b) Das Vertrauen des Klägers ist aber auch nicht gemäß der Regelvermutung des Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG schutzwürdig. Er hat nicht substantiiert dargelegt, geschweige denn nachgewiesen, dass er die Vergütung, soweit sie zu hoch festgesetzt und ausbezahlt worden ist, im Sinn des Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG verbraucht hat.

Es ist richtig, dass in der Rechtsprechung aufgrund des Anscheinsbeweises davon ausgegangen wird, dass bei der Überzahlung versorgungsrelevanter Leistungen in geringem Umfang überzahlte Beträge im Rahmen der normalen Lebensführung verbraucht werden (z. B. BVerwG, U. v. 26.4.2012 - 2 C 4/11 - juris Rn. 8). Darauf beruht auch Nr. 15.2.7.1 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten (BayVwVBes), wonach ein Wegfall der Bereicherung, der die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge ausschließt, unterstellt wird, wenn im jeweiligen Monat zu viel gezahlte Bezüge 10% des insgesamt zustehenden Betrags, höchstens 150 Euro, nicht überschreiten. Für den Verbrauch der Überzahlung für die eigene Lebenshaltung spricht der Beweis des ersten Anscheins, wenn es sich um eine versorgungsrelevante Leistung, d. h. laufende Einkünfte handelt, die dem Bestreiten des Lebensunterhalts dienen, und bei niedrigen oder allenfalls mittleren Einkommen die Überzahlung so gering ist, dass sie sinnvoller Weise nicht gespart wird oder sonst der Vermögensbildung dient (Schwab in Münchner Kommentar, BGB, 6. Aufl. 2013, § 818 Rn. 179 ff.). Dies trifft hier jedoch nicht zu. Ohne nähere Ermittlungen kann aufgrund der beruflichen Stellung des Klägers davon ausgegangen werden, dass sein Einkommen nicht im geringen oder mittleren Bereich liegt. Bei Besserverdienenden spricht die Lebenserfahrung nicht dafür, dass alles, was eingeht auch ausgegeben wird (Schwab a. a. O. Rn. 179).

Ferner geht es hier nicht um die Überzahlung laufender Bezüge. Es handelt sich vielmehr um ein Entgelt für eine Tätigkeit, die nicht zur Einkommenserzielung ausgeübt wird, sondern eher ehrenamtlichen Charakter hat. Im Vordergrund steht nicht die Erzielung des Entgelts, sondern die mit der Bestellung zum Prüfer verbundene Anerkennung der beruflichen und wissenschaftlichen Leistung. Das Entgelt dient nicht der Erhöhung der Lebensführung. Die Lebenserfahrung spricht eher dafür, dass das Entgelt für diese Tätigkeit keinen Einfluss auf die Lebensführung hat und die laufenden Ausgaben hierfür ohne Rücksicht darauf getätigt werden.

c) Nachdem weder dargelegt ist noch sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der überzahlte Betrag verbraucht worden ist, ist gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG zu prüfen, ob das Vertrauen des Klägers in den Bestand der Festsetzungen des Prüferentgelts unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an deren Rücknahme schutzwürdig ist. Allein die fehlende Bösgläubigkeit genügt unabhängig von den Sorgfaltspflichten des Klägers im Hinblick auf die Überprüfung, ob das Entgelt zutreffend festgesetzt worden ist, nicht, um das Vertrauen in den Bestand der gewährten Vergütung als schutzwürdig ansehen zu können (BayVGH, B. v. 22.5.2009 - 19 ZB 09.944 - juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010m, § 48 Rn. 95). Bei der Abwägung des Interesses des Klägers am Bestand der Festsetzungen und dem öffentlichen Interesse an deren Rücknahme setzen sich die fiskalischen Interessen durch (Kopp/Ramsauer a. a. O. Rn. 99). Aufgrund des Fehlers in der Sachbearbeitung bei der Berechnung und Auszahlung der Prüfervergütungen wurde wegen der großen Zahl der Abrechnungsvorgänge der hohe Betrag von 360.000 Euro ohne Rechtsgrund an die Prüfer ausbezahlt, womit der entsprechende Haushaltsansatz erheblich überschritten worden ist. Dem steht beim Kläger ein relativ geringer Betrag, nämlich 356 Euro, entgegen, dessen Rückzahlung für ihn ohne existenzielle Auswirkungen bleibt. Auf die Sorgfaltspflichten des Klägers im Hinblick auf die Überprüfung, ob das Entgelt zutreffend festgesetzt worden ist, kommt es dabei nicht an. Das öffentliche Interesse überwiegt gerade auch bei dessen Gutgläubigkeit. Ungeachtet der Verantwortlichkeit für die Überzahlung hat der Kläger eine Leistung bekommen, auf die er keinen Anspruch hatte und die er nach dem Rechtsgedanken des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich wieder herausgeben muss. Angesichts der Bedeutung, die die Summe der vielen zu Unrecht ausbezahlten Beträge für den Staatshaushalt hat, kann sich das Interesse des einzelnen Empfängers am Bestand der fehlerhaften Vergütungsfestsetzung nur dann durchsetzen, wenn dafür ganz besondere Gründe vorliegen, die hier nicht ersichtlich sind.

d) Liegen somit die rechtlichen Voraussetzungen der (teilweisen) Rücknahme der Festsetzungen der Prüfervergütung vor, durfte die Regierung von Oberbayern nach pflichtgemäßem Ermessen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und die Festsetzungen der Prüfervergütung mit Wirkung für die Vergangenheit - nur eine solche kommt hier in Betracht - zurücknehmen, soweit die Vergütungen zu hoch festgesetzt worden sind. Die Rücknahme steht auch in zeitlicher Hinsicht im Ermessen der Behörde (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 48 Rn. 128). Das gilt für sämtliche Rücknahmetatbestände (Kopp/Ramsauer a. a. O. Rn. 75). Sonst wäre die Rücknahme von Verwaltungsakten, die eine einmalige Geldleistung gewähren, nur sehr eingeschränkt möglich, was mit den öffentlichen Interessen nur schwer vereinbar wäre.

Fehler bei der Ausübung des Ermessens durch die Regierung von Oberbayern, die auch insoweit den hohen Gesamtbetrag der zu viel ausgezahlten Prüfervergütungen der vergleichsweise geringen und sich nicht existenziell auswirkenden Rückzahlungsverpflichtung der Betroffenen gegenüberstellt, sind nicht zu erkennen. Auch wenn unter Nr. III 3 der Gründe des Bescheids vom 14. Dezember 2011 nur unzureichend zum Ausdruck kommt, dass die Rechtswidrigkeit der Festsetzungen auf einer fehlerhaften Sachbearbeitung innerhalb der Behörde beruht und überdies die Überzahlung den Prüfern wegen des höheren zeitlichen Aufwands gegenüber den Prüfungen vor der Änderung der Approbationsordnung plausibel erscheinen durfte, zeigen die Gründe in ihrer Gesamtheit und insbesondere in Nr. II 2, dass die erforderlichen Erwägungen durchgeführt worden sind. Die Regierung war sich bewusst, dass die Rechtswidrigkeit der Festsetzung der Vergütung auf einen Fehler im Behördenbereich zurückzuführen ist. Die Rede ist insoweit von einer „irrtümlichen“ und „versehentlichen“ Vergütung für jeden der zwei Prüfungstage statt einer einmaligen Vergütung für die gesamte Prüfung. Die Behörde sei gehalten, „fehlgeleitete Haushaltsmittel“ - das nimmt ebenfalls auf eine fehlerhafte Sachbehandlung Bezug - ihrer eigentlichen Zweckbestimmung wieder zuzuführen. Eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch sind insoweit nicht erkennbar.

e) Die Regierung von Oberbayern war ferner nicht durch den Ablauf der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG an der Rücknahme der Festsetzungen der Prüfervergütung, soweit diese zu einer Überzahlung geführt haben, gehindert. Die Jahresfrist begann frühestens mit der Aufhebung von ersten Rückforderungsbescheiden durch das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. März 2011 in nahezu völlig gleichgelagerten Verfahren zu laufen, die denselben Berechnungsfehler zum Gegenstand hatten. Bei der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG handelt es sich um eine Entscheidungsfrist, nicht um eine Bearbeitungsfrist. Nach der seit der Entscheidung des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1984 (BVerwGE 70, 356) ständigen Rechtsprechung beginnt die Frist erst bei vollständiger Kenntnis der für die Rücknahme maßgebenden Sach- und Rechtslage zu laufen. Dabei ist nicht zu unterscheiden, ob der zurückzunehmende Verwaltungsakt wegen eines „Tatsachenirrtums“ oder eines „Rechtsirrtums“ rechtswidrig ist. Es kommt auf den konkreten Rechtsanwendungsfehler an. Das bedeutet, dass in einem Fall, in dem ein erster Rücknahmebescheid auf eine Klage des Betroffenen hin aufgehoben worden ist, die Frist nicht vor dem Ergehen der Aufhebungsentscheidung zu laufen beginnt. Erst dann kennt die Behörde die Sach- und Rechtslage vollständig und hat nach der Durchführung gegebenenfalls notwendiger weiterer Ermittlungen ein Jahr Zeit, zu entscheiden, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (BVerwG, U. v. 28.6.2012 - 2 C 13/11 - BVerwGE 143, 230; BayVGH, U. v. 15.3.2001 - 7 B 00.107 - VGH n. F. 54, 88). Gleiches gilt für die hier zu entscheidende Fallgestaltung, in der ein erster Rücknahmebescheid nicht vom Gericht, sondern von der Behörde selbst aufgehoben worden ist, weil in gleichgelagerten Fällen gleichzeitig oder im nahen zeitlichen Zusammenhang ergangene Rücknahmebescheide vom Verwaltungsgericht aufgehoben worden sind. Erst seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 1. März 2011 war die Regierung von Oberbayern in der Lage, die Sach- und Rechtslage im Licht dieser Entscheidung neu zu prüfen und beanstandete Fehler zu korrigieren, wie die Nachholung der fehlenden Anhörung und die erneute Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Ausführungen des Gerichts zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens.

f) Der ebenfalls angefochtene Rückforderungsbescheid ergibt sich gemäß Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG aus der (teilweisen) Rücknahme der Festsetzungen der Prüfervergütung. Nach Art. 49a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gelten für die Rückforderung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Soweit danach eine Erstattung der Überzahlung ausgeschlossen ist, als der Empfänger nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB), wird auf die Ausführungen zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Klägers in den Bestand der Festsetzungen des Prüferentgelts, insbesondere ob er den Verbrauch dieser Leistungen nachweisen konnte (A 2 b), Bezug genommen.

B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 709 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tatbestand

1

Der Kläger steht als Polizeioberkommissar im Dienst der Beklagten. Nach vorheriger Verwendung in einem Polizeikommissariat im Wechselschichtbetrieb übernahm er zum 1. Dezember 1997 einen Polizeiposten, bei dem Dienst im Dreischichtbetrieb von 7 Uhr bis 22 Uhr zu leisten war, Nachtschichten fielen nicht an. Ab Juli 2006 war er wieder beim Polizeikommissariat im Wechselschichtbetrieb tätig.

2

Im September 2006 stellte sich heraus, dass der Kläger auch während seiner Zeit beim Polizeiposten die Wechselschichtzulage in Höhe von 51,13 € monatlich erhalten hatte, obwohl ihm lediglich eine Schichtzulage in Höhe von 23,01 € zustand. Die Personaldienststelle beim Polizeikommissariat hatte die Versetzung des Klägers zum Polizeiposten der für Besoldung zuständigen Stelle nicht angezeigt. Die Fortzahlung der Wechselschichtzulage war in den Besoldungsmitteilungen an den Kläger ausgewiesen.

3

Die Beklagte forderte vom Kläger einen Betrag für Überzahlungen von Dezember 1997 bis Juli 2006 in Höhe von 3 008 € zurück, der im Widerspruchsbescheid im Hinblick auf spätere Unterzahlungen auf 2 688 € ermäßigt wurde. Sie gewährte dem Kläger aus Billigkeitsgründen Ratenzahlung; die Modalitäten der Rückzahlung sowie die Höhe der Raten sollten später vereinbart werden.

4

Auf die nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene und erstinstanzlich erfolglos gebliebene Klage hat das Oberverwaltungsgericht den Rückforderungsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil es für ihn offensichtlich gewesen sei, dass ihm die Wechselschichtzulage nicht mehr in der vorherigen Höhe zugestanden habe. Er habe gewusst, dass der Wegfall der regelmäßigen Nachtschichten die Verringerung seiner Schichtzulage zur Folge habe, wenn er auch keine genaue Vorstellung von der Größenordnung dieser Verringerung gehabt habe. Die Beklagte hätte den Rückforderungsbetrag aber aus Billigkeitsgründen, nämlich wegen des überwiegenden behördlichen Verursachungsbeitrags an der Überzahlung, des Verbrauchs der überzahlten Beträge im Rahmen der allgemeinen Lebensführung und der jahrelangen Überzahlung mit jeweils geringen Einzelbeträgen herabsetzen müssen. Insoweit sei ihr Ermessen reduziert gewesen. Der Rückforderungsbescheid sei insgesamt und nicht lediglich hinsichtlich der Billigkeitsentscheidung aufzuheben, weil diese ein unselbstständiger Teil des Rückforderungsanspruchs sei.

5

Mit der Revision beantragt die Beklagte,

das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 23. April 2009 zurückzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

8

Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG in der hier maßgebenden Fassung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020) regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes steht es nach Satz 2 dieser Bestimmung gleich, wenn der Mangel so offensichtlich ist, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Nach Satz 3 kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden.

9

Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger zu viel Bezüge gezahlt worden sind (1). Der Kläger ist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG zur Rückzahlung verpflichtet, obwohl er die Bezüge verbraucht hat (2). Der Rückforderungsanspruch ist nicht verjährt (3). Das Oberverwaltungsgericht hat die nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu treffende Billigkeitsentscheidung zu Recht als ermessensfehlerhaft beanstandet (4). Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids nach § 12 Abs. 2 BBesG zur Folge (5).

10

1. Die Höhe der überzahlten Dienstbezüge lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht endgültig bestimmen.

11

Der Kläger leistete von Dezember 1997 bis Januar 2006 keine planmäßigen Nachtschichten und damit auch keine Wechselschichten mehr. Ihm stand deshalb für diesen Zeitraum keine Wechselschichtzulage, sondern lediglich eine Schichtzulage zu, § 20 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EZulV, die ihm nach § 22 Abs. 3 bzw. § 20 Abs. 4 EZulV - ebenso wie zuvor die Wechselschichtzulage - nur zur Hälfte zu gewähren war, weil er als Polizeivollzugsbeamter eine Stellenzulage nach Nr. 9 der Vorbemerkungen zu den BBesO A und B erhielt.

12

Ob und in welcher Höhe es auch vom 6. Februar 2006 bis zum 10. Juli 2006 zu Überzahlungen kam, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ermitteln. Das war nicht der Fall, wenn dem Kläger nach Beendigung der Tätigkeit auf dem Polizeiposten wiederum ein Anspruch auf Wechselschichtzulage zustand. Dafür ist es ausreichend, dass er in einen Wechselschichtplan eingeteilt war. Dienstzeiten in dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschichten, die ein Beamter aus den in § 19 Abs. 1 EZulV genannten Gründen versäumt, werden für die Berechnung des erforderlichen Nachtschichtpensums einbezogen, als hätte der Beamte in diesen Zeiten Dienst verrichtet. Im Falle einer Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit durch eine Erkrankung einschließlich Heilkur (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EZulV) wird die Zulage bis zum Ende des Monats, der auf den Eintritt der Unterbrechung folgt, weitergewährt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EZulV). Deshalb wäre es unerheblich, wenn der Kläger für ihn vorgesehene Nachtdienste wegen Krankheit nicht hätte leisten können (Urteil vom 27. Oktober 2011 - BVerwG 2 C 73.10 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 36, Rn. 14 ff., zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen). Auch hätte ihm die Wechselschichtzulage gegebenenfalls von Beginn an nach Einteilung in den Wechselschichtplan zugestanden (Beschluss vom 12. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 9.11 - NVwZ-RR 2012, 245, Rn. 6, zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen).

13

Einer Zurückverweisung zur Nachholung der für den Zeitraum vom 6. Februar 2006 bis zum 10. Juli 2006 erforderlichen Feststellungen bedarf es allerdings nicht, weil sich das Berufungsurteil unabhängig von diesen Feststellungen aus anderen Gründen als richtig erweist. Die Beklagte wird die erforderlichen Feststellungen vor Erlass eines etwaigen neuen Rückforderungsbescheids zu treffen haben.

14

2. Der Kläger hat die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen der normalen Lebensführung verbraucht. Dies ist bei relativ geringen Beträgen - hier etwa 23 € - monatlicher Überzahlungen über einen langen Zeitraum anzunehmen.

15

Der Kläger schuldet aber die Rückzahlung der überzahlten Beträge, weil der Mangel offensichtlich im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG war, so dass er ihn hätte erkennen müssen.

16

Nach der Rechtsprechung des Senats ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (Urteile vom 28. Juni 1990 - BVerwG 6 C 41.88 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 17 S. 17 m.w.N. und vom 28. Februar 1985 - BVerwG 2 C 31.82 - Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 7 S. 13 m.w.N.; stRspr) oder - mit anderen Worten - er den Fehler etwa durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen (Urteil vom 9. Mai 2006 - BVerwG 2 C 12.05 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 37 Rn. 13). Letztlich ist das Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung dann offensichtlich, wenn es für den Empfänger ohne weiteres erkennbar ist.

17

Zu den Sorgfaltspflichten des Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen (vgl. Urteile vom 28. Februar 1985 a.a.O. S. 13 und 15 und vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 14.81 - Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 3 m.w.N. ). Offensichtlichkeit im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG liegt vor, wenn dem Beamten aufgrund seiner Kenntnisse auffallen muss, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmen können. Ihm muss sich aufdrängen, dass die Besoldungsmitteilungen fehlerhaft sind; nicht ausreichend ist, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedarf. Nicht erforderlich ist hingegen, dass außerdem die konkrete Höhe der Überzahlung offensichtlich ist.

18

Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wusste der Kläger, dass er auf dem neuen Dienstposten keine regelmäßigen Nachtschichten mehr zu leisten hatte. Er hatte zwar keine genaue Vorstellung von der Größenordnung der Verminderung der Schichtzulage, wusste aber, dass die Zulage ohne Nachtschichtbetrieb geringer ist. Die auf diesen Feststellungen basierende Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass dem Kläger beim Lesen der Bezügemitteilungen hätte auffallen müssen, dass trotz der dienstlichen Veränderungen unverändert "1/2 Wechselschichtzulage" ausgewiesen war, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch insoweit, als das Oberverwaltungsgericht der mehrjährigen Zahlung und dem behördlichen Verursachungsbeitrag an der Überzahlung im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG keine Bedeutung beigemessen hat.

19

3. Die jeweils monatlich entstandenen Rückforderungsansprüche sind noch nicht verjährt.

20

Bis zur Neuregelung des Verjährungsrechts mit Wirkung vom 1. Januar 2002 trat die Verjährung bei Rückforderung von Besoldungsleistungen gemäß § 195 BGB a.F. nach dreißig Jahren ein (Urteil vom 13. September 2001 - BVerwG 2 A 9.00 - Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 11 S. 8). Rückforderungsansprüche nach § 12 BBesG, die nach dem 31. Dezember 2001, also nach Änderung der Verjährungsfristen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, entstanden sind, verjähren nunmehr gemäß § 195 BGB n.F. nach drei Jahren. Überleitungsfälle, d.h. bis zum 31. Dezember 2001 entstandene, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährte Ansprüche, werden nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 ebenfalls nach der neuen kürzeren Verjährungsfrist berechnet, wenn die vorherige längere Frist nicht zu einem früheren Zeitpunkt abgelaufen wäre (Beschluss vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 44.10 - juris Rn. 6).

21

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Bei Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist hierbei auf die Kenntnis der verfügungsberechtigten Behörde abzustellen. Verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei diejenigen Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für den Rückforderungsanspruch zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (Beschlüsse vom 20. August 2009 - BVerwG 2 B 24.09 - juris und vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 34.10 - juris; BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08 - NJW-RR 2009, 1471 <1472> m.w.N.).

22

Danach sind sowohl die vor als auch die nach dem 31. Dezember 2001 entstandenen Rückforderungsansprüche der Beklagten nicht verjährt. Nach der Feststellung des Oberverwaltungsgerichts erfuhr die für die Rückforderung zuständige Dienststelle erst im November 2006 von der Überzahlung. Daher begann erst zum Jahresende 2006 die Verjährungsfrist des § 195 BGB zu laufen, weil dieser Dienststelle auch keine grob fahrlässige Unkenntnis von der Überzahlung angelastet werden kann. Denn die Beklagte hat das Erforderliche getan, um zu gewährleisten, dass besoldungsrelevante Änderungen unverzüglich der zuständigen Stelle mitgeteilt werden. Somit könnte sich grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur aus einem Organisationsverschulden ergeben. Sind organisatorische Vorkehrungen getroffen, um die unverzügliche Berücksichtigung besoldungsrelevanter dienstlicher Veränderungen sicherzustellen, so kommt ein Organisationsverschulden nur in Betracht, wenn sich herausstellt, dass das vorhandene System lückenhaft oder fehleranfällig ist. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht keine Feststellungen getroffen.

23

4. Das Oberverwaltungsgericht hat die Billigkeitsentscheidung der Beklagten nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu Recht als ermessensfehlerhaft beanstandet.

24

Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG kann aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bezweckt eine Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen (Urteile vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 19.92 - BVerwGE 95, 94 <97> = Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 21, vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 14.81 - BVerwGE 66, 251 <255 f.> = Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 3 und vom 21. September 1989 - BVerwG 2 C 68.86 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 15 sowie Beschluss vom 11. Februar 1983 - BVerwG 6 B 61.82 - Buchholz 238.41 § 49 SVG Nr. 3).

25

Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG einzubeziehen (Urteile vom 27. Januar 1994 a.a.O und vom 21. April 1982 - BVerwG 6 C 112.78 - Buchholz 237.7 § 98 LBG NW Nr. 10; Beschluss vom 11. Februar 1983 - BVerwG 6 B 61.82 - a.a.O.).

26

Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. In diesen Fällen ist der Beamte entreichert, kann sich aber, wie dargelegt, auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen. Dann muss sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung aber in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Beamte, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Beamte, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 % des überzahlten Betrages im Regelfall angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Beamten, kann auch eine darüber hinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrages in Betracht kommen.

27

Das Oberverwaltungsgericht ist deshalb in nachvollziehbarer, nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG nur ein teilweises Absehen von der Rückforderung ermessensgerecht ist. Denn es hat einen überwiegenden Verursachungsbeitrag der Behörde für die Überzahlungen festgestellt.

28

Außerdem entspricht es in der Regel der Billigkeit, bei wiederkehrenden Überzahlungen in jeweils geringer Höhe über einen längeren Zeitraum Ratenzahlungen einzuräumen, die dem Überzahlungszeitraum entsprechen. Die Festlegungen sind im Bescheid zu treffen; eine bloße Bereitschaft, später Ratenzahlungen zu vereinbaren, genügt nicht. Der Billigkeit entspricht es, dass sich Dienstherr und Beamter über die Modalitäten der Rückzahlung zu verständigen suchen.

29

5. Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG zur Folge. Ein Rückforderungsbescheid darf nicht ergehen, ohne dass eine Billigkeitsentscheidung getroffen worden ist. Eine Billigkeitsentscheidung zugunsten des Schuldners modifiziert den Rückzahlungsanspruch (Urteil vom 28. Februar 2002 - BVerwG 2 C 2.01 - BVerwGE 116, 74 <77 f.> = Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 29 S. 14). Die Billigkeitsentscheidung betrifft nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheids, sondern den materiellen Bestand des Rückforderungsanspruchs und ist deshalb zwingend vor der Rückforderung zu treffen (Urteil vom 15. Dezember 1993 - BVerwG 10 A 1.91 - Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 65 S. 8 f.) Neben dem vollständigen oder teilweisen Absehen von der Rückzahlung kommen die Stundung der Rückzahlungsforderung oder die Einräumung von Ratenzahlungen in Betracht (Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 2 C 21.97 - Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr. 25 m.w.N.). Vor der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG steht lediglich die Höhe der Überzahlung fest, nicht aber, ob, in welcher Höhe und mit welchen Modalitäten diese Überzahlung auch einen Rückforderungsanspruch nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG begründet. Die Billigkeitsentscheidung ist damit notwendiger und untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung.

30

Bei einer erneuten Entscheidung über die Rückforderung der überzahlten Bezüge nach § 12 Abs. 2 BBesG wird die Behörde prüfen müssen, in welcher Höhe die bislang angenommene Überzahlung für den Zeitraum vom 6. Februar bis zum 10. Juli 2006 tatsächlich vorlag. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung wird sie die gebotenen Ermessenserwägungen anstellen und den Umfang des Absehens von der Rückforderung sowie die Modalitäten der Ratenzahlung für den verbleibenden Rückforderungsbetrag bestimmen müssen.

31

Dass die Beklagte im Berufungsverfahren ihre Ermessenserwägungen um Ausführungen zur Bedeutung des behördlichen Verursachungsbeitrags an der Überzahlung für die Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG ergänzt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen handelt es sich insoweit nicht um ein nach § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren zulässiges Ergänzen der Ermessenserwägungen, sondern angesichts dessen, dass der im vorliegenden Fall allein relevante Billigkeitsaspekt des behördlichen Verschuldens an der Überzahlung zuvor keine Rolle in der Billigkeitsentscheidung der Beklagten gespielt hat, um eine von § 114 Satz 2 VwGO nicht gedeckte Auswechselung der die Billigkeitsentscheidung tragenden Gründe (grundlegend zu § 114 Satz 2 VwGO Urteil vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363 ff.> = Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 13; Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 29). Zum anderen genügen auch die im gerichtlichen Verfahren mitgeteilten Ermessenserwägungen nicht den dargelegten Anforderungen an die Ermessensbetätigung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG, weil sie dem Aspekt des behördlichen Verschuldens an der Überzahlung nicht das ihm zukommende Gewicht beimessen und im Ergebnis nicht zu dem hier gebotenen teilweisen Absehen von der Rückforderung führten.

(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten zu Unrecht erbracht worden sind, haben die Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, diesen Betrag der überweisenden Stelle zu erstatten, sofern er nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Ein Anspruch gegen die Erben bleibt unberührt.

(1) Wird ein Versorgungsberechtigter durch eine gesetzliche Änderung seiner Versorgungsbezüge mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann mit Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung aus Billigkeit ganz oder zum Teil abgesehen werden.

(3) Die Rückforderung von Beträgen von weniger als 5 Euro unterbleibt. Treffen mehrere Einzelbeträge zusammen, gilt die Grenze für die Gesamtrückforderung.

(4) § 118 Absatz 3 bis 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.