Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 04. Okt. 2018 - AN 9 S 18.31173

bei uns veröffentlicht am04.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den in Ziffer 5 des Bescheids vom 25. September 2018 ausgesprochene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Die am … 2016 geborene Antragstellerin ist äthiopische Staatsangehörige, das Asylverfahren ihrer Mutter blieb erfolglos und wurde laut Begründung des angefochtenen Bescheids seit 17. Januar 2017 rechtskräftig abgelehnt.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 zeigte das Landratsamt … die Geburt der Klägerin dem Bundesamt gemäß § 14a Abs. 2 AsylVfG an. Die Mutter der Antragstellerin wurde am 19. Juni 2018 in … zu den Asylgründen der Antragstellerin befragt und verwies dabei insbesondere auf die dieser in Äthiopien drohende Gefahr der Genitalverstümmelung, der Zwangsverheiratung bzw. der Vergewaltigung. Am 5. Juli 2018 ging beim Bundesamt ein ärztliches Attest des Dr. …vom 26. Juni 2018 ein, nach dem die Antragstellerin nicht beschnitten ist.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25. September 2018, den Antragstellervertretern zugestellt am 26. September 2018, wurden der Antrag auf Asylanerkennung wie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Ziffern 1 und 2), ebenso wie der Antrag auf subsidiären Schutz (Ziffer 3). In Ziffer 4 wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, in Ziffer 5 wurde die Antragstellerin aufgefordert, die Bundesrepublik binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und ihr die Abschiebung nach Äthiopien angedroht. Auf den Inhalt des Bescheids wird verwiesen.

Mit am 1. Oktober 2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 25. September 2018 erheben und beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin übermittelte dem Gericht die Asylakte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte, insbesondere der dort enthaltenen Schreiben und Schriftsätze, Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Der Antrag hat Erfolg, da ernstliche Zweifel an der Offensichtlichkeitsentscheidung bestehen, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Die mit dieser Verwaltungsentscheidung intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge. Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes daher auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht besteht, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Demnach darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an dem Offensichtlichkeitsurteil oder der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung - insbesondere das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes - einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält. Derartige Zweifel bestehen vorliegend. Die Ablehnung der Anträge in den Ziffern 1 bis 3 des angefochtenen Bescheids als offensichtlich unbegründet findet ihre Grundlage weder in der von der Antragsgegnerin der Entscheidung zugrunde gelegten Norm des § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylG noch in anderen Offensichtlichkeitstatbeständen des § 30 AsylG.

Nach § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a AsylG als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind. Diese Vorschrift soll eine als missbräuchlich anzusehende Asylbeantragung verhindern. Davon kann ausgegangen werden, wenn nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrags der Eltern oder eines sorgeberechtigten Elternteils für das Kind keine eigenen Asylgründe geltend gemacht werden (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand November 2017, § 30 AsylG Rn. 99, VG Ansbach, B.v. 28.6.2018 - AN 3 S 18.30783 - juris). Die Vorschrift dient dann auch der Verfahrensbeschleunigung.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Das Asylverfahren der Mutter der Antragstellerin ist seit Januar 2017 rechtskräftig abgeschlossen, Anhaltspunkte für ein anhängiges Folgeverfahren bestehen derzeit nicht. Da das Asylverfahren für die Antragstellerin auf Grund des § 14a Abs. 2 AsylG als gestellt erachtet wurde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass dies in missbräuchlicher Absicht geschah. Im Übrigen war nach den Angaben des Landratsamtes … im Vorlageschreiben der Aufenthalt der Mutter der Antragstellerin bis 15. August 2018 erlaubt, so dass für eine missbräuchliche Asylantragstellung damals unter dem Gesichtspunkt einer Verzögerung der Abschiebung bisher kein Anlass bestand.

Die Mutter hat im Asylverfahren dargelegt, dass nach ihrer Auffassung für die Antragstellerin eigene Asylgründe vorliegen, welche sie auch ausführlich dargestellt hat. Die geltend gemachte Befürchtung der Genitalverstümmelung ist bei Bestehen einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit geeignet, die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als „geschlechtsbezogene Handlung“ zu rechtfertigen, § 3a Abs. 2 Nr. 6 AsylG (vgl. z.B. VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30877 - juris Rn. 19 m.w.N.). Die Mutter der Antragstellerin hat die Befürchtung, sie könne die Beschneidung ihrer Tochter nicht verhindern, vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Lebensverhältnisse in der Anhörung ausführlich vorgetragen, auch daraus ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Asylantragstellung. Im Hinblick auf die Asylantragsbegründung erscheint auch die geltend gemachte Befürchtung, die Beschneidung der Antragstellerin für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien nicht verhindern zu können, nicht als von vorneherein ausgeschlossen, so dass der geltend gemachte Asylgrund nicht von vorneherein als völlig aussichtslos einzuschätzen ist.

Nachdem auch andere Gründe für die Offensichtlichkeitsentscheidung nicht vorliegen, bestehen an der ausgesprochenen Abschiebungsandrohung die oben dargestellten ernstlichen Zweifel, weshalb dem Antrag stattzugeben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 04. Okt. 2018 - AN 9 S 18.31173 zitiert 8 §§.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 30 Offensichtlich unbegründete Asylanträge


(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. (2) Ein Asylantrag ist

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 14a Familieneinheit


(1) Mit der Asylantragstellung nach § 14 gilt ein Asylantrag auch für jedes minderjährige ledige Kind des Ausländers als gestellt, das sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhält, ohne freizügigkeitsberechtigt oder im Besitz eines Aufenthaltstit

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Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 5 des Bescheides vom 11. Juni 2018 ausgesprochene Abschiebungsandrohung wird angeordnet. 2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfa

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Mit der Asylantragstellung nach § 14 gilt ein Asylantrag auch für jedes minderjährige ledige Kind des Ausländers als gestellt, das sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhält, ohne freizügigkeitsberechtigt oder im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein, wenn es zuvor noch keinen Asylantrag gestellt hatte.

(2) Reist ein minderjähriges lediges Kind des Ausländers nach dessen Asylantragstellung ins Bundesgebiet ein oder wird es hier geboren, so ist dies dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltsgestattung besitzt oder sich nach Abschluss seines Asylverfahrens ohne Aufenthaltstitel oder mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet aufhält. Die Anzeigepflicht obliegt neben dem Vertreter des Kindes im Sinne von § 12 Abs. 3 auch der Ausländerbehörde. Mit Zugang der Anzeige beim Bundesamt gilt ein Asylantrag für das Kind als gestellt.

(3) Der Vertreter des Kindes im Sinne von § 12 Abs. 3 kann bis zur Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes auf die Durchführung eines Asylverfahrens für das Kind verzichten, indem er erklärt, dass dem Kind keine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 und kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 drohen. § 13 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind auch anzuwenden, wenn der Asylantrag vor dem 1. Januar 2005 gestellt worden ist und das Kind sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufgehalten hat, später eingereist ist oder hier geboren wurde.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 5 des Bescheides vom 11. Juni 2018 ausgesprochene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien

Verfahrens.

3. Der Gegenstandswert beträgt 5.000,00 EUR.

Gründe

I.

Die am … 2018 in Nürnberg geborene Antragstellerin ist äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volkszugehörigkeit. Das Asylverfahren ihrer Mutter wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. Februar 2015 rechtskräftig negativ abgeschlossen (AN 3 K 14.30439).

Mit Schreiben vom 27. Februar 2018 beantragte die Mutter bei der Antragsgegnerin für die Antragstellerin Asyl. Hierbei machte sie für ihre Tochter die Gefahr der Genitalverstümmelung bei einer Rückkehr nach Äthiopien geltend.

Im Rahmen der persönlichen Anhörung am 8. Mai 2018 wiederholte die Mutter der Antragstellerin diese Befürchtungen. Sie können nicht zurück nach Äthiopien, da sie ihr Kind mitnehmen müsste. Sie hätte niemanden dort, nur den Onkel, mit dem sie zerstritten sei. Sie könne ihr Kind vor einer Beschneidung nicht schützen. Sie sei selbst beschnitten und leide sehr darunter. Sie leide unter Angstzuständen und gehe in die Mutter-Kind-Therapie. Ihr Kind werde beschnitten werden. Dies sei ein Muss. Sie selbst sei mit sieben Jahren beschnitten worden. Ihre Mutter habe sie belogen, mitgenommen und in einer ländlichen Gegend die Beschneidung durchführen lassen. Wenn sie zurückkehren müsste, müsste sie zu den Verwandten ihrer Mutter im ländlichen Gebiet zurückkehren. Da die Beschneidung sehr traditionell verankert sei, müsse jedes Mädchen beschnitten werden, sonst könne es nicht heiraten. In der Stadt würde sie mit ihrem Kind auf der Straße landen. Sie wisse nicht, mit wem ihre Tochter nach Äthiopien zurückgehen solle, sie könne sie nicht alleine lassen, sie müsse sie mitnehmen und könne sie nicht beschützen. Ob die Verwandten mütterlicherseits noch am Leben seien, wisse sie nicht, ebenso wenig, ob sie noch dort lebten. Es sei in der Region … gewesen. Sie hätte keinen Kontakt zu ihrem Onkel und wolle nicht zu ihm zurück, deshalb müsse sie zu den Verwandten ihrer Mutter gehen. Sie kenne sie nicht und wisse nicht, ob sie noch lebten. Sie habe keinen Kontakt zu ihnen. Mit dem Vater der Klägerin lebe sie in Deutschland nicht zusammen, aber sei von ihm nicht getrennt. Er habe eine Duldung und sei auch aus Äthiopien. Ob er Verwandtschaft im Heimatland habe, wisse sie nicht. Sie habe ihn im Jahr 2015 in Deutschland islamisch-traditionell geheiratet. Auf Frage, was über die Tradition der Beschneidung in Äthiopien wisse, gab die Mutter der Antragstellerin an, sie selbst sei zweimal beschnitten worden im Alter von sieben Jahren. Die Beschneidung führe zu den ganzen Nebenwirkungen, wie Schmerzen bei der Periode und beim Geschlechtsverkehr. Sie sei beim Frauenarzt gewesen, der ihr ein Gel verschrieben habe. Vor der Geburt sei sehr schlimm gewesen, da sie drei Tage lang Wehen gehabt habe. Ohne Beschneidung sage man den Mädchen nach, dass sie sich nicht konzentrieren könnten und sexuell aktiv seien. Außerdem führe die Beschneidung zu Infektion und hohem Fieber, da sie nicht hygienisch durchgeführt werde. Man erzähle zwar, dass die Beschneidungen nicht mehr durchgeführt würden, aber das stimme nicht, da sich die Mütter Gedanken machten, dass die Töchter nicht heiraten könnten. Es werde über die Beschneidung nicht gesprochen, deswegen wisse sie auch nicht, ob es in ihrer Umgebung nicht beschnittene Frauen gebe. Meistens bestimmten die Mütter, dass die Beschneidung durchgeführt wird. Das Schlimmste sei der Druck der Gemeinschaft, besonders in ländlichen Gebieten. Meistens lästerten die Nachbarn, dass das Mädchen kein gutes Kind werde, wenn es nicht beschnitten werde. Die Beschneidung führten Frauen durch, die dafür bezahlt würden, dies sei ihr Beruf. Sie würden von den Müttern benachrichtigt, es werde ein Termin vereinbart und die Beschneidung durchgeführt. Auf Frage, ob sie ihre Tochter beschneiden lassen würde, gab die Mutter der Klägerin an, sie könne für den Fall ihrer Rückkehr dagegen nichts tun. Sie wisse zwar, dass es eine Gefahr für das Kind sei, aber bei einem Leben auf dem Land sei das eben so. In der Schule würden die Kinder ihre Tochter auslachen, wenn sie nicht beschnitten sei. Auf Frage, wie dies die anderen Kinder herausfinden sollten, wenn es doch ein Tabuthema sei, gab die Mutter der Antragstellerin an, es sei ein Tabu zu fragen, ob man beschnitten sei. Aber in einer kleinen Gemeinde werde immer erzählt, dass das Kind nicht beschnitten sei. Die Gemeinde wisse darüber Bescheid, da es ein Fest nach der Beschneidung gebe. Auf Frage, wie der Vater der Antragstellerin zu dem Thema stehe, gab die Mutter der Antragstellerin an, die Männer glaubten an die Beschneidung, da nur beschnittene Frauen ihren Männern gehorchten. Der Vater ihrer Tochter gehe davon aus, dass das Kind in Äthiopien aufgrund des Drucks der Gemeinde beschnitten werde. Er sei aus politischen Gründen aus dem Land ausgereist. Sie werde ihm ihr Kind nicht geben. Sie selbst könne sie nicht beschützen, da es Tradition sei. Sie könne sich dem nicht einfach entziehen. Irgendwann würde ihre Tochter sonst selbst damit belastet sein, da die Gemeinde sie als Außenseiterin ansehen würde. Auf Frage, ob sie mit ihrem Mann in eine Großstadt ziehen könne, wo niemand sie kenne und niemand wüsste, dass die Tochter nicht beschnitten sei, gab die Mutter der Antragstellerin an, sie habe keine Zukunftspläne, mit ihrem Mann zurückzugehen oder mit ihm zu leben. Sie sei hier derzeit abhängig von der Therapie. Sie glaube nicht, dass sie eine Zukunft mit dem Vater der Antragstellerin habe. Deshalb lebe sie auch nicht mit diesem Mann zusammen. Er habe keine Sicherheiten in seinem Leben. Wenn es ihr selbst schlecht gehe, werde er auf das Kind aufpassen und sie könne sich nicht vorstellen, dass er dem Druck widerstehen werde, sie nicht beschneiden zu lassen.

Nach einem Vermerk der Antragsgegnerin vom 7. Juni 2018 geht diese vom alleinigen Sorgerecht der Mutter aus. Der Vater habe in seinem Asylverfahren zwar eine Vaterschaftsanerkennung vorgelegt, jedoch sei diese weder von ihm unterzeichnet, noch sei die aufschiebende Bedingung - hier Zustimmung der Kindesmutter - ersichtlich. Einem weiteren Vermerk vom selben Tag ist zu entnehmen, der Antragstellerin drohe bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Genitalbeschneidung. Die Mutter habe zwar angegeben, gegen eine Beschneidung zu sein, sich aber dem Druck der Gemeinschaft nicht widersetzen zu können. Dabei habe sie nicht konkret angeben können, wer genau bestimmen würde, dass ihre Tochter beschnitten werden müsse. Dem Vortrag der Mutter zufolge lebten nur noch ihr Onkel und möglicherweise Verwandte ihrer Mutter in Äthiopien, die sie aber nicht kenne. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 28. Februar 2014 sei im Asylverfahren der Mutter festgestellt worden, dass die vorgetragene beabsichtigte Zwangsheirat durch den Onkel der Mutter unglaubhaft sei. Auch aus dem Urteil des VG Ansbach vom 5. Februar 2015 gehe hervor, dass aufgrund der unglaubhaften Angaben zum Reiseweg auch das gesamte Vorbringen zu den Umständen, die zur Ausreise der Mutter aus dem Heimatland geführt haben sollten und auch ihre Angaben zu den noch in Äthiopien lebenden Verwandten infrage gestellt werden müssten. Daher wäre (jetzt) auch eine Rückkehr zum Onkel der Mutter nach … in Betracht zu ziehen. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die Mutter der Antragsgegnerin einem eventuell ausgeübten Druck seitens ihres Onkels nicht erfolgreich zur Wehr setzen könne, zumal sie selbst angegeben habe, dass grundsätzlich die Mutter über eine Beschneidung bestimme. Von einer Gefahr der Genitalverstümmelung seitens des Vaters des Kindes oder dessen Familie sei im vorliegenden Fall nicht auszugehen, da sie mit diesem keine gemeinsame Zukunft plane. Außerdem fehle es an der Unmittelbarkeit der vorgetragenen Verfolgung, da laut dem Vortrag der Mutter der Klägerin diese selbst im Alter von etwa sieben Jahren beschnitten worden sei. Bis dahin vergingen noch mehrere Jahre und es sei davon auszugehen, dass bei weiter durchgeführten Antibeschneidungsprogrammen und Aufklärungskampagnen die Zahl der Befürworter der FGM weiter stark zurückgehe, folglich nur noch eine Minderheit der äthiopischen Bevölkerung auf eine Beschneidung junger Mädchen und Frauen bestehen werde. Demzufolge fehle es hier an einem substantiierten Sachvortrag.

Die Mutter der Antragstellerin legte im Verfahren vor dem Bundesamt ein Attest der … aus … vom 22. Mai 2018 vor, wonach bei der Mutter der Antragstellerin eine Beschneidung stattgefunden habe. Des Weiteren wird ausgeführt, die gesundheitlichen Folgen der FGM sei eine Traumatisierung durch den Eingriff, eine sekundäre Depression, Dyspareunie, Anorgasmie und rezidivierende Harnwegsinfekte. Es bestehe die Notwendigkeit einer antidepressiven Therapie, welche seit 2013 mit Pausen stattfinde. Aktuell sei die Patientin wegen Depressionen in der Mutter-Kind-Tagesklinik im Klinikum … in Behandlung. Eine operative Erweiterung des Scheideneingangs sei indiziert. Um Nierenbeckenentzündungen zu vermeiden, wären immer wieder Antibiotikatherapien erforderlich.

Aus einer Bescheinigung der Kinderarztpraxis …, …, vom 9. Mai 2018 ergibt sich, dass die Antragstellerin nicht beschnitten ist.

Einem psychologischen Kurzbericht des psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge, …, vom 25. Mai 2018 ist zu entnehmen, dass bei der Mutter der Antragstellerin eine mittelgradige depressive Episode (F 32.1) bestehe.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2018, der als Einschreiben am 12. Juni 2018 ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten zur Post gegeben wurde, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 2), lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Antragstellerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihr anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme verpflichteten oder bereiten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreiseund Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, bei der in Äthiopien besonders in ländlichen Gegenden immer noch verbreiteten Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung handele es sich um eine Maßnahme, die im privaten Umfeld der betroffenen Mädchen veranlasst werde. Die Mutter der Antragstellerin habe erklärt, ihre Tochter nicht beschneiden lassen zu wollen. Im Normalfall entscheide die Mutter, ob die Tochter beschnitten werde. Der Druck, die Beschneidung der weiblichen Nachkommen durchführen zu lassen, komme jedoch von den männlichen älteren Familienangehörigen und Vätern oder auch künftigen Ehemännern. Die Mutter der Antragstellerin habe dargelegt, die Gesellschaft würde sie dazu zwingen, die Beschneidung durchführen zu lassen. Auch wenn man davon ausgehe, dass ein entsprechender Druck seitens der Gesellschaft bestehe, sei dennoch anzunehmen, dass die Mutter der Antragstellerin sie vor der Beschneidung bewahren könne. Es gebe zahlreiche Aufklärungsmaßnahmen, die sich gegen die weibliche Genitalbeschneidung richteten und auch von Erfolg gekrönt worden sein. Hinzu komme, dass Personen, die lange Zeit im Ausland waren und nach Äthiopien zurückkehrten, eine eher privilegierte und autonome Position genössen. Auch deswegen sei anzunehmen, dass die Gesellschaft keine Handhabe hätte, sie konkret zur Durchführung der Genitalbeschneidung bei der Antragstellerin zu zwingen. Darüber hinaus bestünde auch die Möglichkeit, sich wegen einer Beratung oder auch Hilfestellung an die zahlreichen Nichtregierungsorganisationen oder auch an staatliche Stellen zu wenden, um sich gegen eine seitens der Verwandtschaft forcierte Beschneidung - die aber an sich schon wie aufgezeigt unwahrscheinlich sei - zu wehren.

Der Asylantrag werde zudem als offensichtlich unbegründet abgelehnt, da ein Fall des § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylG vorliege.

Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides Bezug genommen.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten, der am 19. Juni 2018 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ die Antragstellerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben (AN 3 K 18.30784).

Gleichzeitig wird beantragt,

deren aufschiebende Wirkung gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.

Zur Begründung wird ausgeführt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin. Es werde einfach behauptet, die Mutter der Antragstellerin werde sich gegen Beschneidung zur Wehr setzen können. Entsprechende Belege würden nicht angeführt. Der bloße Verweis auf Aufklärungsprogramme reiche an dieser Stelle nicht aus. Letztlich handele es sich hier nur um eine Vermutung der Antragsgegnerin. Aktuellen Quellen sei zu entnehmen, dass es in Äthiopien keinen einzigen Fall der Strafverfolgung wegen der Durchführung einer Beschneidung gebe. Das UN-Komitee für die Rechte der Kinder führe in seinem Bericht zu Äthiopien vom 10. Juli 2015 an, die Praxis der Beschneidung sei zwar gesetzlich verboten. Dieses Verbot werde jedoch nicht umgesetzt, wie die sehr hohe Zahl der beschnittenen Mädchen zeige. Staatlicher Schutz werden nicht gewährt. Frauen, die nicht beschnitten seien und/oder ihre Töchter nicht beschneiden ließen, gülten in dem traditionellen Bild Ostafrikas als unkeusch, lose und mindestens potentielle Huren. Sie seien nicht heiratsfähig. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin verwies hierzu auf Berichte verschiedener Stellen. Das Risiko, Opfer einer Beschneidung zu werden, bestehe nach wie vor im erheblichen Umfang. Das Argument, es vergehe auch noch einige Zeit, bis die Antragstellerin das Alter von sieben Jahren erreiche, sei nicht tragfähig. Denn die Beschneidung werde im Kleinkindalter vorgenommen. Bei der Mutter der Antragstellerin sei es zu einer Verzögerung gekommen, da diese als Kind habe umsiedeln müssen. Die Mutter der Antragstellerin habe eine Bedrohungslage für sich als alleinerziehende Frau und ihre Tochter geschildert. Die erhebliche Bedeutung dieser besonderen Situation bei der Einschätzung der Widerstandsmöglichkeiten der Mutter sei im streitgegenständlichen Bescheid nicht thematisiert worden. Auch der Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach sei nicht geeignet, die Entscheidung zu unterstützen. Außerdem lasse die Antragsgegnerin die vorgelegten Atteste über den Gesundheitszustand der Mutter der Antragstellerin außer acht. Diese sei psychisch erkrankt, leide an qualifizierten Depressionen. Dies schränke ihre Handlungund Leistungsfähigkeit ein. Die Erkrankung verschlimmerte sich in Stresslagen, wozu auch eine Rückkehr nach Äthiopien mit der Antragstellerin zu zählen sei. Sie wäre nicht dazu in der Lage, sich ausreichend um die Antragstellerin zu kümmern und könne sie insbesondere nicht davor schützen, von Personen aus dem Umfeld einer Beschneidung unterzogen zu werden. Darüber hinaus bestehe auch hier jedenfalls ein Abschiebungsverbot zugunsten der Antragstellerin, da sie und ihre Mutter aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen im Lande als alleinerziehende Mutter mit Kind ohne den Schutz der Großfamilie nicht überlebensfähig seien. Bei der Beschneidung von Mädchen handele es sich keinesfalls nur um eine Privatsache, sondern es handle sich um eine soziale Norm, die von der Gruppe gefordert und durchgesetzt werde, wie ihre ritualisierte Durchführung und die entsprechenden Feste belegten.

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 22. Juni 2018, den Antrag abzulehnen.

Auf Anfrage beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurde mitgeteilt, dass sich der Vater der Antragstellerin im Asylfolgeverfahren befinde, das er am 15. Januar 2014 beantragt habe. Ein entsprechender Bescheid sei in Vorbereitung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenund Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die gemäß § 75 AsylG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 der VwGO anzuordnen, ist zulässig und begründet.

Die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG wurde eingehalten, da der Bescheid am 12. Juni 2018 zur Post gegeben wurde und der Antrag am 19. Juni 2018 bei Gericht einging.

Der Antrag hat Erfolg, da ernstliche Zweifel an der Offensichtlichkeitsentscheidung bestehen,

§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Die mit dieser Verwaltungsentscheidung intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge. Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes daher auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht besteht, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen.

Demnach darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an dem Offensichtlichkeitsurteil oder der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung - insbesondere das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes - einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.

Derartige Zweifel bestehen vorliegend.

Die Ablehnung der Anträge in den Ziffern 1 bis 3 des angefochtenen Bescheides als offensichtlich unbegründet findet ihre Grundlage weder in der von der Antragsgegnerin der Entscheidung zugrunde gelegten Norm des § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylG noch in anderen Offensichtlichkeitstatbeständen des § 30 AsylG.

1. Nach § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a AsylG als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

Diese Vorschrift soll eine als missbräuchlich anzusehene Asylbeantragung verhindern. Davon kann ausgegangen werden, wenn nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrags der Eltern oder eines sorgeberechtigten Elternteils für das Kind keine eigenen Asylgründe geltend gemacht werden (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand November 2017, § 30 AsylG, Rn. 99). Die Vorschrift dient dann auch der Verfahrensbeschleunigung.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Das Asylverfahren der Mutter der Klägerin ist seit 2015 rechtskräftig abgeschlossen. Anhaltspunkte für ein anhängiges Folgeverfahren bestehen derzeit nicht. Die Antragstellerin wurde im Februar 2018 geboren. Schon wegen dieser zeitlichen Zäsur bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der ausdrücklich gestellte Asylantrag für die Antragstellerin in missbräuchlicher Absicht gestellt wurde.

Die Mutter hat unverzüglich nach der Geburt für ihre Tochter Asyl beantragt und damit zum Ausdruck gebracht, dass ihrer Auffassung nach für die Antragstellerin eigene Asylgründe vorliegen, welche sie in dem Antrag konkret benannt hat. Die geltend gemachte Befürchtung der Genitalverstümmelung ist bei Bestehen einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit geeignet, die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als „geschlechtsbezogene Handlung“ zu rechtfertigen, § 3 a Abs. 2 Nr. 6 AsylG (vgl. VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 – AN 3 K 16.30877 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Die Mutter der Antragstellerin hat zu der Befürchtung, sie könne die Beschneidung ihrer Tochter nicht verhindern, vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Lebensverhältnisse in der Anhörung ausführlich vorgetragen. Auch aus diesem Vorbringen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Asylantragstellung.

Da die Antragstellerin nicht in stabilen Familienverhältnissen lebt und die Mutter nach der vorgelegten Bescheinigung psychisch beeinträchtigt scheint, ist die geltend gemachte Befürchtung, die Beschneidung der Antragstellerin für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien nicht verhindern zu können, auch nicht von vornherein ausgeschlossen, so dass der geltend gemachte Asylgrund nicht von vorherein als völlig aussichtslos einzuschätzen ist.

2. Nachdem auch andere Gründe für die Offensichtlichkeitsentscheidung nicht vorliegen, bestehen an der ausgesprochenen Abschiebungsandrohung die oben dargestellten ernstlichen Zweifel, weshalb dem Antrag stattzugeben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG nicht mit der Beschwerde angreifbar.

(1) Mit der Asylantragstellung nach § 14 gilt ein Asylantrag auch für jedes minderjährige ledige Kind des Ausländers als gestellt, das sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhält, ohne freizügigkeitsberechtigt oder im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein, wenn es zuvor noch keinen Asylantrag gestellt hatte.

(2) Reist ein minderjähriges lediges Kind des Ausländers nach dessen Asylantragstellung ins Bundesgebiet ein oder wird es hier geboren, so ist dies dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltsgestattung besitzt oder sich nach Abschluss seines Asylverfahrens ohne Aufenthaltstitel oder mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet aufhält. Die Anzeigepflicht obliegt neben dem Vertreter des Kindes im Sinne von § 12 Abs. 3 auch der Ausländerbehörde. Mit Zugang der Anzeige beim Bundesamt gilt ein Asylantrag für das Kind als gestellt.

(3) Der Vertreter des Kindes im Sinne von § 12 Abs. 3 kann bis zur Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes auf die Durchführung eines Asylverfahrens für das Kind verzichten, indem er erklärt, dass dem Kind keine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 und kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 drohen. § 13 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind auch anzuwenden, wenn der Asylantrag vor dem 1. Januar 2005 gestellt worden ist und das Kind sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufgehalten hat, später eingereist ist oder hier geboren wurde.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Klägerin ist äthiopische Staatsangehörige, Amharin und Christin. Sie wurde am ... in ... geboren.

Die Verfahren der Eltern der Klägerin sind unter den Aktenzeichen AN 3 K 16.30652 und AN 3 K 16.30433 beim Verwaltungsgericht Ansbach anhängig. Auf diese Verfahren wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 teilte die Ausländerbehörde dem Bundesamt mit, dass die Klägerin geboren wurde. Daraufhin ging das Bundesamt aufgrund der Antragsfiktion des § 14 a Abs. 2 AsylG mit dem 31. Juli 2015 von einem Asylantrag der Klägerin aus. Mit Schreiben vom 18. September 2015 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber dem Bundesamt mit, der Klägerin drohe bei einer Rückkehr in das Heimatland ihrer Eltern die konkrete Gefahr einer Beschneidung bzw. einer FGM. Dies entspreche den so genannten Traditionen der Familie bzw. des Volkes der Eltern. Die Mutter der Klägerin, die eine Beschneidung ihrer Tochter ablehne, sei selbst einer genitalen Verstümmelung unterzogen worden. Die Familien der Eltern der Klägerin seien aus traditionellen Gründen für eine Beschneidung und dementsprechend bestehe für die Eltern der Klägerin keine Möglichkeit, sich insoweit durchzusetzen und dauerhaft zu verhindern, dass die Klägerin einer FGM unterzogen werde. Hierzu sei - trotz gegenteiliger gesetzlicher Regelungen in Äthiopien - keine Möglichkeit vorhanden, staatlichen Schutz zur Verhinderung einer FGM zu erlangen. Hierzu verwies der Prozessbevollmächtigte auf die Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 20. Oktober 2010 mit dem Titel: „Äthiopien: Gewalt gegen Frauen“. Aus diesen Gründen sei der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Mit Schreiben vom 2. November 2015 legte der Prozessbevollmächtigte ein ärztliches Attest des ... aus ... vom 13. Oktober 2015 vor, nachdem bei der Mutter der Klägerin eine Genitalverstümmelung durchgeführt worden sei.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2016 hörte das Bundesamt die Klägerin zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes an.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2016, der als Einschreiben am 6. Juli 2016 zur Post gegeben wurde, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und drohte anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, die Mutter der Klägerin lehne eine Beschneidung ab. Deswegen könne die Klägerin ohne Probleme gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Vater nach Äthiopien zurückkehren. Es sei zu erwarten, dass die Familie in der Lage sei, gemeinsam den Lebensunterhalt zu sichern. Sie müssten sich bei einer Rückkehr nicht in den Einflussbereich ihrer Familien begeben, die eine Beschneidung wünschen. Es sei auch entgegen der Ausführungen des Prozessbevollmächtigten sehr wohl möglich, aktiv staatlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Da beide Elternteile gegen eine Beschneidung seien, sei nicht erkennbar, wieso die Klägerin davon bedroht sein sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten, der am 15. Juli 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ die Klägerin Klage gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes erheben.

Sie beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2016 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, der Klägerin den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiterhin hilfsweise festzustellen, dass bei der Klägerin Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 16. August 2016 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach

§ 3 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge), weshalb der Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, §§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Klägerin, die in Deutschland geboren ist, muss für den Fall ihrer Einreise nach Äthiopien nicht mit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG befürchten.

Zwar ist eine konkret drohende Beschneidung geeignet, Flüchtlingsschutz zu begründen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 14.2.2014 - 1 A 1139/13.A -, juris Rn. 80; VG Aachen, U. v. 16.9.2014 - 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m. w. N.; VG Würzburg, U. v. 5.12.2014 - W 3 K 14.30001 -, juris Rn. 31 ff.; VG Ansbach, U. v. 24.9.2015 - AN 3 K 14.30480 - ; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn. 35).

Die Eltern der Klägerin erklärten in der mündlichen Verhandlung jedoch übereinstimmend, sie seien gegen die FGM bei ihrer Tochter. Sie befürchteten aber für den Fall ihrer Weigerung soziale Ausgrenzung.

Auch sei eine gewaltsame Wegnahme ihrer Tochter zur Durchführung der Beschneidung denkbar.

Allerdings stellten sie nicht genauer dar, welche Personen eine solche Wegnahme durchführen sollten. Die Bedenken hierzu wurden nur sehr vage und allgemein geäußert. Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen ist die Durchführung einer FGM hauptsächlich von der Haltung der Mutter abhängig. Diese wird bei niedrigem Bildungsstand eine FGM eher durchführen lassen, eine höhere Bildung führt eher dazu, dass FGM ausbleibt (Terre des Femmes - Menschenrechte für die Frau e.V. - Äthiopien, 16.9.2015).

Aufgrund der übereinstimmend klar geäußerten Ablehnung der Eltern besteht nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der der Klägerin in Äthiopien eine Beschneidung droht, zumal sich langsam insgesamt ein Rückgang der Beschneidungen verzeichnen lässt (Bericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschieberelevanten Lage in Äthiopien vom 24. Mai 2016 II. 1. 1.8.1. S. 15; Terre des Femmes, a. a. O.). Warum eine FGM bei der Klägerin gegen den klar geäußerten Willen der Eltern durchgeführt werden sollte bzw. es ihnen nicht möglich wäre, sich gegen entsprechende Erwartungen seitens der Familien durchzusetzen, wurde aus dem Vortrag der Eltern nicht deutlich.

Gründe für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG oder für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurden nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich, nachdem die Klägerin gemeinsam mit ihren Eltern, die ihren Lebensunterhalt werden sichern können, da sie jung und gesund sind, nach Äthiopien einreisen wird.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Demnach war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

zu beantragen.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Gegenstandswert beträgt 5.000,00 EUR, § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Beschluss:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung war abzulehnen.

Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO. Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.