Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 07. Nov. 2016 - 7 K 2010/16.A
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist albanischer Staatsangehöriger. Er war nach zwei erfolglosen Asylverfahren in den Jahren 1999 und 2005 mit seiner Familie im Februar 2014 in das Bundesgebiet eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Diesen hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 01. April 2014 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage hatte der Kläger am 15. Juli 2014 zurückgenommen (Aktenzeichen 1 K 727/14.A).
3Am 5. Februar 2015 beantragte der Kläger das Wiederaufgreifen des Verfahrens in Bezug auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zur Begründung machte er unter Vorlage eines fachärztlichen Attests der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der N. gGmbH vom 11. Dezember 2014 geltend, an paranoider Schizophrenie erkrankt zu sein.
4Mit Bescheid vom 01. August 2016 stellte das Bundesamt fest, dass die Voraussetzungen für Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen.
5Der Kläger hat am 24. August 2016 Klage erhoben. Zur Begründung hat er mehrere ärztliche Atteste und Schreiben vorgelegt. Er beantragt,
6die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 01. August 2016 zu verpflichten festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Albaniens vorliegen.
7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
8die Klage abzuweisen.
9Zur Begründung beruft sie sich auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.
10Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe
12Die Kammer konnte entscheiden, obwohl die Beklagte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Sie wurde unter Hinweis auf die Möglichkeit geladen, dass eine Entscheidung auch bei Nichterscheinen ergehen könne (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 01. August 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14Zwar sind die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 71 Abs. 1 i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vor. Dies hat das Bundesamt zu Recht festgestellt. Daher sieht die Kammer insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Allerdings liegen keine Abschiebungsverbote gemäß der §§ 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor.
151.) § 60 Abs. 5 AufenthG greift ein, wenn sich die Unzulässigkeit der Abschiebung aus der Anwendung der Konvention vom 04. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt. Im vorliegenden Fall bestehen aber keine Anhaltspunkte, dass dem Kläger in Albanien Menschenrechtsverletzungen im Sinne der EMRK drohen könnten.
162.) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Albanien.
17Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h. die drohende Rechtsgutsverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein.
18Vgl. BayVGH, Urteil vom 23.07.2014 - 19 B 12.1073 -, juris Rn. 97; Nds.OVG, Urteil vom 10.11.2011 - 8 LB 108/10 -, juris Rn. 28; VG Aachen, Urteil vom 11.02.2015 – 7 K 720/14.A – juris Rn. 55; VG Ansbach, Urteil vom 21.01.2015 - AN 9 K 13.30394 -, juris Rn. 26 m.w.N.; VG Düsseldorf, Urteil vom 09.12.2014 - 17 K 6765/14.A -, juris Rn. 5 m.w.N.
19Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung und die mit einer Erkrankung verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat verschlimmern, ist in der Regel als individuelle Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einzustufen.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2006 – 1 C 18.05 – juris Rn. 15; BayVGH, Beschluss vom 21.09.2016 – 10 C 16.1164 –, juris Rn. 13.
21Die Gesundheitsgefahr muss erheblich sein. Die Verhältnisse im Abschiebezielstaat müssen also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität, etwa eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, erwarten lassen. Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der ab dem 17. März 2016 geänderten Fassung nachgezeichnet.
22Vgl. BayVGH, Beschluss vom 21.09.2016 – 10 C 16.1164 –, juris Rn. 13; Nds.OVG, B.v. 19.8.2016 – 8 ME 87.16 –, juris Rn. 4.
23Nach dieser Bestimmung liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Mit dieser Präzisierung wird klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach § 60 Abs. 6 Satz 1 AufenthG darstellen.
24Vgl. zur Intention des Gesetzgebers: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren, BT-Drs. 18/7538 S. 18 f.
25Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 – 1 C 1.02 –, juris Rn. 9; BayVGH, Beschluss vom 21.09.2016 – 10 C 16.1164 –, juris Rn. 13.
27Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Diese Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland. Nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ist demgemäß nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Der Asylbewerber muss sich daher grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, auch wenn dieser dem Niveau in Deutschland nicht entspricht.
28Vgl. VG München, Beschluss vom 09.09.2016 – M 10 S 16.30802 –, juris Rn. 8; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.08.2016 – 17 L 2574/16.A –, juris Rn. 51; VG Arnsberg, Beschluss vom 23.02.2016 – 5 L 242/16.A – juris Rn. 64 m.w.N. Zur Rechtslage vor Änderung des § 60 Abs. 7 AufenthG OVG NRW, Beschluss vom 05.08.2004 - 13 A 2160/04.A -, juris Rn. 5.
29Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland eintreten wird.
30Vgl. Nds.OVG, Urteil vom 10.11.2011 – 8 LB 108/10 –, juris m.w.N.
31Gemessen an diesen Kriterien kann eine Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht wegen einer Erkrankung des Klägers angenommen werden.
32Eine psychische Erkrankung kann aufgrund der vorgelegten ärztlichen Atteste und Bescheinigungen nicht zweifelhaft sein. Auffällig ist freilich, dass allein die behandelnde Psychiaterin, die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. von der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der N. gGmbH von einer paranoiden Schizophrenie u.a. ausgeht (vgl. fachärztliche Atteste vom 11. Dezember 2014 und vom 30. Juni 2016). Demgegenüber gehen sowohl der Amtsarzt des Kreises F. , Facharzt für Psychiatrie L1. , in seiner psychiatrischen Stellungnahme vom 18. Dezember 2014 als auch der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in seinem Attest vom 26. September 2014 im Schwerpunkt von einer depressiven Erkrankung aus. Diese Diagnose konnte indes von dem Arzt für Innere Medizin und für psychotherapeutische Medizin Dr. H. nicht verifiziert werden. Er selbst hat in seiner fachärztlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 30. September 2016 eine Psychose angenommen. Eine Störung dieser bzw. der von der behandelnden Psychiaterin angenommenen Art kann nach den der Kammer vorliegenden Erkenntnismitteln aber auch in Albanien behandelt werden:
33Die medizinische Versorgung in Albanien ist in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken grundsätzlich kostenlos. Komplizierte Behandlungen können in Tirana und anderen großen Städten durchgeführt werden. Die Medikamentenversorgung ist problemlos. Örtliche Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment an gängigen Medikamenten an, die zum großen Teil aus der EU importiert werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen. Das staatliche Institut für Gesundheitsversicherungen (sog. Health Insurance Institute – HII –) trägt in Albanien die Kosten für primäre Gesundheitsversorgung und erstattet die Kosten für gewisse Medikamente zurück. Vollständig versicherte Personengruppen sind Pensionierte, Arbeitslose, Studierende, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Die staatliche Krankenversicherung übernimmt in der Regel die Kosten für das billigste vorhandene Generikum bei Standard-Medikamenten. Sofern nicht sämtliche Kosten übernommen werden, sind vom Patienten entsprechende Medikamenten-Zuzahlungen zu leisten.
34Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 16. August 2016 (Stand: Mai 2016), Seite 13 f.; IOM - International Organization for Migration, Information on Return and Reintegration in the Countries of Origin - IRRICO: Albania von Juli 2016; Deutsche Botschaft Tirana, Auskunft an VG Aachen vom 17. Februar 2015; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft an VG Aachen vom 02. Dezember 2015, Seiten 7 und 10.
35Diese Grundsätze gelten auch für psychische Erkrankungen.
36Vgl. VG München, Urteil vom 22.08.2016 - M 2 K 15.31150 -, juris Rn. 22; VG München, Beschluss vom 30.06.2016 - M 16 S 16.31393 -, juris Rn. 30; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2016 – 17 L 2574/16.A –, juris Rn. 67.
37Insbesondere sind die zur Behandlung psychischer Erkrankungen verwendeten Medikamente in Albanien regelmäßig erhältlich.
38vgl. Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Tirana, Auskunft vom 29. März 2013 an Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung, Blutrache, Auskunft der SFH-Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, Seite 6; aus der Rechtsprechung VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2016 – 17 L 2574/16.A –, juris Rn. 67 m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18.07.2016 – 17 L 1782/16.A –, juris Rn. 41 m.w.N.
39Auch die dem Kläger konkret verschriebenen Medikamente sind nach den Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, in Albanien verfügbar. Er kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Medikamente für ihn nicht finanzierbar seien. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger als Arbeitsloser nach entsprechender Registrierung zu den vollständig versicherten Personengruppen zu zählen ist.
40Sind somit die erforderlichen Medikamente allgemein und auch für den Kläger verfügbar, ist ein wesentlicher Bestandteil der gegenwärtigen Behandlung des Klägers gewährleistet. Nach dem fachärztlichen Attest der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der N. GmbH vom 30. Juni 2016 - Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. I. - findet derzeit eine psychotherapeutische Behandlung nicht statt, weil der Kläger nicht psychotherapiefähig ist. Aus diesem Grund beschränkt sich die Behandlung auf psychiatrische Konsultationen regelmäßig alle 5 Wochen für eine Dauer von etwa 30 Minuten. Die Tochter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung in etwa gleich von einem Arztbesuch alle 1 bis 2 Monate gesprochen. Die Kammer verkennt zwar nicht, dass der Amtsarzt des Kreises F. , Facharzt für Psychiatrie L1. , in seiner psychiatrischen Stellungnahme vom 30. September 2014 ausgeführt hat, die Voraussetzungen für eine stationäre psychiatrische Behandlung seien gegeben, zumindest aber wäre eine engmaschige ambulante Behandlung erforderlich. Maßgeblich ist indes allein, dass faktisch der Kläger nicht stationär psychiatrisch behandelt worden ist und wird und dass er auch nicht engmaschig ambulant betreut wird. Es spricht angesichts der Erkenntnislage nichts dafür, dass eine eher weitmaschige Behandlung nicht auch im Heimatland des Klägers möglich wäre. So sind insbesondere in Tirana Psychologen und Psychotherapeuten niedergelassen.
41Vgl. Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Tirana, Auskunft vom 01. Juni 2012 an Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; aus der Rechtsprechung VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2016 – 17 L 2574/16.A –, juris Rn. 67 m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18.07.2016 – 17 L 1782/16.A –, juris Rn. 41 m.w.N.
42Zudem sind neben gut ausgestatteten Privatkliniken, die für den Kläger finanziell freilich nicht erreichbar sein dürften, in Albanien auch Nichtregierungsorganisationen ansässig, die Dienstleistungen für psychisch kranke Personen anbieten.
43Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung, Blutrache, Auskunft der SFH-Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, Seite 7 f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. April 2016 - 17 L 410/16.A. -, n.v.; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Juli 2016 - 17 K 6384/16.A -.
44Darüber hinaus steht Patienten mit psychischen Erkrankungen grundsätzlich das Recht zu, kostenlos in ein allgemeines Krankenhaus eingewiesen oder ambulant behandelt zu werden.
45Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Behandlung von Epilepsie und Depressionen, Auskunft der SFH-Länderanalyse, Stand: 02. Dezember 2015, Seite 11.
46Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die von dem Arzt für Innere Medizin und für Psychotherapeutische Medizin Dr. H. in seiner fachärztlichen gutachtlichen Stellungnahme vom 30. September 2016 geforderte "fachärztliche regelmäßig überwachte Behandlung" auch in Albanien möglich ist. Dass sie daran scheitern würde, dass der Kläger erforderliche private Zuzahlungen leisten müsste, ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Viele Patienten geben dem ärztlichen Personal von sich aus Geld, weil sie durch tief sitzendes Misstrauen gegenüber dem Establishment das Gefühl haben, sonst nicht die bestmögliche Behandlung zu erhalten.
47Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 16. August 2016 (Stand: Mai 2016), Seite 13; Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Tirana, Auskunft vom 15. März 2016 an VG Gießen.
48Selbst für den Fall, dass der Standard einer Behandlung in Albanien hinter dem hiesigen zurückbliebe, genügte dies nicht, um von einer konkreten, d.h. alsbald eintretenden und erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation der Klägerin zu 1) auszugehen. Denn die Gewährung von Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Die Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland.
49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.06.2005 - 11 A 4518/02.A -, juris Rn. 23; VG Aachen, Beschluss vom 30.10.2015 - 6 L 807/15.A , juris Rn. 40.
50Soweit Dr. H. auf das Problem des Abbruchs der "haltgebenden" Beziehung des Klägers zu seiner hiesigen Psychiaterin hinweist, muss der Aspekt im vorliegenden Zusammenhang außer Betracht bleiben. Denn krankheitsbedingte Gefahren, die sich allein als Folge des Abschiebungsvorgangs bzw. wegen des Verlassens des Bundesgebietes, nicht aber wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ergeben können, begründen kein Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG und sind deshalb nicht vom Bundesamt im Asylverfahren, sondern als inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse von der zuständigen Ausländerbehörde zu prüfen.
51Vgl. BVerwG, BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 – 1 C 1/02 – juris Rn. 9; BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - BVerwG 9 C 8.99 -, juris Rn. 13 m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 06.12.2011 – 10 B 23/11 –, juris Rn. 8; BayVGH, Urteil vom 08.03.2012 – 13a B 10.30172 – juris Rn. 25; Nds.OVG, Urteil vom 28.06.2011 – OVG 8 LB 221.09 –, juris Rn. 28; VG München, Urteil vom 27.08.2015 – M 2 K 14.30925 –, juris Rn. 19; VG Berlin, Urteil vom 28. Januar 2015 – 7 K 617.14 A –, juris Rn. 57.
52Nichts anderes gilt für die übrigen in der Stellungnahme von Dr. H. genannten „unterstützenden Umweltfaktoren“.
53Die zunächst vom Amtsarzt des Kreises F. , Facharzt für Psychiatrie L1. , in seiner psychiatrischen Stellungnahme vom 18. Dezember 2014 getroffene Aussage, dass der Kläger nicht eigenständig leben könne – zustimmend aufgegriffen von Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 30. September 2016 –, rechtfertigt die Annahme eines Abschiebungsverbots i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ebenfalls nicht. Der Kläger kann auch hier in Deutschland nicht eigenständig leben, sondern ist auf fremde Hilfe angewiesen. Sie wird ganz überwiegend von seiner Ehefrau und seiner Tochter geleistet. Nach einer Rückkehr in ihr Heimatland gemeinsam mit dem Kläger werden sie ihn auch dort betreuen können. Überdies leben weitere (enge) Familienangehörige in Albanien.
54Für Rückkehrer nach Albanien besteht überdies nicht aufgrund der wirtschaftlichen Lage allgemein eine Extremsituation, in der Gefahr für Leib und Leben droht.
55Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 AsylVfG vom 16. August 2016 (Stand: Mai 2016), Seite 13; aus der Rechtsprechung VG München, Beschluss vom 03.05.2016 – M 16 S 16.30497 –, juris Rn. 14; VG Hamburg, Beschluss vom 14.04.2016 – 2 AE 1426/16 –, juris Rn. 24; VG Regensburg, Urteil vom 30.06.2015 – RO 6 K 15.30516 –, juris; VG Aachen, Urteil vom 16.10.2014 – 1 K 1201/14.A –, juris.
56Nach dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in Albanien vom 16. August 2016 ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln gesichert. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen, zu denen auch Familien mit keinem oder geringen Einkommen gehören, Sozialhilfe und Invalidengeld durch Geldbeträge, die sich derzeit zwischen einem monatlichen Sozialhilfesatz von 3.000,-- ALL (ca. 21,-- Euro) und für Familienoberhäupter von 8.000,-- ALL (ca. 57,-- Euro) sowie einem Invalidengeld von 9.900,-- ALL (ca. 70,-- Euro) bewegen. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, werden subventioniert. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen engagiert sich im sozialen Bereich.
57Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 AsylVfG vom 16. August 2016 (Stand: Mai 2016), Seite 13.
58Daneben kann der Kläger auf die Unterstützung seiner Familie bauen. Generell kommt in Albanien insbesondere im ländlichen Bereich der Großfamilie – nach wie vor – die Aufgabe zu, Familienmitglieder in Not aufzufangen.
59Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 AsylVfG vom 16. August 2016 (Stand: Mai 2016), Seite 13.
60Stichhaltige Gründe für die Annahme einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in Albanien sind daher nicht anzunehmen.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.