Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 08. Juni 2016 - 6 K 558/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung der Beklagten, mit der ihm die Haltung seines Hundes „B.“ untersagt wurde.
3Der Kläger hält seit März 2014 eine im Dezember 2013 geborene Hündin namens „B.“, die er - ausweislich des Kaufvertrags vom 9. März 2014 - als der Rasse „Ca de Bou“ angehörend erworben hatte. Nachdem der Kläger am 17. März 2014 von zwei Außendienstmitarbeitern der Beklagten sowohl mit seiner angemeldeten Hündin „O.“ als auch mit seiner zweiten - unangemeldeten - Hündin „B.“ angetroffen worden war, schrieb die Beklagte den Kläger an und bat ihn um Nachweis der für das Halten eines großen Hundes nach § 11 des Hundegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz - LHundG NRW) erforderlichen Voraussetzungen.
4Nach zweimaliger Mahnung reichte der Kläger sodann eine Anzeige über die Haltung eines großen Hundes ein. Weil jedoch weiterhin der Nachweis des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung sowie der Nachweis darüber, dass „B.“ mit einem Mikrochip fälschungssicher gekennzeichnet ist, fehlten, wurde gegen ihn unter dem 13. November 2014 ein Bußgeldbescheid i.H.v. 128,50 € erlassen.
5Da der Kläger bislang keine Abstammungsnachweise eingereicht hatte, forderte ihn die Beklagte ferner mit Anhörungsschreiben vom 13. November 2014 dazu auf, „B.“ zur Rassenbestimmung bei einem Amtstierarzt des Kreisveterinäramts Düren vorzustellen. Hierzu setzte sie ihm eine Frist bis zum 21. November 2014 und äußerte ihre Absicht, anschließend eine entsprechende Ordnungsverfügung zu erlassen.
6Am 24. November 2014 stellte der Kläger seinen Hund „B.“ bei einer Amtstierärztin des Kreisveterinäramts Düren vor. Ausweislich ihres am selben Tag gefertigten Gutachtens habe der Hund „B.“ eine Widerristhöhe von ca. 40 cm und ähnele hinsichtlich des Körperbaus einem „Ca de Bou“, es gebe allerdings deutliche Abweichungen am Kopf und Hals, in der Farbe sowie in der Größe. Ein „Ca de Bou“ sei doggenartig, ähnele vor allem am Kopf einem Mastiff und habe meist eine schwarze Maske. Weibliche Hunde hätten eine Widerristhöhe von 52-55 cm. „B.“ ähnele phänotypisch daher einem „American Staffordshire Terrier“.
7Mit Schreiben vom 5. Dezember 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, Hunde der Rasse „American Staffordshire Terrier“ würden nach dem Landeshundegesetz als gefährliche Hunde eingestuft (§ 3 Abs. 2 LHundG NRW). Sie bat ihn daher, die für die Erlaubnis des Haltens eines gefährlichen Hundes erforderlichen Unterlagen einzureichen sowie sein besonderes privates Interesse an der Hundehaltung zu begründen.
8Unter dem 26. Dezember 2014 reichte der Kläger sodann einen Antrag auf Erteilung der Erlaubnis für das Halten gefährlicher Hunde gemäß § 3 Abs. 2 LHundG NRW ein. Dem Antrag fügte er die Begründung seines besonderen privaten Interesses an der Hundehaltung sowie eine Darstellung seiner Wohnverhältnisse bei.
9Mit Schreiben vom 5. Januar 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Angaben, er habe sich direkt in „B.“ verliebt und sie sei ihm aufgrund ihres tollen Charakters mittlerweile sehr ans Herz gewachsen, ein besonderes privates Interesse nicht begründen könnten. Zur Begründung verweise sie auf Nr. 4.2 der Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz, wonach ein besonderes privates Interesse nur in Ausnahmefällen anzuerkennen sei. Ein Ausnahmefall liege danach vor, wenn ein bestimmter Hund aufgrund seiner Ausbildung oder Abrichtung eine besondere Funktion erfülle, die ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand nicht auf andere Art und Weise oder kurzfristig durch andere Hunde erfüllt werden könne. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Das „normale“ Interesse an der Hundehaltung reiche für eine Erlaubnis nicht aus. Sie wies darauf hin, dass sie daher beabsichtige, dem Kläger die Haltung seines Hundes zu untersagen.
10Mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Januar 2015 machte der Kläger darauf aufmerksam, dass „B.“ der Rasse „Ca de Bou“ angehöre und diese nicht zu den gefährlichen Hunderassen zähle. Diese Hunderasse, deren Ursprung in Spanien liege, sei auch vom Verband für das deutsche Hundewesen anerkannt. Lediglich eine phänotypische Ähnlichkeit zu einem „American Staffordshire Terrier“ könne nicht dazu führen, dass „B.“ als gefährlicher Hund eingestuft werde. Sein besonderes privates Interesse an der Hundehaltung begründe er zudem weitergehend damit, dass er „B.“ auch für die Vornahme von Zuchtmaßnahmen verwenden wolle, da die Rasse „Ca de Bou“ in Deutschland nur eine geringe Zuchtbasis habe.
11Die Beklagte bat daraufhin das Veterinäramt des Kreises Düren mit Schreiben vom 16. Januar 2015 um Stellungnahme, ob „B.“ anhand ihres Phänotyp als „American Staffordshire Terrier“ einzustufen sei. In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass bei der Einstufung entscheidend sei, dass der Phänotyp der Rasse deutlich hervortrete, was der Fall sei, wenn nahezu alle maßgeblichen Merkmale des Rassestandards erfüllt seien und insbesondere Größe sowie Gewicht ähnlich ausfallen würden.
12Unter dem 22. Januar 2015 teilte die Amtstierärztin, die „B.“ zuvor auch begutachtet hatte, mit, „B.“ sei anhand des Phänotyps als „American Staffordshire Terrier“ einzustufen. Weitergehende Ausführungen machte sie nicht.
13Mit Schreiben vom 16. März 2015 erließ die Beklagte sodann eine Ordnungsverfügung, mit der sie dem Kläger die Haltung seiner Hündin „B.“ untersagte, ihn zur Abgabe des Hundes innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung im Tierheim E. aufforderte (Ziffer 1) sowie ihm für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung ein Zwangsgeld i.H.v. 500,- € androhte (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie ergänzend aus, der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Haltung eines gefährlichen Hundes nicht. Insbesondere habe er ein besonderes privates Interesse an der Hundehaltung nicht nachweisen können. Soweit der Kläger sein besonderes privates Interesse auf eine von ihm beabsichtigte Züchtung stütze, sei auf § 9 Satz 2 LHundG NRW zu verweisen, wonach der Halter eines gefährlichen Hundes sicherzustellen habe, dass eine Verpaarung des Hundes mit anderen Hunden nicht erfolgt. Weiterhin setzte sie eine Gebühr gemäß Tarifstelle 18a.1.12 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.H.v. 90,- € fest.
14Am 25. März 2015 hat der Kläger Klage erhoben.
15In der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2016 ist dem Kläger mit Auflagenbeschluss aufgegeben worden, binnen einer Woche Angaben zur Herkunft des Hundes „B.“ zu machen, d.h. insbesondere Name und Anschrift des Verkäufers zu benennen, sowie Angaben zum Stammbaum des Hundes zu machen.
16Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 22. Februar 2016 ist über die Tatsache, ob bei „B.“ der Phänotyp einer der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Rassen - insbesondere der eines „American Staffordshire Terrier“ -, deutlich hervortritt, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens der Amtsveterinärin Frau N. des Veterinäramtes der Städteregion Aachen Beweis erhoben worden. Diese hat zugleich zu den in dem klägerischen Gutachten des Herrn D. vom 1. Juni 2015 dargestellten Einwänden gegen die Einstufung von „B.“ als der Rasse „American Staffordshire Terrier“ angehörend Stellung genommen. Die Lebensgefährtin des Klägers hat „B.“ am 14. März 2016 im Veterinäramt der Städteregion Aachen zur Rassenbestimmung vorgestellt.
17Zur Begründung seines Hauptantrags führt der Kläger aus, die zunächst durch die Amtstierärztin des Kreisveterinäramtes Düren vorgenommene Begutachtung von „B.“ könne nicht als Gutachten über die Rasse des Hundes angesehen werden. Die von ihr im Schreiben vom 24. November 2014 gemachten Angaben seien unzureichend, mangelhaft und teilweise widersprüchlich. So habe die Tierärztin „B.“ noch nicht einmal vermessen, sondern deren Größe lediglich geschätzt und mit dem Kläger „vereinbart“. Die im Schreiben vom 24. November 2014 getroffenen Aussagen seien daher nicht verwertbar. Zudem habe die Amtstierärztin weder in diesem Schreiben noch in der späteren Stellungnahme konkret dargelegt, aus welchen Gründen „B.“ phänotypisch einem „American Staffordshire Terrier“ ähnele. Sie habe lediglich ausgeführt, dass dem so sei. Daraus lasse sich dann aber auch ableiten, dass es sich bei dem klägerischen Hund nicht um einen reinrassigen „American Staffordshire Terrier“ handele, sondern allenfalls um eine Kreuzung. Bei einer Kreuzung verlange § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW aber, dass der Phänotyp eines „American Staffordshire Terrier“ deutlich hervortrete. Diese Feststellung sei vorliegend von der Amtstierärztin weder getroffen worden noch entspräche diese darüber hinaus der Realität. Ausweislich eines durch den Kläger in Auftrag gegebenen Gutachtens des Herrn D. vom 1. Juni 2015 weise „B.“ keine überwiegenden Merkmale eines „American Staffordshire Terrier“ auf.
18In diesem Gutachten stellt Herr D., der nach eigener Aussage Sachverständiger i.S.d. § 10 LHundG NRW sowie freiberuflicher Hundetrainer sei und daher mit den verhaltens-, phäno- und rassetypischen Eigenschaften der in § 3 Abs. 2 LHundG NRW aufgezählten Rassen vertraut sei, die beiden von der Fédération Cynologique International (FCI) anerkannten Rassen zunächst dar und vergleicht sodann deren Merkmale mit dem Phänotyp von „B.“. „B.s“ Kopf entspreche danach weder den typischen Charakteristika eines „American Staffordshire Terrier“ noch denen eines „Ca de Bou“. Hierzu führt er aus:
19„Die Ohren von „B.“ sind nicht so hoch angesetzt, wie bei einem „American Staffordshire Terrier“, sondern liegen weit auseinander, sind mehr seitlich angesetzt. Die Belefzung ist eher lose anliegend und nicht straff. Genauso fehlt bei „B.“, die „trockene“ und sehr ausgeprägte Wangenmuskulatur, wie sie „American Staffordshire Terrier“ haben. Die Wangen von „B.“ hängen und sind locker, d.h. es liegt keine ausgeprägte „plastische“ Muskulatur der Wangen vor, wie sie bei „American Staffordshire Terriern“ vorherrscht bzw. charakteristisch ist. Insgesamt ist der Kopf von „B.“ deutlich schmaler und zierlicher als bei einem typischen „American Staffordshire Terrier“. Genauso ist es im Bereich des Halses: „B.“ hat eine recht lose Kehlhaut, die man greifen kann. Der Hals eines „American Staffordshire Terrier“ hat keine lose Kehlhaut, sondern ist straff und muskulös. Der Kopf von „B.“ hat daher nicht die typische Charakteristika eines „American Staffordshire Terrier“.“
20Weiterhin entspreche „B.“ hinsichtlich des Körperbaus im weitesten dem eines „Ca de Bou“. Zudem weise „B.“ ausweislich des tierärztlichen Schreibens vom 8. Juni 2015 eine tatsächliche Widerristhöhe von 45,5 cm auf und liege damit nur knapp im Standard eines weiblichen „American Staffordshire Terrier“. „B.s“ Färbung sowie ihr Gewicht (21 kg) entsprächen zwar nicht ganz dem eines klassischen „Ca de Bou“, jedenfalls die Färbung weise aber dennoch Merkmale auf, die laut den Rassestandards durchaus erlaubt und möglich seien. Da laut dem Rassestandard des „American Staffordshire Terrier“ jede Farbe zulässig sei, sei seiner Ansicht nach, die Färbung von „B.“ kein aussagekräftiges Kriterium für eine phänotypische Beurteilung. Außerdem seien Größe, Gewicht und Körperbau eines Hundes immer auch abhängig von der Erblichkeit innerhalb einer Rasse, so dass auch die Größe der Elterntiere in Betracht zu ziehen sei, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob ein Hund dem Standard entspreche oder nicht. Insgesamt sei eine eindeutige Zuordnung einer Rasse bei „B.“ nicht möglich. Da nur die Mutterhündin bekannt sei und es sich hierbei um eine Hündin der Rasse „Ca de Bou“ handele, müsse eine phänotypische Beurteilung zu dem Ergebnis kommen, dass es sich bei „B.“ um einen „Ca de Bou“-Mischling handele.
21Schließlich sei auch das von der Sachverständigen im Klageverfahren eingeholte Gutachten der Amtsveterinärin Frau N. vom 21. März 2016 nicht verwertbar. So gehöre der „American Staffordshire Terrier“ nicht wie dort aufgeführt zur Gruppe der Molosser, sondern zur Gruppe der Terrier, bei denen es sich um mittelgroße, eher für die Jagd verwandte Tiere handele. Da als Molosser massige, doggenartige Hunde bezeichnet würden, gehöre lediglich der „Ca de Bou“ hierzu. Daher könnten etwaige körperliche Übereinstimmungen nichts damit zu tun haben, dass beide Hunderassen zur Gruppe der Molosser gehörten, so wie es in dem Gutachten der Amtsveterinärin vom 21. März 2016 dargestellt werde.
22Des Weiteren sei der Tenor in Ziffer 1 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung zu unbestimmt. Zudem sei die angeordnete Abgabefrist von fünf Tagen unverhältnismäßig kurz und die Anordnung, „B.“ im Tierheim E. abzugeben, ermessensfehlerhaft, da es ebenso rechtmäßig sei, den Hund an eine andere haltungs-berechtigte Stelle abzugeben.
23Auf den in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2016 ergangenen Auflagenbeschlusses hin, hat der Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2016 angegeben, „B.“ sei von einem Herrn B. N. , C. Str. , in P. erworben worden. In dem beigefügten - auf den 9. März 2014 datierten ‑ Kaufvertrag sei „B.“ als der Rasse „Ca de Bou“ angehörend ausgewiesen worden.
24Zur Begründung der Hilfsanträge führt der Kläger aus, der erste Hilfsantrag sei bereits nach § 75 VwGO zulässig, da die Beklagte bislang nicht förmlich über seinen am 5. Januar 2015 gestellten Antrag auf Erteilung einer Haltererlaubnis entschieden habe. Des Weiteren habe er einen Anspruch auf Erteilung einer Haltererlaubnis, da die hierzu erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Insbesondere läge ein öffentliches Interesse deswegen vor, weil so ein Tierheimaufenthalt von „B.“ vermieden werde. Bei dem vorliegenden Fall handele es sich nicht um eine Umgehung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW, da er aufgrund der Umstände des Kaufs (die beim Kauf von „B.“ anwesende Mutterhündin habe dem Erscheinungsbild eines molossoiden Hundes entsprochen, im Kaufvertrag sei „B.“ als der Rasse des „Ca de Bou“ zugehörend deklariert worden) davon ausgegangen sei, einen „Ca de Bou“ zu erwerben. Zudem habe seine Lebensgefährtin gegenüber der Amtsveterinärin am 14. März 2016 keinesfalls angegeben, das Vatertier von B. sei ein „Ca de Bou“ gewesen. Schließlich habe er beim Kauf des Tieres auch zu keinem Zeitpunkt den Eindruck gewonnen, der Verkäufer sei als unseriös einzustufen.
25Der Kläger beantragt,
26die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. März 2015 aufzuheben,
27hilfsweise,
28die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die Haltung seiner Hündin B. (Chip-Nr. 276098104889247) eine Haltererlaubnis gem. § 4 LHundG NRW zu erteilen,
29weiter hilfsweise,
30die Beklagte unter Aufhebung ihrer Ordnungsverfügung vom 16. März 2016 zu verpflichten, dem Kläger für die Haltung seiner Hündin B. (Chip-Nr. 276098104889247) eine Haltererlaubnis gem. § 4 LHundG NRW zu erteilen.
31Die Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags führt sie aus, im Hinblick auf die besonderen Fähigkeiten sowie der langjährigen Erfahrungen der Amtstierärztin des Kreisveterinäramtes Düren bestünden keine Zweifel an der korrekten Rasseeinstufung von „B.“. Zudem konstatiere die - während des Klageverfahrens - eingeholte ergänzende Stellungnahme dieser Amtstierärztin vom 24. Juni 2015 wiederum, „B.“ ähnele phänotypisch insgesamt am ehesten einem „American Staffordshire Terrier“. Nach dieser ergänzenden Stellungnahme entspreche der Kopf von „B.“ hinsichtlich der Form nicht den rassespezifischen Merkmalen eines „Ca de Bou“, insbesondere trage sie nicht die charakteristische schwarze Maske im Gesicht. Diese deutlichen Abweichungen könne man auf den der Stellungnahme beigefügten Bildern auch „ohne Worte“ erkennen (vgl. Bl. 68 - 69 d. GA, auf die hiermit Bezug genommen wird). „B.s“ Größe sei auf etwa 40 cm geschätzt worden, wobei der Kläger der Schätzung zugestimmt habe. Die in der Stellungnahme festgestellte Ähnlichkeit zu einem „American Staffordshire Terrier“ spiegele das gesetzlich geforderte deutliche Hervortreten des Phänotyps einer der in § 3 Abs. 2 LHundG NRW genannten Rassen wieder. Die phänotypische Zuordnung ergebe sich vorliegend insbesondere aus der Färbung der klägerischen Hündin. „B.“ entspreche zudem in der kräftig muskulösen Statur einem kleineren Exemplar einer „American Staffordshire Terrier“-Kreuzung. Dies ergebe sich sowohl aus dem klägerischen Gutachten als auch aus der Rassenbestimmung des Kreisveterinäramts. Soweit sich der Kläger auf das von ihm eingereichte Gutachten beziehe, werde schließlich auch dort festgestellt, dass „B.“ ebenfalls nicht dem Standard eines „Ca de Bou“ entspreche. Ferner komme es für die Bejahung des Tatbestandsmerkmals „deutliches Hervortreten des Phänotyps einer genannten Rasse“ nicht auf alle rassespezifischen äußerem Merkmale an, sondern nur auf die maßgeblichen, wie beispielsweise Größe, Gewicht, Muskel- und Beißkraft sowie die Sprungkraft. Ausweislich des klägerischen Gutachtens habe „B.“ eine kräftigen Kiefer und kräftige Kiefermuskeln, was zu den charakteristischen wesentlichen Merkmalen eines „American Staffordshire Terriers“ gehöre. Darüber hinaus sei Herr D. auch kein Sachverständiger, der eine Beurteilung nach § 3 Abs. 2 LHundG NRW durchführen könne, sondern „lediglich“ Sachverständiger i.S.d. § 10 LHundG NRW. Schließlich obliege vorliegend auch dem Kläger, den Nachweis zu erbringen, dass eine Kreuzung mit einem „American Staffordshire Terrier“ nicht vorliege. Dies sei ihm bislang aber nicht gelungen.
34Des Weiteren seien auch die vom Kläger zum Verkäufer des Hundes gemachten Angaben nicht korrekt gewesen. Nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt der Stadt P. sei weder unter dem Namen B. N. ein Hund nach den Vorschriften des Landeshundegesetzes gemeldet noch sei unter der Anschrift C. Str. ein Herr B. N. gemeldet. Zudem sei ein Herr B. N. auch weder als Hundezüchter noch in sonstiger Weise beim Veterinäramt registriert.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie auf die von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.
38Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
39Ermächtigungsgrundlage für die in der Ziffer 1 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen sind § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 4 LHundG NRW, auf die die Beklagte die Maßnahmen auch gestützt hat. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW soll das Halten eines gefährlichen Hundes u.a. dann untersagt werden, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt sind, eine erforderliche Erlaubnis nicht innerhalb einer behördlich bestimmten Frist beantragt oder eine Erlaubnis versagt wurde. Im Falle der Untersagung kann angeordnet werden, dass der Hund dem Halter entzogen wird und an eine geeignete Person oder Stelle abzugeben ist (Satz 4).
40Bei dem Hund „B.“ handelt es sich um einen gefährlichen Hund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW. Gefährliche Hunde sind danach Hunde der Rassen Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bull Terrier und Bullterrier und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzung mit anderen Hunden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW). Kreuzungen nach Satz 1 sind Hunde, bei denen der Phänotyp einer der dort genannten Rassen deutlich hervortritt (Satz 2 der Vorschrift). In Zweifelsfällen hat der Halter nachzuweisen, dass eine Kreuzung nach Satz 1 nicht vorliegt (Satz 3 der Vorschrift).
41Von einem „deutlichen“ Hervortreten des Phänotyps einer der dort genannten Rassen ist nur dann auszugehen, wenn ein Hund nach seiner äußeren Erscheinung trotz der erkennbaren Einkreuzung anderer Rassen in markanter und signifikanter Weise die Merkmale einer oder mehrerer der genannten Rassen zeigt, insbesondere Größe und Gewicht ähnlich ausfallen.
42Vgl. Haurand, LHundG NRW, 6. Aufl., § 3 Anm. 2; LT-Drs. 13/2387, S. 20.
43Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Hund „B.“ um eine Kreuzung mit einem Hund der Rasse eines „American Staffordshire Terrier“. „B.“ weist nach ihrer äußeren Erscheinung in markanter und signifikanter Weise zahlreiche Merkmale eines „American Staffordshire Terriers“ auf.
44Die Kammer stützt ihre Überzeugung insoweit in erster Linie auf das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme. Die zur Beantwortung der zwischen den Beteiligten allein streitigen Frage, ob bei „B.“ der Phänotyp eines „American Staffordshire Terrier“ deutlich hervortritt, hinzugezogene Sachverständige, die Amtsveterinärin Frau N. , hat in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 21. März 2016 festgestellt, dass bei „B.“ das Erscheinungsbild eines „American Staffordshire Terrier“ überwiegt und bestätigt damit das Ergebnis des bereits am 24. November 2014 erstellten amtstierärztlichen Rassegutachtens des Kreisveterinäramtes Düren sowie der hierzu ergangenen ergänzenden Stellungnahme vom 24. Juni 2015. Ferner ist das vom Kläger eingereichte Gutachten nicht geeignet, um den gesetzlichen Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW gerecht zu werden und nachzuweisen, dass vorliegend eine Kreuzung i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW nicht vorliegt.
45Die Kammer hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit des von der Sachverständigen Frau N. gefundenen Ergebnisses zu zweifeln. An der Unvoreingenommenheit und Neutralität der Sachverständigen bestehen keine Zweifel. Solche sind auch von den Beteiligten nicht erhoben worden. Ebenso geht die Kammer ohne weiteres davon aus, dass die Sachverständige aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Amtsveterinärin über die für die Beantwortung der Streitfrage erforderliche Sachkunde verfügt. Auch insoweit haben die Beteiligten keine Zweifel angemeldet. Die Sachverständige hat das Erscheinungsbild von „B.“, insbesondere ihre Färbung, ihren Kopf sowie ihre Körperproportionen begutachtet sowie ihr Gewicht (24 kg) und ihre Schulterhöhe (44 cm) gemessen. Ausgehend von diesen tatsächlichen Feststellungen sowie den im Rassestandard der FCI aufgeführten Merkmalen hat sie ihre Bewertung vorgenommen. Methodische Fehler sind dabei nicht festzustellen. Da die Elterntiere nicht bekannt sind, konnte ein erbbiologisches Gutachten anhand einer DNA-Analyse, dass allein eine hundertprozentige Gewissheit über Abstammung und Rassezugehörigkeit erlaubt, nicht durchgeführt werden. Die im Vergleich zur Rassebestimmung über eine DNA-Analyse geringere Gewissheit bei der vorliegend vorgenommenen Rassebestimmung anhand des äußeren, phänotypischen Erscheinungs-bildes hält die Kammer vorliegend, insbesondere auch aufgrund der gesetzlichen Wertung des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW, für ausreichend.
46Ausweislich des Sachverständigengutachtens der Amtsveterinärin Frau N. vom 21. März 2016 überwiegt bei „B.“ das Erscheinungsbild eines „American Staffordshire Terriers“. Da bei beiden Rassestandards der FCI unbestimmte Beschreibungen und zum großen Teil nicht standardisierte Begriffe verwendet würden, seien die einzelnen Beschreibungen tabellarisch gegenüber gestellt und numerisch ausgewertet worden. Dabei sei bei „B.“ festgestellt worden, dass sie 11 der genannten gemeinsamen Merkmale eines „Ca de Bou“ und eines „American Staffordshire Terrier“ aufweise, 13 eines „American Staffordshire Terrier“ und 5 eines „Ca de Bou“. Auch eine weitere hinzugezogene Tierärztin, Frau Dr. X., habe unabhängig von der Sachverständigen konstatiert, bei „B.“ trete das Erscheinungsbild eines „American Staffordshire Terriers“ markant und signifikant hervor, insbesondere betreffend die Kopfform, der Nasenlinie, Körpergröße und Ohren. Das in ihrem schriftlichen Gutachten gefundene Ergebnis bestätigte sie ebenfalls im Rahmen der Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2016. Hier konstatierte sie, sie könne nach der Begutachtung sicher davon ausgehen, dass „B.“ jedenfalls von einer Eltern-Seite von einem „American Staffordshire Terrier“ abstamme. Zudem sei es relativ unwahrscheinlich, dass „B.“ auch von einem „Ca de Bou“ abstamme. Denn zum einen seien diese Tiere äußerst selten und kämen in reinrassiger Form praktisch nicht mehr vor und zum anderen seien Kampfhunderassen in der Vergangenheit immer über Rassengrenzen hinweg gezüchtet worden.
47Den vom Kläger geäußerten Einwand hinsichtlich der Eingruppierung des „American Staffordshire Terrier“ zur Gruppe der Molosser konnte die Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2016 mit der Begründung ausräumen, dass ursprünglich alle Kampfhunde aus der Gruppe der Molosser stammen würden. Im Laufe der Zeit seien jedoch Terrier eingekreuzt worden und man habe den Begriff des Terriers insoweit übernommen. Korrekter wäre es daher gewesen, den Begriff Molosser und Terrier zu verwenden. Auf das Ergebnis des Gutachtens wirke sich dies jedoch nicht aus.
48Das Sachverständigengutachten der Amtsveterinärin Frau N. bestätigt auch das Rassegutachten der Amtstierärztin des Kreisveterinäramtes Düren vom 24. November 2014 und ihre ergänzende Stellungnahme vom 24. Juni 2015, worin bereits die Feststellung getroffen worden ist, „B.“ ähnele vom Phänotyp her am ehesten der Rasse eines „American Staffordshire Terriers“. Als maßgebende Kriterien zieht die Amtstierärztin hier insbesondere die Größe von „B.“ und deren Färbung sowie die ihrer Ansicht nach im Vergleich zu der vom Kläger angegebenen Rasse „Ca de Bou“ vorhandenen deutlichen Abweichungen am Kopf und Hals der Hündin heran. „B.“ habe vor allem keine schwarze Maske, die für einen „Ca de Bou“ typisch sei.
49Das vom Kläger eingereichte Gutachten vom 1. Juni 2015 des Herrn D. kann diese Einstufung nicht erschüttern. Das Gutachten kommt im Wesentlich zu dem Ergebnis, „B.“ sei nicht eindeutig der Rasse eines „American Staffordshire Terriers“ zuzuordnen, da der Kopf nicht die typischen Charakteristika eines „American Staffordshire Terriers“ habe. Zwar entspreche „B.“ hinsichtlich ihrer Größe und Färbung sowie ihres Gewichts nicht ganz dem eines klassischen „Ca de Bou“, jedoch entspreche der Körperbau im weitesten dem eines „Ca de Bou“ und auch „B.s“ Färbung weise Merkmale auf, die laut dem Rassestandard durchaus erlaubt und möglich seien.
50Diesen Erwägungen begegnet die Amtsveterinärin Frau N. in ihrem Gutachten vom 21. März 2016 damit, das aus dem klägerischen Gutachten zunächst nicht hervorgehe, inwieweit die Identität des beurteilten Hundes sichergestellt worden sei. Die Dokumentation einer elektronischen Kennzeichnung oder Tätowierung sei nicht gefunden worden. Zudem seien hängende Wangen und eine schwach ausgebildete Muskulatur nicht beobachtet worden. Die Lefzen stellten sich bei „B.“ weiterhin als anliegend dar und nicht - wie im klägerischen Gutachten festgestellt - als lose. Zudem habe die Lebensgefährtin des Klägers der Amtsveterinärin auf Nachfrage berichtet, dass der Vater von „B.“ ein „Ca de Bou“ gewesen sei, während in dem klägerischen Gutachten ausgeführt wurde, bei der Mutterhündin habe es sich um einen „Ca de Bou“ gehandelt. Bereits diese Unstimmigkeiten lassen Zweifel an dem Aussagegehalt des klägerischen Gutachtens entstehen. Doch auch wenn man dies unberücksichtigt lässt, gelingt dem Kläger mithilfe dieses Gutachtens nicht der in § 3 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW geforderte Nachweis, dass „B.“ keine Kreuzung mit einem „American Staffordshire Terrier“ darstellt. Denn in diesem Gutachten trifft Herr D. ausweislich des Gutachtens der Amtsveterinärin Frau N. vom 21. März 2016 lediglich Feststellungen zu 6 der insgesamt 27 (Nr. 249) bzw. 23 (Nr. 286) in den Rassestandards der FCI aufgeführten Merkmalen. Dies reicht aber angesichts der zwei unabhängig voneinander erstellten amtstierärztlichen Gutachten, die unter Anführung zahlreicher äußerer Erscheinungsmerkmale feststellen, dass bei „B.“ der Phänotyp eines „American Staffordshire Terrier“ deutlich hervortritt, nicht aus, um den Nachweis zu führen, das „B.“ keine Kreuzung i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW darstellt. Entsprechend der Beweislastregelung des § 3 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW obliegt es hier dem Kläger entsprechende Nachweise vorzulegen, die geeignet sind, die von der Amtstierärztin und der Amtsveterinärin unabhängig voneinander getroffenen Feststellungen derart zu erschüttern, dass die Kammer erhebliche Zweifel an deren Richtigkeit erlangt. Dies ist dem Kläger vorliegend aus den zuvor dargestellten Gründen nicht gelungen.
51Das Ergebnis der beiden amtstierärztlichen Gutachten wird auch durch die in den Rassenstandards der FCI angeführten Merkmale hinsichtlich der Größe und des Gewichts untermauert. Laut dem Rassestandard Nr. 286 vom 9. Januar 1998 für „American Staffordshire Terrier“ liegt die Größe von Hündinnen zwischen 43 und 46 cm. Das Gewicht ist dort nicht angegeben. Ausweislich des Rassestandards der FCI Nr. 249 vom 20. Mai 1997 für eine „Mallorca Dogge (Perro Dogo Mallorquin, Ca de Bou)“ hat eine Hündin eine Widerristhöhe von 52-55 cm und wiegt 30-34 kg. „B.“ wog im Zeitpunkt der Vorführung am 14. März 2016 24 kg und wies eine Widerristhöhe von 44 cm auf, so dass bereits Größe und Gewicht dafür sprechen, dass „B.“ phänotypisch einem „American Staffordshire Terrier“ ähnelt. Gerade die Größe und das Gewicht sind dabei äußere Erscheinungsmerkmale, die bei der Einstufung des Hundes, u.a. insbesondere ins Gewicht fallen.
52Vgl. Haurand, LHundG NRW, 6. Aufl., § 3 Anm. 2; LT-Drs. 13/2387, S. 20.
53Schließlich stützen auch die dem amtstierärztlichen Gutachten vom 21. März 2016 beigefügten Fotos von „B.“ sowie denen eines „American Staffordshire Terriers“ (vgl. Bl. 116 bis 125 d. GA, auf die hiermit Bezug genommen wird) die in den beiden amtstierärztlichen Gutachten getroffene Feststellung.
54Weiterhin verfügt der Kläger auch weder über die für die Haltung seines Hundes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW erforderliche Erlaubnis noch erfüllt er sämtliche Voraussetzungen - hier insbesondere die des § 4 Abs. 2 LHundG NRW - zur Erteilung einer derartigen Erlaubnis. Eine solche wird nach § 4 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW u.a. nur dann erteilt, wenn ein besonderes privates Interesse nachgewiesen wird oder ein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung besteht. Nach Satz 2 der Vorschrift kann ein besonderes privates Interesse vorliegen, wenn die Haltung des gefährlichen Hundes zur Bewachung eines gefährdeten Besitztums des Halters unerlässlich ist.
55An die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 LHundG NRW sind strenge Anforderungen zu stellen. Ein besonderes privates Interesse ist nur in Ausnahmefällen anzuerkennen. Ein solcher Ausnahmefall liegt z.B. vor, wenn ein bestimmter Hund aufgrund seiner Ausbildung oder Abrichtung eine besondere Funktion erfüllt, die ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand nicht auf andere Art und Weise oder kurzfristig durch andere Hunde erfüllt werden kann. Das üblicherweise an der Hundehaltung bestehende Interesse - etwa aus Tierliebe oder aus einem Bedürfnis der Steigerung der persönlichen Sicherheit - ist dagegen grundsätzlich nicht ausreichend. Das Ziel des Gesetzgebers, durch diese „Hürde“ der Hundehaltung den Bestand an Tieren zu vermindern, deren Haltung er für besonders gefährlich hält, ist legitim.
56Vgl. VG Köln, Beschluss vom 25. Januar 2010 - 20 L 1806/09 -, juris Rn. 9; LT-Drs. 13/2387, S. 22; Haurand, LHundG NRW, 6. Aufl., § 4 Anm. 4.
57Gemessen an diesen Kriterien liegen konkrete Anhaltspunkte für ein besonderes privates Interesse des Klägers an der Haltung des Hundes „B.“ nicht vor. Seine Ausführungen, „B.“ sei ihm wegen ihres tollen Charakters besonders ans Herz gewachsen und gehöre schon zu seiner Familie, reichen zur Begründung eines besonderen privaten Interesses genauso wenig aus, wie die vage Angabe, er wolle „B.“ für Zuchtmaßnahmen verwenden.
58Auch besteht vorliegend kein öffentliches Interesse an der weiteren Hundehaltung. Ein solches kann beispielsweise aus Gründen des Tierschutzes gegeben sein, wenn ein Hund aus einem Tierheim oder einer vergleichbaren Einrichtung an eine Privatperson vermittelt werden soll.
59Vgl. LT-Drs. 13/2387, S. 22.
60Jedoch ist auch in diesen Fällen dem gesetzgeberischen Ziel einer Minimierung des Bestandes an Tieren, deren Haltung er für besonders gefährlich hält, Rechnung zu tragen. Daher scheidet ein derartiges öffentliches Interesse aus, wenn die Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW bewusst umgangen werden. Dem gleichgestellt sind zudem auch solche Fälle, in denen zunächst ein gefährlicher Hund angeschafft wird, um ihn dann - zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthaltes - legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob in einem solchen Fall darüber hinaus noch weiter gehende subjektive Kriterien in der Person des Halters - wie etwa die Kenntnis von der Rassezugehörigkeit des Hundes oder die Kenntnis von der Gesetzeslage - erfüllt sein müssen. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW,
61vgl. Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14 -, NRWE Rn. 12 ff.,
62und des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen,
63vgl. Urteil vom 15. Juli 2010 - 16 K 199/09 -, NRWE Rn. 29 ff.,
64liegt ein solcher dem Fall der bewussten Umgehung der Regelung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW gleichgelagerter Fall nur dann vor, wenn ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss. Hingegen kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Köln,
65vgl. beispielhaft Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - 20 L 2583/14 -, NRWE Rn. 13 ff. und vom 31. März 2015 - 20 L 205/15 -, juris Rn. 13 ff., Urteil vom 12. August 2010 - 20 K 7961/09 -, juris Rn. 21 ff. m.w.N.,
66sowie des Verwaltungsgerichts Düsseldorf,
67vgl. beispielhaft Beschlüsse vom 22. September 2015 - 18 L 2817/15 -, NRWE Rn. 10 und vom 22. August 2014 - 18 L 1463/14 -, juris Rn. 13,
68hinsichtlich des Vorliegens eines öffentlichen Interesses allein auf objektive Kriterien an. Letztere begründen ihre Ansicht damit, dass allein ein an objektive Gegebenheiten und nicht an die subjektive Vorstellung des Hundehalters im Sinne einer Umgehungsabsicht anknüpfendes Verständnis des Begriffs des öffentlichen Interesses mit dem im Ordnungsrecht allgemein geltenden Grundsatz, dass die Inanspruchnahme als Störer im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr kein Verschulden voraussetzt, korrespondiere. Zudem dürften belastbare Beweise für derartige subjektive Kriterien gerade in den Fällen einer gezielten Umgehung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW nur schwer zu finden sein, da praktisch jeder Hundehalter gegenüber der Ordnungsbehörde ein derartiges Wissen abstreiten dürfte. Eine solche Einlassung dürfte im konkreten Fall auch kaum zu widerlegen sein, was wiederum die der Ordnungsbehörde speziell bei den gefährlichen Hunden eingeräumten Eingriffsbefugnisse weit gehend leerlaufen lassen würde.
69Eine Streitentscheidung kann vorliegend dahin stehen, da vorliegend auch subjektive Anhaltspunkte in der Person des Klägers gegeben sind, die der Annahme eines öffentlichen Interesses entgegen stehen. Entsprechend der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW ist subjektiv nicht nur die positive Kenntnis der Gefährlichkeit des Hundes, sondern bereits auch die grob fahrlässige Unkenntnis ausreichend, um die Voraussetzung des Vorliegens eines öffentlichen Interesses i.S.d. § 4 Abs. 2 LHundG NRW als nicht erfüllt anzusehen. Denn mit dem Fall einer bewussten Umgehung der Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW gleichzusetzen, ist der Fall, dass ein Hundehalter einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss.
70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14 -, NRWE Rn. 12 m.w.N.
71Der Kläger ist vorliegend bereits seiner Pflicht, die Haltung seines Hundes „B.“ der Beklagten anzuzeigen, nicht nachgekommen und hat trotz mehrfacher Anforderung durch die Beklagte weder den nunmehr im Klageverfahren vorgelegten, auf den 9. März 2014 datierten Kaufvertrag noch einen Abstammungsnachweis von „B.“ bei der Beklagten eingereicht, obwohl ihm diese Pflichten - da er bereits Halter eines großen Hundes („O.“) war - bekannt gewesen sein mussten. Der Kläger hat demgemäß verhindert, die Eigenschaft seines Hundes als gefährlich zeitnah in Erfahrung zu bringen. Bereits dies reicht aus, um von einer grob fahrlässigen Unkenntnis beim Kläger auszugehen. Ausgehend davon, dass an die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 LHundG NRW aufgrund des mit dieser Regelung verfolgten gesetzgeberischen Zwecks - nämlich den Bestand an Tieren, deren Haltung der Gesetzgeber für besonders gefährlich hält, zu minimieren - strenge Anforderungen zu stellen sind, ist damit korrespondierend die Schwelle, in welchen Fällen von einer grob fahrlässigen Unkenntnis der Gefährlichkeit des Hundes beim Käufer auszugehen ist, nicht allzu hoch anzusetzen.
72Die Regelung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW dient nämlich nicht dazu, die Haltung eines privat erworben Hundes nachträglich zu legalisieren, nachdem der Hund wegen Fehlens der Erlaubnisvoraussetzung weggenommen und in einem Tierheim untergebracht worden ist. Andernfalls könnte der Hundehalter, der mit der nicht erlaubten Haltung eines gefährlichen Hundes selber die Ursache dafür gesetzt habe, dass der Hund in einem Tierheim verbracht werde, nach seinem Belieben ein öffentliches Interesse erzeugen. Auf diese Weise würde § 4 Abs. 2 LHundG NRW letztlich bedeutungslos.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14 -, NRWE Rn. 14.
74Für das Vorliegen eines der Umgehung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW gleichgelagerten Falls fällt hier weiterhin - wenn auch nicht maßgebend - ins Gewicht, dass die Umstände des Kaufs bis heute nebulös sind. Der im Kaufvertrag benannte Verkäufer ist weder melderechtlich gemeldet noch hat dieser einen Hund - von dem „B.“ laut des vom Kläger eingereichten Kaufvertrags abstammen soll - bei der zuständigen Behörde angemeldet.
75Die angefochtene Haltungsuntersagung ist auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere angesichts ihres klaren Wortlauts hinreichend bestimmt.
76Bei dieser Sachlage ist die Untersagung der Hundehaltung ermessensfehlerfrei erfolgt, weil gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW die Haltung eines Hundes u.a. untersagt werden soll, wenn die Erlaubnis Voraussetzung nicht erfüllt sind. Für einen atypischen Fall, der eine Ausnahme von dieser Regel begründen könnte, sind hier weder Anhaltspunkte vorgetragen noch ersichtlich.
77Ebenso erweist sich die Anordnung der Abgabe des Hundes im Tierheim E. binnen einer Frist von fünf Tagen nach § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW als rechtmäßig. Bei dieser Maßnahme handelt es sich um die gesetzlich vorgesehenen Folgen der Untersagung der Hundehaltung. Da die Untersagung für sich gesehen noch nicht zur Beendigung der Haltung führt, sondern die sich aus der illegalen Hundehaltung ergebende Gefahr tatsächlich erst mit der Abgabe des Tieres beseitigt wird, hat die Beklagte von der gesetzlichen Ermächtigung ermessensfehlerfrei Gebrauch gemacht. Die von ihr bestimmte Frist von fünf Tagen ist angesichts der von einem gefährlichen Hund ausgehenden Gefahren angemessen und reicht aus, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, sich von seinem Hund zu verabschieden. Soweit der Kläger einwendet, die Beklagte habe deswegen ermessensfehlerhaft gehandelt, weil sie angeordnet habe, „B.“ im Tierheim E. abzugeben, ist dem entgegenzuhalten, dass eine konkrete Bezeichnung der Stelle, an der der Hund abzugeben ist, erforderlich ist, um die Anordnung hinreichend zu konkretisieren.
78Vgl. Haurand, LHundG NRW, § 12 Anm. 6.
79Bedenken gegen die auf §§ 63, 60, 57 Abs. 1 Nr. 2, 55 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW) beruhende Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung bestehen nicht.
80Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzung i.H.v. 90,- € ist § 11 Abs. 1 Satz 2 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW). Hiernach entsteht die Gebührenschuld dem Grunde und der Höhe nach mit Beendigung der gebührenpflichtigen Amtshandlung. Die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden, sowie die Gebührensätze bestimmt gemäß § 2 Abs. 1 GebG NRW die Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO NRW). Der Erlass eines Verwaltungsakts zur Untersagung der Hundehaltung nach § 12 Abs. 2 LHundG NRW - wozu auch die streitgegenständliche Ordnungsverfügung zählt - ist gemäß § 1 AVerwGebO NRW i. V. m. Tarifstelle 18a.1.12 gebührenpflichtig. Die Gebühr beträgt 90,- € bis 250,- €. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die streitgegenständliche Gebührenfestsetzung, die am unteren Rand des Gebührenrahmens liegt, rechtmäßig sowie der Höhe nach angemessen.
81Hinsichtlich der Hilfsanträge kann dahinstehen, welcher von beiden zulässig ist, da die Klage jedenfalls auch insoweit unbegründet ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Haltererlaubnis nach § 4 LHundG NRW hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Vorliegend sind nicht alle für die Erteilung einer Haltererlaubnis nach § 4 LHundG NRW erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Es scheitert bereits aus den oben dargestellten Gründen an dem Nachweis eines besonderen privaten Interesses sowie dem Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der weiteren Hundehaltung.
82Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2 ,711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Aachen Urteil, 08. Juni 2016 - 6 K 558/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 wird den Antragstellern für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L. aus E. beigeordnet, soweit die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 begehren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 teilweise geändert: Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) wird angeordnet, soweit sie sich gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 richtet. Im Übrigen wird diese Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in beiden Instanzen jeweils zur Hälfte. Im Verfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe tragen die Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens, wobei die Festgebühr (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz) auf die Hälfte ermäßigt wird; außergerichtliche Kosten werden insoweit nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf 2.500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
21. Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe hat teilweise Erfolg. Die Rechtsverfolgung erscheint nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sie sich gegen die sofort vollziehbare Sicherstellung des Hundes „Q.“ richtet (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Antragsteller können nach den von ihnen dargelegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der erstinstanzlichen Prozessführung nicht aufbringen (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 115 ZPO). Die Beiordnung von Rechtsanwältin L. beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO.
3Soweit die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin (Untersagung der Haltung, Führung und Betreuung des Hundes „Q.“) begehren, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L. aus E. zu Recht als unbegründet abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
42. Die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt – soweit es um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen die Untersagung des Haltens, Führens und Betreuens des Hundes „Q.“ der Antragsteller geht (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014) – ebenfalls erfolglos (a). Hingegen hat die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg, soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 der genannten Ordnungsverfügung (Sicherstellung des Hundes „Q.“) betroffen ist (b).
5a) Bei summarischer Prüfung spricht ganz Überwiegendes dafür, dass die Untersagungsverfügung rechtmäßig erfolgt ist. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss. Diese werden durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert.
6Ohne Erfolg wenden die Antragsteller ein, bei „Q.“ handele es sich nicht um einen der Rasse nach gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW mit der Folge, dass dessen Haltung nicht erlaubnispflichtig sei. Nach den nachvollziehbaren Angaben der amtlichen Tierärztin weist der Hund deutlich hervortretende Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire-Terrier auf. Die Antragsteller räumen selbst ein, dass der Verkäufer des Hundes ihnen erklärt habe, die Optik von „Q.“ erinnere ein wenig an einen Kampfhund. Schließlich war es auch das phänotypische Erscheinungsbild, aufgrund dessen die Antragsgegnerin auf „Q.“ aufmerksam gemacht wurde. Die von den Antragstellern geltend gemachte Einordnung von „Q.“ als Boxer-Labrador-Mix wird hingegen weder durch die in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Fotos untermauert noch haben die Antragsteller insoweit aussagekräftige Unterlagen vorgelegt. Unabhängig davon, dass sich den Antragstellern schon aufgrund der ausgeprägten phänotypischen Merkmale hätte aufdrängen müssen, dass „Q.“ kein Boxer-Labrador-Mix ist, wird die objektiv vorzunehmende Feststellung der Rassezugehörigkeit nicht durch ihre etwaige Unkenntnis in Frage gestellt. Für die Einstufung als gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW ist schließlich auch unerheblich, dass „Q.“ sich bislang als „zuverlässiger Familienhund“ verhalten habe, der nie auffällig geworden sei. Denn die Gefährlichkeit der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW aufgeführten Hunderassen und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes. Es kommt hierbei – anders als bei den im Einzelfall gefährlichen Hunden gemäß § 3 Abs. 3 LHundG NRW – nicht darauf an, ob ein einzelner Hund ein gefährliches oder aggressives Verhalten gezeigt hat.
7Vgl. Reich, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2005, § 3 Rn. 1 f.
8Im Übrigen hat in Zweifelsfällen der Halter nachzuweisen, dass eine Kreuzung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW nicht vorliegt (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW). Das gilt auch bei „völlig unauffälligen“ Hunden. Dieser Nachweis ist vorliegend nicht erbracht.
9Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW ist die Haltung eines gefährlichen Hundes erlaubnispflichtig. Die Antragsteller verfügen jedoch weder über eine Erlaubnis noch erfüllen sie sämtliche Voraussetzungen zur Erteilung einer derartigen Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 LHundG NRW): Abgesehen davon, dass bislang keine fälschungssichere Kennzeichnung von „Q.“ nachgewiesen ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 7 LHundG NRW), fehlt es insbesondere an einem öffentlichen Interesse an der weiteren Haltung (§ 4 Abs. 2 LHundG NRW).
10Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. Die Antragsteller machen erfolglos geltend, es gehe um eine Vermittlung eines gefährlichen Hundes aus einem Tierheim. Zwar kann nach der Senatsrechtsprechung ein öffentliches Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 LHundG NRW auch aus Gründen des Tierschutzes bestehen, wenn ein Hund aus einem Tierheim an eine Privatperson vermittelt werden soll.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2014 - 5 B 185/14 - und vom 19. Mai 2010 - 5 B 159/10 -. Siehe auch LT-Drs. 13/2387, S. 22, und Nr. 4.2 VV LHundG NRW).
12Ein derartiges öffentliches Interesse scheidet aber jedenfalls aus, wenn die Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW bewusst umgangen werden. Mit dieser Fallgestaltung ist es unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten gleichzusetzen, wenn ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2011 - 5 E 888/10 -.
14Wie bereits ausgeführt, hätte sich den Antragstellern angesichts der deutlich hervortretenden Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire Terrier und des oben zitierten Hinweises des Verkäufers aufdrängen müssen, dass es sich bei „Q.“ um einen gefährlichen Hund handelt. Zumindest hätten sie sich in Bezug auf die Rassezugehörigkeit des Tieres genauer informieren müssen. § 4 Abs. 2 LHundG NRW dient nicht dazu, die Haltung eines privat erworbenen Hundes nachträglich zu legalisieren, nachdem der Hund wegen Fehlens der Erlaubnisvoraussetzungen weggenommen und in einem Tierheim untergebracht worden ist. Andernfalls könnte der Hundehalter, der mit der nicht erlaubten Haltung eines gefährlichen Hundes selber die Ursache dafür gesetzt hat, dass der Hund in ein Tierheim verbracht wird, nach seinem Belieben ein öffentliches Interesse erzeugen. Auf diese Weise würde § 4 Abs. 2 LHundG NRW letztlich bedeutungslos.
15Die von den Antragstellern vorgetragene Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Personen, die mit einem gefährlichen Hund aus einem anderen Bundesland, in welchem keine Erlaubnispflicht besteht, nach Nordrhein-Westfalen ziehen, verfängt nicht. Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend begründet (Seite 3, letzter Absatz des Beschlussabdrucks); die Antragsteller haben dem nichts Durchgreifendes entgegengesetzt.
16Ihr Hinweis, dass sie zu „Q.“ eine emotionale Bindung aufgebaut hätten, führt mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde betreffend die Untersagungsverfügung.
17b) Die im Wege des Sofortvollzugs erfolgte, u.a. auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW gestützte Sicherstellung von „Q.“ ist bei summarischer Prüfung materiell ermessensfehlerhaft. Außer in den Fällen der Haltungsuntersagung, in denen ein Hund gemäß § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW entzogen und seine Abgabe angeordnet werden kann, kommt die Sicherstellung eines Hundes als ordnungsrechtliche Standardmaßnahme nur unter den engeren Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW in Betracht. Neben dieser spezielleren Ermächtigung tritt die allgemeine hunderechtliche Generalklausel zurück.
18Vgl. sinngemäß Gesetzesbegründung, LT-Drs. 13/2387, S. 32, wonach die §§ 15 ff. OBG zu beachten sind.
19Eine Sicherstellung kann danach unter anderem erfolgen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden. Der Begriff der gegenwärtigen Gefahr stellt strengere Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts. Gegenwärtig ist eine Gefahr dann, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar bzw. in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51, 58.
21Eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt beispielsweise dann vor, wenn jemand einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis hält und auch die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht vorliegen. Aber auch in einer Hundehaltung ohne die erforderliche Erlaubnis liegt für sich gesehen ein schon eingetretener formaler Rechtsverstoß, der eine Sicherstellung rechtfertigen kann. Allerdings verlangt die Formulierung „kann" in § 43 PolG NRW zusätzlich eine Ermessensausübung über ein Einschreiten im Einzelfall, die nach § 40 VwVfG NRW den strengeren Anforderungen des gesetzlichen Tatbestands Rechnung tragen muss. Einer nachvollziehbaren Ermessensausübung bedarf es gerade in Fällen lediglich formaler Rechtsverstöße bei der Hundehaltung, weil aus ihnen nicht notwendig auf eine hohe Wahrscheinlichkeit der Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit von Menschen und anderen Tieren geschlossen werden kann. Jedenfalls lassen sich der gesetzlichen Ermächtigung keine Anzeichen dafür entnehmen, bei Fehlen der erforderlichen Erlaubnis sei das Ermessen regelmäßig dahingehend reduziert, dass eine Sicherstellung des Hundes und Unterbringung in einem Tierheim erfolgen müsse.
22Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 15 ff. m. w. N.; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 5 B 212/13 -.
23Genau dies hat vorliegend jedoch die Antragsgegnerin angenommen, indem sie den Hund deshalb sicherstellte, weil „weder ein Sachkundenachweis, Haftpflichtversicherung, Haltungserlaubnis, Kastration u.ä. vorhanden waren“ (vgl. Vermerk vom 15. Januar 2014), obwohl „Q.“ nicht konkret gefährlich in Erscheinung getreten ist (z. B. Beißvorfall, Beinahe-Beißvorfall oder auffallende Aggressivität des Hundes).
24Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin etwaige weniger belastende Alternativen in Erwägung gezogen hat. Derartiges ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 15 Abs. 1 LHundG i. V. m. § 15 OBG NRW nötig. Bei Verstößen gegen ein Genehmigungserfordernis bietet sich insbesondere an zu klären, ob eine Erlaubnis kurzfristig erteilt werden kann. Dies liegt gerade dann nahe, wenn der Betroffene signalisiert, er wolle und könne die Erlaubnisvoraussetzungen kurzfristig nachweisen. In derartigen Fällen drängt es sich auf, dem betroffenen Hundehalter hierzu Gelegenheit zu geben, etwa indem gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW eine angemessene Frist eingeräumt wird, innerhalb derer er die erforderliche Erlaubnis beantragen kann. Sofern nicht bereits andere behördliche Erkenntnisse über eine konkret gefährliche Hundehaltung vorliegen, lässt im Allgemeinen erst das anschließende Verhalten des Hundehalters eine hinreichend verlässliche Beurteilung zu, ob mildere Alternativen zu einer vorläufigen Sicherstellung nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW vorhanden sind oder ob nach dem ordnungsbehördlichen Opportunitätsprinzip für die Dauer des Genehmigungsverfahrens von einer Tierheimunterbringung abgesehen werden kann. Auch Gründe des Tierschutzes können dafür sprechen, stattdessen andere Unterbringungsmöglichkeiten bei einer Privatperson in Erwägung zu ziehen.
25Vgl. Art. 20 a GG und Art. 29 a LV NRW sowie Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 LHundG NRW, LT-Drs. 13/2387, S. 22; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 18 ff.
26Ob mittlerweile die Entziehung des Hundes „Q.“ auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW angeordnet werden könnte, bedarf keiner Entscheidung.
27Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 2, 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
28Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.
29Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 20 K 7126/14 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 09.12.2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn wie hier die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von der Behörde angeordnet worden ist. Bei seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht das öffentliche Vollziehungs- und das private Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen und dabei die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Während bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs ein schutzwürdiges Aussetzungsinteresse nicht in Betracht kommt, besteht umgekehrt kein öffentliches Interesse am Vollzug einer offensichtlich rechtswidrigen Verfügung. Lassen sich die Erfolgsaussichten nur abschätzen, ohne eindeutig zu sein, bildet der Grad der Erfolgschance ein wichtiges Element der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung.
6Vorliegend überwiegt das öffentliche Interesse am Vollzug der angefochtenen Verfügung das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage Überwiegendes für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ordnungsverfügung spricht und auch eine von den Erfolgsaussichten unabhängige Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin ausgeht.
7Ermächtigungsgrundlage für die in Ziffern 1 und 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen sind § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 4 des Hundegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz – LHundG NRW), auf die die Antragsgegnerin die Maßnahmen auch gestützt hat.
8Die Antragstellerin hält seit August 2012 einen Hund der Rasse Pitbull Bluenose und damit einen gefährlichen Hund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW. Die Rasse des Hundes steht aufgrund der am 24.10.2014 auf Veranlassung der Antragsgegnerin durchgeführten Rassebestimmung durch die Amtsveterinärin fest und wird von der Antragstellerin auch nicht in Frage gestellt. Die für die Haltung ihres Hundes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG erforderliche Erlaubnis hat die Antragstellerin nicht. Bei summarischer Prüfung spricht auch Überwiegendes dafür, dass ihr auf ihren Antrag vom 19.11.2014 hin eine Erlaubnis gemäß § 4 LHundG NRW nicht erteilt werden kann, da die Erlaubnisvoraussetzungen nicht vorliegen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die Antragstellerin nach Aktenlage die Haltungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 LHundG NRW erfüllt und auch die gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 und 6 LHundG NRW erforderlichen Nachweise vorhanden sind.
9Denn der Erteilung einer Erlaubnis steht zur Überzeugung der Kammer gegenwärtig § 4 Abs. 2 LHundG NRW entgegen. Ein besonderes privates Interesse an der Haltung des Hundes hat die Antragstellerin nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Ob ein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung ihres Hundes besteht ist in hohem Maße zweifelhaft. In Betracht käme insoweit allenfalls ein öffentliches Interesse aus Tierschutzgründen, weil durch die weitere Haltung seitens der Antragstellerin ein Tierheimaufenthalt vermieden würde.
10Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse aus Tierschutzgründen bejaht werden kann, hat die Kammer unter Bezugnahme auf ihre ständige Rechtsprechung in ihrem Urteil vom 12.08.2010 – 20 K 7961/09 - Folgendes ausgeführt:
11„An die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 LHundG NRW sind strenge Anforderungen zu stellen. Das Landeshundegesetz dient dem Ziel, die Bevölkerung besser vor den von Hunden ausgehenden Gefahren für Leib und Leben zu schützen. In Bezug auf gefährliche Hunde soll dieser Schutz nach dem Willen des Gesetzgebers auch dadurch erreicht werden, dass der Bestand an gefährlichen Hunden insgesamt minimiert und zurückgedrängt wird. Dies ergibt sich namentlich aus den Regelungen über die Unzulässigkeit der Verpaarung gefährlicher Hunde und der Zulässigkeit der Anordnung einer Unfruchtbarmachung in § 9 Satz 2 und 3 LHundG NRW sowie dem Erlaubnisvorbehalt zur Haltung eines gefährlichen Hundes. Auf bundesgesetzlicher Ebene spiegelt sich das Ziel der Zurückdrängung des Bestandes an gefährlichen Hunden in der Regelung des § 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Verbringens oder der Einfuhr gefährlicher Hunde in das Inland (Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz - HundVerbrEinfG) wieder. Unter Berücksichtigung dieses Gesetzeszwecks muss der Begriff des öffentlichen – und privaten – Interesses gemäß § 4 Abs. 2 LHundG NRW eng ausgelegt werden. Die Erteilung einer Erlaubnis kommt daher grundsätzlich nur ausnahmsweise nach sorgfältiger Ermittlung und Bewertung aller bekannten Umstände des Einzelfalls in Betracht.
12Im Falle der Übernahme bzw. Vermittlung eines Hundes aus einem Tierheim oder einer vergleichbaren Einrichtung wird ein öffentliches Interesse an der Haltung eines gefährlichen Hundes durch eine Privatperson aus Tierschutzgründen allerdings in der Regel bejaht. Auch in diesen Fällen gilt es aber, dem gesetzgeberischen Ziel einer Minimierung des Bestandes an Tieren, deren Haltung er für besonders gefährlich hält, Rechnung zu tragen. Insbesondere beinhaltet die Regelung des öffentlichen Interesses daher nicht die nachträgliche Legalisierung der Haltung von privat erworbenen Hunden im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW und bewusste Umgehungen des § 4 Abs. 2 LHundG NRW sind zu verhindern (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.05.2010 – 5 B 159/10 und 5 E 127/10 -).
13Es ist daher in der Regel rechtsmissbräuchlich, sich erst einen gefährlichen Hund zu verschaffen, um ihn dann – zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthaltes – legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. Ein öffentliches Interesse aus Tierschutzgründen an der weiteren Haltung ist daher in diesen Fällen regelmäßig zu verneinen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Hund im Zeitpunkt der Haltungsuntersagung bereits in einem Tierheim befindet oder nicht. Um die tatsächliche Wirkung des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, kommt es dabei zur Überzeugung der Kammer nicht maßgeblich auf weitergehende subjektive Kriterien in der Person des (vormaligen) Halters wie etwa Kenntnis von der Rassezugehörigkeit des Hundes oder Kenntnis von der Gesetzeslage an (anders OVG NRW, Beschluss vom 19.05.2010 – 5 B 159/10 und 5 E 127/10 -).
14Denn wer einen gefährlichen Hund ohne die entsprechende Erlaubnis in Obhut nimmt, führt objektiv einen gesetzlich missbilligten Zustand herbei. Für die hieraus folgende ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit genügt die Verursachung durch den Betroffenen und ein etwaiges persönliches Verschulden ist insoweit ohne Bedeutung. Hinzukommt, dass belastbare Beweise für derartige subjektive Kriterien, namentlich für eine positive Kenntnis von der Rassezugehörigkeit und einen gezielten Verstoß gegen die Erlaubnispflicht, gerade in den Fällen einer gezielten Umgehung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW, die in der Regel unter Beteiligung der Verkäuferkreise stattfinden, nur schwer zu finden sein dürften. So ist der Kammer etwa aus zahlreichen Verfahren bekannt, dass gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW häufig gerade als angebliche Boxer-Mischlinge verkauft und auch als solche steuerlich angemeldet werden.“
15Auch nach neuerlicher Überprüfung hält die Kammer an dieser Rechtsauffassung fest und sieht sich damit in Einklang mit der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des VG Düsseldorf,
16vgl. u.a. VG Düsseldorf, Beschluss vom 29.12.21010 - 18 L 2243/10 – und Beschluss vom 22.08.2014 – 18 L 1463/14 -,
17und dem auf dieser Grundlage nunmehr geänderten Erlass des Ministeriums für Klimaschutz pp. vom 17.11.2014 zum Landeshundegesetz, Öffentliches Interesse an der Haltung eines gefährlichen Hundes – AZ: VI-6-78.01.54 -, wenngleich letzterer naturgemäß für die Kammer keinerlei Bindungswirkung entfaltet.
18Auch das OVG NRW verneint nicht nur in den Fällen einer bewussten Umgehung ein öffentliches Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 LHundG NRW, sondern setzt mit dieser Fallgestaltung unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten den Fall gleich, dass ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss,
19vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.06.2014 – 5 B 446/14 -.
20Vor diesem Hintergrund kann ein öffentliches Interesse an der (weiteren) Haltung des Hundes „D. “ durch die Antragstellerin auch aus Tierschutzgründen nicht bejaht werden. Dies gilt unabhängig davon, ob ihre Angaben betreffend die Umstände des Kaufes des Hundes und ihre behauptete tatsächliche Unkenntnis über dessen Rassezugehörigkeit im Zeitpunkt des Erwerbs zutreffen. Denn darauf kommt es aus Rechtsgründen zur Überzeugung der Kammer bereits nicht an. Darüber hinaus bestehen hier erhebliche tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin die Rassezugehörigkeit ihres Hundes - jedenfalls seitdem dieser aus dem Welpenalter herausgewachsen ist - hätte kennen müssen, da der Phänotyp des Hundes ausweislich der Ausführungen der Amtsveterinärin vom 24.10.2014 dem Standard des Pitbull Bluenose entspricht und er fast als reinrassig anzusehen ist. Es ist daher auch mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sowohl der Tierarzt der Antragstellerin als auch die Hundeschule F. sich nicht in einem Irrtum über die Rassezugehörigkeit befanden. Für die Behauptung, dass sie dennoch niemals einen Hinweis auf die Rassezugehörigkeit erhalten hat, bleibt die Antragstellerin jeden Beleg anhand schriftlicher Unterlagen wie etwa aktueller Impfausweis schuldig. Soweit sie in diesem Zusammenhang Rechnungen der Hundeschule F. vorgelegt, erfassen diese lediglich einen Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2103 und enthalten zudem keinerlei Angabe zur Identität und Rasse des dort trainierten Hundes.
21Bei dieser Sachlage ist die Untersagung der Hundehaltung ermessensfehlerfrei erfolgt, weil gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW die Haltung eines Hundes u.a. untersagt werden soll, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Gesichtspunkte, die entgegen dieser Regelung ein Absehen von der Untersagung der Hundehaltung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
22Ebenso erweist sich die Anordnung des Entzugs des Hundes nach § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung als rechtmäßig. Soweit der Antragstellerin dort zusätzlich verboten wird, den Hund an eine mit ihr verwandte oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Person, u.a. Mitglieder der Familie T. , abzugeben, sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache derzeit als offen zu bewerten. Die Kammer hat zwar keine grundsätzlichen Bedenken, dass ein Verbot der Abgabe des Hundes an bestimmte Personen zum Ausschluss einer Scheinhaltung im Einzelfall ausgesprochen werden kann. Ob diese Voraussetzungen hier – insbesondere bezogen auf Mitglieder der Familie T. - vorliegen, bedarf gegebenenfalls der weiteren Überprüfung im Hauptsacheverfahren. Im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens überwiegt jedoch bei einer insoweit unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage vorzunehmenden Interessenabwägung das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin ebenfalls nicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung. Denn derzeit verfügt nach Aktenlage weder eine der von Ziffer 2 Sätze 3 und 4 der Verfügung erfassten Personen über die erforderlichen Erlaubnisvoraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 LHundG NRW noch hat eine der Personen überhaupt einen entsprechenden Erlaubnisantrag gestellt.
23Bedenken gegen die Zwangsmittelandrohungen in Ziffer 3 des Bescheides bestehen ebenfalls nicht.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
25Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG und entspricht im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens der Hälfte des in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrages.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 20 K 551/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.01.2015 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Zunächst bestehen gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung in formeller Hinsicht keine Bedenken. Eine Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wenn sie ungeachtet ihrer sachlichen Richtigkeit zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalles eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält,
6vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.04.2014 - 5 B 82/14 – und Beschluss vom 20.11.2013 - 5 B 592/13 –.
7Daran gemessen ist die streitige Vollziehungsanordnung nicht zu beanstanden. Aus der diesbezüglichen Begründung im Bescheid vom 19.01.2015 ergibt sich – wenn auch nur sehr unscharf -, dass der Antragsgegnerin klar war, dass eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt und aus welchen Gründen diese vorliegend für geboten gehalten wurde. Darauf, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind, kommt es nicht an. Die Abwägung, ob das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin die gegenläufigen Vollziehungsinteressen tatsächlich überwiegt, ist vielmehr Teil der im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO durch das Gericht vorzunehmenden Interessensabwägung.
8Diese fällt indes zu Lasten der Antragstellerin aus, denn vorliegend wird sich nach summarischer Prüfung der bisherigen Sach- und Rechtslage die angefochtene Ordnungsverfügung aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
9Ermächtigungsgrundlage für die in Ziffern 1 und 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen sind § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 4 des Hundegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz – LHundG NRW), auf die die Antragsgegnerin die Maßnahmen auch gestützt hat.
10Die Antragstellerin hält seit 30.07.2014 einen Hund, der ausweislich der Rassebestimmung der Amtsveterinärin signifikante Merkmale der Rasse Pitbull Terrier zeigt, und damit ein gefährlicher Hund nach § 3 Abs. 2 LHundG NRW ist. Das Ergebnis der auf Veranlassung der Antragsgegnerin durchgeführten Rassebestimmung wird von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Sie selbst hatte in ihrem Erlaubnisantrag vom 25.11.2014 als Rasse „Stafford-Mix“ angegeben, was an der Einstufung des Hundes als gefährlicher Hund nach § 3 Abs. 2 LHundG NRW nichts ändert. Die für die Haltung ihres Hundes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG erforderliche Erlaubnis hat die Antragstellerin nicht. Bei summarischer Prüfung spricht auch Überwiegendes dafür, dass ihr auf ihren Antrag eine Erlaubnis gemäß § 4 LHundG NRW nicht erteilt werden kann, da die Erlaubnisvoraussetzungen nicht vorliegen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die Antragstellerin nach Aktenlage die Haltungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 LHundG NRW erfüllt und auch die gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 und 6 LHundG NRW erforderlichen Nachweise vorhanden sind.
11Denn der Erteilung einer Erlaubnis steht zur Überzeugung der Kammer gegenwärtig § 4 Abs. 2 LHundG NRW entgegen. Ein besonderes privates Interesse an der Haltung des Hundes hat die Antragstellerin nicht dargelegt und hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich. Ob ein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung ihres Hundes besteht, ist in hohem Maße zweifelhaft. In Betracht käme insoweit allenfalls ein öffentliches Interesse aus Tierschutzgründen, weil durch die weitere Haltung seitens der Antragstellerin ein Tierheimaufenthalt vermieden würde.
12Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse aus Tierschutzgründen bejaht werden kann, hat die Kammer unter Bezugnahme auf ihre ständige Rechtsprechung in ihrem Urteil vom 12.08.2010 – 20 K 7961/09 - Folgendes ausgeführt:
13„An die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 LHundG NRW sind strenge Anforderungen zu stellen. Das Landeshundegesetz dient dem Ziel, die Bevölkerung besser vor den von Hunden ausgehenden Gefahren für Leib und Leben zu schützen. In Bezug auf gefährliche Hunde soll dieser Schutz nach dem Willen des Gesetzgebers auch dadurch erreicht werden, dass der Bestand an gefährlichen Hunden insgesamt minimiert und zurückgedrängt wird. Dies ergibt sich namentlich aus den Regelungen über die Unzulässigkeit der Verpaarung gefährlicher Hunde und der Zulässigkeit der Anordnung einer Unfruchtbarmachung in § 9 Satz 2 und 3 LHundG NRW sowie dem Erlaubnisvorbehalt zur Haltung eines gefährlichen Hundes. Auf bundesgesetzlicher Ebene spiegelt sich das Ziel der Zurückdrängung des Bestandes an gefährlichen Hunden in der Regelung des § 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Verbringens oder der Einfuhr gefährlicher Hunde in das Inland (Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz - HundVerbrEinfG) wider. Unter Berücksichtigung dieses Gesetzeszwecks muss der Begriff des öffentlichen – und privaten – Interesses gemäß § 4 Abs. 2 LHundG NRW eng ausgelegt werden. Die Erteilung einer Erlaubnis kommt daher grundsätzlich nur ausnahmsweise nach sorgfältiger Ermittlung und Bewertung aller bekannten Umstände des Einzelfalls in Betracht.
14Im Falle der Übernahme bzw. Vermittlung eines Hundes aus einem Tierheim oder einer vergleichbaren Einrichtung wird ein öffentliches Interesse an der Haltung eines gefährlichen Hundes durch eine Privatperson aus Tierschutzgründen allerdings in der Regel bejaht. Auch in diesen Fällen gilt es aber, dem gesetzgeberischen Ziel einer Minimierung des Bestandes an Tieren, deren Haltung er für besonders gefährlich hält, Rechnung zu tragen. Insbesondere beinhaltet die Regelung des öffentlichen Interesses daher nicht die nachträgliche Legalisierung der Haltung von privat erworbenen Hunden im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW und bewusste Umgehungen des § 4 Abs. 2 LHundG NRW sind zu verhindern (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.05.2010 – 5 B 159/10 und 5 E 127/10 -).
15Es ist daher in der Regel rechtsmissbräuchlich, sich erst einen gefährlichen Hund zu verschaffen, um ihn dann – zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthaltes – legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. Ein öffentliches Interesse aus Tierschutzgründen an der weiteren Haltung ist daher in diesen Fällen regelmäßig zu verneinen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Hund im Zeitpunkt der Haltungsuntersagung bereits in einem Tierheim befindet oder nicht. Um die tatsächliche Wirkung des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, kommt es dabei zur Überzeugung der Kammer nicht maßgeblich auf weitergehende subjektive Kriterien in der Person des (vormaligen) Halters wie etwa Kenntnis von der Rassezugehörigkeit des Hundes oder Kenntnis von der Gesetzeslage an (anders OVG NRW, Beschluss vom 19.05.2010 – 5 B 159/10 und 5 E 127/10 -).
16Denn wer einen gefährlichen Hund ohne die entsprechende Erlaubnis in Obhut nimmt, führt objektiv einen gesetzlich missbilligten Zustand herbei. Für die hieraus folgende ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit genügt die Verursachung durch den Betroffenen und ein etwaiges persönliches Verschulden ist insoweit ohne Bedeutung. Hinzukommt, dass belastbare Beweise für derartige subjektive Kriterien, namentlich für eine positive Kenntnis von der Rassezugehörigkeit und einen gezielten Verstoß gegen die Erlaubnispflicht, gerade in den Fällen einer gezielten Umgehung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW, die in der Regel unter Beteiligung der Verkäuferkreise stattfinden, nur schwer zu finden sein dürften. So ist der Kammer etwa aus zahlreichen Verfahren bekannt, dass gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW häufig gerade als angebliche Boxer-Mischlinge verkauft und auch als solche steuerlich angemeldet werden.“
17Auch nach neuerlicher Überprüfung hält die Kammer an dieser Rechtsauffassung fest und sieht sich damit in Einklang mit der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des VG Düsseldorf,
18vgl. u.a. VG Düsseldorf, Beschluss vom 29.12.21010 - 18 L 2243/10 – und Beschluss vom 22.08.2014 – 18 L 1463/14 -,
19und dem auf dieser Grundlage nunmehr geänderten Erlass des Ministeriums für Klimaschutz pp. vom 17.11.2014 zum Landeshundegesetz, Öffentliches Interesse an der Haltung eines gefährlichen Hundes – AZ: VI-6-78.01.54 -, wenngleich letzterer naturgemäß für die Kammer keinerlei Bindungswirkung entfaltet.
20Auch das OVG NRW verneint nicht nur in den Fällen einer bewussten Umgehung ein öffentliches Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 LHundG NRW, sondern setzt mit dieser Fallgestaltung unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten den Fall gleich, dass ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss,
21vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.06.2014 – 5 B 446/14 -.
22Vor diesem Hintergrund kann ein öffentliches Interesse an der (weiteren) Haltung des Hundes „E. “ durch die Antragstellerin auch aus Tierschutzgründen nach Aktenlage nicht bejaht werden. Die Antragstellerin hat den Hund nach ihren Angaben privat von einer Familie in Bayern erworben. Es kann dahinstehen, ob sie bei dem Erwerb des Hundes gut- oder bösgläubig in Bezug auf dessen Rassezugehörigkeit war. Denn darauf kommt es zur Überzeugung der Kammer bereits aus Rechtsgründen nicht an. Abgesehen davon hat die Antragstellerin nähere Einzelheiten zu dem Erwerbsvorgang, die ausnahmsweise zu einer anderen Wertung führen könnten, nicht mitgeteilt.
23Bei dieser Sachlage ist die Untersagung der Hundehaltung ermessensfehlerfrei erfolgt, weil gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW die Haltung eines Hundes u.a. untersagt werden soll, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Gesichtspunkte, die entgegen dieser Regelung ein Absehen von der Untersagung der Hundehaltung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
24Ebenso erweist sich die Anordnung des Entzugs des Hundes nach § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung als rechtmäßig. Soweit der Antragstellerin dort zusätzlich verboten wird, den Hund an eine mit ihr verwandte oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Person abzugeben, sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache derzeit als offen zu bewerten. Die Kammer hat zwar keine grundsätzlichen Bedenken, dass ein Verbot der Abgabe des Hundes an bestimmte Personen zum Ausschluss einer Scheinhaltung im Einzelfall ausgesprochen werden kann und hinsichtlich einer in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Person dürften diese Voraussetzungen regelmäßig vorliegen. Ob dies auch bei allen mit einem Halter verwandten Personen der Fall ist, bedarf gegebenenfalls der weiteren Überprüfung im Hauptsacheverfahren. Im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens überwiegt jedoch bei einer insoweit unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage vorzunehmenden Interessenabwägung das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin ebenfalls nicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung. Denn derzeit ist nach Aktenlage eine mit der Antragstellerin verwandte Person, die übernahmebereit ist und über die erforderlichen Erlaubnisvoraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 LHundG NRW verfügt, nicht vorhanden.
25Bedenken gegen die Zwangsmittelandrohungen in Ziffer 3 des Bescheides bestehen ebenfalls nicht.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG und entspricht im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens der Hälfte des in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrages.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 wird den Antragstellern für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L. aus E. beigeordnet, soweit die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 begehren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 teilweise geändert: Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) wird angeordnet, soweit sie sich gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 richtet. Im Übrigen wird diese Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in beiden Instanzen jeweils zur Hälfte. Im Verfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe tragen die Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens, wobei die Festgebühr (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz) auf die Hälfte ermäßigt wird; außergerichtliche Kosten werden insoweit nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf 2.500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
21. Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe hat teilweise Erfolg. Die Rechtsverfolgung erscheint nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sie sich gegen die sofort vollziehbare Sicherstellung des Hundes „Q.“ richtet (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Antragsteller können nach den von ihnen dargelegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der erstinstanzlichen Prozessführung nicht aufbringen (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 115 ZPO). Die Beiordnung von Rechtsanwältin L. beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO.
3Soweit die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin (Untersagung der Haltung, Führung und Betreuung des Hundes „Q.“) begehren, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L. aus E. zu Recht als unbegründet abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
42. Die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt – soweit es um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen die Untersagung des Haltens, Führens und Betreuens des Hundes „Q.“ der Antragsteller geht (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014) – ebenfalls erfolglos (a). Hingegen hat die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg, soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 der genannten Ordnungsverfügung (Sicherstellung des Hundes „Q.“) betroffen ist (b).
5a) Bei summarischer Prüfung spricht ganz Überwiegendes dafür, dass die Untersagungsverfügung rechtmäßig erfolgt ist. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss. Diese werden durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert.
6Ohne Erfolg wenden die Antragsteller ein, bei „Q.“ handele es sich nicht um einen der Rasse nach gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW mit der Folge, dass dessen Haltung nicht erlaubnispflichtig sei. Nach den nachvollziehbaren Angaben der amtlichen Tierärztin weist der Hund deutlich hervortretende Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire-Terrier auf. Die Antragsteller räumen selbst ein, dass der Verkäufer des Hundes ihnen erklärt habe, die Optik von „Q.“ erinnere ein wenig an einen Kampfhund. Schließlich war es auch das phänotypische Erscheinungsbild, aufgrund dessen die Antragsgegnerin auf „Q.“ aufmerksam gemacht wurde. Die von den Antragstellern geltend gemachte Einordnung von „Q.“ als Boxer-Labrador-Mix wird hingegen weder durch die in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Fotos untermauert noch haben die Antragsteller insoweit aussagekräftige Unterlagen vorgelegt. Unabhängig davon, dass sich den Antragstellern schon aufgrund der ausgeprägten phänotypischen Merkmale hätte aufdrängen müssen, dass „Q.“ kein Boxer-Labrador-Mix ist, wird die objektiv vorzunehmende Feststellung der Rassezugehörigkeit nicht durch ihre etwaige Unkenntnis in Frage gestellt. Für die Einstufung als gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW ist schließlich auch unerheblich, dass „Q.“ sich bislang als „zuverlässiger Familienhund“ verhalten habe, der nie auffällig geworden sei. Denn die Gefährlichkeit der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW aufgeführten Hunderassen und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes. Es kommt hierbei – anders als bei den im Einzelfall gefährlichen Hunden gemäß § 3 Abs. 3 LHundG NRW – nicht darauf an, ob ein einzelner Hund ein gefährliches oder aggressives Verhalten gezeigt hat.
7Vgl. Reich, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2005, § 3 Rn. 1 f.
8Im Übrigen hat in Zweifelsfällen der Halter nachzuweisen, dass eine Kreuzung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW nicht vorliegt (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW). Das gilt auch bei „völlig unauffälligen“ Hunden. Dieser Nachweis ist vorliegend nicht erbracht.
9Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW ist die Haltung eines gefährlichen Hundes erlaubnispflichtig. Die Antragsteller verfügen jedoch weder über eine Erlaubnis noch erfüllen sie sämtliche Voraussetzungen zur Erteilung einer derartigen Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 LHundG NRW): Abgesehen davon, dass bislang keine fälschungssichere Kennzeichnung von „Q.“ nachgewiesen ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 7 LHundG NRW), fehlt es insbesondere an einem öffentlichen Interesse an der weiteren Haltung (§ 4 Abs. 2 LHundG NRW).
10Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. Die Antragsteller machen erfolglos geltend, es gehe um eine Vermittlung eines gefährlichen Hundes aus einem Tierheim. Zwar kann nach der Senatsrechtsprechung ein öffentliches Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 LHundG NRW auch aus Gründen des Tierschutzes bestehen, wenn ein Hund aus einem Tierheim an eine Privatperson vermittelt werden soll.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2014 - 5 B 185/14 - und vom 19. Mai 2010 - 5 B 159/10 -. Siehe auch LT-Drs. 13/2387, S. 22, und Nr. 4.2 VV LHundG NRW).
12Ein derartiges öffentliches Interesse scheidet aber jedenfalls aus, wenn die Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW bewusst umgangen werden. Mit dieser Fallgestaltung ist es unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten gleichzusetzen, wenn ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2011 - 5 E 888/10 -.
14Wie bereits ausgeführt, hätte sich den Antragstellern angesichts der deutlich hervortretenden Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire Terrier und des oben zitierten Hinweises des Verkäufers aufdrängen müssen, dass es sich bei „Q.“ um einen gefährlichen Hund handelt. Zumindest hätten sie sich in Bezug auf die Rassezugehörigkeit des Tieres genauer informieren müssen. § 4 Abs. 2 LHundG NRW dient nicht dazu, die Haltung eines privat erworbenen Hundes nachträglich zu legalisieren, nachdem der Hund wegen Fehlens der Erlaubnisvoraussetzungen weggenommen und in einem Tierheim untergebracht worden ist. Andernfalls könnte der Hundehalter, der mit der nicht erlaubten Haltung eines gefährlichen Hundes selber die Ursache dafür gesetzt hat, dass der Hund in ein Tierheim verbracht wird, nach seinem Belieben ein öffentliches Interesse erzeugen. Auf diese Weise würde § 4 Abs. 2 LHundG NRW letztlich bedeutungslos.
15Die von den Antragstellern vorgetragene Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Personen, die mit einem gefährlichen Hund aus einem anderen Bundesland, in welchem keine Erlaubnispflicht besteht, nach Nordrhein-Westfalen ziehen, verfängt nicht. Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend begründet (Seite 3, letzter Absatz des Beschlussabdrucks); die Antragsteller haben dem nichts Durchgreifendes entgegengesetzt.
16Ihr Hinweis, dass sie zu „Q.“ eine emotionale Bindung aufgebaut hätten, führt mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde betreffend die Untersagungsverfügung.
17b) Die im Wege des Sofortvollzugs erfolgte, u.a. auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW gestützte Sicherstellung von „Q.“ ist bei summarischer Prüfung materiell ermessensfehlerhaft. Außer in den Fällen der Haltungsuntersagung, in denen ein Hund gemäß § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW entzogen und seine Abgabe angeordnet werden kann, kommt die Sicherstellung eines Hundes als ordnungsrechtliche Standardmaßnahme nur unter den engeren Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW in Betracht. Neben dieser spezielleren Ermächtigung tritt die allgemeine hunderechtliche Generalklausel zurück.
18Vgl. sinngemäß Gesetzesbegründung, LT-Drs. 13/2387, S. 32, wonach die §§ 15 ff. OBG zu beachten sind.
19Eine Sicherstellung kann danach unter anderem erfolgen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden. Der Begriff der gegenwärtigen Gefahr stellt strengere Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts. Gegenwärtig ist eine Gefahr dann, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar bzw. in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51, 58.
21Eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt beispielsweise dann vor, wenn jemand einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis hält und auch die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht vorliegen. Aber auch in einer Hundehaltung ohne die erforderliche Erlaubnis liegt für sich gesehen ein schon eingetretener formaler Rechtsverstoß, der eine Sicherstellung rechtfertigen kann. Allerdings verlangt die Formulierung „kann" in § 43 PolG NRW zusätzlich eine Ermessensausübung über ein Einschreiten im Einzelfall, die nach § 40 VwVfG NRW den strengeren Anforderungen des gesetzlichen Tatbestands Rechnung tragen muss. Einer nachvollziehbaren Ermessensausübung bedarf es gerade in Fällen lediglich formaler Rechtsverstöße bei der Hundehaltung, weil aus ihnen nicht notwendig auf eine hohe Wahrscheinlichkeit der Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit von Menschen und anderen Tieren geschlossen werden kann. Jedenfalls lassen sich der gesetzlichen Ermächtigung keine Anzeichen dafür entnehmen, bei Fehlen der erforderlichen Erlaubnis sei das Ermessen regelmäßig dahingehend reduziert, dass eine Sicherstellung des Hundes und Unterbringung in einem Tierheim erfolgen müsse.
22Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 15 ff. m. w. N.; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 5 B 212/13 -.
23Genau dies hat vorliegend jedoch die Antragsgegnerin angenommen, indem sie den Hund deshalb sicherstellte, weil „weder ein Sachkundenachweis, Haftpflichtversicherung, Haltungserlaubnis, Kastration u.ä. vorhanden waren“ (vgl. Vermerk vom 15. Januar 2014), obwohl „Q.“ nicht konkret gefährlich in Erscheinung getreten ist (z. B. Beißvorfall, Beinahe-Beißvorfall oder auffallende Aggressivität des Hundes).
24Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin etwaige weniger belastende Alternativen in Erwägung gezogen hat. Derartiges ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 15 Abs. 1 LHundG i. V. m. § 15 OBG NRW nötig. Bei Verstößen gegen ein Genehmigungserfordernis bietet sich insbesondere an zu klären, ob eine Erlaubnis kurzfristig erteilt werden kann. Dies liegt gerade dann nahe, wenn der Betroffene signalisiert, er wolle und könne die Erlaubnisvoraussetzungen kurzfristig nachweisen. In derartigen Fällen drängt es sich auf, dem betroffenen Hundehalter hierzu Gelegenheit zu geben, etwa indem gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW eine angemessene Frist eingeräumt wird, innerhalb derer er die erforderliche Erlaubnis beantragen kann. Sofern nicht bereits andere behördliche Erkenntnisse über eine konkret gefährliche Hundehaltung vorliegen, lässt im Allgemeinen erst das anschließende Verhalten des Hundehalters eine hinreichend verlässliche Beurteilung zu, ob mildere Alternativen zu einer vorläufigen Sicherstellung nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW vorhanden sind oder ob nach dem ordnungsbehördlichen Opportunitätsprinzip für die Dauer des Genehmigungsverfahrens von einer Tierheimunterbringung abgesehen werden kann. Auch Gründe des Tierschutzes können dafür sprechen, stattdessen andere Unterbringungsmöglichkeiten bei einer Privatperson in Erwägung zu ziehen.
25Vgl. Art. 20 a GG und Art. 29 a LV NRW sowie Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 LHundG NRW, LT-Drs. 13/2387, S. 22; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 18 ff.
26Ob mittlerweile die Entziehung des Hundes „Q.“ auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW angeordnet werden könnte, bedarf keiner Entscheidung.
27Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 2, 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
28Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.
29Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.