Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 23. Feb. 2012 - 37/10
Gericht
Tenor
I.
Artikel 1 § 24 des Gesetzes zur Neugestaltung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze vom 10. November 2009 (GVOBl. M-V S. 606 ff.), geändert durch Art. 4 Nr. 8 des Gesetzes zur Schaffung zukunftsfähiger Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 366), ist mit Artikel 72 Absatz 1 Satz 1, Artikel 73 Absatz 2 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern unvereinbar und nichtig.
II.
Die Entscheidung ergeht kostenfrei. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat den Beschwerdeführerinnen ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
A.
- 1
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen § 24 des Finanzausgleichsgesetzes - FAG M-V - in der seit dem 01. Januar 2010 geltenden Fassung. Dabei geht es um die Einführung einer sog. Umlandumlage, die ab dem Jahr 2010 von kreisangehörigen Gemeinden gezahlt werden muss, die nach dem Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern 2005 - LEP M-V - dem Stadt-Umland-Raum so genannter Kernstädte als direkte Nachbargemeinde oder unter näher bestimmten Voraussetzungen als sonstige benachbarte Gemeinde zugeordnet werden.
- 2
Die Beschwerdeführerinnen sind kreisangehörige Gemeinden, die im Landkreis Nordwestmecklenburg liegen und direkt an das Stadtgebiet der Hansestadt Wismar angrenzen. Sie machen geltend, in ihren Rechten aus Art. 73 Abs. 1 und 2, Art. 72 Abs. 1 und Abs. 3 sowie Art. 74 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern - LV - und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - verletzt zu sein.
I.
- 3
Der Gesetzgeber hat die maßgebliche Regelung des § 24 FAG M-V mit dem Gesetz zur Neugestaltung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze vom 10. November 2009 (GVOBl. M-V S. 606) mit Wirkung zum 01. Januar 2010 eingeführt. In der Fassung des Gesetzes zur Schaffung zukunftsfähiger Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Kreisstrukturgesetz) vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 366) lautet die Vorschrift infolge einer Anpassung der Terminologie des § 24 FAG M-V an die des Landesraumentwicklungsprogramms im Hinblick auf die Einkreisung der Städte Greifswald, Neubrandenburg, Stralsund und Wismar wie folgt:
- 4
§ 24 Umlage von kreisangehörigen Gemeinden innerhalb von Stadt-Umland-Räumen
- 5
(1) Von den kreisangehörigen Gemeinden, die nach dem Landesraumentwicklungsprogramm dem Stadt-Umland-Raum der Städte Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Stralsund, Greifswald und Wismar (Kernstädte) entweder als direkte Nachbargemeinde oder als sonstige benachbarte Gemeinde, die vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2001 ein Bevölkerungswachstum von mehr als 30 Prozent hatte und am 30. Juni 2000 einen Anteil an Auspendlern von mehr als 40 Prozent in die jeweilige Kernstadt aufwies, zugeordnet werden, wird eine Umlage in Höhe von 5 Prozent der Umlagegrundlagen nach § 23 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 und 2 abzüglich der Finanzausgleichsumlage des laufenden Jahres nach § 8 erhoben (Umlandumlage). Die Umlage fließt der jeweiligen Kernstadt zu. Satz 1 findet auf Rechtsnachfolger von nach Satz 1 umlagepflichtigen kreisangehörigen Gemeinden nur Anwendung, wenn die umlagepflichtigen kreisangehörigen Gemeinden mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Gemeindefusion über mehr als 50 Prozent der Einwohner des Rechtsnachfolgers verfügen.
- 6
(2) Die Umlage ist zum 5. Dezember eines Jahres fällig und soll mit den Finanzausgleichsleistungen des Monats Dezember verrechnet werden. Soweit eine Verrechnung nicht oder nicht vollständig möglich ist, hat die Gemeinde die Umlage an das Land zu zahlen. Das Land kann für rückständige Beträge Verzugszinsen in Höhe von 3 Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz fordern. Die Umlage wird den Kernstädten mit den Finanzausgleichsleistungen des Monats Dezember ausgezahlt.
- 7
Bei den Umlagegrundlagen nach § 23 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 FAG M-V, die für die Bemessung der Umlandumlage zu Grunde gelegt werden, handelt es sich um die Steuerkraftmesszahlen gemäß § 12 Abs. 3 FAG M-V, die sich nach der Steuerkraft des vorvergangenen Jahres richten, und die Schlüsselzuweisungen des Vorjahres. Die Umlandumlage wird durch das Statistische Landesamt errechnet und durch das Innenministerium festgesetzt (§ 28 Abs. 1 FAG M-V). 25 Prozent der zu zahlenden Umlandumlage des laufenden Jahres werden bei der Ermittlung der Kreisumlage in Abzug gebracht (§ 23 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 FAG M-V).
- 8
In der Begründung der LT-Drs. 5/2685 S. 65 heißt es:
- 9
A. XII. 12. Einführung einer Umlage von Umlandgemeinden an die kreisfreie Stadt
- 10
Umlandgemeinden einer kreisfreien Stadt profitieren überproportional von ihrer Lage. Mit den Zuweisungen für übergemeindliche Aufgaben, die von allen kommunalen Körperschaften finanziert werden, kann dem nicht vollständig Rechnung getragen werden. Deshalb ist es angemessen, dass sie eine Umlage zahlen, die der jeweiligen kreisfreien Stadt im Hinblick auf ihre erhöhten Belastungen zu Gute kommt. In Abgrenzung zum Vorwegabzug für übergemeindliche Aufgaben, der an die im Landesraumentwicklungsprogramm und in den Regionalen Raumentwicklungsprogrammen festgelegten zentralen Orte anknüpft, wird auf die Hauptkriterien zur Abgrenzung der Stadt-Umland-Räume entsprechend dem Landesraumentwicklungsprogramm abgestellt. Umlagepflichtig sind deshalb Gemeinden, die nach dem Landesraumentwicklungsprogramm dem Stadt-Umland-Raum einer kreisfreien Stadt entweder als direkte Nachbargemeinde oder als sonstige benachbarte Gemeinde, die vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2001 ein Bevölkerungswachstum von mehr als 30% hatte und am 30. Juni 2000 einen Anteil an Auspendlern von mehr als 40 % in die jeweilige kreisfreie Stadt aufwies, zugeordnet werden.
- 11
Mit der Umlage in Höhe von 5 % der Steuerkraftmesszahl des Vorvorjahres und der Schlüsselzuweisungen des Vorjahres würden auf Basis des Finanzausgleichs 2008 ca. 4 Mio. EUR (Rostock ca. 1,4 Mio. EUR, Schwerin ca. 1,1 Mio. EUR, Neubrandenburg ca. 489.300 EUR, Stralsund ca. 378.900 EUR, Greifswald ca. 344.900 EUR und Wismar 324.300 EUR) an die kreisfreien Städte abgeführt. Um die Umlandgemeinden nicht unangemessen und verfassungswidrig zu belasten, wird ein Teil der Umlage bei den Kreisumlagegrundlagen ... angerechnet.
- 12
Weiterhin heißt es in der Begründung auf S. 99 f.:
- 13
Zu § 24 Umlage von kreisangehörigen Gemeinden im Stadt-Umland-Raum einer kreisfreien Stadt
- 14
Mit der Vorschrift wird eine sog. Stadt-Umland-Umlage eingeführt.
- 15
Zu Absatz 1
- 16
Satz 1 regelt die Umlagevoraussetzungen, also die Kriterien, nach denen die Gemeinden, die eine Umlage an die kreisfreie Stadt zu zahlen haben, bestimmt werden, und die Umlagehöhe. Fast alle Gemeinden, die zum Stadt-Umland-Raum einer kreisfreien Stadt nach dem Landesraumentwicklungsprogramm gehören und dessen Kriterien erfüllen, profitieren von der kreisfreien Stadt überdurchschnittlich. Dies gilt sowohl für direkte Nachbargemeinden, die eine gemeinsame Gemeindegrenze mit einer kreisfreien Stadt haben und für sonstige benachbarte Gemeinden, die vom 1. Januar 1995 bis 31.12.2001 ein Bevölkerungswachstum von mehr als 30 % hatten und am 30. Juni 2000 einen Anteil an Auspendlern von mehr als 40 % in die jeweilige kreisfreie Stadt aufwiesen.
- 17
Besonders deutlich wird der Vorteil dieser Gemeinden am mit dem Bevölkerungswachstum einhergehenden Einkommenszuwachs je Gemeindeeinwohner, da sich offenbar zunehmend einkommensstärkere Bevölkerungsschichten in den Umlandgemeinden angesiedelt haben. Dies belegt schon eine Untersuchung der Verteilung der nach § 3 Gemeindefinanzreformgesetz berechneten Verteilungsschlüssel für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Die Untersuchung des Innenministeriums zeigt u. a., dass 72 Gemeinden von den 87 umlagepflichtigen Gemeinden je Einwohner einen höheren Anteil am Verteilungsaufkommen erhalten als die jeweiligen Ballungszentren.
- 18
Die darüber hinaus vom Landesraumentwicklungsprogramm für Stadt-Umlandräume einbezogenen Kriterien (Gemeinden, die aufgrund gewichtiger planerischer Gesichtspunkte einbezogen werden und Gemeinden die ggf. keines dieser drei Kriterien erfüllen, aber zur Arrondierung einbezogen werden) begründen keine Rechtfertigung für eine Umlage an die kreisfreie Stadt. Deshalb sind diese beiden Gesichtspunkte in Satz 1 ausdrücklich ausgenommen worden.
- 19
Die Umlagehöhe beträgt 5 % der Steuerkraftmesszahl des Vorvorjahres und der Schlüsselzuweisungen des Vorjahres abzüglich einer gem. § 8 zu zahlenden Finanzausgleichsumlage. ...“
- 20
Das erste Finanzausgleichsgesetz des Landes vom 15. April 1991 (GVOBl. M-V S. 118) kannte lediglich einen Vorwegabzug von 300 Mio. DM für Fehlbetragszuweisungen und Sonderbedarfszuweisungen. Der Rest der Finanzausgleichsmasse wurde zu 60 v.H. an die Gemeinden, zu 40 v.H. an (noch zahlreiche) Kreise und kreisfreie Städte verteilt.
- 21
Das Erste Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 01. April 1993 (GVOBl. M-V S. 247) führte aufgabenbezogene Vorwegabzüge ein, etwa für die Wahrnehmung gesetzlich übertragener Aufgaben. Der Gesetzgeber wollte diese Art des Ausgleichs der pauschalen Einwohnerveredelung vorziehen (LT-Drs. 1/2556 S. 2)
- 22
Nach § 6 Nr. 7 FAG M-V 1993 waren 160 Mio. DM für die Wahrnehmung übergemeindlicher Aufgaben vorgesehen. Nach § 10e Abs. 3 FAG M-V 1993 gab es für die Zentren Sockelbeträge zwischen 100.000 und 2,5 Mio. DM, die verbleibenden Beträge wurden nach der jeweiligen Einwohnerzahl, unterschiedlich gewichtet, auf die Zentren verteilt. In der Begründung zu § 10e FAG M-V hieß es:
- 23
"Übergemeindliche Aufgaben sind Aufgaben, deren Erfüllung nicht nur den Einwohnern der Gemeinden selbst, sondern auch den Einwohnern von Umlandgemeinden dient." (LTDrs. 1/2556 S. 19).
- 24
Nach der weiteren Begründung sollten die Zuweisungsempfänger einen Grundbetrag entsprechend ihrer zentralörtlichen Stufe erhalten, der gemäß Satz 2 um einen Ergänzungsbetrag entsprechend der Einwohnerzahl des Verflechtungsbereiches ergänzt werde. Dem liege der Gedanke zu Grunde, dass die Aufgabenintensität von der Zahl der zu versorgenden Einwohner mit abhängig sei. Die Oberzentren erhielten sowohl Oberbereichs-, als auch Mittelbereichs- und Nahbereichs-Mittel. Die Mittelzentren und die Mittelzentren mit Teilfunktion erhielten die Mittelbereichs - und Nahbereichsmittel. Unterzentren und ländliche zentrale Orte erhielten nur Nahbereichsmittel.
- 25
Mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 19. Dezember 2005 (GVOBl. M-V S. 635) wurde die Verteilung an die neue Terminologie der Landesentwicklungsplanung angepasst und zwischen Grund-, Mittel- und Oberzentren differenziert. Letztere bekamen einen Grundbetrag von einer Million Euro. Die verbleibenden Mittel wurden quotiert und nach der Einwohnerzahl im Nahbereich usw. als Aufstockungsbetrag gezahlt. Insgesamt waren hierfür 107,3 Mio. Euro als Vorwegabzug aus dem Finanzausgleich vorgesehen. Nach der Aussage des FAG-Gutachtens 2008 (Teil 2 S. 12) war damit der kommunale Finanzausgleich in Mecklenburg-Vorpommern durch einen vergleichsweise großen Anteil an Zuweisungen geprägt, die sich auf spezielle Ausgaben beziehen.
- 26
Mit der Novelle des Finanzausgleichsgesetzes im Jahre 2009, die neben einer Abundanz- Umlage (§ 8 FAG M-V) auch die hier im Streit stehende Stadt-Umland-Umlage einführte, wurden für übergemeindliche Aufgaben Zuweisungen in Höhe von 137,3 Mio. Euro vorgesehen. Zugleich wurden die Sockelbeträge reduziert und der einwohnerbezogene Anteil erhöht.
- 27
Für 2010 ergaben sich nach dem Orientierungsdatenerlass 2011 (ODH 2011) S. 3 bei einer
- 28
Finanzausgleichmasse von
1082,9 Mio. Euro
und Vorwegabzügen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 FAG M-V von
450,1 Mio. Euro
sowie Vorentnahmen von
3,41 Mio. Euro
als verbleibende Masse für Schlüsselzuweisungen
629,4 Mio. Euro
- 29
Hiervon entfielen knapp 250 Mio. Euro auf kreisangehörige Gemeinden, knapp 180 Mio. Euro auf die seinerzeit kreisfreien Städte und etwas über 200 Mio. Euro auf die Landkreise.
- 30
Die finanzielle Situation der Beschwerdeführerinnen, die wie weitere sieben Gemeinden zum Nahbereich der Hansestadt Wismar im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 2 FAG M-V gehören, und der Kernstadt Wismar stellte sich 2010 einwohnerbezogen (Stand 31.12.2010) wie folgt dar:
- 31
Die Kernstadt Wismar hatte 44.397 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner 143,81 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 417,43 Euro.
- 32
Die Gemeinde Gägelow hatte 2.571 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner 329,27 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 627,88 Euro.
- 33
Die Gemeinde Dorf Mecklenburg hatte 2.902 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner 167,28 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 396,50 Euro.
- 34
Die Gemeinde Lübow hatte 1.592 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner 182,26 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 370,09 Euro.
- 35
Die Gemeinde Metelsdorf hatte 488 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner165,05 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 286,83 Euro.
- 36
Die Gemeinde Barnekow hatte 652 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner 143,29 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 333,68 Euro.
- 37
Die Gemeinde Hornstorf hatte 1.140 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner 144,69 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 532,92 Euro.
- 38
Die Gemeinde Krusenhagen hatte 549 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner 166,78 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 294,11 Euro.
- 39
Die Gemeinde Zierow hatte 736 Einwohner. Ihr Einkommensteueranteil betrug im Jahre 2010 pro Einwohner 160,88 Euro, ihre Steuerkraftmesszahl lag bei 333,81 Euro.
- 40
Die Beschwerdeführerinnen haben im Dezember 2010 erstmalig – bereinigt um die Kürzung der Kreisumlage nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FAG M-V – folgende Umlandumlagen insgesamt und einwohnerbezogen (Stand 31.12.2009) gezahlt:
- 41
Beschwerdeführerin zu 1. - 76.068,32 Euro / 29,08 Euro/EW
Beschwerdeführerin zu 2. - 81.646,41 Euro / 27,93 Euro/EW
Beschwerdeführerin zu 3. - 40.281,98 Euro / 24,96 Euro/EW
Beschwerdeführerin zu 4. - 11.316,89 Euro / 23,24 Euro/EW
Beschwerdeführerin zu 5. - 20.834,08 Euro / 31,77 Euro/EW
Beschwerdeführerin zu 6. - 32.411,76 Euro / 28,33 Euro/EW
Beschwerdeführerin zu 7. - 13.885,35 Euro / 25,62 Euro/EW
Beschwerdeführerin zu 8. - 18.770,33 Euro / 24,73 Euro/EW
II.
- 42
Die Beschwerdeführerinnen haben am 30. Dezember 2010 gemeinsam Verfassungsbeschwerde erhoben. Die angegriffene Vorschrift verletze sie in ihren Rechten aus Art. 73 Abs. 1 und 2, Art. 72 Abs. 1 und Abs. 3 sowie Art. 74 LV und Art. 3 Abs. 1 GG.
- 43
1. § 24 FAG M-V fehle es an einer Grundlage in der Landesverfassung. Die Umlandumlage sei ein unzulässiges Instrument des kommunalen Finanzausgleichs. Es handele sich um eine allgemeine Zuweisung, die nicht Schlüsselzuweisung und systematisch den Bedarfszuweisungen zuzuordnen sei. Ein Bedarf der Empfängergemeinden sei jedoch nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 24 FAG M-V; es sei auch nicht festgestellt worden, ob und inwieweit überhaupt ein solcher Bedarf der Empfängergemeinden bestehe. Der Gesetzgeber habe lediglich auf einen angeblichen Vorteil der „Gebergemeinden“ abgestellt. Die Anknüpfung einer Finanzausgleichsmaßnahme an die Situation der „Gebergemeinden“ sei jedoch mit der Landesverfassung und dem System des Finanzausgleichs, das allein Schlüssel-, Bedarfs- und Zweckzuweisungen vorsehe, unvereinbar.
- 44
Aufgrund der Ziele einer jeden Umlage und der rechtlichen Anknüpfungspunkte, die in Art. 73 Abs. 2 LV geregelt seien, müssten für die Zulässigkeit einer Umlage kumulativ mindestens zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens müsse die Umverteilungsmaßnahme zugunsten bedürftiger Empfänger erfolgen. Zweitens sei es untersagt, dem jeweiligen Empfänger mehr Mittel zur Verfügung zu stellen als erforderlich seien. Diese Voraussetzungen erfülle die Umlandumlage unter keinem denkbaren Gesichtspunkt.
- 45
Die Umlandumlage habe ausschließlich eine Abschöpfungsfunktion. Welche der angeblichen erhöhten Belastungen der Kernstädte ausgeglichen werden sollen, habe der Gesetzgeber nicht erwähnt. Sämtliche besondere Bedarfe der Kernstädte würden bereits von verschiedenen anderen Maßnahmen des kommunalen Finanzausgleichs erfasst und ausgeglichen. Der angebliche Vorteil der Umlandgemeinden sei nicht näher definiert und auch nicht festgestellt worden. Insbesondere seien dazu keine Berechnungen angestellt worden. Darauf käme es aber ohnehin nicht an, da nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 73 Abs. 2 LV allein auf die Empfängergemeinde und deren Bedürftigkeit abzustellen sei. Der horizontale Finanzausgleich und der Sinn und des Zweck des Finanzausgleichsgesetzes rechtfertigten die Harmonisierung der Finanzausstattungen der Gemeinden in einem Stadt-Umland-Raum und die damit zwingend einhergehende Wettbewerbsbeschränkung in Bezug auf die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen zwischen Kern- und Umlandgemeinde nicht.
- 46
Da der Gesetzgeber den Fokus nicht auf die Empfängergemeinde und ihre Bedürftigkeit gerichtet habe, könne zudem nicht sichergestellt werden, dass lediglich Mittel in der von Art. 73 Abs. 2 LV verfassungsrechtlich erlaubten Höhe – nämlich ausschließlich die zur Zweckerfüllung erforderlichen Mittel – umgelegt würden. Die Umlandumlage dürfe unter keinem Aspekt dazu führen, dass der Empfängergemeinde auf Kosten einer Umlandgemeinde mehr Mittel zuflössen als zur Aufgabenerfüllung erforderlich seien. Dies sei jedoch bei der Umlandumlage der Fall, da sie Höchstgrenzen der noch zulässigen Mittelzuweisungen an die Empfängergemeinden bereits abstrakt nicht vorsehe. Eine „Mehrumlage“ zu Gunsten der Empfängergemeinden sei untersagt. Damit gewährleiste § 24 FAG M-V wegen der fehlenden Anknüpfung an die Situation der Empfängergemeinden nicht, dass nur steuerschwache Gemeinden oder Gemeinden, die mit besonderen Ausgaben belastet seien, Mittel erhielten. Es sei zudem nicht sichergestellt, dass die angeblich bedürftigen Kernstädte durch die Umlandumlage Mittel nur in einem solchen Umfang zur Verfügung gestellt bekämen, der erforderlich sei, um ihre Leistungsfähigkeit zu sichern oder aber eine noch nicht anderweitig abgegoltene unterschiedliche Belastung mit Ausgaben auszugleichen.
- 47
2. Sie als „Gebergemeinden“ hätten schon vor der Umlage über eine geringere Finanzausstattung als vergleichbare Gemeinden und die Hansestadt Wismar als Umlageempfängerin sowie in der Mehrzahl über ein relativ höheres Defizit verfügt. Diesen Effekt verstärke die Umlandumlage noch. Dadurch greife der Gesetzgeber auch in die garantierte finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden ein. Sie hätten sämtliche Mittel sparsam verwendet und seien stets bestrebt, die freiwilligen Aufgaben zu verringern und die Einnahmen zu erhöhen. Die durch die Umlandumlage verursachte Kürzung ihrer Mittel führe dazu, dass sie freiwillige Aufgaben selbst bei sparsamster Mittelverwendung ausschließlich durch Entnahmen aus der Rücklage bzw. Kreditaufnahmen finanzieren könnten. Eine eigenverantwortliche Wahrnehmung der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben oder auch nur der Pflichtaufgaben sei ihnen nicht mehr möglich.
- 48
Sie erreichten als Umlandgemeinden im Durchschnitt der Jahre 2009 und 2010 lediglich 55,44 Prozent der durchschnittlichen Einnahmen aller Kommunen des Landes sowie der sonstigen Flächenländer Ost und der finanzschwachen Länder West. Die Beschwerdeführerin zu 4. verfüge sogar mit 37,10 Prozent über lediglich 1/3 der Finanzausstattung der Vergleichsgruppe. Eine weitere Kürzung der Finanzen greife in die garantierte finanzielle Mindestausstattung ein. Es gebe keinen finanziellen Spielraum bei den Selbstverwaltungsaufgaben. Bereits die sparsame Erfüllung der Pflichtaufgaben unter Ausschöpfung sämtlicher Einnahmemöglichkeiten erzeuge Defizite in den kommunalen Haushalten. Allein die Beschwerdeführerin zu 8. habe im Jahr 2010 noch über einen 11 ausgeglichen Haushalt verfügt, wobei aber ein erheblicher Investitionsstau zu berücksichtigen sei.
- 49
3. Der Gesetzgeber habe nicht sichergestellt, dass die betroffenen Gemeinden von der Umlandumlage nicht in eine Position gedrängt würden, die sie im Vergleich zu verschonten Gemeinden oder der Empfängergemeinde selbst schlechter stellten. Entsprechende Berechnungen seien im Gesetzgebungsverfahren weder diskutiert noch problematisiert worden. Dies stelle einen Verstoß gegen das Recht der kommunalen Selbstverwaltung dar.
- 50
§ 24 FAG M-V biete keine Gewähr dafür, dass der verfassungsrechtlich geschützte Rang jeder einzelnen Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre Finanzausstattung, die sich offensichtlich nachteilig ändere, zumindest gewahrt bleibe. In Anbetracht der Vielzahl der Gemeinden im Land sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass alle oder einzelne Beschwerdeführerinnen gegenüber anderen Gemeinden im Land ihren Finanzausstattungsrang verlören. Eine solche Schlechterstellung der Beschwerdeführerinnen durch die Umlandumlage sei verboten. Das Unterlassen diesbezüglicher Untersuchungen begründe einen Verstoß gegen das kommunale Selbstverwaltungsrecht, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Finanzhoheit der Gemeinden. Ein Vergleich der Finanzausstattung und der Defizitsituation der betroffenen Umlandgemeinden mit der entsprechenden Lage der Hansestadt Wismar ergebe, dass die Umlandgemeinden im Jahre 2009 über weniger als 55 Prozent der Finanzausstattung der Hansestadt Wismar verfügt hätten. Die Erhebung der Umlandumlage zugunsten der Hansestadt Wismar stelle somit eine verfassungswidrige Nivellierung dar, da die Kernstadt spätestens durch die Umlandumlage im Hinblick auf ihre Finanzausstattung besser gestellt werde als die in Anspruch genommenen Umlandgemeinden. Trotz der Tatsache, dass die Hansestadt Wismar bereits vor der Umlandumlage über wesentlich höhere einwohnerbezogene Einnahmen als sämtliche Umlandgemeinden verfüge, liege jedenfalls bei der Beschwerdeführerin zu 4. mit einer Finanzausstattung von lediglich 35 Prozent eine verfassungswidrige Nivellierung vor. Es sei auszuschließen, dass ein solcher Unterschied durch die verschiedenartigen Aufgaben der Beschwerdeführerin zu 4. und der Hansestadt Wismar begründet sei. Die Inanspruchnahme der Beschwerdeführerinnen zu 1., 2., 3., 5., 6. und 8. verstoße mit Blick auf die schwache Finanzausstattung in Höhe von weniger als 55 Prozent der Einnahmen der Hansestadt Wismar ebenfalls gegen das Nivellierungsverbot.
- 51
Der Eingriff in die Finanzhoheit der Beschwerdeführerinnen ergebe sich zudem aus einer Gegenüberstellung der relativen Haushaltsdefizite der Umlandgemeinden und der Hansestadt Wismar. Dieses liege bei der Hansestadt Wismar bei 14,1 Prozent der Gesamteinnahmen, während die Haushalte der Beschwerdeführerinnen zu 4. (29,17 %), 5. (29,36 %) und 6. (18,61 %) bereits vor der Umlandumlage ein wesentlich höheres Defizit aufgewiesen hätten. Bei der Beschwerdeführerin zu 2. sei das Haushaltsdefizit nach Einführung der Umlandumlage mit 15,53 Prozent ebenfalls relativ höher als bei der Hansestadt Wismar. Dadurch finde ebenfalls eine verfassungswidrige Nivellierung zulasten der Umlandgemeinden statt. Die Hansestadt Wismar verbessere demgegenüber ihren Rangplatz hinsichtlich der Defizitsituation nach Einführung der Umlandumlage und liege nunmehr vor der Beschwerdeführerin zu 2.
- 52
4. Die Heranziehung der Beschwerdeführerinnen sowie der weiteren Umlandgemeinden im Stadt-Umland-Raum der anderen Kernstädte sei willkürlich und stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung dar. Der Gesetzgeber habe keine Untersuchungen angestellt, inwieweit die Beschwerdeführerinnen überhaupt einen Vorteil von ihrer Lage zur Hansestadt Wismar hätten. Ein solcher Vorteil werde vom Gesetzgeber lediglich behauptet, ohne ihn konkret zu benennen und/oder zu beziffern. Zudem hätte der Gesetzgeber die Nachteile der Umlandgemeinden insbesondere in gewerbe- und wohnungswirtschaftlicher Sicht wegen der engen Bindungen im Stadt-Umland-Raum-Konzept 2020 und aufgrund der Konkurrenz der deutlich größeren Hansestadt Wismar berücksichtigen müssen.
- 53
Ebenso seien die Vorteile der Hansestadt Wismar mit Blick auf die in den Umlandgemeinden bereitgestellten Frei- und Erholungsflächen, die Auswirkungen der Anziehungskraft der Umlandgemeinden für Fachpersonal, welches in der Kernstadt benötigt werde, sowie die Ostseestrände, die Bäderkultur und der Tourismus im Umland nicht bedacht worden. In diesem Zusammenhang seien auch die Auspendler aus Wismar zu berücksichtigen gewesen, die außerhalb der Kernstadt Einkommen erzielten.
- 54
Die Anknüpfung des § 24 FAG M-V an Einwohnerwachstumsraten und Pendlerquoten sei unabhängig von der Frage, ob dies auch die direkten Nachbargemeinden betreffe, unzulässig. Die mehr als 10 Jahre zurückliegenden Daten seien als Anknüpfungspunkt nicht geeignet, einen aktuellen abzuschöpfenden Vorteil festzustellen, und somit offensichtlich willkürlich.
- 55
§ 24 FAG M-V führe trotz vergleichbarer Funktionen der Städte und Umlandstrukturen zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung der kreisfreien Städte gegenüber anderen Kerngebieten wie z.B. Güstrow, Neustrelitz, Waren und Parchim. Gleichzeitig würden die Beschwerdeführerinnen im Verhältnis zu den sonstigen Gemeinden des Landes, die entweder im Umland eines Zentrums lägen, das keine Kernstadt im Sinne des § 24 Abs. 1 FAG M-V sei, oder sich als sonstige Gemeinden im weiteren Umfeld einer Kernstadt befänden und in derselben Art und Weise von dem Mittelzentrum profitierten, ohne jedoch die Umlandumlage zahlen zu müssen, ungerechtfertigt schlechter gestellt. Dass § 24 FAG M-V an Pendlerquoten und Einwohnerentwicklungen nur für die Gemeinden, die keine direkten Nachbargemeinden sind, anknüpfe, sei ebenfalls offensichtlich diskriminierend und willkürlich. Allein die gemeinsame Grenze mit der Kernstadt vermittele keinen Vorteil. Im Übrigen sei im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift zumindest unklar, ob die direkten Nachbargemeinden auch die übrigen Voraussetzungen hinsichtlich der Pendlerquoten und der Einwohnerentwicklungen erfüllen müssten.
- 56
Des Weiteren sei nicht festgestellt worden, ob ausschließlich die Umlandgemeinden von den angeblichen überörtlichen Aufgaben, die weder benannt noch beziffert worden seien, profitierten. Auch sei nicht ersichtlich, welche Aufgaben gemeint seien, da sämtliche Aufgaben, die in den überörtlichen Bereich fielen, bereits mit anderen Umlagen oder höheren Schlüsselzuweisungen abgegolten seien. Dafür stünden insbesondere die §§ 14 bis 22 FAG M-V zur Verfügung, um etwa übergemeindliche Lasten durch Kosten für Schülerbeförderung, des öffentlichen Personennahverkehrs und für Theater und Orchester zu decken.
- 57
5. Schließlich würden sie, die Beschwerdeführerinnen, durch die angegriffene Umlage in verfassungswidriger Weise durch eine doppelte Gewichtung derselben Umstände bestraft. Ihre wohnungswirtschaftliche und gewerbewirtschaftliche Entwicklung werde bereits im Rahmen der Raumordnung und der freiwilligen Restriktionen zugunsten des Zentrums beschränkt.
III.
- 58
Die Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet.
- 59
1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen sei die Regelung des § 24 FAG M-V hinreichend bestimmt. Wende man die anerkannten Methoden zur Gesetzesauslegung an, ergebe sich unter Berücksichtigung des Wortlauts der Vorschrift, der dazugehörigen Gesetzesbegründung und in der Zusammenschau mit dem Landesraumentwicklungsprogramm, dass sich die Pendlerquoten und die Einwohnerwachstumsraten nicht auf die direkten Nachbargemeinden der Kernstädte bezögen.
- 60
2. Die Umlandumlage stelle ein zulässiges Element des kommunalen Finanzausgleichs dar. Die fiskalischen und die redistributiven Funktionen des kommunalen Finanzausgleichs würden nicht nur durch die Verteilung, sondern auch durch Abschöpfung von Mitteln erfüllt. Umlagen zwischen öffentlichen Aufgabenträgern, wie z.B. die Kreisumlage, die Finanzausgleichsumlage, die Sozial-, Kultur- oder die Krankenhausumlage seien neben dem vertikalen Ausgleich, bei dem der Gesetzgeber grundsätzlich an die Finanzkraft und den Bedarf der Gemeinden anknüpfe, gebräuchlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Krankenhausumlage seien Umlagen im System des Finanzausgleichs zwischen Staat und Kommunen sowie zwischen Gemeindeverbänden und Gemeinden grundsätzlich für allgemeine und für besondere Zwecke zulässig. Eine Umlage sei als Instrument des Finanzausgleichs zwischen öffentlichen Aufgabenträgern keine Abgabe. Deshalb dürften mit ihr auch Finanzausgleichseffekte erzielt werden, ohne dass dies mit einer spezifischen Aufgaben- oder Ausgabenverantwortung oder -entlastung korrespondieren müsse. Das Äquivalenzprinzip sei mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG nicht auf das Umlagerecht zu übertragen. Es werde lediglich vorausgesetzt, dass das Aufkommen aus der Umlage – wie im Falle der Umlandumlage – im kommunalen Raum verbleibe.
- 61
Die Vorteile der Umlandgemeinden ergäben sich aus dem Umstand, dass ihre Einwohner auf Grund der Nähe zur Kernstadt üblicherweise bestimmte dort vorgehaltene Infrastruktureinrichtungen, wie z.B. Schwimmbäder, Theater, Kinos, Tiergärten, Häfen, Frauenhäuser, Volkshochschulen und Obdachlosenunterkünfte mitnutzen, so dass diese Gemeinden solche Einrichtungen nicht selbst vorhalten bzw. (mit-)finanzieren müssten. Die Umlandgemeinden profitierten somit von der Veranstaltungskraft und den Angeboten in den Bereichen Bildung, Kultur, Verkehr und der sonstigen Infrastruktur viel mehr als sonstige Gemeinden, die die vorgehaltenen Einrichtungen der Kernstädte schon wegen der Entfernung weniger nutzten. Zudem stehe den Umlandgemeinden die Möglichkeit einer besseren Vermarktung ihrer eigenen Potentiale offen, wie sie sich in der Symbiose mit der Kernstadt zeige. Dies zeigten werbliche Beschreibungen wie „Wohnen im Grünen und Arbeiten in der Stadt“ oder Beschreibungen von Gewerbegebieten mit direktem Bezug auf die Kernstadt (z.B. Gewerbegebiet „Wismar-Kritzow“).
- 62
Im Landesraumentwicklungsprogramm sei zutreffend beschrieben, dass insbesondere die Kernstädte in den letzten Jahren bis zu 20 % ihrer Einwohner zum großen Teil durch Wanderungsverluste an das Umland verloren hätten, während sich die Gemeinden im Umland der Kernstädte dagegen dynamisch entwickelt hätten. Weiter heiße es dort, dass z.B. Wohnungsbau, Einzelhandel und Gewerbe überproportional wüchsen, zum Teil mit der Folge, dass kostenintensive Infrastruktureinrichtungen in der Kernstadt nicht mehr ausgelastet würden. Kernstadt und Umlandgemeinden seien demnach in mehrfacher Hinsicht eng miteinander verbunden; einerseits nutzten Umlandbewohner das Infrastrukturangebot der Kernstädte (Theater, Bildungseinrichtungen etc.), andererseits hielten die Umlandgemeinden Funktionen für die Kernstadt vor (Naherholung, „Wohnen im Grünen“ etc.). Eine zukunftsorientierte Entwicklung werde nach den Ausführungen im Landesraumentwicklungsprogramm nur dann erfolgreich sein, wenn Stadt und Umlandgemeinden kooperativ zusammenarbeiteten, so dass die jeweiligen Potenziale gestärkt würden.
- 63
Daneben dürfe nicht vernachlässigt werden, dass viele Einwohner der Umlandgemeinden in den Kernstädten arbeiteten und der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer im Regelfall fast ausschließlich der Wohnsitzgemeinde zufließe. Von den 83 gemäß § 24 FAG M-V umlagepflichtigen Gemeinden im Jahre 2010 hätten 67 Gemeinden einwohnerbezogen einen höheren Anteil am Verteilungsaufkommen erhalten als die jeweiligen Kernstädte. Dies treffe auch auf 7 der 8 Beschwerdeführerinnen (mit 197,89 Euro/EW bis 150,49 Euro/EW) im Verhältnis zur Hansestadt Wismar (147,77 Euro/EW) zu. Der einwohnerbezogene Anteil der Beschwerdeführerin zu 6. liege bei 147,69 Euro/EW nur knapp darunter.
- 64
Im Verhältnis zwischen den Umlandgemeinden und den sonstigen kreisangehörigen Gemeinden sei zudem festzustellen, dass 53 der 77 kreisangehörigen Gemeinden, deren Anteil am Verteilungsaufkommen pro Einwohner größer sei als das der Landeshauptstadt Schwerin mit dem höchsten einwohnerbezogenen Anteil am Verteilungsaufkommen unter allen (ehemaligen) Kreisstädten, umlandumlagepflichtige Gemeinden seien. Im Ergebnis sei ihre Finanzkraft im Durchschnitt deutlich höher als die sonstiger kreisangehöriger Gemeinden. Zudem hätten die Beschwerdeführerinnen durch die Veränderung der Einkommensteuerquoten im Zuge der Neuberechnung der Gemeindeanteile 2009 - 2011 deutlich profitiert, während die Quote der Hansestadt Wismar leicht gesunken sei.
- 65
Die dargestellten Vorteile der Umlandgemeinden gingen auch insbesondere über die Vorteile hinaus, die mit den von allen kommunalen Körperschaften finanzierten Zuweisungen für übergemeindliche Aufgaben abgedeckt würden. Die Umlandumlage solle weitergehenden Aufgaben Rechnung tragen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen handele es sich hierbei um keine „Mehrumlage“. Die Beschwerdeführerinnen hätten die unterschiedlichen Aufgabenlasten der amts- und kreisangehörigen Umlandgemeinden einerseits und der Hansestadt Wismar und der anderen Kernstädte andererseits nicht berücksichtigt. Die Kernstädte hätten nicht nur für ihre Einwohner unter anderem die Aufgaben der Daseinsvorsorge. Ihre Handlungspflichten gingen insoweit über das Stadtgebiet hinaus. Als wirtschaftliche Zentren hätten sie die Funktionen als zentrale Orte zu erfüllen. Von den Gesamtzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich an die Hansestadt Wismar in Höhe von 33,2 Mio. Euro im Jahre 2011 entfalle ein Betrag von ca. 12,9 Mio. Euro allein auf Kreis- und Amtsaufgaben. Daher sei es nicht nur konsequent, sondern verfassungsrechtlich geboten, dass die Finanzausstattung der Hansestadt Wismar höher sei als die der Beschwerdeführerinnen. Im Übrigen werde die Erhebung der Umlandumlage im Jahre 2011 die Finanzkraft der Kernstädte um nicht mehr als 6,43 Euro bis 12,56 Euro pro Einwohner stärken.
- 66
Die Haushaltslage der kreisfreien Städte sei im Verhältnis zu der des kreisangehörigen Raums deutlich angespannter. Die Umlandumlage sei neben der Überprüfung der horizontalen Verteilung der Schlüsselzuweisungen zwischen den Teilschlüsselmassen und der Aktualisierung des vorgezogenen Steuerkraftausgleichs ein Baustein von vielen, mit denen der Gesetzgeber das Ziel verfolge, zwischen Land und Kommunen sowie zwischen den einzelnen Kommunen untereinander einen fairen, aufgabengerechten, transparenten, klaren und schlüssigen kommunalen Finanzausgleich zu gewährleisten. Aus der Entwicklung der Fehlbeträge des Verwaltungshaushalts der Hansestadt Wismar seien im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine Überfinanzierung durch die Umlandumlage ersichtlich. Der Gesetzgeber habe die tatsächlichen Vor- und Nachteile im Verhältnis zwischen der jeweiligen Kernstadt und ihren umlagepflichtigen Umlandgemeinden sowie die entsprechenden Finanzdaten, aber auch Abgrenzungen und Unterschiede in den Beziehungen zu sonstigen kreisangehörigen Gemeinden umfassend in den Abwägungsprozess einbezogen.
- 67
Eine unmittelbare Beteiligung der kreisfreien Städte an Einnahmen aus fremden Einkommensteuern, die der gemeindlichen Ertragshoheit nach Art. 106 Abs. 5 Satz 1 GG und somit der einfachgesetzlichen Verteilungsregelung nach dem Gemeindefinanzreformgesetz - Gem- FinRefG - unterfielen, liege ebenfalls nicht vor.
- 68
Bei der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs habe der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Ihm obliege es, den Finanzbedarf des Landes und der Kommunen zu gewichten, Unterschiede hinsichtlich des Finanzbedarfs und der vorhandenen Finanzausstattung auszumachen und festzulegen, wie unerwünschte Differenzlagen auszugleichen seien. Der Gesetzgeber habe die verfassungsrechtlichen Grenzen eingehalten.
- 69
3. Die Erhebung der Umlandumlage bewirke zudem weder eine Nivellierung noch gar eine unzulässige Übernivellierung gemeindlicher Finanzkraft. Sie gleiche lediglich die Vorteile der Umlandgemeinden und die gegenüberstehenden Belastungen der Kernstädte aus; sie ebne weder die Finanzkraftunterschiede ein noch verursache sie eine unzulässige Überfinanzierung. Eine Finanzkraftnivellierung werde zudem dadurch verhindert, dass für die Bemessung der Umlage auf die Kreisumlagegrundlagen zurückgegriffen werde, die Umlage auf 5 Prozent der Kreisumlagegrundlagen beschränkt sei und die Umlandumlage teilweise gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 FAG M-V bei den Kreisumlagegrundlagen und i.V.m. § 147 Abs. 2 KV M-V bei den Amtsumlagegrundlagen angerechnet werde.
- 70
4. Die Umlage nach § 24 FAG M-V verstoße auch nicht gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und den Grundsatz der Systemgerechtigkeit. Der Gesetzgeber habe entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerinnen sowohl die aus der Nachbarschaft zur Kernstadt resultierenden Nachteile der Umlandgemeinden als auch die Vorteile der Kernstädte aus der Vorhaltung bestimmter Funktionen in den Umlandgemeinden in seinen Abwägungsprozess einbezogen. Dies ergebe sich bereits aus der Anknüpfung der Umlandumlage an die Abgrenzungskriterien des Landesraumentwicklungsprogramms, dem eine fundierte Bewertung der Strukturen und Verflechtungen in den Stadt-Umland-Räumen zugrunde liege. Im Übrigen verdeutliche schon die geringe Höhe der Umlage die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte. Die Umlandumlage stelle auch nicht etwa die (bislang) kreisfreien Städte gegenüber anderen zentralen Orten besser. Diese Differenzierung sei gerechtfertigt, weil die Städte Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Stralsund, Greifswald und Wismar als Kernstädte ca. 30,2 Prozent der Wohnbevölkerung des Landes umfassten und etwa 43,2 Prozent aller Wirtschaftsleistungen im Land erbrächten. Die Kernstädte repräsentierten zusammen mit den Umlandgemeinden die wirtschaftlichen Kernräume des Landes und hielten qualifizierte Arbeitsplätze auch für die Bevölkerung des ländlichen Raumes vor.
- 71
Auch führe die Erhebung der Umlandumlage nicht zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung der betroffenen Umlandgemeinden im Verhältnis zu sonstigen Gemeinden im Umland eines Zentrums. Die Abgrenzungskriterien des § 24 FAG M-V seien nicht willkürlich, sondern knüpften direkt an die Regelungen zu den Stadt-Umland-Räumen im Landesraumentwicklungsprogramm an. Dabei habe der Gesetzgeber mit Blick auf den Zweck der Umlandumlage bewusst entschieden, die Umlagepflicht nur für Gemeinden festzuschreiben, die die in Abschnitt 3.1.2., Abbildung 5, Nr. 2. und Nr. 3. Buchst. a. und b. LEP M-V näher beschriebenen Abgrenzungskriterien erfüllten.
- 72
Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liege auch nicht darin, dass direkte Nachbargemeinden einer kreisfreien Stadt grundsätzlich ohne weitere Voraussetzungen umlagepflichtig seien, während bei den sonstigen Umlandgemeinden auf das Bevölkerungswachstum innerhalb eines bestimmten Zeitraums und den Anteil der Auspendler in die jeweilige kreisfreie Stadt zu einem Stichtag abgestellt werde. Damit knüpfe der Gesetzgeber einerseits erneut konsequent an die Abgrenzungsmerkmale der Stadt-Umland-Räume des Landesraumentwicklungsprogramms an und berücksichtige zum anderen die regelmäßig größeren Wechselwirkungen mit den direkten Nachbargemeinden.
- 73
5. § 24 FAG M-V beeinträchtige nicht den verfassungsrechtlich garantierten Anspruch der Umlandgemeinden auf angemessene Finanzausstattung. Es seien hinreichende Sicherungen gegen eine zu weit gehende Belastung von kreisangehörigen Gemeinden im Stadt-Umland-Raum einer kreisfreien Stadt vorgesehen. Zum einen knüpfe die Umlandumlage an die Kreisumlagegrundlagen nach § 23 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 FAG M-V abzüglich der Finanzausgleichsumlage des laufenden Jahres nach § 8 FAG M-V und damit an die Finanzkraft der betroffenen Gemeinde an und trage insoweit ihrer Leistungsfähigkeit Rechnung. Zum anderen sei die Höhe der Umlage nach § 24 Abs. 1 Satz 1 FAG M-V auf 5 Prozent der Umlagegrundlagen beschränkt. Darüber hinaus würden 25 Prozent der Umlage bei den Kreisumlagegrundlagen und bei den Amtsumlagegrundlagen angerechnet. Da die Erhebung der Umlandumlage nach ihrer Systematik grundsätzlich keine besonderen Härten begründe, bedürfe es auch keiner besonderen Härtefallregelung.
- 74
Die konkrete Haushaltssituation der Beschwerdeführerinnen – auch nicht die der Beschwerdeführerinnen zu 1. und 2., die im Jahre 2010 Haushaltssicherungskonzepte vorgelegt hätten – lasse ebenfalls keine Beeinträchtigung der angemessenen Finanzausstattung erkennen. Alle Beschwerdeführerinnen seien bei Beachtung einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung sowie Nutzung der eigenen Möglichkeiten, die Einnahmen zu erhöhen und die Ausgaben zu senken, weiterhin in der Lage, sowohl die ihnen übertragenen Aufgaben einschließlich der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben als auch ein Mindestmaß an freiwilligen Aufgaben zu erfüllen. Unter Zugrundelegung der Rechnungsergebnisse 2007 bis 2009 seien ihre dauernde Leistungsfähigkeit in den letzten Jahren durchweg als gesichert zu beurteilen und insgesamt außerordentlich positive Steuerkraftentwicklungen zu verzeichnen gewesen. Die Steuerkraft habe sich in der Zeit von 2002 bis 2010 nahezu kontinuierlich auf Werte von 183 Prozent (Beschwerdeführerin zu 2.) bis zu 267 Prozent (Beschwerdeführerin zu 7.) entwickelt.
- 75
Den Kommunen sei im Übrigen seit längerer Zeit bekannt gewesen, dass die Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich aufgrund des Einwohnerschwundes im Lande, der damit einhergehenden Reduzierung der Zuweisungen im Länderfinanzausgleich und dem Auslaufen des Solidarpakts II im Jahre 2020 insgesamt deutlich zurück gehen würden. Sie seien daher ebenso wie das Land seit Langem gefordert, ihre Ausgaben auf die absehbar sinkenden Einnahmen auszurichten. Die Gemeinden hätten in den Jahren 2007 bis 2009 erhebliche Zuweisungen erhalten, die konjunkturell bedingt über die mittelfristige Finanzplanung des Landes hinausgingen; entgegen den Hinweisen des Landes hätten die Beschwerdeführerinnen die zusätzlichen Mittel jedoch teilweise für den laufenden Haushalt verwendet, ohne erkennbar nachhaltige Konsolidierungsmaßnahmen einzuleiten. Im Übrigen erhebe keine der Beschwerdeführerinnen Realsteuern auf Grundlage eines weit überdurchschnittlichen Niveaus.
- 76
Die Haushaltsdaten zeigten, dass die Beschwerdeführerinnen in der Lage seien, freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu erfüllen, und dabei zumindest teilweise Konsolidierungspotentiale vorhanden seien. Die Haushaltspläne für das Jahr 2010 hätten bei allen Beschwerdeführerinnen weitere Erhöhungen der freiwilligen Leistungen vorgesehen.
- 77
6. Schließlich sei die Umlandumlage verhältnismäßig und erreiche das gesetzgeberische Ziel, lagebedingte Vorteile der Umlandgemeinde und die damit korrespondierenden Belastungen der kreisfreien Städte auszugleichen. Mit Blick auf die dargestellten Sicherungen und ihre Höhe sei die Umlandumlage unter Berücksichtigung der geschilderten Wechselwirkungen auch angemessen.
IV.
- 78
Der Landtag hält die Verfassungsbeschwerden ebenfalls für unbegründet und schließt sich der Stellungnahme der Landesregierung an.
- 79
Die fiskalischen Probleme der Stadt-Umland-Beziehungen seien schon seit Längerem bekannt. In seinen Kommunalberichten und Kommunalfinanzberichten der Jahre 2006, 2007 und 2008 habe der Landesrechnungshof mehrfach auf die unterschiedliche Einnahmesituation der kreisfreien Städte im Verhältnis zu den Umlandgemeinden sowie die Umlandwanderungsbewegungen und das Pendlerverhalten im Stadt-Umland-Raum hingewiesen. Er sei zu der Erkenntnis gekommen, dass die Städte verstärkt zur Agglomeration sozial schwächerer Bevölkerungsgruppen neigten, während vor allem Sozialversicherungspflichtige mittlerer und höherer Einkommensgruppen von der Stadt ins Umland wanderten oder sich direkt in den „Speckgürteln“ ansiedelten.
- 80
Der Landesrechnungshof habe insoweit Eingemeindungen als einschneidende, aber zugleich aus fiskalischer Sicht auch effektivste Möglichkeit zur Bewältigung der Stadt-Umland-Problematik empfohlen. Der jetzt gewählte Weg der Stadt-Umland-Umlage stelle gegenüber der Eingemeindung auf gesetzlicher Grundlage das bei Weitem weniger einschneidende Mittel dar, da es die betroffenen Gemeinden als selbständige kommunale Gebietskörperschaften nicht antaste.
- 81
Das von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Zahlenmaterial lasse nicht erkennen, dass die angegriffene Regelung des § 24 FAG M-V das in Art. 72 LV garantierte Recht auf kommunale Selbstverwaltung, die in Art. 73 LV enthaltene Finanzgarantie und den Anspruch der Beschwerdeführerinnen auf angemessenen kommunalen Finanzausgleich sowie das in Art. 74 LV enthaltene Recht zur eigenverantwortlichen Haushaltswirtschaft verletze.
- 82
Der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz sei ebenfalls beachtet worden. Indem er sich auf die Gemeinden im unmittelbaren Umfeld beschränke, sei der Kreis der Umlagepflichtigen sachbezogen bestimmt worden. Die Einwohner des kreisangehörigen Raumes außerhalb des Umlandes nutzten die von den Kernstädten vorgehaltene Infrastruktur nicht in demselben Umfang wie die Bewohner der Umlandgemeinden. Eine Überkompensierung des erhöhten Finanzaufwandes sei bei der Hansestadt Wismar angesichts einer Gesamthöhe der zugeflossenen Umlandumlage von 400.000 Euro im Jahre 2010 nicht ersichtlich.
B.
- 83
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
- 84
Sie sind nach Art. 53 Nr. 8 LV, § 11 Abs. 1 Nr. 10 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes Mecklenburg- Vorpommern - LVerfGG - statthaft. Danach entscheidet das Landesverfassungsgericht über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden, Kreisen und Landschaftsverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach den Art. 72 bis 75 LV durch ein Landesgesetz.
- 85
Die am 30. Dezember 2010 bei Gericht eingegangenen Beschwerden sind gemäß § 53 LVerfGG fristgerecht innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neugestaltung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze erhoben. Das Gesetz wurde am 10. November 2009 verkündet und ist gemäß seinem Art. 10 Satz 1 am 01. Januar 2010 in Kraft getreten.
- 86
Die Beschwerdeführerinnen sind beteiligtenfähig und nach Art. 53 Nr. 8 LV, § 52 Abs. 2 LVerfGG beschwerdebefugt. Sie können geltend machen, durch die angegriffene Vorschrift selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihrem Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art. 72 bis 75 LV verletzt zu sein.
- 87
Die Umlagepflicht besteht kraft Gesetzes unmittelbar, auch wenn § 28 Abs. 1 Satz 1 FAG M-V eine Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt des Innenministeriums vorsieht. Denn das Gesetz bestimmt nicht nur einen Rahmen für den Eingriff, indem es zu Maßnahmen ermächtigte mit der Folge, dass erst die spätere Verwaltungsentscheidung in Rechte des Betroffenen eingreifen würde. Vielmehr ergibt sich die eingreifende Rechtsfolge bereits aus dem Gesetz selbst, ohne dass es dafür noch eines Vollzugsakts bedürfte. Die Belastung wird durch den Verwaltungsakt lediglich konkretisiert; ferner wird eine Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen geschaffen (vgl. LVerfG LSA, Urt. v. 13.06.2006 - LVG 7/05 -, LVerfGE 17, 410, 425 m.w.N., insoweit nicht abgedruckt in NVwZ 2007, 78). Die Subsidiarität der kommunalen Verfassungsbeschwerde greift wegen deren Natur als ausschließliche Rechtssatzbeschwerde nur ein, wenn die beanstandete Norm noch einer Konkretisierung durch eine nachrangige Norm bedarf, gegen die ihrerseits die Verfassungsbeschwerde erhoben werden kann (BVerfGE 76, 107, 113; BVerfGE 71, 25, 35 f.; LVerfG M-V, Urt. v. 18.12.2003 - LVerfG 13/02 -, LVerfGE 14, 293, 301; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl. 2001, Rn. 697). Das ist hier nicht der Fall.
- 88
Das Begründungserfordernis des § 19 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 54 LVerfGG ist erfüllt (vgl. zu den diesbezüglichen Darlegungsanforderungen LVerfG M-V, Urt. v. 26.01.2006 - LVerfG 15/04 -, LVerfGE 17, 289, 293 ff.; Urt. v. 18.12.2003 - LVerfG 13/02 -, LVerfGE 14, 293, 300 f.).
C.
- 89
Die Verfassungsbeschwerden haben in der Sache Erfolg. Die mit § 24 des Gesetzes zur Neugestaltung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze vom 10. November 2009 erstmals eingeführte Stadt-Umland-Umlage ist mit der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht vereinbar.
- 90
Zwar hat der Gesetzgeber bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs einen weiten Gestaltungsspielraum (I.). Das Instrument einer Umlandumlage an sich, zu der Gemeinden im Umland einer Kernstadt herangezogen werden und deren Aufkommen der Kernstadt zufließt, steht auch in Einklang mit den Art. 72 und 73 LV (II.). Die Vorschrift ist aber in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht von Art. 73 Abs. 2 LV gedeckt und verletzt die Beschwerdeführerinnen in ihren Rechten aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1, Art. 73 Abs. 2 LV (III.).
I.
- 91
Die Selbstverwaltungsgarantie der Art. 3 Abs. 2 und Art. 72 LV konkretisiert für das Land Mecklenburg-Vorpommern die in Art. 28 GG enthaltene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und hat nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 GG. Die Kommunen sind berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, als Gemeinden alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und als Kreise die Angelegenheiten ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches in eigener Verantwortung zu regeln. Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehört die Finanzhoheit. Diese umfasst die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft (vgl. BVerfGE 71, 25, 36 m.w.N.; LVerfG LSA, Urt. v. 16.02.2010 - LVG 9/08 -, Rn. 6).
- 92
Das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung gemäß Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV umfasst ferner einen gegen das Land gerichteten Anspruch auf eine angemessene Finanzausstattung, die 22 ihnen die Erfüllung ihrer Aufgaben ermöglicht. Diese ist Voraussetzung ihrer Existenz als Selbstverwaltungskörperschaften und damit integraler Bestandteil der verfassungsrechtlichen Gewährleistung. Die eigenverantwortliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben ist ihnen nur möglich, wenn sie hinreichend mit finanziellen Mitteln versehen sind (LVerfG M-V, Urt. v. 30.06.2011 - LVerfG 10/10 -, NordÖR 2011, 391, 392; LVerfG M-V, Urt. v. 11.05.2006 - LVerfG 1/05 u.a. -, LVerfGE 17, 297, 318 m.w.N.; Urt. v. 18.12.2003 - LVerfG 13/02 -, LVerfGE 14, 293, 301 m.w.N.).
- 93
Auf dieser Grundlage sind wesentliche Bereiche der kommunalen Finanzausstattung durch weitere Verfassungsnormen ausgeformt worden. Nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 LV fließen den Gemeinden das Aufkommen aus den Realsteuern und nach Maßgabe der Landesgesetze Anteile aus staatlichen Steuern zu; nach Satz 2 ist das Land verpflichtet, den Gemeinden und Kreisen eigene Steuerquellen zu erschließen. Gemäß Art. 73 Abs. 2 LV stellt das Land, um die Leistungsfähigkeit steuerschwacher Gemeinden und Kreise zu sichern und eine unterschiedliche Belastung mit Ausgaben auszugleichen, im Wege des Finanzausgleichs die erforderlichen Mittel zur Verfügung. Die Verfassung schreibt damit einen kommunalen Finanzausgleich vor, der sowohl – vertikal – zwischen dem Land und den Kommunen als auch – horizontal – unter den Kommunen stattfindet. Gleichzeitig wird damit die Pflicht des Landes aus Art. 106 Abs. 7 Satz 1 GG erfüllt, die Gemeinden und Gemeindeverbände am Länderanteil der Gemeinschaftssteuern prozentual zu beteiligen (vgl. Meyer in: Litten/Wallerath, LVerf M-V, Art. 73 Rn. 11).
- 94
Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird, unterliegt dabei der Entscheidung des Landesgesetzgebers, dem ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. LVerfG M-V, Urt. v. 30.06.2011 - LVerfG 10/10 -, NordÖR 2011, 391, 392). Dieser umfasst insbesondere die Kriterien, nach denen die Finanzmittel auf die Kommunen verteilt werden. So ist es grundsätzlich seine Entscheidung, wie die Finanzausgleichsmasse im Sinne des § 9 FAG M-V verteilt wird. Dies betrifft etwa Vorwegabzüge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 FAG M-V, aber auch die Verteilung der Gesamtschlüsselmasse nach § 11 Abs. 2 FAG M-V und die Verwendung von Teilschlüsselzuweisungen für investive Zwecke (§ 11 Abs. 3 FAG M-V). Auch steht es in seinem Ermessen, die Steuerkraftzahlen für Grundsteuer und Gewerbesteuer nach dem gewogenen landesdurchschnittlichen Hebesatz zu bemessen (LVerfG M-V, Urt. vom 26.01.2012 - LVerfG 18/10 u. 33/10 -). Für besondere Lasten dürfen Zuweisungen erfolgen, etwa für übergemeindliche Aufgaben (§ 16 FAG M-V) oder die Ausgaben für Theater und Orchester (§ 19 FAG M-V).
- 95
Die Einschätzungen des Gesetzgebers sind dabei vom Landesverfassungsgericht grundsätzlich nur daraufhin zu überprüfen, ob sie unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit nachvollziehbar und vertretbar sind (vgl. LVerfG M-V, Urt. v. 11.05.2006 - LVerfG 1/05 u.a. -, LVerfGE 17, 297, 318; Urt. v. 18.12.2003 - LVerfG 13/02 -, LVerfGE 14, 293, 303 m.w.N.; VerfGH NW, Urt. v. 01.12.1998 - VerfGH 5/97 -, juris Rn. 38). Dem entspricht auch der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 79, 127, 154) herausgestellte Maßstab, dass gesetzliche Regelungen über die kommunale Selbstverwaltung vertretbar sein müssen.
- 96
Eindeutige Grenzen setzt die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung dem Gesetzgeber zunächst dort, wo das Recht der Kommunen auf Mindestausstattung in den Grenzen der Leistungsfähigkeit des Landes (hierzu LVerfG M-V, Urt. v. 11.05.2006 - LVerfG 1/05 u.a. -, a.a.O. 319 f.) verletzt wird. Dies kann der Fall sein, wenn etwa der Gesetzgeber vorab aus der Gesamtschlüsselmasse so viel für „besondere“ Aufgaben verteilt, dass einer Gemeinde, die keine Sonderleistungen erhält, nicht mehr genug Mittel zur Verfügung stehen, um ihre Selbstverwaltungsaufgaben zu erfüllen (vgl. VerfGH NW, Urt. v. 09.07.1998 - VerfGH 16/96 u.a. -, NVwZ-RR 1999, 81, 82). Dafür ist in Anwendung der vom Gericht entwickelten generellen Maßstäbe (LVerfG M-V, Urt. v. 11.05.2006 - LVerfG 1/05 u.a. -, LVerfGE 17, 297) auch in Ansehung der von den Beschwerdeführerinnen vorgetragenen Haushaltsdaten vorliegend nichts ersichtlich.
- 97
Das Gericht hat darüber hinaus festgestellt (LVerfG M-V, Urt. v. 30.06.2011 - LVerfG 10/10 -, NordÖR 2011, 391, 392), dass das aus der Gewährleistung der Selbstverwaltung in der Landesverfassung zu entnehmende Recht auf eine angemessene Finanzausstattung seine Wirkkraft nicht nur zur Vermeidung von den Kern des Selbstverwaltungsrechts berührenden Notlagen entfaltet, sondern auch für Regelungen, welche die Kommunalfinanzen in der Normalsituation betreffen, einschließlich der Verteilung der Mittel zwischen dem Land und den Kommunen. Dabei bedeutet „angemessen“, dass die Finanzausstattung der Kommunen aufgabenadäquat sein muss. Denn nach den Aufgaben richten sich die Ausgaben. Zur Leistung der aufgabenabhängigen Ausgaben müssen genügend Einnahmen vorhanden sein.
- 98
In diesem Zusammenhang ist der Gesetzgeber dem interkommunalen Gleichbehandlungsgebot und damit zugleich dem Grundsatz der Systemgerechtigkeit verpflichtet. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbietet, bei der näheren Ausgestaltung des Finanzausgleichs bestimmte Gemeinden oder Gemeindeverbände sachwidrig zu benachteiligen oder zu bevorzugen, also willkürliche, sachlich nicht vertretbare Differenzierungen. Es ist verletzt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlicher Grund fehlt. Dabei hat das Verfassungsgericht nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die bestmögliche und gerechteste Lösung gewählt hat (LVerfG M-V, Urt. v. 26.01.2012 - LVerfG 18/10 u. 33/10 - m.w.N.). Der Grundsatz der Systemgerechtigkeit verlangt, dass die vom Gesetzgeber gewählten Maßstäbe, nach denen der Finanzausgleich erfolgen soll, nicht im Widerspruch zueinander stehen und nicht ohne einleuchtenden Grund verlassen werden (LVerfG M-V, Urt. v. 30.06.2011 - LVerfG 10/10 -, a.a.O. unter Hinweis auf VerfGH NW, Urt. v. 01.12.1998 - VerfGH 7/97 -, juris Rn. 38). Weicht der Gesetzgeber vom selbst bestimmten System ab, kann dies einen Gleichheitsverstoß indizieren (vgl. VerfGH NW, Urt. v. 11.12.2007 - VerfGH 10/06 -, juris Rn. 62).
- 99
Die „vom Gesetzgeber selbst gewählten Maßstäbe“ kann das Gericht bei diesem erstmals eingeführten Instrument des horizontalen Finanzausgleichs lediglich anhand des Inhalts der Vorschrift selbst, des Zusammenhangs, in dem sie im Gesamtgefüge des Finanzausgleichs steht, und einer Gesamtbetrachtung der kommunalen Struktur zum Zeitpunkt ihrer Einführung gewinnen. Anhaltspunkte für die vom Gesetzgeber verfolgte Zielsetzung bietet hierbei vor allem auch die Gesetzesbegründung (insbesondere LT-Drs. 5/2685 S. 2, 65, 99 ff.).
II.
- 100
Das Instrument der Umlandumlage an sich, zu der Gemeinden im Umland einer Kernstadt herangezogen werden und deren Aufkommen der Kernstadt zufließt, steht in Einklang mit den Art. 72 und 73 LV. Die Frage der eigenverantwortlichen Haushaltsführung i.S.d. Art. 74 LV sieht das Gericht hier schon nicht aufgeworfen.
- 101
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht das Grundgesetz der Erhebung einer Umlage, deren Aufkommen im kommunalen Raum verbleibt oder in diesen zurück fließt, nicht entgegen (BVerfGE 83, 363). Art. 106 Abs. 5 Satz 6 GG erlaubt Umlagen auf der Grundlage der Realsteuern und des Gemeindeanteils vom Aufkommen der Einkommensteuer, ohne eine Aussage über die erhebungsberechtigte Körperschaft und die Umlagebegünstigten zu treffen. Auch nach der Entstehungsgeschichte sollten Umlagen, die von den Ländern zu Zwecken des interkommunalen horizontalen Finanzausgleichs erhoben werden, unberührt bleiben (BVerfGE 83, 363). Vor diesem Hintergrund haben eine Reihe von Bundesländern – so auch Mecklenburg-Vorpommern – Finanzausgleichsumlagen eingeführt.
- 102
Nicht nur die Erhebung einer Finanzausgleichsumlage (LVerfG M-V, Urt. vom 26.01.2012 - LVerfG 18/10 u. 33/10 -), sondern auch eine Stadt-Umland-Umlage ist von Art. 73 Abs. 2 LV gedeckt. Danach stellt das Land, um die Leistungsfähigkeit steuerschwacher Gemeinden und Kreise zu sichern und eine unterschiedliche Belastung mit Ausgaben auszugleichen, im Wege des Finanzausgleichs die erforderlichen Mittel zur Verfügung. Wenn es auch nach dem Wortlaut der Regelung primär um die Verteilung vom Land herrührender Mittel gehen dürfte, schließt dies gleichwohl nicht aus, dass das Land daneben auch lediglich als „Veranstalter“ Finanzausgleich betreiben kann (LVerfG M-V, Urt. vom 26.01.2012 - LVerfG 18/10 u. 33/10 -; zu diesem Begriff vgl. LVerfG LSA, Urt. v. 13.06.2006 - LVG 7/05 -, NVwZ 2007, 78).
- 103
Einer Stadt-Umland-Umlage steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs die Zentren des Landes vorweg Zuweisungen für die Wahrnehmung übergemeindlicher Aufgaben erhalten. In der Verfassungsbeschwerde wird zwar die Auffassung vertreten, dass sämtliche besonderen Bedarfe der Kernstädte bereits von verschiedenen anderen Maßnahmen des kommunalen Finanzausgleichs erfasst und ausgeglichen würden. Dies ist aber ebenso wenig ersichtlich wie der Umstand, dass mit der Umlage eine Überversorgung verbunden wäre.
- 104
Den überörtlichen Aufgaben trägt das Finanzausgleichsgesetz dadurch Rechnung, dass es in der Finanzausgleichsmasse Vorwegabzüge gibt (§ 10 Abs. 1 FAG M-V). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) FAG M-V standen 2010 insgesamt 137,3 Mio. Euro für übergemeindliche Aufgaben im Sinne des § 16 FAG M-V zur Verfügung. Nach § 16 Abs. 3 FAG M-V erhalten u.a. Oberzentren jeweils 500.000 Euro und Mittelzentren 120.000 Euro als Grundbetrag; weitere Beträge werden nach der Einwohnerzahl im Verflechtungsbereich zu prozentualen Anteilen für Nah-, Mittel- und ggf. Oberbereiche verteilt. Für die Theater einiger Städte werden über § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e), § 19 FAG M-V jährlich Mittel in Höhe von insgesamt 35,8 Mio. Euro bereitgestellt, die mittelbar auch den Einwohnern sämtlicher Gemeinden zu Gute kommen. Dass damit schon eine vollständige Deckung der diesbezüglichen Aufgaben erreicht wird, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
- 105
Da diese Zuweisungen die Masse für die eigentlichen Schlüsselzuweisungen mindern, tragen letztlich alle Gemeinden des Landes zur Finanzierung dieser Aufgaben bei. Dies geschieht unabhängig davon, welche Nutzungsmöglichkeiten der Bürger irgendeiner Gemeinde an den Einrichtungen einer Kernstadt hat, und unabhängig davon, ob er eine Einrichtung mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann oder die Anfahrt beschwerlich ist. Dass der Gesetzgeber dann für den Nahbereich einer Kernstadt davon ausgeht, die Einwohner benachbarter Gemeinden hätten weitergehende Vorteile durch diese als die Einwohner entfernt liegender Gemeinden, ist im Grundsatz nicht zu beanstanden.
III.
- 106
Die neu geschaffene Umlage nach § 24 FAG M-V, die (nur) bestimmte kreisangehörige Gemeinden innerhalb von Stadt-Umland-Räumen belastet, wird aber den Anforderungen des 26 Gebots interkommunaler Gleichbehandlung und des Gebots der Systemgerechtigkeit nicht gerecht.
- 107
Zwar ist die Anlehnung an das Planungsrecht nicht zu beanstanden (1.). Auch erscheint im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs eine Anknüpfung an raumordnungspolitische Ziele nicht grundsätzlich ausgeschlossen (2.). Die neu geschaffene Umlage nach § 24 FAG M-V wird den Anforderungen des Gebots interkommunaler Gleichbehandlung und des Gebots der Systemgerechtigkeit aber jedenfalls insofern nicht gerecht, als sie zu Ergebnissen führt, die eine folgerichtige Korrelation zwischen den Belastungen der herangezogenen Kommunen durch die Höhe der Umlage und den mit der Umlage verfolgten Zielen nicht erkennen lassen (3.).
- 108
1. Mit der in § 24 FAG M-V näher ausgestalteten Stadt-Umland-Umlage wird eine finanzielle Belastung (nur) eines Teils der Gemeinden des Landes bewirkt. Erfasst sind nämlich nicht sämtliche Kommunen im Umkreis anderer Kommunen mit hoher Veranstaltungskraft, sondern nur solche im Nahbereich einer „Kernstadt“ (früher: kreisfreien Stadt) eines genau definierten Stadt-Umland-Raums. Auch im Nahbereich der Kernstädte werden wiederum nicht alle Gemeinden erfasst, die sonst im Rahmen der Verteilung von Zuweisungen für übergemeindliche Aufgaben (§ 16 FAG M-V) berücksichtigt werden.
- 109
Einen Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot begründet dies nicht. Insbesondere muss der Gesetzgeber seine Entscheidung nicht deswegen in besonderer Weise rechtfertigen, weil in die von ihm als solche definierten Kernstädte neben allen Oberzentren des Landes im Sinne des Zentrale-Orte-Systems mit Wismar (nur) eine einzige der dort als Mittelzentren eingestuften Städte einbezogen ist und so beispielsweise Städte wie Güstrow und Neustrelitz außen vor bleiben.
- 110
Grund dafür ist, dass § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) i.V.m. § 16 FAG M-V an das Zentrale-Orte- System als ein vom Landesplanungsrecht vorgegebenes, tradiertes Strukturierungsmerkmal für die Gesamträumliche Entwicklung (siehe etwa Blotevogel in: Handwörterbuch der Raumordnung, 4. Aufl. 2005, S. 1307 ff. m.w.N.) anknüpft, wie es im Landesraumentwicklungsprogramms 2005 (festgestellt mit VO der Landesregierung vom 30.05.2005 - LEP-VO M-V -, GVOBl. M-V S. 308, bekannt gemacht im Amtsbl. M-V 2005 S. 797) seine Umsetzung gefunden hat (Abschnitt 3.2). Demgegenüber nimmt § 24 FAG M-V auf die an gleicher Stelle unter Abschnitt 3.1 vorgenommene Differenzierung der räumlichen Entwicklung nach Raumtypen (Ländliche Räume, Stadt-Umland-Räume, Tourismusräume und Landwirtschaftsräume) Bezug und hier ausschließlich die Stadt-Umland-Räume in den Blick. Diese umfassen – so das Landesraumentwicklungsprogramm – „ca. 30,2 % der Wohnbevölkerung, erwirtschaften rund 43,2 % aller Wirtschaftsleistungen“ und „repräsentieren zusammen mit ihren Umland- Gemeinden damit die wirtschaftlichen Kernräume des Landes“. Sie seien „in ihrer Entwicklung weiter so zu fördern, dass sie ihre Rolle als hervorgehobene Wirtschaftsstandorte im Land stabilisieren und weiter ausbauen können sowie ihre nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird“.
- 111
Während das Zentrale-Orte-System mit der Festlegung der Zentralen Orte der verschiedenen Stufen (Ober-, Mittel- und Grundzentren) und der ihnen jeweils gemeindescharf zugeordneten Versorgungsbereiche (Ober-, Mittel- und Nahbereich) im Landesraumentwicklungsprogramm im Zusammenwirken mit den Regionalen Raumentwicklungsprogrammen zur Grundlage hat, dass im Ergebnis für jede einzelne Gemeinde des Landes festgelegt ist, welchem Zentrum der jeweiligen höheren Ebene sie ausschließlich zugerechnet wird, erfasst die Festlegung nach Raumtypen einerseits nicht zwingend die Gesamtfläche des Landes und lässt andererseits teilweise Überlagerungen zu.
- 112
Diese nebeneinander bestehende Systematik ist Ausdruck der damit im Raumordnungsrecht verfolgten unterschiedlichen Zielsetzungen, wie sie nunmehr § 16a LPlG für die Stadt- Umland-Räume ausdrücklich formuliert. Danach sind in die Festlegung der Stadt-Umland- Räume zu den im Gesetz enumerativ aufgezählten Städten Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Stralsund, Greifswald und Wismar „die Gemeinden mit besonders intensiven Verflechtungsbeziehungen zu diesen Kernstädten“ einzubeziehen. Die Gemeinden in den Stadt- Umland-Räumen unterliegen untereinander einem besonderen Kooperations- und Abstimmungsgebot, welches für Planungen, Vorhaben und Maßnahmen in den Bereichen Flächennutzung, gemeindliche Einrichtungen sowie sonstige Infrastruktur gilt, von denen Auswirkungen auf mehrere Gemeinden des Stadt-Umland-Raums ausgehen. Das Nähere und das Verfahren zur Abstimmung und Kooperation regelt das Landesraumentwicklungsprogramm. In Umsetzung dieser Vorgaben kennzeichnet das Landesraumentwicklungsprogramm 2005 die Festlegung der landesinternen Stadt-Umland-Räume als verbindliches Ziel der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, § 6 Abs. 1 LPlG (Abschnitt 3.1.2 Abs. 2 LEP M-V).
- 113
In ähnlicher Weise hatte schon das Erste Landesraumordnungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern – LROP – vom 16. Juli 1993 (GVOBl. M-V S. 733) unter Abschnitt I.1 Abs. 1 als Raumkategorie so genannte „Ordnungsräume“ um eben diese sechs Städte kartenmäßig festgelegt, die „die Kernstädte und das jeweilige Umland mit räumlichen Verdichtungstendenzen umfassten“; raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen von überörtlicher Bedeutung in diesen Ordnungsräumen waren einem Abstimmungserfordernis zwischen den betroffenen Gemeinden unterworfen. Ausweislich der Begründung wurden die Ordnungsräume seinerzeit „vorerst mit einem Radius bis maximal 20 km um die Kernstädte abgegrenzt, wobei sich der Radius an der Größe der Kernstadt orientierte“.
- 114
2. Die Landesverfassung erlaubt im Rahmen des vertikalen kommunalen Finanzausgleichs auch die Verfolgung raumordnungspolitischer Ziele. Dies gilt jedenfalls für die Frage, wie die grundsätzlich aufgabenbezogenen Bedarfskriterien im einzelnen festzulegen sind, die z.B. an die Ausgaben der Gemeinden anknüpfen können (LVerfG M-V, Urt. v. 30.06.2011 - LVerfG 10/10 -, NordÖR 2011, 391, 392 m.w.N.).
- 115
Auch im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs erscheint eine solche Anknüpfung an raumordnungspolitische Festlegungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Annahme des Gesetzgebers, dass Gemeinden in der Nähe zu Kernstädten von deren Attraktivität in besonderer Weise messbar profitieren, liegt nahe. Dies kann es rechtfertigen, einen derartigen “Prosperitätsgewinn“ teilweise zugunsten der Kernstädte abzuschöpfen. Es liegt auf der Hand, dass die Bevölkerung aus dem ländlichen Raum im unmittelbaren Umfeld größerer Städte deren Infrastruktur in besonderer Weise nutzt und von den dort vorhandenen vielfältigen – z.B. kulturellen – Angeboten stärker Gebrauch macht als die Bewohner weiter entfernt liegender Gemeinden. Ebenso ist die Attraktivität der Kernstädte geeignet, den Ausschlag für Standortentscheidungen (einzelner Personen oder Unternehmen) zu Gunsten der Niederlassung in solchen Umlandgemeinden zu geben, denen es gelungen ist, hierfür positive Rahmenbedingungen zu schaffen. Dies kann sich dann auch in einer messbaren Verbesserung der finanziellen Situation der betreffenden Gemeinde niederschlagen.
- 116
Zwar leisten – wie bereits ausgeführt – die an eine Kernstadt angrenzenden Gemeinden über den Vorwegabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) i.V.m. § 16 FAG M-V zum Nachteil der allgemeinen Schlüsselzuweisungen einen Beitrag wie alle anderen – entfernter liegenden – Gemeinden, sie haben aber eine deutlich bessere Möglichkeit, von den so genannten „Spillover- Effekten“ zu profitieren.
- 117
3. Der grundlegenden Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes, wie sie schließlich im Gesetz vom 10. November 2010 ihren Niederschlag gefunden hat, liegt als Ziel unter anderem die „dauerhafte Stärkung der Rolle der zentralen Orte“ innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs zugrunde. Insgesamt soll „ein sowohl zwischen Land und Kommunen als auch zwischen den einzelnen Kommunen fairer, aufgabengerechter, transparenter, klarer und schlüssiger kommunaler Finanzausgleich, der den veränderten Bedingungen Rechnung trägt sowie gleichzeitig den Verfassungsauftrag nach Artikel 73 Landesverfassung erfüllt und auch künftig die Leistungsfähigkeit steuerschwacher Gemeinden und Landkreise sichert sowie eine unterschiedliche Belastung mit Ausgaben ausgleicht“, geschaffen werden (LT-Drs. 5/2685 S. 2).
- 118
a) Seinen Beweggrund für die Einführung einer Stadt-Umland-Umlage hat der Gesetzgeber wie folgt benannt (LT-Drs. 5/2685 S. 65):
- 119
„Umlandgemeinden einer kreisfreien Stadt profitieren überproportional von ihrer Lage. Mit den Zuweisungen für übergemeindliche Aufgaben, die von allen kommunalen Körperschaften finanziert werden, kann dem nicht vollständig Rechnung getragen werden. Deshalb ist es angemessen, dass sie eine Umlage zahlen, die der jeweiligen kreisfreien Stadt im Hinblick auf ihre erhöhten Belastungen zu Gute kommt. In Abgrenzung zum Vorwegabzug für übergemeindliche Aufgaben, der an die im Landesraumentwicklungsprogramm und in den Regionalen Raumentwicklungsprogrammen festgelegten zentralen Orte anknüpft, wird auf die Hauptkriterien zur Abgrenzung der Stadt-Umland-Räume entsprechend dem Landesraumentwicklungsprogramm abgestellt.“
- 120
Dementsprechend werden als umlagepflichtig die Gemeinden bestimmt, die nach dem Landesraumentwicklungsprogramm dem Stadt-Umland-Raum einer kreisfreien Stadt – inzwischen, nach Umsetzung der Kreisgebietsreform auf der Grundlage des Kreisstrukturgesetzes vom 12. Juli 2012 (GVOBl. M-V S. 366), einer der Kernstädte – zugeordnet werden. Denn der Gesetzgeber hat angenommen, dass „fast alle Gemeinden, die zum Stadt-Umland-Raum … gehören und dessen Kriterien erfüllen, von der kreisfreien Stadt überdurchschnittlich profitieren“ und dass „der Vorteil dieser Gemeinden besonders deutlich wird am mit dem Bevölkerungswachstum einhergehenden Einkommenszuwachs je Gemeindeeinwohner, da sich offenbar zunehmend einkommensstärkere Bevölkerungsschichten in den Umlandgemeinden angesiedelt haben“, was „schon eine Untersuchung der Verteilung der nach § 3 Gemeindefinanzreformgesetz berechneten Verteilungsschlüssel für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer belege“. Die Untersuchung des Innenministeriums „zeige u.a., dass 72 Gemeinden von den 87 umlagepflichtigen Gemeinden je Einwohner einen höheren Anteil am Verteilungsaufkommen erhalten als die jeweiligen Ballungszentren“ (so LT-Drs. 5/2685 S. 99).
- 121
Eine nähere Begründung zur Höhe der Umlage (5 % der Umlagegrundlagen nach § 23 Abs. 2 Satz 3 Nummer 1 und 2 abzüglich der Finanzausgleichsumlage des laufenden Jahres nach § 8 FAG M-V) fehlt. In der Gesetzesbegründung (a.a.O.) heißt es hierzu lediglich allgemein:
- 122
„Mit der Umlage in Höhe von 5% der Steuerkraftmesszahl des Vorvorjahres und der Schlüsselzuweisungen des Vorjahres würden auf der Basis des Finanzausgleichs 2008 ca. 4 Mio. Euro (…..) an die kreisfreien Städte abgeführt. Um die Umlandgemeinden nicht unangemessen und verfassungswidrig zu belasten, wird ein Teil der Umlage bei den Kreisumlagegrundlagen (§ 23 Abs. 2 Nr. 4) angerechnet.“
- 123
Eine besondere Begründung für die Festlegung von gerade 5 % der Umlagegrundlagen konnte auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht gegeben werden. Allgemein sei da30 von ausgegangen worden, dass die auf dieser Basis berechnete finanzielle Belastung den betroffenen Gemeinden „zumutbar“ sei.
- 124
Mit der grundsätzlichen Zulässigkeit des Rückgriffs auf landesplanerische Festlegungen auch im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich in Gestalt einer Stadt-Umland-Umlage ist allerdings noch nichts darüber ausgesagt, wie eine derartige Umlage in ihren konkreten Anknüpfungstatsachen, Erhebungsmodalitäten und insbesondere der Höhe nach ausgestaltet sein muss, um den verfassungsrechtlichen Vorgaben und insbesondere dem interkommunalen Gleichbehandlungsgebot und dem Grundsatz der Systemgerechtigkeit hinreichend Rechnung zu tragen.
- 125
Die Anforderungen, die sich insoweit aus Art. 72 Abs. 1 und Art. 73 Abs. 2 LV ergeben, sind nicht erfüllt.
- 126
Denn in diesem Zusammenhang trägt der bloße Rückgriff auf die Kriterien, die im Jahre 2005 zur landesplanerisch begründeten Einbeziehung einer Gemeinde in den Stadt-Umland-Raum einer Kernstadt geführt haben, nicht.
- 127
b) Bedenken gegen die konkrete Ausgestaltung der Stadt-Umland-Umlage könnten sich unter dem Aspekt der Systemgerechtigkeit schon daraus ergeben, dass sich mit Inkrafttreten der Landkreisneuordnung, der Einkreisung von vier der bisherigen sechs kreisfreien Städte unter Zuerkennung des Status einer großen kreisangehörigen Stadt und der damit verbundenen grundlegenden Veränderungen im Gefüge der kommunalen Finanzbeziehungen in Folge von Verlagerungen von Zuständigkeiten auf kommunaler Ebene eine neue Situation ergeben hat mit Auswirkungen auch in den Bereich des Finanzausgleichs hinein (Kreisstrukturgesetz vom 12.07.2010 - GVOBl. M-V S. 366). Dass mit derartigen grundlegenden Veränderungen zu rechnen war, war bei Erlass des Finanzausgleichsgesetzes vom 10. November 2009 abzusehen, denn der Gesetzentwurf zum Kreisstrukturgesetz war am 08. Juli 2009 dem Landtag zugeleitet worden. Dem geht das Gericht ebenso wenig nach wie der Frage, warum an Daten angeknüpft wird, die Sachverhalte betreffen, die zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses neun Jahre zurücklagen. Immerhin sind Daten über Pendlerströme und Einwohnerzuwächse in der Gegenwart ohne großen Aufwand über das Statistische Landesamt und das Statistische Informationssystem SIS-Online verfügbar. Bereits in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2011 in dem Verfahren LVerfG 10/10 hat dieses Gericht klargestellt, dass sich eine Entscheidung des Gesetzgebers im kommunalen Finanzausgleich grundsätzlich auf objektivierbare Daten stützen lassen muss (ebenso VerfGH NW, Urt. vom 26.05.2010 - VerfGH 17/08 -, juris Rn. 33). Dies gilt umso mehr, wenn Anzeichen dafür vorhanden sind, dass es einen Trend zur Rückkehr von Einwohnern in die Stadt gibt. So sank in der (überdurchschnittlich abundanten) Gemeinde Poppendorf zwischen 2005 und 2010 die Einwohnerzahl von 774 auf 688 Einwohner, also um mehr als 10%. Die Bevölkerung des Landes sank zwischen 2000 und 2010 von 1.775.703 auf 1.642.327 Einwohner, also um 7,51%. Während die Zahl der Einwohner in Gemeinden mit 10.000 bis 50.000 Einwohnern (ohne Wismar) um 13,77% zurückging, waren die Kernstädte nur mit 2,95% Bevölkerungsrückgang betroffen (Wismar: 5,60%).
- 128
c) Schafft der Gesetzgeber ein neues Instrument des (horizontalen) Finanzausgleichs zur Abschöpfung von Vorteilen, muss die gesetzliche Regelung – hier: die Bemessung der Umlage – auch mit seinem Ziel zu vereinbaren sein. Die Grundlagen einer solchen Umlage sind in einem nachvollziehbaren Verfahren zu ermitteln, das eine verfassungsgerichtliche Kontrolle ermöglicht (vgl. ThürVerfGH, Urt. v. 02.11.2011 - VerfGH 13/10 -, juris Rn. 72; Urt. v. 21.06.2005 - VerfGH 28/03 -). Dies gilt insbesondere dann, wenn es um nicht unerhebliche Beträge geht. An einem solchen nachvollziehbaren Verfahren fehlt es.
- 129
d) Alle in § 24 FAG M-V definierten „Umlandgemeinden“ werden ab dem Jahre 2010 zu einer Umlage herangezogen, die sich der Höhe nach an einem einheitlichen Prozentsatz eines Teils solcher Umlagegrundlagen (Steuerkraftmesszahl nach § 12 Abs. 3 FAG M-V, Schlüsselzuweisungen des Vorjahres) orientiert, die in gänzlich anderem Zusammenhang – nämlich für die Bemessung der Kreisumlage (§ 23 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 FAG M-V abzüglich einer eventuellen Abundanzumlage nach § 8 FAG M-V) – von Bedeutung sind.
- 130
Bei der Einführung eines neuen Typs von Umlage, mit der nach den Gesetzesmaterialien Vorteile ausgeglichen werden sollen, die (Einwohner von) Umlandgemeinden haben, ist es nicht folgerichtig, für deren Bemessung an die Summe von Steuerkraftmesszahl und Schlüsselzuweisungen anzuknüpfen, weil diesen Parametern keine Aussagekraft für die Nutzung der Infrastruktur der Kernstadt durch die Einwohner der Umlandgemeinde zukommt.
- 131
Die Höhe der Schlüsselzuweisungen ist nur Indiz für die fehlende Steuerkraft der Gemeinde. In die Bemessung der Steuerkraftmesszahl fließt u.a. der Anteil an der Umsatzsteuer ein, der nur mit der Zahl der Einwohner zu tun hat. Das Aufkommen an Grundsteuern und Gewerbesteuern wird mit dem landesdurchschnittlichen gewogenen Hebesatz angesetzt und ist nur begrenzt Ausdruck der Vorteile, die die Einwohner aus der Kernstadt schöpfen. Der Zusammenhang zwischen der Umlage und ihrem Zweck reicht nicht hin. Wenn der Gesetzgeber an den Einkommensteueranteil der Gemeinde als Indiz für die Vorteile der Gemeinde anknüpft, spräche viel dafür, auch an den Einkommensteueranteil als Indikator für Kaufkraft und die Nutzung der Einrichtungen der Kernstadt anzuknüpfen.
- 132
Sollte sich im Übrigen – wie dies eine Formulierung in der Gesetzesbegründung nahe legen könnte (LT-Drs. 5/2685 S. 65) – die Umlage nicht an den Vorteilen der Umlandgemeinden im Sinne einer teilweisen Abschöpfung orientieren, sondern an den „erhöhten Belastungen“ der Kernstadt, läge die Annahme nahe, dass statistisch gesehen jeder Einwohner der Umlandgemeinden dort die gleiche Belastung verursacht.
- 133
e) Ausweislich der Materialien zum Gesetzgebungsverfahren hat der Gesetzgeber den abzuschöpfenden Vorteil an dem „mit dem Bevölkerungswachstum einhergehenden Einkommenszuwachs je Gemeindeeinwohner“ festmachen wollen, wobei er davon ausgegangen ist, dass „sich offenbar zunehmend einkommensstärkere Bevölkerungsschichten in den Umlandgemeinden angesiedelt haben“ (LT-Drs. 5/2685 S. 100). Dabei bleibt offen, ob der Vorteil schon die Lage in der Nähe zur Kernstadt selbst ist, die die Gemeinde für Einwohner attraktiv macht und bewirkt, dass sie in der Gemeinde bleiben oder zuziehen, oder ob der Vorteil der Umstand sein soll, dass in einer solchen angrenzenden Gemeinde mit einem vergleichsweise geringeren finanziellen Aufwand adäquate Lebensverhältnisse für die Einwohner geschaffen werden können als in anderen entfernter liegenden Gemeinden. Zu bedenken wäre jedenfalls, dass die angrenzende Gemeinde selbst keinen Einfluss darauf hat, in welchem Umfang welche Einrichtung der Kernstadt von ihren Einwohnern in Anspruch genommen wird und welche Angebote die Kernstadt überhaupt vorhält.
- 134
Dass die in Bezug genommene Untersuchung des Innenministeriums „zeigt, dass 72 Gemeinden von den 87 umlagepflichtigen Gemeinden je Einwohner einen höheren Anteil am Verteilungsaufkommen erhalten als die jeweiligen Ballungszentren“ (so LT-Drs. 5/2685 a.a.O.), kann im Übrigen auch den Berechnungsmodalitäten der Einkommensteueranteile geschuldet und muss nicht zwingend Ausdruck einer besonderen Prosperität in Abhängigkeit zur Lage nahe der Kernstadt sein. Abgesehen davon bildeten die restlichen 15 Gemeinden immerhin mehr als 17 % aller einbezogenen Kommunen. Dies kann nicht als im Rahmen einer zulässigen Pauschalierung zu vernachlässigende Größe angesehen werden.
- 135
f) Insbesondere ist es bei der angestrebten Abschöpfung von Vorteilen nicht sachgerecht, wenn durch die gewählte Anknüpfung Umlagen entstehen, die derart differieren. Der Gesetzgeber mag für die Eingruppierung als „bevorteilte“ Gemeinde an die Lage, deren – im Verhältnis zur Kernstadt höheren – Einkommensteueranteil oder an ein überdurchschnittliches Gewerbesteueraufkommen anknüpfen. Bei der Bemessung der Umlage selbst, die nach seinem erklärten Ziel die Vorteile einzelner Gemeinden zugunsten der Kernstadt umverteilen soll, muss er einen Berechnungsmodus wählen, der zu Ergebnissen führt, die in die Symmetrie des Finanzausgleichs passen. Die hier gewählte Weise mit einer Streuung zwischen 20 und fast 80 Euro je Einwohner (nach Abzug der Reduzierung bei der Kreisumlage) widerspricht dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel deutlich. Dies gilt umso mehr, als er den Zentren bereits 25,29 Euro je Einwohner des gesamten Nahbereichs für den Verwaltungsbereich bei den übergemeindlichen Aufgaben vorab zuweist (ODH 2011 S.6).
- 136
Wenn Vorteile abgeschöpft werden sollen, darf kein Maßstab angelegt werden, bei dem wie bei dieser Regelung der umgelegte Vorteil in einer Gemeinde viermal so hoch ist wie in anderen Gemeinden, ohne dass es sich durch ein entsprechendes Mehr an Vorteilen erklären ließe. Damit wirkt sich die Umlage, die nach den Gesetzesmaterialien dazu bestimmt ist, Vorteile der Einwohner von Umlandgemeinden zugunsten der Kernstadt umzuverteilen, letztlich ähnlich wie eine Art Abundanzumlage aus, ohne eine gesteigerte Leistungsfähigkeit der Gemeinde vorauszusetzen.
- 137
Während Gägelow in der Summe aus Einkommensteueranteil und Gewerbesteueraufkommen auf 534,93 Euro je Einwohner kommt, erreicht Metelsdorf einen Wert von 177,37 Euro. Wenn Prosperität ein tragendes Argument sein soll, ist nicht nachvollziehbar, dass Metelsdorf mit 23,24 Euro/EW nur unwesentlich geringer belastet wird als Gägelow mit 29,08 Euro/EW. Solche Verwerfungen lassen sich mit dem angeführten Ziel des Gesetzgebers schlicht nicht vereinbaren.
- 138
Nach alledem war gemäß § 57 LVerfGG die angegriffene Vorschrift für nichtig zu erklären.
D.
- 139
Die Verfahren sind nach § 33 Abs. 1 LVerfGG kostenfrei. Gemäß § 34 Abs. 1 LVerfGG sind den beschwerdeführenden Gemeinden ihre notwendigen Auslagen vom Land Mecklenburg- Vorpommern zu erstatten.
E.
- 140
Nach § 29 Abs. 2 Satz 3 LVerfGG ist die Entscheidungsformel im Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern zu veröffentlichen.
moreResultsText
Annotations
Das Bundesministerium der Finanzen stellt nach Ablauf des Ausgleichsjahres die endgültige Höhe der Länderanteile an der Umsatzsteuer durch Rechtsverordnung fest, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(1) Die Finanzkraftmesszahl eines Landes ist die Summe der Einnahmen des Landes nach § 7 und der Steuereinnahmen seiner Gemeinden nach § 8.
(2) Die Ausgleichsmesszahl eines Landes ist die Summe der beiden Messzahlen, die zum Ausgleich der Einnahmen der Länder nach § 7 und zum Ausgleich der Steuereinnahmen der Gemeinden nach § 8 getrennt festgestellt werden. Die Messzahlen ergeben sich aus den auszugleichenden Einnahmen je Einwohner der Ländergesamtheit, vervielfacht mit der Einwohnerzahl des Landes; hierbei sind die nach § 9 gewerteten Einwohnerzahlen zugrunde zu legen.
(1) Als Steuereinnahmen der Gemeinden eines Landes gelten nach Maßgabe des Absatzes 3
- 1.
die Gemeindeanteile an der Umsatzsteuer und an der Einkommensteuer im Ausgleichsjahr, - 2.
die Steuerkraftzahlen der Grundsteuern und der Gewerbesteuer nach Absatz 2, vermindert um die im Ausgleichsjahr geleistete Gewerbesteuerumlage.
(2) Als Steuerkraftzahlen der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, der Grundsteuer von den Grundstücken und der Gewerbesteuer werden jeweils für die einzelnen Länder die Beträge angesetzt, die sich ergeben, wenn die im Bundesgebiet insgesamt im Ausgleichsjahr aufgekommenen einzelnen Realsteuern im Verhältnis der länderweisen Grundbeträge dieser Steuern in dem dem Ausgleichsjahr vorausgehenden Kalenderjahr verteilt werden. Dabei sind die Grundbeträge maßgebend, die das Statistische Bundesamt nach dem Ergebnis der Gemeindefinanzstatistik festgestellt hat.
(3) Die Steuereinnahmen der Gemeinden eines Landes nach Absatz 1 werden je für sich auf 75 Prozent herabgesetzt.
(1) Die Höhe des Zuschlags, der einem Land zu gewähren ist, beträgt 63 Prozent des Betrags, um den die Ausgleichsmesszahl dieses Landes seine Finanzkraftmesszahl übersteigt.
(2) Die Höhe des Abschlags, der von einem Land zu erheben ist, beträgt 63 Prozent des Betrags, um den die Finanzkraftmesszahl dieses Landes seine Ausgleichsmesszahl übersteigt. Soweit die Höhe des Abschlags eines Landes seinen nach § 2 ermittelten Anteil übersteigt, ist der Unterschiedsbetrag von diesem Land aufzubringen.
(1) Auf die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 2 und 5 werden am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember Abschlagszahlungen nach Maßgabe der Verhältnisse des jeweils vorhergehenden Abrechnungszeitraums entrichtet. Gleichzeitig werden die mit der Abschlagszahlung des vorausgegangenen Zahlungstermins zu viel oder zu wenig gezahlten Beträge verrechnet. Für die endgültige Abrechnung der Bundesergänzungszuweisungen gilt § 15 entsprechend.
(2) Die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 3, 4 und 6 sind mit je einem Viertel ihres Betrages am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember fällig.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
- 1.
die Zölle, - 2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen, - 3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern, - 4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer, - 5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben, - 6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer, - 7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
- 1.
die Vermögensteuer, - 2.
die Erbschaftsteuer, - 3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen, - 4.
die Biersteuer, - 5.
die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
- 1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln. - 2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.
(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).
(1) Als Steuereinnahmen der Gemeinden eines Landes gelten nach Maßgabe des Absatzes 3
- 1.
die Gemeindeanteile an der Umsatzsteuer und an der Einkommensteuer im Ausgleichsjahr, - 2.
die Steuerkraftzahlen der Grundsteuern und der Gewerbesteuer nach Absatz 2, vermindert um die im Ausgleichsjahr geleistete Gewerbesteuerumlage.
(2) Als Steuerkraftzahlen der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, der Grundsteuer von den Grundstücken und der Gewerbesteuer werden jeweils für die einzelnen Länder die Beträge angesetzt, die sich ergeben, wenn die im Bundesgebiet insgesamt im Ausgleichsjahr aufgekommenen einzelnen Realsteuern im Verhältnis der länderweisen Grundbeträge dieser Steuern in dem dem Ausgleichsjahr vorausgehenden Kalenderjahr verteilt werden. Dabei sind die Grundbeträge maßgebend, die das Statistische Bundesamt nach dem Ergebnis der Gemeindefinanzstatistik festgestellt hat.
(3) Die Steuereinnahmen der Gemeinden eines Landes nach Absatz 1 werden je für sich auf 75 Prozent herabgesetzt.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
- 1.
die Zölle, - 2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen, - 3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern, - 4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer, - 5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben, - 6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer, - 7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
- 1.
die Vermögensteuer, - 2.
die Erbschaftsteuer, - 3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen, - 4.
die Biersteuer, - 5.
die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
- 1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln. - 2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.
(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).
(1) Der Ausgleichsmesszahl eines Landes wird die Einwohnerzahl (Wohnbevölkerung) zugrunde gelegt, die das Statistische Bundesamt zum 30. Juni des Ausgleichsjahres festgestellt hat.
(2) Bei der Ermittlung der Messzahlen zum Ausgleich der Einnahmen der Länder nach § 7 werden die Einwohnerzahlen der Länder Berlin, Bremen und Hamburg mit 135 Prozent und die Einwohnerzahlen der übrigen Länder mit 100 Prozent gewertet.
(3) Bei der Ermittlung der Messzahlen zum Ausgleich der Steuereinnahmen der Gemeinden nach § 8 werden die Einwohnerzahlen der Länder Berlin, Bremen und Hamburg mit 135 Prozent, die Einwohnerzahl des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit 105 Prozent, die Einwohnerzahl des Landes Brandenburg mit 103 Prozent, die Einwohnerzahl des Landes Sachsen-Anhalt mit 102 Prozent und die Einwohnerzahlen der übrigen Länder mit 100 Prozent gewertet.
(1) Die Höhe des Zuschlags, der einem Land zu gewähren ist, beträgt 63 Prozent des Betrags, um den die Ausgleichsmesszahl dieses Landes seine Finanzkraftmesszahl übersteigt.
(2) Die Höhe des Abschlags, der von einem Land zu erheben ist, beträgt 63 Prozent des Betrags, um den die Finanzkraftmesszahl dieses Landes seine Ausgleichsmesszahl übersteigt. Soweit die Höhe des Abschlags eines Landes seinen nach § 2 ermittelten Anteil übersteigt, ist der Unterschiedsbetrag von diesem Land aufzubringen.
(1) Der Bund gewährt aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Bundesergänzungszuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs sowie zum Ausgleich von Sonderlasten nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6.
(2) Zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs erhalten leistungsschwache Länder allgemeine Bundesergänzungszuweisungen. Leistungsschwach im Sinne von Satz 1 ist ein Land, dessen Summe aus Finanzkraftmesszahl und Zuschlag nach § 10 Fehlbeträge an 99,75 Prozent der Ausgleichsmesszahl des Ausgleichsjahres aufweist. Ein leistungsschwaches Land erhält 80 Prozent dieser Fehlbeträge als allgemeine Bundesergänzungszuweisungen.
(3) Zum Ausgleich von Sonderlasten durch die strukturelle Arbeitslosigkeit und der daraus entstehenden überproportionalen Lasten bei der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige erhalten nachstehende Länder jährlich folgende Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen:
Brandenburg | 15 580 000 Euro, |
Mecklenburg-Vorpommern | 10 496 000 Euro, |
Sachsen | 26 158 000 Euro, |
Sachsen-Anhalt | 15 334 000 Euro, |
Thüringen | 14 432 000 Euro. |
Bund und Länder überprüfen gemeinsam in einem Abstand von drei Jahren, beginnend im Jahr 2022, in welcher Höhe die Sonderlasten dieser Länder ab dem jeweils folgenden Jahr auszugleichen sind. Die Sonderlasten sind entsprechend den im Jahr vor der Überprüfung gegebenen einwohnerbezogenen Verhältnissen der Bedarfsgemeinschaften und der Entwicklung der Kosten der Unterkunft im Durchschnitt der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Verhältnis zum Durchschnitt der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein in Bezug zum Ausgangsjahr 2005 zu ermitteln.
(4) Wegen überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung erhalten nachstehende Länder jährlich folgende Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen:
Berlin | 58 671 000 Euro, |
Brandenburg | 80 674 000 Euro, |
Bremen | 60 332 000 Euro, |
Mecklenburg-Vorpommern | 71 959 000 Euro, |
Rheinland-Pfalz | 48 337 000 Euro, |
Saarland | 66 309 000 Euro, |
Sachsen | 47 371 000 Euro, |
Sachsen-Anhalt | 70 993 000 Euro, |
Schleswig-Holstein | 66 308 000 Euro, |
Thüringen | 71 432 000 Euro. |
Bund und Länder überprüfen gemeinsam die Voraussetzungen der Vergabe in einem Abstand von fünf Jahren, erstmals im Jahr 2023, im Hinblick auf die Vergabe im jeweils übernächsten Jahr.
(5) Leistungsschwache Länder, in denen die kommunalen Steuereinnahmen gemäß § 8 Absatz 1 und 2 im Ausgleichsjahr je Einwohner weniger als 80 Prozent des Durchschnitts aller gemäß § 8 Absatz 1 und 2 ermittelten Steuereinnahmen der Gemeinden betragen, erhalten Bundesergänzungszuweisungen zum Ausgleich besonders geringer kommunaler Steuerkraft. Die Zuweisungen erfolgen in Höhe von 53,5 Prozent des zu 80 Prozent des Durchschnitts bestehenden Fehlbetrages. Für die Berechnung der Zuweisungen sind die nach § 9 Absatz 1 ermittelten Einwohnerzahlen maßgebend. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Zuweisungen werden leistungsschwachen Ländern gewährt, die aus Mitteln der Forschungsförderung nach Artikel 91b des Grundgesetzes einen Forschungsnettozufluss in Höhe von weniger als 95 Prozent des den Ländern durchschnittlich gewährten Forschungsnettozuflusses erhalten haben. Diese Länder erhalten pro Einwohner Ergänzungszuweisungen des Bundes in Höhe von 35 Prozent des zu 95 Prozent des durchschnittlich von den Ländern vereinnahmten Forschungsnettozuflusses bestehenden Fehlbetrages. Forschungsnettozufluss ist der Nettozufluss pro Einwohner in der von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz für das dem Ausgleichsjahr sieben Jahre vorausgehende Jahr festgestellten Höhe. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 sind abweichend von § 10 Abs. 3, § 12 Abs. 1 und 4 des Haushaltsgrundsätzegesetzes sowie von § 13 Abs. 3, § 15 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung bei den Einnahmen darzustellen.
(1) Auf die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 2 und 5 werden am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember Abschlagszahlungen nach Maßgabe der Verhältnisse des jeweils vorhergehenden Abrechnungszeitraums entrichtet. Gleichzeitig werden die mit der Abschlagszahlung des vorausgegangenen Zahlungstermins zu viel oder zu wenig gezahlten Beträge verrechnet. Für die endgültige Abrechnung der Bundesergänzungszuweisungen gilt § 15 entsprechend.
(2) Die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 3, 4 und 6 sind mit je einem Viertel ihres Betrages am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember fällig.
Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
- 1.
die Zölle, - 2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen, - 3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern, - 4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer, - 5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben, - 6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer, - 7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
- 1.
die Vermögensteuer, - 2.
die Erbschaftsteuer, - 3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen, - 4.
die Biersteuer, - 5.
die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
- 1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln. - 2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.
(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).
(1) Die Höhe des Zuschlags, der einem Land zu gewähren ist, beträgt 63 Prozent des Betrags, um den die Ausgleichsmesszahl dieses Landes seine Finanzkraftmesszahl übersteigt.
(2) Die Höhe des Abschlags, der von einem Land zu erheben ist, beträgt 63 Prozent des Betrags, um den die Finanzkraftmesszahl dieses Landes seine Ausgleichsmesszahl übersteigt. Soweit die Höhe des Abschlags eines Landes seinen nach § 2 ermittelten Anteil übersteigt, ist der Unterschiedsbetrag von diesem Land aufzubringen.
(1) Auf die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 2 und 5 werden am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember Abschlagszahlungen nach Maßgabe der Verhältnisse des jeweils vorhergehenden Abrechnungszeitraums entrichtet. Gleichzeitig werden die mit der Abschlagszahlung des vorausgegangenen Zahlungstermins zu viel oder zu wenig gezahlten Beträge verrechnet. Für die endgültige Abrechnung der Bundesergänzungszuweisungen gilt § 15 entsprechend.
(2) Die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 3, 4 und 6 sind mit je einem Viertel ihres Betrages am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember fällig.
Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.
(1) Auf die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 2 und 5 werden am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember Abschlagszahlungen nach Maßgabe der Verhältnisse des jeweils vorhergehenden Abrechnungszeitraums entrichtet. Gleichzeitig werden die mit der Abschlagszahlung des vorausgegangenen Zahlungstermins zu viel oder zu wenig gezahlten Beträge verrechnet. Für die endgültige Abrechnung der Bundesergänzungszuweisungen gilt § 15 entsprechend.
(2) Die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 3, 4 und 6 sind mit je einem Viertel ihres Betrages am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember fällig.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Erfordernisse der Raumordnung: Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung; - 2.
Ziele der Raumordnung: verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums; - 3.
Grundsätze der Raumordnung: Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden; - 4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung: in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen; - 5.
öffentliche Stellen: Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts; - 6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen: Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel; - 7.
Raumordnungspläne: zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.
(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.
(1) Auf die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 2 und 5 werden am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember Abschlagszahlungen nach Maßgabe der Verhältnisse des jeweils vorhergehenden Abrechnungszeitraums entrichtet. Gleichzeitig werden die mit der Abschlagszahlung des vorausgegangenen Zahlungstermins zu viel oder zu wenig gezahlten Beträge verrechnet. Für die endgültige Abrechnung der Bundesergänzungszuweisungen gilt § 15 entsprechend.
(2) Die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Absatz 3, 4 und 6 sind mit je einem Viertel ihres Betrages am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember fällig.
(1) Als Steuereinnahmen der Gemeinden eines Landes gelten nach Maßgabe des Absatzes 3
- 1.
die Gemeindeanteile an der Umsatzsteuer und an der Einkommensteuer im Ausgleichsjahr, - 2.
die Steuerkraftzahlen der Grundsteuern und der Gewerbesteuer nach Absatz 2, vermindert um die im Ausgleichsjahr geleistete Gewerbesteuerumlage.
(2) Als Steuerkraftzahlen der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, der Grundsteuer von den Grundstücken und der Gewerbesteuer werden jeweils für die einzelnen Länder die Beträge angesetzt, die sich ergeben, wenn die im Bundesgebiet insgesamt im Ausgleichsjahr aufgekommenen einzelnen Realsteuern im Verhältnis der länderweisen Grundbeträge dieser Steuern in dem dem Ausgleichsjahr vorausgehenden Kalenderjahr verteilt werden. Dabei sind die Grundbeträge maßgebend, die das Statistische Bundesamt nach dem Ergebnis der Gemeindefinanzstatistik festgestellt hat.
(3) Die Steuereinnahmen der Gemeinden eines Landes nach Absatz 1 werden je für sich auf 75 Prozent herabgesetzt.
Das Bundesministerium der Finanzen stellt nach Ablauf des Ausgleichsjahres die endgültige Höhe der Länderanteile an der Umsatzsteuer durch Rechtsverordnung fest, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(1) Als Steuereinnahmen der Gemeinden eines Landes gelten nach Maßgabe des Absatzes 3
- 1.
die Gemeindeanteile an der Umsatzsteuer und an der Einkommensteuer im Ausgleichsjahr, - 2.
die Steuerkraftzahlen der Grundsteuern und der Gewerbesteuer nach Absatz 2, vermindert um die im Ausgleichsjahr geleistete Gewerbesteuerumlage.
(2) Als Steuerkraftzahlen der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, der Grundsteuer von den Grundstücken und der Gewerbesteuer werden jeweils für die einzelnen Länder die Beträge angesetzt, die sich ergeben, wenn die im Bundesgebiet insgesamt im Ausgleichsjahr aufgekommenen einzelnen Realsteuern im Verhältnis der länderweisen Grundbeträge dieser Steuern in dem dem Ausgleichsjahr vorausgehenden Kalenderjahr verteilt werden. Dabei sind die Grundbeträge maßgebend, die das Statistische Bundesamt nach dem Ergebnis der Gemeindefinanzstatistik festgestellt hat.
(3) Die Steuereinnahmen der Gemeinden eines Landes nach Absatz 1 werden je für sich auf 75 Prozent herabgesetzt.