Sozialgericht Regensburg Endurteil, 11. Juli 2018 - S 7 SO 62/13

bei uns veröffentlicht am11.07.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des an die Klägerin zu erbringenden Pflegegeldes nach dem Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die 1938 geborene Klägerin ist bosnische und kroatische Staatsangehörige und bezieht seit 1993 staatliche Fürsorgeleistungen. Die Beklagte zu 1) bewilligte ihr für die Zeit ab 7.2.2008 Leistungen der Hilfe zur Pflege in Form eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe I in Höhe von 205 € monatlich (Bescheid vom 1.4.2008; Änderungsbescheid vom 16.6.2008; Widerspruchsbescheid vom 28.10.2009). Hiergegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Regensburg erhoben (S 4 SO 91/09), mit der sie Leistungen nach der Pflegestufe III begehrt hat. Während dieses Klageverfahrens änderte die Beklagte zu 1) die Leistungsbewilligung für die Zeit ab 1.1.2010 (Änderungsbescheid vom 1.12.2009). Das SG hat die Beklagte zu 1) - nach vorheriger Verbindung mit einem anderen anhängigen Klageverfahren - verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab 1.2.2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu gewähren; im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 8.2.2013).

Daraufhin hob die Beklagte zu 1) den Bescheid vom 1.12.2009 auf und gewährte der Klägerin ab 1.3.2013 bis auf weiteres ein Pflegegeld in Höhe von 440 € monatlich (Änderungsbescheid vom 4.3.2013; Widerspruchsbescheid vom 6.6.2013); zugleich leistete die Beklagte zu 1) für den Zeitraum vom 1.2.2009 bis 28.2.2013 eine Pflegegeldnachzahlung in Höhe von 10.045 € (Schreiben vom 1.3.2013).

Die gegen den Gerichtsbescheid beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin, die unter dem Aktenzeichen L 8 SO 50/13 geführt wurde, ist erfolglos geblieben (Urteil vom 23.6.2015).

Noch während des vorbezeichneten Berufungsverfahrens ließ die Klägerin am 1.7.2013 gegen den Änderungsbescheid vom 4.3.2013 Klage zum SG Regensburg erheben. Um Wiederholungen zu vermeiden, werde auf das bereits im Verfahren S 4 SO 91/09 Vorgetragene verwiesen; dieses Verfahren werde seit Jahren planmäßig verzögert.

Die Klägerin beantragt in der mündlichen Verhandlung,

die Beklagte zu 1) unter Abänderung des Bescheides vom 4.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2013 zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 1.3.2013 Pflegegeld nach der Pflegestufe III zu gewähren.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die getroffene Entscheidung für zutreffend.

Nachdem der Betreuer und Sohn der Klägerin am 11.1.2017 (und nochmals am 7.3.2017) mitgeteilt hatte, dass ab dem 1.1.2017 die „Umstellung auf Pflegesachleistungen erfolgt “ sei, hat die Beklagte zu 1) den Bescheid vom 4.3.2013 mit Ablauf des 31.12.2016 aufgehoben und der Klägerin für die Zeit ab 1.1.2017 vorschussweise ein „Rest-Pflegegeld“ in Höhe von 181,67 monatlich (1/3 von 545 € ) mit der Maßgabe bewilligt, dass die Höhe des tatsächlich zustehenden Pflegegeldes in Abhängigkeit von der Höhe der in Anspruch genommenen Pflegesachleistungen jeweils ca alle sechs Monate nachträglich berechnet werde (Bescheid vom 9.3.2017). Zugleich hat die Beklagte zu 1) ab dem 1.1.2017 Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme der anfallenden Kosten für die häusliche Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst gewährt (Bescheid vom 16.3.2017).

Die erkennende Kammer hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz im Wege der Amtshaftung vom Verfahren abgetrennt (Beschluss vom 27.4.2018) und nach vorheriger Anhörung der Beteiligten an das zuständige Landgericht Regensburg verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klage bezüglich der Beklagten zu 2) bis 4) zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg; denn sie ist unzulässig.

Der angefochtene Bescheid vom 4.3.2013 ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens (L 8 SO 50/13) gegen den Bescheid vom 1.4.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.6.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 geworden (dazu 1.). Auch nachdem das Berufungsverfahren durch das rechtskräftige Urteil des LSG vom 23.6.2015 sein Ende gefunden hat, bleibt die vorliegende Klage unzulässig, weil der hier allein streitgegenständliche Bescheid vom 4.3.2013 mit dem Abschluss des Berufungsverfahrens bestandskräftig geworden ist (dazu 2.).

1. Die Klage war zunächst wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig (vgl § 202 SGG iVm § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG - sog Sperrwirkung). Der Bescheid vom 4.3.2013 ist nämlich mit seiner Bekanntgabe Gegenstand des zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Berufungsverfahrens (L 8 SO 50/13) gegen den Bescheid vom 1.4.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.6.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 geworden.

Nach § 96 Abs. 1 SGG, der für das Verfahren vor den LSG gemäß § 153 Abs. 1 SGG entsprechend gilt, wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer nur dann, wenn er - zumindest teilweise - denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft, bzw wenn in dessen Regelung eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (BSG SozR 4-6480 Art. 22 Nr. 2 RdNr. 20). Ergehen auf einen zeitlich nicht beschränkten Dauerverwaltungsakt hin Folgebescheide, werden diese damit bei entsprechender inhaltlicher Regelung in Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens; denn jeder dieser Bescheide ist dann ggf als den ursprünglichen Dauerverwaltungsakt abändernder Bescheid zu verstehen (BSG vom 17.12.2015 - B 8 SO 14/14 R - juris RdNr. 11).

So liegt es hier. Die Beklagte zu 1) hat der Klägerin mit Bescheid vom 1.4.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.6.2008 Leistungen der Hilfe zur Pflege in Form eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe I für die Zeit ab 7.2.2008 bis auf weiteres bewilligt. Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer früheren Klage (S 4 SO 91/09) ohne (zeitliche) Einschränkung gewandt und Pflegegeld nach der Pflegestufe III geltend gemacht. Durch Bescheid vom 1.12.2009 hat die Beklagte zu 1) die Leistungen der Höhe nach für die Zeit ab 1.1.2010 bis auf weiteres neu festgesetzt. Dieser Bescheid ist - als Änderungsbescheid - nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des früheren Klageverfahrens geworden, ohne dass hierdurch der Streitgegenstand begrenzt worden wäre. Der hier streitgegenständliche Bescheid vom 4.3.2013 hat sodann den Bescheid vom 1.12.2009 aufgehoben und für die Zeit ab 1.3.2013 Leistungen der Hilfe zur Pflege in Form eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe II - wiederum zeitlich unbegrenzt - gewährt. Für den Zeitraum ab 1.3.2013 ist er gemäß § 96 Abs. 1 SGG vollständig an die Stelle des seinerseits nach § 96 Abs. 1 SGG streitbefangenen Bescheids vom 1.12.2009 getreten und insoweit kraft Gesetzes Gegenstand des noch nicht abgeschlossenen Berufungsverfahrens (L 8 SO 50/13) geworden. Der Bescheid vom 4.3.2013 konnte damit zulässigerweise nicht erneut zum Gegenstand eines anderen Verfahrens gemacht werden.

2. An der Unzulässigkeit des hier zu entscheidenden Verfahrens ändert der rechtskräftige Abschluss des Berufungsverfahrens durch Urteil vom 23.6.2015 und den die Nichtzulassungsbeschwerde ablehnenden Beschluss des BSG vom 15.2.2016 nichts (vgl BSG vom 15.11.2012 - B 8 SO 22/10 R, juris RdNr. 12). Die Sperrwirkung endet zwar mit Abschluss des ersten Verfahrens (Eintreten der formellen Rechtskraft des Urteils vom 23.6.2015), sodass eine zunächst wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässige Klage ausnahmsweise noch zulässig werden kann (BSG SozR 4-1500 § 192 Nr. 2 RdNr. 17). Sie bleibt aber unzulässig, soweit sie - wie hier - denselben Streitgegenstand (höheres Pflegegeld im Zeitraum ab 1.3.2013) zwischen denselben Beteiligten betrifft (BSG SozR 4-1500 § 192 Nr. 2 RdNr. 17). Dies resultiert aus der Rechtskraft der Entscheidung (§ 105 Abs. 1 Satz 3 iVm § 141 SGG).

Zwar kann bei einer - durch Prozessurteil abzuweisenden - unzulässigen Klage bezüglich des angefochtenen Ausgangsbescheides ein neuer abändernder oder ersetzter Verwaltungsakt auf der Grundlage von § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des laufenden Verfahrens werden, über den durch Sachurteil zu entscheiden ist (vgl Klein in jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 96 SGG RdNr. 17). Eine derartige Einbeziehung der Bescheide vom 9.3.2017 und 16.3.2017 scheitert aber (schon) am Vorliegen der Voraussetzungen von § 96 Abs. 1 SGG. Denn die Regelung erfasst keine Verwaltungsakte, denen jeweils unterschiedliche Anträge hinsichtlich ihrer Zeitpunkte oder Inhalte und folglich unterschiedliche Sachverhalte zu Grunde liegen (vgl BSG SozR 4-1300 § 44 Nr. 31 RdNr. 11; BayLSG vom 23.6.2015 - L 8 SO 3/13 S. 10 des Urteilsumdrucks). Denn ändern sich Sachverhaltsumstände und Tatsachengrundlagen, die für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung sind, führt die Einbeziehung nachfolgender Bescheide nicht zu einer Beschleunigung, sondern - im Gegenteil - zu einer Belastung des anhängigen Verfahrens mit möglicherweise erheblichem Ermittlungsaufwand, der einer zügigen Erledigung hinderlich ist, wie der vorliegende Fall exemplarisch verdeutlicht. Eine entsprechende Anwendung wäre deshalb mit Blick auf den Sinn und Zweck des § 96 Abs. 1 SGG nur gerechtfertigt, wenn die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen in der Weise identisch sind, dass nicht nur von einem bloßen Sachzusammenhang, sondern von einem einheitlichen Streitstoff ausgegangen werden kann. Hieran fehlt es.

Der Erlass der Bescheide vom 9.3.2017 und 16.3.2017 (im Sinne einer einheitlichen Regelung) war der zum 1.1.2017 erfolgten „Umstellung auf Pflegesachleistungen“ geschuldet, was der Betreuer der Klägerin am 11.1.2017 (und nochmals am 7.3.2017) mitgeteilt und entsprechend beantragt hatte. Diese Bescheide beruhen damit auf einer gänzlich anderen tatsächlichen und rechtlichen (ua auch aufgrund der geänderten Gesetzeslage zum 1.1.2017 in Folge des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 23.12.2016, BGBl I 3191) Grundlage als der hier (allein) streitige Bescheid vom 4.3.2013.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

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(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

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(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht w

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(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 8. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des von der Beklagten an die Klägerin zu erbringenden Pflegegeldes nach dem 7. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die 1938 geborene und unter Betreuung ihres Sohnes stehende Klägerin ist bosnische und kroatische Staatsangehörige und bezieht seit 1993 staatliche Fürsorgeleistungen (zunächst nach dem AsylbLG, später nach dem BSHG und dem SGB XII). Seit 2006 erhält sie laufend Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Die Klägerin ist schwerbehindert, ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen „B“, „G“ und ab 19.03.2009 „aG“ wurden zuerkannt; mit Bescheid vom 05.11.2014 auch noch die Merkzeichen H und RF.

Die Versorgung der Klägerin im Krankheitsfall wurde von der Beklagten zunächst durch Krankenhilfeleistungen nach den Vorschriften des BSHG sichergestellt. Ab dem 01.01.2004 bis 31.12.2011 bestand bei der AOK A-Stadt im Rahmen eines Auftragsverhältnisses Versicherungsschutz. Zum 01.01.2012 ist die Klägerin - wiederum im Rahmen eines Auftragsverhältnisses nach § 264 SGB V - zur Barmer GEK gewechselt und dort statusversichert. Die Klägerin ist weder Mitglied in einer gesetzlichen noch einer privaten Pflegeversicherung. Zuletzt war die Klägerin im April 2015 rückwirkend ab 01.08.2014 in der Familienversicherung über die bosnisch-herzegowinischen Krankenversicherung ihres Ehemannes versichert ist (Schreiben Beklagte an die Klägerin vom 22.04.2015 und vom 27.04.2015, Schreiben der Barmer GEK vom 26.05.2015 im Beschwerdeverfahren L 4 KR 65/15 B ER). Die Barmer GEK gewährt rückwirkend ab 01.08.2014 Leistungsaushilfe im Auftrag der bosnischen Krankenversicherung. Eine Absicherung im Bereich der Pflegeversicherung besteht über den bosnisch-herzegowinischen Sozialversicherungsträger nicht.

Mit Schreiben vom 30.01.2008 beantragte der Sohn und Betreuer der Klägerin formlos die Gewährung von Hilfe zur Pflege. Daraufhin beauftragte die Beklagte den medizinischen Dienst der Krankenkassen in B. (MDK), ein Gutachten über die Pflegebedürftigkeit der Klägerin zu erstellen. Mit Gutachten vom 25.03.2008 stellte der MDK fest, dass ein Hilfebedarf von 49 min täglich für Zeiten der Grundpflege und ein Zeitaufwand von 45 min täglich für die hauswirtschaftliche Versorgung der Klägerin bestünden. Eine wesentliche Störung der Alltagskompetenz liege nicht vor. Eine Nachbegutachtung wurde für 09/2008 empfohlen.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 01.04.2008 für die Zeit ab 07.02.2008 Pflegegeld nach der Stufe 1 in Höhe von 205 € monatlich. Hiergegen erhob der Betreuer der Klägerin am 15.04.2008 Widerspruch. Die Klägerin sei in größerem Umfang auf die Hilfe einer Pflegeperson angewiesen, derzeit leiste er die Pflege allein.

Am 16.06.2008 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid und gewährte der Klägerin für die Zeit ab 01.07.2008 ein Pflegegeld in Höhe von 215 € monatlich. Auch gegen diesen Bescheid legte der Betreuer der Klägerin mit Schreiben vom 15.07.2008 Widerspruch ein.

Am 06.03.2009 übersandte der seinerzeit bevollmächtigte Rechtsanwalt eine umfassende Widerspruchsbegründung zur Pflegesituation (mit 57 medizinischen Anlagen). Die festgestellte Pflegestufe sei zu überprüfen; die angegriffenen Bescheide basierten auf einer unzureichenden und falschen Tatsachengrundlage.

Das zweite Gutachten des MDK vom 26.05.2009 kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein Zeitaufwand für die Grundpflege in Höhe von 92 min täglich und ein Zeitaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung im Umfang von 45 min täglich erforderlich seien. Aufgrund des geringen zeitlichen Aufwandes für die gesamte pflegerische Versorgung der Klägerin, sei aber weiterhin nur eine Einstufung in die Pflegestufe I möglich. Gleichwohl sei ein Fortschreiten der Demenzerkrankung erkennbar. Die Alltagskompetenz der Klägerin sei in erhöhtem Maße eingeschränkt.

Am 18.06.2009 erhob der Betreuer der Klägerin „Untätigkeitsklage“ zum Sozialgericht Regensburg (SG, S 4 SO 40/09).

Die E. wies die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide 01.04.2008 und 16.06.2008 mit zurück. Der Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin ergebe sich aus den beiden Gutachten des MDK.

Am 30.11.2009 hat die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin Klage zum SG (S 4 SO 91/09) erhoben. Der Klägerin sei ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen „B“, „G“ und „aG“ zuerkannt worden. Die Vielzahl von Gesundheitsstörungen lasse es gerechtfertigt erscheinen, Leistungen der Pflegestufe III zu gewähren.

Mit Änderungsbescheid vom 01.12.2009 hat die Beklagte ein Pflegegeld für die Zeit ab 01.01.2010 in Höhe von 225 € monatlich gewährt. Seit 01.01.2012 gewährt die Beklagte der Klägerin Leistungen in Höhe von 235 € monatlich; einen dies ausdrücklich umsetzenden Bescheid hat die Beklagte gleichwohl nicht erlassen.

Das SG hat zwei Gutachten bei dem Arzt für öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin, Umweltmedizin Dr. med. J. E. jeweils nach Hausbesuchen bei der Klägerin, eingeholt.

Im ersten Gutachten vom 05.07.2011 listete der Sachverständige als pflegerelevante Gesundheitsstörungen auf: dementielles Syndrom mit Gangunsicherheit und Blaseninkontinenz, chronische Depressionen mit Antriebsarmut, Ernährungsstörung im Rahmen der Demenz und der Depression sowie Beinkrampfadern mit Ödembildung an den Unterschenkeln. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass der anrechenbare Zeitaufwand für die Grundpflege (Körperpflege, Darm- und Blasenentleerung, Ernährung, Mobilität) bei etwa 142 min täglich liege und der zeitliche Aufwand für die gesamte pflegerische Versorgung - welche die hauswirtschaftliche Versorgung mit einschließe - bei etwa 202 min pro Tag liege. Der Übergang von Pflegestufe I zu Pflegestufe II habe zwischen März 2008 und Mai 2009 stattgefunden; es biete sich an, als Beginn des Vorliegens von Pflegestufe II den Februar 2009 als Stichtag heranzuziehen.

Das zweite - unter dem 29.10.2012 erstellte - Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass zwar eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes und des dementiellen Syndroms bei der Klägerin festzustellen sei; hieraus aber eine wesentliche Änderung des zeitlichen Pflegebedarfes oder gar eine andere Pflegestufe nicht resultiere. Der zeitliche Aufwand für die gesamte pflegerische Versorgung der Klägerin liege bei etwa 200 min pro Tag.

Das SG hat durch Beschluss vom 05.09.2011 die Verfahren S 4 SO 40/09 und S 4 SO 91/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2013 hat es die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2009 verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab 01.02.2009 Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige (Stufe 2) zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Das SG hat die Voraussetzungen für eine Leistungsberechtigung nach § 61 SGB XII und für einen Anspruch auf Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach § 64 Abs.2 SGB XII i.V.m § 37 Abs. 1 S.3 Nr. 2 SGB XI ab 01.02.2009 bejaht und ist dabei den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen Dr. E. gefolgt. Das SG ist von einem täglichen Grundpflegebedarf von 140 - 142 Minuten und einem Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von 60 Minuten ausgegangen.

Gegen den am 20.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 14.03.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Es sei davon auszugehen, dass ein weiterer Pflegeaufwand im Umfang von 40 min täglich bestehe. Der zweite Bevollmächtigte der Klägerin hat in der ergänzenden Berufungsbegründung vom 25.03.2014 einen Grundpflegeaufwand von 250 Minuten geltend gemacht und dabei Angaben der Pflegerin Frau J. und des Betreuers zugrunde gelegt.

Die Klägerin beantragt;

die Beklagte unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Regensburg vom 8. Februar 2013 und unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2008, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2009 und des Bescheides vom 04.03.2013 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit ab 01.02.2009 Pflegegeld für Schwerstpflegebedürftige zu gewähren.

Am 11.02.2015 hat der Betreuer der Klägerin außerdem beantragt,

der Klägerin Schmerzensgeld, Schadensersatz, Opfergeld nach OEG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der vom Betreuer vorgenommenen Klageänderung hat die Beklagte am 04.03.2015 ausdrücklich widersprochen.

Mit Änderungsbescheid vom 04.03.2013 hat die Beklagte den Bescheid vom 01.12.2009 aufgehoben und der Klägerin ab 01.03.2013 ein Pflegegeld in Höhe von 440 € monatlich gewährt. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 hat die Beklagte der Klägerin 10.045 € als Pflegegeld nachgezahlt.

Mit Beschluss vom 11.09.2014 hat der Senat der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwälte H., E., G., F-Stadt beigeordnet. Die Beiordnung hat der Senat mit Beschluss vom 12.03.2015 auf Antrag der beigeordneten Rechtsanwälte wieder aufgehoben.

Der Senat hat ein medizinisches Sachverständigengutachten nach Hausbesuch von Dr. D., vom 29.12.2014 eingeholt. Dieser kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein Pflegeaufwand von 161 min pro Tag für Körperpflege, Ernährung und Mobilität bestehe. Für hauswirtschaftliche Versorgung würden 60 min Pflege benötigt, so dass insgesamt ein täglicher Pflegeaufwand von 221 min vorliege. Die Alltagskompetenz der Klägerin sei seit September 2008 in erhöhtem Maße eingeschränkt.

Der Betreuer der Klägerin hat das Gutachten von Dr. D. durch die Pflegerin Frau J. handschriftlich kommentieren lassen und einen höheren Pflegeaufwand geltend gemacht.

Der Beklagte hat auf Nachfrage des Senats ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf ein nach § 123 SGB XI erhöhtes Pflegegeld wegen der Einschränkung der Alltagskompetenz habe, weil dieser Anspruch nach § 123 SGB XI nur gesetzlich Pflegeversicherten zustünde und nicht zu einer Ausweitung des sozialhilferechtlichen Pflegeanspruches führe. Dies ergebe sich aus der Rechtssystematik, der amtlichen Begründung zu § 124 SGB XI und aus dem gesetzgeberischen Willen (vgl. Schreiben des BMAS vom 24.06.2013).

Zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45 a SGB XI seien nicht Gegenstand eines weiterverfolgten weiteren Verwaltungsverfahrens geworden. Der Betreuer der Klägerin habe diese Leistungen am 19.12.2008 beantragt. Die Beklagte habe die Klägerin mit Schreiben vom 19.01.2009, 15.06.2009 darüber informiert, dass die Leistungen nur zweckgebunden für qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen gewährt werden könnten. In einem weiteren Informationsschreiben an die damalige Bevollmächtigte vom 02.07.202009 seien die Voraussetzungen der Leistungen erläutert worden. Den gegen das Infoschreiben erhobenen Widerspruch habe die Bevollmächtigte am 31.08.2009 wieder zurückgenommen. Die Beklagte gehe daher davon aus, dass der ursprüngliche Antrag nicht weiterverfolgt worden sei. Im Übrigen seien keinerlei Rechnungen über entsprechende qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen eingereicht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2013 ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf ein höheres Pflegegeld für die Zeit ab 01.02.2009 zu.

2. Der Senat durfte in seiner nach Geschäftsverteilungsplan A 2015 geregelten Besetzung mit der dort vorgesehenen Vertreterin über die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Regensburg vom 08.02.2013 entscheiden. Das Befangenheitsgesuch vom 22.06.2015, eingegangen bei LSG am 23.06.2015 um 11:06 h war unzulässig und offensichtlich missbräuchlich. Einer gesonderten Entscheidung über das Befangenheitsgesuch bedurfte es nicht (Keller in Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 60 Rn. 10 e).

Über ein offensichtlich unzulässiges und rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch können Gerichte unter Beteiligung der abgelehnten Richter entscheiden. Das Verbot der Selbstentscheidung (§§ 60 Abs. 1 SGG, 45 I ZPO) gilt insoweit nicht (vgl. BAG, Beschl. v. 7.2.2012 - 8 AZA 20/11).

Eine Ausnahme von dem in § 45 ZPO verankerten Verbot der Selbstentscheidung gilt für rechtsmissbräuchliche Ablehnungsanträge, welche offensichtlich und ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt werden (BeckOK ZPO § 45, Rn. 7 Autor: Vossler Beck’scher Online-Kommentar ZPO Hrsg: Vorwerk/Wolf, Stand: 01.03.2015, BGH NJW-RR 2005, 1226; OLG Karlsruhe MDR 2014, 242, OLG Köln JMBl NW 2009, 89; BAG NJW 2012, 1531; Musielak/Heinrich ZPO § 45 Rn. 3; Zöller/Vollkommer ZPO § 45 Rn. 4; Ghassemi-Tabar/Nober NJW 2013, 3686 f.). Ein offensichtlich unzulässiges und rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch liegt jedenfalls dann vor, wenn nicht erkennbar ist, dass das Gesuch überhaupt auf einen Grund gestützt werden soll, der die Besorgnis der Befangenheit auslösen und einen Ablehnungsgrund darstellen könnte.

An die Offensichtlichkeit des Rechtsmissbrauchs sind (vgl. dazu die Einschätzung des Gesetzgebers in § 26a StPO, BVerfG NJW 2005, 3410) strenge Maßstäbe anzulegen. Eine Selbstentscheidung ist daher nur zulässig, wenn die Begründung des Ablehnungsersuchens jeder Substanz entbehrt, so dass seine Verwerfung ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand nicht erfordert. Ist dies nicht der Fall, kommt eine Selbstentscheidung nicht in Betracht, da sich der abgelehnte Richter über eine bloße formale Prüfung hinaus durch die inhaltliche Entscheidung eines gegen ihn gerichteten Ablehnungsantrags nicht zum Richter in eigner Sache machen darf.

Bei Anträgen ohne oder mit nur substanzloser Begründung ohne hinreichenden Bezug zum konkreten Rechtstreit (Musielak/Heinrich ZPO § 45 Rn. 3) - wie hier - ist eine Selbstentscheidung geboten. Es wird kein Ablehnungsgrund genannt. Ein solcher muss aber gem. § 42 Abs. 1 i. V. m. § 44 Abs. 2 S. 1 ZPO vorgebracht werden. Einem fehlenden Ablehnungsgrund steht es gleich, wenn die Begründung zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist (BVerfG 2.6.05, 2 BvR 625/01, NJW 05, 3410, 3412; Ghassemi-Tabar/Nober NJW 13, 3686, 3687), z. B. wenn keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen werden (BVerwG NJW 97, 3327). Dies ist etwa der Fall, wenn der Beteiligte nur Wertungen ohne tatsächliche Substanz vorbringt.

Die Klägerin lehnt hier alle Richter in den Verfahren L 8 SO 3/13, L 8 SO 63/13, L 8 SO 50/13 und L 8 SO 51/13 ab und „weist reine deutsche Richter ausdrücklich zurück“. Es gäbe genügend andere EU Richter, die nicht reiner deutscher Herkunft seien, die entscheiden könnten sowie an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen könnten. Der Wunsch der Klägerin, die Richterbank nach bestimmten Nationalitäten zu besetzen, ist ein völlig ungeeigneter und nicht substantiierter Vortrag. Die Klägerin stellt ihren Befangenheitsantrag zudem unzulässiger Weise unter eine innerprozessuale Bedingung. So wird der Befangenheitsantrag gestellt, falls das Gericht die Absicht habe, die Verfahren abzuhandeln.

Damit nennt die Klägerin keinen Ablehnungsgrund i. S. § 42 Abs. 1, 2 ZPO. Das Gesuch ist rechtsmissbräuchlich und wird allein in Verschleppungsabsicht gestellt, weil die Klägerin mit dem Gesuch ausschließlich die Verzögerung des Verfahrens bezweckt. Sie versucht damit, den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu verhindern und verfolgt verfahrensfremde Zwecke. Die Klägerin, die im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren schon durch eine Vielzahl von Prozessbevollmächtigten vertreten war, zu denen das Mandatsverhältnis immer wieder nachhaltig gestört war und beendet wurde, versucht, einem weiteren Bevollmächtigten ein Mandat zu erteilen, der dies aber schon abgelehnt hat. Einen Verlegungsantrag nach § 202 SGG, § 227 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin nicht gestellt.

3. Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2015 auch in Abwesenheit der Klägerin entscheiden, da dem Betreuer der Klägerin mit Postzustellungsurkunde vom 02.06.2015 ordnungsgemäß der Termin mitgeteilt wurde und in der Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass im Falle eines Ausbleibens ein Urteil nach Lage der Akten ergehen könne (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Dass der Betreuer Kenntnis vom Termin hatte, ergibt sich zudem aus seinen Schreiben vom 22.06.2015, 20.06.2015 und 17.06.2015.

Die Terminsmitteilung (mit dem Hinweis auf § 110 SGG) wurde auch dem neuen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des neuen Bevollmächtigten vom 21.05.2015. Der Senat hat der Klägerin mit Beschluss vom 19. Mai 2015 auf deren Antrag den neuen Bevollmächtigten im Rahmen der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet. Der neue Bevollmächtigte wurde am 18.06.2015 auch vom Betreuer der Klägerin bevollmächtigt.

4. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2013 ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf ein höheres Pflegegeld für die Zeit ab 01.02.2009 zu.

Gegen die Entscheidung des SG vom 8. Februar 2013 ist die Berufung zulässig, da sie nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht ausgeschlossen ist (§ 143 SGG). Die Klägerin begehrt für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr laufenden höhere Geldleistungen, so dass die Berufung nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthaft ist. Die Berufung ist zulässig und form- und fristgemäß eingelegt (§ 151 SGG).

5. Streitgegenständlich ist das mit der Berufung geltend gemachte Pflegegeld nach der Pflegestufe III für die Zeit ab 01.02.2009.

6. Soweit die Klägerin mit der Berufung auch einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen eines vermeintlichen Vertrauensschadens und einer Amtspflichtverletzung

geltend macht, handelt es sich um eine unzulässige Klageänderung im Berufungsverfahren, weil sich weder die Beklagte darauf eingelassen hat (vgl. Schreiben vom 04.03.2015) noch der Senat die Klageänderung für sachdienlich hält (§ 99 Abs. 1 SGG).

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 04.03.2015 einer diesbezüglichen Klageänderung ausdrücklich widersprochen.

Damit liegt auch keine zulässige, in der Berufungsinstanz erstmals erhobene Klage auf Schadensersatz aus Amtshaftung vor, die vom anhängigen Verfahren abzutrennen und als erstinstanzliche Klage in der Berufungsinstanz zu erfassen wäre (BSG, Urteil vom 28.03.2000, Az.: B 8 KN 3/98 UR, Rz. 12, Bayer. LSG Beschluss vom 24.11.2014, L 7 SF 250/14 KL, vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -). Ein solche würde voraussetzen, dass ein Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 3 GG vorläge, der kraft gesetzlicher Fiktion nicht als Klageänderung anzusehen ist. Hier macht die Klägerin aber unverändert auch noch originäre Ansprüche auf höheres Pflegegeld weiter neben vermeintlichen Schadensersatzansprüchen geltend.

Ein Ausnahmefall, der dem Senat über die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG als Rechtsmittelgericht eine eigene Kompetenz geben könnte, über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden, liegt nicht vor, da in erster Instanz keine Entscheidung in der Hauptsache im Sinn von § 17a Abs. 5 GVG über den Amtshaftungsanspruch getroffen werden konnte und getroffen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2012, Az.: B 13 R 473/11 B). Der Senat ist deshalb nicht verpflichtet, kraft eigener Kompetenz über die Amtshaftungsanspruch zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010, Az.: B 13 R 63/10 B).

7. Streitgegenständlich sind nicht mehr die von der Klägerin ursprünglich angegriffenen Verwaltungsentscheidungen vom 01.04.2008, vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 28.10.2009 und vom 01.12.2009. Denn die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 04.03.2013 den Bescheid vom 01.12.2009 für die Zeit ab 01.03.2013 aufgehoben und der Klägerin ab 01.03.2013 ein Pflegegeld in Höhe von 440 € monatlich gewährt. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 hat die Beklagte der Klägerin 10.045 € als Pflegegeld entsprechend der Verurteilung im Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2008 nachgezahlt. Ihr Klageziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, 4 SGG die auf die Gewährung eines höheren Pflegegeldes ab 01.02.2009 gerichtet ist. Die Beklagte hat der Klägerin mit den angegriffenen Bescheiden Pflegegeld nach der Pflegestufe I bewilligt, zwischenzeitlich aber ab 01.02.2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe 2 gewährt.

8. Die Klägerin hat für die Zeit ab 01.02.2009 einen Anspruch auf Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach der Pflegestufe II. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe III für Schwerstpflegebedürftige.

a) Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum leistungsberechtigt im Sinne des § 61 Abs. 1 SGB XII. Danach erhalten Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege. Aufgrund der diagnostizierten Erkrankungen der Klägerin, die zuletzt in dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. D. vom 29.12.2014 bestätigt wurden (Demenz bei Alzheimer-Krankheit, Stuhlinkontinenz, Harninkontinenz, chronisch venöse Insuffizienz beider Beine, Schulterversteifung bds. bei Oberarmfraktur rechts, Arthrose beider Hüftgelenke, Arthrose beider Kniegelenke, Mangelernährung, degeneratives Wirbelsäulensyndrom) liegen damit Krankheiten und Behinderungen i. S. § 61 Abs. 3 Nrn. 1-3 SGB XII vor, wegen der die Klägerin der Hilfe bei den gewöhnlichen Verrichtungen des täglichen Lebens im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 61 Abs. 5 SGB XII) dauerhaft bedarf.

Die Klägerin ist auch nicht pflegeversichert und hat demnach keinen Anspruch auf (vorrangige) Leistungen der Pflegeversicherung nach dem SGB XI (§ 2 SGB XII, § 13 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Klägerin war nie Mitglied der gesetzlichen Pflegeversicherung. Die Zuerkennung einer zum 01.08.2014 rückwirkenden Familienversicherung in der bosnisch-herzegowinischen Krankenversicherung ihres Ehemannes im Wege der Leistungsaushilfe der Barmer GEK vermittelt der Klägerin keinen Zugang zur deutschen Pflegeversicherung. Im Übrigen hätte sie dort selbst dann, wenn sie über ihren Ehemann in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 25 SGB XI familienversichert wäre, eine Karenzzeit von zwei Jahren Versicherungszeit (§ 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB XI).

b) Die Hilfe zu Pflege umfasst gemäß § 61 Abs. 2 SGB XII auch die häusliche Pflege nach § 63 SGB XII. Sie dient dazu, den Zweck des § 63 SGB XII zu erreichen, nämlich es dem Pflegebedürftigen zu ermöglichen, seine Pflege durch nahe stehende Personen oder durch Nachbarschaftshilfe zu sichern. Dabei ist das Pflegegeld nicht dazu gedacht, die genannten Personen für ihre Pflegehilfe zu bezahlen. Das Pflegegeld dient vielmehr dazu, deren Pflegebereitschaft zu erhalten und zu stärken, indem ihnen etwa kleinere Zuwendungen gewährt werden (BVerwGE 92, 220 = NVwZ 1994, 490; OVG Frankfurt/Oder, FEVS 54, 371; VGH Kassel, Behindertenrecht 2004, 88). Dies schließt nicht aus, dass der Pflegebedürftige den Pflegepersonen aus dem Pflegegeld regelmäßig Zahlungen zukommen lässt. Die Gewährung von Pflegegeld gemäß § 64 SGB XII ist dabei die wichtigste Leistungsart der häuslichen Pflege. In terminologischer und inhaltlicher Hinsicht knüpfen § 64 Abs. 1 - 3 SGB XII an die entsprechenden Regelungen in § 15 und § 37 SGB XI an. Anders als in den parallelen Vorschriften des SGB XI fehlt in § 64 Abs. 1 - 3 SGB XII zwar der Begriff der Pflegestufe; gleichwohl entsprechen die drei Grade der Pflegebedürftigkeit nach § 64 Abs. 1-3 SGB XII den pflegeversicherungsrechtlichen Pflegestufen nach § 15 SGB XI (zu all dem Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 64 Rz. 2 und 8).

c) § 64 XII unterscheidet in seinen Absätzen 1 - 3 zwischen erheblich Pflegebedürftigen, Schwerpflegebedürftigen und Schwerstpflegebedürftigen. Erheblich pflegebedürftig sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Eine Zuordnung zur Schwerpflegebedürftigkeit setzt voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Schwerstpflegebedürftig sind endlich solche, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI präzisiert den Terminus der Schwerpflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) dahingehend, dass der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden zu betragen hat, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssen. Unter Grundpflege ist gemäß § 14 Abs. 4 Nrn.1 - 3 SGB XI die Hilfe bei gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität, unter hauswirtschaftlicher Versorgung gemäß § 14 Abs. 4 Nr.4 SGB XI die Hilfe bei der Nahrungsbesorgung und -zubereitung, bei der Kleidungspflege sowie bei der Wohnungsreinigung und Beheizung zu verstehen. Dagegen muss nach § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI der Zeitaufwand in Pflegestufe III wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens fünf Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens drei Stunden entfallen müssen.

d) Daran gemessen liegen lediglich die Voraussetzungen für die Gewährung eines Pflegegeldes für Schwerpflegebedürftige (Pflegestufe II) vor; der tägliche Grundpflegebedarf der Klägerin betrug im streitgegenständlichen Zeitraum seit dem 01.02.2009 mehr als die nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI geforderten 120 Minuten. Ein für Leistungen der Pflegestufe III täglich notwendiger Zeitaufwand für Grundpflegeleistungen in Höhe von mindestens 240 Minuten (§ 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI) lässt sich hingegen nicht feststellen.

Diese Erkenntnis des Senats ergibt sich aus den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. E. vom 05.07.2011 und 29.10.2012 und dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. D. vom 29.12.2014.

Danach ist der Pflegebedarf der Klägerin im Laufe der Zeit angewachsen, er erreicht unverändert aber nicht die für die Zuerkennung der Pflegestufe III erforderliche Schwelle von täglich 240 Minuten Grundpflege.

Dies ergibt sich aus dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten des sozialmedizinischen Sachverständigen Dr. D. vom 29.12.2014, der die Klägerin im Rahmen eines Hausbesuches begutachtet hat. Das Gutachten gibt die häusliche Pflegesituation der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar wieder. Der medizinische Sachverständige hat zunächst die pflegebegründende Vorgeschichte anhand der Akten und der Angaben des Sohnes und Betreuers der Klägerin dargestellt. Anschließend hat er die pflegebegründenden Diagnosen und Befunde und funktionelle Einschränkungen der Klägerin aufgrund eigener Untersuchung beschrieben. Nach der Inaugenscheinnahme hat der Sachverständige die Versorgungssituation der Klägerin beschrieben. In seiner Beurteilung der Pflegesituation hat der medizinische Sachverständige zunächst die Behinderung der Klägerin als Demenz schweren Grades mit kognitiven Beeinträchtigungen und Verlust der selbstständigen Handlungsfähigkeit, eine Stuhl- und Harninkontinenz, erhebliche Beeinträchtigung des Bewegungsapparats und eine allgemeine körperliche Schwäche bei Unterernährung festgestellt. Sodann hat er, in Übereinstimmung mit den Richtlinien des GKV- Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI und der Hilfsmittel-Richtlinie sowie dem Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes zunächst den Hilfebedarf der Klägerin in den vier Kategorien Körperpflege, Ernährung, Mobilität und Hauswirtschaft tabellarisch beschrieben und anschließend bewertet, bevor er abschließend die vom Senat gestellten Beweisfragen beantwortet hat. Seinem Gutachten hat er eine vom Betreuer und der Pflegerin Frau J. unterzeichnete Aufstellung des Tagesablaufes der Klägerin und den jüngsten Bescheid des ZBFS vom 05.11.2014 beigefügt.

Das Gutachten beschreibt den Pflegebedarf der Klägerin und deren Bedarf an Pflegehilfsmitteln nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es zeigt eine sich verschlechternde Entwicklung bei der Klägerin verglichen mit den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. E. vom 05.07.2011 und 29.10.2012. In der Zusammenschau aller drei Gutachten ergibt sich ein in sich schlüssiges Bild von der Pflegesituation und dem daraus resultierenden Pflegebedarf der Klägerin.

Der medizinische Sachverständige hat verrichtungsbezogen den Zeitbedarf für die einschlägigen Verrichtungen in Übereinstimmung mit der nach § 17 SGB XI erlassenen Pflegebedürftigkeitsrichtlinie und Begutachtungsrichtlinie erfasst. Er hat sich dabei an den in den Begutachtungsrichtlinien (BRi) festgelegten Zeitkorridoren orientiert, die Orientierungswerte für die Pflegezeitbemessung der Verrichtungen der Grundpflege geben. Das Gutachten stützt sich auf die individuellen Pflegebedürfnisse der Klägerin, die der Sachverständige in ihrem häuslichen Umfeld begutachtet hat. Der Gutachter berücksichtigt Pflege erschwerende und erleichternde Faktoren und legt einen individuellen Maßstab bezogen auf das konkrete Wohnumfeld der Klägerin an.

In der tabellarischen Darstellung des Hilfebedarfes stellt der Sachverständige in Übereinstimmung mit der im Text beschriebenen Pflegesituation im Bereich der Körperpflege fest, dass die Klägerin diese überhaupt nicht mehr selbst ausführen kann. Daher werden alle beschriebenen einzelnen Verrichtungen in dem Gutachten nachvollziehbar mit der vollständigen Übernahme beschrieben. Die einzelnen Zeitangaben für die Verrichtungen Waschen (Teilwäsche Hände/Gesicht, Duschen/Baden, Zahnpflege, Kämmen) betragen 34 Minuten täglich, wobei das Duschen/Baden entgegen der Beschreibung der Pflegerin täglich mit 20 Minuten angesetzt wird, obwohl im Wechsel auch Ganzkörperwäschen im Bett durchgeführt werden. Diese sind jedoch nach den BRi Punkt F 4.1 mit einem Orientierungswert von 20 - 25 Minuten zu bewerten, für das Duschen/Baden werden nach BRi hingegen 15 -20 Minuten angesetzt. Das tägliche Berücksichtigen einer Dusche/Bad mit 20 Minuten ist daher sachgerecht. Eine Hilfestellung beim Einsteigen in die Badewanne ist im Bereich der Mobilität „Stehen“ zu berücksichtigen (BRi); dies wurde vom Sachverständigen auch so vermerkt.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Pflegebedarf der Klägerin an Verrichtungen zur Körperpflege zutreffend vom medizinischen Sachverständigen mit insgesamt 76 Minuten bewertet wurde und in diesem Umfang auch besteht. Aus der durch die Pflegerin handschriftlich kommentierten Version des Gutachtens (Schreiben des Betreuers der Klägerin vom 11.02.2015) ergibt sich kein höherer Bedarf. Dort werden die vom Gutachter eingeschätzten Zeitanteile jeweils mit dem Zusatz: „Unmöglich zu schaffen aufgrund wegen Abwehrhaltung“ kommentiert. Dieses pflegeerschwerende Verhalten hat der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten berücksichtigt (vgl. Gutachten vom 29.12.2014, S. 4).

Im Bereich der Ernährung liegt zur Überzeugung des Senats ein verrichtungsbezogener Pflegebedarf von insgesamt 51 Minuten täglich vor. Auch hier geht der Senat davon aus, dass ebenfalls eine vollständige Übernahme durch die Pflegeperson erfolgt. Dies kommt in dem Gutachten durch die Einschätzung „VÜ“ vollständige Übernahme zum Ausdruck. Der Gutachter hat entsprechend der BRi für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung 6 Minuten täglich eingerechnet. Nach BRi Ziffer D 4.2 Punkt 8 gehört zur „mundgerechten“ Zubereitung der Nahrung allein die letzte Maßnahme vor der Nahrungsaufnahme, z. B. das Zerkleinern in mundgerechte Bissen, das Heraustrennen von Knochen und Gräten, das Einweichen harter Nahrung bei Kau- und Schluckbeschwerden und das Einfüllen von Getränken in Trinkgefäße. Erfasst werden nur solche Maßnahmen, die dazu dienen, die bereits zubereitete Nahrung so aufzubereiten, dass eine abschließende Aufnahme durch den Antragsteller erfolgen kann. Hierzu zählen nicht das Kochen oder das Eindecken des Tisches. Zur Aufnahme der Nahrung gehören die Nahrungsaufnahme in jeder Form (fest, breiig, flüssig) wie auch die Verabreichung von Sondennahrung mittels Ernährungssonde einschließlich der Pflege der Sonde und die Verwendung von Besteck oder anderer geeigneter Geräte (z. B. behindertengerechtes Geschirr oder Essbesteck), um Nahrung zum Mund zu führen. Notwendige Aufforderungen zur bedarfsgerechten Aufnahme der Nahrung in fester, breiiger und flüssiger Form (Essen und Trinken), die eine Überwachung und/oder Erledigungskontrolle erfordern, sind beim Hilfebedarf zu berücksichtigen, wenn der Antragsteller aufgrund fehlender Einsichtsfähigkeit dazu nicht in der Lage ist.

Die vom medizinischen Sachverständigen angesetzten Zeitanteile stehen in Übereinstimmung mit den Orientierungswerten in den BRi und sind auch angesichts der Beschreibung des Pflegeablaufes in der dem Gutachten beigegebenen Beschreibung durch die Pflegeperson vom 29.12.2014 nachvollziehbar. Zutreffend hat der Sachverständige auch das Pürieren der Nahrung der hauswirtschaftlichen Zubereitung des Essens zugeschlagen. Er hat ebenso zutreffend das darüber hinausgehende mundgerechte Zubereiten mit täglich sechs Minuten angesetzt.

Im Bereich der Mobilität sieht der Senat einen verrichtungsbezogenen Bedarf der Klägerin im Umfang von insgesamt 34 Minuten. Der Senat folgt auch hier der Einschätzung von Dr. D., der für das Aufstehen und Zubettgehen einen Bedarf von 4 Minuten, für die vollständige Übernahme des Ankleidens 16 Minuten, für das Entkleiden 8 Minuten und für Gehen, Stehen/Transfer einen Bedarf von 6 Minuten berücksichtigt hat. Auch diese Werte stehen in Übereinstimmung mit den BRi, die für Ankleiden 8 -10 Minuten, für das Entkleiden gesamt 4-6 Minuten vorsehen. Der vom Sachverständigen berücksichtigte höhere Zeitanteil resultiert nachvollziehbar aus der Berücksichtigung des erhöhten Aufwandes beim An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Klasse 2. Die Einschätzung der Zeitanteile für die Mobilität ist schlüssig, nachdem sich die Klägerin nicht mehr allein in der kleinen Wohnung bewegt und einen Positionswechsel (vom Pflegebett zur Couch) nur mit Unterstützung der Pflegeperson vornimmt. Schlüssig ist auch die Begründung des Gutachters, wonach die Klägerin noch nicht vollständig bettlägerig ist und kein zusätzlicher Bedarf an Umlagerungen tagsüber oder nachts gesehen wird, nachdem die Klägerin zwar bewegungseingeschränkt, aber nicht bewegungsunfähig ist.

Somit ergibt sich ein Bedarf an Grundpflege im Umfang von 161 Minuten täglich, der der Einschätzung in die Pflegestufe II (mindestens 120 Minuten Grundpflege) entspricht. Ein Grundpflegebedarf von 240 Minuten, wie er der Pflegestufe III nach § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI entspräche, ist nicht begründbar.

Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung der Klägerin ist nach den BRi Ziffer D 4.4 der tatsächlich anfallende individuelle Hilfebedarf zu bewerten und der Zeitaufwand in Stunden pro Woche abzuschätzen. Es sind nur die Tätigkeiten bei Verrichtungen zu berücksichtigen, die sich auf die Versorgung der Antragstellerin selbst beziehen. Die Versorgung möglicher weiterer Familienmitglieder bleibt unberücksichtigt. Wenn ein krankheits- und/oder behinderungsbedingter Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht, ist er zu berücksichtigen, auch wenn die Versorgung durch Dritte (z. B. Putzfrau, Essen auf Rädern, Angehörige) erfolgt. Die hauswirtschaftliche Versorgung umfasst das Einkaufen, das Kochen, das Reinigen der Wohnung, das Spülen und das Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung. Der vom Sachverständigen angesetzte Bedarf von täglich 60 Minuten ist nachvollziehbar und schlüssig.

Damit ergibt sich insgesamt ein täglicher Pflegebedarf der Klägerin im Umfang von 221 Minuten, so dass die Einstufung in die Pflegestufe II insgesamt zutreffend ist. Das SG hat die Beklagte bereits zur Zahlung eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe II verpflichtet.

Von Seiten der Klägerin wurden keine substantiierten Einwände gegen die Richtigkeit des Gutachtens vorgebracht. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass die Angaben zum Zeitaufwand „unrealistisch“ seien, ohne dies aber im Einzelnen ausführlich und einleuchtend zu begründen. So wird pauschal behauptet, dass die Zeitangaben aus dem Gutachten aufgrund der Abwehrhaltung der Klägerin unmöglich einzuhalten seien. Im Bereich der Mobilität werden mindestens 4 wöchentliche Fahrten an die Frischluft angegeben, die der Gutachter vergessen habe. Berücksichtigungsfähig sind bei der Mobilität jedoch nur solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen. Weitere Hilfen - z. B. bei Spaziergängen oder Besuchen von kulturellen Veranstaltungen - sind nicht berücksichtigungsfähig (Koch in Kasseler Kommentar, § 14 SGB X, Rn. 19).

Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass eine „minutengenaue“ Bestimmung des Pflegeaufwandes nicht möglich ist und den eingeholten Sachverständigengutachten eine gewisse Ungenauigkeit wesensimmanent ist, kann - auch unter Berücksichtigung einer „Fehlertoleranz“ - ein Zeitaufwand für die Grundpflege von über 240 Minuten - anstatt der vom Sachverständigen festgestellten 161 Minuten - ohne weiteres ausgeschlossen werden. Denn selbst wenn man der zeitlichen Einschätzung des Grundpflegebedarfes die jeweils höheren Werte aus den Zeitkorridoren der BRi zugrunde legt, ergäbe sich im Bereich der Körperpflege ein höherer Bedarf von insgesamt 35 Minuten, bei der Ernährung von plus 18 Minuten und bei der Mobilität von plus 4 Minuten, insgesamt somit plus 57 Minuten. Selbst bei dieser „worst-case“ Berechnung anhand der oberen Werte aus der BRi läge der Pflegebedarf für die Grundpflege unterhalb von 240 Minuten (nämlich bei 218 Minuten).

In Übereinstimmung mit dem SG weist der Senat darauf hin, dass die Vielzahl der bei der Klägerin vorliegenden medizinischen Befunde und Diagnosen keine höhere Pflegestufe rechtfertigt. Endlich geht auch das Vorbringen, die Schwerbehinderung der Klägerin sei nicht ausreichend gewürdigt worden, an der Sache vorbei. Die Feststellung der Merkzeichen „B“, „G“ und „aG“ nach dem Schwerbehindertenrecht hat keine Bindungswirkung für das Recht des SGB XI. Die Rechtsprechung hat bereits früh darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen einer Zuordnung zu den Pflegestufen des SGB XI nur nach den darin enthaltenen Kriterien zu ermitteln sind (BayLSG, Urteil vom 14.12.2011 - Az.: L 2 P 72/10, Rz. 24 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 26.11.1998 - Az.: B 3 P 20/97 R).

e) Die Höhe des Pflegegeldes bemisst sich danach, in welche der drei Pflegestufen die Hilfeempfängerin eingestuft ist. Für die Pflegegeldhöhe verweisen die Absätze 1-3 des § 64 SGB XII auf die in § 37 SGB XI genannten Beträge. Danach beträgt das Pflegegeld in der Pflegestufe II für den Zeitraum bis 31.12.2009 420 € monatlich, ab 01.01.2010

430 € monatlich und ab 01.01.2012 440 € monatlich und ab 01.01.2015 458 € monatlich.

Da die Beklagte ursprünglich lediglich Leistungen der Pflegestufe I gewährt hat, waren die entsprechenden Differenzbeträge zur Pflegestufe II nachzubezahlen und künftig Leistungen der Pflegestufe II zu gewähren. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 ergab sich somit zugunsten der Klägerin eine von der Beklagten zu leistende Nachzahlung in Höhe von insgesamt 10.045 €. Ab 01.03.2013 gewährt die Beklagte der Klägerin Leistungen in Höhe von monatlich 440 € (Bescheid vom 04.03.2013). Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte der Klägerin entsprechend der gesetzlichen Anhebung ab 01.01.2015 monatlich 458 € als Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige gewährt.

f). Aus dem Umstand, dass die Klägerin nach den schlüssigen Feststellungen des Gutachters, denen der Senat folgt, erheblich in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt ist, und ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung i. S. § 45 a SGB XI vorliegt, ergibt sich kein höherer Anspruch auf Pflegegeld. Die Klägerin ist zwar in den Bereichen aus § 45 a Abs. 2 S. 1 Nrn. 6, 7, 8, 9, 10, 13 SGB XI eingeschränkt (Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen; Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression oder Angststörung; Störungen der höheren Hirnfunktionen (Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben; Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus; Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren; zeitlich überwiegend Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit aufgrund einer therapieresistenten Depression). Daraus lässt sich jedoch kein Anspruch auf höheres Pflegegeld nach § 64 Abs. 2 SGB XII i. V. m. § 37 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 SGB XI ableiten.

Die zusätzlichen Verrichtungen bedingen einen Pflegebedarf nach § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII i. S. des erweiterten Pflegebegriffs in der Sozialhilfe, wonach auch andere Verrichtungen als die in § 61 Abs. 5 SGB XII genannten gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen den Pflegebedarf begründen können.

Der Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen entsprechend § 45 b SGB XI ist jedoch zweckgerichtet auf die Inanspruchnahme von qualitätsgesicherten Betreuungsleistungen (§ 45 b Abs. 1 S. 5 SGB XI).

Das Ausgrenzen allgemeinen Aufsichts- und Betreuungsbedarfs aus dem relevanten Pflegebedarf erweist sich gerade bei geistig oder seelisch behinderten Menschen als problematisch, da bei ihnen im Wesentlichen nur dieser Pflegebedarf besteht, der zudem ein großes zeitliches Ausmaß erlangen kann. Dieses Problem ist jetzt durch das Gesetz zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz - PflEG) vom 14.12.2001 (BGBl. I S. 3728), zuletzt geändert durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 28.05.2008 (BGBl I S. 874) zum Teil entschärft. Danach ist ein neuer Abschnitt in das SGB XI (§§ 45a ff. SGB XI) eingefügt worden, der Leistungen für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf vorsieht. Die entsprechenden Defizite in der Alltagskompetenz sind in § 45 a Abs. 2 Nr. 1 bis 13 SGB XI abschließend aufgezählt. Als Leistung ist nach § 45 b Abs. 1 SGB XI höchstens ein Betrag von 100 € monatlich (Grundbetrag) oder von 200 € (erhöhter Betrag) vorgesehen. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für Aufwendungen, die durch qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen entstehen. Gleichzeitig ist eine neuer § 13 Abs. 3a SGB XI eingefügt worden, wonach die Leistungen nach § 45 b SGB XI bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege (also der Sozialhilfe) keine Berücksichtigung finden (Grube a. a. O. § 61 Rn. 24).

Ein Anspruch auf Pflegegeld aus der Sozialhilfe besteht jedoch nur für die in § 64 SGB XII genannten Verrichtungen der Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftlichen Versorgung. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Norm, der Verwendung der Begrifflichkeiten (erheblich Pflegebedürftige, Schwerpflegebedürftige und Schwerstpflegebedürftige, die identisch mit den Begriffen aus §§ 15 Abs. 1 SGB XI) sowie aus der Verweisung auf die Vorschrift des § 37 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1-3 SGB XI.

Im Übrigen hat die Klägerin am 19.12.2009 und erneut am 20.06.2009 bei der Beklagten zusätzliche Betreuungsleistungen beantragt. Die Beklagte informierte die Klägerin daraufhin am 19.01.2009 und am 15.06.2009 sowie am 02.07.2009 über die Voraussetzungen der Gewährung zusätzlicher qualitätsgesicherter Betreuungsleistungen. Den gegen das Informationsschreiben gerichteten Widerspruch der Klägerin nahm die damalige Bevollmächtigte der Klägerin am 31.08.2009 zurück.

Es braucht hier nicht entschieden werden, ob das die Gewährung zusätzlicher Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI entsprechend gerichtete Verwaltungsverfahren der Beklagten noch offen ist, oder ob mit der Rücknahme des Widerspruchs gegen das Infoschreiben vom 02.07.2009 auch der entsprechende Leistungsantrag zurückgenommen wurde. Jedenfalls sind die zusätzlichen Betreuungsleistungen, die nach § 45 b SGB XI als untypischer Kostenersatzanspruch und nicht als Sachleistung ausgestaltet sind (Klie in LPK SGB XI, 4. Auflage, § 45 b Rn. 5) nicht Gegenstand des Verfahrens auf höheres Pflegegeld, weil es sich um eine eigenständige Leistungsart handelt. Zudem ist überhaupt nicht ersichtlich, ob bei der Klägerin ein entsprechender Bedarf vorliegt, weil nicht vorgetragen wurde, dass die Klägerin besondere Betreuungsmöglichleiten nach § 45 b Abs. 1 S. 6 SGB XI (Erstattung von Aufwendungen durch die Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- und Nachtpflege, der Kurzzeitpflege, der zugelassenen Pflegedienste oder der nach Landesrecht zugelassenen niederschwelligen Angebote) in Anspruch nimmt.

g.) Eine Erhöhung des Pflegegeldes nach der Pflegestufe II für die Zeit ab 01.01.2013 entsprechend der Übergangsregelung des § 123 SGB XI - verbesserte Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz - kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Nach § 123 Abs. 4 SGB XI in der Fassung vom 23.10.2012, gültig ab 01.01.2013 bis 31.12.2014 erhöht sich für Pflegebedürftige der Pflegestufe II das Pflegegeld nach § 37 um 85 Euro auf 525 Euro und die Pflegesachleistungen nach § 36 um 150 Euro auf bis zu 1 250 Euro.

Nach § 123 Abs. 4 SGB XI in der Fassung vom 17.12.2014, gültig ab 01.01.2015 erhöht sich für Pflegebedürftige der Pflegestufe II das Pflegegeld nach § 37 um 87 Euro auf 545 Euro und die Pflegesachleistungen nach § 36 um 154 Euro auf bis zu 1 298 Euro.

§ 123 SGB XI ist mit Wirkung vom 01.01.2013 durch Art. 1 Nr. 48 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23.10.2012 angefügt worden. Durch Art. 1 Nr. 29 des Ersten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetzes - PSG I) vom 17.12.2014 (BGBl I 2014, 2222) ist § 123 Abs. 2-4 SGB XI geändert worden.

Mit der neuen Vorschrift des § 123 SGB XI werden für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a SGB XI) Leistungsverbesserungen in der sozialen und privaten Pflegeversicherung eingeführt; bei diesem Personenkreis spielen die körperlichen Defizite häufig nicht die zentrale Rolle, ihr dennoch bestehender Hilfe- und Betreuungsbedarf konnte nach den früheren Regelungen nicht ausreichend bei der Begutachtung erfasst werden. Deshalb soll der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert werden.

Nach dem Wortlaut der neuen Vorschrift des § 123 SGB XI sollen Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, bereits höhere Leistungen erhalten und neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung auch Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen können.

Die Anforderungen bezüglich erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz ergeben sich aus § 45a SGB XI; der Anspruch ist auf Versicherte beschränkt, die in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt werden, zumal bei der stationären Pflege bereits vor Inkrafttreten des PNG soziale Betreuung gewährleistet ist (§ 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XI) und künftig bei allen Formen der stationären Pflege zusätzliche Betreuungskräfte (§ 87b SGB XI) zulasten der Pflegekassen eingesetzt werden können ( Dahm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 123 SGB XI, Rn. 1 ff).

Ein Anspruch der Klägerin auf ein entsprechend der in § 123 SGB XI festgelegten Sätze erhöhtes Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach § 64 Abs. 2 SGB XII besteht nicht.

Mit der Einführung der Leistungen der §§ 123 ff SGB XI sind die Regelleistungen der §§ 36 ff SGB XI, auf die § 64 SGB XII ausdrücklich verweist, nicht ausgeweitet worden. Diese Sonderleistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung können daher nicht vom Sozialhilfeträger gewährt werden, sondern kommen ausschließlich den nach dem SGB XI Pflegeversicherten zugute (Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII Kommentar, 19. Auflage, § 64 Rn. 5).

Dies ergibt sich aus der Rechtssystematik. Die Leistungen nach § 123 SGB XI werden im Leistungskatalog des § 28 SGB XI gesondert in § 28 Abs. 1 b S. 2 SGB XI aufgeführt. Hinsichtlich des Inhalts der Leistungen der Hilfe zur Pflege verweist § 61 Abs. 2 S. 2 SGB XII aber nur auf § 28 Abs. 1 Nrn. 1 und 5-8 SGB XI. Damit sind die verbesserten Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nach § 123 SGB XI nicht Inhalt der Leistungen der Hilfe zur Pflege in der Sozialhilfe. Die Verweisung in § 64 Abs. 2 SGB XII bezieht sich ausschließlich auf ein Pflegegeld in Höhe von § 37 Abs.1 S. 3 Nr. 2 SGB XI.

Aus den Gesetzesmaterialien zu dem Pflegeneuausrichtungsgesetz PNG ergibt sich der gesetzgeberische Wille, mit der Einführung des § 123 SGB XI eine Übergangsleistung außerhalb des Systems der Regelleistungen des SGB XI und der Hilfe zur Pflege einzuführen, um eine präjudizierende Wirkung im Hinblick auf die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu vermeiden. So heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf des PNG, Bundestagsdrucksache, 17/9369, vom 23.04.2012, S. 52 ff:

„Zu § 123 (neu)

Mit dieser Vorschrift werden für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a) Leistungsverbesserungen in der sozialen und privaten Pflegeversicherung eingeführt. Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen haben einen besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf, der vor allem über den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege, also der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität, hinausgeht. Bei diesem Personenkreis spielen die körperlichen Defizite häufig nicht die zentrale Rolle. Ihr dennoch bestehender Hilfe- und Betreuungsbedarf kann nach den bisherigen Regelungen oftmals nicht ausreichend bei der Begutachtung erfasst werden. Aus diesem Grund soll der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert werden. Das Bundesministerium für Gesundheit wird die weiteren Schritte für die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs von einem Expertenbeirat fachlich fundiert vorbereiten lassen.

Bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, sollen Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz jedoch bereits höhere Leistungen erhalten (§ 123) und neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung auch Betreuungsleistungen (§ 124) in Anspruch nehmen können.

Die Leistungsverbesserungen beziehen sich auf Pflegebedürftige in häuslicher Pflege, weil die stationäre Pflege bereits heute die soziale Betreuung mit einschließt (§ 82 Absatz 1 Satz 3) und darüber hinaus künftig bei allen Formen stationärer Pflege zusätzliche Betreuungskräfte (§ 87b) zulasten der Pflegekassen eingesetzt werden können.

Zu Absatz 1

Bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, erhalten ambulant versorgte Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a) aufgestockte Leistungen, die höher liegen als die aktuellen Leistungsbeträge der jeweiligen Pflegestufe. Weder das bestehende Begutachtungsverfahren nach § 18 noch das Verfahren zur Feststellung einer eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45a müssen hierzu geändert werden. Damit wird bei der Frage, ob und in welcher Höhe Pflegeleistungen bezogen werden können, auch darauf abgestellt, ob ein besonderer Betreuungsbedarf im Sinne des § 45a bei der Begutachtung festgestellt wird. Etwa 500 000 ambulant versorgte Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz und einem Pflegebedarf unterhalb der Pflegestufe III werden von den Leistungsverbesserungen profitieren.“

Damit ist klargestellt, dass es sich bewusst um Übergangsleistungen handeln soll, die das bisherige Leistungssystem des SGB XI und SGB XII nicht tangieren sollen.

Im Übrigen ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien der Begründung zu § 124 SGB XI (Anspruch auf häusliche Betreuung), dass es sich nur der Art nach um einen Sachleistungsanspruch im Sinne des § 36 SGB XI handeln soll. Die häusliche Betreuung ist aus diesem Grund nicht in § 36 SGB XI integriert, sondern als eigenständige Übergangsleistung außerhalb des Regelleistungskatalogs ausgestaltet worden. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes heißt es nach der Bundestagsdrucksache, 17/9369, vom 23.04.2012, S. 53: „Die Einbeziehung von häuslicher Betreuung im Übergangsrecht der Pflegeversicherung hat keine Ausweitung der Art und des Umfangs der Leistungen, die als Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch und dem Bundesversorgungsgesetz (Kriegsopferfürsorge) zu erbringen sind, zur Folge.“ Der Gesetzgeber hat sich damit bei Einführung des § 123 SGB XI bewusst gegen eine Anhebung des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII entschieden, so dass keine Regelungslücke vorliegt.

Im Bereich der Hilfen zur Pflege finden die besonderen Bedarfe der demenzerkrankten Hilfebedürftigen ausschließlich in § 65 Abs. 1 S. 2 SGB XII Berücksichtigung. Danach können Leistungen zur häuslichen Pflege angemessene Kosten für besondere Betreuungs- oder Pflegeleistungen übernommen werden (Schellhorn ia. a. O. § 61 Rn. 48 a. E.). Für eine Systemunabhängigkeit der besonderen Pflegeleistungen für demenzerkrankte Pflegeversicherte spricht auch die Abgrenzungsnorm des § 13 Abs. 3 a SGB XI, der anordnet, dass die Leistungen nach § 45 b SGB XI bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB XI keine Berücksichtigung finden.

Damit ergibt sich insgesamt für die Klägerin ein Anspruch auf Pflegegeld in entsprechender Höhe der Pflegestufe II, das ihr bereits von der Beklagten gewährt wird.

Die auf Gewährung eines höheren Pflegegeldes gerichtete Berufung hat somit keinen Erfolg.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

10. Gründe für die Zulassung der Revision nach § §160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG sind nicht ersichtlich.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 8. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des von der Beklagten an die Klägerin zu erbringenden Pflegegeldes nach dem 7. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die 1938 geborene und unter Betreuung ihres Sohnes stehende Klägerin ist bosnische und kroatische Staatsangehörige und bezieht seit 1993 staatliche Fürsorgeleistungen (zunächst nach dem AsylbLG, später nach dem BSHG und dem SGB XII). Seit 2006 erhält sie laufend Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Die Klägerin ist schwerbehindert, ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen „B“, „G“ und ab 19.03.2009 „aG“ wurden zuerkannt; mit Bescheid vom 05.11.2014 auch noch die Merkzeichen H und RF.

Die Versorgung der Klägerin im Krankheitsfall wurde von der Beklagten zunächst durch Krankenhilfeleistungen nach den Vorschriften des BSHG sichergestellt. Ab dem 01.01.2004 bis 31.12.2011 bestand bei der AOK A-Stadt im Rahmen eines Auftragsverhältnisses Versicherungsschutz. Zum 01.01.2012 ist die Klägerin - wiederum im Rahmen eines Auftragsverhältnisses nach § 264 SGB V - zur Barmer GEK gewechselt und dort statusversichert. Die Klägerin ist weder Mitglied in einer gesetzlichen noch einer privaten Pflegeversicherung. Zuletzt war die Klägerin im April 2015 rückwirkend ab 01.08.2014 in der Familienversicherung über die bosnisch-herzegowinischen Krankenversicherung ihres Ehemannes versichert ist (Schreiben Beklagte an die Klägerin vom 22.04.2015 und vom 27.04.2015, Schreiben der Barmer GEK vom 26.05.2015 im Beschwerdeverfahren L 4 KR 65/15 B ER). Die Barmer GEK gewährt rückwirkend ab 01.08.2014 Leistungsaushilfe im Auftrag der bosnischen Krankenversicherung. Eine Absicherung im Bereich der Pflegeversicherung besteht über den bosnisch-herzegowinischen Sozialversicherungsträger nicht.

Mit Schreiben vom 30.01.2008 beantragte der Sohn und Betreuer der Klägerin formlos die Gewährung von Hilfe zur Pflege. Daraufhin beauftragte die Beklagte den medizinischen Dienst der Krankenkassen in B. (MDK), ein Gutachten über die Pflegebedürftigkeit der Klägerin zu erstellen. Mit Gutachten vom 25.03.2008 stellte der MDK fest, dass ein Hilfebedarf von 49 min täglich für Zeiten der Grundpflege und ein Zeitaufwand von 45 min täglich für die hauswirtschaftliche Versorgung der Klägerin bestünden. Eine wesentliche Störung der Alltagskompetenz liege nicht vor. Eine Nachbegutachtung wurde für 09/2008 empfohlen.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 01.04.2008 für die Zeit ab 07.02.2008 Pflegegeld nach der Stufe 1 in Höhe von 205 € monatlich. Hiergegen erhob der Betreuer der Klägerin am 15.04.2008 Widerspruch. Die Klägerin sei in größerem Umfang auf die Hilfe einer Pflegeperson angewiesen, derzeit leiste er die Pflege allein.

Am 16.06.2008 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid und gewährte der Klägerin für die Zeit ab 01.07.2008 ein Pflegegeld in Höhe von 215 € monatlich. Auch gegen diesen Bescheid legte der Betreuer der Klägerin mit Schreiben vom 15.07.2008 Widerspruch ein.

Am 06.03.2009 übersandte der seinerzeit bevollmächtigte Rechtsanwalt eine umfassende Widerspruchsbegründung zur Pflegesituation (mit 57 medizinischen Anlagen). Die festgestellte Pflegestufe sei zu überprüfen; die angegriffenen Bescheide basierten auf einer unzureichenden und falschen Tatsachengrundlage.

Das zweite Gutachten des MDK vom 26.05.2009 kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein Zeitaufwand für die Grundpflege in Höhe von 92 min täglich und ein Zeitaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung im Umfang von 45 min täglich erforderlich seien. Aufgrund des geringen zeitlichen Aufwandes für die gesamte pflegerische Versorgung der Klägerin, sei aber weiterhin nur eine Einstufung in die Pflegestufe I möglich. Gleichwohl sei ein Fortschreiten der Demenzerkrankung erkennbar. Die Alltagskompetenz der Klägerin sei in erhöhtem Maße eingeschränkt.

Am 18.06.2009 erhob der Betreuer der Klägerin „Untätigkeitsklage“ zum Sozialgericht Regensburg (SG, S 4 SO 40/09).

Die E. wies die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide 01.04.2008 und 16.06.2008 mit zurück. Der Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin ergebe sich aus den beiden Gutachten des MDK.

Am 30.11.2009 hat die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin Klage zum SG (S 4 SO 91/09) erhoben. Der Klägerin sei ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen „B“, „G“ und „aG“ zuerkannt worden. Die Vielzahl von Gesundheitsstörungen lasse es gerechtfertigt erscheinen, Leistungen der Pflegestufe III zu gewähren.

Mit Änderungsbescheid vom 01.12.2009 hat die Beklagte ein Pflegegeld für die Zeit ab 01.01.2010 in Höhe von 225 € monatlich gewährt. Seit 01.01.2012 gewährt die Beklagte der Klägerin Leistungen in Höhe von 235 € monatlich; einen dies ausdrücklich umsetzenden Bescheid hat die Beklagte gleichwohl nicht erlassen.

Das SG hat zwei Gutachten bei dem Arzt für öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin, Umweltmedizin Dr. med. J. E. jeweils nach Hausbesuchen bei der Klägerin, eingeholt.

Im ersten Gutachten vom 05.07.2011 listete der Sachverständige als pflegerelevante Gesundheitsstörungen auf: dementielles Syndrom mit Gangunsicherheit und Blaseninkontinenz, chronische Depressionen mit Antriebsarmut, Ernährungsstörung im Rahmen der Demenz und der Depression sowie Beinkrampfadern mit Ödembildung an den Unterschenkeln. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass der anrechenbare Zeitaufwand für die Grundpflege (Körperpflege, Darm- und Blasenentleerung, Ernährung, Mobilität) bei etwa 142 min täglich liege und der zeitliche Aufwand für die gesamte pflegerische Versorgung - welche die hauswirtschaftliche Versorgung mit einschließe - bei etwa 202 min pro Tag liege. Der Übergang von Pflegestufe I zu Pflegestufe II habe zwischen März 2008 und Mai 2009 stattgefunden; es biete sich an, als Beginn des Vorliegens von Pflegestufe II den Februar 2009 als Stichtag heranzuziehen.

Das zweite - unter dem 29.10.2012 erstellte - Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass zwar eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes und des dementiellen Syndroms bei der Klägerin festzustellen sei; hieraus aber eine wesentliche Änderung des zeitlichen Pflegebedarfes oder gar eine andere Pflegestufe nicht resultiere. Der zeitliche Aufwand für die gesamte pflegerische Versorgung der Klägerin liege bei etwa 200 min pro Tag.

Das SG hat durch Beschluss vom 05.09.2011 die Verfahren S 4 SO 40/09 und S 4 SO 91/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2013 hat es die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2009 verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab 01.02.2009 Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige (Stufe 2) zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Das SG hat die Voraussetzungen für eine Leistungsberechtigung nach § 61 SGB XII und für einen Anspruch auf Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach § 64 Abs.2 SGB XII i.V.m § 37 Abs. 1 S.3 Nr. 2 SGB XI ab 01.02.2009 bejaht und ist dabei den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen Dr. E. gefolgt. Das SG ist von einem täglichen Grundpflegebedarf von 140 - 142 Minuten und einem Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von 60 Minuten ausgegangen.

Gegen den am 20.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 14.03.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Es sei davon auszugehen, dass ein weiterer Pflegeaufwand im Umfang von 40 min täglich bestehe. Der zweite Bevollmächtigte der Klägerin hat in der ergänzenden Berufungsbegründung vom 25.03.2014 einen Grundpflegeaufwand von 250 Minuten geltend gemacht und dabei Angaben der Pflegerin Frau J. und des Betreuers zugrunde gelegt.

Die Klägerin beantragt;

die Beklagte unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Regensburg vom 8. Februar 2013 und unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2008, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2009 und des Bescheides vom 04.03.2013 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit ab 01.02.2009 Pflegegeld für Schwerstpflegebedürftige zu gewähren.

Am 11.02.2015 hat der Betreuer der Klägerin außerdem beantragt,

der Klägerin Schmerzensgeld, Schadensersatz, Opfergeld nach OEG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der vom Betreuer vorgenommenen Klageänderung hat die Beklagte am 04.03.2015 ausdrücklich widersprochen.

Mit Änderungsbescheid vom 04.03.2013 hat die Beklagte den Bescheid vom 01.12.2009 aufgehoben und der Klägerin ab 01.03.2013 ein Pflegegeld in Höhe von 440 € monatlich gewährt. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 hat die Beklagte der Klägerin 10.045 € als Pflegegeld nachgezahlt.

Mit Beschluss vom 11.09.2014 hat der Senat der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwälte H., E., G., F-Stadt beigeordnet. Die Beiordnung hat der Senat mit Beschluss vom 12.03.2015 auf Antrag der beigeordneten Rechtsanwälte wieder aufgehoben.

Der Senat hat ein medizinisches Sachverständigengutachten nach Hausbesuch von Dr. D., vom 29.12.2014 eingeholt. Dieser kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein Pflegeaufwand von 161 min pro Tag für Körperpflege, Ernährung und Mobilität bestehe. Für hauswirtschaftliche Versorgung würden 60 min Pflege benötigt, so dass insgesamt ein täglicher Pflegeaufwand von 221 min vorliege. Die Alltagskompetenz der Klägerin sei seit September 2008 in erhöhtem Maße eingeschränkt.

Der Betreuer der Klägerin hat das Gutachten von Dr. D. durch die Pflegerin Frau J. handschriftlich kommentieren lassen und einen höheren Pflegeaufwand geltend gemacht.

Der Beklagte hat auf Nachfrage des Senats ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf ein nach § 123 SGB XI erhöhtes Pflegegeld wegen der Einschränkung der Alltagskompetenz habe, weil dieser Anspruch nach § 123 SGB XI nur gesetzlich Pflegeversicherten zustünde und nicht zu einer Ausweitung des sozialhilferechtlichen Pflegeanspruches führe. Dies ergebe sich aus der Rechtssystematik, der amtlichen Begründung zu § 124 SGB XI und aus dem gesetzgeberischen Willen (vgl. Schreiben des BMAS vom 24.06.2013).

Zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45 a SGB XI seien nicht Gegenstand eines weiterverfolgten weiteren Verwaltungsverfahrens geworden. Der Betreuer der Klägerin habe diese Leistungen am 19.12.2008 beantragt. Die Beklagte habe die Klägerin mit Schreiben vom 19.01.2009, 15.06.2009 darüber informiert, dass die Leistungen nur zweckgebunden für qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen gewährt werden könnten. In einem weiteren Informationsschreiben an die damalige Bevollmächtigte vom 02.07.202009 seien die Voraussetzungen der Leistungen erläutert worden. Den gegen das Infoschreiben erhobenen Widerspruch habe die Bevollmächtigte am 31.08.2009 wieder zurückgenommen. Die Beklagte gehe daher davon aus, dass der ursprüngliche Antrag nicht weiterverfolgt worden sei. Im Übrigen seien keinerlei Rechnungen über entsprechende qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen eingereicht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2013 ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf ein höheres Pflegegeld für die Zeit ab 01.02.2009 zu.

2. Der Senat durfte in seiner nach Geschäftsverteilungsplan A 2015 geregelten Besetzung mit der dort vorgesehenen Vertreterin über die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Regensburg vom 08.02.2013 entscheiden. Das Befangenheitsgesuch vom 22.06.2015, eingegangen bei LSG am 23.06.2015 um 11:06 h war unzulässig und offensichtlich missbräuchlich. Einer gesonderten Entscheidung über das Befangenheitsgesuch bedurfte es nicht (Keller in Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 60 Rn. 10 e).

Über ein offensichtlich unzulässiges und rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch können Gerichte unter Beteiligung der abgelehnten Richter entscheiden. Das Verbot der Selbstentscheidung (§§ 60 Abs. 1 SGG, 45 I ZPO) gilt insoweit nicht (vgl. BAG, Beschl. v. 7.2.2012 - 8 AZA 20/11).

Eine Ausnahme von dem in § 45 ZPO verankerten Verbot der Selbstentscheidung gilt für rechtsmissbräuchliche Ablehnungsanträge, welche offensichtlich und ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt werden (BeckOK ZPO § 45, Rn. 7 Autor: Vossler Beck’scher Online-Kommentar ZPO Hrsg: Vorwerk/Wolf, Stand: 01.03.2015, BGH NJW-RR 2005, 1226; OLG Karlsruhe MDR 2014, 242, OLG Köln JMBl NW 2009, 89; BAG NJW 2012, 1531; Musielak/Heinrich ZPO § 45 Rn. 3; Zöller/Vollkommer ZPO § 45 Rn. 4; Ghassemi-Tabar/Nober NJW 2013, 3686 f.). Ein offensichtlich unzulässiges und rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch liegt jedenfalls dann vor, wenn nicht erkennbar ist, dass das Gesuch überhaupt auf einen Grund gestützt werden soll, der die Besorgnis der Befangenheit auslösen und einen Ablehnungsgrund darstellen könnte.

An die Offensichtlichkeit des Rechtsmissbrauchs sind (vgl. dazu die Einschätzung des Gesetzgebers in § 26a StPO, BVerfG NJW 2005, 3410) strenge Maßstäbe anzulegen. Eine Selbstentscheidung ist daher nur zulässig, wenn die Begründung des Ablehnungsersuchens jeder Substanz entbehrt, so dass seine Verwerfung ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand nicht erfordert. Ist dies nicht der Fall, kommt eine Selbstentscheidung nicht in Betracht, da sich der abgelehnte Richter über eine bloße formale Prüfung hinaus durch die inhaltliche Entscheidung eines gegen ihn gerichteten Ablehnungsantrags nicht zum Richter in eigner Sache machen darf.

Bei Anträgen ohne oder mit nur substanzloser Begründung ohne hinreichenden Bezug zum konkreten Rechtstreit (Musielak/Heinrich ZPO § 45 Rn. 3) - wie hier - ist eine Selbstentscheidung geboten. Es wird kein Ablehnungsgrund genannt. Ein solcher muss aber gem. § 42 Abs. 1 i. V. m. § 44 Abs. 2 S. 1 ZPO vorgebracht werden. Einem fehlenden Ablehnungsgrund steht es gleich, wenn die Begründung zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist (BVerfG 2.6.05, 2 BvR 625/01, NJW 05, 3410, 3412; Ghassemi-Tabar/Nober NJW 13, 3686, 3687), z. B. wenn keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen werden (BVerwG NJW 97, 3327). Dies ist etwa der Fall, wenn der Beteiligte nur Wertungen ohne tatsächliche Substanz vorbringt.

Die Klägerin lehnt hier alle Richter in den Verfahren L 8 SO 3/13, L 8 SO 63/13, L 8 SO 50/13 und L 8 SO 51/13 ab und „weist reine deutsche Richter ausdrücklich zurück“. Es gäbe genügend andere EU Richter, die nicht reiner deutscher Herkunft seien, die entscheiden könnten sowie an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen könnten. Der Wunsch der Klägerin, die Richterbank nach bestimmten Nationalitäten zu besetzen, ist ein völlig ungeeigneter und nicht substantiierter Vortrag. Die Klägerin stellt ihren Befangenheitsantrag zudem unzulässiger Weise unter eine innerprozessuale Bedingung. So wird der Befangenheitsantrag gestellt, falls das Gericht die Absicht habe, die Verfahren abzuhandeln.

Damit nennt die Klägerin keinen Ablehnungsgrund i. S. § 42 Abs. 1, 2 ZPO. Das Gesuch ist rechtsmissbräuchlich und wird allein in Verschleppungsabsicht gestellt, weil die Klägerin mit dem Gesuch ausschließlich die Verzögerung des Verfahrens bezweckt. Sie versucht damit, den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu verhindern und verfolgt verfahrensfremde Zwecke. Die Klägerin, die im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren schon durch eine Vielzahl von Prozessbevollmächtigten vertreten war, zu denen das Mandatsverhältnis immer wieder nachhaltig gestört war und beendet wurde, versucht, einem weiteren Bevollmächtigten ein Mandat zu erteilen, der dies aber schon abgelehnt hat. Einen Verlegungsantrag nach § 202 SGG, § 227 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin nicht gestellt.

3. Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2015 auch in Abwesenheit der Klägerin entscheiden, da dem Betreuer der Klägerin mit Postzustellungsurkunde vom 02.06.2015 ordnungsgemäß der Termin mitgeteilt wurde und in der Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass im Falle eines Ausbleibens ein Urteil nach Lage der Akten ergehen könne (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Dass der Betreuer Kenntnis vom Termin hatte, ergibt sich zudem aus seinen Schreiben vom 22.06.2015, 20.06.2015 und 17.06.2015.

Die Terminsmitteilung (mit dem Hinweis auf § 110 SGG) wurde auch dem neuen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des neuen Bevollmächtigten vom 21.05.2015. Der Senat hat der Klägerin mit Beschluss vom 19. Mai 2015 auf deren Antrag den neuen Bevollmächtigten im Rahmen der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet. Der neue Bevollmächtigte wurde am 18.06.2015 auch vom Betreuer der Klägerin bevollmächtigt.

4. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2013 ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf ein höheres Pflegegeld für die Zeit ab 01.02.2009 zu.

Gegen die Entscheidung des SG vom 8. Februar 2013 ist die Berufung zulässig, da sie nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht ausgeschlossen ist (§ 143 SGG). Die Klägerin begehrt für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr laufenden höhere Geldleistungen, so dass die Berufung nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthaft ist. Die Berufung ist zulässig und form- und fristgemäß eingelegt (§ 151 SGG).

5. Streitgegenständlich ist das mit der Berufung geltend gemachte Pflegegeld nach der Pflegestufe III für die Zeit ab 01.02.2009.

6. Soweit die Klägerin mit der Berufung auch einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen eines vermeintlichen Vertrauensschadens und einer Amtspflichtverletzung

geltend macht, handelt es sich um eine unzulässige Klageänderung im Berufungsverfahren, weil sich weder die Beklagte darauf eingelassen hat (vgl. Schreiben vom 04.03.2015) noch der Senat die Klageänderung für sachdienlich hält (§ 99 Abs. 1 SGG).

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 04.03.2015 einer diesbezüglichen Klageänderung ausdrücklich widersprochen.

Damit liegt auch keine zulässige, in der Berufungsinstanz erstmals erhobene Klage auf Schadensersatz aus Amtshaftung vor, die vom anhängigen Verfahren abzutrennen und als erstinstanzliche Klage in der Berufungsinstanz zu erfassen wäre (BSG, Urteil vom 28.03.2000, Az.: B 8 KN 3/98 UR, Rz. 12, Bayer. LSG Beschluss vom 24.11.2014, L 7 SF 250/14 KL, vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -). Ein solche würde voraussetzen, dass ein Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 3 GG vorläge, der kraft gesetzlicher Fiktion nicht als Klageänderung anzusehen ist. Hier macht die Klägerin aber unverändert auch noch originäre Ansprüche auf höheres Pflegegeld weiter neben vermeintlichen Schadensersatzansprüchen geltend.

Ein Ausnahmefall, der dem Senat über die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG als Rechtsmittelgericht eine eigene Kompetenz geben könnte, über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden, liegt nicht vor, da in erster Instanz keine Entscheidung in der Hauptsache im Sinn von § 17a Abs. 5 GVG über den Amtshaftungsanspruch getroffen werden konnte und getroffen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2012, Az.: B 13 R 473/11 B). Der Senat ist deshalb nicht verpflichtet, kraft eigener Kompetenz über die Amtshaftungsanspruch zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010, Az.: B 13 R 63/10 B).

7. Streitgegenständlich sind nicht mehr die von der Klägerin ursprünglich angegriffenen Verwaltungsentscheidungen vom 01.04.2008, vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 28.10.2009 und vom 01.12.2009. Denn die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 04.03.2013 den Bescheid vom 01.12.2009 für die Zeit ab 01.03.2013 aufgehoben und der Klägerin ab 01.03.2013 ein Pflegegeld in Höhe von 440 € monatlich gewährt. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 hat die Beklagte der Klägerin 10.045 € als Pflegegeld entsprechend der Verurteilung im Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2008 nachgezahlt. Ihr Klageziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, 4 SGG die auf die Gewährung eines höheren Pflegegeldes ab 01.02.2009 gerichtet ist. Die Beklagte hat der Klägerin mit den angegriffenen Bescheiden Pflegegeld nach der Pflegestufe I bewilligt, zwischenzeitlich aber ab 01.02.2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe 2 gewährt.

8. Die Klägerin hat für die Zeit ab 01.02.2009 einen Anspruch auf Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach der Pflegestufe II. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe III für Schwerstpflegebedürftige.

a) Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum leistungsberechtigt im Sinne des § 61 Abs. 1 SGB XII. Danach erhalten Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege. Aufgrund der diagnostizierten Erkrankungen der Klägerin, die zuletzt in dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. D. vom 29.12.2014 bestätigt wurden (Demenz bei Alzheimer-Krankheit, Stuhlinkontinenz, Harninkontinenz, chronisch venöse Insuffizienz beider Beine, Schulterversteifung bds. bei Oberarmfraktur rechts, Arthrose beider Hüftgelenke, Arthrose beider Kniegelenke, Mangelernährung, degeneratives Wirbelsäulensyndrom) liegen damit Krankheiten und Behinderungen i. S. § 61 Abs. 3 Nrn. 1-3 SGB XII vor, wegen der die Klägerin der Hilfe bei den gewöhnlichen Verrichtungen des täglichen Lebens im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 61 Abs. 5 SGB XII) dauerhaft bedarf.

Die Klägerin ist auch nicht pflegeversichert und hat demnach keinen Anspruch auf (vorrangige) Leistungen der Pflegeversicherung nach dem SGB XI (§ 2 SGB XII, § 13 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Klägerin war nie Mitglied der gesetzlichen Pflegeversicherung. Die Zuerkennung einer zum 01.08.2014 rückwirkenden Familienversicherung in der bosnisch-herzegowinischen Krankenversicherung ihres Ehemannes im Wege der Leistungsaushilfe der Barmer GEK vermittelt der Klägerin keinen Zugang zur deutschen Pflegeversicherung. Im Übrigen hätte sie dort selbst dann, wenn sie über ihren Ehemann in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 25 SGB XI familienversichert wäre, eine Karenzzeit von zwei Jahren Versicherungszeit (§ 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB XI).

b) Die Hilfe zu Pflege umfasst gemäß § 61 Abs. 2 SGB XII auch die häusliche Pflege nach § 63 SGB XII. Sie dient dazu, den Zweck des § 63 SGB XII zu erreichen, nämlich es dem Pflegebedürftigen zu ermöglichen, seine Pflege durch nahe stehende Personen oder durch Nachbarschaftshilfe zu sichern. Dabei ist das Pflegegeld nicht dazu gedacht, die genannten Personen für ihre Pflegehilfe zu bezahlen. Das Pflegegeld dient vielmehr dazu, deren Pflegebereitschaft zu erhalten und zu stärken, indem ihnen etwa kleinere Zuwendungen gewährt werden (BVerwGE 92, 220 = NVwZ 1994, 490; OVG Frankfurt/Oder, FEVS 54, 371; VGH Kassel, Behindertenrecht 2004, 88). Dies schließt nicht aus, dass der Pflegebedürftige den Pflegepersonen aus dem Pflegegeld regelmäßig Zahlungen zukommen lässt. Die Gewährung von Pflegegeld gemäß § 64 SGB XII ist dabei die wichtigste Leistungsart der häuslichen Pflege. In terminologischer und inhaltlicher Hinsicht knüpfen § 64 Abs. 1 - 3 SGB XII an die entsprechenden Regelungen in § 15 und § 37 SGB XI an. Anders als in den parallelen Vorschriften des SGB XI fehlt in § 64 Abs. 1 - 3 SGB XII zwar der Begriff der Pflegestufe; gleichwohl entsprechen die drei Grade der Pflegebedürftigkeit nach § 64 Abs. 1-3 SGB XII den pflegeversicherungsrechtlichen Pflegestufen nach § 15 SGB XI (zu all dem Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 64 Rz. 2 und 8).

c) § 64 XII unterscheidet in seinen Absätzen 1 - 3 zwischen erheblich Pflegebedürftigen, Schwerpflegebedürftigen und Schwerstpflegebedürftigen. Erheblich pflegebedürftig sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Eine Zuordnung zur Schwerpflegebedürftigkeit setzt voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Schwerstpflegebedürftig sind endlich solche, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI präzisiert den Terminus der Schwerpflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) dahingehend, dass der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden zu betragen hat, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssen. Unter Grundpflege ist gemäß § 14 Abs. 4 Nrn.1 - 3 SGB XI die Hilfe bei gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität, unter hauswirtschaftlicher Versorgung gemäß § 14 Abs. 4 Nr.4 SGB XI die Hilfe bei der Nahrungsbesorgung und -zubereitung, bei der Kleidungspflege sowie bei der Wohnungsreinigung und Beheizung zu verstehen. Dagegen muss nach § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI der Zeitaufwand in Pflegestufe III wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens fünf Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens drei Stunden entfallen müssen.

d) Daran gemessen liegen lediglich die Voraussetzungen für die Gewährung eines Pflegegeldes für Schwerpflegebedürftige (Pflegestufe II) vor; der tägliche Grundpflegebedarf der Klägerin betrug im streitgegenständlichen Zeitraum seit dem 01.02.2009 mehr als die nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI geforderten 120 Minuten. Ein für Leistungen der Pflegestufe III täglich notwendiger Zeitaufwand für Grundpflegeleistungen in Höhe von mindestens 240 Minuten (§ 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI) lässt sich hingegen nicht feststellen.

Diese Erkenntnis des Senats ergibt sich aus den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. E. vom 05.07.2011 und 29.10.2012 und dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. D. vom 29.12.2014.

Danach ist der Pflegebedarf der Klägerin im Laufe der Zeit angewachsen, er erreicht unverändert aber nicht die für die Zuerkennung der Pflegestufe III erforderliche Schwelle von täglich 240 Minuten Grundpflege.

Dies ergibt sich aus dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten des sozialmedizinischen Sachverständigen Dr. D. vom 29.12.2014, der die Klägerin im Rahmen eines Hausbesuches begutachtet hat. Das Gutachten gibt die häusliche Pflegesituation der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar wieder. Der medizinische Sachverständige hat zunächst die pflegebegründende Vorgeschichte anhand der Akten und der Angaben des Sohnes und Betreuers der Klägerin dargestellt. Anschließend hat er die pflegebegründenden Diagnosen und Befunde und funktionelle Einschränkungen der Klägerin aufgrund eigener Untersuchung beschrieben. Nach der Inaugenscheinnahme hat der Sachverständige die Versorgungssituation der Klägerin beschrieben. In seiner Beurteilung der Pflegesituation hat der medizinische Sachverständige zunächst die Behinderung der Klägerin als Demenz schweren Grades mit kognitiven Beeinträchtigungen und Verlust der selbstständigen Handlungsfähigkeit, eine Stuhl- und Harninkontinenz, erhebliche Beeinträchtigung des Bewegungsapparats und eine allgemeine körperliche Schwäche bei Unterernährung festgestellt. Sodann hat er, in Übereinstimmung mit den Richtlinien des GKV- Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI und der Hilfsmittel-Richtlinie sowie dem Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes zunächst den Hilfebedarf der Klägerin in den vier Kategorien Körperpflege, Ernährung, Mobilität und Hauswirtschaft tabellarisch beschrieben und anschließend bewertet, bevor er abschließend die vom Senat gestellten Beweisfragen beantwortet hat. Seinem Gutachten hat er eine vom Betreuer und der Pflegerin Frau J. unterzeichnete Aufstellung des Tagesablaufes der Klägerin und den jüngsten Bescheid des ZBFS vom 05.11.2014 beigefügt.

Das Gutachten beschreibt den Pflegebedarf der Klägerin und deren Bedarf an Pflegehilfsmitteln nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es zeigt eine sich verschlechternde Entwicklung bei der Klägerin verglichen mit den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. E. vom 05.07.2011 und 29.10.2012. In der Zusammenschau aller drei Gutachten ergibt sich ein in sich schlüssiges Bild von der Pflegesituation und dem daraus resultierenden Pflegebedarf der Klägerin.

Der medizinische Sachverständige hat verrichtungsbezogen den Zeitbedarf für die einschlägigen Verrichtungen in Übereinstimmung mit der nach § 17 SGB XI erlassenen Pflegebedürftigkeitsrichtlinie und Begutachtungsrichtlinie erfasst. Er hat sich dabei an den in den Begutachtungsrichtlinien (BRi) festgelegten Zeitkorridoren orientiert, die Orientierungswerte für die Pflegezeitbemessung der Verrichtungen der Grundpflege geben. Das Gutachten stützt sich auf die individuellen Pflegebedürfnisse der Klägerin, die der Sachverständige in ihrem häuslichen Umfeld begutachtet hat. Der Gutachter berücksichtigt Pflege erschwerende und erleichternde Faktoren und legt einen individuellen Maßstab bezogen auf das konkrete Wohnumfeld der Klägerin an.

In der tabellarischen Darstellung des Hilfebedarfes stellt der Sachverständige in Übereinstimmung mit der im Text beschriebenen Pflegesituation im Bereich der Körperpflege fest, dass die Klägerin diese überhaupt nicht mehr selbst ausführen kann. Daher werden alle beschriebenen einzelnen Verrichtungen in dem Gutachten nachvollziehbar mit der vollständigen Übernahme beschrieben. Die einzelnen Zeitangaben für die Verrichtungen Waschen (Teilwäsche Hände/Gesicht, Duschen/Baden, Zahnpflege, Kämmen) betragen 34 Minuten täglich, wobei das Duschen/Baden entgegen der Beschreibung der Pflegerin täglich mit 20 Minuten angesetzt wird, obwohl im Wechsel auch Ganzkörperwäschen im Bett durchgeführt werden. Diese sind jedoch nach den BRi Punkt F 4.1 mit einem Orientierungswert von 20 - 25 Minuten zu bewerten, für das Duschen/Baden werden nach BRi hingegen 15 -20 Minuten angesetzt. Das tägliche Berücksichtigen einer Dusche/Bad mit 20 Minuten ist daher sachgerecht. Eine Hilfestellung beim Einsteigen in die Badewanne ist im Bereich der Mobilität „Stehen“ zu berücksichtigen (BRi); dies wurde vom Sachverständigen auch so vermerkt.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Pflegebedarf der Klägerin an Verrichtungen zur Körperpflege zutreffend vom medizinischen Sachverständigen mit insgesamt 76 Minuten bewertet wurde und in diesem Umfang auch besteht. Aus der durch die Pflegerin handschriftlich kommentierten Version des Gutachtens (Schreiben des Betreuers der Klägerin vom 11.02.2015) ergibt sich kein höherer Bedarf. Dort werden die vom Gutachter eingeschätzten Zeitanteile jeweils mit dem Zusatz: „Unmöglich zu schaffen aufgrund wegen Abwehrhaltung“ kommentiert. Dieses pflegeerschwerende Verhalten hat der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten berücksichtigt (vgl. Gutachten vom 29.12.2014, S. 4).

Im Bereich der Ernährung liegt zur Überzeugung des Senats ein verrichtungsbezogener Pflegebedarf von insgesamt 51 Minuten täglich vor. Auch hier geht der Senat davon aus, dass ebenfalls eine vollständige Übernahme durch die Pflegeperson erfolgt. Dies kommt in dem Gutachten durch die Einschätzung „VÜ“ vollständige Übernahme zum Ausdruck. Der Gutachter hat entsprechend der BRi für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung 6 Minuten täglich eingerechnet. Nach BRi Ziffer D 4.2 Punkt 8 gehört zur „mundgerechten“ Zubereitung der Nahrung allein die letzte Maßnahme vor der Nahrungsaufnahme, z. B. das Zerkleinern in mundgerechte Bissen, das Heraustrennen von Knochen und Gräten, das Einweichen harter Nahrung bei Kau- und Schluckbeschwerden und das Einfüllen von Getränken in Trinkgefäße. Erfasst werden nur solche Maßnahmen, die dazu dienen, die bereits zubereitete Nahrung so aufzubereiten, dass eine abschließende Aufnahme durch den Antragsteller erfolgen kann. Hierzu zählen nicht das Kochen oder das Eindecken des Tisches. Zur Aufnahme der Nahrung gehören die Nahrungsaufnahme in jeder Form (fest, breiig, flüssig) wie auch die Verabreichung von Sondennahrung mittels Ernährungssonde einschließlich der Pflege der Sonde und die Verwendung von Besteck oder anderer geeigneter Geräte (z. B. behindertengerechtes Geschirr oder Essbesteck), um Nahrung zum Mund zu führen. Notwendige Aufforderungen zur bedarfsgerechten Aufnahme der Nahrung in fester, breiiger und flüssiger Form (Essen und Trinken), die eine Überwachung und/oder Erledigungskontrolle erfordern, sind beim Hilfebedarf zu berücksichtigen, wenn der Antragsteller aufgrund fehlender Einsichtsfähigkeit dazu nicht in der Lage ist.

Die vom medizinischen Sachverständigen angesetzten Zeitanteile stehen in Übereinstimmung mit den Orientierungswerten in den BRi und sind auch angesichts der Beschreibung des Pflegeablaufes in der dem Gutachten beigegebenen Beschreibung durch die Pflegeperson vom 29.12.2014 nachvollziehbar. Zutreffend hat der Sachverständige auch das Pürieren der Nahrung der hauswirtschaftlichen Zubereitung des Essens zugeschlagen. Er hat ebenso zutreffend das darüber hinausgehende mundgerechte Zubereiten mit täglich sechs Minuten angesetzt.

Im Bereich der Mobilität sieht der Senat einen verrichtungsbezogenen Bedarf der Klägerin im Umfang von insgesamt 34 Minuten. Der Senat folgt auch hier der Einschätzung von Dr. D., der für das Aufstehen und Zubettgehen einen Bedarf von 4 Minuten, für die vollständige Übernahme des Ankleidens 16 Minuten, für das Entkleiden 8 Minuten und für Gehen, Stehen/Transfer einen Bedarf von 6 Minuten berücksichtigt hat. Auch diese Werte stehen in Übereinstimmung mit den BRi, die für Ankleiden 8 -10 Minuten, für das Entkleiden gesamt 4-6 Minuten vorsehen. Der vom Sachverständigen berücksichtigte höhere Zeitanteil resultiert nachvollziehbar aus der Berücksichtigung des erhöhten Aufwandes beim An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Klasse 2. Die Einschätzung der Zeitanteile für die Mobilität ist schlüssig, nachdem sich die Klägerin nicht mehr allein in der kleinen Wohnung bewegt und einen Positionswechsel (vom Pflegebett zur Couch) nur mit Unterstützung der Pflegeperson vornimmt. Schlüssig ist auch die Begründung des Gutachters, wonach die Klägerin noch nicht vollständig bettlägerig ist und kein zusätzlicher Bedarf an Umlagerungen tagsüber oder nachts gesehen wird, nachdem die Klägerin zwar bewegungseingeschränkt, aber nicht bewegungsunfähig ist.

Somit ergibt sich ein Bedarf an Grundpflege im Umfang von 161 Minuten täglich, der der Einschätzung in die Pflegestufe II (mindestens 120 Minuten Grundpflege) entspricht. Ein Grundpflegebedarf von 240 Minuten, wie er der Pflegestufe III nach § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI entspräche, ist nicht begründbar.

Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung der Klägerin ist nach den BRi Ziffer D 4.4 der tatsächlich anfallende individuelle Hilfebedarf zu bewerten und der Zeitaufwand in Stunden pro Woche abzuschätzen. Es sind nur die Tätigkeiten bei Verrichtungen zu berücksichtigen, die sich auf die Versorgung der Antragstellerin selbst beziehen. Die Versorgung möglicher weiterer Familienmitglieder bleibt unberücksichtigt. Wenn ein krankheits- und/oder behinderungsbedingter Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht, ist er zu berücksichtigen, auch wenn die Versorgung durch Dritte (z. B. Putzfrau, Essen auf Rädern, Angehörige) erfolgt. Die hauswirtschaftliche Versorgung umfasst das Einkaufen, das Kochen, das Reinigen der Wohnung, das Spülen und das Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung. Der vom Sachverständigen angesetzte Bedarf von täglich 60 Minuten ist nachvollziehbar und schlüssig.

Damit ergibt sich insgesamt ein täglicher Pflegebedarf der Klägerin im Umfang von 221 Minuten, so dass die Einstufung in die Pflegestufe II insgesamt zutreffend ist. Das SG hat die Beklagte bereits zur Zahlung eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe II verpflichtet.

Von Seiten der Klägerin wurden keine substantiierten Einwände gegen die Richtigkeit des Gutachtens vorgebracht. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass die Angaben zum Zeitaufwand „unrealistisch“ seien, ohne dies aber im Einzelnen ausführlich und einleuchtend zu begründen. So wird pauschal behauptet, dass die Zeitangaben aus dem Gutachten aufgrund der Abwehrhaltung der Klägerin unmöglich einzuhalten seien. Im Bereich der Mobilität werden mindestens 4 wöchentliche Fahrten an die Frischluft angegeben, die der Gutachter vergessen habe. Berücksichtigungsfähig sind bei der Mobilität jedoch nur solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen. Weitere Hilfen - z. B. bei Spaziergängen oder Besuchen von kulturellen Veranstaltungen - sind nicht berücksichtigungsfähig (Koch in Kasseler Kommentar, § 14 SGB X, Rn. 19).

Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass eine „minutengenaue“ Bestimmung des Pflegeaufwandes nicht möglich ist und den eingeholten Sachverständigengutachten eine gewisse Ungenauigkeit wesensimmanent ist, kann - auch unter Berücksichtigung einer „Fehlertoleranz“ - ein Zeitaufwand für die Grundpflege von über 240 Minuten - anstatt der vom Sachverständigen festgestellten 161 Minuten - ohne weiteres ausgeschlossen werden. Denn selbst wenn man der zeitlichen Einschätzung des Grundpflegebedarfes die jeweils höheren Werte aus den Zeitkorridoren der BRi zugrunde legt, ergäbe sich im Bereich der Körperpflege ein höherer Bedarf von insgesamt 35 Minuten, bei der Ernährung von plus 18 Minuten und bei der Mobilität von plus 4 Minuten, insgesamt somit plus 57 Minuten. Selbst bei dieser „worst-case“ Berechnung anhand der oberen Werte aus der BRi läge der Pflegebedarf für die Grundpflege unterhalb von 240 Minuten (nämlich bei 218 Minuten).

In Übereinstimmung mit dem SG weist der Senat darauf hin, dass die Vielzahl der bei der Klägerin vorliegenden medizinischen Befunde und Diagnosen keine höhere Pflegestufe rechtfertigt. Endlich geht auch das Vorbringen, die Schwerbehinderung der Klägerin sei nicht ausreichend gewürdigt worden, an der Sache vorbei. Die Feststellung der Merkzeichen „B“, „G“ und „aG“ nach dem Schwerbehindertenrecht hat keine Bindungswirkung für das Recht des SGB XI. Die Rechtsprechung hat bereits früh darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen einer Zuordnung zu den Pflegestufen des SGB XI nur nach den darin enthaltenen Kriterien zu ermitteln sind (BayLSG, Urteil vom 14.12.2011 - Az.: L 2 P 72/10, Rz. 24 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 26.11.1998 - Az.: B 3 P 20/97 R).

e) Die Höhe des Pflegegeldes bemisst sich danach, in welche der drei Pflegestufen die Hilfeempfängerin eingestuft ist. Für die Pflegegeldhöhe verweisen die Absätze 1-3 des § 64 SGB XII auf die in § 37 SGB XI genannten Beträge. Danach beträgt das Pflegegeld in der Pflegestufe II für den Zeitraum bis 31.12.2009 420 € monatlich, ab 01.01.2010

430 € monatlich und ab 01.01.2012 440 € monatlich und ab 01.01.2015 458 € monatlich.

Da die Beklagte ursprünglich lediglich Leistungen der Pflegestufe I gewährt hat, waren die entsprechenden Differenzbeträge zur Pflegestufe II nachzubezahlen und künftig Leistungen der Pflegestufe II zu gewähren. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 ergab sich somit zugunsten der Klägerin eine von der Beklagten zu leistende Nachzahlung in Höhe von insgesamt 10.045 €. Ab 01.03.2013 gewährt die Beklagte der Klägerin Leistungen in Höhe von monatlich 440 € (Bescheid vom 04.03.2013). Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte der Klägerin entsprechend der gesetzlichen Anhebung ab 01.01.2015 monatlich 458 € als Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige gewährt.

f). Aus dem Umstand, dass die Klägerin nach den schlüssigen Feststellungen des Gutachters, denen der Senat folgt, erheblich in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt ist, und ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung i. S. § 45 a SGB XI vorliegt, ergibt sich kein höherer Anspruch auf Pflegegeld. Die Klägerin ist zwar in den Bereichen aus § 45 a Abs. 2 S. 1 Nrn. 6, 7, 8, 9, 10, 13 SGB XI eingeschränkt (Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen; Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression oder Angststörung; Störungen der höheren Hirnfunktionen (Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben; Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus; Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren; zeitlich überwiegend Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit aufgrund einer therapieresistenten Depression). Daraus lässt sich jedoch kein Anspruch auf höheres Pflegegeld nach § 64 Abs. 2 SGB XII i. V. m. § 37 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 SGB XI ableiten.

Die zusätzlichen Verrichtungen bedingen einen Pflegebedarf nach § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII i. S. des erweiterten Pflegebegriffs in der Sozialhilfe, wonach auch andere Verrichtungen als die in § 61 Abs. 5 SGB XII genannten gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen den Pflegebedarf begründen können.

Der Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen entsprechend § 45 b SGB XI ist jedoch zweckgerichtet auf die Inanspruchnahme von qualitätsgesicherten Betreuungsleistungen (§ 45 b Abs. 1 S. 5 SGB XI).

Das Ausgrenzen allgemeinen Aufsichts- und Betreuungsbedarfs aus dem relevanten Pflegebedarf erweist sich gerade bei geistig oder seelisch behinderten Menschen als problematisch, da bei ihnen im Wesentlichen nur dieser Pflegebedarf besteht, der zudem ein großes zeitliches Ausmaß erlangen kann. Dieses Problem ist jetzt durch das Gesetz zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz - PflEG) vom 14.12.2001 (BGBl. I S. 3728), zuletzt geändert durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 28.05.2008 (BGBl I S. 874) zum Teil entschärft. Danach ist ein neuer Abschnitt in das SGB XI (§§ 45a ff. SGB XI) eingefügt worden, der Leistungen für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf vorsieht. Die entsprechenden Defizite in der Alltagskompetenz sind in § 45 a Abs. 2 Nr. 1 bis 13 SGB XI abschließend aufgezählt. Als Leistung ist nach § 45 b Abs. 1 SGB XI höchstens ein Betrag von 100 € monatlich (Grundbetrag) oder von 200 € (erhöhter Betrag) vorgesehen. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für Aufwendungen, die durch qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen entstehen. Gleichzeitig ist eine neuer § 13 Abs. 3a SGB XI eingefügt worden, wonach die Leistungen nach § 45 b SGB XI bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege (also der Sozialhilfe) keine Berücksichtigung finden (Grube a. a. O. § 61 Rn. 24).

Ein Anspruch auf Pflegegeld aus der Sozialhilfe besteht jedoch nur für die in § 64 SGB XII genannten Verrichtungen der Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftlichen Versorgung. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Norm, der Verwendung der Begrifflichkeiten (erheblich Pflegebedürftige, Schwerpflegebedürftige und Schwerstpflegebedürftige, die identisch mit den Begriffen aus §§ 15 Abs. 1 SGB XI) sowie aus der Verweisung auf die Vorschrift des § 37 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1-3 SGB XI.

Im Übrigen hat die Klägerin am 19.12.2009 und erneut am 20.06.2009 bei der Beklagten zusätzliche Betreuungsleistungen beantragt. Die Beklagte informierte die Klägerin daraufhin am 19.01.2009 und am 15.06.2009 sowie am 02.07.2009 über die Voraussetzungen der Gewährung zusätzlicher qualitätsgesicherter Betreuungsleistungen. Den gegen das Informationsschreiben gerichteten Widerspruch der Klägerin nahm die damalige Bevollmächtigte der Klägerin am 31.08.2009 zurück.

Es braucht hier nicht entschieden werden, ob das die Gewährung zusätzlicher Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI entsprechend gerichtete Verwaltungsverfahren der Beklagten noch offen ist, oder ob mit der Rücknahme des Widerspruchs gegen das Infoschreiben vom 02.07.2009 auch der entsprechende Leistungsantrag zurückgenommen wurde. Jedenfalls sind die zusätzlichen Betreuungsleistungen, die nach § 45 b SGB XI als untypischer Kostenersatzanspruch und nicht als Sachleistung ausgestaltet sind (Klie in LPK SGB XI, 4. Auflage, § 45 b Rn. 5) nicht Gegenstand des Verfahrens auf höheres Pflegegeld, weil es sich um eine eigenständige Leistungsart handelt. Zudem ist überhaupt nicht ersichtlich, ob bei der Klägerin ein entsprechender Bedarf vorliegt, weil nicht vorgetragen wurde, dass die Klägerin besondere Betreuungsmöglichleiten nach § 45 b Abs. 1 S. 6 SGB XI (Erstattung von Aufwendungen durch die Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- und Nachtpflege, der Kurzzeitpflege, der zugelassenen Pflegedienste oder der nach Landesrecht zugelassenen niederschwelligen Angebote) in Anspruch nimmt.

g.) Eine Erhöhung des Pflegegeldes nach der Pflegestufe II für die Zeit ab 01.01.2013 entsprechend der Übergangsregelung des § 123 SGB XI - verbesserte Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz - kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Nach § 123 Abs. 4 SGB XI in der Fassung vom 23.10.2012, gültig ab 01.01.2013 bis 31.12.2014 erhöht sich für Pflegebedürftige der Pflegestufe II das Pflegegeld nach § 37 um 85 Euro auf 525 Euro und die Pflegesachleistungen nach § 36 um 150 Euro auf bis zu 1 250 Euro.

Nach § 123 Abs. 4 SGB XI in der Fassung vom 17.12.2014, gültig ab 01.01.2015 erhöht sich für Pflegebedürftige der Pflegestufe II das Pflegegeld nach § 37 um 87 Euro auf 545 Euro und die Pflegesachleistungen nach § 36 um 154 Euro auf bis zu 1 298 Euro.

§ 123 SGB XI ist mit Wirkung vom 01.01.2013 durch Art. 1 Nr. 48 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23.10.2012 angefügt worden. Durch Art. 1 Nr. 29 des Ersten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetzes - PSG I) vom 17.12.2014 (BGBl I 2014, 2222) ist § 123 Abs. 2-4 SGB XI geändert worden.

Mit der neuen Vorschrift des § 123 SGB XI werden für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a SGB XI) Leistungsverbesserungen in der sozialen und privaten Pflegeversicherung eingeführt; bei diesem Personenkreis spielen die körperlichen Defizite häufig nicht die zentrale Rolle, ihr dennoch bestehender Hilfe- und Betreuungsbedarf konnte nach den früheren Regelungen nicht ausreichend bei der Begutachtung erfasst werden. Deshalb soll der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert werden.

Nach dem Wortlaut der neuen Vorschrift des § 123 SGB XI sollen Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, bereits höhere Leistungen erhalten und neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung auch Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen können.

Die Anforderungen bezüglich erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz ergeben sich aus § 45a SGB XI; der Anspruch ist auf Versicherte beschränkt, die in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt werden, zumal bei der stationären Pflege bereits vor Inkrafttreten des PNG soziale Betreuung gewährleistet ist (§ 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XI) und künftig bei allen Formen der stationären Pflege zusätzliche Betreuungskräfte (§ 87b SGB XI) zulasten der Pflegekassen eingesetzt werden können ( Dahm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 123 SGB XI, Rn. 1 ff).

Ein Anspruch der Klägerin auf ein entsprechend der in § 123 SGB XI festgelegten Sätze erhöhtes Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach § 64 Abs. 2 SGB XII besteht nicht.

Mit der Einführung der Leistungen der §§ 123 ff SGB XI sind die Regelleistungen der §§ 36 ff SGB XI, auf die § 64 SGB XII ausdrücklich verweist, nicht ausgeweitet worden. Diese Sonderleistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung können daher nicht vom Sozialhilfeträger gewährt werden, sondern kommen ausschließlich den nach dem SGB XI Pflegeversicherten zugute (Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII Kommentar, 19. Auflage, § 64 Rn. 5).

Dies ergibt sich aus der Rechtssystematik. Die Leistungen nach § 123 SGB XI werden im Leistungskatalog des § 28 SGB XI gesondert in § 28 Abs. 1 b S. 2 SGB XI aufgeführt. Hinsichtlich des Inhalts der Leistungen der Hilfe zur Pflege verweist § 61 Abs. 2 S. 2 SGB XII aber nur auf § 28 Abs. 1 Nrn. 1 und 5-8 SGB XI. Damit sind die verbesserten Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nach § 123 SGB XI nicht Inhalt der Leistungen der Hilfe zur Pflege in der Sozialhilfe. Die Verweisung in § 64 Abs. 2 SGB XII bezieht sich ausschließlich auf ein Pflegegeld in Höhe von § 37 Abs.1 S. 3 Nr. 2 SGB XI.

Aus den Gesetzesmaterialien zu dem Pflegeneuausrichtungsgesetz PNG ergibt sich der gesetzgeberische Wille, mit der Einführung des § 123 SGB XI eine Übergangsleistung außerhalb des Systems der Regelleistungen des SGB XI und der Hilfe zur Pflege einzuführen, um eine präjudizierende Wirkung im Hinblick auf die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu vermeiden. So heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf des PNG, Bundestagsdrucksache, 17/9369, vom 23.04.2012, S. 52 ff:

„Zu § 123 (neu)

Mit dieser Vorschrift werden für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a) Leistungsverbesserungen in der sozialen und privaten Pflegeversicherung eingeführt. Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen haben einen besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf, der vor allem über den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege, also der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität, hinausgeht. Bei diesem Personenkreis spielen die körperlichen Defizite häufig nicht die zentrale Rolle. Ihr dennoch bestehender Hilfe- und Betreuungsbedarf kann nach den bisherigen Regelungen oftmals nicht ausreichend bei der Begutachtung erfasst werden. Aus diesem Grund soll der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert werden. Das Bundesministerium für Gesundheit wird die weiteren Schritte für die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs von einem Expertenbeirat fachlich fundiert vorbereiten lassen.

Bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, sollen Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz jedoch bereits höhere Leistungen erhalten (§ 123) und neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung auch Betreuungsleistungen (§ 124) in Anspruch nehmen können.

Die Leistungsverbesserungen beziehen sich auf Pflegebedürftige in häuslicher Pflege, weil die stationäre Pflege bereits heute die soziale Betreuung mit einschließt (§ 82 Absatz 1 Satz 3) und darüber hinaus künftig bei allen Formen stationärer Pflege zusätzliche Betreuungskräfte (§ 87b) zulasten der Pflegekassen eingesetzt werden können.

Zu Absatz 1

Bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, erhalten ambulant versorgte Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a) aufgestockte Leistungen, die höher liegen als die aktuellen Leistungsbeträge der jeweiligen Pflegestufe. Weder das bestehende Begutachtungsverfahren nach § 18 noch das Verfahren zur Feststellung einer eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45a müssen hierzu geändert werden. Damit wird bei der Frage, ob und in welcher Höhe Pflegeleistungen bezogen werden können, auch darauf abgestellt, ob ein besonderer Betreuungsbedarf im Sinne des § 45a bei der Begutachtung festgestellt wird. Etwa 500 000 ambulant versorgte Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz und einem Pflegebedarf unterhalb der Pflegestufe III werden von den Leistungsverbesserungen profitieren.“

Damit ist klargestellt, dass es sich bewusst um Übergangsleistungen handeln soll, die das bisherige Leistungssystem des SGB XI und SGB XII nicht tangieren sollen.

Im Übrigen ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien der Begründung zu § 124 SGB XI (Anspruch auf häusliche Betreuung), dass es sich nur der Art nach um einen Sachleistungsanspruch im Sinne des § 36 SGB XI handeln soll. Die häusliche Betreuung ist aus diesem Grund nicht in § 36 SGB XI integriert, sondern als eigenständige Übergangsleistung außerhalb des Regelleistungskatalogs ausgestaltet worden. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes heißt es nach der Bundestagsdrucksache, 17/9369, vom 23.04.2012, S. 53: „Die Einbeziehung von häuslicher Betreuung im Übergangsrecht der Pflegeversicherung hat keine Ausweitung der Art und des Umfangs der Leistungen, die als Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch und dem Bundesversorgungsgesetz (Kriegsopferfürsorge) zu erbringen sind, zur Folge.“ Der Gesetzgeber hat sich damit bei Einführung des § 123 SGB XI bewusst gegen eine Anhebung des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII entschieden, so dass keine Regelungslücke vorliegt.

Im Bereich der Hilfen zur Pflege finden die besonderen Bedarfe der demenzerkrankten Hilfebedürftigen ausschließlich in § 65 Abs. 1 S. 2 SGB XII Berücksichtigung. Danach können Leistungen zur häuslichen Pflege angemessene Kosten für besondere Betreuungs- oder Pflegeleistungen übernommen werden (Schellhorn ia. a. O. § 61 Rn. 48 a. E.). Für eine Systemunabhängigkeit der besonderen Pflegeleistungen für demenzerkrankte Pflegeversicherte spricht auch die Abgrenzungsnorm des § 13 Abs. 3 a SGB XI, der anordnet, dass die Leistungen nach § 45 b SGB XI bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB XI keine Berücksichtigung finden.

Damit ergibt sich insgesamt für die Klägerin ein Anspruch auf Pflegegeld in entsprechender Höhe der Pflegestufe II, das ihr bereits von der Beklagten gewährt wird.

Die auf Gewährung eines höheren Pflegegeldes gerichtete Berufung hat somit keinen Erfolg.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

10. Gründe für die Zulassung der Revision nach § §160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG sind nicht ersichtlich.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2012.

2

Die 1988 geborene Klägerin ist behindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen aG). Sie bezog seit dem 1.7.2009 von der Beklagten Grundsicherungsleistungen; ua bewilligte die Beklagte solche Leistungen für die Zeit ab 1.1.2011 bis auf Weiteres (bestandskräftiger Bescheid vom 7.4.2011). Einen im Oktober 2011 gestellten Antrag auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Bedarfs wegen eines behinderungsbedingten besonderen Verschleißes bei Bekleidung und Schuhen lehnte sie ab (Bescheid vom 7.11.2011; Widerspruchbescheid vom 30.1.2012); die Klage (vom 2.3.2012) beim Sozialgericht (SG) Freiburg (S 9 SO 1075/12) wies das SG ab (Urteil vom 12.11.2013). Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Klage sei dahin auszulegen, dass höhere Leistungen für die Zeit vom 1.10.2011 bis zum 31.12.2011 begehrt würden; dementsprechend sei ein Bescheid für die Zeit ab dem 1.1.2012 nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg nahm die Klägerin zurück (Erklärung vom 1.4.2014).

3

Für die Zeit ab 1.1.2012 hatte die Beklagte bis auf Weiteres unter Aufhebung früherer Bewilligungsbescheide höhere Grundsicherungsleistungen bewilligt; dem bewilligten Betrag in Höhe von 626,59 Euro monatlich (statt zuvor 617,85 Euro) legte sie einen Regelsatz in Höhe von 299 Euro, einen Mehrbedarfszuschlag in Höhe von 50,83 Euro sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 250 Euro Kaltmiete und Nebenkosten mit Heizung inklusive Warmwasseranteile in Höhe von 50 Euro abzüglich einer Energiepauschale in Höhe von 23,24 Euro zugrunde (Bescheid vom 9.1.2012; der Klägerin bekannt gegeben am 16.6.2012). Die in Abzug gebrachte Energiepauschale senkte sie in der Folge auf 15,78 Euro; der Widerspruch im Übrigen blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 28.12.2012).

4

Klage und Berufung hiergegen blieben ohne Erfolg (Urteil des SG vom 12.11.2013; Urteil des LSG vom 27.5.2014). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, besondere Aufwendungen für Kleidung, Schuhe, Nacht- und Bettwäsche, die über dem lägen, was der Klägerin durch den im Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 und den im pauschalen Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 SGB XII enthaltenen Anteilen für solche Anschaffungen monatlich zur Verfügung stehe, seien nicht konkretisiert worden; den insoweit gestellten Beweisanträgen habe der Senat nicht nachkommen müssen. Auch die Höhe der Bedarfe für Unterkunft und Heizung habe die Beklagte zutreffend bestimmt. Bei den Kosten für die Haushaltsenergie handele es sich von vornherein nicht um einen Bedarf, für den Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 35 SGB XII erbracht werden könnten. Soweit die Klägerin vortrage, dass die kostenlose Bereitstellung von Haushaltsstrom allenfalls als Einkommen berücksichtigt werden könne, stehe dem entgegen, dass sie nach den mietvertraglichen Vereinbarungen eine Betriebskostenvorauszahlung leiste, die den Haushaltsstrom enthalte.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII; denn ihr Regelbedarf, der sich entgegen der Auffassung des LSG nach der Regelbedarfsstufe 1 richte, sei nach § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII abweichend zu bemessen. Der geltend gemachte Bedarf sei mit dem Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 SGB XII nicht abgedeckt, weil er nicht aus einer Gehbehinderung, sondern einer geistig-seelischen Behinderung resultiere. Daneben rügt sie eine Verletzung von § 35 SGB XII, weil die Auslegung der mietvertraglichen Vereinbarungen durch das LSG, auf der die Kürzungen wegen der Energiekosten beruhten, unzutreffend sei; von den Betriebskostenzahlungen sei der Haushaltsstrom (anders als der Strom für Treppenhausbeleuchtung usw) regelmäßig - und auch vorliegend - nicht erfasst.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG und das Urteil des SG aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 9.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.12.2012 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1.1. bis zum 31.12.2012 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Im Ergebnis zu Recht hat das LSG die Berufung zurückgewiesen; denn die Klage ist unzulässig. Der angefochtene Bescheid ist gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des früheren Klageverfahrens gegen den Bescheid vom 7.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.1.2012 geworden. Auch nach Rücknahme der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 12.11.2013 bleibt die vorliegende Klage unzulässig, weil sie denselben Streitgegenstand betrifft.

10

Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 9.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.12.2012, den die Klägerin mit ihrer Anfechtungs- und Leistungsklage angreift, wobei sie in der Berufungsinstanz den Streitgegenstand auf die Zeit vom 1.1. bis zum 31.12.2012 beschränkt hat. In der Sache begehrt sie höhere Grundsicherungsleistungen, ohne ihr Begehren weiter zu begrenzen.

11

Diese Klage war zunächst wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 94 SGG) unzulässig. Der Bescheid vom 9.1.2012 ist nämlich mit seiner Bekanntgabe am 16.6.2012 Gegenstand des zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Klageverfahrens (S 9 SO 1075/12) gegen den Bescheid vom 7.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.1.2012 geworden. Nach § 96 Abs 1 SGG(in der Fassung, die die Norm mit dem Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 - BGBl I 444 - erhalten hat) wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt (nur) dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer, wenn er denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft, bzw wenn in dessen Regelung eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 RdNr 4 ff mwN). Ergehen auf einen zeitlich nicht beschränkten Dauerverwaltungsakt hin Folgebescheide, werden diese damit bei entsprechender inhaltlicher Regelung in (direkter) Anwendung von § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens; denn jeder dieser Bescheide ist dann ggf als den ursprünglichen Dauerverwaltungsakt abändernder Bescheid zu verstehen.

12

So liegt es hier. Die Beklagte hat entgegen § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XII die Grundsicherungsleistungen zeitlich unbegrenzt bewilligt. Streitgegenstand des zunächst anhängigen Klageverfahrens gegen den Bescheid vom 7.11.2011 war dabei die Höhe dieser Leistungen ab 1.10.2011. Insofern hatte es die Beklagte mit Bescheid vom 7.11.2011 (gestützt auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -) zunächst abgelehnt, wegen der geltend gemachten Änderung der Verhältnisse vom 1.10.2011 an zeitlich unbegrenzt höhere Leistungen zu bewilligen. Hiergegen hat sich die Klägerin ohne Einschränkung gewandt; insbesondere war - anders als das SG meint - ihrer Klagebegründung in der Sache S 9 SO 1075/12 (Schriftsatz vom 8.6.2012) nicht zu entnehmen, dass sie selbst durch einen entsprechenden Antrag vor dem für die Beurteilung des § 96 Abs 1 SGG maßgeblichen Zeitpunkt (16.6.2012) eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Zeit bis zum 31.12.2011 vorgenommen hätte. Der Bescheid vom 9.1.2012 hat sodann den angegriffenen Bescheid vom 7.11.2011 mit dem Inhalt ersetzt, dass er für einen teilweise identischen Zeitraum (ab 1.1.2012) die streitigen Leistungen neu berechnet hat - ohne indes dem Begehren der Klägerin vollständig abzuhelfen -, und ist insoweit an die Stelle des angegriffenen Bescheids (Ablehnung höherer Leistungen für unbestimmte Zeit) getreten. Er konnte damit zulässigerweise unabhängig davon nicht erneut zum Gegenstand eines anderen Verfahrens gemacht werden, dass er in dem ersten Verfahren unter Verkennung der Rechtslage tatsächlich nicht einbezogen worden ist.

13

Diese prozessuale Sperrwirkung endet zwar mit Abschluss des Verfahrens; die Klage bleibt aber unzulässig, weil nunmehr die (durch Rücknahme der Berufung am 1.4.2014) eingetretene Rechtskraft der Entscheidung des SG vom 12.11.2013 entgegensteht (vgl Urteil des Senats vom 15.11.2012 - B 8 SO 22/10 R -, RdNr 13 mwN). Ausnahmsweise anderes kann nur gelten, wenn eine erneute Klage zulässig gewesen wäre. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil im Zeitpunkt der Rücknahme der Berufung eine Anfechtung des Bescheids vom 9.1.2012 fristgerecht (§ 88 SGG) nicht mehr möglich war (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 102 RdNr 11).

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 8. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des von der Beklagten an die Klägerin zu erbringenden Pflegegeldes nach dem 7. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die 1938 geborene und unter Betreuung ihres Sohnes stehende Klägerin ist bosnische und kroatische Staatsangehörige und bezieht seit 1993 staatliche Fürsorgeleistungen (zunächst nach dem AsylbLG, später nach dem BSHG und dem SGB XII). Seit 2006 erhält sie laufend Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Die Klägerin ist schwerbehindert, ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen „B“, „G“ und ab 19.03.2009 „aG“ wurden zuerkannt; mit Bescheid vom 05.11.2014 auch noch die Merkzeichen H und RF.

Die Versorgung der Klägerin im Krankheitsfall wurde von der Beklagten zunächst durch Krankenhilfeleistungen nach den Vorschriften des BSHG sichergestellt. Ab dem 01.01.2004 bis 31.12.2011 bestand bei der AOK A-Stadt im Rahmen eines Auftragsverhältnisses Versicherungsschutz. Zum 01.01.2012 ist die Klägerin - wiederum im Rahmen eines Auftragsverhältnisses nach § 264 SGB V - zur Barmer GEK gewechselt und dort statusversichert. Die Klägerin ist weder Mitglied in einer gesetzlichen noch einer privaten Pflegeversicherung. Zuletzt war die Klägerin im April 2015 rückwirkend ab 01.08.2014 in der Familienversicherung über die bosnisch-herzegowinischen Krankenversicherung ihres Ehemannes versichert ist (Schreiben Beklagte an die Klägerin vom 22.04.2015 und vom 27.04.2015, Schreiben der Barmer GEK vom 26.05.2015 im Beschwerdeverfahren L 4 KR 65/15 B ER). Die Barmer GEK gewährt rückwirkend ab 01.08.2014 Leistungsaushilfe im Auftrag der bosnischen Krankenversicherung. Eine Absicherung im Bereich der Pflegeversicherung besteht über den bosnisch-herzegowinischen Sozialversicherungsträger nicht.

Mit Schreiben vom 30.01.2008 beantragte der Sohn und Betreuer der Klägerin formlos die Gewährung von Hilfe zur Pflege. Daraufhin beauftragte die Beklagte den medizinischen Dienst der Krankenkassen in B. (MDK), ein Gutachten über die Pflegebedürftigkeit der Klägerin zu erstellen. Mit Gutachten vom 25.03.2008 stellte der MDK fest, dass ein Hilfebedarf von 49 min täglich für Zeiten der Grundpflege und ein Zeitaufwand von 45 min täglich für die hauswirtschaftliche Versorgung der Klägerin bestünden. Eine wesentliche Störung der Alltagskompetenz liege nicht vor. Eine Nachbegutachtung wurde für 09/2008 empfohlen.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 01.04.2008 für die Zeit ab 07.02.2008 Pflegegeld nach der Stufe 1 in Höhe von 205 € monatlich. Hiergegen erhob der Betreuer der Klägerin am 15.04.2008 Widerspruch. Die Klägerin sei in größerem Umfang auf die Hilfe einer Pflegeperson angewiesen, derzeit leiste er die Pflege allein.

Am 16.06.2008 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid und gewährte der Klägerin für die Zeit ab 01.07.2008 ein Pflegegeld in Höhe von 215 € monatlich. Auch gegen diesen Bescheid legte der Betreuer der Klägerin mit Schreiben vom 15.07.2008 Widerspruch ein.

Am 06.03.2009 übersandte der seinerzeit bevollmächtigte Rechtsanwalt eine umfassende Widerspruchsbegründung zur Pflegesituation (mit 57 medizinischen Anlagen). Die festgestellte Pflegestufe sei zu überprüfen; die angegriffenen Bescheide basierten auf einer unzureichenden und falschen Tatsachengrundlage.

Das zweite Gutachten des MDK vom 26.05.2009 kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein Zeitaufwand für die Grundpflege in Höhe von 92 min täglich und ein Zeitaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung im Umfang von 45 min täglich erforderlich seien. Aufgrund des geringen zeitlichen Aufwandes für die gesamte pflegerische Versorgung der Klägerin, sei aber weiterhin nur eine Einstufung in die Pflegestufe I möglich. Gleichwohl sei ein Fortschreiten der Demenzerkrankung erkennbar. Die Alltagskompetenz der Klägerin sei in erhöhtem Maße eingeschränkt.

Am 18.06.2009 erhob der Betreuer der Klägerin „Untätigkeitsklage“ zum Sozialgericht Regensburg (SG, S 4 SO 40/09).

Die E. wies die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide 01.04.2008 und 16.06.2008 mit zurück. Der Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin ergebe sich aus den beiden Gutachten des MDK.

Am 30.11.2009 hat die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin Klage zum SG (S 4 SO 91/09) erhoben. Der Klägerin sei ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen „B“, „G“ und „aG“ zuerkannt worden. Die Vielzahl von Gesundheitsstörungen lasse es gerechtfertigt erscheinen, Leistungen der Pflegestufe III zu gewähren.

Mit Änderungsbescheid vom 01.12.2009 hat die Beklagte ein Pflegegeld für die Zeit ab 01.01.2010 in Höhe von 225 € monatlich gewährt. Seit 01.01.2012 gewährt die Beklagte der Klägerin Leistungen in Höhe von 235 € monatlich; einen dies ausdrücklich umsetzenden Bescheid hat die Beklagte gleichwohl nicht erlassen.

Das SG hat zwei Gutachten bei dem Arzt für öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin, Umweltmedizin Dr. med. J. E. jeweils nach Hausbesuchen bei der Klägerin, eingeholt.

Im ersten Gutachten vom 05.07.2011 listete der Sachverständige als pflegerelevante Gesundheitsstörungen auf: dementielles Syndrom mit Gangunsicherheit und Blaseninkontinenz, chronische Depressionen mit Antriebsarmut, Ernährungsstörung im Rahmen der Demenz und der Depression sowie Beinkrampfadern mit Ödembildung an den Unterschenkeln. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass der anrechenbare Zeitaufwand für die Grundpflege (Körperpflege, Darm- und Blasenentleerung, Ernährung, Mobilität) bei etwa 142 min täglich liege und der zeitliche Aufwand für die gesamte pflegerische Versorgung - welche die hauswirtschaftliche Versorgung mit einschließe - bei etwa 202 min pro Tag liege. Der Übergang von Pflegestufe I zu Pflegestufe II habe zwischen März 2008 und Mai 2009 stattgefunden; es biete sich an, als Beginn des Vorliegens von Pflegestufe II den Februar 2009 als Stichtag heranzuziehen.

Das zweite - unter dem 29.10.2012 erstellte - Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass zwar eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes und des dementiellen Syndroms bei der Klägerin festzustellen sei; hieraus aber eine wesentliche Änderung des zeitlichen Pflegebedarfes oder gar eine andere Pflegestufe nicht resultiere. Der zeitliche Aufwand für die gesamte pflegerische Versorgung der Klägerin liege bei etwa 200 min pro Tag.

Das SG hat durch Beschluss vom 05.09.2011 die Verfahren S 4 SO 40/09 und S 4 SO 91/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2013 hat es die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2009 verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab 01.02.2009 Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige (Stufe 2) zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Das SG hat die Voraussetzungen für eine Leistungsberechtigung nach § 61 SGB XII und für einen Anspruch auf Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach § 64 Abs.2 SGB XII i.V.m § 37 Abs. 1 S.3 Nr. 2 SGB XI ab 01.02.2009 bejaht und ist dabei den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen Dr. E. gefolgt. Das SG ist von einem täglichen Grundpflegebedarf von 140 - 142 Minuten und einem Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von 60 Minuten ausgegangen.

Gegen den am 20.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 14.03.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Es sei davon auszugehen, dass ein weiterer Pflegeaufwand im Umfang von 40 min täglich bestehe. Der zweite Bevollmächtigte der Klägerin hat in der ergänzenden Berufungsbegründung vom 25.03.2014 einen Grundpflegeaufwand von 250 Minuten geltend gemacht und dabei Angaben der Pflegerin Frau J. und des Betreuers zugrunde gelegt.

Die Klägerin beantragt;

die Beklagte unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Regensburg vom 8. Februar 2013 und unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2008, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2009 und des Bescheides vom 04.03.2013 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit ab 01.02.2009 Pflegegeld für Schwerstpflegebedürftige zu gewähren.

Am 11.02.2015 hat der Betreuer der Klägerin außerdem beantragt,

der Klägerin Schmerzensgeld, Schadensersatz, Opfergeld nach OEG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der vom Betreuer vorgenommenen Klageänderung hat die Beklagte am 04.03.2015 ausdrücklich widersprochen.

Mit Änderungsbescheid vom 04.03.2013 hat die Beklagte den Bescheid vom 01.12.2009 aufgehoben und der Klägerin ab 01.03.2013 ein Pflegegeld in Höhe von 440 € monatlich gewährt. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 hat die Beklagte der Klägerin 10.045 € als Pflegegeld nachgezahlt.

Mit Beschluss vom 11.09.2014 hat der Senat der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwälte H., E., G., F-Stadt beigeordnet. Die Beiordnung hat der Senat mit Beschluss vom 12.03.2015 auf Antrag der beigeordneten Rechtsanwälte wieder aufgehoben.

Der Senat hat ein medizinisches Sachverständigengutachten nach Hausbesuch von Dr. D., vom 29.12.2014 eingeholt. Dieser kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein Pflegeaufwand von 161 min pro Tag für Körperpflege, Ernährung und Mobilität bestehe. Für hauswirtschaftliche Versorgung würden 60 min Pflege benötigt, so dass insgesamt ein täglicher Pflegeaufwand von 221 min vorliege. Die Alltagskompetenz der Klägerin sei seit September 2008 in erhöhtem Maße eingeschränkt.

Der Betreuer der Klägerin hat das Gutachten von Dr. D. durch die Pflegerin Frau J. handschriftlich kommentieren lassen und einen höheren Pflegeaufwand geltend gemacht.

Der Beklagte hat auf Nachfrage des Senats ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf ein nach § 123 SGB XI erhöhtes Pflegegeld wegen der Einschränkung der Alltagskompetenz habe, weil dieser Anspruch nach § 123 SGB XI nur gesetzlich Pflegeversicherten zustünde und nicht zu einer Ausweitung des sozialhilferechtlichen Pflegeanspruches führe. Dies ergebe sich aus der Rechtssystematik, der amtlichen Begründung zu § 124 SGB XI und aus dem gesetzgeberischen Willen (vgl. Schreiben des BMAS vom 24.06.2013).

Zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45 a SGB XI seien nicht Gegenstand eines weiterverfolgten weiteren Verwaltungsverfahrens geworden. Der Betreuer der Klägerin habe diese Leistungen am 19.12.2008 beantragt. Die Beklagte habe die Klägerin mit Schreiben vom 19.01.2009, 15.06.2009 darüber informiert, dass die Leistungen nur zweckgebunden für qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen gewährt werden könnten. In einem weiteren Informationsschreiben an die damalige Bevollmächtigte vom 02.07.202009 seien die Voraussetzungen der Leistungen erläutert worden. Den gegen das Infoschreiben erhobenen Widerspruch habe die Bevollmächtigte am 31.08.2009 wieder zurückgenommen. Die Beklagte gehe daher davon aus, dass der ursprüngliche Antrag nicht weiterverfolgt worden sei. Im Übrigen seien keinerlei Rechnungen über entsprechende qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen eingereicht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2013 ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf ein höheres Pflegegeld für die Zeit ab 01.02.2009 zu.

2. Der Senat durfte in seiner nach Geschäftsverteilungsplan A 2015 geregelten Besetzung mit der dort vorgesehenen Vertreterin über die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Regensburg vom 08.02.2013 entscheiden. Das Befangenheitsgesuch vom 22.06.2015, eingegangen bei LSG am 23.06.2015 um 11:06 h war unzulässig und offensichtlich missbräuchlich. Einer gesonderten Entscheidung über das Befangenheitsgesuch bedurfte es nicht (Keller in Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 60 Rn. 10 e).

Über ein offensichtlich unzulässiges und rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch können Gerichte unter Beteiligung der abgelehnten Richter entscheiden. Das Verbot der Selbstentscheidung (§§ 60 Abs. 1 SGG, 45 I ZPO) gilt insoweit nicht (vgl. BAG, Beschl. v. 7.2.2012 - 8 AZA 20/11).

Eine Ausnahme von dem in § 45 ZPO verankerten Verbot der Selbstentscheidung gilt für rechtsmissbräuchliche Ablehnungsanträge, welche offensichtlich und ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt werden (BeckOK ZPO § 45, Rn. 7 Autor: Vossler Beck’scher Online-Kommentar ZPO Hrsg: Vorwerk/Wolf, Stand: 01.03.2015, BGH NJW-RR 2005, 1226; OLG Karlsruhe MDR 2014, 242, OLG Köln JMBl NW 2009, 89; BAG NJW 2012, 1531; Musielak/Heinrich ZPO § 45 Rn. 3; Zöller/Vollkommer ZPO § 45 Rn. 4; Ghassemi-Tabar/Nober NJW 2013, 3686 f.). Ein offensichtlich unzulässiges und rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch liegt jedenfalls dann vor, wenn nicht erkennbar ist, dass das Gesuch überhaupt auf einen Grund gestützt werden soll, der die Besorgnis der Befangenheit auslösen und einen Ablehnungsgrund darstellen könnte.

An die Offensichtlichkeit des Rechtsmissbrauchs sind (vgl. dazu die Einschätzung des Gesetzgebers in § 26a StPO, BVerfG NJW 2005, 3410) strenge Maßstäbe anzulegen. Eine Selbstentscheidung ist daher nur zulässig, wenn die Begründung des Ablehnungsersuchens jeder Substanz entbehrt, so dass seine Verwerfung ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand nicht erfordert. Ist dies nicht der Fall, kommt eine Selbstentscheidung nicht in Betracht, da sich der abgelehnte Richter über eine bloße formale Prüfung hinaus durch die inhaltliche Entscheidung eines gegen ihn gerichteten Ablehnungsantrags nicht zum Richter in eigner Sache machen darf.

Bei Anträgen ohne oder mit nur substanzloser Begründung ohne hinreichenden Bezug zum konkreten Rechtstreit (Musielak/Heinrich ZPO § 45 Rn. 3) - wie hier - ist eine Selbstentscheidung geboten. Es wird kein Ablehnungsgrund genannt. Ein solcher muss aber gem. § 42 Abs. 1 i. V. m. § 44 Abs. 2 S. 1 ZPO vorgebracht werden. Einem fehlenden Ablehnungsgrund steht es gleich, wenn die Begründung zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist (BVerfG 2.6.05, 2 BvR 625/01, NJW 05, 3410, 3412; Ghassemi-Tabar/Nober NJW 13, 3686, 3687), z. B. wenn keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen werden (BVerwG NJW 97, 3327). Dies ist etwa der Fall, wenn der Beteiligte nur Wertungen ohne tatsächliche Substanz vorbringt.

Die Klägerin lehnt hier alle Richter in den Verfahren L 8 SO 3/13, L 8 SO 63/13, L 8 SO 50/13 und L 8 SO 51/13 ab und „weist reine deutsche Richter ausdrücklich zurück“. Es gäbe genügend andere EU Richter, die nicht reiner deutscher Herkunft seien, die entscheiden könnten sowie an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen könnten. Der Wunsch der Klägerin, die Richterbank nach bestimmten Nationalitäten zu besetzen, ist ein völlig ungeeigneter und nicht substantiierter Vortrag. Die Klägerin stellt ihren Befangenheitsantrag zudem unzulässiger Weise unter eine innerprozessuale Bedingung. So wird der Befangenheitsantrag gestellt, falls das Gericht die Absicht habe, die Verfahren abzuhandeln.

Damit nennt die Klägerin keinen Ablehnungsgrund i. S. § 42 Abs. 1, 2 ZPO. Das Gesuch ist rechtsmissbräuchlich und wird allein in Verschleppungsabsicht gestellt, weil die Klägerin mit dem Gesuch ausschließlich die Verzögerung des Verfahrens bezweckt. Sie versucht damit, den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu verhindern und verfolgt verfahrensfremde Zwecke. Die Klägerin, die im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren schon durch eine Vielzahl von Prozessbevollmächtigten vertreten war, zu denen das Mandatsverhältnis immer wieder nachhaltig gestört war und beendet wurde, versucht, einem weiteren Bevollmächtigten ein Mandat zu erteilen, der dies aber schon abgelehnt hat. Einen Verlegungsantrag nach § 202 SGG, § 227 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin nicht gestellt.

3. Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2015 auch in Abwesenheit der Klägerin entscheiden, da dem Betreuer der Klägerin mit Postzustellungsurkunde vom 02.06.2015 ordnungsgemäß der Termin mitgeteilt wurde und in der Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass im Falle eines Ausbleibens ein Urteil nach Lage der Akten ergehen könne (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Dass der Betreuer Kenntnis vom Termin hatte, ergibt sich zudem aus seinen Schreiben vom 22.06.2015, 20.06.2015 und 17.06.2015.

Die Terminsmitteilung (mit dem Hinweis auf § 110 SGG) wurde auch dem neuen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des neuen Bevollmächtigten vom 21.05.2015. Der Senat hat der Klägerin mit Beschluss vom 19. Mai 2015 auf deren Antrag den neuen Bevollmächtigten im Rahmen der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet. Der neue Bevollmächtigte wurde am 18.06.2015 auch vom Betreuer der Klägerin bevollmächtigt.

4. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2013 ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf ein höheres Pflegegeld für die Zeit ab 01.02.2009 zu.

Gegen die Entscheidung des SG vom 8. Februar 2013 ist die Berufung zulässig, da sie nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht ausgeschlossen ist (§ 143 SGG). Die Klägerin begehrt für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr laufenden höhere Geldleistungen, so dass die Berufung nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthaft ist. Die Berufung ist zulässig und form- und fristgemäß eingelegt (§ 151 SGG).

5. Streitgegenständlich ist das mit der Berufung geltend gemachte Pflegegeld nach der Pflegestufe III für die Zeit ab 01.02.2009.

6. Soweit die Klägerin mit der Berufung auch einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen eines vermeintlichen Vertrauensschadens und einer Amtspflichtverletzung

geltend macht, handelt es sich um eine unzulässige Klageänderung im Berufungsverfahren, weil sich weder die Beklagte darauf eingelassen hat (vgl. Schreiben vom 04.03.2015) noch der Senat die Klageänderung für sachdienlich hält (§ 99 Abs. 1 SGG).

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 04.03.2015 einer diesbezüglichen Klageänderung ausdrücklich widersprochen.

Damit liegt auch keine zulässige, in der Berufungsinstanz erstmals erhobene Klage auf Schadensersatz aus Amtshaftung vor, die vom anhängigen Verfahren abzutrennen und als erstinstanzliche Klage in der Berufungsinstanz zu erfassen wäre (BSG, Urteil vom 28.03.2000, Az.: B 8 KN 3/98 UR, Rz. 12, Bayer. LSG Beschluss vom 24.11.2014, L 7 SF 250/14 KL, vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -). Ein solche würde voraussetzen, dass ein Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 3 GG vorläge, der kraft gesetzlicher Fiktion nicht als Klageänderung anzusehen ist. Hier macht die Klägerin aber unverändert auch noch originäre Ansprüche auf höheres Pflegegeld weiter neben vermeintlichen Schadensersatzansprüchen geltend.

Ein Ausnahmefall, der dem Senat über die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG als Rechtsmittelgericht eine eigene Kompetenz geben könnte, über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden, liegt nicht vor, da in erster Instanz keine Entscheidung in der Hauptsache im Sinn von § 17a Abs. 5 GVG über den Amtshaftungsanspruch getroffen werden konnte und getroffen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2012, Az.: B 13 R 473/11 B). Der Senat ist deshalb nicht verpflichtet, kraft eigener Kompetenz über die Amtshaftungsanspruch zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010, Az.: B 13 R 63/10 B).

7. Streitgegenständlich sind nicht mehr die von der Klägerin ursprünglich angegriffenen Verwaltungsentscheidungen vom 01.04.2008, vom 16.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 28.10.2009 und vom 01.12.2009. Denn die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 04.03.2013 den Bescheid vom 01.12.2009 für die Zeit ab 01.03.2013 aufgehoben und der Klägerin ab 01.03.2013 ein Pflegegeld in Höhe von 440 € monatlich gewährt. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 hat die Beklagte der Klägerin 10.045 € als Pflegegeld entsprechend der Verurteilung im Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2008 nachgezahlt. Ihr Klageziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, 4 SGG die auf die Gewährung eines höheren Pflegegeldes ab 01.02.2009 gerichtet ist. Die Beklagte hat der Klägerin mit den angegriffenen Bescheiden Pflegegeld nach der Pflegestufe I bewilligt, zwischenzeitlich aber ab 01.02.2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe 2 gewährt.

8. Die Klägerin hat für die Zeit ab 01.02.2009 einen Anspruch auf Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach der Pflegestufe II. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe III für Schwerstpflegebedürftige.

a) Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum leistungsberechtigt im Sinne des § 61 Abs. 1 SGB XII. Danach erhalten Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege. Aufgrund der diagnostizierten Erkrankungen der Klägerin, die zuletzt in dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. D. vom 29.12.2014 bestätigt wurden (Demenz bei Alzheimer-Krankheit, Stuhlinkontinenz, Harninkontinenz, chronisch venöse Insuffizienz beider Beine, Schulterversteifung bds. bei Oberarmfraktur rechts, Arthrose beider Hüftgelenke, Arthrose beider Kniegelenke, Mangelernährung, degeneratives Wirbelsäulensyndrom) liegen damit Krankheiten und Behinderungen i. S. § 61 Abs. 3 Nrn. 1-3 SGB XII vor, wegen der die Klägerin der Hilfe bei den gewöhnlichen Verrichtungen des täglichen Lebens im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 61 Abs. 5 SGB XII) dauerhaft bedarf.

Die Klägerin ist auch nicht pflegeversichert und hat demnach keinen Anspruch auf (vorrangige) Leistungen der Pflegeversicherung nach dem SGB XI (§ 2 SGB XII, § 13 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Klägerin war nie Mitglied der gesetzlichen Pflegeversicherung. Die Zuerkennung einer zum 01.08.2014 rückwirkenden Familienversicherung in der bosnisch-herzegowinischen Krankenversicherung ihres Ehemannes im Wege der Leistungsaushilfe der Barmer GEK vermittelt der Klägerin keinen Zugang zur deutschen Pflegeversicherung. Im Übrigen hätte sie dort selbst dann, wenn sie über ihren Ehemann in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 25 SGB XI familienversichert wäre, eine Karenzzeit von zwei Jahren Versicherungszeit (§ 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB XI).

b) Die Hilfe zu Pflege umfasst gemäß § 61 Abs. 2 SGB XII auch die häusliche Pflege nach § 63 SGB XII. Sie dient dazu, den Zweck des § 63 SGB XII zu erreichen, nämlich es dem Pflegebedürftigen zu ermöglichen, seine Pflege durch nahe stehende Personen oder durch Nachbarschaftshilfe zu sichern. Dabei ist das Pflegegeld nicht dazu gedacht, die genannten Personen für ihre Pflegehilfe zu bezahlen. Das Pflegegeld dient vielmehr dazu, deren Pflegebereitschaft zu erhalten und zu stärken, indem ihnen etwa kleinere Zuwendungen gewährt werden (BVerwGE 92, 220 = NVwZ 1994, 490; OVG Frankfurt/Oder, FEVS 54, 371; VGH Kassel, Behindertenrecht 2004, 88). Dies schließt nicht aus, dass der Pflegebedürftige den Pflegepersonen aus dem Pflegegeld regelmäßig Zahlungen zukommen lässt. Die Gewährung von Pflegegeld gemäß § 64 SGB XII ist dabei die wichtigste Leistungsart der häuslichen Pflege. In terminologischer und inhaltlicher Hinsicht knüpfen § 64 Abs. 1 - 3 SGB XII an die entsprechenden Regelungen in § 15 und § 37 SGB XI an. Anders als in den parallelen Vorschriften des SGB XI fehlt in § 64 Abs. 1 - 3 SGB XII zwar der Begriff der Pflegestufe; gleichwohl entsprechen die drei Grade der Pflegebedürftigkeit nach § 64 Abs. 1-3 SGB XII den pflegeversicherungsrechtlichen Pflegestufen nach § 15 SGB XI (zu all dem Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 64 Rz. 2 und 8).

c) § 64 XII unterscheidet in seinen Absätzen 1 - 3 zwischen erheblich Pflegebedürftigen, Schwerpflegebedürftigen und Schwerstpflegebedürftigen. Erheblich pflegebedürftig sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Eine Zuordnung zur Schwerpflegebedürftigkeit setzt voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Schwerstpflegebedürftig sind endlich solche, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI präzisiert den Terminus der Schwerpflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) dahingehend, dass der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden zu betragen hat, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssen. Unter Grundpflege ist gemäß § 14 Abs. 4 Nrn.1 - 3 SGB XI die Hilfe bei gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität, unter hauswirtschaftlicher Versorgung gemäß § 14 Abs. 4 Nr.4 SGB XI die Hilfe bei der Nahrungsbesorgung und -zubereitung, bei der Kleidungspflege sowie bei der Wohnungsreinigung und Beheizung zu verstehen. Dagegen muss nach § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI der Zeitaufwand in Pflegestufe III wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens fünf Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens drei Stunden entfallen müssen.

d) Daran gemessen liegen lediglich die Voraussetzungen für die Gewährung eines Pflegegeldes für Schwerpflegebedürftige (Pflegestufe II) vor; der tägliche Grundpflegebedarf der Klägerin betrug im streitgegenständlichen Zeitraum seit dem 01.02.2009 mehr als die nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI geforderten 120 Minuten. Ein für Leistungen der Pflegestufe III täglich notwendiger Zeitaufwand für Grundpflegeleistungen in Höhe von mindestens 240 Minuten (§ 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI) lässt sich hingegen nicht feststellen.

Diese Erkenntnis des Senats ergibt sich aus den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. E. vom 05.07.2011 und 29.10.2012 und dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. D. vom 29.12.2014.

Danach ist der Pflegebedarf der Klägerin im Laufe der Zeit angewachsen, er erreicht unverändert aber nicht die für die Zuerkennung der Pflegestufe III erforderliche Schwelle von täglich 240 Minuten Grundpflege.

Dies ergibt sich aus dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten des sozialmedizinischen Sachverständigen Dr. D. vom 29.12.2014, der die Klägerin im Rahmen eines Hausbesuches begutachtet hat. Das Gutachten gibt die häusliche Pflegesituation der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar wieder. Der medizinische Sachverständige hat zunächst die pflegebegründende Vorgeschichte anhand der Akten und der Angaben des Sohnes und Betreuers der Klägerin dargestellt. Anschließend hat er die pflegebegründenden Diagnosen und Befunde und funktionelle Einschränkungen der Klägerin aufgrund eigener Untersuchung beschrieben. Nach der Inaugenscheinnahme hat der Sachverständige die Versorgungssituation der Klägerin beschrieben. In seiner Beurteilung der Pflegesituation hat der medizinische Sachverständige zunächst die Behinderung der Klägerin als Demenz schweren Grades mit kognitiven Beeinträchtigungen und Verlust der selbstständigen Handlungsfähigkeit, eine Stuhl- und Harninkontinenz, erhebliche Beeinträchtigung des Bewegungsapparats und eine allgemeine körperliche Schwäche bei Unterernährung festgestellt. Sodann hat er, in Übereinstimmung mit den Richtlinien des GKV- Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI und der Hilfsmittel-Richtlinie sowie dem Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes zunächst den Hilfebedarf der Klägerin in den vier Kategorien Körperpflege, Ernährung, Mobilität und Hauswirtschaft tabellarisch beschrieben und anschließend bewertet, bevor er abschließend die vom Senat gestellten Beweisfragen beantwortet hat. Seinem Gutachten hat er eine vom Betreuer und der Pflegerin Frau J. unterzeichnete Aufstellung des Tagesablaufes der Klägerin und den jüngsten Bescheid des ZBFS vom 05.11.2014 beigefügt.

Das Gutachten beschreibt den Pflegebedarf der Klägerin und deren Bedarf an Pflegehilfsmitteln nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es zeigt eine sich verschlechternde Entwicklung bei der Klägerin verglichen mit den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. E. vom 05.07.2011 und 29.10.2012. In der Zusammenschau aller drei Gutachten ergibt sich ein in sich schlüssiges Bild von der Pflegesituation und dem daraus resultierenden Pflegebedarf der Klägerin.

Der medizinische Sachverständige hat verrichtungsbezogen den Zeitbedarf für die einschlägigen Verrichtungen in Übereinstimmung mit der nach § 17 SGB XI erlassenen Pflegebedürftigkeitsrichtlinie und Begutachtungsrichtlinie erfasst. Er hat sich dabei an den in den Begutachtungsrichtlinien (BRi) festgelegten Zeitkorridoren orientiert, die Orientierungswerte für die Pflegezeitbemessung der Verrichtungen der Grundpflege geben. Das Gutachten stützt sich auf die individuellen Pflegebedürfnisse der Klägerin, die der Sachverständige in ihrem häuslichen Umfeld begutachtet hat. Der Gutachter berücksichtigt Pflege erschwerende und erleichternde Faktoren und legt einen individuellen Maßstab bezogen auf das konkrete Wohnumfeld der Klägerin an.

In der tabellarischen Darstellung des Hilfebedarfes stellt der Sachverständige in Übereinstimmung mit der im Text beschriebenen Pflegesituation im Bereich der Körperpflege fest, dass die Klägerin diese überhaupt nicht mehr selbst ausführen kann. Daher werden alle beschriebenen einzelnen Verrichtungen in dem Gutachten nachvollziehbar mit der vollständigen Übernahme beschrieben. Die einzelnen Zeitangaben für die Verrichtungen Waschen (Teilwäsche Hände/Gesicht, Duschen/Baden, Zahnpflege, Kämmen) betragen 34 Minuten täglich, wobei das Duschen/Baden entgegen der Beschreibung der Pflegerin täglich mit 20 Minuten angesetzt wird, obwohl im Wechsel auch Ganzkörperwäschen im Bett durchgeführt werden. Diese sind jedoch nach den BRi Punkt F 4.1 mit einem Orientierungswert von 20 - 25 Minuten zu bewerten, für das Duschen/Baden werden nach BRi hingegen 15 -20 Minuten angesetzt. Das tägliche Berücksichtigen einer Dusche/Bad mit 20 Minuten ist daher sachgerecht. Eine Hilfestellung beim Einsteigen in die Badewanne ist im Bereich der Mobilität „Stehen“ zu berücksichtigen (BRi); dies wurde vom Sachverständigen auch so vermerkt.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Pflegebedarf der Klägerin an Verrichtungen zur Körperpflege zutreffend vom medizinischen Sachverständigen mit insgesamt 76 Minuten bewertet wurde und in diesem Umfang auch besteht. Aus der durch die Pflegerin handschriftlich kommentierten Version des Gutachtens (Schreiben des Betreuers der Klägerin vom 11.02.2015) ergibt sich kein höherer Bedarf. Dort werden die vom Gutachter eingeschätzten Zeitanteile jeweils mit dem Zusatz: „Unmöglich zu schaffen aufgrund wegen Abwehrhaltung“ kommentiert. Dieses pflegeerschwerende Verhalten hat der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten berücksichtigt (vgl. Gutachten vom 29.12.2014, S. 4).

Im Bereich der Ernährung liegt zur Überzeugung des Senats ein verrichtungsbezogener Pflegebedarf von insgesamt 51 Minuten täglich vor. Auch hier geht der Senat davon aus, dass ebenfalls eine vollständige Übernahme durch die Pflegeperson erfolgt. Dies kommt in dem Gutachten durch die Einschätzung „VÜ“ vollständige Übernahme zum Ausdruck. Der Gutachter hat entsprechend der BRi für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung 6 Minuten täglich eingerechnet. Nach BRi Ziffer D 4.2 Punkt 8 gehört zur „mundgerechten“ Zubereitung der Nahrung allein die letzte Maßnahme vor der Nahrungsaufnahme, z. B. das Zerkleinern in mundgerechte Bissen, das Heraustrennen von Knochen und Gräten, das Einweichen harter Nahrung bei Kau- und Schluckbeschwerden und das Einfüllen von Getränken in Trinkgefäße. Erfasst werden nur solche Maßnahmen, die dazu dienen, die bereits zubereitete Nahrung so aufzubereiten, dass eine abschließende Aufnahme durch den Antragsteller erfolgen kann. Hierzu zählen nicht das Kochen oder das Eindecken des Tisches. Zur Aufnahme der Nahrung gehören die Nahrungsaufnahme in jeder Form (fest, breiig, flüssig) wie auch die Verabreichung von Sondennahrung mittels Ernährungssonde einschließlich der Pflege der Sonde und die Verwendung von Besteck oder anderer geeigneter Geräte (z. B. behindertengerechtes Geschirr oder Essbesteck), um Nahrung zum Mund zu führen. Notwendige Aufforderungen zur bedarfsgerechten Aufnahme der Nahrung in fester, breiiger und flüssiger Form (Essen und Trinken), die eine Überwachung und/oder Erledigungskontrolle erfordern, sind beim Hilfebedarf zu berücksichtigen, wenn der Antragsteller aufgrund fehlender Einsichtsfähigkeit dazu nicht in der Lage ist.

Die vom medizinischen Sachverständigen angesetzten Zeitanteile stehen in Übereinstimmung mit den Orientierungswerten in den BRi und sind auch angesichts der Beschreibung des Pflegeablaufes in der dem Gutachten beigegebenen Beschreibung durch die Pflegeperson vom 29.12.2014 nachvollziehbar. Zutreffend hat der Sachverständige auch das Pürieren der Nahrung der hauswirtschaftlichen Zubereitung des Essens zugeschlagen. Er hat ebenso zutreffend das darüber hinausgehende mundgerechte Zubereiten mit täglich sechs Minuten angesetzt.

Im Bereich der Mobilität sieht der Senat einen verrichtungsbezogenen Bedarf der Klägerin im Umfang von insgesamt 34 Minuten. Der Senat folgt auch hier der Einschätzung von Dr. D., der für das Aufstehen und Zubettgehen einen Bedarf von 4 Minuten, für die vollständige Übernahme des Ankleidens 16 Minuten, für das Entkleiden 8 Minuten und für Gehen, Stehen/Transfer einen Bedarf von 6 Minuten berücksichtigt hat. Auch diese Werte stehen in Übereinstimmung mit den BRi, die für Ankleiden 8 -10 Minuten, für das Entkleiden gesamt 4-6 Minuten vorsehen. Der vom Sachverständigen berücksichtigte höhere Zeitanteil resultiert nachvollziehbar aus der Berücksichtigung des erhöhten Aufwandes beim An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Klasse 2. Die Einschätzung der Zeitanteile für die Mobilität ist schlüssig, nachdem sich die Klägerin nicht mehr allein in der kleinen Wohnung bewegt und einen Positionswechsel (vom Pflegebett zur Couch) nur mit Unterstützung der Pflegeperson vornimmt. Schlüssig ist auch die Begründung des Gutachters, wonach die Klägerin noch nicht vollständig bettlägerig ist und kein zusätzlicher Bedarf an Umlagerungen tagsüber oder nachts gesehen wird, nachdem die Klägerin zwar bewegungseingeschränkt, aber nicht bewegungsunfähig ist.

Somit ergibt sich ein Bedarf an Grundpflege im Umfang von 161 Minuten täglich, der der Einschätzung in die Pflegestufe II (mindestens 120 Minuten Grundpflege) entspricht. Ein Grundpflegebedarf von 240 Minuten, wie er der Pflegestufe III nach § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI entspräche, ist nicht begründbar.

Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung der Klägerin ist nach den BRi Ziffer D 4.4 der tatsächlich anfallende individuelle Hilfebedarf zu bewerten und der Zeitaufwand in Stunden pro Woche abzuschätzen. Es sind nur die Tätigkeiten bei Verrichtungen zu berücksichtigen, die sich auf die Versorgung der Antragstellerin selbst beziehen. Die Versorgung möglicher weiterer Familienmitglieder bleibt unberücksichtigt. Wenn ein krankheits- und/oder behinderungsbedingter Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht, ist er zu berücksichtigen, auch wenn die Versorgung durch Dritte (z. B. Putzfrau, Essen auf Rädern, Angehörige) erfolgt. Die hauswirtschaftliche Versorgung umfasst das Einkaufen, das Kochen, das Reinigen der Wohnung, das Spülen und das Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung. Der vom Sachverständigen angesetzte Bedarf von täglich 60 Minuten ist nachvollziehbar und schlüssig.

Damit ergibt sich insgesamt ein täglicher Pflegebedarf der Klägerin im Umfang von 221 Minuten, so dass die Einstufung in die Pflegestufe II insgesamt zutreffend ist. Das SG hat die Beklagte bereits zur Zahlung eines Pflegegeldes nach der Pflegestufe II verpflichtet.

Von Seiten der Klägerin wurden keine substantiierten Einwände gegen die Richtigkeit des Gutachtens vorgebracht. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass die Angaben zum Zeitaufwand „unrealistisch“ seien, ohne dies aber im Einzelnen ausführlich und einleuchtend zu begründen. So wird pauschal behauptet, dass die Zeitangaben aus dem Gutachten aufgrund der Abwehrhaltung der Klägerin unmöglich einzuhalten seien. Im Bereich der Mobilität werden mindestens 4 wöchentliche Fahrten an die Frischluft angegeben, die der Gutachter vergessen habe. Berücksichtigungsfähig sind bei der Mobilität jedoch nur solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen. Weitere Hilfen - z. B. bei Spaziergängen oder Besuchen von kulturellen Veranstaltungen - sind nicht berücksichtigungsfähig (Koch in Kasseler Kommentar, § 14 SGB X, Rn. 19).

Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass eine „minutengenaue“ Bestimmung des Pflegeaufwandes nicht möglich ist und den eingeholten Sachverständigengutachten eine gewisse Ungenauigkeit wesensimmanent ist, kann - auch unter Berücksichtigung einer „Fehlertoleranz“ - ein Zeitaufwand für die Grundpflege von über 240 Minuten - anstatt der vom Sachverständigen festgestellten 161 Minuten - ohne weiteres ausgeschlossen werden. Denn selbst wenn man der zeitlichen Einschätzung des Grundpflegebedarfes die jeweils höheren Werte aus den Zeitkorridoren der BRi zugrunde legt, ergäbe sich im Bereich der Körperpflege ein höherer Bedarf von insgesamt 35 Minuten, bei der Ernährung von plus 18 Minuten und bei der Mobilität von plus 4 Minuten, insgesamt somit plus 57 Minuten. Selbst bei dieser „worst-case“ Berechnung anhand der oberen Werte aus der BRi läge der Pflegebedarf für die Grundpflege unterhalb von 240 Minuten (nämlich bei 218 Minuten).

In Übereinstimmung mit dem SG weist der Senat darauf hin, dass die Vielzahl der bei der Klägerin vorliegenden medizinischen Befunde und Diagnosen keine höhere Pflegestufe rechtfertigt. Endlich geht auch das Vorbringen, die Schwerbehinderung der Klägerin sei nicht ausreichend gewürdigt worden, an der Sache vorbei. Die Feststellung der Merkzeichen „B“, „G“ und „aG“ nach dem Schwerbehindertenrecht hat keine Bindungswirkung für das Recht des SGB XI. Die Rechtsprechung hat bereits früh darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen einer Zuordnung zu den Pflegestufen des SGB XI nur nach den darin enthaltenen Kriterien zu ermitteln sind (BayLSG, Urteil vom 14.12.2011 - Az.: L 2 P 72/10, Rz. 24 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 26.11.1998 - Az.: B 3 P 20/97 R).

e) Die Höhe des Pflegegeldes bemisst sich danach, in welche der drei Pflegestufen die Hilfeempfängerin eingestuft ist. Für die Pflegegeldhöhe verweisen die Absätze 1-3 des § 64 SGB XII auf die in § 37 SGB XI genannten Beträge. Danach beträgt das Pflegegeld in der Pflegestufe II für den Zeitraum bis 31.12.2009 420 € monatlich, ab 01.01.2010

430 € monatlich und ab 01.01.2012 440 € monatlich und ab 01.01.2015 458 € monatlich.

Da die Beklagte ursprünglich lediglich Leistungen der Pflegestufe I gewährt hat, waren die entsprechenden Differenzbeträge zur Pflegestufe II nachzubezahlen und künftig Leistungen der Pflegestufe II zu gewähren. Für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 28.02.2013 ergab sich somit zugunsten der Klägerin eine von der Beklagten zu leistende Nachzahlung in Höhe von insgesamt 10.045 €. Ab 01.03.2013 gewährt die Beklagte der Klägerin Leistungen in Höhe von monatlich 440 € (Bescheid vom 04.03.2013). Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte der Klägerin entsprechend der gesetzlichen Anhebung ab 01.01.2015 monatlich 458 € als Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige gewährt.

f). Aus dem Umstand, dass die Klägerin nach den schlüssigen Feststellungen des Gutachters, denen der Senat folgt, erheblich in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt ist, und ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung i. S. § 45 a SGB XI vorliegt, ergibt sich kein höherer Anspruch auf Pflegegeld. Die Klägerin ist zwar in den Bereichen aus § 45 a Abs. 2 S. 1 Nrn. 6, 7, 8, 9, 10, 13 SGB XI eingeschränkt (Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen; Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression oder Angststörung; Störungen der höheren Hirnfunktionen (Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben; Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus; Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren; zeitlich überwiegend Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit aufgrund einer therapieresistenten Depression). Daraus lässt sich jedoch kein Anspruch auf höheres Pflegegeld nach § 64 Abs. 2 SGB XII i. V. m. § 37 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 SGB XI ableiten.

Die zusätzlichen Verrichtungen bedingen einen Pflegebedarf nach § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII i. S. des erweiterten Pflegebegriffs in der Sozialhilfe, wonach auch andere Verrichtungen als die in § 61 Abs. 5 SGB XII genannten gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen den Pflegebedarf begründen können.

Der Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen entsprechend § 45 b SGB XI ist jedoch zweckgerichtet auf die Inanspruchnahme von qualitätsgesicherten Betreuungsleistungen (§ 45 b Abs. 1 S. 5 SGB XI).

Das Ausgrenzen allgemeinen Aufsichts- und Betreuungsbedarfs aus dem relevanten Pflegebedarf erweist sich gerade bei geistig oder seelisch behinderten Menschen als problematisch, da bei ihnen im Wesentlichen nur dieser Pflegebedarf besteht, der zudem ein großes zeitliches Ausmaß erlangen kann. Dieses Problem ist jetzt durch das Gesetz zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz - PflEG) vom 14.12.2001 (BGBl. I S. 3728), zuletzt geändert durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz vom 28.05.2008 (BGBl I S. 874) zum Teil entschärft. Danach ist ein neuer Abschnitt in das SGB XI (§§ 45a ff. SGB XI) eingefügt worden, der Leistungen für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf vorsieht. Die entsprechenden Defizite in der Alltagskompetenz sind in § 45 a Abs. 2 Nr. 1 bis 13 SGB XI abschließend aufgezählt. Als Leistung ist nach § 45 b Abs. 1 SGB XI höchstens ein Betrag von 100 € monatlich (Grundbetrag) oder von 200 € (erhöhter Betrag) vorgesehen. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für Aufwendungen, die durch qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen entstehen. Gleichzeitig ist eine neuer § 13 Abs. 3a SGB XI eingefügt worden, wonach die Leistungen nach § 45 b SGB XI bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege (also der Sozialhilfe) keine Berücksichtigung finden (Grube a. a. O. § 61 Rn. 24).

Ein Anspruch auf Pflegegeld aus der Sozialhilfe besteht jedoch nur für die in § 64 SGB XII genannten Verrichtungen der Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftlichen Versorgung. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Norm, der Verwendung der Begrifflichkeiten (erheblich Pflegebedürftige, Schwerpflegebedürftige und Schwerstpflegebedürftige, die identisch mit den Begriffen aus §§ 15 Abs. 1 SGB XI) sowie aus der Verweisung auf die Vorschrift des § 37 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1-3 SGB XI.

Im Übrigen hat die Klägerin am 19.12.2009 und erneut am 20.06.2009 bei der Beklagten zusätzliche Betreuungsleistungen beantragt. Die Beklagte informierte die Klägerin daraufhin am 19.01.2009 und am 15.06.2009 sowie am 02.07.2009 über die Voraussetzungen der Gewährung zusätzlicher qualitätsgesicherter Betreuungsleistungen. Den gegen das Informationsschreiben gerichteten Widerspruch der Klägerin nahm die damalige Bevollmächtigte der Klägerin am 31.08.2009 zurück.

Es braucht hier nicht entschieden werden, ob das die Gewährung zusätzlicher Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI entsprechend gerichtete Verwaltungsverfahren der Beklagten noch offen ist, oder ob mit der Rücknahme des Widerspruchs gegen das Infoschreiben vom 02.07.2009 auch der entsprechende Leistungsantrag zurückgenommen wurde. Jedenfalls sind die zusätzlichen Betreuungsleistungen, die nach § 45 b SGB XI als untypischer Kostenersatzanspruch und nicht als Sachleistung ausgestaltet sind (Klie in LPK SGB XI, 4. Auflage, § 45 b Rn. 5) nicht Gegenstand des Verfahrens auf höheres Pflegegeld, weil es sich um eine eigenständige Leistungsart handelt. Zudem ist überhaupt nicht ersichtlich, ob bei der Klägerin ein entsprechender Bedarf vorliegt, weil nicht vorgetragen wurde, dass die Klägerin besondere Betreuungsmöglichleiten nach § 45 b Abs. 1 S. 6 SGB XI (Erstattung von Aufwendungen durch die Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- und Nachtpflege, der Kurzzeitpflege, der zugelassenen Pflegedienste oder der nach Landesrecht zugelassenen niederschwelligen Angebote) in Anspruch nimmt.

g.) Eine Erhöhung des Pflegegeldes nach der Pflegestufe II für die Zeit ab 01.01.2013 entsprechend der Übergangsregelung des § 123 SGB XI - verbesserte Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz - kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Nach § 123 Abs. 4 SGB XI in der Fassung vom 23.10.2012, gültig ab 01.01.2013 bis 31.12.2014 erhöht sich für Pflegebedürftige der Pflegestufe II das Pflegegeld nach § 37 um 85 Euro auf 525 Euro und die Pflegesachleistungen nach § 36 um 150 Euro auf bis zu 1 250 Euro.

Nach § 123 Abs. 4 SGB XI in der Fassung vom 17.12.2014, gültig ab 01.01.2015 erhöht sich für Pflegebedürftige der Pflegestufe II das Pflegegeld nach § 37 um 87 Euro auf 545 Euro und die Pflegesachleistungen nach § 36 um 154 Euro auf bis zu 1 298 Euro.

§ 123 SGB XI ist mit Wirkung vom 01.01.2013 durch Art. 1 Nr. 48 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23.10.2012 angefügt worden. Durch Art. 1 Nr. 29 des Ersten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetzes - PSG I) vom 17.12.2014 (BGBl I 2014, 2222) ist § 123 Abs. 2-4 SGB XI geändert worden.

Mit der neuen Vorschrift des § 123 SGB XI werden für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a SGB XI) Leistungsverbesserungen in der sozialen und privaten Pflegeversicherung eingeführt; bei diesem Personenkreis spielen die körperlichen Defizite häufig nicht die zentrale Rolle, ihr dennoch bestehender Hilfe- und Betreuungsbedarf konnte nach den früheren Regelungen nicht ausreichend bei der Begutachtung erfasst werden. Deshalb soll der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert werden.

Nach dem Wortlaut der neuen Vorschrift des § 123 SGB XI sollen Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, bereits höhere Leistungen erhalten und neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung auch Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen können.

Die Anforderungen bezüglich erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz ergeben sich aus § 45a SGB XI; der Anspruch ist auf Versicherte beschränkt, die in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt werden, zumal bei der stationären Pflege bereits vor Inkrafttreten des PNG soziale Betreuung gewährleistet ist (§ 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XI) und künftig bei allen Formen der stationären Pflege zusätzliche Betreuungskräfte (§ 87b SGB XI) zulasten der Pflegekassen eingesetzt werden können ( Dahm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 123 SGB XI, Rn. 1 ff).

Ein Anspruch der Klägerin auf ein entsprechend der in § 123 SGB XI festgelegten Sätze erhöhtes Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach § 64 Abs. 2 SGB XII besteht nicht.

Mit der Einführung der Leistungen der §§ 123 ff SGB XI sind die Regelleistungen der §§ 36 ff SGB XI, auf die § 64 SGB XII ausdrücklich verweist, nicht ausgeweitet worden. Diese Sonderleistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung können daher nicht vom Sozialhilfeträger gewährt werden, sondern kommen ausschließlich den nach dem SGB XI Pflegeversicherten zugute (Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII Kommentar, 19. Auflage, § 64 Rn. 5).

Dies ergibt sich aus der Rechtssystematik. Die Leistungen nach § 123 SGB XI werden im Leistungskatalog des § 28 SGB XI gesondert in § 28 Abs. 1 b S. 2 SGB XI aufgeführt. Hinsichtlich des Inhalts der Leistungen der Hilfe zur Pflege verweist § 61 Abs. 2 S. 2 SGB XII aber nur auf § 28 Abs. 1 Nrn. 1 und 5-8 SGB XI. Damit sind die verbesserten Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nach § 123 SGB XI nicht Inhalt der Leistungen der Hilfe zur Pflege in der Sozialhilfe. Die Verweisung in § 64 Abs. 2 SGB XII bezieht sich ausschließlich auf ein Pflegegeld in Höhe von § 37 Abs.1 S. 3 Nr. 2 SGB XI.

Aus den Gesetzesmaterialien zu dem Pflegeneuausrichtungsgesetz PNG ergibt sich der gesetzgeberische Wille, mit der Einführung des § 123 SGB XI eine Übergangsleistung außerhalb des Systems der Regelleistungen des SGB XI und der Hilfe zur Pflege einzuführen, um eine präjudizierende Wirkung im Hinblick auf die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu vermeiden. So heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf des PNG, Bundestagsdrucksache, 17/9369, vom 23.04.2012, S. 52 ff:

„Zu § 123 (neu)

Mit dieser Vorschrift werden für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a) Leistungsverbesserungen in der sozialen und privaten Pflegeversicherung eingeführt. Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen haben einen besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf, der vor allem über den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege, also der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität, hinausgeht. Bei diesem Personenkreis spielen die körperlichen Defizite häufig nicht die zentrale Rolle. Ihr dennoch bestehender Hilfe- und Betreuungsbedarf kann nach den bisherigen Regelungen oftmals nicht ausreichend bei der Begutachtung erfasst werden. Aus diesem Grund soll der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert werden. Das Bundesministerium für Gesundheit wird die weiteren Schritte für die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs von einem Expertenbeirat fachlich fundiert vorbereiten lassen.

Bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, sollen Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz jedoch bereits höhere Leistungen erhalten (§ 123) und neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung auch Betreuungsleistungen (§ 124) in Anspruch nehmen können.

Die Leistungsverbesserungen beziehen sich auf Pflegebedürftige in häuslicher Pflege, weil die stationäre Pflege bereits heute die soziale Betreuung mit einschließt (§ 82 Absatz 1 Satz 3) und darüber hinaus künftig bei allen Formen stationärer Pflege zusätzliche Betreuungskräfte (§ 87b) zulasten der Pflegekassen eingesetzt werden können.

Zu Absatz 1

Bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt, erhalten ambulant versorgte Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a) aufgestockte Leistungen, die höher liegen als die aktuellen Leistungsbeträge der jeweiligen Pflegestufe. Weder das bestehende Begutachtungsverfahren nach § 18 noch das Verfahren zur Feststellung einer eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45a müssen hierzu geändert werden. Damit wird bei der Frage, ob und in welcher Höhe Pflegeleistungen bezogen werden können, auch darauf abgestellt, ob ein besonderer Betreuungsbedarf im Sinne des § 45a bei der Begutachtung festgestellt wird. Etwa 500 000 ambulant versorgte Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz und einem Pflegebedarf unterhalb der Pflegestufe III werden von den Leistungsverbesserungen profitieren.“

Damit ist klargestellt, dass es sich bewusst um Übergangsleistungen handeln soll, die das bisherige Leistungssystem des SGB XI und SGB XII nicht tangieren sollen.

Im Übrigen ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien der Begründung zu § 124 SGB XI (Anspruch auf häusliche Betreuung), dass es sich nur der Art nach um einen Sachleistungsanspruch im Sinne des § 36 SGB XI handeln soll. Die häusliche Betreuung ist aus diesem Grund nicht in § 36 SGB XI integriert, sondern als eigenständige Übergangsleistung außerhalb des Regelleistungskatalogs ausgestaltet worden. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes heißt es nach der Bundestagsdrucksache, 17/9369, vom 23.04.2012, S. 53: „Die Einbeziehung von häuslicher Betreuung im Übergangsrecht der Pflegeversicherung hat keine Ausweitung der Art und des Umfangs der Leistungen, die als Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch und dem Bundesversorgungsgesetz (Kriegsopferfürsorge) zu erbringen sind, zur Folge.“ Der Gesetzgeber hat sich damit bei Einführung des § 123 SGB XI bewusst gegen eine Anhebung des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII entschieden, so dass keine Regelungslücke vorliegt.

Im Bereich der Hilfen zur Pflege finden die besonderen Bedarfe der demenzerkrankten Hilfebedürftigen ausschließlich in § 65 Abs. 1 S. 2 SGB XII Berücksichtigung. Danach können Leistungen zur häuslichen Pflege angemessene Kosten für besondere Betreuungs- oder Pflegeleistungen übernommen werden (Schellhorn ia. a. O. § 61 Rn. 48 a. E.). Für eine Systemunabhängigkeit der besonderen Pflegeleistungen für demenzerkrankte Pflegeversicherte spricht auch die Abgrenzungsnorm des § 13 Abs. 3 a SGB XI, der anordnet, dass die Leistungen nach § 45 b SGB XI bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB XI keine Berücksichtigung finden.

Damit ergibt sich insgesamt für die Klägerin ein Anspruch auf Pflegegeld in entsprechender Höhe der Pflegestufe II, das ihr bereits von der Beklagten gewährt wird.

Die auf Gewährung eines höheren Pflegegeldes gerichtete Berufung hat somit keinen Erfolg.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

10. Gründe für die Zulassung der Revision nach § §160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG sind nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger,
2.
im Falle des § 75 Absatz 2a die Personen und im Falle des § 75 Absatz 2b die Versicherungsträger, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, daß die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrags der Rechtskraft fähig, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.