Sozialgericht München Urteil, 10. März 2015 -  S 43 KA 1125/14

published on 10/03/2015 00:00
Sozialgericht München Urteil, 10. März 2015 -  S 43 KA 1125/14
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Gericht

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Tenor

I. Der Richtigstellungsbescheid vom 10.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2011 wird insoweit aufgehoben, als der Ansatz und die Vergütung der von der Klägerin für das Quartal 3/08 abgerechneten Ziffern 01211, 01215, 01217 und 01219 abgelehnt worden ist und die Beklagte wird verurteilt, diese Leistungen gemäß den Beschlüssen des Bewertungsausschusses mit Wirkung zum 01. Januar 2008 (341. und 344. Sitzung) an die Klägerin zu vergüten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Beklagte trägt ein Fünftel der Verfahrenskosten einschließlich ein Fünftel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren war notwendig. Im Übrigen trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Das Krankenhaus der Klägerin betreibt eine Notfallambulanz.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung von ambulanten Notfallbehandlungen in diesem Krankenhaus, hier sind die Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft (Nrn. 01211, 01215, 01217 und 01219) im Quartal 3/08 streitig.

Im streitgegenständlichen Richtigstellungsbescheid kürzt die Beklagte das Honorar der Klägerin insofern in Höhe von € 22.872,92.

Die Klage sieht in den in den Sitzungen des Bewertungsausschusses am 17.12.2014 und 19.01.2015 gefassten Beschlüssen eine gleichheitswidrige Behandlung der Klägerin, die gegen die Vorgaben der Rechtsprechung des BSG verstoßen würde.

Der Bewertungsausschuss hat in diesen Beschlüssen, deren Rückwirkung zum 01.01.2008 zwischenzeitlich, nach der Mündlichen Verhandlung am 10.03.2015, vom Bundesgesundheitsministerium als rechtswidrig beanstandet wurde, die Zusatzpauschalen für Vertragsärzte und Krankenhäuser gestrichen.

Die bisherige Notfallpauschale wurde durch den Bewertungsausschuss in eine niedrigere Tag- und in eine höhere Nacht- bzw Wochenendpauschale gesplittet, für deren Abrechnung nun von allen Abrechnenden, Vertragsärzten und Krankenhäusern, die Uhrzeit der erbrachten Leistung anzugeben ist.

Die Klage will aber erreichen, dass die strittigen Leistungen im Quartal 3/08 nach den bisherigen Regelungen des EBM, nach denen auch die Vertragsärzte vergütet wurden, vergütet werden. Dies würde nach den Berechnungen der Klage dem Betrag von € 22.872,92 entsprechen.

Die Vertragsärzte könnten die höhere, nach den früheren EBM Bestimmungen bereits abgerechnete und ausgezahlte Vergütung behalten, bestandskräftige Honorarbescheide würden nicht rückabgewickelt.

Dies würde zumindest mittelbar eine nach der Rechtsprechung des BSG rechtswidrige Schlechterstellung der Krankenhäuser bei der Vergütung der ambulanten Notfallbehandlung darstellen. Der Bewertungsausschuss habe die diesbezüglichen klaren Vorgaben des BSG in seinen Beschlüssen (wiederum) nicht umgesetzt.

Die rechtswidrige Ungleichbehandlung könne nur dadurch für die Vergangenheit rechtskonform ausgeglichen werden, indem die von der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen mit dem gleichen Vergütungsniveau vergütet werden, mit dem die Leistungen der Vertragsärzte nach den vorhergehenden Regelungen vergütet wurden.

Zur Ergänzung des Vorbringens der Klägerin wird auf die Verfahrensakte S 43 KA 1125/14 und die beigezogene erledigte Verfahrensakte S 43 KA 779/11 verwiesen. Die Beklagte hat schriftsätzlich inhaltlich nicht Stellung genommen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

1. Der Bescheid der Beklagten vom 10.03.2009, Honorarbescheid-Quartal, Abrechnungsnummer: 69/74170 und der Bescheid der Beklagten vom 10.03.2009, Richtigstellungsbescheid, Abrechnungsnummer: 69/74170, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 29.06.2011, Az. haw-ws-sts/6974170 69-0011229-09-WSB, werden aufgehoben, soweit der Ansatz und die Vergütung der von der Klägerin für das Quartal 2/2008 abgerechneten Ziffern 01211, 01215, 01217 und 01219 abgelehnt worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die von der Klägerin für das Quartal 2/2008 abgerechneten Ziffern 01211, 01215, 01217 und 01219 anzusetzen und mit € 22.872,92 zu vergüten.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Klage insoweit abzuweisen, als sie über eine Umsetzung der Beschlüsse des Bewertungsausschusses (341. und 344. Sitzung) hinausgeht.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung der im Richtigstellungsbescheid abgesetzten Leistungen nach den Vorgaben der Beschlüsse des Bewertungsausschusses (341. und 344. Sitzung). Ein Anspruch auf Vergütung der strittigen Leistungen nach den durch die aktuellen Beschlüsse des Bewertungsausschusses abgeschafften Zusatzpauschalen, Nrn. 01211, 01215, 01217 und 01219 a.F. besteht nicht.

Die Beklagte ist an die Bestimmungen des EBM gebunden. Die vorgenommenen Richtigstellungen waren aufzuheben, aber die Vergütung der strittigen Leistungen hat nicht nach den überholten Bestimmungen des EBM, sondern nach den geltenden zu erfolgen Nach Ansicht des Gerichts hat der Bewertungsausschuss in den Beschlüssen 341. Sitzung am 17.12.2014 und 344. Sitzung am 19.01.2015 zur Änderung des EBM, bekannt gegeben im Deutschen Ärzteblatt, Heft 5 vom 30.01.2015, 201 ff, die vom BSG zuvor monierte rechtswidrige Ungleichbehandlung der Krankenhäuser (BSG, Urteil vom 17.09.2008, B 6 KA 46/07 R und BSG, Urteil vom 12.12.2012, B 6 KA 3/12 R) insofern beseitigt, als die Zusatzpauschalen für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft rückwirkend zum 01.01.2008 gestrichen worden sind.

Diese waren nach der Rechtsprechung des BSG wegen der mittelbaren Benachteiligung der Krankenhäuser nicht mit Art. 3 Absatz 1 GG und nicht mit dem Grundsatz vereinbar, dass Leistungen der Krankenhäuser im Notdienst grundsätzlich so zu vergüten sind wie die Leistungen der Vertragsärzte.

In den neu geschaffenen Regelungen, die nach dem Zeitpunkt der erbrachten Leistung unterscheiden (die Notfallpauschale wird gesplittet in eine niedrigere Tag- und eine höhere Nachtbeziehungsweise Wochenendpauschale) kann das Gericht einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot bei der Abrechnung der hier strittigen Leistungen nicht erkennen. Offenbar hat die Klägerin kein Problem mit der Umsetzung dieser neuen Abrechnungsbestimmungen, insbesondere der nachträglichen Angabe der Uhrzeiten. Der Wert der Leistungen nach den neu geschaffenen Regelungen wird vielmehr von der Klage für das Parallelverfahren S 43 KA 1124/14 (Urteil vom heutigen Tage) exemplarisch betragsmäßig berechnet. Anhaltspunkte für eine ansonsten bei den Krankenhäusern bestehende Umsetzungsschwierigkeit, die zur weitgehenden faktischen Abrechnung lediglich der Tagespauschale führen würde, hatte das Gericht nicht; es waren solche auch von den Beteiligten nicht vorgetragen.

Eine rechtswidrige Benachteiligung der Klägerin kann das Gericht auch nicht darin sehen, dass die rechtskräftigen Honorarbescheide der Vertragsärzte, die die nunmehr abgeschaffte Zusatzpauschalen bereits vor den neuen Beschlüssen des Bewertungsausschusses abgerechnet haben, nicht rückabgewickelt werden.

Dies führt zwar faktisch dazu, dass im Notfalldienst tätige Vertragsärzte wiederum bei identischer Leistungserbringung eine höhere Vergütung erhalten als die Klägerin nach den neune Beschlüssen des Bewertungsausschusses.

Diese im Ergebnis ungleiche Vergütung für im demselben Zeitraum erbrachte, identische Leistungen beruht aber nicht auf den nunmehr geschaffenen Vergütungsregelungen des EBM, sondern an der fehlenden Rückabwicklung von bestandskräftigen, hier begünstigenden Honorarbescheiden. Wie sich daraus ein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung einer höheren Vergütung entgegen der Vorschriften des EBM ableitet, erschließt sich dem Gericht nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Absatz 1 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten
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published on 12/12/2012 00:00

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. November 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.