Sozialgericht München Urteil, 07. März 2018 - S 38 KA 5017/17

bei uns veröffentlicht am07.03.2018

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Widerspruchsbescheid (Sitzung vom 23.11.2016), betreffend das Quartal 4/13. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der BemaNr. IP 5 führte zu einem Regress in Höhe von 70% der erbrachten Leistungen (= € 3.596,38). In dem angefochtenen Widerspruchsbescheid berief sich der Beklagte auf verschiedenes statistisches Zahlenmaterial. Danach wurden im streitgegenständlichen Quartal beim Gesamtfallwert eine Überschreitung von 56%, bei der Fallzahl eine Unterschreitung von 37%, die Verteilung der Patienten nach Mitgliedern, Familienangehörigen und Rentnern (M: +6%; F: +35%; R: -43%) und bei den IP 5-Leistungen eine Überschreitung von 1.470% genannt. Der Beklagte wählte als Prüfmethode die statistische Durchschnittsprüfung. Er stellte fest, der Kläger erbringe auch eine erhöhte Anzahl an IP 1-Leistungen. Diese stellten einen Indikator für den Anteil von Kindern und Jugendlichen im versiegelungsfähigen Alter (6-18 Jahre) dar. Unter Berücksichtigung der erhöhten Anzahl an IP 1-Leistungen berechnete der Beklagte die Überschreitung bei den IP 5 - Leistungen neu und kam zu einer neuen Überschreitung der IP 5 - Leistungen in Höhe von 633% (98,9 (Praxiswert der IP 5 - Leistungen) : 2,14 (IP 1- Überschreitung) = 46,2 (neuer Praxiswert); 46,2 (neuer Praxiswert) x 100 : 6,3 (Landesdurchschnitt) - 100 = 633%).

Zum Hinweis des Klägers, die Überschreitung sei der Behandlung von Kindern aus einem SOS-Caritas-Kinderdorf geschuldet, wurde folgendes vorgetragen:

„Die Beschwerdeführer führen dazu aus, dass von 79 behandelten Kindern, die nach Bema-Nr. IP 5 versorgt werden können (Altersgruppe) 30 Kinder aus dem Kinderdorf kommen. Dazu merkt die Kammer an, dass es sich hierbei lediglich um 38% der o.g. nach Bema-Nr. IP 5 behandelbaren Kinder handelt. Darüber hinaus ist anzumerken, dass sicherlich nicht alle 30 Kinder an allen IP 5-möglichen Zähnen behandelt werden müssen und eine Quantifizierung des Behandlungsbedarfs nicht vorgetragen wurde. Diese Fälle wurden weder einzeln noch detailliert nachgewiesen, womit die Kammer nicht beurteilen konnte, ob ein erhöhter Behandlungsbedarf vorhanden war und ggf. in welchem Umfang und ob dieser Behandlungsbedarf richtliniengemäß und wirtschaftlich erbracht wurde.

In diesem Zusammenhang weist die Kammer auf die BSG-Rechtsprechung hin, wonach bei Vorliegen des offensichtlichen Missverhältnisses eine Beweislastumkehr erfolgt (Bema-Nr: IP 5 +1470% !! zum Landesdurchschnitt).“

Als Restüberschreitung nach Vergütungsberichtigung wurde bei den IP 5 - Leistungen eine Überschreitung in Höhe von 120% und beim Gesamtfallwert eine solche in Höhe von 45% angegeben.

Dagegen ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Klage zum Sozialgericht München einlegen. Diese wies insbesondere auf die ihres Erachtens zu berücksichtigende Praxisbesonderheit der Behandlung von Kindern aus dem SOS-Kinderdorf M. hin. Des Weiteren wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die IP 1 - IP 4 - Leistungen halbjährlich abrechenbar sind, während die IP 5 - Leistungen nach Bedarf abgerechnet werden könnten. Zu berücksichtigen sei ferner die geringe Fallzahl beim Kläger, wie auch der Umstand, dass der Kläger viele behandlungsintensive Patienten betreue.

Zur Rechtslage wurde klägerseits ausgeführt, es sei keine konkrete Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Klägers, insbesondere mit den vom Kläger eingereichten Pa-tientenlisten und keine intellektuelle Prüfung erfolgt. Vielmehr habe der Beklagte eine pauschalierte Betrachtungsweise angestellt. Die Ermessensentscheidung des Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Dies betreffe vor allem auch den Rechenweg. Die Ausführungen ließen nicht erkennen, weshalb diese ausreichen sollten, um den besonderen Umständen der Praxis Rechnung zu tragen.

Die Beigeladene zu 1 (KZVB) bemerkte, die Fallzahl des Klägers sei zwar unterdurchschnittlich, jedoch ergebe sich selbst unter Berücksichtigung der erhöhten Anzahl an IP 1- Leistungen eine exorbitante Überschreitung bei den IP 5- Leistungen (+ 633%).

Im Rahmen des Klageverfahrens machten die Beteiligten darauf aufmerksam, dass auch Vorquartale beklagt waren, bei denen ebenfalls Gegenstand die Abrechnung von IP 5 - Leistungen waren. Das Bayerische Landessozialgericht sei teilweise von einer Präklusion des klägerischen Vorbringens im Vorverfahren ausgegangen (BayLSG, Urteil vom 11.10.2017, Az. L 12 KA 5002/17), was zur Klageabweisung geführt habe. Soweit keine Präklusion entgegengestanden und sich der Kläger auf die Praxisbesonderheit der Behandlung von Kindern aus dem SOS-Kinderdorf bezogen habe, sei geprüft worden, ob sich der Beklagte ausreichend mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt habe. Im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.10.2017 unter dem Az. L 12 KA 5016/17 (vorausgehend S 49 KA 5173/16) sei der Bescheid des Beklagten aufgehoben und der Beklagte verpflichtet worden, über den Widerspruch des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

In der mündlichen Verhandlung am 07.03.2018 wurde die Sach-und Rechtslage mit den anwesenden Beteiligten ausführlich besprochen.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 16.02.2017.

Die Vertreter der Beigeladenen zu 2, 3 und 4 beantragten, die Klage abzuweisen.

Der Vertreter der Beigeladenen zu 1 stellte keinen Antrag.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, die Entscheidungen des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.10.2017 in den Verfahren unter den Az. L 12 KA 5002/17 und L 12 KA 5016/17 sowie die Sitzungsniederschrift vom 07.03.2018 verwiesen.

Gründe

Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als nicht begründet.

Der angefochtene Widerspruchsbescheid des Beklagten ist als rechtmäßig anzusehen.

Rechtsgrundlage für die vorgenommene Wirtschaftlichkeitsprüfung ist § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V in Verbindung mit §§ 18 Abs. 1 Buchst. b, 20 Abs. 5 der Anlage 4a zum GV-Z (Prüfvereinbarung). Danach wird die Prüfung nach Durchschnittswerten auf der Grundlage einer Gegenüberstellung der Einzelleistungswerte bzw. der durchschnittlichen Fall-kosten des geprüften Vertragszahnarztes einerseits, und aller Vertragszahnärzte andererseits auf der Grundlage der von der KZVB gemäß Abs. 1 erstellten Statistiken durchgeführt. Nach § 20 Abs. 7 S. 2 der Anlage 4a zum GV-Z soll sich im Übrigen die Vergütungsberichtigung auf die einzelnen Leistungsziffern (Einzelleistungswert) beziehen.

Bei den Leistungen nach der Bema-Nr. IP 5 handelt es sich zwar um prophylaktische Leistungen. Gleichwohl unterliegen auch diese Leistungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Denn weder in § 106 SGB V, noch in der Anlage 4a zum GV-Z sind prophylaktische Leistungen von der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgenommen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 12.08.2014, L 12 KA 5054/13).

Unerheblich ist auch, dass die klägerische Praxis eine unterdurchschnittliche Fallzahl aufweist. Denn das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2012, Az. B 6 KA 18/11 R) nur dann eine Vergleichbarkeit in Frage gestellt, wenn die Fallzahl des geprüften Arztes bei unter 20% der der Vergleichsgruppe bei einer Fallzahl von mindestens 100 Fällen liegt. In einem solchen Maße wird die Fallzahl vom Kläger im streitgegenständlichen Quartal nicht unterschritten, so dass von einer Vergleichbarkeit auszugehen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichte wird die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Durchschnittsprüfung von Einzelziffern beim Doppelten des Fachgruppendurchschnitts (= +100%) angenommen (vgl. BSG, Urteil vom 21.05.2003, Az. B 6 KA 32/02R). Nachdem hier die Überschreitung bei 1.470% lag, das heißt, der Kläger hat die Leistungen der Bema-Nr. IP 5 im Vergleich zur Vergleichsgruppe fast 15 mal so häufig abgerechnet, ergibt sich daraus der Anschein der Unwirtschaftlichkeit. Dieser Anschein der Unwirtschaftlichkeit besteht auch unter Berücksichtigung eines höheren Ansatzes bei den IP-1 Leistungen. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass der Kläger auch vermehrt IP-1 Leistungen erbracht und abgerechnet hat, woraus sich ergibt, dass in seiner Praxis mehr Kinder-und Jugendliche im versiegelungsfähigen Alter behandelt werden. Die dabei angestellten Berechnungen, bei denen die IP 5 - Leistungen mit den IP 1 - Leistungen in Bezug gesetzt werden (Praxiswert der IP 5 - Leistungen: IP 1- Überschreitung = neuer Praxiswert; neuer Praxiswert x 100 : Landesdurchschnitt - 100 = neue Überschreitung) tragen dem Umstand Rechnung, dass das Patientengut des Klägers aus überdurchschnittlich vielen minderjährigen Patienten besteht, sind nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Wie das Bayerische Landessozialgericht in seiner Entscheidung vom 11.10.2017 (Az. L 12 KA 5002/17) ausgeführt hat, ist die Heranziehung der IP 1-Leistungen auch deshalb gerechtfertigt, weil es sich um den gleichen Personenkreis handelt, die Erhebung des Mundhygienestatus nach der IP 1 den Leistungen nach der IP 5 vorausgeht und im Regelfall diese Leistungen innerhalb eines Termins in der Zahnarztpraxis erfolgen. Der geprüfte Zahnarzt werde durch die vorgenommene Korrektur so gestellt, als wäre das Verhältnis der Anzahl an Patienten im versiegelungsfähigen Alter zu allen Behandlungsfällen in seiner Praxis ebenso wie der Landesdurchschnitt. Daraus folge, dass verbleibende Überschreitungen des Landesdurchschnitts dadurch entstehen, dass Versiegelungen nach der IP 5 bei Patienten im versiegelungsfähigen Alter (zunächst wertungsfrei) häufiger erfolgen als im Landesdurchschnitt. Trotz Berücksichtigung der IP1- Leistungen ergibt sich für die IP 5 - Leistungen eine nach wie vor hohe Überschreitung im hohen dreistelligen Bereich. Insofern besteht nach wie vor der Anschein der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise.

Für den Beklagten bestand keine Veranlassung, darüber hinaus Praxisbesonderheiten bzw. kausal-kompensatorische Einsparungen zusätzlich zu berücksichtigen. Denn - besteht der Anschein der Unwirtschaftlichkeit - obliegt dem geprüften Arzt/Zahnarzt die Darlegungs- und Feststellungslast dafür, dass Umstände vorliegen, die die Überschreitung rechtfertigen. Der Kläger kann sich nur bedingt auf den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 SGB V berufen. Dieser Amtsermittlungsgrundsatz gilt zwar grundsätzlich auch im Bereich des Kassenarztrechts, wie sich aus § 8 Abs. 4 der Anlage 4a zum GV-Z, der seinerseits auf § 20 SGB X (Amtsermittlungsgrundsatz) hinweist, ergibt. Andererseits ist den Besonderheiten des Kassenarztrechts Rechnung zu tragen. So haben nach § 8 Abs. 6 der Anlage 4a zum GV-Z Beteiligte an der Sachaufklärung mitzuwirken und alle angeforderten Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hintergrund hierfür ist, dass grundsätzlich nur der überprüfte Arzt/Zahnarzt wegen seiner Sachnähe in der Lage ist, die bei seiner Praxis vorhandenen Besonderheiten, auch kausal kompensatorische Einsparungen darzulegen. Etwas anderes gilt für Tatsachen, die entweder gemeinhin bekannt sind, oder von denen die Ausschüsse aus vorangegangenen Verfahren Kenntnis besitzen. Bedarf es der Mitwirkung des Arztes/Zahnarztes in Form der Darlegung und/oder der Übersendung von weiteren Unterlagen und kommt der Arzt/Zahnarzt seiner Verpflichtung im erforderlichen Umfang nach, so sind die Prüfgremien verpflichtet, sich mit dem Vortrag des Arztes/ Zahnarztes auseinanderzusetzen und in die gebotene intellektuelle Prüfung einzutreten. Je dezidierter der Vortrag des zu Prüfenden ist, umso ausführlicher hat die Prüfung stattzufinden.

Trägt der Arzt/Zahnarzt nicht in geeigneter Weise vor oder findet diesbezüglich überhaupt kein Vortrag statt, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Prüfgremien ohne Rückfrage beim Arzt/Zahnarzt auf der Basis der vorhandenen Unterlagen die Wirtschaftlichkeitsprüfung vornehmen. Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB V resultiert daraus nicht. Der Arzt/Zahnarzt ist auch mit einem späteren Vorbringen, so auch im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens präkludiert.

Der Vortrag des Arztes/Zahnarztes muss zum Nachweis der von ihm behaupteten Praxisbesonderheiten und/oder kausal kompensatorischen Einsparungen und damit zur Widerlegung des Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit geeignet sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn er so strukturiert und systematisiert ist, dass ohne weiteres eine die Abweichung vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe erklärende Praxisbesonderheit nachvollziehbar und erkennbar ist. Ein Vortrag, der sich auf die Übersendung von Karteikarten, Patientenlisten auch mit den dazu gehörigen Abrechnungsziffern beschränkt, ist unzureichend. Denn damit werden die Prüfungsgremien nicht in die Lage versetzt, Angaben über etwaige Praxisbesonderheiten und/oder kausal kompensatorische Einsparungen zu überprüfen und der Wirtschaftlichkeitsprüfung zugrunde zu legen.

Der Kläger erfüllt seine ihm obliegende Darlegungspflicht nicht. Er hat zwar seinen Widerspruch gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle mit Schreiben vom 02.04.2015 begründet. Er hebt aber nur hervor, er habe mehr Kinder und Jugendliche in seiner Praxis behandelt und weist auf die Zusammenarbeit mit dem ortsansässigen Caritas Kinderdorf hin. Diesem Umstand ist aber bereits durch die Zusammenschau der IP 5 - Leistungen mit den IP 1 -Leistungen Rechnung getragen worden. Auch die Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 23.01.2015 ändert an dem unzureichenden Vortrag nichts. Dort macht der Kläger darauf aufmerksam, von allen behandelten Patienten im 4. Quartal 2013 (79 Kinder) seien 30 Kinder vom Kinderheim. Aufgrund der besonderen Lebensumstände müsse die zahnärztliche Prophylaxe besonders regelmäßig und intensiver als bei anderen Kindern durchgeführt werden. Nicht mitgeteilt und deswegen unklar bleibt, wie viele IP 5 - Leistungen auf die Heimkinder und wie viele auf die nicht im Heim lebenden Kinder entfallen. Nur bei Angabe dieser Zahlen kann verifiziert werden, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, dass gerade bei Heimkindern aus dem SOS-Kinderdorf eine im Vergleich zu Nicht-Heimkindern höhere Anzahl an Prophylaxeleistungen pro Patient erforderlich und erbracht worden ist.

Im Hinblick auf die nicht ausreichenden Angaben des Klägers bestand für den Beklagten keine Möglichkeit, die vom Kläger behauptete Praxisbesonderheit der Behandlung von Kindern aus dem SOS-Kinderdorf als Praxisbesonderheit anzuerkennen und bei der Frage der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass der Beklagte die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis nicht ausdrücklich festgelegt hat. Denn darauf konnte im Hinblick auf die hohe Überschreitung in Höhe von 633% verzichtet werden, davon ausgehend, dass bei Einzelleistungsprüfungen die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei 100% anzunehmen ist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 11.10.2017, Az. L 12 KA 5002/17).

Schließlich hat der Beklagte auch seinen Ermessensspielraum eingehalten, was die Festlegung der Höhe der Honorarkürzungen (70%) als Reaktion auf die festgestellte Unwirtschaftlichkeit betrifft. Denn die Restüberschreitung beläuft sich bei den IP 5 - Leistungen immer noch auf 120%, was weiterhin deutlich im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses bei Einzelleistungen (mehr als 100%) liegt. Zusätzlich darf aber die Wirtschaftlichkeit von einzelnen Leistungen nicht losgelöst von der Gesamttätigkeit und den Gesamtbaukosten des Vertragszahnarztes beurteilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 19.11.2011, Az. B 6 KA 38/10 R). „Daraus folgt jedoch nicht, dass bei einem im Vergleich zur Fachgruppe unauffälligen Gesamtkostendurchschnitt eine unwirtschaftliche Erbringung bestimmter Leistungsgruppen oder Einzelleistungen ausgeschlossen wäre.“ Die Vergütungsberichtigung bei den IP 5 - Leistungen wirkt sich im streitgegenständlichen Verfahren auch auf den Gesamtfallwert aus. Die Restüberschreitung beim Gesamtfallwert beträgt aber immer noch 45%, was der Beklagte als im Übergangsbereich zum offensichtlichen Missverhältnis liegend ansieht. Angesichts des Umstandes, dass es sich bei den Zahnärzten um eine sehr homogene Arztgruppe handelt, wäre es auch vertretbar, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei ca. 40% oder sogar weniger anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003, Az. B 6 KA 45/02 R; BSG, Urteil vom 06.09.2000, Az. B 6 KA 24/99 R). Führt die Vergütungsberichtigung von Einzelleistungen, hier der IP 5 - Leistungen zu einer Restüberschreitung beim Gesamtfallwert, die entweder in der Übergangszone zum offensichtlichen Missverhältnis liegt, oder sogar noch im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit dem Gesamtfallwert im Sinne eines Mitreflektierens desselben. Anders verhält es sich jedenfalls, wenn bei einer Vergütungsberichtigung von Einzelleistungen der Gesamtfallwert der Vergleichsgruppe unterschritten wird. In diesem Fall ist zwar auch eine Vergütungsberichtigung von Einzelleistungen möglich, jedoch ist der Beklagte verpflichtet, den Gesamtfallwert mit zu reflektieren.

Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106 Wirtschaftlichkeitsprüfung


(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 20 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. (2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 20 Primäre Prävention und Gesundheitsförderung


(1) Die Krankenkasse sieht in der Satzung Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) vor. D

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. Aug. 2014 - L 12 KA 5054/13

bei uns veröffentlicht am 12.08.2014

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten für die Beigeladenen zu 2) und 6). III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Bundessozialgericht Urteil, 21. März 2012 - B 6 KA 18/11 R

bei uns veröffentlicht am 21.03.2012

Tenor Die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 werden zurückgewiesen.

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(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten für die Beigeladenen zu 2) und 6).

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der vom Beklagten ausgesprochenen Regresse wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen 4/2004, 2/2005, 3/2005, 4/2005, 1/2006, 3/2006 und 4/2006 bezüglich der BEMA IP 5.

Der Kläger nahm in den streitgegenständlichen Quartalen in A-Stadt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil.

In den streitgegenständlichen Quartalen stellten die Krankenkassenverbände jeweils einen gemeinsamen Antrag bezüglich der Prüfung der BEMA IP 5. In seinen Stellungnahmen zu diesem Antrag verwies der Kläger im wesentlichen auf die Besonderheit, dass er bei der Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit mitarbeite und in A-Stadt mehrere Schulen betreue, weshalb er einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen in der Altersgruppe von 12 bis 18 Jahren habe. Daraus ergebe sich ein erhöhter Versiegelungsbedarf.

Im Quartal 4/2004 sprach der Prüfungsausschuss keine Maßnahme aus, auf den Widerspruch der Kassen setzte der Berufungsausschuss mit Bescheid vom 08.11.2005 einen Regress in Höhe von 1122,57 € (Kürzung von 30%) fest. Nach der Aufhebung dieses Beschlusses (vgl. LSG Urteil vom 09.02.2011, L 12 KA 5009/10) sprach der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid erneut eine 30%ige Kürzung aus. Im streitgegenständlichen Quartal hatte der Kläger eine leicht überdurchschnittliche Fallzahl (591) mit einer Überschreitung des Landesdurchschnitts um 8% und einen Fallwert von 121 €, der den Landesdurchschnitt um 49% überstieg. Bei der IP 5 rechnete der Kläger die Gebührenordnungsposition insgesamt 340 mal bei 66 betroffenen Fällen ab und überstieg damit mit 57,5 Ansätzen auf 100 Fälle den Landesdurchschnitt von 8,9 Fällen um 487%.

Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Anteil von Familienmitgliedern mit 24% unter dem Landesdurchschnitt von 27% liege. Da der Kläger die IP 1, die als Indikator für den Anteil der Kinder und Jugendlichen herangezogen werden könne, 7% häufiger als der Landesdurchschnitt abrechne, könne darauf geschlossen werden, dass der Anteil von Kindern und Jugendlichen 7% über dem Landesdurchschnitt liege. Zugleich berücksichtigte der Beklagte die Einsparungen bei der BEMA 13 a (18% unter dem Landesdurchschnitt) und errechnete einen neuen Landesdurchschnitt von 16,3 unter Berücksichtigung der Praxisbesonderheit von 7% zusätzlichen Kindern und Jugendlichen und dem doppelten Wert der Einsparungen bei der BEMA 13 a. Damit berechnete er eine bereinigte Überschreitung von 252%. Der Beklagte sprach eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 40% der IP 5 bei einer belassenen Restüberschreitung von 111% aus und reduzierte diese Vergütungsberichtigung auf die ursprünglich ausgesprochene 30%ige Kürzung.

Im Quartal 2/2005 sprach der Beklagte auf den Widerspruch der Krankenkassen eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 1905,41 € aus. In diesem Quartal hatte der Kläger eine geringfügig überdurchschnittliche Fallzahl von 438 (ein Prozent über dem Landesdurchschnitt) bei einem Fallwert von 136 € mit einer Überschreitung des Landesdurchschnitts um 42%. Die IP 5 rechnete der Kläger 270 mal bei 50 betroffenen Fällen ab und überstieg den Landesdurchschnitt von 11,2 mit 61,6 Fällen je 100 um 401%.

Der Beklagte stellte fest, dass der Anteil der Familienversicherten mit 31% im Landesdurchschnitt (30%) liege. Anhand der abgerechneten Leistungen nach IP 1 errechnete er wiederum einen 20% höheren Anteil an Kindern und Jugendlichen. Kompensatorische Einsparungen berücksichtigte er nicht, da der Kläger die BEMA 13 a 2% über dem Landesdurchschnitt abrechnete und mit den anderen Füllungspositionen bis zu 51% über dem Landesdurchschnitt lag. Der Beklagte berechnete den Landesdurchschnitt von 11,2/100 unter Berücksichtigung eines 20% höheren Anteils an Kindern und Jugendlichen auf 13,4, so dass sich eine bereinigte Überschreitung von 360% ergab. Er beschloss eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 55% der Leistungen IP 5, wobei eine bereinigte Restüberschreitung von 107% verblieb.

Im Quartal 3/2005 gab der Beklagte dem Widerspruch der Krankenkassen ebenfalls statt und sprach eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 1859,16 € aus. Auch in diesem Quartal war die Fallzahl des Klägers überdurchschnittlich (413 Fälle, 3% Überschreitung des Landesdurchschnitts) bei einem Fallwert von 139 € (48% über Landesdurchschnitt). Die IP 5 rechnete der Kläger 323 mal bei 66 betroffenen Fällen ab und überschritt damit den Landesdurchschnitt von 10,8 Fällen je 100 Fällen mit 78,2 um 557%.

Der Beklagte stellte fest, dass der Anteil der Familienversicherten mit 32% geringfügig über dem Landesdurchschnitt liege. Im Übrigen erkannte er einen um 50% höheren Anteil der Kinder und Jugendlichen an. Bei Füllungen stellte er fest, dass keine Einsparungen vorlägen, da sich bei der BEMA 13 a eine Überschreitung des Landesdurchschnitts von 10% ergebe und bei anderen Positionen von bis zu 67%. Unter Berücksichtigung eines um 50% höheren Anteils an Kindern und Jugendlichen berechnete er den Landesdurchschnitt mit 16,2, so dass sich eine bereinigte Überschreitung von 383% ergab. Er beschloss eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 55% der IP 5 mit einer belassenen Restüberschreitung von 117%.

Im Quartal 4/2005 gab die Beklagte dem Widerspruch der Krankenkassen ebenfalls statt und sprach eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 2590,93 € aus. In diesem Quartal hatte der Kläger eine geringfügig (2%) unter dem Landesdurchschnitt liegende Fallzahl von 521 bei einem Fallwert von 133 € mit einer Überschreitung des Landesdurchschnitts von 60%. Er rechnete die IP 5 341 mal bei 63 betroffenen Fällen ab, so dass sich eine Überschreitung des Landesdurchschnitts von 10,2/100 von 542% ergab.

Der Beklagte stellte fest, dass der Kläger mit einer Überschreitung des Gesamtfallwerts um 60% bereits im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liege und damit der Anschein der Unwirtschaftlichkeit gegeben sei. Außerdem stellte er fest, dass der Anteil der Familienversicherten mit 27% im Landesdurchschnitt liege. Er errechnete anhand der IP 1, IP 2 und IP 4 einen erhöhten Anteil an Kindern und Jugendlichen mit circa 25% über dem Landesdurchschnitt. Bei der BEMA 13 a liege wie allgemein im Bereich der Füllungen keine Einsparung vor, da der Landesdurchschnitt um 47% überschritten worden sei. Der Beklagte errechnete einen bereinigten Landesdurchschnitt von 12,7 mit einer bereinigten Überschreitung von 416% und sprach eine Vergütungsberechtigung um 60% aus mit einer verbleibenden Restüberschreitung von 106%.

Im Quartal 1/2006 gab der Beklagte dem Widerspruch der Krankenkassen statt und sprach eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 518,84 € aus. In diesem Quartal hatte der Kläger eine unterdurchschnittliche Fallzahl von 369 (-10%) bei einem Fallwert von 146 € (40% über dem Landesdurchschnitt). Die IP 5 rechnete der Kläger in 34 Fällen 149 mal ab, so dass sich mit 40,4 Fällen je 100 eine Überschreitung des Ansatzes auf 100 Fälle von 237% ergab.

Wie in den Vorquartalen erkannte der Beklagte einen um 31% über dem Landesdurchschnitt liegenden Anteil an Kindern und Jugendlichen an. Bei Füllungen stellte er eine um 43% über dem Landesdurchschnitt liegen der Abrechnung bezüglich der BEMA 13 a fest, so dass er keine Einsparungen anerkannte. Er bereinigte den Landesdurchschnitt auf 15,7/100 und stellte eine bereinigte Überschreitung von 157% fest. Der Beklagte sprach eine Kürzung in Höhe von 25% bei einer verbliebenen Restüberschreitung von 93% aus.

Im Quartal 3/2006 gab der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle (30% der IP 5) teilweise statt und sprach eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 244,94 € aus. In diesem Quartal hatte der Kläger eine geringfügig unter dem Landesdurchschnitt (9%) liegende Fallzahl von 367 mit einem Fallwert von 137 € (43% Überschreitung). Er rechnete die IP 522 mal in 24 Fällen ab und überschritt damit den Landesdurchschnitt (11,4/100) um 191%.

Der Beklagte stellte fest, dass der Anteil der Familienversicherten mit 28% unter dem Landesdurchschnitt von 29% liege. Er erkannte jedoch wiederum einen um 22% höheren Anteil an Kindern und Jugendlichen an und erhöhte den Landesdurchschnitt entsprechend auf 13,9, so dass sich eine bereinigte Überschreitung von 139% ergab. Einsparungen bei der BEMA 13 a erkannte er nicht an, da diese Position um 73% über dem Landesdurchschnitt lag. Er sprach eine Vergütungsberichtigung in Höhe von 20% der IP 5 bei einer verbliebenen Restüberschreitung von 91% aus.

Im Quartal 4/2006 gab der Beklagte dem Widerspruch des Klägers gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle (25% der IP 5) nicht statt, so dass es bei der Vergütungsberichtigung von 749,97 € verblieb. In diesem Quartal hatte der Kläger eine im Wesentlichen durchschnittliche Fallzahl von 561 bei einem Fallwert von 135 € mit einer Überschreitung des Landesdurchschnitts von 63%. Die IP 5 rechnete er 242 mal in 52 Fällen ab und überschritt damit den Landesdurchschnitt (9,5/100) um 354%.

Der Beklagte stellte fest, dass der Anteil der Familienversicherten mit 25% unter dem Landesdurchschnitt von 27% liege. Er erkannte einen um 21% über dem Durchschnitt liegenden Anteil von Kindern und Jugendlichen an und stellte fest, dass bei den Füllungen im Bereich der BEMA 13 a keine Einsparungen vorlägen, sondern vielmehr der Landesdurchschnitt um 105% überschritten werde. Unter Berücksichtigung des erhöhten Anteils als an Kindern und Jugendlichen erkannte der Beklagte einen neuen Landesdurchschnitt von 11,5/100 mit einer bereinigten Überschreitung von 275% an. Der Beklagte beschloss eine Vergütungsberichtigung von 25% bei einer belassenen Restüberschreitung von 181%.

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger in allen Fällen Klage zum Sozialgericht München (SG) und begründete sie mit dem Vorliegen von Praxisbesonderheiten, da er einen im Verhältnis zum Landesdurchschnitt wesentlich höheren Anteil von Kindern und Jugendlichen versorge. Die Alters- und Patientenanalyse des Klägers sei nicht berücksichtigt worden. Insoweit verwies er insbesondere auf seine Stellungnahme zum Quartal 4/2004 vom 28.09.2006. Ferner wies er darauf hin, dass bei prophylaktischen Leistungen der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (§ 12 SGB V) nicht gelte. Im Übrigen sei eine statistische Prüfung bei Prophylaxeleistungen nicht möglich, insbesondere da der Anteil der potentiellen Versicherten nur bei rund 9% der bayerischen Gesamtbevölkerung liege. Entsprechende statistische Daten zu einer Beurteilung der Wirtschaftlichkeit bei der IP 5 gebe es nicht. Im Übrigen sei nach der Novellierung des § 106 SGB V eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch eine statistische Prüfung nach Durchschnittswerten nicht mehr zulässig. Auch seien die Bescheide nicht ausreichend begründet.

Das SG wies die Klagen mit Urteil vom 11.10.2013 ab. Die in den streitgegenständlichen Quartalen jeweils gültige Prüfvereinbarung habe die statistische Vergleichsprüfung vorgesehen. Entgegen der Ansicht der Klägerseite könnten auch prophylaktische Leistungen einer statistischen Vergleichsprüfung unterzogen werden, wie das Bayerische Landessozialgericht entschieden habe. Der Kläger habe mit der homogenen Vergleichsgruppe der Zahnärzte verglichen werden können, die Bildung einer Untergruppe sei nicht notwendig gewesen. Prophylaktische Leistungen würden grundsätzlich von 85% der Zahnärzte erbracht und seien damit fachgruppentypisch. Mit den Überschreitungen von 222% bis

624% sei der Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses erreicht worden. Die Durchführung einer statistischen Vergleichsprüfung sei auch bei der IP 5 möglich, da auf die absolute Anzahl der pro Praxis erbrachten Leistungen abgestellt werde. Die vom Kläger vorgetragene Praxisbesonderheit sei auf nachvollziehbare Weise gewürdigt worden. Problematisch sei, dass der Beklagte den Landesdurchschnitt bereinigt habe. Diese Berechnungsweise begünstige allerdings den Kläger, so dass die Klage im Ergebnis abzuweisen gewesen sei.

Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein und vertiefte und wiederholte seine bisher vorgetragenen Argumente.

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.10.2013 sowie die Bescheide des Beklagten vom 22.11.2010, 25.08.2011 und 08.11.2012 betreffend die Quartale 04/04, 0, 03/05, 04/05, 01/06, 03/06 und 04/06 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Widersprüche zu entscheiden.

Die Beigeladenen zu 2) und zu 6) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Beklagtenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen die streitgegenständlichen Bescheide zu Recht abgewiesen.

Der Senat weist insbesondere darauf hin, dass die Leistungen der Individualprophylaxe der Prüfung der Wirtschaftlichkeit unterliegen. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Krankheiten nach §§ 20 bis 24 b SGB V, also insbesondere auch die in § 22 SGB V geregelten Leistungen der Individualprophylaxe und nach Abs. 3 die Fissurenversiegelung der Molaren. Für diese Leistungen gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V). § 12 enthält keine Ausnahmeregelung. Demgemäß sehen die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe) im Abschnitt A. Allgemeines 6. konkretisierend vor, dass die Prophylaxemaßnahmen bei Versicherten, die kein hohes Kariesrisiko aufweisen, in zahnmedizinisch sinnvoller Weise zu beschränken sind, d. h. wirtschaftlich zu erbringen. Auch die Vorschriften über die Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 Abs. 2 SGB V sowie die ergänzenden Regelungen im Bayerischen Gesamtvertrag Zahnärzte, Anlage 4a) sehen eine Prüfung (zahn)ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten vor, ohne dabei zwischen prophylaktischen und kurativen Leistungen zu differenzieren. Die Auffassung des Klägers, Leistungen der IP 5 seien eine Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen, hat keine rechtliche Grundlage.

Im Übrigen verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf das ausführliche und zutreffend begründete Urteil des Sozialgerichts München vom 11.10.2013.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt.

Tenor

Die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 werden zurückgewiesen.

Der Kläger und die Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6.

Tatbestand

1

Umstritten sind Regresse wegen überdurchschnittlicher Kosten durch Verordnungen physikalisch-medizinischer Behandlungen.

2

Der Kläger, ein Orthopäde mit den Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Chirotherapie, der seit dem Quartal IV/1997 im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) vertragsärztlich tätig ist und seit dem Quartal IV/1999 eine Einzelpraxis betreibt, überschritt in den Quartalen II/2000 bis IV/2002 mit seinem durch Verordnungen veranlassten Heilmittelaufwand (physikalisch-medizinische Leistungen - seit dem 1.4.2005 als physikalisch-therapeutisch bezeichnet) um Werte zwischen 128 % und 177 % den Durchschnitt der Fachgruppe der Orthopäden. Demgegenüber lagen seine Fallzahlen, seine Gesamthonoraranforderungen, sein Rentneranteil, der Umfang der Überweisungs- und Auftragsleistungen sowie sein Arzneikostenaufwand und auch der Umfang der in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen jeweils unter dem Durchschnitt.

3

Der Prüfungsausschuss erließ Regressbescheide mit Belassung von Überschreitungen um 125 % bzw um 100 % über dem durchschnittlichen Heilmittelverordnungsvolumen der Fachgruppe (125 % betr Quartale II/2000 bis IV/2001 und 100 % betr Quartale I/2002 bis IV/2002). Der beklagte Beschwerdeausschuss gab den Widersprüchen des Klägers hinsichtlich der Quartale II/2000 bis IV/2001 teilweise statt, indem er die zu belassenden Überschreitungen von 125 % auf 140 % erhöhte (Bescheid vom 9.7.2004, Regressbetrag 18 932,02 Euro) . Die Widersprüche des Klägers hinsichtlich der Quartale I bis IV/2002 - belassene Überschreitungen 100 % - wies der Beklagte zurück (Bescheid vom 22.7.2005, Regressbetrag 37 879,42 Euro; - somit Gesamtregresssumme 56 811,44 Euro).

4

In den Bescheiden des Beklagten, die in ihren Grundzügen übereinstimmen, ist ausgeführt, dass mit der Belassung größerer Überschreitungen in den Quartalen der Jahre 2000 und 2001 zusätzlich berücksichtigt worden sei, dass statistisches Zahlenmaterial im Heilmittelbereich erst seit Ende 1999 verfügbar sei. Praxisbesonderheiten hätten beim Kläger weder aufgrund seiner Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Chirotherapie noch aufgrund seines überdurchschnittlichen Operationsspektrums noch aufgrund des Zuschnitts seiner Patientenschaft mit schwer Erkrankten oder Kindern mit Missbildungen anerkannt werden können. Die Durchsicht der (Behandlungs-)Unterlagen habe nur eine leicht überdurchschnittliche Zahl an Operationsfällen - insbesondere Arthroskopien - und keine signifikante Zahl von Patienten mit schweren Erkrankungen und/oder von Kindern mit Missbildungen ergeben. Nach alledem sei von einer Vergleichbarkeit des Zuschnitts seiner Praxisklientel und der daraus erwachsenden Behandlungserfordernisse mit denen des Durchschnitts der Fachgruppe auszugehen. Da das Diagnose- und Leistungsspektrum nicht signifikant von demjenigen der Vergleichsgruppe abweiche, sei die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe nicht notwendig; eine signifikante Abweichung ergebe sich auch nicht aus dem unterdurchschnittlichen Umfang seiner in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen und chirotherapeutischen Leistungen. Die Frage eines Ausgleichs zwischen verschiedenen Behandlungsformen sei vielmehr unter dem Gesichtspunkt kompensierende Einsparungen zu prüfen. Seine Überschreitungen des durchschnittlichen Heilmittelverordnungsvolumens der Fachgruppe um Werte zwischen 128 % und 177 % lägen im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses. Während die Fachgruppe durchschnittlich bei etwa jedem vierten Patienten eine Heilmittelverordnung ausstelle, habe der Kläger dies bei etwa jedem zweiten Patienten getan; sein Verordnungsvolumen sei mehr als doppelt so hoch wie das des Durchschnitts der Fachgruppe. Auch falle die deutlich überdurchschnittliche Zahl an Wiederholungsrezepturen und an Kombinationen von Krankengymnastik und Massagen mit Kälteanwendungen oder Wärmetherapie auf. Kompensierende Einsparungen könnten weder wegen unterdurchschnittlicher Krankenhauseinweisungen noch wegen unterdurchschnittlicher Gesamthonoraranforderungen anerkannt werden. Ein kausaler Zusammenhang sei auch nicht zwischen dem Mehraufwand des Klägers bei den verordneten physikalisch-medizinischen Behandlungen und dem unterdurchschnittlichen Umfang seiner Arzneiverordnungen feststellbar; sein Vorbringen, er halte sich bei der Rezeptur von Arzneimitteln bewusst zugunsten von Heilmittelverordnungen zurück, genüge nicht; die Therapieansätze bei Arznei- und bei Heilmittelverordnungen seien unterschiedlich. Ein Kausalzusammenhang sei auch nicht ohne Weiteres zwischen dem Mehraufwand bei den verordneten und dem Minderaufwand bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen erkennbar; hiergegen spreche, dass die in eigener Praxis erbrachten und die von selbstständigen nicht-ärztlichen Leistungserbringern erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen nicht deckungsgleich seien. Zudem sei der Einspareffekt nur sehr klein: Der Minderaufwand betrage je Fall bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen nur einen Bruchteil des Mehraufwands durch verordnete physikalisch-medizinische Behandlungen. Fraglich sei auch ein Kausalzusammenhang zwischen dem Mehraufwand des Klägers bei den Heilmittelverordnungen und seinen Einsparungen bei chirotherapeutischen Leistungen, die er auf seine spezielle Behandlungsart mit "sanfter Technik" zurückführe. Ungeachtet aller Zweifel würden Einsparungen bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen und bei seinen chirotherapeutischen Leistungen aufgrund einer Gesamtschau im Rahmen der Belassung von Überschreitungen berücksichtigt, die auf 140 % (Quartale II/2000 bis IV/2001) bzw 100 % (Quartale I bis IV/2002) bemessen würden.

5

Die vom SG verbundenen Klagen und die Berufung des Klägers zum LSG sind erfolglos geblieben (Urteile des SG vom 22.10.2008 und des LSG vom 31.8.2010). Das LSG hat - mit weitgehender Bezugnahme auf das Urteil des SG - ausgeführt: Die Auswahl der Vergleichsgruppe sei nicht zu beanstanden. Die Bildung einer verfeinerten Vergleichsgruppe sei nicht etwa unter dem Gesichtspunkt veranlasst, dass der Kläger keine bzw kaum physikalisch-medizinische Leistungen in eigener Praxis erbringe. Dieser Gesichtspunkt könne allenfalls bei der Prüfung kompensierender Einsparungen von Bedeutung sein. Die Vergleichbarkeit mit der Fachgruppe werde nicht durch die geringere Fallzahl des Klägers in Frage gestellt. Der Beklagte habe beanstandungsfrei Praxisbesonderheiten verneint. Für deren Anerkennung genüge weder der Umfang der operativen Leistungen des Klägers noch der von ihm geltend gemachte Mehrbedarf, den er im Vergleich zur Fachgruppe aufgrund von Skoliosepatienten, multimorbiden Patienten und Kindern mit Fehlbildungen der Gliedmaßen habe. Kompensierende Einsparungen habe der Beklagte in ausreichendem Maße - pauschal - berücksichtigt. Dies betreffe die unterdurchschnittliche Erbringung eigener physikalisch-medizinischer und chirotherapeutischer Leistungen. Die Überschreitungswerte zwischen 128 % und 177 % begründeten ein offensichtliches Missverhältnis. Der Einwand des Klägers, er habe die in den Heilmittel-Richtlinien(-RL) enthaltenen Frequenzvorgaben je Patient eingehalten, schütze ihn nicht vor dem Vorhalt, in der Gesamtsumme aller Patienten zu viele Verordnungen - nämlich bei zu vielen Patienten - getätigt zu haben.

6

Sowohl der Kläger als auch die zu 1. beigeladene KÄV haben Revision eingelegt.

7

Der Kläger macht geltend, das Verfahren der Prüfgremien sowie Begründung und Inhalt der Bescheide widersprächen rechtsstaatlichen Anforderungen. Der durchgeführten Vergleichsprüfung stehe entgegen, dass seine Fallzahl und sein Honoraraufkommen erheblich unter dem Durchschnitt lägen. Die erst im Quartal IV/1999 eröffnete Einzelpraxis habe sich noch in der Aufbauphase befunden. Durch die Nähe zum dortigen Diakonissenkrankenhaus habe er viele Operationspatienten und viele Patienten mit schweren Erkrankungen sowie - wegen der Nähe zu der Geburtshilfeabteilung des Krankenhauses - viele Kinder mit Missbildungen, die chirurgischer und/oder orthopädischer Behandlung bedürften. Ein Vergleich nur mit solchen Orthopäden, die ebenfalls umfangreich operierten und - wie er - keine physikalische Therapie in eigener Praxis anböten, wäre angemessen. Gegenüber seinem hohen Aufwand bei verordneten physikalisch-medizinischen Leistungen hätte der Beklagte eine Kompensation durch seine unterdurchschnittlichen physikalisch-medizinischen Leistungen in eigener Praxis und sein unterdurchschnittliches Gesamthonorar sowie seine unterdurchschnittlichen Arzneikosten anerkennen müssen. Er hätte zu dem von ihm - dem Kläger - geltend gemachten Anteil an Patienten mit schweren Erkrankungen und dem hohen Anteil an Kindern mit Missbildungen nicht lediglich ausführen dürfen, Besonderheiten hätten sich insoweit nicht bestätigt. Der Beklagte hätte die unterdurchschnittliche Fallzahl zum Anlass nehmen müssen, das statistische Material näher zu überprüfen und dessen Aussagen ggf zu korrigieren. In Verbindung mit dem unterdurchschnittlichen Honoraraufkommen hätte sich dann der Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit als nicht tragfähig herausgestellt. Der unterdurchschnittliche Umfang der von ihm in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen hätte schon auf der ersten Stufe einer medizinisch-intellektuellen Prüfung daraufhin unterzogen werden müssen, ob bei ihm und in der Arztgruppe die wesentlichen Leistungsbedingungen überhaupt im Sinne einer übereinstimmenden Leistungserbringungstypik vergleichbar seien. Für diese Überprüfung hätte der Beklagte die Heilmittelstatistiken beschaffen und diese arztindividuell und fachgruppenbezogen auswerten müssen, was zu entsprechender Bereinigung des zum Vergleich herangezogenen Fachgruppendurchschnitts und/oder zur Zubilligung von Mehraufwand bei ihm - dem Kläger - durch Anerkennung kompensierender Einsparungen bzw einer Praxisbesonderheit geführt haben würde. Die zugrunde gelegten Statistiken der Beigeladenen zu 1. könnten für einen fundierten Vergleich der Leistungsbedingungen der Fachgruppe mit denen des Klägers nicht ausreichen. Es spreche viel dafür, dass bei ausreichender Ermittlung schon die Grundvoraussetzung vergleichbare Leistungsbedingungen zwischen der Fachgruppe und ihm zu verneinen wäre bzw jedenfalls kein Mehraufwand im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses angenommen werden könne. Hierzu habe der Beklagte in seinen Bescheiden nichts ausgeführt, sodass den Regressbescheiden insoweit jedenfalls ein Begründungsdefizit anhafte.

8

Auch dem LSG seien in verschiedener Hinsicht Ermittlungsmängel anzulasten. Es stütze sich bei der Frage kompensierender Einsparungen ebenfalls nur auf die Heilmittelstatistik der Beigeladenen zu 1., ohne den Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichen Statistiken und deren Berechnungen nachzugehen. Aufgrund dieses Defizits fehle es nicht nur an ausreichenden Feststellungen zur Vergleichbarkeit der Leistungsbedingungen, sondern auch an einer ausreichenden Grundlage für eine tragfähige Prüfung von Praxisbesonderheiten.

9

Schließlich sei auch unberücksichtigt geblieben, dass er - der Kläger - bei der Verordnung von Hilfsmitteln in jedem Einzelfall die Frequenzvorgaben der Heilmittel-RL eingehalten habe. Der Schutz durch die Frequenzvorgaben, den das BSG im Urteil vom 29.11.2006 herausgestellt habe (B 6 KA 7/06 R - SozR 4-2500 § 125 Nr 3) , müsse auch für die Gesamtheit seiner RL-konformen Verordnungen gelten. Diese RL seien ausgerichtet auf verbindliche äußere Rahmenbedingungen im Interesse der Vertragsärzte und ihrer Patienten. Es handele sich um leges speciales gegenüber den Grundsätzen des § 106 SGB V; sie ließen keinen Raum für ergänzende Prüfungen nach lediglich quantitativen, rein statistischen Durchschnittswerten. Andernfalls ergebe sich auch ein Widerspruch zwischen der Bewertung einer Verordnung als im Einzelfall korrekt und bei Gesamtbetrachtung aller Verordnungen als inkorrekt.

10

Die Beigeladene zu 1. macht geltend, die Fallzahlen des Klägers hätten in einigen Quartalen (I/2002 bis IV/2002) um bis zu 37 % unter dem Durchschnitt gelegen. Auch wenn eine solche Unterschreitung nicht der Durchschnittsprüfung die Grundlage entziehe - weil hierfür schon Fallzahlen von nur einem Fünftel des Durchschnitts der Vergleichsgruppe ausreichten -, so seien so große Unterschreitungen aber doch im Rahmen der sog medizinisch-intellektuellen Prüfung auf ihre Ursache hin zu überprüfen. Der Beklagte und das LSG hätten zudem die unterdurchschnittlichen Honorarwerte des Klägers bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen nicht zutreffend gewürdigt. Sie hätten "nur sehr bedingt" einen Zusammenhang mit dem ihm angelasteten Mehraufwand anerkannt, weil - wie das LSG ausgeführt habe - in eigener Praxis vorwiegend Thermo- und Elektrotherapie, bei externer Verordnung hauptsächlich Krankengymnastik, Massagen und Wärmetherapie mittels Packung usw erbracht würden und sich deshalb nur in relativ geringfügigem Ausmaß Überschneidungen ergäben. Sie hätten insoweit im Rahmen kompensierender Einsparungen eine pauschale Berücksichtigung durch den Beklagten ausreichen lassen und die Unzulänglichkeiten des zugrunde liegenden Datenvergleichs nicht gewürdigt (Heilmittelstatistik einerseits und Anzahlstatistiken Praxis und Fachgruppe andererseits; keine angemessene Berücksichtigung des bei einigen Leistungen anzutreffenden Phänomens der sog Nullabrechner; Begrenzung der Zahl der einbezogenen Leistungserbringer, aber keine entsprechende Eingrenzung bei der Errechnung des Fallzahlendurchschnitts; Nichteinbeziehung einiger Leistungen auf Seiten der Fachgruppe; unzulängliche Beachtung dessen, dass der Kläger nur die zwei Leistungspositionen Nr 505 und 524 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen erbracht habe).

11

Schließlich hätte das LSG berücksichtigen müssen, dass der Kläger bei der Verordnung von Hilfsmitteln in jedem Einzelfall die Frequenzvorgaben der Heilmittel-RL eingehalten habe. Durch diese erfolge eine qualitätsorientierte Überprüfung unter Zurückdrängung rein quantitativer Betrachtung in einer Durchschnittswertprüfung; dies ergebe sich aus den RL und sei durch die Änderung des § 106 SGB V zum 1.1.2004 mit der Abschaffung der Durchschnittswertprüfung als Regelprüfmethode flankiert und so auch im BSG-Urteil vom 29.11.2006 zugrunde gelegt worden. Folgerichtig dürften Aufwand und Menge von Heilmittelverordnungen ausschließlich Einzelfallprüfungen unterzogen werden.

12

Der Kläger und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31.8.2010 und des Sozialgerichts Mainz vom 22.10.2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 9.7.2004 und vom 22.7.2005 zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Widersprüche des Klägers zu entscheiden.

13

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

14

Er verteidigt das Urteil des LSG. Dieses und das SG hätten zu Recht die angefochtenen Regressbescheide als rechtmäßig angesehen. Die Fallzahlen des Klägers reichten für die Tragfähigkeit eines Vergleichs der Fallkosten des Arztes mit den durchschnittlichen der Fachgruppe aus. Die Bewertung, dass die in eigener Praxis erbrachten und die verordneten physikalisch-medizinischen Leistungen nicht deckungsgleich seien, sich vielmehr hinsichtlich ihrer Art, Intensität und Kosten unterschieden, und die Schätzung des Kompensationsbetrags einschließlich der Berücksichtigung durch Belassung einer sog Restüberschreitung seien nicht zu beanstanden. Den Bescheiden hafte auch kein Begründungsmangel an. Die Einwendungen der Beigeladenen zu 1. gegen die den Prüfergebnissen zugrunde liegenden Werte seien überraschend, da sie selbst die Statistiken erstellt und vorgelegt habe. Auch das Vorbringen des Klägers, er habe in jedem Einzelfall die Frequenzvorgaben der Heilmittel-RL eingehalten, greife nicht durch. Deren Einhaltung schütze nur vor dem Vorhalt eines Verordnungsübermaßes bezogen auf den einzelnen Patienten, aber nicht vor dem Vorhalt, durch Verordnungen bei zu vielen Patienten unwirtschaftlich gehandelt zu haben.

15

Die zu 2. beigeladene AOK verteidigt ebenfalls - ohne einen Antrag zu stellen - das angefochtene Urteil des LSG und die Bescheide des Beklagten. Die Vergleichsprüfung sei nicht zu beanstanden. Die Mindestquote von 20 % der durchschnittlichen Fallzahl der Fachkollegen sei beim Kläger erfüllt. Der Beklagte und das LSG hätten den Ursachen weder bei der unterdurchschnittlichen Fallzahl noch bei dem Verordnungsmehraufwand weiter nachgehen müssen. Den unterdurchschnittlichen Umfang der in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen habe der Beklagte ausreichend berücksichtigt.

16

Die übrigen Beigeladenen äußern sich im Revisionsverfahren nicht.

Entscheidungsgründe

17

Die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen zu 1. sind zulässig (zur Rechtsmittelbefugnis und Aktivlegitimation der KÄVen in Angelegenheiten der Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 12 mwN; dem vergleichbar in Zulassungsangelegenheiten: BSG vom 19.10.2011, SozR 4-2500 § 103 Nr 8 RdNr 13, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen) . Die Revisionen sind aber unbegründet. Das LSG hat die angefochtenen Regressbescheide zu Recht nicht beanstandet. Diese Bescheide, die alleiniger Gegenstand des Verfahrens sind (vgl hierzu stRspr des BSG, zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 15 mwN; Nr 29 RdNr 14; zuletzt BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 11 mwN), sind rechtmäßig.

18

1. Rechtsgrundlage der Verordnungsregresse ist § 106 Abs 2 SGB V(hier zugrunde zu legen idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, mit weiteren - aber für den vorliegenden Rechtsstreit nicht relevanten - Änderungen, für das Jahr 2002 zuletzt noch Änderung vom 19.12.2001, BGBl I 3773). Danach wurde die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder am Maßstab von Richtgrößenvolumina (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V) und/oder anhand von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2), geprüft. Nach dieser Gesetzeslage war davon auszugehen, dass die Prüfung nach Durchschnittswerten wegen ihres hohen Erkenntniswerts bei verhältnismäßig geringem Verwaltungsaufwand die Regelprüfmethode darstellte (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 13; ebenso BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 14; Nr 23 RdNr 13; vgl zuletzt BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 19, 27). Bei dieser Prüfmethode wird der Aufwand des geprüften Arztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe - im Regelfall der Arztgruppe, der der Arzt angehört - verglichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Vergleichsgruppe im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich handelt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 303; Nr 55 S 307 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 14, 15; Nr 3 RdNr 14; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 14; Nr 23 RdNr 13). Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungs- oder Verordnungsaufwand des geprüften Arztes - beim Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten - in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, diesen nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur wie Praxisbesonderheiten und/oder sog kompensierende Einsparungen erklären lässt, so ist die Folgerung der Unwirtschaftlichkeit gerechtfertigt (stRspr, s dazu zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 319; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 14; Nr 23 RdNr 13 ). Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen dem Arzt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 298 f mwN; Nr 57 S 325; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 14; Nr 23 RdNr 13; Nr 29 RdNr 30 mwN). Die Prüfgremien sind allerdings zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind (vgl hierzu - betr in eigener Praxis oder verordneter physikalisch-medizinischer Leistungen - BSG vom 8.5.1985 - 6 RKa 24/83 - Juris RdNr 21 = USK 85190 S 1014 f; vgl zB auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 277; Nr 53 S 295 oben). Bei den erforderlichen Bewertungen haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum, sodass deren Einschätzungen von den Gerichten nur in begrenztem Umfang überprüft und ggf beanstandet werden können (zu Entscheidungsspielräumen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung s BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36 mwN; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 20; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 22; BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 16, 17, 19) .

19

Bei Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe und der gerichtlich nur begrenzt zulässigen Überprüfung sind die angefochtenen Regressbescheide nicht zu beanstanden.

20

2. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen des Klägers durfte im Wege des Vergleichs mit den Durchschnittswerten der Fachgruppe der Orthopäden erfolgen.

21

a) Die Fallzahl des Klägers reichte als Grundlage für eine Vergleichsprüfung anhand von Durchschnittswerten der Fachgruppe aus. Die Eignung für einen solchen Vergleich ist erst dann zu verneinen, wenn die Fallzahlen des geprüften Arztes so weit unterhalb der Durchschnittswerte der Fachgruppe liegen, dass ein Vergleich nicht mehr aussagekräftig ist. Für einen aussagekräftigen Vergleich hat der Senat auf eine Fallzahl des geprüften Arztes von mindestens 20 % der Vergleichsgruppe und dabei mindestens 100 Behandlungsfälle abgestellt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 45 S 244 ff; vgl auch zB BSG SozR 2200 § 368n Nr 44 S 149 f und Nr 50 S 171). Dieses Mindestmaß hat der Kläger nicht unterschritten. Seine Fallzahlen lagen in den kritischsten der hier streitgegenständlichen Quartale um maximal 40 % unter der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe, dh sie beliefen sich stets auf mehr als 60 % der Vergleichsgruppe.

22

Sein Einwand, das LSG habe das Ausmaß der Durchschnittsüberschreitung nicht richtig erfasst, kann seiner Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Dieser betrifft nicht die Bescheide des Beklagten, die Gegenstand der Überprüfung sind, sondern - lediglich - das Urteil des LSG. In diesem heißt es, dass "die Unterschreitung der Fallzahl, die deutlich weniger als 20 % beträgt, nicht die … Vergleichbarkeit" beeinträchtigt (LSG-Urteil S 16) . Demgegenüber ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass die "Gesamtfallzahlen … mit bis zu -37 % deutlich unter dem Durchschnitt der Fachgruppe" liegen (Bescheidbegründung vom 22.7.2005 S 2). Dies allein ist maßgeblich, denn entscheidend ist die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Regressbescheide. Eine inhaltliche Fehlbeurteilung des LSG allein kann nicht einen Erfolg der Revision begründen, es sei denn, insoweit läge zugleich ein Mangel des verfahrensmäßigen Vorgehens des LSG vor und dies würde vom Kläger entsprechend den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG gerügt. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass das Urteil des LSG auf der Annahme einer Durchschnittsunterschreitung von weniger als 20 % "beruhen" könnte (sog tragende Gründe, vgl zB BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 4 mwN). Diese Formulierung bezieht die Angabe zum Gesamthonorar im Regressbescheid betr die Quartale II/2000 bis IV/2001 (Bescheid vom 9.7.2004, Begründung S 2 unten) versehentlich auf die Fallzahlen und insoweit auf alle Quartale. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Irrtum das Urteilsergebnis beeinflusst haben könnte, sind nicht ersichtlich; Unterschreitungen um 20 % können ebenso wie solche um bis zu 37 % gleichermaßen die Eignung einer Vergleichsprüfung anhand von Durchschnittswerten der Fachgruppe nicht in Frage stellen, weil Fallzahlen ab 20 % der Vergleichsgruppe - wie ausgeführt - für die Vergleichbarkeit ausreichen.

23

b) Die Prüfgremien sind nicht verpflichtet, den Gründen für unterdurchschnittliche Fallzahlen einer Praxis nachzugehen, soweit der Grenzwert von 20 % erreicht oder überschritten ist. Dies ist nicht Gegenstand der sog intellektuellen Betrachtung, die medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte mitberücksichtigt (zur medizinisch-intellektuellen Prüfung vgl zB BSGE 74, 70, 72 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 125; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 12 RdNr 13; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19). Eine geringe Fallzahl kann vielfältige Ursachen haben; sie kann zB auf einer Minderung der Leistungsfähigkeit des Arztes beruhen oder Folge einer für die Patienten geringeren Attraktivität bzw Überzeugungskraft des Arztes und/oder seiner Praxis sein. Eine geringe Fallzahl kann dazu führen, dass der Arzt, der dadurch evtl viel Zeit für seine wenigen Patienten hat, geneigt ist, für diese besonders viele Leistungen zu erbringen, womit er uU zugleich trotz seiner geringen Patientenzahl ein auskömmliches Einkommen anstrebt (zu diesen Zusammenhängen vgl Clemens in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 36 RdNr 64; zur allgemeinen Problematik anbieterinduzierter Nachfrage gerade bei Praxen mit geringer Patientenzahl siehe zB BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 17 am Ende mit weiteren BSG-Angaben). Die Vielfalt möglicher Ursachen für eine geringe Fallzahl - für die auch nicht-medizinische Ursachen in Betracht kommen können, die keinen Bezug zum eigentlichen Aufgabenbereich der Prüfgremien haben - spricht gegen die Annahme einer Verpflichtung der Prüfgremien, nach deren Ursache im Rahmen der ihnen obliegenden medizinisch-intellektuellen Prüfung zu forschen. Auch erfordert die Praktikabilität - im Sinne des Gebots, effektive Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen (vgl hierzu BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 20 mwN) -, dass die Prüfgremien bei Fallzahlen von wenigstens 20 % des Fachgruppendurchschnitts im Regelfall die Vergleichbarkeit als gegeben annehmen dürfen.

24

c) Ebenso wenig sind die Prüfgremien verpflichtet, bereits im Rahmen der medizinisch-intellektuellen Prüfung - also bei der Ermittlung der richtigen Vergleichsbasis - den unterdurchschnittlichen Umfang der vom Arzt in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen zu berücksichtigen. Auf der ersten Stufe der Prüfung der Grundlagen der Vergleichbarkeit - noch vor dem Einstieg in die weiteren Prüfungsschritte wie Praxisbesonderheiten, kompensierende Einsparungen, offensichtliches Missverhältnis, unwirtschaftlicher Mehraufwand (zu den Prüfungsschritten vgl zB Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand März 2012, § 106 RdNr 290-387, und - zusammengefasst - Clemens in Laufs/Kern aaO, § 36 RdNr 44-82) - mögen atypische Praxisprägungen in die Betrachtung einzubeziehen sein; diese können sich uU aus Praxisbesonderheiten ergeben. Kompensierende Einsparungen hingegen begründen im Regelfall keine abweichende Praxisprägung: Ihr Wesen besteht darin - das ist die Voraussetzung für die Anerkennung einer "Kompensation" -, dass der vom geprüften Arzt verursachte Mehraufwand und der bei ihm gegebene Minderaufwand medizinisch gleichwertig sind; dies zugrunde gelegt, wird durch kompensierende Einsparungen - jedenfalls im Regelfall - nur die individuelle Art der Leistungserbringung und das Spektrum der erbrachten Leistungen, nicht aber die Praxisprägung berührt. Dementsprechend erörtert der Senat den unterdurchschnittlichen Umfang der in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen erst unter dem Gesichtspunkt kompensierender Einsparungen (vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 325; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 29 f; ebenso BSG vom 8.5.1985 - 6 RKa 24/83 - Juris RdNr 21 iVm 25 = USK 85190 S 1014 f iVm 1016 mit erst nachrangiger Berücksichtigung; ebenso BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 43 S 238/239).

25

d) Die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung gebotene ergänzende intellektuelle Prüfung unter medizinisch-ärztlichen Gesichtspunkten wird im Bescheid vom 9.7.2004 (S 7) ausdrücklich erwähnt. Im Übrigen muss diese Prüfung auch nicht explizit erfolgen; vielmehr reicht es aus, dass sich eine hinreichende Berücksichtigung der relevanten Gesichtspunkte aus dem Gesamtzuschnitt der Bescheide ergibt, wie das hier der Fall ist (sinngemäß ebenso zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 266; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 323 unten).

26

3. Der Beklagte durfte das Verordnungsvolumen des Klägers mit demjenigen der Orthopäden im selben KÄV-Bezirk vergleichen. Die Bildung einer engeren - verfeinerten - Vergleichsgruppe war nicht geboten.

27

Deren Bildung bedarf es nur bzw allenfalls dann, wenn die Struktur der Praxis des geprüften Arztes sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung des Patientenklientels als auch hinsichtlich des ärztlichen Diagnose- und Behandlungsangebots von der Typik beim Durchschnitt der Fachgruppe signifikant abweicht (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 264; Nr 57 S 319 ff, 322 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 11; Nr 12 RdNr 16-23) . Dies kann der Fall sein, wenn ein Arzt eine Zusatz- bzw Schwerpunktbezeichnung führt, sofern diese Niederschlag im Leistungsspektrum oder in der Ausrichtung der Praxis findet (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 319-322; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 12 RdNr 17 ff; ebenso BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 55/11 B - RdNr 8) . Die Prüfgremien dürfen solche Abweichungen von der Durchschnittspraxis aber auch - statt durch Bildung einer engeren Vergleichsgruppe - im Rahmen eines späteren Prüfungsschritts als Praxisbesonderheit oder durch Belassung einer größeren Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts berücksichtigen (BSGE 50, 84, 87 = SozR 2200 § 368e Nr 4 S 9 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 202 f; BSG vom 11.12.2002 - B 6 KA 21/02 B - Juris RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 30).

28

Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass die Prüfgremien sich weder durch die vom Kläger geführten Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Chirotherapie noch durch den unterdurchschnittlichen Umfang der in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen veranlasst gesehen haben, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden. Der Beklagte musste erst recht nicht in Betracht ziehen, eine noch engere Vergleichsgruppe aus solchen Orthopäden zu bilden, die sowohl in vergleichbarem Ausmaß wie der Kläger operieren als auch keine physikalische Therapie in ihrer eigenen Praxis anbieten (zur Frage von Praxisbesonderheiten vgl noch RdNr 39 f).

29

4. Die angefochtenen Bescheide lassen auch im Übrigen Fehler nicht erkennen.

30

a) Eine Unwirtschaftlichkeit kann auch dann gegeben sein, wenn ein Arzt - wie der Kläger geltend macht - bei jeder einzelnen Verordnung die Frequenzzahlen der Heilmittel-RL beachtet. Zu unterscheiden ist nämlich zwischen einerseits Einzelfallprüfungen, auf die die Heilmittel-RL ausgerichtet sind und vor denen diese den Arzt in gewissem Umfang schützen können, und andererseits Durchschnitts- und Richtgrößen-Prüfungen.

31

aa) In den Heilmittel-RL kann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), wie der Senat in seinem Urteil vom 29.11.2006 ausgeführt hat, nähere Vorgaben zum Vorgehen des Therapeuten formulieren (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr 3 RdNr 18 ff). Er kann die Frequenz vorgeben, mit der die einzelnen Heilmittel bei den in Betracht kommenden Indikationen angewendet werden sollen, indem er die Verordnungsmenge für den Regelfall festlegt (BSG aaO RdNr 18-20). Dies gehört zum Kernbereich von Regelungen zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung bei Heilmittelanwendungen (BSG aaO RdNr 20). Gerade bei Heilmittelverordnungen kann die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht ohne klare untergesetzliche Maßgaben allein über die auf den einzelnen Arzt ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V realisiert werden; Vergleichsprüfungen sind hier vielfach nur schwer durchführbar. Umso wichtiger sind eindeutige Vorgaben für die im Regelfall als wirtschaftlich angesehenen Verordnungsmengen sowohl bei Erst- als auch bei Wiederholungsverordnungen (BSG aaO RdNr 22).

32

bb) Mit diesen Ausführungen hat der Senat den hohen Stellenwert von Frequenzvorgaben für die Verordnung von Heilmitteln im Einzelfall hervorgehoben, ohne aber Vergleichsprüfungen anhand von Durchschnittswerten der Fachgruppe auszuschließen. Zu den Vergleichsprüfungen hat der Senat ausgeführt, dass sie im Heilmittelbereich "vielfach nur schwer durchführbar" sind und - so der vorangehende Satz - dass "die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht ohne klare untergesetzliche Maßgaben allein über die auf den einzelnen Arzt ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V realisiert werden" kann(BSG aaO RdNr 22). Aus diesen Formulierungen wird deutlich, dass Durchschnittsprüfungen nicht ausgeschlossen sind, sondern die untergesetzlichen Vorgaben (vgl heute § 7 Abs 10 iVm §§ 17 ff der Heilmittel-RL vom 20.1./19.5.2011 zur physikalischen Therapie, BAnz Nr 96 S 2247 vom 30.6.2011 = DÄ 2011, A 1500 mit Verweisung auf Internetseite) und die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V nebeneinander stehen: Für die vom Arzt im Einzelfall verordnete Leistungsmenge sind die untergesetzlichen Frequenzvorgaben maßgebend; beachtet der Arzt diese Vorgaben, kann ihm in der Regel nicht vorgehalten werden, er hätte in einem einzelnen Behandlungsfall Heilmittel nur mit geringerer Frequenz verordnen dürfen. Vergleichsprüfungen anhand von Durchschnittswerten der Fachgruppe bleiben aber möglich, soweit sie klären sollen, ob der Arzt in der Gesamtzahl seiner Patienten in zu vielen Fällen Anlass zur Verordnung der Heilmittel sah. So stellt der Beklagte beim Kläger nicht in Frage, dass er in allen einzelnen Behandlungsfällen jeweils die Frequenzvorgaben der Heilmittel-RL einhielt; die von ihm durchgeführte Prüfung hat er vielmehr darauf gegründet, dass die Anzahl der Behandlungsfälle, in denen der Kläger physikalisch-medizinische Leistungen verordnete, weit über dem Durchschnitt der Fachgruppe lag - in jedem zweiten Behandlungsfall, daher ungefähr doppelt so häufig wie die Fachgruppe - und dass dafür keine Rechtfertigung aufgrund besonderen Praxiszuschnitts erkennbar sei.

33

cc) Mit einer solchen Vergleichsprüfung wird - entgegen der Ansicht des Klägers und der Beigeladenen zu 1. - nicht die Schutzwirkung der Heilmittel-RL unterlaufen, wie auch der Senat sie im Urteil vom 29.11.2006 anerkannt hat (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr 3 RdNr 18 ff, 22; vgl auch BSG vom 13.9.2011 - B 1 KR 23/10 R - BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7, RdNr 11 und 13). Die Frequenzvorgaben der Heilmittel-RL (zur physikalischen Therapie vgl die Heilmittel-RL aaO mit § 7 Abs 10: "maximale Verordnungsmenge … bis zum Erreichen der Gesamtverordnungsmenge jedes Regelfalls in der Physikalischen Therapie bis zu sechs Einheiten") sind darauf zugeschnitten, wie viele Einheiten physikalischer Therapie im einzelnen Behandlungsfall als im Regelfall sachgerecht anzusehen sind. Dabei wird vorausgesetzt, dass es sich um einen Behandlungsfall handelt, in dem überhaupt Anlass zur Verordnung physikalisch-medizinischer Leistungen besteht. Zur Frage, in welcher Art von Behandlungsfällen ein solcher Anlass überhaupt als gegeben angesehen werden kann, sagt die Heilmittel-RL nichts aus; medizinische Beurteilungskriterien hierfür sind darin nicht zu finden (vgl dazu BT-Drucks 14/6309 S 10: "mit der Umsetzung der Heilmittel-Richtlinien allein die Wirtschaftlichkeit … nicht sichergestellt werden"). Deshalb kann gegründet auf den Vorhalt, physikalisch-medizinische Leistungen in einer nicht mehr vertretbaren, zu großen Anzahl von Behandlungsfällen - ohne dass sich dies durch seinen Praxiszuschnitt rechtfertigen lasse - verordnet zu haben, das Verordnungsvolumen eines Arztes sowohl im Wege des Vergleichs mit den Durchschnittswerten der Fachgruppe als auch anhand von Richtgrößen überprüft werden (zu letzterem vgl § 84 Abs 8 iVm § 106 Abs 5a ff SGB V).

34

Die Anwendbarkeit der Durchschnitts- und Richtgrößen-Prüfungen entspricht im Übrigen auch dem umfassenden Geltungsanspruch des Wirtschaftlichkeitsgebots, wonach der Arzt nicht nur im konkreten Einzelfall, sondern unter jedem Aspekt - und deshalb auch bezogen auf die Anzahl seiner Behandlungsfälle mit Heilmittelverordnungen - wirtschaftlich handeln muss (vgl hierzu zuletzt BSG vom 19.10.2011, SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 21 mwN).

35

b) Ohne Rechtsverstoß hat sich der Beklagte auch mit dem Umfang der in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen auseinandergesetzt. Zumindest missverständlich ist allerdings die Formulierung des LSG, die beim Kläger unterdurchschnittliche Zahl der in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen könne "allenfalls" bei der Prüfung kompensierender Einsparungen von Bedeutung sein (LSG-Urteil S 16). Dies trifft so nicht zu: Die Abfolge der Prüfungsschritte in der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten ist nicht zwingend; auf welcher Stufe Abweichungen von der Typik der Vergleichsgruppe berücksichtigt werden, ist nicht strikt vorgegeben; unbedenklich können sie auch erst auf einer nachrangigen Stufe wie zB durch Belassung großzügiger Durchschnittsüberschreitungen berücksichtigt werden, wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat (betr Bildung einer engeren Vergleichsgruppe vgl zB BSGE 50, 84, 87 = SozR 2200 § 368e Nr 4 S 9 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 202 f; BSG vom 11.12.2002 - B 6 KA 21/02 B - Juris RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 30; betr kompensierende Einsparungen und Praxisbesonderheiten vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 43 S 238 f mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 29 f). Ob das LSG davon hat abweichen oder nur darlegen wollen, wo typischerweise bei einem Verordnungsregress die unterdurchschnittliche Höhe des Honorars für in eigener Praxis erbrachte physikalisch-medizinische Leistungen geprüft wird, kann offenbleiben. Für die abschließende inhaltliche Bewertung kommt es nur darauf an, ob die zugrunde liegenden Bescheide des Beklagten rechtmäßig sind: Diese enthalten ausreichende Ausführungen dazu, wie der gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt mindere Aufwand des Klägers bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen zu bewerten ist (hierzu s nachfolgend c).

36

c) Entgegen der Ansicht der Revisionsführer hat der Beklagte inhaltlich in genügender Weise den Minderaufwand des Klägers bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen berücksichtigt.

37

Der Beklagte hat erwogen, ob insoweit sog kompensierende Einsparungen anzuerkennen seien, dies allerdings nicht abschließend entschieden: Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Mehraufwand bei den verordneten und dem Minderaufwand bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen erscheine zweifelhaft, weil die in eigener Praxis erbrachten und die von selbstständigen nicht-ärztlichen Leistungserbringern erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen nicht deckungsgleich seien. Zudem sei der Ersparniswert gering; der Minderaufwand des Klägers bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen betrage je Fall nur einen Bruchteil des Mehraufwands durch verordnete physikalisch-medizinische Leistungen (insoweit werden Beträge einerseits bis 7 Euro und andererseits ab 20 Euro genannt). Ungeachtet solcher Zweifel am Kausalzusammenhang und an bedeutsamer Ersparnis würden Einsparungen bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen berücksichtigt: Sie seien mitbestimmend für die Belassung von Überschreitungen über das durchschnittliche Heilmittelverordnungsvolumen der Fachgruppe hinaus im Umfang von 140 % (Quartale II/2000 bis IV/2001) bzw 100 % (Quartale I/2002 bis IV/2002).

38

Diese Ausführungen des Beklagten genügen den rechtlichen Anforderungen. Wie ausgeführt, müssen die Prüfgremien Umstände, die von ihrer Struktur her an sich der Kategorie kompensierende Einsparungen zuzuordnen sind (so bei unterdurchschnittlichem Umfang der in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen: s die BSG-Angaben oben RdNr 24 am Ende), nicht notwendigerweise im Rahmen dieses Prüfungsschritts berücksichtigen. Es reicht vielmehr aus, sie in die Berechnung oder Schätzung der zu belassenden Durchschnittsüberschreitungen einzubeziehen (vgl oben RdNr 27 und RdNr 35, jeweils mit Rspr-Angaben). Bei der Quantifizierung dürfen sie sich mit pauschalierenden Schätzungen begnügen (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 30 iVm 33 mwN); dies gilt zumal dann, wenn schon dem Grunde nach - das durften die Prüfgremien offenlassen - nicht ohne Weiteres von einem Kausalzusammenhang zwischen Mehr- und Minderaufwand und zudem nur von einer relativ geringen kostenmäßigen Kompensation ausgegangen werden kann. Das Ausmaß der Berücksichtigung ist hier - auch bei Einberechnung eines weiteren Anteils für unterdurchschnittlichen Aufwand bei chirotherapeutischen Leistungen - angesichts der Belassung hoher Überschreitungen über das durchschnittliche Heilmittelverordnungsvolumen der Fachgruppe hinaus - im Umfang von 140 % (Quartale II/2000 bis IV/2001) bzw 100 % (Quartale I/2002 bis IV/2002) - jedenfalls ausreichend.

39

d) Schließlich sind die Regressbescheide auch weder hinsichtlich ihrer Ausführungen zum offensichtlichen Missverhältnis noch hinsichtlich der Verneinung von Praxisbesonderheiten zu beanstanden.

40

Der Beklagte hat ohne Rechtsverstoß die Anerkennung von Praxisbesonderheiten beim Kläger abgelehnt. Er hat ausgeführt, Praxisbesonderheiten hätten weder aufgrund der Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Chirotherapie noch aufgrund eines überdurchschnittlichen Operationsspektrums noch aufgrund des Zuschnitts der Patientenschaft mit schwer Erkrankten oder Kindern mit Missbildungen anerkannt werden können: Die Durchsicht der (Behandlungs-)Unterlagen habe nur eine leicht überdurchschnittliche Zahl an Operationsfällen - insbesondere Arthroskopien - und keine signifikante Zahl von Patienten mit schweren Erkrankungen und/oder von Kindern mit Missbildungen ergeben. Mit diesen Ausführungen hat der Beklagte die Anerkennung von Praxisbesonderheiten ohne Überschreitung des ihm insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums - und mit ausreichender Begründung in den Bescheiden - versagt (zu den Entscheidungsspielräumen vgl oben RdNr 18 am Ende mit BSG-Angaben). Das LSG hat sich unter Bezugnahme auf die Ausführungen des SG die Feststellung zu eigen gemacht, dass weder der Umfang der operativen Leistungen des Klägers noch der von ihm geltend gemachte Mehrbedarf im Vergleich zur Fachgruppe bei Skoliose- und multimorbiden Patienten noch bei Kindern mit Fehlbildungen der Gliedmaßen dem Umfang nach deutlich von der Typik der Fachgruppe abweicht. An diese Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden; keiner der Revisionsführer hat dagegen eine Verfahrensrüge entsprechend den dafür bestehenden Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG erhoben(vgl § 163 Halbsatz 2 SGG). Soweit die Revisionsführer die Berechnungen als fehlerhaft gerügt haben, handelt es sich nicht um Verfahrens-, sondern um inhaltliche Rügen; diese können ebenso wenig wie das sonstige Vorbringen, mit dem sie Feststellungen des LSG als unzutreffend beanstanden, die gemäß § 163 SGG bestehende Bindung des Revisionsgerichts aufheben.

41

Auch bei der Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum (BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 13 mwN); die Festlegungen können je nach der Art der Vergleichsprüfung und dem Maß der Homogenität auf Überschreitungen ab 30 % bis 60 % erfolgen (vgl zB BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 13 mwN und BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 50 mwN) . Liegt im konkreten Fall der nicht durch Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen erklärbare Mehraufwand in jedem Fall deutlich erkennbar im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, so dürfen die Prüfgremien auf eine ausdrückliche Festlegung verzichten (vgl BSG aaO RdNr 50). Dies war hier im Hinblick auf die Überschreitungen des Fachgruppendurchschnitts um ca 130 % bis 180 % der Fall, sodass die Regressbescheide auch insoweit nicht zu beanstanden sind.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Der Kläger und die Beigeladene zu 1. tragen, da sie mit ihren Rechtsmitteln erfolglos geblieben sind, die Kosten des Revisionsverfahrens zu gleichen Teilen (§ 154 Abs 2 iVm § 159 Satz 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. ist nicht veranlasst; sie haben keine Anträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Krankenkasse sieht in der Satzung Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) vor. Die Leistungen sollen insbesondere zur Verminderung sozial bedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen beitragen und kind- und jugendspezifische Belange berücksichtigen. Die Krankenkasse legt dabei die Handlungsfelder und Kriterien nach Absatz 2 zugrunde.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Einbeziehung unabhängigen, insbesondere gesundheitswissenschaftlichen, ärztlichen, arbeitsmedizinischen, psychotherapeutischen, psychologischen, pflegerischen, ernährungs-, sport-, sucht-, erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Sachverstandes sowie des Sachverstandes der Menschen mit Behinderung einheitliche Handlungsfelder und Kriterien für die Leistungen nach Absatz 1 fest, insbesondere hinsichtlich Bedarf, Zielgruppen, Zugangswegen, Inhalt, Methodik, Qualität, intersektoraler Zusammenarbeit, wissenschaftlicher Evaluation und der Messung der Erreichung der mit den Leistungen verfolgten Ziele. Er bestimmt außerdem die Anforderungen und ein einheitliches Verfahren für die Zertifizierung von Leistungsangeboten durch die Krankenkassen, um insbesondere die einheitliche Qualität von Leistungen nach Absatz 4 Nummer 1 und 3 sicherzustellen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen stellt sicher, dass seine Festlegungen nach den Sätzen 1 und 2 sowie eine Übersicht der nach Satz 2 zertifizierten Leistungen der Krankenkassen auf seiner Internetseite veröffentlicht werden. Die Krankenkassen erteilen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen hierfür sowie für den nach § 20d Absatz 2 Nummer 2 zu erstellenden Bericht die erforderlichen Auskünfte und übermitteln ihm nicht versichertenbezogen die erforderlichen Daten.

(3) Bei der Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 2 Satz 1 berücksichtigt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch die folgenden Gesundheitsziele im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention:

1.
Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln,
2.
Brustkrebs: Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen,
3.
Tabakkonsum reduzieren,
4.
gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung,
5.
gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Souveränität der Patientinnen und Patienten stärken,
6.
depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln,
7.
gesund älter werden und
8.
Alkoholkonsum reduzieren.
Bei der Berücksichtigung des in Satz 1 Nummer 1 genannten Ziels werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 21. März 2005 (BAnz. S. 5304) festgelegt sind. Bei der Berücksichtigung der in Satz 1 Nummer 2, 3 und 8 genannten Ziele werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 27. April 2015 (BAnz. AT 19.05.2015 B3) festgelegt sind. Bei der Berücksichtigung der in Satz 1 Nummer 4 bis 7 genannten Ziele werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 26. Februar 2013 (BAnz. AT 26.03.2013 B3) festgelegt sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berücksichtigt auch die von der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz im Rahmen der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie nach § 20a Absatz 2 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes entwickelten Arbeitsschutzziele.

(4) Leistungen nach Absatz 1 werden erbracht als

1.
Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention nach Absatz 5,
2.
Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten für in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte nach § 20a und
3.
Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung) nach § 20b.

(5) Die Krankenkasse kann eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention nach Absatz 4 Nummer 1 erbringen, wenn diese nach Absatz 2 Satz 2 von einer Krankenkasse oder von einem mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten in ihrem Namen zertifiziert ist. Bei ihrer Entscheidung über eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention berücksichtigt die Krankenkasse eine Präventionsempfehlung nach § 25 Absatz 1 Satz 2, nach § 26 Absatz 1 Satz 3 oder eine im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge oder einer sonstigen ärztlichen Untersuchung schriftlich abgegebene Empfehlung. Die Krankenkasse darf die sich aus der Präventionsempfehlung ergebenden personenbezogenen Daten nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten verarbeiten. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach dieser Vorschrift an andere Krankenkassen, deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften übertragen. Für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention, die die Krankenkasse wegen besonderer beruflicher oder familiärer Umstände wohnortfern erbringt, gilt § 23 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(6) Die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c sollen ab dem Jahr 2019 insgesamt für jeden ihrer Versicherten einen Betrag in Höhe von 7,52 Euro umfassen. Von diesem Betrag wenden die Krankenkassen für jeden ihrer Versicherten mindestens 2,15 Euro für Leistungen nach § 20a und mindestens 3,15 Euro für Leistungen nach § 20b auf. Von dem Betrag für Leistungen nach § 20b wenden die Krankenkassen für Leistungen nach § 20b, die in Einrichtungen nach § 107 Absatz 1 und in Einrichtungen nach § 71 Absatz 1 und 2 des Elften Buches erbracht werden, für jeden ihrer Versicherten mindestens 1 Euro auf. Unterschreiten die jährlichen Ausgaben einer Krankenkasse den Betrag nach Satz 2 für Leistungen nach § 20a, so stellt die Krankenkasse diese nicht ausgegebenen Mittel im Folgejahr zusätzlich für Leistungen nach § 20a zur Verfügung. Die Ausgaben nach den Sätzen 1 bis 3 sind in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches anzupassen. Unbeschadet der Verpflichtung nach Absatz 1 müssen die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c im Jahr 2020 nicht den in den Sätzen 1 bis 3 genannten Beträgen entsprechen. Im Jahr 2019 nicht ausgegebene Mittel für Leistungen nach § 20a hat die Krankenkasse nicht im Jahr 2020 für zusätzliche Leistungen nach § 20a zur Verfügung zu stellen.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Krankenkasse sieht in der Satzung Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) vor. Die Leistungen sollen insbesondere zur Verminderung sozial bedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen beitragen und kind- und jugendspezifische Belange berücksichtigen. Die Krankenkasse legt dabei die Handlungsfelder und Kriterien nach Absatz 2 zugrunde.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Einbeziehung unabhängigen, insbesondere gesundheitswissenschaftlichen, ärztlichen, arbeitsmedizinischen, psychotherapeutischen, psychologischen, pflegerischen, ernährungs-, sport-, sucht-, erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Sachverstandes sowie des Sachverstandes der Menschen mit Behinderung einheitliche Handlungsfelder und Kriterien für die Leistungen nach Absatz 1 fest, insbesondere hinsichtlich Bedarf, Zielgruppen, Zugangswegen, Inhalt, Methodik, Qualität, intersektoraler Zusammenarbeit, wissenschaftlicher Evaluation und der Messung der Erreichung der mit den Leistungen verfolgten Ziele. Er bestimmt außerdem die Anforderungen und ein einheitliches Verfahren für die Zertifizierung von Leistungsangeboten durch die Krankenkassen, um insbesondere die einheitliche Qualität von Leistungen nach Absatz 4 Nummer 1 und 3 sicherzustellen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen stellt sicher, dass seine Festlegungen nach den Sätzen 1 und 2 sowie eine Übersicht der nach Satz 2 zertifizierten Leistungen der Krankenkassen auf seiner Internetseite veröffentlicht werden. Die Krankenkassen erteilen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen hierfür sowie für den nach § 20d Absatz 2 Nummer 2 zu erstellenden Bericht die erforderlichen Auskünfte und übermitteln ihm nicht versichertenbezogen die erforderlichen Daten.

(3) Bei der Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 2 Satz 1 berücksichtigt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch die folgenden Gesundheitsziele im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention:

1.
Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln,
2.
Brustkrebs: Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen,
3.
Tabakkonsum reduzieren,
4.
gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung,
5.
gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Souveränität der Patientinnen und Patienten stärken,
6.
depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln,
7.
gesund älter werden und
8.
Alkoholkonsum reduzieren.
Bei der Berücksichtigung des in Satz 1 Nummer 1 genannten Ziels werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 21. März 2005 (BAnz. S. 5304) festgelegt sind. Bei der Berücksichtigung der in Satz 1 Nummer 2, 3 und 8 genannten Ziele werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 27. April 2015 (BAnz. AT 19.05.2015 B3) festgelegt sind. Bei der Berücksichtigung der in Satz 1 Nummer 4 bis 7 genannten Ziele werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 26. Februar 2013 (BAnz. AT 26.03.2013 B3) festgelegt sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berücksichtigt auch die von der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz im Rahmen der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie nach § 20a Absatz 2 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes entwickelten Arbeitsschutzziele.

(4) Leistungen nach Absatz 1 werden erbracht als

1.
Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention nach Absatz 5,
2.
Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten für in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte nach § 20a und
3.
Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung) nach § 20b.

(5) Die Krankenkasse kann eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention nach Absatz 4 Nummer 1 erbringen, wenn diese nach Absatz 2 Satz 2 von einer Krankenkasse oder von einem mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten in ihrem Namen zertifiziert ist. Bei ihrer Entscheidung über eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention berücksichtigt die Krankenkasse eine Präventionsempfehlung nach § 25 Absatz 1 Satz 2, nach § 26 Absatz 1 Satz 3 oder eine im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge oder einer sonstigen ärztlichen Untersuchung schriftlich abgegebene Empfehlung. Die Krankenkasse darf die sich aus der Präventionsempfehlung ergebenden personenbezogenen Daten nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten verarbeiten. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach dieser Vorschrift an andere Krankenkassen, deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften übertragen. Für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention, die die Krankenkasse wegen besonderer beruflicher oder familiärer Umstände wohnortfern erbringt, gilt § 23 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(6) Die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c sollen ab dem Jahr 2019 insgesamt für jeden ihrer Versicherten einen Betrag in Höhe von 7,52 Euro umfassen. Von diesem Betrag wenden die Krankenkassen für jeden ihrer Versicherten mindestens 2,15 Euro für Leistungen nach § 20a und mindestens 3,15 Euro für Leistungen nach § 20b auf. Von dem Betrag für Leistungen nach § 20b wenden die Krankenkassen für Leistungen nach § 20b, die in Einrichtungen nach § 107 Absatz 1 und in Einrichtungen nach § 71 Absatz 1 und 2 des Elften Buches erbracht werden, für jeden ihrer Versicherten mindestens 1 Euro auf. Unterschreiten die jährlichen Ausgaben einer Krankenkasse den Betrag nach Satz 2 für Leistungen nach § 20a, so stellt die Krankenkasse diese nicht ausgegebenen Mittel im Folgejahr zusätzlich für Leistungen nach § 20a zur Verfügung. Die Ausgaben nach den Sätzen 1 bis 3 sind in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches anzupassen. Unbeschadet der Verpflichtung nach Absatz 1 müssen die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c im Jahr 2020 nicht den in den Sätzen 1 bis 3 genannten Beträgen entsprechen. Im Jahr 2019 nicht ausgegebene Mittel für Leistungen nach § 20a hat die Krankenkasse nicht im Jahr 2020 für zusätzliche Leistungen nach § 20a zur Verfügung zu stellen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.