Sozialgericht München Urteil, 07. März 2018 - S 38 KA 5017/17

published on 07/03/2018 00:00
Sozialgericht München Urteil, 07. März 2018 - S 38 KA 5017/17
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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Widerspruchsbescheid (Sitzung vom 23.11.2016), betreffend das Quartal 4/13. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der BemaNr. IP 5 führte zu einem Regress in Höhe von 70% der erbrachten Leistungen (= € 3.596,38). In dem angefochtenen Widerspruchsbescheid berief sich der Beklagte auf verschiedenes statistisches Zahlenmaterial. Danach wurden im streitgegenständlichen Quartal beim Gesamtfallwert eine Überschreitung von 56%, bei der Fallzahl eine Unterschreitung von 37%, die Verteilung der Patienten nach Mitgliedern, Familienangehörigen und Rentnern (M: +6%; F: +35%; R: -43%) und bei den IP 5-Leistungen eine Überschreitung von 1.470% genannt. Der Beklagte wählte als Prüfmethode die statistische Durchschnittsprüfung. Er stellte fest, der Kläger erbringe auch eine erhöhte Anzahl an IP 1-Leistungen. Diese stellten einen Indikator für den Anteil von Kindern und Jugendlichen im versiegelungsfähigen Alter (6-18 Jahre) dar. Unter Berücksichtigung der erhöhten Anzahl an IP 1-Leistungen berechnete der Beklagte die Überschreitung bei den IP 5 - Leistungen neu und kam zu einer neuen Überschreitung der IP 5 - Leistungen in Höhe von 633% (98,9 (Praxiswert der IP 5 - Leistungen) : 2,14 (IP 1- Überschreitung) = 46,2 (neuer Praxiswert); 46,2 (neuer Praxiswert) x 100 : 6,3 (Landesdurchschnitt) - 100 = 633%).

Zum Hinweis des Klägers, die Überschreitung sei der Behandlung von Kindern aus einem SOS-Caritas-Kinderdorf geschuldet, wurde folgendes vorgetragen:

„Die Beschwerdeführer führen dazu aus, dass von 79 behandelten Kindern, die nach Bema-Nr. IP 5 versorgt werden können (Altersgruppe) 30 Kinder aus dem Kinderdorf kommen. Dazu merkt die Kammer an, dass es sich hierbei lediglich um 38% der o.g. nach Bema-Nr. IP 5 behandelbaren Kinder handelt. Darüber hinaus ist anzumerken, dass sicherlich nicht alle 30 Kinder an allen IP 5-möglichen Zähnen behandelt werden müssen und eine Quantifizierung des Behandlungsbedarfs nicht vorgetragen wurde. Diese Fälle wurden weder einzeln noch detailliert nachgewiesen, womit die Kammer nicht beurteilen konnte, ob ein erhöhter Behandlungsbedarf vorhanden war und ggf. in welchem Umfang und ob dieser Behandlungsbedarf richtliniengemäß und wirtschaftlich erbracht wurde.

In diesem Zusammenhang weist die Kammer auf die BSG-Rechtsprechung hin, wonach bei Vorliegen des offensichtlichen Missverhältnisses eine Beweislastumkehr erfolgt (Bema-Nr: IP 5 +1470% !! zum Landesdurchschnitt).“

Als Restüberschreitung nach Vergütungsberichtigung wurde bei den IP 5 - Leistungen eine Überschreitung in Höhe von 120% und beim Gesamtfallwert eine solche in Höhe von 45% angegeben.

Dagegen ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Klage zum Sozialgericht München einlegen. Diese wies insbesondere auf die ihres Erachtens zu berücksichtigende Praxisbesonderheit der Behandlung von Kindern aus dem SOS-Kinderdorf M. hin. Des Weiteren wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die IP 1 - IP 4 - Leistungen halbjährlich abrechenbar sind, während die IP 5 - Leistungen nach Bedarf abgerechnet werden könnten. Zu berücksichtigen sei ferner die geringe Fallzahl beim Kläger, wie auch der Umstand, dass der Kläger viele behandlungsintensive Patienten betreue.

Zur Rechtslage wurde klägerseits ausgeführt, es sei keine konkrete Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Klägers, insbesondere mit den vom Kläger eingereichten Pa-tientenlisten und keine intellektuelle Prüfung erfolgt. Vielmehr habe der Beklagte eine pauschalierte Betrachtungsweise angestellt. Die Ermessensentscheidung des Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Dies betreffe vor allem auch den Rechenweg. Die Ausführungen ließen nicht erkennen, weshalb diese ausreichen sollten, um den besonderen Umständen der Praxis Rechnung zu tragen.

Die Beigeladene zu 1 (KZVB) bemerkte, die Fallzahl des Klägers sei zwar unterdurchschnittlich, jedoch ergebe sich selbst unter Berücksichtigung der erhöhten Anzahl an IP 1- Leistungen eine exorbitante Überschreitung bei den IP 5- Leistungen (+ 633%).

Im Rahmen des Klageverfahrens machten die Beteiligten darauf aufmerksam, dass auch Vorquartale beklagt waren, bei denen ebenfalls Gegenstand die Abrechnung von IP 5 - Leistungen waren. Das Bayerische Landessozialgericht sei teilweise von einer Präklusion des klägerischen Vorbringens im Vorverfahren ausgegangen (BayLSG, Urteil vom 11.10.2017, Az. L 12 KA 5002/17), was zur Klageabweisung geführt habe. Soweit keine Präklusion entgegengestanden und sich der Kläger auf die Praxisbesonderheit der Behandlung von Kindern aus dem SOS-Kinderdorf bezogen habe, sei geprüft worden, ob sich der Beklagte ausreichend mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt habe. Im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.10.2017 unter dem Az. L 12 KA 5016/17 (vorausgehend S 49 KA 5173/16) sei der Bescheid des Beklagten aufgehoben und der Beklagte verpflichtet worden, über den Widerspruch des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

In der mündlichen Verhandlung am 07.03.2018 wurde die Sach-und Rechtslage mit den anwesenden Beteiligten ausführlich besprochen.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 16.02.2017.

Die Vertreter der Beigeladenen zu 2, 3 und 4 beantragten, die Klage abzuweisen.

Der Vertreter der Beigeladenen zu 1 stellte keinen Antrag.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, die Entscheidungen des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.10.2017 in den Verfahren unter den Az. L 12 KA 5002/17 und L 12 KA 5016/17 sowie die Sitzungsniederschrift vom 07.03.2018 verwiesen.

Gründe

Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als nicht begründet.

Der angefochtene Widerspruchsbescheid des Beklagten ist als rechtmäßig anzusehen.

Rechtsgrundlage für die vorgenommene Wirtschaftlichkeitsprüfung ist § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V in Verbindung mit §§ 18 Abs. 1 Buchst. b, 20 Abs. 5 der Anlage 4a zum GV-Z (Prüfvereinbarung). Danach wird die Prüfung nach Durchschnittswerten auf der Grundlage einer Gegenüberstellung der Einzelleistungswerte bzw. der durchschnittlichen Fall-kosten des geprüften Vertragszahnarztes einerseits, und aller Vertragszahnärzte andererseits auf der Grundlage der von der KZVB gemäß Abs. 1 erstellten Statistiken durchgeführt. Nach § 20 Abs. 7 S. 2 der Anlage 4a zum GV-Z soll sich im Übrigen die Vergütungsberichtigung auf die einzelnen Leistungsziffern (Einzelleistungswert) beziehen.

Bei den Leistungen nach der Bema-Nr. IP 5 handelt es sich zwar um prophylaktische Leistungen. Gleichwohl unterliegen auch diese Leistungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Denn weder in § 106 SGB V, noch in der Anlage 4a zum GV-Z sind prophylaktische Leistungen von der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgenommen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 12.08.2014, L 12 KA 5054/13).

Unerheblich ist auch, dass die klägerische Praxis eine unterdurchschnittliche Fallzahl aufweist. Denn das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2012, Az. B 6 KA 18/11 R) nur dann eine Vergleichbarkeit in Frage gestellt, wenn die Fallzahl des geprüften Arztes bei unter 20% der der Vergleichsgruppe bei einer Fallzahl von mindestens 100 Fällen liegt. In einem solchen Maße wird die Fallzahl vom Kläger im streitgegenständlichen Quartal nicht unterschritten, so dass von einer Vergleichbarkeit auszugehen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichte wird die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Durchschnittsprüfung von Einzelziffern beim Doppelten des Fachgruppendurchschnitts (= +100%) angenommen (vgl. BSG, Urteil vom 21.05.2003, Az. B 6 KA 32/02R). Nachdem hier die Überschreitung bei 1.470% lag, das heißt, der Kläger hat die Leistungen der Bema-Nr. IP 5 im Vergleich zur Vergleichsgruppe fast 15 mal so häufig abgerechnet, ergibt sich daraus der Anschein der Unwirtschaftlichkeit. Dieser Anschein der Unwirtschaftlichkeit besteht auch unter Berücksichtigung eines höheren Ansatzes bei den IP-1 Leistungen. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass der Kläger auch vermehrt IP-1 Leistungen erbracht und abgerechnet hat, woraus sich ergibt, dass in seiner Praxis mehr Kinder-und Jugendliche im versiegelungsfähigen Alter behandelt werden. Die dabei angestellten Berechnungen, bei denen die IP 5 - Leistungen mit den IP 1 - Leistungen in Bezug gesetzt werden (Praxiswert der IP 5 - Leistungen: IP 1- Überschreitung = neuer Praxiswert; neuer Praxiswert x 100 : Landesdurchschnitt - 100 = neue Überschreitung) tragen dem Umstand Rechnung, dass das Patientengut des Klägers aus überdurchschnittlich vielen minderjährigen Patienten besteht, sind nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Wie das Bayerische Landessozialgericht in seiner Entscheidung vom 11.10.2017 (Az. L 12 KA 5002/17) ausgeführt hat, ist die Heranziehung der IP 1-Leistungen auch deshalb gerechtfertigt, weil es sich um den gleichen Personenkreis handelt, die Erhebung des Mundhygienestatus nach der IP 1 den Leistungen nach der IP 5 vorausgeht und im Regelfall diese Leistungen innerhalb eines Termins in der Zahnarztpraxis erfolgen. Der geprüfte Zahnarzt werde durch die vorgenommene Korrektur so gestellt, als wäre das Verhältnis der Anzahl an Patienten im versiegelungsfähigen Alter zu allen Behandlungsfällen in seiner Praxis ebenso wie der Landesdurchschnitt. Daraus folge, dass verbleibende Überschreitungen des Landesdurchschnitts dadurch entstehen, dass Versiegelungen nach der IP 5 bei Patienten im versiegelungsfähigen Alter (zunächst wertungsfrei) häufiger erfolgen als im Landesdurchschnitt. Trotz Berücksichtigung der IP1- Leistungen ergibt sich für die IP 5 - Leistungen eine nach wie vor hohe Überschreitung im hohen dreistelligen Bereich. Insofern besteht nach wie vor der Anschein der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise.

Für den Beklagten bestand keine Veranlassung, darüber hinaus Praxisbesonderheiten bzw. kausal-kompensatorische Einsparungen zusätzlich zu berücksichtigen. Denn - besteht der Anschein der Unwirtschaftlichkeit - obliegt dem geprüften Arzt/Zahnarzt die Darlegungs- und Feststellungslast dafür, dass Umstände vorliegen, die die Überschreitung rechtfertigen. Der Kläger kann sich nur bedingt auf den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 SGB V berufen. Dieser Amtsermittlungsgrundsatz gilt zwar grundsätzlich auch im Bereich des Kassenarztrechts, wie sich aus § 8 Abs. 4 der Anlage 4a zum GV-Z, der seinerseits auf § 20 SGB X (Amtsermittlungsgrundsatz) hinweist, ergibt. Andererseits ist den Besonderheiten des Kassenarztrechts Rechnung zu tragen. So haben nach § 8 Abs. 6 der Anlage 4a zum GV-Z Beteiligte an der Sachaufklärung mitzuwirken und alle angeforderten Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hintergrund hierfür ist, dass grundsätzlich nur der überprüfte Arzt/Zahnarzt wegen seiner Sachnähe in der Lage ist, die bei seiner Praxis vorhandenen Besonderheiten, auch kausal kompensatorische Einsparungen darzulegen. Etwas anderes gilt für Tatsachen, die entweder gemeinhin bekannt sind, oder von denen die Ausschüsse aus vorangegangenen Verfahren Kenntnis besitzen. Bedarf es der Mitwirkung des Arztes/Zahnarztes in Form der Darlegung und/oder der Übersendung von weiteren Unterlagen und kommt der Arzt/Zahnarzt seiner Verpflichtung im erforderlichen Umfang nach, so sind die Prüfgremien verpflichtet, sich mit dem Vortrag des Arztes/ Zahnarztes auseinanderzusetzen und in die gebotene intellektuelle Prüfung einzutreten. Je dezidierter der Vortrag des zu Prüfenden ist, umso ausführlicher hat die Prüfung stattzufinden.

Trägt der Arzt/Zahnarzt nicht in geeigneter Weise vor oder findet diesbezüglich überhaupt kein Vortrag statt, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Prüfgremien ohne Rückfrage beim Arzt/Zahnarzt auf der Basis der vorhandenen Unterlagen die Wirtschaftlichkeitsprüfung vornehmen. Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB V resultiert daraus nicht. Der Arzt/Zahnarzt ist auch mit einem späteren Vorbringen, so auch im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens präkludiert.

Der Vortrag des Arztes/Zahnarztes muss zum Nachweis der von ihm behaupteten Praxisbesonderheiten und/oder kausal kompensatorischen Einsparungen und damit zur Widerlegung des Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit geeignet sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn er so strukturiert und systematisiert ist, dass ohne weiteres eine die Abweichung vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe erklärende Praxisbesonderheit nachvollziehbar und erkennbar ist. Ein Vortrag, der sich auf die Übersendung von Karteikarten, Patientenlisten auch mit den dazu gehörigen Abrechnungsziffern beschränkt, ist unzureichend. Denn damit werden die Prüfungsgremien nicht in die Lage versetzt, Angaben über etwaige Praxisbesonderheiten und/oder kausal kompensatorische Einsparungen zu überprüfen und der Wirtschaftlichkeitsprüfung zugrunde zu legen.

Der Kläger erfüllt seine ihm obliegende Darlegungspflicht nicht. Er hat zwar seinen Widerspruch gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle mit Schreiben vom 02.04.2015 begründet. Er hebt aber nur hervor, er habe mehr Kinder und Jugendliche in seiner Praxis behandelt und weist auf die Zusammenarbeit mit dem ortsansässigen Caritas Kinderdorf hin. Diesem Umstand ist aber bereits durch die Zusammenschau der IP 5 - Leistungen mit den IP 1 -Leistungen Rechnung getragen worden. Auch die Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 23.01.2015 ändert an dem unzureichenden Vortrag nichts. Dort macht der Kläger darauf aufmerksam, von allen behandelten Patienten im 4. Quartal 2013 (79 Kinder) seien 30 Kinder vom Kinderheim. Aufgrund der besonderen Lebensumstände müsse die zahnärztliche Prophylaxe besonders regelmäßig und intensiver als bei anderen Kindern durchgeführt werden. Nicht mitgeteilt und deswegen unklar bleibt, wie viele IP 5 - Leistungen auf die Heimkinder und wie viele auf die nicht im Heim lebenden Kinder entfallen. Nur bei Angabe dieser Zahlen kann verifiziert werden, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, dass gerade bei Heimkindern aus dem SOS-Kinderdorf eine im Vergleich zu Nicht-Heimkindern höhere Anzahl an Prophylaxeleistungen pro Patient erforderlich und erbracht worden ist.

Im Hinblick auf die nicht ausreichenden Angaben des Klägers bestand für den Beklagten keine Möglichkeit, die vom Kläger behauptete Praxisbesonderheit der Behandlung von Kindern aus dem SOS-Kinderdorf als Praxisbesonderheit anzuerkennen und bei der Frage der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass der Beklagte die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis nicht ausdrücklich festgelegt hat. Denn darauf konnte im Hinblick auf die hohe Überschreitung in Höhe von 633% verzichtet werden, davon ausgehend, dass bei Einzelleistungsprüfungen die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei 100% anzunehmen ist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 11.10.2017, Az. L 12 KA 5002/17).

Schließlich hat der Beklagte auch seinen Ermessensspielraum eingehalten, was die Festlegung der Höhe der Honorarkürzungen (70%) als Reaktion auf die festgestellte Unwirtschaftlichkeit betrifft. Denn die Restüberschreitung beläuft sich bei den IP 5 - Leistungen immer noch auf 120%, was weiterhin deutlich im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses bei Einzelleistungen (mehr als 100%) liegt. Zusätzlich darf aber die Wirtschaftlichkeit von einzelnen Leistungen nicht losgelöst von der Gesamttätigkeit und den Gesamtbaukosten des Vertragszahnarztes beurteilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 19.11.2011, Az. B 6 KA 38/10 R). „Daraus folgt jedoch nicht, dass bei einem im Vergleich zur Fachgruppe unauffälligen Gesamtkostendurchschnitt eine unwirtschaftliche Erbringung bestimmter Leistungsgruppen oder Einzelleistungen ausgeschlossen wäre.“ Die Vergütungsberichtigung bei den IP 5 - Leistungen wirkt sich im streitgegenständlichen Verfahren auch auf den Gesamtfallwert aus. Die Restüberschreitung beim Gesamtfallwert beträgt aber immer noch 45%, was der Beklagte als im Übergangsbereich zum offensichtlichen Missverhältnis liegend ansieht. Angesichts des Umstandes, dass es sich bei den Zahnärzten um eine sehr homogene Arztgruppe handelt, wäre es auch vertretbar, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei ca. 40% oder sogar weniger anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003, Az. B 6 KA 45/02 R; BSG, Urteil vom 06.09.2000, Az. B 6 KA 24/99 R). Führt die Vergütungsberichtigung von Einzelleistungen, hier der IP 5 - Leistungen zu einer Restüberschreitung beim Gesamtfallwert, die entweder in der Übergangszone zum offensichtlichen Missverhältnis liegt, oder sogar noch im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit dem Gesamtfallwert im Sinne eines Mitreflektierens desselben. Anders verhält es sich jedenfalls, wenn bei einer Vergütungsberichtigung von Einzelleistungen der Gesamtfallwert der Vergleichsgruppe unterschritten wird. In diesem Fall ist zwar auch eine Vergütungsberichtigung von Einzelleistungen möglich, jedoch ist der Beklagte verpflichtet, den Gesamtfallwert mit zu reflektieren.

Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d
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published on 12/08/2014 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten für die Beigeladenen zu 2) und 6). III. Die Revision wird nicht zugelassen.
published on 21/03/2012 00:00

Tenor Die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 werden zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Die Krankenkasse sieht in der Satzung Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) vor. Die Leistungen sollen insbesondere zur Verminderung sozial bedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen beitragen und kind- und jugendspezifische Belange berücksichtigen. Die Krankenkasse legt dabei die Handlungsfelder und Kriterien nach Absatz 2 zugrunde.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Einbeziehung unabhängigen, insbesondere gesundheitswissenschaftlichen, ärztlichen, arbeitsmedizinischen, psychotherapeutischen, psychologischen, pflegerischen, ernährungs-, sport-, sucht-, erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Sachverstandes sowie des Sachverstandes der Menschen mit Behinderung einheitliche Handlungsfelder und Kriterien für die Leistungen nach Absatz 1 fest, insbesondere hinsichtlich Bedarf, Zielgruppen, Zugangswegen, Inhalt, Methodik, Qualität, intersektoraler Zusammenarbeit, wissenschaftlicher Evaluation und der Messung der Erreichung der mit den Leistungen verfolgten Ziele. Er bestimmt außerdem die Anforderungen und ein einheitliches Verfahren für die Zertifizierung von Leistungsangeboten durch die Krankenkassen, um insbesondere die einheitliche Qualität von Leistungen nach Absatz 4 Nummer 1 und 3 sicherzustellen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen stellt sicher, dass seine Festlegungen nach den Sätzen 1 und 2 sowie eine Übersicht der nach Satz 2 zertifizierten Leistungen der Krankenkassen auf seiner Internetseite veröffentlicht werden. Die Krankenkassen erteilen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen hierfür sowie für den nach § 20d Absatz 2 Nummer 2 zu erstellenden Bericht die erforderlichen Auskünfte und übermitteln ihm nicht versichertenbezogen die erforderlichen Daten.

(3) Bei der Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 2 Satz 1 berücksichtigt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch die folgenden Gesundheitsziele im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention:

1.
Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln,
2.
Brustkrebs: Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen,
3.
Tabakkonsum reduzieren,
4.
gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung,
5.
gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Souveränität der Patientinnen und Patienten stärken,
6.
depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln,
7.
gesund älter werden und
8.
Alkoholkonsum reduzieren.
Bei der Berücksichtigung des in Satz 1 Nummer 1 genannten Ziels werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 21. März 2005 (BAnz. S. 5304) festgelegt sind. Bei der Berücksichtigung der in Satz 1 Nummer 2, 3 und 8 genannten Ziele werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 27. April 2015 (BAnz. AT 19.05.2015 B3) festgelegt sind. Bei der Berücksichtigung der in Satz 1 Nummer 4 bis 7 genannten Ziele werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 26. Februar 2013 (BAnz. AT 26.03.2013 B3) festgelegt sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berücksichtigt auch die von der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz im Rahmen der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie nach § 20a Absatz 2 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes entwickelten Arbeitsschutzziele.

(4) Leistungen nach Absatz 1 werden erbracht als

1.
Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention nach Absatz 5,
2.
Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten für in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte nach § 20a und
3.
Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung) nach § 20b.

(5) Die Krankenkasse kann eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention nach Absatz 4 Nummer 1 erbringen, wenn diese nach Absatz 2 Satz 2 von einer Krankenkasse oder von einem mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten in ihrem Namen zertifiziert ist. Bei ihrer Entscheidung über eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention berücksichtigt die Krankenkasse eine Präventionsempfehlung nach § 25 Absatz 1 Satz 2, nach § 26 Absatz 1 Satz 3 oder eine im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge oder einer sonstigen ärztlichen Untersuchung schriftlich abgegebene Empfehlung. Die Krankenkasse darf die sich aus der Präventionsempfehlung ergebenden personenbezogenen Daten nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten verarbeiten. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach dieser Vorschrift an andere Krankenkassen, deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften übertragen. Für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention, die die Krankenkasse wegen besonderer beruflicher oder familiärer Umstände wohnortfern erbringt, gilt § 23 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(6) Die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c sollen ab dem Jahr 2019 insgesamt für jeden ihrer Versicherten einen Betrag in Höhe von 7,52 Euro umfassen. Von diesem Betrag wenden die Krankenkassen für jeden ihrer Versicherten mindestens 2,15 Euro für Leistungen nach § 20a und mindestens 3,15 Euro für Leistungen nach § 20b auf. Von dem Betrag für Leistungen nach § 20b wenden die Krankenkassen für Leistungen nach § 20b, die in Einrichtungen nach § 107 Absatz 1 und in Einrichtungen nach § 71 Absatz 1 und 2 des Elften Buches erbracht werden, für jeden ihrer Versicherten mindestens 1 Euro auf. Unterschreiten die jährlichen Ausgaben einer Krankenkasse den Betrag nach Satz 2 für Leistungen nach § 20a, so stellt die Krankenkasse diese nicht ausgegebenen Mittel im Folgejahr zusätzlich für Leistungen nach § 20a zur Verfügung. Die Ausgaben nach den Sätzen 1 bis 3 sind in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches anzupassen. Unbeschadet der Verpflichtung nach Absatz 1 müssen die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c im Jahr 2020 nicht den in den Sätzen 1 bis 3 genannten Beträgen entsprechen. Im Jahr 2019 nicht ausgegebene Mittel für Leistungen nach § 20a hat die Krankenkasse nicht im Jahr 2020 für zusätzliche Leistungen nach § 20a zur Verfügung zu stellen.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Krankenkasse sieht in der Satzung Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) vor. Die Leistungen sollen insbesondere zur Verminderung sozial bedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen beitragen und kind- und jugendspezifische Belange berücksichtigen. Die Krankenkasse legt dabei die Handlungsfelder und Kriterien nach Absatz 2 zugrunde.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Einbeziehung unabhängigen, insbesondere gesundheitswissenschaftlichen, ärztlichen, arbeitsmedizinischen, psychotherapeutischen, psychologischen, pflegerischen, ernährungs-, sport-, sucht-, erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Sachverstandes sowie des Sachverstandes der Menschen mit Behinderung einheitliche Handlungsfelder und Kriterien für die Leistungen nach Absatz 1 fest, insbesondere hinsichtlich Bedarf, Zielgruppen, Zugangswegen, Inhalt, Methodik, Qualität, intersektoraler Zusammenarbeit, wissenschaftlicher Evaluation und der Messung der Erreichung der mit den Leistungen verfolgten Ziele. Er bestimmt außerdem die Anforderungen und ein einheitliches Verfahren für die Zertifizierung von Leistungsangeboten durch die Krankenkassen, um insbesondere die einheitliche Qualität von Leistungen nach Absatz 4 Nummer 1 und 3 sicherzustellen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen stellt sicher, dass seine Festlegungen nach den Sätzen 1 und 2 sowie eine Übersicht der nach Satz 2 zertifizierten Leistungen der Krankenkassen auf seiner Internetseite veröffentlicht werden. Die Krankenkassen erteilen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen hierfür sowie für den nach § 20d Absatz 2 Nummer 2 zu erstellenden Bericht die erforderlichen Auskünfte und übermitteln ihm nicht versichertenbezogen die erforderlichen Daten.

(3) Bei der Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 2 Satz 1 berücksichtigt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch die folgenden Gesundheitsziele im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention:

1.
Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln,
2.
Brustkrebs: Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen,
3.
Tabakkonsum reduzieren,
4.
gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung,
5.
gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Souveränität der Patientinnen und Patienten stärken,
6.
depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln,
7.
gesund älter werden und
8.
Alkoholkonsum reduzieren.
Bei der Berücksichtigung des in Satz 1 Nummer 1 genannten Ziels werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 21. März 2005 (BAnz. S. 5304) festgelegt sind. Bei der Berücksichtigung der in Satz 1 Nummer 2, 3 und 8 genannten Ziele werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 27. April 2015 (BAnz. AT 19.05.2015 B3) festgelegt sind. Bei der Berücksichtigung der in Satz 1 Nummer 4 bis 7 genannten Ziele werden auch die Ziele und Teilziele beachtet, die in der Bekanntmachung über die Gesundheitsziele und Teilziele im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung vom 26. Februar 2013 (BAnz. AT 26.03.2013 B3) festgelegt sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berücksichtigt auch die von der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz im Rahmen der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie nach § 20a Absatz 2 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes entwickelten Arbeitsschutzziele.

(4) Leistungen nach Absatz 1 werden erbracht als

1.
Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention nach Absatz 5,
2.
Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten für in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte nach § 20a und
3.
Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung) nach § 20b.

(5) Die Krankenkasse kann eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention nach Absatz 4 Nummer 1 erbringen, wenn diese nach Absatz 2 Satz 2 von einer Krankenkasse oder von einem mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten in ihrem Namen zertifiziert ist. Bei ihrer Entscheidung über eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention berücksichtigt die Krankenkasse eine Präventionsempfehlung nach § 25 Absatz 1 Satz 2, nach § 26 Absatz 1 Satz 3 oder eine im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge oder einer sonstigen ärztlichen Untersuchung schriftlich abgegebene Empfehlung. Die Krankenkasse darf die sich aus der Präventionsempfehlung ergebenden personenbezogenen Daten nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten verarbeiten. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach dieser Vorschrift an andere Krankenkassen, deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften übertragen. Für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention, die die Krankenkasse wegen besonderer beruflicher oder familiärer Umstände wohnortfern erbringt, gilt § 23 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(6) Die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c sollen ab dem Jahr 2019 insgesamt für jeden ihrer Versicherten einen Betrag in Höhe von 7,52 Euro umfassen. Von diesem Betrag wenden die Krankenkassen für jeden ihrer Versicherten mindestens 2,15 Euro für Leistungen nach § 20a und mindestens 3,15 Euro für Leistungen nach § 20b auf. Von dem Betrag für Leistungen nach § 20b wenden die Krankenkassen für Leistungen nach § 20b, die in Einrichtungen nach § 107 Absatz 1 und in Einrichtungen nach § 71 Absatz 1 und 2 des Elften Buches erbracht werden, für jeden ihrer Versicherten mindestens 1 Euro auf. Unterschreiten die jährlichen Ausgaben einer Krankenkasse den Betrag nach Satz 2 für Leistungen nach § 20a, so stellt die Krankenkasse diese nicht ausgegebenen Mittel im Folgejahr zusätzlich für Leistungen nach § 20a zur Verfügung. Die Ausgaben nach den Sätzen 1 bis 3 sind in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches anzupassen. Unbeschadet der Verpflichtung nach Absatz 1 müssen die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c im Jahr 2020 nicht den in den Sätzen 1 bis 3 genannten Beträgen entsprechen. Im Jahr 2019 nicht ausgegebene Mittel für Leistungen nach § 20a hat die Krankenkasse nicht im Jahr 2020 für zusätzliche Leistungen nach § 20a zur Verfügung zu stellen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.