Sozialgericht München Urteil, 12. Apr. 2018 - S 38 KA 1261/15

bei uns veröffentlicht am12.04.2018

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I. Der Beschluss des 1. Berufungsausschusses für Ärzte Bayern vom 29.10.2015, ausgefertigt am 18.11.2015 (Az.) wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine hälftige Zulassung am Vertragsarztsitz C-Stadt zu erteilen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten des Klägers erforderlich ist.

Tatbestand

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Bescheid des beklagten Berufungsausschusses aus der Sitzung vom 29.10.2015. Mit dem Bescheid wurde der Beigeladene zu 8 mit hälftigem Versorgungsauftrag im Bereich der Chirurgie (Planungsbereich C-Stadt Stadt/Landkreis C-Stadt) zugelassen.

Vorausgegangen war der Beschluss des Landesausschusses vom 10.06.2013 mit Entsperrung eines halben Chirurgensitzes, die Ausschreibung des Sitzes, Bewerbung mehrerer Ärzte, darunter der Kläger und der Beigeladene zu 8. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 18.11.2013 wurde dem Kläger der Vertragsarztsitz zugesprochen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Beigeladenen zu 8 war erfolglos. Der Berufungsausschuss bestätigte in seiner Sitzung vom 08.05.2014 die Entscheidung des Zulassungsausschusses. Dagegen wurde Klage zum Sozialgericht München unter dem Aktenzeichen S 21 KA 1110/14 eingelegt. In der Entscheidung des Sozialgerichts München vom 26. Juli 2015 wurde der Bescheid des Beklagten aufgehoben und dieser verpflichtet, über den Widerspruch des hiesigen Beigeladenen zu 8 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Begründung wurde ausgeführt, es liege ein Begründungsdefizit nach § 35 SGB X vor. Außerdem sei ein Ermessensdefizit festzustellen. Aufgrund des Urteils entschied der Beklagte in der Sitzung vom 29.10.2015 neu und erteilte diesmal dem Beigeladenen zu 8 die Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag. Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München, der bereits über eine hälftige Zulassung in E-Stadt verfügte und die Zusatzbezeichnung „Handchirurgie“ führt. Der Beigeladene zu 8 verfügte seit 01.04.2012 über eine hälftige Zulassung in C-Stadt und führt die Zusatzbezeichnung „Gefäß- und Viszeralchirurgie“. Mit Schreiben vom 19.03.2018 teilte der Beklagte mit, der Beigeladene zu 8 habe mit Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte-Oberpfalz vom 29.11.2017 eine weitere Teilzulassung erhalten, so dass seine bisherige Teilzulassung zum 01.01.2018 zur Vollzulassung erstarkt sei. Zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits unterbreitete der Beklagte einen Vergleichsvorschlag des Inhalts, dass der Kläger bei dem Beigeladenen zu 8 mit hälftigem Versorgungsauftrag angestellt wird und im Gegenzug dazu der Kläger die Klage für erledigt erklärt.

Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 wurde deutlich, dass sowohl der Kläger als auch der Beigeladene zu 8 grundsätzlich mit einem Vergleich des vorgeschlagenen Inhalts einverstanden gewesen wären. Offensichtlich bestanden aber unterschiedliche Ansichten zur voraussichtlichen Stellung des Klägers in der Praxis des Beigeladenen zu 8. Während der Beigeladene zu 8 eine engere Einbindung des Klägers anstrebt (evtl. Gesellschafterstellung), wollte der Kläger das Angestelltenverhältnis nur solange aufrecht erhalten, bis er die Möglichkeit hat, selbst von dem hälftigen Vertragsarztsitz Gebrauch zu machen.

In der mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers, den Beschluss des ersten Berufungsausschusses für Ärzte Bayern vom 29.10.2015, ausgefertigt am 18.11.2015 (Aktenzeichen 22/13) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die beantragte hälftige Zulassung für den Vertragsarztsitz in C-Stadt zu erteilen. Des Weiteren beantragt sie, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen und die Hinzuziehung der Unterfertigten für notwendig zu erklären.

Die Vertreterin des Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8 beantragte ebenfalls, die Klage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschriften vom 22.10.2016, 07.11.2017 und 12.04.2018 verwiesen.

Gründe

Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig und erweist sich auch als begründet.

Es handelt sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Verbescheidungs-/Verpflich-tungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG. Für die rechtliche Beurteilung kommt es auf den maßgeblichen Zeitpunkt an. Hierbei ist zu differenzieren zwischen den jeweiligen Klagearten. Während bei einer (reinen) Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes bzw. des Widerspruchsbescheides maßgeblich ist, ist bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Tatsacheninstanz abzustellen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, Rn 32, 33, 34 zu § 54). Letzteres gilt auch für Verpflichtungsklagen bei Ermessensentscheidungen, Entscheidungen mit Beurteilungsspielraum und Prognoseentscheidungen. Diese grundsätzlichen Überlegungen finden auch Anwendung im Vertragsarztrecht, so bei Entscheidungen der Zulassungsgremien über die Erteilung einer Zulassung (BSG, Urteil vom 22.10.2014, Az. B 6 KA 44/13 R).

Nachdem es sich hier um eine Auswahlentscheidung des Beklagten handelt, ist auch hier der maßgebliche Zeitpunkt der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht München. Das Vorliegen einer Ausnahmekonstellation ist nicht ersichtlich. Dies bedeutet, dass Änderungen, die zwischenzeitlich eingetreten sind, zu berücksichtigen sind. Eine Änderung hat sich insofern ergeben, als sich der Beigeladene zu 8 auf einen anderen freien hälftigen Chirurgensitz im Planungsbereich beworben und die Zulassung erhalten hat. Seine bisherige hälftige Zulassung ist somit zur „Vollzulassung“ erstarkt.

Wie sich aus § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V, § 19a Zulassungsverordnung-Ärzte (Ärzte-ZV) und §§ 1 ff. Bedarfsplanungs-Richtlinie ableiten lässt, gibt es nur einen vollen Versorgungsauftrag (vollzeitige Ausübung mit einem Anrechnungsfaktor für die Bedarfsplanung von 1,0) bzw. einen hälftigen Versorgungsauftrag (Anrechnungsfaktor für die Bedarfsplanung von 0,5).

Durch den Erhalt eines weiteren hälftigen Versorgungsauftrags verfügt der Beigeladene zu 8 nunmehr über einen vollen Versorgungsauftrag. Würde die angefochtene Entscheidung des Berufungsausschusses (Sitzung vom 29.10.2015) bestandskräftig, hätte dies zur Folge, dass der Beigeladene zu 8 nunmehr über einen Versorgungsauftrag mit dem Anrechnungsfaktor 1,5 verfügen würde. Dies wäre aber mit § 95 Abs. 3 SGB V, § 19a Ärzte-ZV und §§ 1 ff. Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht zu vereinbaren und somit contra legem.

Das Sozialgericht war gehindert, die Klage abzuweisen, weil dies zu den oben beschriebenen Folgen geführt hätte.

Das Sozialgericht war aber auch gehindert, die Klage zu Gunsten des Klägers zu entscheiden verbunden mit der Verpflichtung des Beklagten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nochmals zu befinden. Denn eine Auswahlentscheidung, wie sie zunächst zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 8 nach den in § 26 Abs. 4 Nr. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie genannten Kriterien stattfand, war im Hinblick auf die Änderung der Sachlage (Zulassung des Beigeladenen zu 8 mit insgesamt vollem Versorgungsauftrag) nicht mehr zu treffen. Auch hierbei handelt es sich um eine rechtliche Unmöglichkeit. Das Gericht kann dem Beklagten nicht zu einem Handeln (hier: Auswahlentscheidung) verpflichten, auf das kein Anspruch besteht.

Was die Überlegungen des Beklagten betrifft, den Kläger beim Beigeladenen zu 8 anzustellen, wären diese grundsätzlich als geeignet anzusehen gewesen, den Rechtsstreit einvernehmlich zu beenden. Dabei muss aber kritisch hinterfragt werden, ob dies den Interessen des Klägers entsprochen hätte und damit nicht eine ungerechtfertigte Erhöhung des Status des Beigeladenen zu 8 verbunden wäre, indem letzterem eben doch de facto ein 1,5-facher Versorgungsauftrag zugestanden würde.

Angesichts der Sach- und Rechtslage hätte es nahe gelegen, dass der Beigeladene zu 8 seinen Antrag auf Zulassung zurückzieht. Damit wäre die Grundlage für die Entscheidung des Berufungsausschusses (Sitzung vom 29.10.2015) entfallen, aber auch die für die Entscheidung des Sozialgerichts München (Urteil vom 26. Juli 2015, Az. S 21 KA 1110/14). Letztendlich wären dann die Entscheidungen des Zulassungsausschusses und des Berufungsausschusses, die der letzten Entscheidung des Berufungsausschusses vorausgegangen sind, wieder wirksam geworden. Offenbar vor dem Hintergrund, dass sich der Beigeladene zu 8 mehrere Optionen offen lassen wollte, wurden jedoch keine diesbezüglichen Überlegungen angestellt. Dies ist nicht nachvollziehbar, da für solche taktischen Überlegungen im Vertragsarztrecht - im Vordergrund sollte die Versorgung der Patienten stehen (§ 72 Abs. 1 SGB V) - kein Raum bleibt.

Abgesehen davon ist nicht erklärbar, weshalb bei Erteilung der jüngst erfolgten hälftigen Zulassung (Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte-Oberpfalz vom 29.11.2017) zu Gunsten des Beigeladenen zu 8 durch den Zulassungsausschuss nicht mittels entsprechender Nebenbestimmungen sichergestellt wurde, dass das Entstehen einer solchen Konstellation vermieden werden konnte.

Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 54 VwGO.

Für die im Tenor unter III. getroffene Entscheidung gilt § 63 Abs. 2 SGB X.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 95 Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung


(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in de

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 63 Erstattung von Kosten im Vorverfahren


(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 54


(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend. (2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwal

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 35 Begründung des Verwaltungsaktes


(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behör

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 72 Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung


(1) Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 19a


(1) Die Zulassung verpflichtet den Arzt, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. Der Arzt ist verpflichtet, im Rahmen seiner vollzeitigen vertragsärztlichen Tätigkeit mindestens 25 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden für geset

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 1


(1) Für jeden Zulassungsbezirk führt die Kassenärztliche Vereinigung neben dem Arztregister die Registerakten. (2) Das Arztregister erfaßt a) die zugelassenen Ärzte und Psychotherapeuten,b) Ärzte, die die Voraussetzungen des § 3 und Psychotherape

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Bundessozialgericht Urteil, 22. Okt. 2014 - B 6 KA 44/13 R

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

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(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 8.

Tatbestand

1

Der seit langem als Facharzt für Urologie in B. an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Kläger wendet sich im Wege der offensiven Konkurrentenklage gegen die Zulassung des zu 9. beigeladenen Facharztes für Urologie Dr. K. als Praxisnachfolger für den Urologen Dr. E. in dem - wegen Überversorgung gesperrten - Planungsbereich O.

2

Der für einen Vertragsarztsitz in O. zugelassene Dr. E. unterzeichnete am 8.2.2011 einen Vertrag über eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit den übrigen Partnern der zu 1. beigeladenen BAG sowie am selben Tag einen Vertrag über die Übertragung seines Anteils an dieser überörtlichen BAG auf den Beigeladenen zu 9. Der Zulassungsausschuss genehmigte die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit Wirkung zum 1.4.2011. Der Berufungsausschuss wies den Widerspruch des Klägers mit Beschluss vom 30.11.2011 als offensichtlich unzulässig zurück; der Kläger sei nicht anfechtungsberechtigt. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Klage erhoben; deren Abweisung ist als Folge des Senatsurteils vom 22.10.2014 im Verfahren B 6 KA 43/13 R rechtskräftig.

3

Am 21.6.2011 stellte Dr. E. einen Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes zum 2.1.2012 und verzichtete am 5.7.2011 zum 1.1.2012 auf seine Zulassung unter der Bedingung, dass der vom Zulassungsausschuss bestimmte Praxisnachfolger rechtskräftig zugelassen werde. Auf die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes in der Praxisform BAG bewarben sich unter anderem der Kläger und der Beigeladene zu 9. Der 1962 geborene Kläger ist seit dem 26.11.1987 approbiert und seit dem 23.11.1994 Facharzt für Urologie. Am 1.4.1995 wurde er mit Sitz in B. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In der Warteliste für eine Zulassung in O. steht der Kläger seit dem 24.11.1994. Er erklärte gegenüber dem Zulassungsausschuss, er wolle die Praxis zunächst als Einzelpraxis in O. fortführen, seinen bisherigen Vertragsarztsitz in B. nachbesetzen lassen und anschließend in eine überörtliche BAG mit seinem derzeitigen BAG-Partner Dr. F. einbringen. Der 1979 geborene Beigeladene zu 9. ist seit dem 12.12.2005 approbiert und seit dem 29.1.2011 Facharzt für Urologie; in der Warteliste für eine Zulassung in O. steht er seit dem 31.3.2011.

4

Der Zulassungsausschuss ließ den Beigeladenen zu 9. mit Wirkung zum 2.1.2012 als Praxisnachfolger des Dr. E. zur vertragsärztlichen Versorgung zu und genehmigte die überörtliche BAG zwischen den Beigeladenen zu 9. und den anderen Partnern der Beigeladenen zu 1. Der beklagte Berufungsausschuss wies die Widersprüche des Klägers mit Beschluss vom 21.3.2012 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung der dem Beigeladenen zu 9. erteilten Zulassung unter der Bedingung an, dass Dr. E. auf seine Zulassung endgültig verzichtet, bevor der Beigeladene zu 9. seine Praxistätigkeit aufnimmt. Der Kläger könne bereits aufgrund seines Begehrens, in Einzelpraxis tätig werden zu wollen, nicht zugelassen werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei geboten, da anderenfalls die Gefahr bestehe, dass das Praxisnachfolgeverfahren ins Leere gehe. Dr. E. hat am 30.3.2012 endgültig auf seine Zulassung zum Ablauf des 31.3.2012 verzichtet.

5

Gegen den Beschluss des Beklagten vom 21.3.2012 hat der Kläger Klage erhoben sowie die Aufhebung der sofortigen Vollziehung und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Gegenüber dem SG hat er erklärt, dass er auch die überörtliche BAG mit den übrigen Partnern der Beigeladenen zu 1. fortführen würde; allerdings hätten die übrigen Partner der BAG nicht mit ihm kooperieren wollen. Die ehemaligen Patienten von Dr. E. würde er vor Ort weiterversorgen. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 16.8.2013 abgelehnt; die gegen den Beschluss des SG erhobene Beschwerde ist erfolglos geblieben (Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 20.2.2014). Mit Urteil vom 30.10.2013 hat das SG die Klage abgewiesen.

6

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beschluss des Beklagten vom 21.3.2012 über die Zulassung des Beigeladenen zu 9. als Vertragsarzt sei zumindest im Ergebnis rechtmäßig. Ob der Beklagte auf den Willen des Klägers, die Praxis des Dr. E. als Einzelpraxis fortführen zu wollen, habe abstellen dürfen, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls habe sich der Beklagte bei der Auswahl an den Interessen der verbleibenden Partner der Beigeladenen zu 1. orientieren dürfen, nur mit dem Beigeladenen zu 9. und nicht mit dem Kläger zusammenarbeiten zu wollen. Dieses Interesse sei gemäß § 103 Abs 6 SGB V berücksichtigungsfähig, da weder ein offensichtlicher Eignungsmangel des Beigeladenen zu 9. vorliege noch die Beigeladene zu 1. unzulässig gegründet worden sei; es sei auch kein Rechtsmissbrauch wegen fehlender praktischer Umsetzung anzunehmen.

7

Um dem Rechtsschutzanspruch der Konkurrenten gerecht zu werden, müsse eine Prüfung der Rechtmäßigkeit einer BAG auch im Nachbesetzungsverfahren inzident zumindest insoweit erfolgen können, als die Genehmigungen - wie vorliegend - noch nicht bestandskräftig geworden seien. Diese Prüfung ergebe, dass die zu 1. beigeladene überörtliche BAG nicht rechtlich unzulässig gegründet worden sei. Das Gesetz eröffne die Möglichkeit der Bildung einer (überörtlichen) BAG auch kurz vor Ausschreibung eines Praxissitzes; die Bildung einer BAG zum Zwecke der Praxisübergabe sei zumindest dann rechtlich zulässig, wenn die Zusammenarbeit mit dem Nachfolger ernstlich gewollt sei; das sei hier auch der Fall. Der Kläger sei auch nicht in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung aus Art 12 Abs 1 GG verletzt. Da er bereits über eine vertragsärztliche Zulassung verfüge, stehe für ihn im vorliegenden Verfahren nicht der Zugang zu einem Beruf in Frage, sondern allein eine bestimmte Art der Berufsausübung, nämlich an dem von ihm gewünschten Praxissitz. Die Kriterien der beruflichen Eignung, des Approbationsalters und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit schützten gerade nicht den Kläger, sondern seien nur auf das Interesse der Allgemeinheit, nämlich der Versicherten an einer möglichst leistungsfähigen und lückenlosen ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ausgerichtet. Es sei auch kein Rechtsmissbrauch wegen fehlender praktischer Umsetzung der überörtlichen BAG festzustellen. Für den Zeitraum im Jahr 2011 habe die gemeinsame Behandlung von zwei Patienten festgestellt werden können. Hierin liege eine - wenn auch nur geringe - "gelebte" Zusammenarbeit.

8

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das SG habe mit Tatbestandswirkung festgestellt, dass die überörtliche BAG nur gegründet worden sei, um auf das Nachbesetzungsverfahren Einfluss auszuüben; damit sei zugleich festgestellt, dass den Angehörigen der Beigeladenen zu 1. der zur wirksamen Gründung erforderliche Wille zur Kooperation gefehlt habe, und dass die Gründung der BAG rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Der Schutz seines - des Klägers - Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG erfordere die Überprüfung der Wirksamkeit der Gründung bzw der Genehmigung der Beigeladenen zu 1. entweder im vorliegenden Verfahren oder in dem auf die Anfechtung der BAG-Genehmigung gerichteten Verfahren.

9

Zwar habe das BSG dem Umstand, dass der aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidende Arzt einer genehmigten BAG angehöre, entscheidende Bedeutung beigemessen, indem es auch die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle der Umstände der Gründung, der Dauer wie des Bestands der BAG wegen einer angeblichen Drittbindungswirkung der BAG-Genehmigung und unter Hinweis auf das Interesse der BAG an einer zügigen Entscheidung über die Nachbesetzung verneint habe. Das rechtmäßige Bestehen einer BAG müsse in einem Nachbesetzungsverfahren zur Wahrung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz inzident zumindest insoweit erfolgen, als die Genehmigung der Bildung einer BAG noch nicht bestandskräftig geworden sei. Die bisherige Rechtsprechung des BSG stelle einseitig auf die Interessen des die Praxis übergebenden Arztes ab und lasse die Grundrechte der Bewerber um die Nachfolgezulassung leerlaufen. Ein rein formales Abstellen auf den Status einer genehmigten BAG ermögliche einen Missbrauch der Rechtsform der BAG im Falle der Vergabe von Vertragsarztsitzen.

10

Entgegen der Ansicht des SG ergebe sich die Unwirksamkeit der Gründung der Beigeladenen zu 1. hier bereits aus ihrem Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Praxisnachfolge. Sei alleiniger Zweck der Gründung der BAG die Einflussnahme auf die Auswahlentscheidung, fehle es bei der Gründung der BAG am Willen zur Kooperation und damit an einem konstitutiven Element für eine wirksame Gründung, und damit sei die BAG unwirksam. Nach dem Willen des Gesetzgebers erfolge die Auswahl des Praxisnachfolgers ausschließlich anhand objektiver Kriterien; nur dann, wenn der nachzubesetzende Vertragsarztsitz in eine BAG integriert gewesen sei, seien ausnahmsweise und ergänzend - keinesfalls ersetzend - auch die Interessen der in der Kooperation verbleibenden Ärzte zu berücksichtigen. Zur Wahrung des Prinzips der Bestenauslese, zur Wahrung der Entscheidungskompetenz der Zulassungsgremien und zur Vermeidung eines Zulassungshandels sei es erforderlich, missbräuchlichen Kooperationen die Genehmigung bzw jedenfalls die Berücksichtigung der Interessen ihrer Mitglieder nach § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V zu versagen.

11

Der Gestaltungsmissbrauch im Zeitpunkt der Gründung folge auch daraus, dass die Genehmigung der BAG mit Dr. E. erst nach Abschluss des Vertrages über die Anteilsübertragung an Dr. K. beantragt worden sei und dass der Vertrag über die Anteilsübertragung lange vor dem Zeitpunkt abgeschlossen worden sei, zu dem die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit überhaupt erst genehmigt worden sei. Zudem sei nur eine rein formale Einbindung der Praxis des abgebenden Partners in die BAG gewollt gewesen. Auch während der gesamten Dauer der Zugehörigkeit des Dr. E. zur BAG habe es noch am Willen der Partner zur Kooperation im Sinne einer gemeinsamen Behandlung von Patienten gefehlt, sodass hier auch ein Rechtsmissbrauch wegen fehlender praktischer Umsetzung vorliege. Aus lediglich zwei Fällen, in denen ein Patient nicht nur Kontakt zum abgebenden Partner, sondern auch zu einem weiteren Mitglied der Beigeladenen zu 1. gehabt habe, könne nicht auf einen Willen zur Kooperation geschlossen werden.

12

Eine nicht vom Kooperationswillen getragene BAG, die nur zur Umgehung der Bestimmungen zur Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in Einzelpraxis diene, sei unwirksam und missbrauche die Gestaltungsform; die BAG sei auch später rechtsmissbräuchlich nicht umgesetzt worden. Dies führe dazu, dass es keine verbleibenden Ärzte gebe, deren Interessen über § 106 Abs 6 Satz 2 SGB V im Nachbesetzungsverfahren berücksichtigt werden müssten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Vertragsarztsitz des abgebenden Partners als solcher "in Gemeinschaftspraxis" ausgeschrieben worden sei. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG erfordere eine Ausnahme von diesem Grundsatz, wenn die BAG nicht wirksam oder rechtsmissbräuchlich gegründet worden sei. Da er - der Kläger - der objektiv geeignetste Bewerber sei, sei er als Nachfolger des abgebenden Arztes in Einzelpraxis zuzulassen. Das ergebe sich auch aus Art 12 Abs 1 GG.

13

Selbst wenn man annähme, dass die BAG wirksam begründet worden sei, sei die Revision begründet, weil sein - des Klägers - Interesse daran, als objektiv geeignetster Bewerber als Praxisnachfolger zugelassen zu werden, das Interesse der verbleibenden Partner überwiege. Dieses habe hier geringes Gewicht, weil alleiniges Ziel der BAG-Gründung von vornherein die Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 9. gewesen sei, die BAG mit Dr. E. nur für den kürzest möglichen Zeitraum bestanden habe und das Maß der Kooperation zwischen ihm und den übrigen Partnern nicht geringer habe sein können. Es gebe keine objektiv nachvollziehbaren Gründe, aufgrund derer die in der Beigeladenen zu 1. verbleibenden Gesellschafter definitiv nicht mit ihm - dem Kläger - zusammenarbeiten könnten. Insbesondere stehe seine aktuelle Einbindung in eine BAG in B. dem nicht entgegen, weil es wegen der unterschiedlichen Einzugsbereiche an einer unmittelbaren Konkurrenz fehle. Seine ursprüngliche Erklärung, am streitigen Vertragsarztsitz in O. in Einzelpraxis tätig werden zu wollen, habe auf der Rechtsauffassung beruht, dass die Einbindung des Vertragsarztsitzes in die BAG rechtsmissbräuchlich und mithin unwirksam sei. Er habe jedoch wiederholt erklärt, dass er die BAG mit den verbleibenden Partnern der Beigeladenen zu 1. fortsetzen würde.

14

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Hannover vom 30.10.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21.3.2012 aufzuheben, den Antrag des Beigeladenen zu 9. abzulehnen und den Kläger als Praxisnachfolger von Dr. E. zur vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis, hilfsweise "in Gemeinschaftspraxis" zuzulassen.

15

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

16

Umstritten sei eine Praxisnachfolgezulassung im Rahmen einer BAG, sodass der Kläger mit seinem Begehren, in Einzelpraxis zugelassen zu werden, von vornherein keinen Erfolg haben könne.

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Die Beigeladenen zu 1. und zu 9. beantragen ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.

18

Die Rechtmäßigkeit der Genehmigung einer BAG sei nicht im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zu prüfen, sondern vielmehr dem dafür speziell vorgesehenen Genehmigungsverfahren gemäß § 33 Abs 2 Ärzte-ZV vorbehalten. Die Genehmigung der überörtlichen BAG entfalte Drittbindungswirkung. Die überörtliche BAG sei in rechtmäßiger Weise gegründet worden. Selbst wenn sie ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden wäre, das Interesse der verbleibenden Partner im Nachfolgeverfahren durchzusetzen, läge in dieser Vorgehensweise kein Gestaltungsmissbrauch. Es habe tatsächlich eine gemeinschaftliche Berufsausübung der Partner der Beigeladenen zu 1. entsprechend dem Vertrag über eine überörtliche BAG stattgefunden. Es sei eine zunehmende Verflechtung der Praxen und eine auf die gemeinsame Behandlung von Patienten ausgerichtete Zusammenarbeit erfolgt, vor allem durch Schaffung gemeinsamer Strukturen. Auch seien Dr. E. und Dr. J. seit langem freundschaftlich und beruflich verbunden; so seien bereits seit Jahren situative Einzelfallbesprechungen und Urlaubsvertretungen erfolgt.

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Die Auswahlentscheidung des Beklagten zugunsten des Beigeladenen zu 9. erweise sich als rechtmäßig. Unabhängig davon, wie stark die Interessen der verbleibenden Ärzte im Einzelfall zu gewichten seien, sei es jedenfalls zwingend erforderlich, auch bei einer angeblichen Missbräuchlichkeit der BAG-Gründung deren Interessen zu berücksichtigen. Ein der Zusammenarbeit entgegen stehender objektiv nachvollziehbarer Grund liege hier vor, da der Kläger noch in der Revisionsbegründung geäußert habe, die Praxis als Einzelpraxis fortführen zu wollen. Darüber hinaus sei er bereits in B. als Urologe niedergelassen und damit direkter Konkurrent der Beigeladenen zu 1.

20

Die zu 2. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) führt - ohne einen Antrag zu stellen - aus, der Kläger sei nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen gewesen, weil er den in BAG ausgeschriebenen Sitz nicht mit den Mitgliedern der Beigeladenen zu 1. habe fortführen wollen. Seine spätere Erklärung, doch zu einer Kooperation bereit zu sein, sei allein vor dem Hintergrund des laufenden Prozesses abgegeben worden. Zudem habe von den in der Praxis verbleibenden Ärzten aus objektiv nachvollziehbaren Gründen nicht erwartet werden können, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, weil absehbar gewesen sei, dass dieser versuchen würde, den Sitz früher oder später aus der BAG herauszulösen und in eine BAG mit seinen bisherigen BAG-Partnern einzubringen.

21

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

22

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der beklagte Berufungsausschuss bei der Auswahl des Beigeladenen zu 9. als Praxisnachfolger für Dr. E. und bei der Entscheidung gegen die Bewerbung des Klägers dessen Rechte nicht verletzt hat.

23

1. Das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, ihn zur Fortführung des Praxisanteils des Dr. E. in O. zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Als Mitbewerber um die Zulassung im Nachbesetzungsverfahren war der Kläger berechtigt, die zugunsten des Beigeladenen zu 9. getroffene Auswahlentscheidung anzufechten (sog offensive Konkurrentenklage, vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 1, RdNr 7 ff; BSGE 94, 181 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 2, RdNr 4; BSG SozR 4-​2500 § 103 Nr 12 RdNr 19; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 28, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

24

2. In der Sache ist die Entscheidung des Beklagten, den Beigeladenen zu 9. als Praxisnachfolger für Dr. E. auszuwählen, nicht zu beanstanden.

25

a. Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Zulassungsgremien über die Erteilung einer Zulassung im Nachbesetzungsverfahren ist § 103 Abs 4 SGB V. Da bei den auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichteten Vornahmesachen grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen, auch soweit sie erst in der Revisionsinstanz eintreten, zu berücksichtigen sind, ist hier grundsätzlich § 103 Abs 4 SGB V in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung ( vom 22.12.2011, BGBl I 2983) zugrunde zu legen. Eine Ausnahme gilt aber, sofern dem Vornahmebegehren - wie hier - notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung des für die Praxisnachfolge ausgewählten Bewerbers vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (vgl BSG SozR 4-​2500 § 103 Nr 12 RdNr 22; BSGE 94, 181 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-​2500 § 117 Nr 2 RdNr 8 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 30, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

26

Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl § 103 Abs 3a Satz 1 nF, Abs 4 Satz 1 aF SGB V). Nach dem bis zum 31.12.2011 geltenden und somit für das im Jahr 2011 durchgeführte Verfahren noch maßgeblichen (Verfahrens-​)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF); nach neuem Recht entscheidet der Zulassungsausschuss, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF). Die KÄV hat sodann diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF wie nF).

27

Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V. Nach altem wie nach neuem Recht hat danach der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind gemäß § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V(alter wie neuer Fassung) - neben vorliegend nicht relevanten Gesichtspunkten - die berufliche Eignung (Nr 1), das Approbationsalter (Nr 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr 3) zu berücksichtigen. Weitere zu berücksichtigende Kriterien sind - nach neuem Recht - eine Tätigkeit in unterversorgten Gebieten (Nr 4) sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen (Nr 7). Zusätzlich bestimmt § 103 Abs 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist. Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, der die Praxis bisher mit anderen Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, sind gemäß § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V ferner die Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Auswahl angemessen zu berücksichtigen.

28

b. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Beklagten, statt des Klägers den Beigeladenen zu 9. als Praxisnachfolger des Dr. E. zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, rechtmäßig.

29

aa. Der Kläger konnte schon deswegen nicht als Praxisnachfolger zugelassen werden, weil ein Sitz in einer BAG zu besetzen war und der Kläger bis zum maßgeblichen Zeitpunkt - dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens vor dem Beklagten - erklärt hatte, nur in einer Einzelpraxis als Nachfolger des Dr. E. tätig werden zu wollen.

30

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Ausschreibung eines Sitzes in einer BAG zur Folge hat, dass sich auch die Auswahl eines Bewerbers auf den Sitz in der BAG beziehen muss und dass aufgrund einer Ausschreibung eines in eine BAG eingebundenen Vertragsarztsitzes grundsätzlich keine Nachfolgezulassung in eine Einzelpraxis erfolgen darf (BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 25; BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - RdNr 47, SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 47, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Daher dürfen die Zulassungsgremien Ärzte, die von vornherein nicht in der BAG, sondern nur in einer Einzelpraxis tätig werden wollen und sich gegenüber den Zulassungsgremien nicht einmal hilfsweise zur Kooperation in der BAG bereit erklärt haben, nicht in die Auswahl einbeziehen, soweit ein in eine BAG eingebundener Vertragsarztsitz nachzubesetzen ist.

31

So liegt es hier. Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren zu keinem Zeitpunkt erklärt, zumindest hilfsweise mit den verbleibenden Partnern der Beigeladenen zu 1. zusammenarbeiten zu wollen, sondern er hat auf eine Nachfolgebesetzung in Einzelpraxis bestanden. Die im Klageverfahren nachgeschobene Erklärung der entsprechenden Bereitschaft ist ohne rechtliche Bedeutung. Andernfalls hätte der Bewerber es in der Hand, durch eine nachgeschobene Erklärung im gerichtlichen Verfahren die Aufhebung der Auswahlentscheidung des Beklagten allein mit dem Hinweis zu erreichen, nunmehr habe er sich entschlossen, doch in der BAG zu arbeiten mit der Folge, dass er in die Auswahlentscheidung einzubeziehen (gewesen) sei. Im Übrigen überzeugt das Vorbringen des Klägers nicht, seine Äußerungen zur Einzelpraxis seien allein darauf zurückzuführen, dass er die BAG-Gründung für rechtswidrig halte. Der Kläger hat in seinem Zulassungsantrag offengelegt, dass er beabsichtigt, die übernommene Praxis in seine bisherige BAG einzubringen. Von daher ist es äußerst zweifelhaft, ob er wirklich bereit ist, diese gewachsenen Strukturen notfalls aufzugeben und eine Zusammenarbeit mit den Partnern der Beigeladenen zu 1. einzugehen.

32

bb. Aber auch dann, wenn der Kläger in die Auswahl einzubeziehen gewesen wäre, ist die Entscheidung des Beklagten zu seinen Lasten rechtmäßig. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger nach den in § 103 Abs 4 Satz 5 und Abs 5 Satz 2 SGB V aufgeführten Auswahlkriterien als der besser geeignete Kandidat anzusehen sein dürfte, kam er bei der durch § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V gebotenen angemessenen Berücksichtigung der Interessen der Beigeladenen zu 1. als der in der überörtlichen BAG verbleibenden Praxispartner nicht als Nachfolger des Dr. E. in Betracht.

33

(1) § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V verlangt, dass die Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen sind, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, der die Praxis bisher gemeinschaftlich mit anderen Vertragsärzten ausgeübt hat.

34

(a) Wie der Senat bereits mit Urteil vom 11.12.2013 (SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 43 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) entschieden hat, gebietet § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V nicht nur die angemessene Berücksichtigung der Interessen der Partner einer örtlichen BAG, sondern in gleicher Weise die Berücksichtigung der Interessen der Partner einer überörtlichen BAG. Eine Differenzierung zwischen örtlicher und überörtlicher BAG wird nicht vorgenommen (BSG aaO mwN). Ausschlaggebend für das Erfordernis, die Interessen der in der Gemeinschaftspraxis bzw BAG verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl zu berücksichtigen, war nach der Gesetzesbegründung der Umstand, dass die verbleibenden Mitglieder mit dem Anteilsübernehmer gesellschaftsrechtliche Verbindungen eingehen müssen (BT-​Drucks 12/3937 S 15, zu Art 1 Nr 54). Auch die Partner einer überörtlichen BAG müssen sich im Rahmen ihrer Zusammenarbeit über eine Vielzahl gesellschaftsrechtlicher, arbeitsrechtlicher und organisatorischer Fragen verständigen und entsprechende vertragliche Vereinbarungen treffen.

35

(b) Welche Interessen im Einzelnen berücksichtigungsfähig sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Allgemein geht es um das Interesse an einer Fortführung der Gemeinschaftspraxis bzw BAG in einer bestimmten gewachsenen und im Hinblick auf apparativ-technische und personelle Ausstattung der Praxis sowie unter Berücksichtigung der Zahl der zu versorgenden Patienten angemessenen Größe (vgl BSGE 85, 1, 7 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 33). Von Bedeutung ist auch, ob damit zu rechnen ist, dass die Kooperation Bestand haben wird (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

36

Zu berücksichtigen ist auf jeden Fall das Interesse der verbleibenden BAG-Partner an einer einvernehmlichen Zusammenarbeit mit dem Praxisnachfolger. Ist ein Bewerber daher nicht gewillt, mit den verbleibenden Partnern eine Kooperation einzugehen, läuft dies deren berechtigten Interessen zuwider. Berücksichtigungsfähig ist (erst recht) auch der Umstand, dass der Mitbewerber bereits einer "konkurrierenden" BAG angehört und demzufolge absehbar ist, dass keine längerfristige Zusammenarbeit gewollt, sondern zu erwarten ist, dass der Mitbewerber alsbald wieder aus der BAG ausscheiden wird, um den Praxissitz in die konkurrierende BAG zu überführen. Es ist ein grundsätzlich legitimes und im Rahmen des § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V berücksichtigungsfähiges Interesse, die wirtschaftlich existenzgefährdende Gefahr zu vermeiden, dass der Mitbewerber die BAG kurz nach der Zulassung wieder verlassen wird, um mit einer anderen BAG zusammenzuarbeiten, bei der er zuvor schon tätig gewesen ist(BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

37

(c) Die "angemessene" Berücksichtigung der Interessen setzt einen Abwägungsprozess voraus: Je gewichtiger die Interessen der verbleibenden BAG-Partner sind, desto mehr haben die Interessen der von den Partnern der BAG nicht präferierten Bewerber zurückzutreten. Damit ist zwar nicht in jedem Fall die Berücksichtigung des Wunschkandidaten der BAG geboten, weil es andernfalls bei der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes, der einer BAG zugehörig ist, überhaupt keines Auswahlverfahrens mehr bedürfte. Jedoch ist ggf ein geringer qualifizierter - aber dennoch "geeigneter" - Bewerber auszuwählen, wenn der besser qualifizierte Bewerber den BAG-Partnern nicht "zumutbar" ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich ein Bewerber an der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht beteiligen und die Tätigkeit des ausscheidenden Arztes in der Gemeinschaftspraxis bzw BAG nicht fortsetzen will (vgl BSGE 85, 1, 7 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 33).

38

(d) Nach diesen Maßstäben kommt vorliegend dem Umstand Bedeutung zu, dass der Kläger Mitglied einer im nördlich von O. gelegenen B. ansässigen BAG ist und daher - zumindest was den konkret zu beurteilenden "Zugriff" auf die Patienten in der Stadt O. angeht - unmittelbarer Konkurrent der im (Süd-)Osten von O. ansässigen Beigeladenen zu 1. ist. Hinzu tritt, dass der Kläger bereits in seinem Zulassungsantrag offengelegt hat, dass er beabsichtigt, den Vertragsarztsitz von Dr. E. in seine BAG in B. einzubringen. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass es Aufgabe der Zulassungsgremien ist, bei Bewerbern, die bereits zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, entsprechende Absichten von Amts wegen zu ermitteln, soweit diese ihre Vorstellungen nicht von sich aus konkretisieren.

39

Die beabsichtige Einbringung des Vertragsarztsitzes in eine andere BAG läuft dem - nach der Senatsrechtsprechung (vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26)gewichtigen - Interesse der in der Beigeladenen zu 1. verbliebenen Partner zuwider, die "wirtschaftlich existenzgefährdende Gefahr" eines alsbaldigen Ausscheidens des Nachfolgers aus der BAG zu vermeiden. Die Auswahl des Klägers läuft daher den Interessen der verbleibenden BAG-Partner zuwider und diesen ist daher - grundsätzlich - der Vorrang zu geben.

40

(2) Der durch § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V vorgeschriebenen angemessenen Berücksichtigung der Interessen der verbleibenden Praxispartner kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die zwischen Dr. E. und den (übrigen) Partnern der Beigeladenen zu 1. gebildete überörtliche BAG nur zum Schein und mit dem Ziel gegründet worden sei, die Auswahlentscheidung im Verfahren um die Praxisnachfolge zu beeinflussen.

41

(a) Vorliegend sprechen allerdings durchaus gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die BAG vorrangig mit dem Ziel einer Beeinflussung des Nachbesetzungsverfahrens gegründet wurde: Schon die vom SG angesprochene zeitgleiche Unterzeichnung der Verträge über die Gründung einer BAG mit Dr. E. und der Übertragung seiner Anteile an dieser BAG auf den Beigeladenen zu 9. bestätigt, dass die BAG in der vereinbarten Zusammensetzung (dh mit Dr. E. als abgebenden Praxisinhaber) von vornherein lediglich für einen begrenzten Zeitraum bestehen sollte. Ebenso lässt dies ohne Weiteres den Schluss zu, dass die BAG allein mit dem Beigeladenen zu 9. fortgesetzt werden sollte. Es bestehen darüber hinaus auch begründete Zweifel, dass die überörtliche BAG überhaupt tatsächlich realisiert wurde. Der Umstand, dass es innerhalb von drei Quartalen zu einer gemeinsamen Behandlung von allenfalls zwei Patienten gekommen ist, ist als Indiz für eine "gelebte" BAG ungeeignet, weil insoweit kein Unterschied zu Praxen besteht, die in keinerlei Verbindung zueinander stehen. Die von der Beigeladenen zu 1. als Beleg für eine gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit angeführten internen Praxisbesprechungen und Vertretungen überzeugen schon deswegen nicht, weil gleichzeitig betont wird, dass Fallbesprechungen und Vertretungen wegen der beruflichen wie auch freundschaftlichen Verbindung zwischen Dr. E. und dem in M. tätigen Partner der Beigeladenen zu 1., Dr. J. auch schon vor Gründung der BAG üblich gewesen seien.

42

(b) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 14.12.2011 (BSGE 110, 43 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 9, RdNr 17 ff) und vom 11.12.2013 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 47 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) ausgeführt hat, berechtigt auch der Umstand, dass eine BAG-Gründung ausschließlich oder vorwiegend zum Zwecke einer gesteuerten Nachbesetzung eines Praxissitzes erfolgt ist, die Zulassungsgremien nicht dazu, die rechtliche Existenz einer BAG für das Auswahlverfahren bzw bei der Anwendung des § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V außer Betracht zu lassen. Dem steht die Drittbindungswirkung (bzw Tatbestandswirkung) des Bescheides über die Genehmigung der BAG in dem Sinne entgegen, dass andere Behörden bzw Gerichte an diese Entscheidung ohne Rücksicht auf ihren Inhalt gebunden sind (siehe hierzu BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 56 mwN), entgegen.

43

Zur Begründung hat der Senat (BSGE 110, 43 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 9, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 47 f)darauf verwiesen, dass die Entscheidung darüber, ob die Kriterien einer BAG erfüllt sind, in dem dafür vorgesehenen Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs 3 Ärzte-​ZV getroffen wird und diese Entscheidung zum Status der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit grundsätzlich Bindungswirkung auch gegenüber allen vertragsärztlichen Institutionen entfaltet. Daher hat die KÄV bei Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes nicht zu prüfen, ob die Zulassungsgremien den Status der BAG zu Recht zuerkannt haben, oder ob die BAG in erster Linie mit dem Ziel gegründet worden ist, die Auswahlentscheidung für die Nachfolge zu beeinflussen. Auch die Zulassungsgremien haben den Status der BAG im Verfahren um die Nachbesetzung nicht zu prüfen. Gegen die Möglichkeit einer Überprüfung des Status als BAG im Nachbesetzungsverfahren spricht nicht zuletzt die Notwendigkeit, dieses Verfahren zügig durchzuführen (BSGE 110, 43 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 9, RdNr 18). Streitigkeiten bereits zum Inhalt der Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes als Sitz in einer Einzelpraxis oder in einer BAG würden das Risiko eines Verfalls des Werts der Praxis erhöhen.

44

Damit ist geklärt, dass die Zulassungsgremien im Nachbesetzungsverfahren die Existenz einer BAG als solches hinzunehmen haben, selbst wenn diese allein mit dem Ziel gegründet wurde, einen bestimmten Praxisnachfolger durchzusetzen, und dass sie die für eine Nachbesetzung innerhalb einer BAG geltenden Regelungen anwenden müssen. Zugleich hat der Senat damit auch geklärt, dass die Zulassungsgremien das Bestehen einer BAG nicht unter dem Gesichtspunkt in Frage stellen dürfen, dass diese faktisch nicht "gelebt" wird. Die Tatbestandswirkung des Genehmigungsbescheides schließt nicht allein die Prüfung der für die Gründung der BAG maßgeblichen Motive aus, sondern auch die Prüfung, ob die BAG nachfolgend in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung den Anforderungen an eine BAG genügt. Für eine Inzidentprüfung der BAG-Genehmigung bzw der BAG-Eigenschaft ist daher kein Raum.

45

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Drittbindungswirkung kommt gleichfalls nicht in Betracht. Wenn der Kläger darauf verweist, dass der Senat eine solche für den Fall sachlich-rechnerischer Richtigstellungen angenommen hat, lag dem eine andere Situation zugrunde, wie der Senat bereits mit Urteil vom 14.12.2011 (BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 21) klargestellt hat. Entgegen der Auffassung des SG steht der Drittbindungswirkung des Bescheides über die Genehmigung der BAG erst recht nicht entgegen, dass der Kläger diesen Bescheid angefochten hat und hierüber noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, da dem Kläger ein derartiges Anfechtungsrecht nicht zusteht (siehe hierzu das Urteil des Senats vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 43/13 R).

46

An diesen Grundsätzen hält der Senat auch gegenüber den Bedenken des Klägers fest. Soweit dieser geltend macht, der Senat gewichte den Gesichtspunkt der zügigen Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens zu stark, betrachtet der Kläger die Besonderheiten dieses Verfahrens nicht hinreichend. BAGen haben typischerweise eine bestimmte Größe und ihre Mitglieder nicht selten auch eine spezifische fachliche Ausrichtung oder Subspezialisierung. Ohne diese kontinuierlich zu gewährleisten, kann die BAG ihr Versorgungsangebot nicht aufrechterhalten. Das liegt auf der Hand, wenn nur ein Mitglied der BAG über eine nachgewiesene Befähigung im Rahmen des § 135 Abs 2 SGB V verfügt. Dessen Sitz in der BAG muss zügig nachbesetzt werden können und das wäre in Frage gestellt, wenn die Zulassungsgremien im Nachbesetzungsverfahren ermitteln und beurteilen müssten, ob die BAG zu Recht genehmigt worden ist. Auch der Vorstellung des Klägers, eine solche Prüfung sei zumindest dann geboten, wenn Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch auf der Hand lägen, kann nicht gefolgt werden. Das Prüfungsprogramm der Zulassungsgremien muss generell und unabhängig vom Einzelfall feststehen; zudem dürfte in einer durch massive Interessengegensätze geprägten Konkurrenzsituation häufig kein Konsens darüber bestehen, wann offenkundige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gründung der BAG allein auf die Beeinflussung des Nachbesetzungsverfahrens zielt. Im Übrigen wird die Manipulationsanfälligkeit des Nachbesetzungsverfahrens im Kontext des § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V vor allem dadurch ausgelöst, dass die Privilegierung der "verbleibenden" Vertragsärzte nicht an eine Mindestzeit der gemeinschaftlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gebunden ist. An diese Entscheidung des Gesetzgebers ist die Rechtsprechung gebunden. Es ist allein Sache des Gesetzgebers, die im Rahmen der Entwürfe eines Versorgungsstärkungsgesetzes (VSG) seit Mitte Oktober 2014 diskutierte Einführung einer Mindestzeit bei der Privilegierung beruflicher Kooperationen im Rahmen einer aus Versorgungsgründen nicht erforderlichen Nachbesetzung (vgl § 103 Abs 3a Satz 4 SGB V des Entwurfs) modifiziert auch auf die Begünstigung solcher Kooperationen im Rahmen der Auswahlentscheidung zu übertragen.

47

(c) Die Drittbindungswirkung des Genehmigungsbescheides führt allerdings nicht dazu, dass die mit der Gründung einer BAG verbundenen Missbrauchsmöglichkeiten völlig außer Betracht zu bleiben haben. Vielmehr hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 11.12.2013 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 49, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen)auf die Bedenken reagiert, dass über die Gründung einer BAG die Möglichkeit eröffnet werde, die Zulassung eines bestimmten Bewerbers zu erzwingen, indem die Zusammenarbeit mit allen übrigen Bewerbern ausgeschlossen werde:

48

"Dieser Einwand gibt dem Senat Anlass, seine Rechtsprechung in diesem Punkt zu konkretisieren: Die Bindung der Zulassungsgremien an die Statusentscheidung bezogen auf die Zulassung der BAG hat zwar zur Folge, dass für eine Überprüfung der Zulassungsentscheidung kein Raum ist. Damit sind die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte in Anwendung des § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V 'angemessen' zu berücksichtigen. Welches Gewicht dabei den Interessen der verbleibenden Ärzte zukommt, hängt jedoch wesentlich von Intensität und Dauer der bisherigen Zusammenarbeit ab. Das Interesse an der Fortführung einer BAG in einer bestimmten gewachsenen Struktur und einer im Hinblick auf die Zahl der zu behandelnden Patienten angemessenen Größe wird die Zulassung eines Bewerbers, mit dem die in der Praxis verbleibenden Ärzte nicht zusammenarbeiten wollen, in aller Regel ausschließen (vgl BSGE 110, 43 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 9, RdNr 23; BSGE 91, 253 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 1, RdNr 27; BSGE 85, 1, 6 ff = SozR 3-​2500 § 103 Nr 5 S 33 f).

49

Allerdings ist den Interessen der verbleibenden Ärzte nach einer nur sehr kurzen und nicht sehr intensiven Zusammenarbeit in einer überörtlichen BAG nur ein entsprechend geringes Gewicht bei der Auswahlentscheidung beizumessen. Dies kann im Einzelfall auch eine Einschränkung des in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsatzes erfordern, dass einem Bewerber, mit dem die verbleibenden Vertragsärzte nicht zusammenarbeiten wollen, die Zulassung nicht erteilt werden darf. Gerade in Fällen, in denen die Umstände dafür sprechen, dass die BAG in erster Linie mit dem Ziel gegründet worden ist, die Auswahlentscheidung zu beeinflussen, kann die erforderliche Abwägung mit den übrigen nach § 103 Abs 6 Satz 1 SGB V zu berücksichtigenden Kriterien zur Auswahl eines von den übrigen Mitgliedern der BAG nicht gewünschten Bewerbers führen. Je deutlicher sich also der Eindruck aufdrängt, dass die BAG vorrangig mit dem Ziel gegründet worden ist, Einfluss auf die Nachbesetzung zu nehmen, je kürzer die BAG bestanden hat und je weniger intensiv die Zusammenarbeit innerhalb der BAG war, desto geringeres Gewicht kommt den Interessen der verbleibenden Ärzte bei der Auswahlentscheidung zu.

50

Damit wird die Möglichkeit, die Auswahl eines bestimmten Bewerbers über die Gründung einer BAG zu steuern, jedenfalls eingeschränkt. Durch die Gründung einer BAG mit kurz darauf folgender Nachbesetzung riskieren die in der Praxis verbleibenden Ärzte entweder, mit einem Bewerber zusammenarbeiten zu müssen, der nicht vollständig ihren Vorstellungen entspricht, oder das Scheitern des Nachbesetzungsverfahrens, weil der Gesellschaftsvertrag nicht zustande kommt und der ausgewählte Bewerber den Sitz damit nicht übernehmen kann. Im zuletzt genannten Fall kommt eine neue Ausschreibung nur in Betracht, wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch eine fortführungsfähige Praxis existiert. Bezogen auf die BAG bedeutet dies, dass ein funktionsfähiger Praxisanteil noch vorhanden und eine Anknüpfung an die gemeinsam ausgeübte Tätigkeit noch möglich sein muss (vgl BSGE 99, 218 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 3, RdNr 19; BSGE 91, 253 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 1 RdNr 22)."

51

(d) Nach diesen Maßstäben sind im Nachbesetzungsverfahren des Dr. E. die Voraussetzungen dafür gegeben, den Interessen der verbleibenden Partner der BAG geringeres Gewicht beizumessen: So bestand die BAG mit Dr. E. nur für den relativ kurzen Zeitraum von drei Quartalen, wobei dieser Zeitraum schon deswegen als "kurz" zu werten ist, weil der Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes von Dr. E. bereits im ersten Quartal des Bestehens der neuen BAG - im Juni 2011 - gestellt wurde. Zudem wurde schon bei Gründung der BAG das baldige Ende der Tätigkeit des Dr. E. vorbestimmt. Außer Frage steht gleichfalls, dass mit der Gründung der BAG Einfluss auf die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes von Dr. E. ausgeübt werden sollte. Eine derartige Zweckbestimmung ist ohne Weiteres anzunehmen, wenn zeitgleich mit der Gründung der BAG mit dem designierten Nachfolger des neu eintretenden BAG-Partners ein Vertrag über die Übertragung der BAG-Anteile geschlossen wird. Schließlich war auch die Zusammenarbeit zwischen Dr. E. und den übrigen Partnern der BAG zumindest "wenig intensiv".

52

(e) Ungeachtet dessen ist aus der zweckgerichteten Gründung der BAG für die zur Entscheidung anstehende Konstellation nicht die Folgerung zu ziehen, dass die Interessen der verbleibenden Praxispartner gegenüber der besseren Eignung des Klägers völlig zurückzutreten haben und dieser somit vom Beklagten als Praxisnachfolger auszuwählen ist. Der Senat hat vielmehr in seinem bereits erwähnten Urteil vom 11.12.2013 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 50, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) darauf hingewiesen, dass die so verstandene "angemessene" Berücksichtigung der Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte nicht dazu führen darf, dass die Zulassungsgremien einen Bewerber auswählen, mit dem aus objektiv nachvollziehbaren Gründen eine Zusammenarbeit keinesfalls erwartet werden kann:

53

"Die verbleibenden Praxispartner auch einer überörtlichen BAG müssen sich mit dem Nachfolger - neben dem Kaufpreis - über alle Fragen, die Gegenstand des zu schließenden Gesellschaftsvertrags sind, sowie zB über die Anmietung der Praxisräume, Arbeitszeiten, die Anstellung von Personal, den Umgang mit Patientenunterlagen und Fragen der Praxisorganisation einigen (vgl Paßmann, ZMGR 2013, 155, 158). Dies gilt auch für eine BAG, die erst kurz vor der Nachbesetzung gegründet worden ist. Wenn die Zulassungsgremien einen Nachfolger auswählen, obwohl bereits absehbar ist, dass eine Einigung zu den genannten Fragen nicht zustande kommen kann, ist ein Scheitern des Nachbesetzungsverfahrens vorprogrammiert. Deshalb müssen die Zulassungsgremien der Angabe der in der Praxis verbleibenden Ärzte, mit einem bestimmten Bewerber nicht zusammenarbeiten zu wollen, umso größeres Gewicht beimessen, je gewichtiger die Gründe sind, die objektiv gegen die Möglichkeit einer Zusammenarbeit sprechen. Ein Bewerber, mit dem eine Zusammenarbeit aus objektiv nachvollziehbaren Gründen von vornherein ausgeschlossen werden kann, kommt als Nachfolger nicht in Betracht."

54

Hieran hält der Senat fest. Auch eine eindeutig zum Zweck der Beeinflussung des Nachbesetzungsverfahrens erfolgte BAG-Gründung führt entsprechend nicht dazu, dass die verbleibenden Partner es hinnehmen müssten, dass die Wahl auf einen Kandidaten fällt, "mit dem aus objektiv nachvollziehbaren Gründen eine Zusammenarbeit keinesfalls erwartet werden kann". Ein derartiger "objektiv nachvollziehbarer Grund" liegt bereits dann vor, wenn zwischen der BAG, der der ausscheidende Vertragsarzt angehört, und dem Mitbewerber ein Konkurrenzverhältnis besteht, welches einer vertrauensvollen Zusammenarbeit entgegensteht. So liegt der Fall hier.

55

Zumindest in der Stadt O. selbst überschneiden sich die Interessenbereiche der BAG des Klägers, die in B. - nördlich von O. - angesiedelt ist, und der Beigeladenen zu 1. mit südöstlich von O. gelegenen Standorten in M. und D. In einer solchen Situation ist ein der Zusammenarbeit entgegenstehender "objektiv nachvollziehbarer Grund" darin zu sehen, dass eine Zusammenarbeit mit dem "konkurrierenden" Bewerber von vornherein nur für einen begrenzten Zeitraum zu erwarten ist. Dies ist dann der Fall, wenn zwei miteinander konkurrierende BAGen versuchen, den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz in ihre BAG zu ziehen und die Partner der einen BAG einen Arzt aus der anderen BAG als neuen Praxispartner aufnehmen müssten. Dies steht einer Zusammenarbeit objektiv entgegen.

56

Vorliegend hat der Kläger zudem bereits in seinem Zulassungsantrag offen gelegt, dass er den Vertragsarztsitz in O. in die BAG einbringen möchte, in der er bereits in B. tätig ist. Sofern nicht absolut überzeugende Gründe dargelegt werden, warum diese Pläne nicht mehr relevant sein sollen (zB Auflösung der BAG im Streit oä), lässt dies die Annahme zu, dass eine Zusammenarbeit mit den Partnern der anderen BAG von vornherein ausgeschlossen werden kann, weil die BAG-Partner damit rechnen müssen, dass ihr neuer Partner alsbald unter Mitnahme des Vertragsarztsitzes die BAG verlassen wird. Für eine gedeihliche Kooperation des Klägers mit den Partnern der zu 1. beigeladenen BAG fehlt deshalb jede Basis.

57

Dass die "Inkompatibilität" zu Lasten eines Mitbewerbers geht, der den BAG-Partnern nicht "zumutbar" ist, aber mit diesen Partnern überhaupt nicht hätte zusammenarbeiten müssen, wenn diese nicht allein zum Zwecke der Beeinflussung des Nachbesetzungsverfahrens eine BAG mit einem zuvor in Einzelpraxis tätigen Arzt gegründet hätten, ist dabei hinzunehmen. Dies gilt nicht zuletzt deswegen, weil eine solche Situation regelmäßig nur dann eintritt, wenn beide Seiten - BAG und Bewerber - jeweils "eigennützige" Interessen verfolgen. Vorliegend hat nicht allein die zu 1. beigeladene BAG Dr. E. nur deshalb in eine BAG einbezogen, um dessen Nachfolger auf dem Vertragsarztsitz selbst auswählen zu können; vielmehr wollte auch der Kläger die Praxis von Dr. E. nicht als solche fortführen, sondern den Sitz ebenfalls in seine BAG ziehen. Hingegen dürften sich zB in Bezug auf einen Bewerber, der erstmals die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung begehrt, schwerlich objektiv nachvollziehbare Ablehnungsgründe feststellen lassen.

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(f) Dieses Ergebnis ist auch unter Berücksichtigung der vom Kläger angeführten Argumente hinzunehmen. Die Annahme des Klägers, dass der Bewerberauswahl im Sinne einer "Bestenauslese" schon unter Versorgungsgesichtspunkten hohes Gewicht beizumessen sei, geht schon deswegen fehl, weil der nachzubesetzende Vertragsarztsitz überhaupt nicht zur Versorgung der Versicherten benötigt wird (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 27). Ob ein Sitz nachbesetzt wird, ist unabhängig von der Qualifikation der Bewerber um die eventuelle Nachfolge zu beurteilen. Nach der gesetzlichen Konzeption sollen frei werdende Sitze in überversorgten Gebieten nämlich wegfallen und nicht erhalten bleiben. Dieses Ziel tritt nur im Hinblick auf die Verwertungsinteressen des ausscheidenden Arztes bzw seiner Rechtsnachfolger zurück. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 29.9.1999 (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f)unter Heranziehung der Motive des Gesetzgebers dargelegt und nachfolgend in ständiger Rechtsprechung wiederholt hat, berücksichtigt der Gesetzgeber mit der ausnahmsweisen Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen in überversorgten Planungsbereichen die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben (siehe hierzu BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 f; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 28), welche andernfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden, und trägt damit den Erfordernissen des Eigentumsschutzes Rechnung (vgl zB BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 mwN; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 28). Diese Zielsetzung kommt mit hinreichender Deutlichkeit auch in den Regelungen des § 103 Abs 3a Satz 3 und Abs 4 Satz 9 SGB V zum Ausdruck: Wenn keine privilegierten Nachfolgekandidaten im Raum stehen, kann auf die Nachbesetzung auch verzichtet werden.

59

Auch Art 12 Abs 1 GG gebietet hier kein anderes Ergebnis. Dabei fällt konkret ins Gewicht, dass der Kläger bereits zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist und lediglich eine Erweiterung seiner BAG angestrebt hat, während der Beigeladene zu 9. als Folge der Entscheidung des Beklagten die Möglichkeit der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in der gewünschten Region erhalten hat. Dabei verkennt der Senat nicht, dass auch der Wunsch zugelassener Ärzte, ihre vertragsärztliche Tätigkeit auf einem freiwerdenden Sitz an einem anderen Ort auszuüben, den Schutz des Art 12 Abs 1 GG genießt; schon aus § 103 Abs 4 Satz 5 Nr 4 SGB V ergibt sich weiterhin, dass auch zugelassene Ärzte privilegiert sein können. Das Gewicht der von Art 12 Abs 1 GG geschützten Belange kann aber durchaus differieren, je nachdem, ob es um den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung in einer bestimmten Region geht oder zwei in BAGen zugelassene Ärzte um einen frei gewordenen Sitz konkurrieren, den beide in ihre BAG einbinden wollen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 8. (§ 162 Abs 3 VwGO) - zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Die Zulassung verpflichtet den Arzt, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. Der Arzt ist verpflichtet, im Rahmen seiner vollzeitigen vertragsärztlichen Tätigkeit mindestens 25 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden für gesetzlich Versicherte zur Verfügung zu stehen. Ärzte, die an der fachärztlichen Versorgung nach § 73 Absatz 1a Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen und die insbesondere den Arztgruppen der grundversorgenden und wohnortnahen Patientenversorgung angehören, müssen mindestens fünf Stunden wöchentlich als offene Sprechstunden ohne vorherige Terminvereinbarung anbieten. Bei einem reduzierten Versorgungsauftrag nach Absatz 2 gelten die in den Sätzen 2 und 3 festgelegten Sprechstundenzeiten jeweils anteilig. Besuchszeiten sind auf die Sprechstundenzeiten nach Satz 2 anzurechnen. Die Einzelheiten zur angemessenen Anrechnung der Besuchszeiten nach Satz 5 sowie zu den Arztgruppen, die offene Sprechstunden anzubieten haben, sind bis zum 31. August 2019 im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch können auch Regelungen zur zeitlichen Verteilung der Sprechstunden nach Satz 3 getroffen werden.

(2) Der Arzt ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte oder drei Viertel des Versorgungsauftrages nach Absatz 1 Satz 1 zu beschränken. Die Beschränkung des Versorgungsauftrages wird entweder im Rahmen eines Beschlusses nach § 19 Abs. 1 oder durch gesonderten Beschluss festgestellt.

(3) Auf Antrag des Arztes kann eine Beschränkung des Versorgungsauftrages nach Absatz 2 Satz 2 durch Beschluss aufgehoben werden. Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. Es gelten die Vorschriften dieses Abschnitts.

(4) Die Kassenärztliche Vereinigung überprüft nach Maßgabe des § 95 Absatz 3 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Einhaltung der in Absatz 1 genannten Mindestsprechstunden. Stellt sie fest, dass der Vertragsarzt diese in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Quartalen unterschritten hat, so hat sie den betroffenen Arzt aufzufordern, umgehend die Anzahl seiner Sprechstunden entsprechend zu erhöhen oder seinen Versorgungsauftrag durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss gemäß Absatz 2 zu beschränken. Die Kassenärztliche Vereinigung hat den Vertragsarzt dabei auf die Möglichkeit einer Kürzung der Vergütung als Sanktionsmaßnahme und eines Zulassungsentzugs gemäß § 95 Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch hinzuweisen. Die Kassenärztliche Vereinigung hat die Vergütung des Vertragsarztes zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kürzen, wenn der Vertragsarzt

1.
keine rechtfertigenden Gründe für das Unterschreiten vortragen kann oder
2.
der Aufforderung der Kassenärztlichen Vereinigung nach Satz 2 nicht innerhalb einer von der Kassenärztlichen Vereinigung zu setzenden Frist nachkommt.
Die Kassenärztliche Vereinigung hat den Vertragsarzt über die Höhe der Kürzung zu unterrichten. Bei wiederholtem oder fortgesetztem Verstoß eines Vertragsarztes gegen die in Absatz 1 Satz 2 oder Satz 4 genannte Pflicht hat der Zulassungsausschuss die Zulassung abhängig vom Umfang der Unterschreitung von Amts wegen zu einem Viertel, hälftig oder vollständig zu entziehen.

(1) Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.

(3) Für die knappschaftliche Krankenversicherung gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend, soweit das Verhältnis zu den Ärzten nicht durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nach den örtlichen Verhältnissen geregelt ist.

(4) (weggefallen)

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.