nachgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 7 R 5114/16, 28.09.2017

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen in einer Tätigkeit für die Klägerin als Krankenpfleger streitig.

Der Beigeladene ist ausgebildeter Krankenpfleger und hatte im Jahr 2011 eine selbständige Tätigkeit als Krankenpfleger aufgenommen, für die ihm auch ein Existenzgründungszuschuss bewilligt worden war.

Am 16.09.2013 hatte er bei der Beklagten um Feststellung gebeten, ob Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung als Selbständiger gemäß § 2 SGB VI bestehe.

Diesen Antrag nahm die Beklagte zum Anlass, einen Statusfeststellungantrag gemäß § 7 a SGB IV anzuregen.

Der Beigeladene stellte daraufhin am 22.01.2014 einen Statusfeststellungsantrag bei der Beklagten, und zwar hinsichtlich einer Tätigkeit bei der Klägerin vom 22. bis zum 29.03.2014. Der Beigeladene hatte in diesem Zeitraum im Seniorenheim der Klägerin die Pflege von Bewohnern übernommen. Grundlage dieser Tätigkeit war ein so genannter Honorarvertrag, dem zufolge der Beigeladene als Dienstleistung die eigenständige Planung, Durchführung und Dokumentation von Altenpflege in Kooperation mit angestellten Pflegedienstmitarbeitern der Klägerin erbringen sollte, wobei er sich an den Rahmenbedingungen der Klägerin zu orientieren hatte. Ein Weisungsrecht der Klägerin sollte laut Vertrag nicht bestehen. Der Beigeladene sollte auch berechtigt sein, einzelne Aufträge abzulehnen. Ferner war geregelt, dass der Beigeladene eigene Dienstkleidung tragen und notwendige Hilfsmittel von der Klägerin gestellt bekommen sollte. Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sollte kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehen, ab dem dritten Krankheitstag sollte der Beigeladene eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Als Entgelt wurde ein Stundenhonorar von 31,00 Euro zuzüglich etwaiger Zuschläge vereinbart.

Die Beklagte stellte nach Anhörung der Beteiligten mit Bescheid vom 17.06.2014 fest, dass der Beigeladene vom 22.03. bis zum 29.03.2014 bei der Klägerin beschäftigt war und daher Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hätte. Zur Begründung führte die Beklagte unter anderem an, der Beigeladen habe dem Betriebszweck der Klägerin gedient, sei an Vorgaben der Pflegedienstleitung und Ärzte gebunden gewesen, hätte mit Ärzten und Mitarbeitern der Klägerin zusammengearbeitet, sei in den Räumen der Klägerin tätig geworden, hätte tatsächlich keine freie Arbeitszeitgestaltung gehabt und schließlich kein Unternehmerrisiko getragen.

Sowohl der Beigeladene als auch die Klägerin erhoben Widerspruch gegen diesen Bescheid. Der Beigeladene wies darauf hin, dass er vom jeweiligen Hausarzt nur einen Behandlungsplan bekommen hätte, ansonsten hätte er mit Ärzten nicht zusammengearbeitet, mit Pflegepersonal allerdings durchaus. Eine Dienstzeit sei nicht vorgegeben gewesen, er hätte auch eigenes Arbeitsgerät eingesetzt und sei mit seiner Tätigkeit öffentlich am Markt aufgetreten. Schließlich sei er auch für verschiedene Auftraggeber tätig gewesen.

Die Klägerin begründete ihren Widerspruch damit, dass der Beigeladene aufgrund eigener Planung tätig geworden sei, einzelne Leistungen hätte ablehnen können und der Inhalt der Tätigkeit durch die vom Hausarzt angeordnete Pflegeanordnung bestimmt gewesen sei. Im Übrigen sei der Beigelade ebenso wie etwa auch ein selbständiger Friseur, Arzt oder Fußpfleger in den Räumen der Klägerin tätig geworden. Arbeitsgerätschaft der Klägerin sei nicht zum Einsatz gekommen. Auch hätten die angestellten Pflegekräfte ein Dienstzimmer, der Beigeladene hingegen nicht. Eine Weisungsgebundenheit habe nicht bestanden. Die Pflegedokumentationspflicht stelle keine arbeitsvertragliche Pflicht dar, sondern sei gesetzlich vorgeschrieben.

Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2014 zurückgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben, eingegangen beim Sozialgericht München am 17.12.2014. Das Gericht hat den betroffenen Krankenpfleger beigeladenen und diesen sowie den Geschäftsführer der Klägerin im Termin zu mündlichen Verhandlung am 09.06.2016 ausführlich zu den Umständen der Tätigkeit angehört.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014 festzustellen, dass der Beigeladene als Krankenpfleger vom 22.03. bis zum 29.03.2014 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 SGB IV zur Klägerin stand.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Rentenversicherungsakte sowie der Akte des Sozialgerichts München, insbesondere das Verhandlungsprotokoll vom 09.06.2016, Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid vom 17.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.

Der Beigeladene war im - hier ausschließlich streitgegenständlichen - Zeitraum vom 22. bis zum 29.03.2014 bei der Klägerin im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV beschäftigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der die erkennende Kammer folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit zum Arbeitgeber steht. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann, vornehmlich bei Diensten höherer Art, eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein.

Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgegend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte vorliegend zu Recht eine Beschäftigung angenommen.

Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Beigeladene in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Das ergibt sich bereits aus den gesetzlichen Regelungen über die Beziehungen der Pflegekassen zu den Pflegeeinrichtungen, insbesondere aus §§ 72, 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI. Demnach sind Pflegeheime Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden. Gemäß § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die die Gewähr für einen leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und ein Qualitätsmanagement haben. Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass alle in einem Pflegeheim tätigen Pflegekräfte sich an den Vorgaben des jeweiligen Pflegeheimes ausrichten und diese bei ihrer Tätigkeit beachten müssen (vgl. hierzu Urteil des LSG BadenWürttemberg vom 19.10.2012, Az.: L 4 R 761/11, Rn 47 in jurisDokument). Schon aus dem Zusammenspiel der gesetzlichen Regelungen ergibt sich also die Eingliederung in den Betrieb im Sinne von § 7 SGB IV. In dieses Bild fügt sich auch die Tatsache, dass der Beigeladene nicht im Auftrag der jeweiligen Bewohner tätig wurde, wie z.B. ein Friseur, den ein Bewohner zum Hausbesuch bestellt, sondern im Auftrag der und auf Rechnung für die Klägerin. Die Eingliederung in den Betrieb zeigt sich ferner daran, dass der Beigeladene bei Dienstantritt eine Übergabe von Pflegepersonal der Klägerin bekam und nach Dienstende seinerseits wieder an dieses Pflegepersonal übergeben hat. Ferner erstellte der Beigeladene auch die sogenannten Leistungsprotokolle im Rahmen der Pflegedokumentation auf der Hard- und Software der Klägerin.

Auch von einer Weisungsgebundenheit, wie sie typischerweise im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht, ist vorliegend auszugehen. Diese lässt sich erkennen an der Einweisung, die der Beigeladene von der Pflegedienstleitung bei Beginn des jeweiligen Dienstes erhielt, etwa zu der Frage, welche Bewohner vom Beigeladenen versorgt werden sollten und wo welche Problematiken zu beachten seien. Die Tatsache, dass der Beigeladene für einzelne Tätigkeiten im Rahmen der Pflege keine detaillierten Anweisungen brauchte und auch nicht erhielt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, da dies auch bei einer angestellten Pflegefachkraft nicht notwendig ist. Aufgrund seiner Ausbildung weiß der Beigeladene selbst und ohne Einzelweisung, wie einzelne Pflegeschritte zu erfolgen haben und wie etwaige Behandlungsanordnungen des Hausarztes umzusetzen sind.

Das Gericht verkennt nicht, dass es vorliegend auch Merkmale gibt, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. So konnte der Beigeladene im Unterschied zu den bei der Klägerin tätigen Angestellten die Zeiträume wählen, in welchen er Leistungen für die Klägerin erbringen wollte. Dies ist allerdings nichts weiter als Ausfluss der allgemeinen Vertragsfreiheit, die auch jedem Arbeitnehmer freistellt, ob er ein Arbeitsverhältnis aufnehmen möchte, oder nicht. Hatte der Beigeladene sich allerdings einmal für einen bestimmten Zeitraum gegenüber der Klägerin verpflichtet, so war er innerhalb diese Zeitraumes nicht mehr frei, einzelne Aufträge abzulehnen. Der Mangel dieser Freiheit zeigt sich unter anderen in der Regelung des Honorarvertrages, wonach am 3. Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen war. Dies ist eine für selbständig Tätige ungewöhnliche Regelung. Ferner war der Beigeladene bei Verrichtung der Dienste die einzige Fachkraft auf der jeweiligen Station und musste somit innerhalb des übernommenen Dienstes durch dauerhafte Präsenz die Vorgaben des SGB XI für den Betrieb der Klägerin sicherstellen.

Ein weiteres Kriterium für Selbständigkeit ist darin zu erblicken, dass der Beigeladene eigene Dienstkleidung trug und auch eigenes Arbeitsgerät einsetzte. Dabei handelte es sich allerdings nur um ein Fieberthermometer und ein Blutdruckmessgerät, weshalb auch diesem Indiz kein entscheidendes Gewicht zukommt.

Für Beschäftigung spricht andererseits wiederum, dass der Beigeladene während seiner Einsatzzeit auf der jeweiligen Station die einzige verantwortliche Pflegefachkraft war, und ihm die anwesenden Pflegehilfskräfte von der medizinischen Verantwortung her unterstellt waren. Darin zeigt sich deutlich, dass der Beigeladene auch in den hierarchischen Betriebsaufbau der Klägerin eingegliedert war.

Ferner spricht auch für Beschäftigung, dass der Beigeladene kein nennenswertes Unternehmerrisiko zu tragen hatte. Er hatte Investitionen nur in äußerst geringem Umfang tätigen müssen (Anschaffung eines Fieberthermometers und eines Blutdruckmessgerätes) und musste somit kein nennenswertes Risiko tragen, dass im Falle unternehmerischen Scheiterns die Investitionen zu erheblichen Verlusten führen würden. Auf der anderen Seite bot sich dem Beigeladenen auch keine nennenswerte unternehmerische Gewinnchance, da er pro Stunde bezahlt wurde. Dass das vereinbarte Stundenhonorar seiner Vorgabe entsprach, spricht zwar eher für Selbständigkeit, schließt aber die Annahme einer Beschäftigung auch nicht aus.

Auch die Tatsache, dass der Beigeladene nicht nur bei der Klägerin, sondern auch bei anderen Pflegeeinrichtungen tätig war, führt nicht dazu, dass die Tätigkeit im Status eines Selbständigen verrichtet worden wäre. Ein Arbeitnehmer kann mehrere Beschäftigungsverhältnisse nebeneinander haben, oder auch neben einer Beschäftigung selbständig tätig sein.

Die Gesamtabwägung ergibt daher vorliegend, dass der Beigeladene bei der Klägerin beschäftigt war.

Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung des Bayerischen LSG, vgl. Urteil vom 13.07.2005, Az.: L 5 KR 187/04, und des LSG Hamburg, Urteil vom 10.12.2012, Az.: L 2 R 13/09).

Die Klage war demnach in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197 a SGG i.V.m. 154 VwGO.

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(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pfle

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(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslic

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Versicherungspflichtig sind selbständig tätige 1. Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,2. Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglin

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 19. Okt. 2012 - L 4 R 761/11

bei uns veröffentlicht am 19.10.2012

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Der Streitwer

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Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).

(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.

(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die

1.
den Anforderungen des § 71 genügen,
2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen,
3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln,
4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen,
5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfüllt. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Pflegeeinrichtungen sollen die Versorgungsverträge vorrangig mit freigemeinnützigen und privaten Trägern abgeschlossen werden. Bei ambulanten Pflegediensten ist in den Versorgungsverträgen der Einzugsbereich festzulegen, in dem die Leistungen ressourcenschonend und effizient zu erbringen sind.

(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.

(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die

1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder
4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
Zur Entlohnung im Sinne dieses Gesetzes zählen
1.
der Grundlohn,
2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen,
3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers,
4.
pflegetypische Zulagen,
5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie
6.
pflegetypische Zuschläge.
Pflegetypische Zuschläge im Sinne von Satz 2 Nummer 6 sind Nachtzuschläge, Sonntagszuschläge und Feiertagszuschläge. Diese sind von den Pflegeeinrichtungen im Fall von Satz 1 Nummer 4 unter den folgenden Voraussetzungen zu zahlen:
1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr,
2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr,
3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
Die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen haben die Entlohnung im Sinne von Satz 1, soweit mit ihr die Voraussetzungen nach dieser Vorschrift erfüllt werden, in Geld zu zahlen. Tritt im Fall von Satz 1 Nummer 1 bis 3 eine Änderung im Hinblick auf die in dem jeweiligen Tarifvertrag oder in den jeweiligen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbarte Entlohnung ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen die erforderlichen Anpassungen der von ihnen gezahlten Entlohnung spätestens innerhalb von zwei Monaten vorzunehmen, nachdem die jeweilige Änderung nach § 82c Absatz 5 veröffentlicht wurde. Erhöhen sich im Fall von Satz 1 Nummer 4 die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 oder die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, haben die Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, die höhere Entlohnung im Zeitraum ab dem 1. Dezember 2022 spätestens ab dem 1. Februar 2023, nach dem 1. Februar 2023 jeweils spätestens ab dem 1. Januar des Jahres, das auf die Veröffentlichung der Werte nach § 82c Absatz 5 folgt, zu zahlen. Zur Erfüllung der Vorgaben von Satz 1 Nummer 4 sind im Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Januar 2023 die aufgrund der Mitteilung nach Absatz 3e in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung und auf der Grundlage von § 82c Absatz 5 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung veröffentlichten regional üblichen Entgeltniveaus in drei Qualifikationsgruppen und pflegetypischen Zuschläge nach den Sätzen 3 und Satz 4 maßgebend.

(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.

(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder
3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
Im Jahr 2022 sind alle Pflegeeinrichtungen verpflichtet, den Landesverbänden der Pflegekassen die in Satz 1 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung genannten Angaben spätestens bis zum Ablauf des 28. Februar 2022 mitzuteilen. Die Mitteilung nach Satz 2 gilt, sofern die Pflegeeinrichtung dem nicht widerspricht, als Antrag auf entsprechende Anpassung des Versorgungsvertrags mit Wirkung zum 1. September 2022.

(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
Der Mitteilung ist die jeweils am 1. August des Jahres geltende durchgeschriebene Fassung des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen beizufügen. Tritt nach der Mitteilung nach Satz 1 eine Änderung im Hinblick auf die Wirksamkeit oder den Inhalt des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen diese Änderung unverzüglich mitzuteilen und dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen unverzüglich die aktuelle, durchgeschriebene Fassung des geänderten Tarifvertrags oder der geänderten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zu übermitteln.

(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.

(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.

(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.

(5) (aufgehoben)

(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgen.

(1a) Auf ambulante Betreuungseinrichtungen, die für Pflegebedürftige dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung erbringen (Betreuungsdienste), sind die Vorschriften dieses Buches, die für Pflegedienste gelten, entsprechend anzuwenden, soweit keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.

(2) Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:

1.
unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden,
2.
ganztägig (vollstationär) oder tagsüber oder nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.

(3) Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als

1.
Pflegefachfrau oder Pflegefachmann,
2.
Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger,
3.
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder
4.
Altenpflegerin oder Altenpfleger
eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten Ausbildungsberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre erforderlich. Bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, die überwiegend behinderte Menschen pflegen und betreuen, gelten auch nach Landesrecht ausgebildete Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger sowie Heilerzieherinnen und Heilerzieher mit einer praktischen Berufserfahrung von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre als ausgebildete Pflegefachkraft. Bei Betreuungsdiensten kann anstelle der verantwortlichen Pflegefachkraft eine entsprechend qualifizierte, fachlich geeignete und zuverlässige Fachkraft mit praktischer Berufserfahrung im erlernten Beruf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre (verantwortliche Fachkraft) eingesetzt werden. Die Rahmenfrist nach den Sätzen 1, 2 oder 3 beginnt acht Jahre vor dem Tag, zu dem die verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne des Absatzes 1 oder 2 bestellt werden soll. Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft ist ferner Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenzahl, die 460 Stunden nicht unterschreiten soll, erfolgreich durchgeführt wurde. Anerkennungen als verantwortliche Fachkraft, die im Rahmen der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste erfolgt sind, gelten fort. Für die Anerkennung einer verantwortlichen Fachkraft ist ferner ab dem 1. Januar 2023 ebenfalls Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne von Satz 5 durchgeführt wurde.

(4) Keine Pflegeeinrichtungen im Sinne des Absatzes 2 sind

1.
stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung oder zur sozialen Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker Menschen oder von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen,
2.
Krankenhäuser sowie
3.
Räumlichkeiten,
a)
in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht,
b)
auf deren Überlassung das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet und
c)
in denen der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig einen Umfang erreicht, der weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht; bei einer Versorgung der Menschen mit Behinderungen sowohl in Räumlichkeiten im Sinne der Buchstaben a und b als auch in Einrichtungen im Sinne der Nummer 1 ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, ob der Umfang der Versorgung durch Leistungserbringer weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht.

(5) Mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen spätestens bis zum 1. Juli 2019 Richtlinien zur näheren Abgrenzung, wann die in Absatz 4 Nummer 3 Buchstabe c in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung genannten Merkmale vorliegen und welche Kriterien bei der Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Die Richtlinien nach Satz 1 sind im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene zu beschließen; die Länder, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sind zu beteiligen. Für die Richtlinien nach Satz 1 gilt § 17 Absatz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Genehmigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt und die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden.

(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).

(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.

(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die

1.
den Anforderungen des § 71 genügen,
2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen,
3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln,
4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen,
5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfüllt. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Pflegeeinrichtungen sollen die Versorgungsverträge vorrangig mit freigemeinnützigen und privaten Trägern abgeschlossen werden. Bei ambulanten Pflegediensten ist in den Versorgungsverträgen der Einzugsbereich festzulegen, in dem die Leistungen ressourcenschonend und effizient zu erbringen sind.

(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.

(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die

1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder
4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
Zur Entlohnung im Sinne dieses Gesetzes zählen
1.
der Grundlohn,
2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen,
3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers,
4.
pflegetypische Zulagen,
5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie
6.
pflegetypische Zuschläge.
Pflegetypische Zuschläge im Sinne von Satz 2 Nummer 6 sind Nachtzuschläge, Sonntagszuschläge und Feiertagszuschläge. Diese sind von den Pflegeeinrichtungen im Fall von Satz 1 Nummer 4 unter den folgenden Voraussetzungen zu zahlen:
1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr,
2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr,
3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
Die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen haben die Entlohnung im Sinne von Satz 1, soweit mit ihr die Voraussetzungen nach dieser Vorschrift erfüllt werden, in Geld zu zahlen. Tritt im Fall von Satz 1 Nummer 1 bis 3 eine Änderung im Hinblick auf die in dem jeweiligen Tarifvertrag oder in den jeweiligen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbarte Entlohnung ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen die erforderlichen Anpassungen der von ihnen gezahlten Entlohnung spätestens innerhalb von zwei Monaten vorzunehmen, nachdem die jeweilige Änderung nach § 82c Absatz 5 veröffentlicht wurde. Erhöhen sich im Fall von Satz 1 Nummer 4 die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 oder die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, haben die Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, die höhere Entlohnung im Zeitraum ab dem 1. Dezember 2022 spätestens ab dem 1. Februar 2023, nach dem 1. Februar 2023 jeweils spätestens ab dem 1. Januar des Jahres, das auf die Veröffentlichung der Werte nach § 82c Absatz 5 folgt, zu zahlen. Zur Erfüllung der Vorgaben von Satz 1 Nummer 4 sind im Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Januar 2023 die aufgrund der Mitteilung nach Absatz 3e in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung und auf der Grundlage von § 82c Absatz 5 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung veröffentlichten regional üblichen Entgeltniveaus in drei Qualifikationsgruppen und pflegetypischen Zuschläge nach den Sätzen 3 und Satz 4 maßgebend.

(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.

(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder
3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
Im Jahr 2022 sind alle Pflegeeinrichtungen verpflichtet, den Landesverbänden der Pflegekassen die in Satz 1 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung genannten Angaben spätestens bis zum Ablauf des 28. Februar 2022 mitzuteilen. Die Mitteilung nach Satz 2 gilt, sofern die Pflegeeinrichtung dem nicht widerspricht, als Antrag auf entsprechende Anpassung des Versorgungsvertrags mit Wirkung zum 1. September 2022.

(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
Der Mitteilung ist die jeweils am 1. August des Jahres geltende durchgeschriebene Fassung des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen beizufügen. Tritt nach der Mitteilung nach Satz 1 eine Änderung im Hinblick auf die Wirksamkeit oder den Inhalt des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen diese Änderung unverzüglich mitzuteilen und dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen unverzüglich die aktuelle, durchgeschriebene Fassung des geänderten Tarifvertrags oder der geänderten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zu übermitteln.

(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.

(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.

(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.

(5) (aufgehoben)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf EUR 58.696,50 festgesetzt.

Tatbestand

 
Streitgegenstand ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und der Umlage U2 nach dem seit 1. Januar 2006 geltenden Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) für das Jahr 2006 in Höhe von insgesamt EUR 58.696,50 für die Beigeladenen zu 1) und 3) sowie die während des Rechtsstreits am 13. Juli 2010 verstorbene Mutter des Beigeladenen zu 2), - im Folgenden: Beigeladene zu 2) - für jeweils unterschiedliche Zeiträume zwischen dem 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2006.
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in H., der laut Selbstauskunft im Internet in Krankenhäusern, eigenen Alteneinrichtungen und auf anderen Arbeitsfeldern weit über 1000 Mitarbeitende, hauptsächlich in der Kranken-, Alten- und Familienpflege, beschäftigt. Unter anderem betreibt er das Altenpflegeheim „A. d. R.“ in K.-M. (im Folgenden Altenpflegeheim) mit 56 Pflegeplätzen, das zuvor von dem Evangelischen Haus- und Landschwesternschaft e.V. (im Folgenden L-e.V.) betrieben wurde. Der Kläger ist dessen Rechtsnachfolger infolge der durchgeführten Verschmelzung der beiden Vereine, die am 26. Mai 2007 im Vereinsregister eingetragen worden ist. Mit dem Altenpflegeheim galt im streitigen Zeitraum einen Versorgungsvertrag nach § 73 Abs. 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) als abgeschlossen.
Im Altenpflegeheim waren - neben festangestellten Mitarbeiterinnen - die Beigeladene zu 1) u.a. vom 1. Januar 2003 bis 30. September 2006, die Beigeladene zu 2) vom 1. Juli bis 30. September 2006 und die Beigeladene zu 3) u.a. vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 als „Honorarkräfte“ in den Nachtwachen tätig. Die Beigeladenen zu 1) und 3) sind, die Beigeladene zu 2) war staatlich anerkannte Altenpflegerin. Schriftliche Vereinbarungen zwischen dem L-e.V. und den Beigeladenen zu 1) bis 3) bestanden nicht. Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 1) bis 3), führte der L-e.V. nicht ab. Die Beigeladene zu 1) war nach ihren Angaben neben ihrer selbstständigen Tätigkeit seit 1. Januar 1991 zu 91 v.H. versicherungspflichtig beschäftigt im Nachtdienst beim Wohnstift A. S. und führte als Altenpflegerin ein Einzelunternehmen, mit dem sie auch für weitere Pflegeeinrichtungen tätig war. Die Beigeladene zu 2) war früher beim L-e.V. als angestellte Mitarbeiterin tätig.
Am 29. Januar und 12. Februar 2007 führte die Beklagte im Altenpflegeheim eine Betriebsprüfung über den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 durch. Mit Schreiben vom 12. Februar 2007 hörte die Beklagte den L-e.V. zur beabsichtigten Beitragsnachforderung aufgrund der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1) bis 3) als abhängig Beschäftigte an.
Mit dem Bescheid vom 13. April 2007 forderte die Beklagte vom L-e.V. Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von EUR 58.696,50 (Beigeladene zu 1)) betreffend den Zeitraum 01. Januar 2003 bis 30. September 2006 in Höhe von EUR 37.388,85; Beigeladene zu 2) betreffend den Zeitraum 01. Juli 2006 bis 30. September 2006 in Höhe von EUR 2.420,05 und Beigeladene zu 3) betreffend den Zeitraum 01. März 2003 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von EUR 18.887,60) zuzüglich Säumniszuschlägen von EUR 14.436,00, insgesamt EUR 73.132,50. Zur Begründung wurde ausgeführt, für die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien keine Beiträge entrichtet worden, obwohl sie abhängig beschäftigt gewesen seien. Der L-e.V. habe, um personelle Engpässe zu beheben, die Beigeladenen zu 1) bis 3) beschäftigt und auf deren Wunsch sozialversicherungsrechtlich als freie Mitarbeiterinnen behandelt, obwohl er für dieselbe Tätigkeit am Tage abhängig Beschäftigte eingesetzt habe. Die Beurteilung einer Tätigkeit als selbstständig oder abhängig richte sich nicht nach dem Willen der Vertragsparteien, sondern nach dem Recht der Sozialversicherung. Für die Beurteilung sei eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, bei der die vertragliche Ausgestaltung zurücktrete, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von ihr abwichen. Sie, die Beklagte, habe festgestellt, dass es sich bei der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bis 3) um eine abhängige Beschäftigung handle, die grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Bei der Gesamtwürdigung aller Umstände überwögen bei den Beigeladenen zu 1) bis 3) wertungsmäßig eindeutig diejenigen Gesichtspunkte, die für eine abhängige, versicherungspflichtige Beschäftigung sprechen. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) würden anstelle von abhängig Beschäftigten eingesetzt. Denn in den Nächten, in denen sie nicht tätig würden, verrichte eine abhängig Beschäftigte dieselbe Arbeit. Der L-e.V. habe eingeräumt, dass z.B. die Beigeladene zu 2) mit denselben Tätigkeitsinhalten bis 2005 abhängig beschäftigt gewesen sei. Ein Vertrag werde zwischen der zu pflegenden oder zu betreuenden Person und dem L-e.V. geschlossen und nicht zwischen den zu pflegenden oder zu betreuenden Personen und den Beigeladenen zu 1) bis 3). Die Bezahlung, die nach Tagen oder Arbeitsstunden und nicht nach dem Erfolg der Leistung vorgenommen werde, erhielten die Beigeladenen zu 1) bis 3) von dem L-e.V. und nicht von den zu pflegenden oder betreuenden Personen. Das Verfahren der Arbeitszuteilung und der Bezahlung unterscheide sich dem Grunde nach nicht von dem eines abhängig Beschäftigten zu seinem Arbeitgeber. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) arbeiteten eigenverantwortlich. Bei einer Pflegetätigkeit werde die Weisungsgebundenheit durch das hohe Maß an Eigenverantwortung reduziert, ohne damit der abhängigen Beschäftigung entgegenzustehen. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten bei entsprechender Ableistung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsstunden mit einem festen Betrag der Bezahlung rechnen können. Eine unternehmerische Chance z.B. im Sinne einer Gewinnerzielung sei nicht möglich gewesen, denn bei schnellerer Arbeit hätte sich der Betrag der Bezahlung nicht erhöht. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten kein eigenes Material oder Kapital eingesetzt. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, die Übernahme von Pflegefällen abzulehnen, mit der Konsequenz von Einnahmeverlusten. Auch ein abhängig Beschäftigter könne die Übernahme eines Pflegefalles ablehnen und trage dabei ein ähnliches Risiko, den Verlust des Arbeitsplatzes. Die Beigeladenen zu 1) und 3) seien im Prüfzeitraum auch bei einem anderen Arbeitgeber in vergleichbarer Tätigkeit abhängig beschäftigt gewesen. Die Beitragsberechnung erfolge ausgehend von den im Rahmen der Betriebsprüfung zur Verfügung gestellten Rechnungssummen. Säumniszuschläge seien zu erheben, weil der L-e.V. nicht unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe. Da deshalb grobe Fahrlässigkeit vorliege, seien auch die Voraussetzungen des § 7b Nr. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht gegeben.
Mit ebenfalls auf den 13. April 2007 datierten Bescheiden stellte die Beklagte gegenüber den Beigeladenen zu 1) bis 3) fest, dass für sie als Nachtwache im Pflegebereich bei dem L-e.V. ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt nach § 7 Abs. 1 SGB IV bestehe. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) erhoben jeweils Widerspruch. Die Beigeladenen zu 1) und 2) begründeten ihre Widersprüche damit, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) mit Bescheid vom 8. Juni 2007 (Beigeladene zu 2)) und 28. Juni 2007 (Beigeladene zu 1)) ihre selbstständige Tätigkeit als Altenpflegerin mit mehr als einem Auftraggeber als selbstständige anerkannt habe, die nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe. Im Gegensatz zu Krankenpflegern, die stets nach Weisung des Arztes arbeiteten, arbeiteten Altenpfleger nämlich weisungsfrei. Zwischen ihnen und ihren Auftraggebern gebe es keine Verträge, sie erhielten die Aufträge telefonisch, sei es von Privatpersonen, Seniorenstiften, -wohngemeinschaften, Pflegeheimen oder ambulanten Pflegediensten. Beide Parteien könnten den Auftrag nach Belieben ändern, ohne rechtliche Handhabe. Sie erbrächten ihre Leistung zu den von ihnen bestimmten Stundensätzen auf eigene Rechnung. Sie könnten über die Anzahl der Aufträge ihre Gewinnerzielung steuern. Im Unterschied zu abhängig Beschäftigten stünden sie nicht in einer Hierarchie, sie übten keine organisatorischen Aufgaben aus, wie Bestellungen, Kontaktpflege, nähmen nicht an Schulungen, Fortbildungen, Weihnachtsfeiern, Ausflügen, teil. Sie seien nicht mit den Pflegeplanungen befasst, sie müssten keine Bezugsperson übernehmen und deren Dokumentationsmappe überwachen und nähmen nicht an Dienstbesprechungen teil. Sie könnten einen Pflegefall nicht ablehnen, da der Auftrag die gesamte Einrichtung umfasse. Sie würden nicht in einem Dienstplan geführt. Ein eigener Materialeinsatz entfalle, weil die Pflegebedürftigen einen gesetzlichen Anspruch gegen die jeweilige Kasse auf Pflegehilfsmittel hätten. Die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008). Hiergegen erhoben die Beigeladene zu 1) Klage beim Sozialgericht Heilbronn (S 10 R 681/08), das mit Beschluss vom 28. Juli 2008 das Ruhen des Verfahrens anordnete, und die Beigeladene zu 2) beim Sozialgericht Stuttgart (SG; S 16 R 1874/08).
Am 04. Juni 2007 beantragte die Beigeladene zu 1) ferner bei der DRV Bund die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Mit Bescheid vom 02. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13. April 2010 stellte die DRV Bund fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Nachtdienst in der Wohngemeinschaft für Senioren in Filderstadt als abhängige Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliege. Das SG hob mit Urteil vom 26. April 2012 die Bescheide auf und stellte fest, dass keine Sozialversicherungspflicht bestanden habe. Die Berufung der DRV Bund ist beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) unter dem Aktenzeichen L 11 R 2599/12 anhängig.
Der L-e. V. erhob Widerspruch, legte Unterlagen über Honorarkräfte und Fremdfirmen, von den Beigeladenen zu 1) bis 3) gestellte Rechnungen und Kontenauflistungen der an diese gezahlten Honorare vor. Zur Begründung des Widerspruchs gab er an, die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien nicht weisungsgebunden und nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen. Auch habe er auf die Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht wie auf Festangestellte zugreifen können, jeder Einsatz habe einzeln abgestimmt werden müssen. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten jederzeit – auch kurzfristig – absagen können. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien jeweils von Monat zu Monat in sehr unterschiedlichem Umfang tätig gewesen. Sie hätten lediglich Informationen zu den Gegebenheiten im Haus sowie zur Gewährleistung der Versorgung und Betreuung der Hausbewohner insgesamt, z.B. Berichte bei der Übergabe der Dienste, erhalten. Die Nachtwachen seien grundsätzlich allein im Dienst gewesen und hätten in Notfällen auf einen Hintergrunddienst zurückgreifen können. Die Einsätze der Angestellten würden spätestens vier Wochen vor Beginn des Einsatzmonats durch Dienstplan eingeteilt, ohne dass die Angestellten widersprechen könnten. Der Einsatz der Honorarkräfte würde erst ca. drei Wochen vor dem konkreten Einsatz mit den Honorarkräften telefonisch für die Nächte abgestimmt, für die der Dienstplan eine Lücke aufweise. Die Honorarkräfte würden damit die lückenlose Beaufsichtigung der Heimbewohner gewährleisten. Im Fall der Ablehnung eines Einsatzes durch alle drei Honorarkräfte kämen Fremdfirmen zum Einsatz. Die Honorarkräfte seien auch für andere Auftraggeber tätig gewesen. Sie hätten einen Pool gebildet, auf den bei Bedarf zurückgegriffen worden sei. Ein Arbeitgeber dürfe Bedarfslücken durch Honorarkräfte ausfüllen. Dass die von diesen verrichteten Tätigkeiten auch von Festangestellten verrichtet würden, sei unerheblich. Altenpfleger zählten zu den Pflegepersonen, die nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) selbstständig sein könnten. Die Vertragspartner hätten sich vorliegend für eine Ausgestaltung als selbstständige Tätigkeit entschieden; es liege in der Macht der Beteiligten, das Rechtsverhältnis nach ihrem Willen als Beschäftigungsverhältnis oder abhängige Tätigkeit auszugestalten. Die Nachtwachen trügen ein unternehmerisches Risiko, denn sie seien selbst für ihre Einkünfte verantwortlich gewesen. Im Fall von Krankheit oder Urlaub hätten sie keine Einkünfte erzielt, bei viel Arbeit hohe Einkünfte. Sie hätten keine festen Betrag zu einem festen Zeitpunkt bekommen, sondern je nach in Rechnung gestellter Leistung Zahlungen in variierender Höhe. Nach dem Wesen der Dienstleistung habe diese nur nach Stunden abgerechnet werden können. Auch die höchstpersönliche Erbringung spreche nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit. Zum einen müssten aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ausgebildete Altenpflegerinnen oder Krankenpflegerinnen zum Einsatz kommen, so dass beliebiger Ersatz nicht möglich sei, zum anderen seien intime Verrichtungen an den zu Pflegenden vorzunehmen, so dass die Heimleitung in ihrer Verantwortung akzeptablen Ersatz organisieren müsse. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien auch steuerrechtlich als Selbstständige eingeordnet worden. Die Tätigkeit der Nachtwachen unterschieden sich erheblich von denen der Angestellten im Tagdienst, die zahlreiche zusätzliche Aufgaben zu erfüllen hätten. Zudem sei die Festsetzung von Säumniszuschlägen rechtswidrig, weil der Arbeitgeber unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe.
Mit Änderungsbescheid vom 10. August 2007 änderte die Beklagte den Bescheid vom 13. April 2007 dahin ab, dass keine Säumniszuschläge festgesetzt wurden. Den aufrecht erhaltenen Widerspruch des L-e. V. wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsauschuss mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2008, ebenso wie der Änderungsbescheid adressiert an den L-e.V. und an die Prozessbevollmächtigten übersandt, zurück und entschied, dass die Kosten des Verfahrens zu einem Fünftel erstattet würden. Zur Begründung wurde ausgeführt, die versicherungsrechtliche Beurteilung von Nachtwachen und Pflegepersonal sei bereits mehrmals Gegenstand von Sozialgerichtsverfahren gewesen. Diese hätten in der Regel zu einer Beurteilung als abhängige Beschäftigung geführt. Bei regelmäßiger Erbringung von Pflegeleistungen für einen anderen Vertragspartner als den Patienten bestehe ein Beschäftigungsverhältnis, wenn nicht besondere Umstände hinzuträten, die die Abhängigkeit der Pflegekraft im Einzelfall aufheben würden. Bei der Erbringung von Pflegeleistungen in einer stationären Einrichtung stehe der Leistende in aller Regel in einem Beschäftigungsverhältnis. Im vorliegenden Fall hätten die Beigeladenen zu 1) bis 3) nur über die Annahme des Auftrages entscheiden können, alles weitere sei durch das Heim festgelegt gewesen. Sie seien in die Organisation des Heimes eingebunden gewesen und hätten die dortigen Arbeitsmittel genutzt. Die Ablehnungsmöglichkeit führe nicht zur selbstständigen Tätigkeit, da derartige Vertragsgestaltungen auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse nicht unüblich seien. Auch im Grundsatz versicherungspflichtige, aber geringfügig oder kurzzeitig Beschäftigte bildeten häufig einen Pool, aus dem der Arbeitgeber kurzfristig auftretenden Personalbedarf decke. Dass Pflegekräfte Aufträge ablehnen könnten oder umgekehrt auf die Akzeptanz durch die Patienten angewiesen seien, spiele für die Einstufung als selbstständige Unternehmer keine Rolle. Die eigenverantwortliche Ausübung der Tätigkeit werde auch bei vielen abhängig Beschäftigten vorausgesetzt. Auch der Beginn der Versicherungspflicht rückwirkend mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis sei im Ausgangsbescheid zutreffend festgestellt worden, weil der L-e.V. grob fahrlässig gewesen sei. Von grober Fahrlässigkeit nach § 7b SGB IV sei auszugehen, wenn die ausgeführten Arbeiten normalerweise von Arbeitnehmern erbracht würden, ein anderer Auftragnehmer mit ähnlichem Vertrag bei demselben Auftraggeber als Beschäftigter behandelt werde und weder der Auftraggeber noch der Auftragnehmer ein Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bei der DRV Bund zur Statusfeststellung eingeleitet hätten. Die Beigeladene zu 2) sei zuvor bis 2005 als abhängig beschäftigte Pflegekraft bei dem L-e.V. tätig gewesen. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten Tätigkeiten verrichtet, die auch von Angestellten verrichtet worden seien. Der Arbeitgeber habe folglich nicht davon ausgehen können, dass die eingesetzten Pflegekräfte oder Nachtwachen im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit eingesetzt worden seien. Daran ändere der vorgelegte Bescheid betreffend eine Statusbeurteilung für eine nicht bei dem L-e.V. beschäftigte Pflegekraft als selbstständig nichts. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) bis 3) sei nichts unternommen worden, um eine Statusbeurteilung herbeizuführen.
10 
Der Kläger erhob am 27. Februar 2008 Klage zum Sozialgericht Heilbronn. Das Sozialgericht Heilbronn verwies den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 19. März 2008 an das örtlich zuständige SG. Zur Begründung der Klage wiederholte der Kläger das Vorbringen des L-e.V. im Widerspruchsverfahren. Darüber hinaus rügte er, dass Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht erstattet worden seien, obwohl der Änderungsbescheid eine Teilabhilfe in Form des Entfallens der Säumniszuschläge darstelle. Die Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit setzte sich über den Parteiwillen hinweg und missachte die Privatautonomie.
11 
Die Beklagte wiederholte die Ausführungen aus den angegriffenen Bescheiden.
12 
Das SG lud durch Beschluss vom 30. Juli 2009 die Beigeladenen zu 1) bis 8) bei. Am 13. Juli 2010 verstarb die Beigeladene zu 2). Ihr Alleinerbe ist gemäß Erbschein des Notariats W. II - Nachlassgericht - vom 07. Oktober 2010 ihr Sohn. Die Beigeladenen zu 1) und zu 2) bezogen sich auf ihre Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren. Die Beigeladenen zu 3) bis 8) äußerten sich nicht.
13 
Das SG befragte in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2010 die Beigeladene zu 1) und den Verwaltungsdirektor des Klägers, Herrn S. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 22. November 2010 verwiesen.
14 
Mit Urteil vom 22. November 2010 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei zulässig. Der Kläger sei prozessführungsbefugt, obwohl er nicht Adressat der angegriffenen Bescheide sei, weil er als Rechtsnachfolger des L-e.V. nach der Eintragung der Verschmelzung nunmehr eigene Rechte geltend mache. Denn er sei durch die Gesamtrechtsnachfolge in vollem Umfang in die Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers eingetreten, mithin auch in das durch den Beitragsnachforderungsbescheid begründete Rechtsverhältnis. Die Klage sei jedoch unbegründet, die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig. Sie seien nicht deswegen rechtswidrig, weil der Änderungsbescheid vom 10. August 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 nach der Eintragung der Verschmelzung des L-e.V. auf den Kläger am 26. Mai 2007 erlassen worden seien. Der Kläger sei Beitragsschuldner, weil er als Gesamtrechtsnachfolger des L-e.V. in dessen Beitragspflicht eingetreten sei. Damit sei als Adressat zwar unzutreffend der L-e.V. genannt, der Adressat sei vorliegend aber durch Auslegung zu ermitteln. Der Kläger habe den Bescheid erhalten und sei gegen ihn vorgegangen. Die Beklagte habe zu Recht die Beitragsnachforderung erhoben. Die Gesamtwürdigung aller Umstände der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) bei dem L-e.V. ergebe ein Überwiegen der Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien in den Betrieb eingegliedert gewesen und hätten den Weisungen unterstanden. Sie seien zu einer höchstpersönlichen Dienstleistung verpflichtet gewesen, hätten kein eigenes Kapital eingesetzt und nur ein geringes Unternehmerrisiko getragen. Sie hätten keine eigene Betriebsstätte gehabt und die Arbeitszeit nicht frei gestalten können. Sie hätten in den Räumen des Arbeitgebers gearbeitet, die Schichtzeiten seien durch Beginn und Ende des Nachtwacheneinsatzes durch den L-e.V. vorgegeben. Sie seien damit in die Dienstpläne eingebunden gewesen. Weitere Weisungen hätten darin bestanden, dass auch Ort und zu betreuende Personen vorgegeben worden seien. Allein die Möglichkeit der Ablehnung des Auftrages führe nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit, wenn nach dessen Annahme persönliche Abhängigkeit und Eingliederung in den Betrieb vorlägen. Nach der Einteilung der Einsatzpläne seien die Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht frei in der Einteilung ihrer Arbeitszeit gewesen. Gewichtiges Indiz für das Vorliegen abhängiger Beschäftigung sei die höchstpersönliche Erbringung des Dienstes. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten sich nicht ohne vorherige Absprache und Zustimmung des L-e.V. vertreten lassen dürfen. Die Vertretung durch dritte Altenpfleger sei tatsächlich nie erfolgt. Die Vertretung der Beigeladenen zu 1) und 2) untereinander stelle keine Vertretung dar, denn beide seien Mitarbeiterinnen des L-e.V. gewesen. Die Möglichkeit, eigene Mitarbeiter zur Ausführung der geschuldeten Dienste einzusetzen, sei aber gerade die unternehmerische Chance des Selbstständigen, mehr Aufträge zu übernehmen, als er selbst ausführen könne und durch den Einsatz von Mitarbeitern seinen Gewinn zu erhöhen. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten sich keiner eigenen Betriebsmittel bedient. Sie hätten zwar keine unmittelbaren Weisungen erhalten, weil in der Nacht nur eine Nachtwache anwesend gewesen sei, jedoch seien vorab Anweisungen, z.B. betreffend die Betreuung kranker Personen in der Nachtschicht, erteilt worden. Schließlich spreche auch das äußere Erscheinungsbild gegen eine selbstständige Tätigkeit, denn die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien gegenüber den zu Pflegenden nicht als Leistungserbringer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, sondern wie Angestellte des L-e.V. aufgetreten. Weder die steuerrechtliche Einordnung der Tätigkeit, der allenfalls indizielle Bedeutung zukomme, noch die Bezahlung nach Rechnungsstellung stehe der Annahme einer abhängigen Beschäftigung entgegen. Wesentliche Unterschiede zwischen der Leistung von Nachtwachen durch abhängig Beschäftigte zu den von den Beigeladenen zu 1) bis 3) erbrachten Leistungen seien nicht erkennbar geworden. Die von der DRV Bund erlassenen Bescheide gegenüber den Beigeladenen zu 1) und 2) über das Nichtbestehen einer Versicherungspflicht zur Rentenversicherung für eine selbstständige Tätigkeit als Altenpflegerin mit mehreren Auftraggebern stehe der Beitragsnachforderung nicht entgegen. Anders als die streitgegenständlichen Bescheide beträfen die Bescheide über die Rentenversicherungspflicht kein konkretes Verhältnis zu einem bestimmten Auftraggeber. Ein späterer Eintritt der Beitragspflicht nach § 7b SGB IV sei schon mangels Zustimmung der Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht in Betracht gekommen. Gegen die Höhe der Beitragsforderung seien im Übrigen keine Einwendungen erhoben worden. Auch die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid sei nicht zu beanstanden, weil die Übernahme von einem Fünftel der Kosten dem Ausmaß der Abhilfe entspräche.
15 
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 26. Januar 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Februar 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, die Bescheide seien aufzuheben, weil sie an den falschen Rechtsträger gerichtet seien. Da der Änderungsbescheid vom 10. August 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 nach Eintragung der Verschmelzung des L-e.V. auf ihn am 26. Mai 2007 erlassen worden seien, hätte er als Adressat genannt sein müssen. Nach verschiedenen Urteilen, unter anderem auch des Bundesfinanzhofes - BFH - (Urteil vom 15. April 2010 - IV R 67/07 - juris), sei der Adressat nicht durch Auslegung zu ermitteln. Das SG setze sich geradezu leichtfertig über den erklärten Parteiwillen, dem ein Mehr an Bedeutung zukomme, hinweg und deklariere die freien Mitarbeiterverhältnisse in Arbeitsverhältnisse um. Ein Einsatz nach Dienstplänen sei nicht erfolgt, so dass dies nicht als Kriterium für eine Weisungsgebundenheit heranzuziehen sei. Vielmehr habe er die Beigeladenen zu 1) bis 3) nach deren Vorgaben eingesetzt. Zu Unrecht habe das SG der Tatsache keine Bedeutung zugemessen, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) sanktionslos vereinbarte Einsatztermine hätten absagen können. Entgegen der Auffassung des SG seien auch vorab keine Anweisungen erfolgt. Die zu pflegenden Menschen hätten aufgrund gegebener, nicht veränderbarer äußerer Umstände versorgt werden müssen. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten ersatzweise eine andere Pflegekraft stellen können. Der Tatsache, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) in die Organisation der Einrichtung eingebunden gewesen seien, könne keine entscheidende, sondern nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen, weil sie ihren Dienst autonom ungeachtet des Betriebs der Einrichtung gestalteten. Sie hätten ein unternehmerisches Risiko getragen, weil sie nur für die tatsächlich geleisteten und erforderlichen Dienste vergütet worden seien. Auch die Bekundungen der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem SG hätte ergeben, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) selbstständig tätig gewesen seien. Der Tendenz in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung, als (mit-)entscheidende Kriterien für die Frage, ob ein abhängiges oder ein freies Dienstverhältnis vorliege, nicht mehr die Weisungsgebundenheit, sondern die Begründung oder Aufrechterhaltung eines eigenen Betriebs, die Eingliederung in den fremden Betrieb und das Tragen unternehmerischer Risiken anzusehen, sei wegen unauflösbarer innerer Widersprüche die Gefolgschaft zu versagen. Im Übrigen verweist er auf Urteile der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit betreffend Statusfeststellungen sowie auf das nicht rechtskräftige Urteil des SG vom 26. April 2012 (S 19 R 2067/08) betreffend die Feststellung des Status der Beigeladenen zu 1) für eine Tätigkeit in einer anderen Pflegeeinrichtungen (Berufung anhängig L 11 R 2599/12), wonach die Beigeladene zu 1) nicht abhängig beschäftigt gewesen sei.
16 
Die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung des Senats am 19. Oktober 2012 bereit erklärt, hinsichtlich der Beigeladenen zu 2) die Höhe der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung mit dem Beitragssatz 1,7 v.H. statt 1,95 v.H. neu zu berechnen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. November 2010 aufzuheben und den Bescheid vom 13. April 2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 19. Oktober 2012 aufzuheben,
hilfsweise, festzustellen, dass die die streitgegenständlichen Bescheide für den Kläger gegenstandslos sind.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und bezieht sich im Übrigen auf die angegriffenen Bescheide.
22 
Der Senat hat mit Beschlüssen vom 12. Oktober 2012 die Beigeladenen zu 9) bis 12) beigeladen.
23 
Die Beigeladene zu 4) beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
26 
Die Beigeladene zu 1) hat darauf verwiesen, dass sie seit 1998 ihr Unternehmen in der Rechtsform eines Einzelunternehmens führe, und ihr unternehmerisches Handeln dargelegt. Die weiteren Beigeladenen haben keine Stellungnahme abgegeben.
27 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakten, die Gerichtakten der ersten Instanz und die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Die Berufung ist statthaft, ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Streitig ist eine Beitragsnachforderung von EUR 58.696,50.
29 
Der Kläger ist klagebefugt, denn er behauptet im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG, durch den angegriffenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Da eine Beitragsnachforderung gegenüber dem L-e.V. durch die Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf ihn übergegangen wäre, ist er befugt, sich gegen diese Nachforderung im Klageverfahren zu wenden.
II.
30 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil vom 22. November 2010 die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 13. April 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 19. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben ihre Tätigkeit im Altenpflegeheim des Klägers im jeweils streitgegenständlichen Zeitraum als gesamtsozialversicherungspflichtig Beschäftigte ausgeübt, weshalb die Beklagte zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Umlage U 2 fordert.
31 
1. Die genannten Bescheide sind formell rechtmäßig. Insbesondere sind der Änderungsbescheid vom 10. August 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 gemäß § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) inhaltlich hinreichend bestimmt, obwohl als Adressat dieser Bescheide der L-e.V. benannt ist, der zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Bescheide nicht mehr existierte.
32 
Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht auch auf den Adressaten eines Verwaltungsaktes (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 154/11 R - in Juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ist bei unrichtiger Angabe des Adressaten eine Auslegung nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) möglich. Eine Nichtigkeit eines Bescheides wegen Unbestimmtheit scheidet danach aus, wenn die Auslegung des Bescheides etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt (zuletzt: BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 9 C 7/11; juris; Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 68 S. 4; Beschlüsse vom 25. März 1996 a.a.O. S. 53 f. und vom 6. September 2008 - 7 B 10.08; juris). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerwG geht der BFH davon aus, dass konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts die Angabe des Inhaltsadressaten ist, d.h. desjenigen, dem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll, der Adressat sich allerdings auch durch Auslegung ermitteln lässt (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - IV R 91/05 und Urteil vom 15. April 2010 - IV R 67/07 -; beide in juris). Das BSG (Urteil vom 21. Februar 1985 - 11 RA 6/84 - SozR 1300 § 37 Nr. 1) hat unter Anschluss an die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17. Mai 1974 - VI R 197/71 -, BFHE 112, 452 mit weiteren Hinweisen) entschieden, dass zwar der „Adressat“ des Verwaltungsaktes nicht unbedingt im Anschriftenfeld des Bescheides bezeichnet werden muss; werde dort nur der Bevollmächtigte genannt, genüge es, dass der Adressat jedenfalls aus dem sonstigen Inhalt des Bescheides mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit entnommen werden könne.
33 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Nennung des L-e.V. im Bescheid vom 10. August 2007 und im Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 als Adressat unschädlich. Die Auslegung ergibt, dass der Kläger Adressat der beiden Bescheide war und die geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlage U 2 zahlen sollte und dies auch für den Kläger erkennbar war. Beide Bescheide übersandte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers. Diese konnten aufgrund des Inhalts der Bescheide eindeutig entnehmen, dass diese die Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge wegen der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) betrafen, insbesondere der Änderungsbescheid vom 10. August 2007 den ordnungsgemäß adressierten vorangegangenen Bescheid vom 13. April 2007 abänderte. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Kläger die Klage unter seinem Namen erhob und dadurch zum Ausdruck brachte, sich auch nach Aufhebung der Forderung von Säumniszuschlägen als Schuldner der von der Beklagten nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge anzusehen. Nicht entscheidend ist, dass der Sachbearbeiter der Beklagten in Unkenntnis der erfolgten Verschmelzung des L-e.V. auf den Kläger bewusst und gewollt den L-e.V. als Adressaten bezeichnet hat.
34 
Dass der Bescheid über die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Beitragsschuldner ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch im Zivilrecht können Umstände außerhalb des Titels berücksichtigt werden können, wenn dem nicht berechtigte Schutzinteressen des Vollstreckungsschuldners entgegenstehen. Solche verneint der BGH dann, wenn Prozess- und Vollstreckungsgericht identisch sind und daher auch das Vollstreckungsgericht über die für die Auslegung des Titels erforderlichen Kenntnisse verfügt (Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02 - BGHZ 156, 339). Hiermit vergleichbar ist die Situation bei der zwangsweisen Durchsetzung von Beiträgen durch die den Beitragsbescheid erlassende Behörde, die zudem bei der Vollstreckung weitergehenden rechtlichen Bindungen als ein privater Gläubiger unterworfen ist.
35 
2. Die genannten Bescheide sind materiell rechtmäßig.
36 
Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Prüfungen bei den Arbeitgebern nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
37 
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 SGB VI sowie § 60 Abs. 1 SGB XI die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Anteil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden - die Beklagte fordert die Umlage nur für das Jahr 2006 nach - nach dem seit 1. Januar 2006 geltenden § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.
38 
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
39 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit zum Arbeitgeber steht. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 5 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
40 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R; juris). Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - SozR 2200 § 1227 Nr. 8; Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 15; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - a.a.O.).
41 
Ausgehend hiervon haben die Beklagte und das SG zutreffend die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) bei dem L-e.V., als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die im hier streitigen Zeitraum für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen zu 1) bis 3) bei dem Kläger sprechen.
42 
Da schriftliche Vereinbarungen zwischen dem L-e.V., und den Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht geschlossen worden sind, richtet sich die Beurteilung der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) bis 3) nach dem zwischen ihnen und dem L-e.V., praktizierten Ablauf. Dieser gestaltete sich bei den Beigeladenen zu 1) bis 3) gleich. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die Ausführungen des Verwaltungsleiters des Klägers, Herrn S, im Verwaltungsverfahren, die schriftlichen Stellungnahmen der Beigeladenen zu 1) und 2) sowie die Anhörung der Beigeladenen zu 1) und des Verwaltungsleiters der Klägerin durch das SG im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22. November 2010.
43 
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) waren in die Betriebsorganisation des L-e.V. eingegliedert. Dies ergibt sich bereits aus den gesetzlichen Regelungen über die Beziehungen der Pflegekassen zu den Pflegeeinrichtungen, insbesondere aus den Vorschriften über die Zulassung zur Pflege durch einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI. Nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI sind stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne des SGB XI selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:
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1. unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden,
2. ganztägig (vollstationär) oder nur tagsüber oder nur nachts (Teil stationär) untergebracht und verpflegt werden können.
45 
Nach § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI - in der bis 30. Juni 2008 und damit im Prüfungszeitraum vom 01. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege (Pflege-Qualitätssicherungsgesetz - PQsG -) vom 9. September 2001 (BGBl. I, S. 2320) - dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
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1. den Anforderungen des § 71 SGB XI genügen,
2. die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten,
3. sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 80 SGB XI einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln;
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ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfüllt. Auch die Pflegeeinrichtungen, die wie der L-e.V. keinen Versorgungsvertrag hatten, sondern aufgrund des Bestandsschutzes nach § 73 Abs. 3 SGB XI zugelassen waren, müssen die Anforderungen nach Paragraph 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI erfüllen (§ 73 Abs. 3 Satz 2 SGB XI). Allein diese gesetzlichen Regelungen im SGB XI für die Zulassung von stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheimen) zeigen, dass alle in Pflegeheimen tätigen Pflegekräfte sich an den Vorgaben des jeweiligen Pflegeheimes ausrichten und diese bei ihrer Tätigkeit beachten müssen. Der L-e.V. musste deshalb darauf achten, dass alle im Altenheim tätigen Pflegekräfte sich auch an die Vorgaben, die für den Abschluss des Versorgungsvertrages notwendig sind, halten. Er hatte damit die Rechtsmacht, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) vorzugeben. Auch konnten die Beigeladene zu 1) bis 3) – wie alle anderen im Altenheim tätigen Pflegekräfte – nur unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft tätig sein. Unter ständiger Verantwortung im Sinne von § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI steht die Versorgung nur, wenn eine verantwortliche Pflegefachkraft die den einzelnen Heimbewohnern zukommenden Pflegeleistungen zumindest in den Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und ihre Umsetzung angemessen kontrolliert. Das Pflegegeschehen muss grundsätzlich in seiner Gesamtheit von verantwortlichen Pflegefachkräften angeleitet und überwacht werden. Zwar verlangt dies keine Rund-um-die-Uhr-Präsenz der verantwortlichen Pflegefachkraft. Jedoch würde eine nur partielle Befassung mit dem Pflegebedarf der Heimbewohner dem Auftrag der „ständigen“ Verantwortung bereits dem Wortsinne nach nicht gerecht. § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI bezweckt eine weitere Verbesserung der Pflegequalität durch ein zusätzliches personales Element (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 22. April 2009 - B 3 P 14/07 R - SozR 4-3300 § 71 Nr. 1).
48 
Der Aufgabenbereich der Beigeladenen zu 1) bis 3) konnte sich damit nicht von dem der abhängig beschäftigten Mitarbeiter unterscheiden. Dass auch tatsächlich kein Unterschied bestand, ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Bekundungen der Beigeladenen zu 1) bis 3) und des Verwaltungsleiters des Klägers. Vielmehr hatte der Dienst als Nachtwache als solcher ein besonderes Gepräge, unabhängig, ob er von den Beigeladenen zu 1) bis 3) oder, wie von der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem SG bekundet, von der fest angestellten Teilzeitkraft versehen wurde. Die erhöhte Selbstständigkeit der Nachtwache resultierte nur daraus, dass diese allein mit den zu Pflegenden im Heim war und nach den Bekundungen des Verwaltungsleiters des Klägers für den Notfall ein Hintergrunddienst benachrichtigt werden konnte. Darin wird deutlich, dass letztlich der L-e.V. gegenüber den zu Pflegenden zuständig blieb. Auch dass von der Nachtwache keine Pflegedokumentation, sondern nur eine Verlaufsdokumentation zu führen gewesen sein soll, lag nach der Aussage des Verwaltungsleiters in der mündlichen Verhandlung vor dem SG an der Größe der Einrichtung und galt für alle Nachtwachen, unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen Handhabung, gleichermaßen. Nach den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung des Senats vermag der Senat allerdings keinen Unterschied in der Dokumentation zu erkennen. Danach wurden in die Dokumentation die außergewöhnlichen Ereignisse eingetragen, wie z.B. Stürze oder Erbrechen. Diese Eintragungen haben auch in der normalen Pflegedokumentation zu erfolgen, ebenso wie pflegerische Maßnahmen, die allerdings in der Nacht nicht regelmäßig anfallen.
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Daraus ergibt sich dann auch, dass ein umfassendes Weisungsrecht des L-e.V. nach Art, Ort, Zeit und Dauer der Ausführung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) bestand.
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Der Senat wertet es weiter als maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) ihre Tätigkeit in dem Altenpflegeheim nach Maßgabe des Miet- und Betreuungsvertrages zwischen dem L-e.V. und den Bewohnern erbracht haben. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) traten den Bewohnern des Altenpflegeheims wie Bedienstete des L-e.V. gegenüber. Sie erbrachten ihre Betreuungstätigkeit nicht im Auftrag und auf Rechnung der zu Pflegenden, sondern allein für den L-e.V.
51 
Fehlende Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Beigeladenen zu 1) bis 3) in den Betrieb des L-e.V. und ihre "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess des L-e.V. in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, in gewissem Umfang erfolgten Weisungen, indem bei der Übergabe durch den Tagesdienst auf zu beachtende Besonderheiten hingewiesen wurde, zum Beispiel akut Erkrankte.
52 
Die Übergaben vom Tagesdienst und nach der Nachtwache wiederum an den Tagesdienst bekräftigten eine Einbindung in den Betrieb. Dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) an weiteren Aktivitäten, wie Ausflügen, Besprechungen, Pflegeplanungen nicht beteiligt gewesen sein sollen, fällt hingegen nicht ins Gewicht, da sich dies aus der Eigenart der Tätigkeit (ausschließlich) als Nachtwache ergibt.
53 
Ein gewichtiges Indiz gegen eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) ist, dass sie - im Sinne dieses vom Senat regelmäßig besonders gewichteten Kriteriums - kein wesentlich ins Gewicht fallendes Unternehmensrisiko trugen (dazu und zum Folgenden z.B. Urteil des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - juris). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris). Den Beigeladenen zu 1) bis 3) war für die Durchführung der jeweils übernommenen Nachtwachen eine Vergütung nach Arbeitsstunden garantiert. Die Gefahr eines wirtschaftlichen Verlustes bestand nicht. Das Risiko, nicht durchgehend arbeiten zu können, ist zunächst ein Risiko, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt oder unständig Beschäftigter ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Januar 2004 - L 4 KR 3083/02 -, juris). Es muss deshalb ein Wagnis bestehen, das über dasjenige hinausgeht, kein Entgelt zu erzielen. Zum echten Unternehmerrisiko wird dieses Risiko deshalb regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brach liegen (Urteil des erkennenden Senats vom 23. Januar 2004 - L 4 KR 3083/02 -, juris; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2009 - L 16 R 5/08 - juris). Die Beigeladenen zu 1) bis 3) trugen auch kein Unternehmerrisiko, weil sie nicht eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hatten. Die Arbeitsmittel wurden vom L-e.V. bereitgestellt. Vorliegend fehlen weitere typische Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit. So mussten die Beigeladenen zu 1) bis 3) ihre Dienste höchstpersönlich erbringen und durften nicht - wie typischerweise der Unternehmer - übernommene Aufträge delegieren (vgl. dazu BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R; juris). Die Verpflichtung, Dienste persönlich zu erbringen, ist ein wesentliches Merkmal abhängiger Tätigkeit. Andererseits trugen sie auch nicht die Verantwortung für die Durchführung der übernommenen Aufträge, die sie im Verhinderungsfall absagen konnten, mit der Folge, dass der L-e.V. selbst für Ersatz sorgte. Das Risiko der Insolvenz des Klägers ist ebenfalls nicht als typisches Unternehmerrisiko zu bewerten, da es nicht wesentlich vom Risiko einer Arbeitgeberinsolvenz für den Arbeitnehmer abweicht. Ein „Kundeninsolvenzrisiko“ wie im vom BSG entschiedenen Fall der Familienbetreuerin (BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R; juris) bestand hier nicht. Ebenso wenig bestand hier ein Kapitalrisiko für den vorzeitigen Abbruch des Auftrags.
54 
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wenig wie die Gewerbeanmeldung, die ebenfalls auf der Tatsache beruht, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - beide in juris).
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Soweit sich sowohl der Kläger als auch Beigeladene zu 1) darauf berufen, die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten Einsätze ablehnen können, gibt dies für die Statusbeurteilung nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der einer angestellten Pflegekraft, die bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteil des Senats vom 17. Dezember 1999 - L 4 KR 2023/98; nicht veröffentlicht).
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Die Feststellung der DRV Bund mit Bescheiden vom 08. Juni 2008 gegenüber der Beigeladenen zu 2) und vom 28. Juni 2008 gegenüber der Beigeladenen zu 1), dass sie in ihrer Tätigkeit als selbstständige Altenpflegerinnen nicht kraft Gesetzes der Versicherungspflicht zu Rentenversicherung unterliegen, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Gesetzeszweck von § 2 SGB VI ist es, bestimmte Berufsgruppen trotz ihrer Selbstständigkeit in die Rentenversicherung aufzunehmen (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2012, Rdnr. 2 zu § 2 SGB VI m. w. N.). Die vorgelegten Bescheide besagen nur, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) nicht zu einer Berufsgruppe gehören, die trotz selbstständiger Tätigkeit versicherungspflichtig in der Rentenversicherung ist. Ob eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, kann nur jeweils im Verhältnis zu dem einzelnen Auftraggeber geprüft werden, weshalb auch Bescheide betreffend die nicht am hiesigen Verfahren beteiligten Frau C. bei einem ebenfalls nicht an diesem Verfahren beteiligten Auftraggeber keine Aussagekraft für den hier zu beurteilenden Sachverhalt haben. Dies gilt gleichermaßen für das anhängige Berufungsverfahren L 11 R 2599/12 betreffend die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) in einer anderen Pflegeeinrichtung.
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Die Beklagte ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass § 7b SGB IV in der vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung vorliegend keine Anwendung findet, so dass die Beschäftigungsverhältnisse am 1. Januar 2003 (Beigeladene zu 1), am 1. Juli 2006 (Beigeladene zu 2) und 1. März 2003 (Beigeladene zu 3) begannen. § 7b SGB IV wurde durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I 2000, S. 2) mit Wirkung vom 01. Januar 1999 (vgl. Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes) in das SGB IV eingefügt und durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 3024) wieder aufgehoben. Danach galt Folgendes: Stellt ein Versicherungsträger außerhalb des Verfahrens nach § 7a SGB IV - wie hier erfolgt - fest, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte
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1. zustimmt,
2. für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung einer Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht und
3. er oder sein Arbeitgeber weder vorsätzlich noch grob fahrlässig von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen ist.
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Mit dieser Regelung sollten insbesondere die Fälle der Arbeitgeberprüfung nach § 28p SGB IV erfasst werden. Für die Arbeitgeber von Personen, deren Status als nichtselbstständig Beschäftigter festgestellt wurde, sollte damit eine gewisse Erleichterung bei den allein von ihnen aufzubringenden rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen geschaffen werden. Die Vorschrift diente also vorrangig dem Schutz der Arbeitgeber (Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und 02. September 2011 - L 4 R 1036/10 - a.a.O.).
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§ 7b SGB IV findet keine Anwendung, weil der L-e.V. grob fahrlässig von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen ist. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Beteiligten die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt haben, wenn also außer Acht gelassen worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Unter Berücksichtigung der individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit müssen die Sorgfaltspflichten in einem das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich übersteigenden Ausmaß verletzt worden sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die von der erwerbsmäßig tätigen Person auszuführenden Arbeiten üblicherweise von im Betrieb des Arbeitgebers tätigen Arbeitnehmern verrichtet werden, sodass eher von einer Beschäftigung, denn von einer selbstständigen Tätigkeit hätte ausgegangen werden dürfen (Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - a.a.O.; so auch Knospe in Hauck/Noftz, § 7b (alt) Rdnr. 14, Stand Juli 2008). Die Tatsache, dass die Beigeladene zu 2) dieselbe Tätigkeit beim Kläger zuvor als abhängig Beschäftigte ausgeübt hatte, begründet grobe Fahrlässigkeit, ebenso wie der Umstand, dass neben den Beigeladenen zu 1) bis 3) auch eine abhängig Beschäftigte für dieselbe Arbeitsleistung, nämlich Nachtwachen, eingesetzt, wurde. Dies hätte den L-e.V. zumindest veranlassen müssen, den Status der Beigeladenen zu 1) bis 3) durch die Einzugsstelle oder durch die DRV Bund im Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV prüfen zu lassen. Dem ist er jedoch nicht nachgekommen, weshalb ihn der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit trifft.
61 
Die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge berechnete die Beklagte mit Ausnahme der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung für die Beigeladene zu 2) (Beitragssatz von 1,95 v.H. statt 1,7 v.H.) - dem hat die Beklagte mit dem in der mündlichen Verhandlung des Senats abgegebenen Teilanerkenntnis Rechnung getragen - zutreffend. Der Senat verweist insoweit auf die dem Änderungsbescheid vom 10. August 2007 beigefügten Anlagen. Einwände hat der Kläger insoweit nicht erhoben.
62 
3. Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Da die angegriffenen Bescheide formell rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt sind, ist nicht erkennbar, woraus sich die Feststellung, diese seien gegenstandslos, ergeben sollte.
63 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da Klägerin und Beklagte nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, finden nach § 197a SGG die VwGO und das Gerichtskostengesetz (GKG) Anwendung.
64 
6. Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
65 
7. Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf EUR 58.696,50 festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 23, 47 Abs. 1 GKG.

Gründe

 
I.
28 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Die Berufung ist statthaft, ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Streitig ist eine Beitragsnachforderung von EUR 58.696,50.
29 
Der Kläger ist klagebefugt, denn er behauptet im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG, durch den angegriffenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Da eine Beitragsnachforderung gegenüber dem L-e.V. durch die Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf ihn übergegangen wäre, ist er befugt, sich gegen diese Nachforderung im Klageverfahren zu wenden.
II.
30 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil vom 22. November 2010 die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 13. April 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 19. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben ihre Tätigkeit im Altenpflegeheim des Klägers im jeweils streitgegenständlichen Zeitraum als gesamtsozialversicherungspflichtig Beschäftigte ausgeübt, weshalb die Beklagte zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Umlage U 2 fordert.
31 
1. Die genannten Bescheide sind formell rechtmäßig. Insbesondere sind der Änderungsbescheid vom 10. August 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 gemäß § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) inhaltlich hinreichend bestimmt, obwohl als Adressat dieser Bescheide der L-e.V. benannt ist, der zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Bescheide nicht mehr existierte.
32 
Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht auch auf den Adressaten eines Verwaltungsaktes (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 154/11 R - in Juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ist bei unrichtiger Angabe des Adressaten eine Auslegung nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) möglich. Eine Nichtigkeit eines Bescheides wegen Unbestimmtheit scheidet danach aus, wenn die Auslegung des Bescheides etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt (zuletzt: BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 9 C 7/11; juris; Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 68 S. 4; Beschlüsse vom 25. März 1996 a.a.O. S. 53 f. und vom 6. September 2008 - 7 B 10.08; juris). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerwG geht der BFH davon aus, dass konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts die Angabe des Inhaltsadressaten ist, d.h. desjenigen, dem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll, der Adressat sich allerdings auch durch Auslegung ermitteln lässt (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - IV R 91/05 und Urteil vom 15. April 2010 - IV R 67/07 -; beide in juris). Das BSG (Urteil vom 21. Februar 1985 - 11 RA 6/84 - SozR 1300 § 37 Nr. 1) hat unter Anschluss an die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17. Mai 1974 - VI R 197/71 -, BFHE 112, 452 mit weiteren Hinweisen) entschieden, dass zwar der „Adressat“ des Verwaltungsaktes nicht unbedingt im Anschriftenfeld des Bescheides bezeichnet werden muss; werde dort nur der Bevollmächtigte genannt, genüge es, dass der Adressat jedenfalls aus dem sonstigen Inhalt des Bescheides mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit entnommen werden könne.
33 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Nennung des L-e.V. im Bescheid vom 10. August 2007 und im Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 als Adressat unschädlich. Die Auslegung ergibt, dass der Kläger Adressat der beiden Bescheide war und die geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlage U 2 zahlen sollte und dies auch für den Kläger erkennbar war. Beide Bescheide übersandte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers. Diese konnten aufgrund des Inhalts der Bescheide eindeutig entnehmen, dass diese die Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge wegen der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) betrafen, insbesondere der Änderungsbescheid vom 10. August 2007 den ordnungsgemäß adressierten vorangegangenen Bescheid vom 13. April 2007 abänderte. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Kläger die Klage unter seinem Namen erhob und dadurch zum Ausdruck brachte, sich auch nach Aufhebung der Forderung von Säumniszuschlägen als Schuldner der von der Beklagten nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge anzusehen. Nicht entscheidend ist, dass der Sachbearbeiter der Beklagten in Unkenntnis der erfolgten Verschmelzung des L-e.V. auf den Kläger bewusst und gewollt den L-e.V. als Adressaten bezeichnet hat.
34 
Dass der Bescheid über die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Beitragsschuldner ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch im Zivilrecht können Umstände außerhalb des Titels berücksichtigt werden können, wenn dem nicht berechtigte Schutzinteressen des Vollstreckungsschuldners entgegenstehen. Solche verneint der BGH dann, wenn Prozess- und Vollstreckungsgericht identisch sind und daher auch das Vollstreckungsgericht über die für die Auslegung des Titels erforderlichen Kenntnisse verfügt (Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02 - BGHZ 156, 339). Hiermit vergleichbar ist die Situation bei der zwangsweisen Durchsetzung von Beiträgen durch die den Beitragsbescheid erlassende Behörde, die zudem bei der Vollstreckung weitergehenden rechtlichen Bindungen als ein privater Gläubiger unterworfen ist.
35 
2. Die genannten Bescheide sind materiell rechtmäßig.
36 
Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Prüfungen bei den Arbeitgebern nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
37 
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 SGB VI sowie § 60 Abs. 1 SGB XI die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Anteil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden - die Beklagte fordert die Umlage nur für das Jahr 2006 nach - nach dem seit 1. Januar 2006 geltenden § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.
38 
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
39 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit zum Arbeitgeber steht. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 5 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
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Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R; juris). Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - SozR 2200 § 1227 Nr. 8; Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 15; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - a.a.O.).
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Ausgehend hiervon haben die Beklagte und das SG zutreffend die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) bei dem L-e.V., als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die im hier streitigen Zeitraum für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen zu 1) bis 3) bei dem Kläger sprechen.
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Da schriftliche Vereinbarungen zwischen dem L-e.V., und den Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht geschlossen worden sind, richtet sich die Beurteilung der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) bis 3) nach dem zwischen ihnen und dem L-e.V., praktizierten Ablauf. Dieser gestaltete sich bei den Beigeladenen zu 1) bis 3) gleich. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die Ausführungen des Verwaltungsleiters des Klägers, Herrn S, im Verwaltungsverfahren, die schriftlichen Stellungnahmen der Beigeladenen zu 1) und 2) sowie die Anhörung der Beigeladenen zu 1) und des Verwaltungsleiters der Klägerin durch das SG im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22. November 2010.
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Die Beigeladenen zu 1) bis 3) waren in die Betriebsorganisation des L-e.V. eingegliedert. Dies ergibt sich bereits aus den gesetzlichen Regelungen über die Beziehungen der Pflegekassen zu den Pflegeeinrichtungen, insbesondere aus den Vorschriften über die Zulassung zur Pflege durch einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI. Nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI sind stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne des SGB XI selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:
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1. unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden,
2. ganztägig (vollstationär) oder nur tagsüber oder nur nachts (Teil stationär) untergebracht und verpflegt werden können.
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Nach § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI - in der bis 30. Juni 2008 und damit im Prüfungszeitraum vom 01. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege (Pflege-Qualitätssicherungsgesetz - PQsG -) vom 9. September 2001 (BGBl. I, S. 2320) - dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
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1. den Anforderungen des § 71 SGB XI genügen,
2. die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten,
3. sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 80 SGB XI einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln;
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ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfüllt. Auch die Pflegeeinrichtungen, die wie der L-e.V. keinen Versorgungsvertrag hatten, sondern aufgrund des Bestandsschutzes nach § 73 Abs. 3 SGB XI zugelassen waren, müssen die Anforderungen nach Paragraph 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI erfüllen (§ 73 Abs. 3 Satz 2 SGB XI). Allein diese gesetzlichen Regelungen im SGB XI für die Zulassung von stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheimen) zeigen, dass alle in Pflegeheimen tätigen Pflegekräfte sich an den Vorgaben des jeweiligen Pflegeheimes ausrichten und diese bei ihrer Tätigkeit beachten müssen. Der L-e.V. musste deshalb darauf achten, dass alle im Altenheim tätigen Pflegekräfte sich auch an die Vorgaben, die für den Abschluss des Versorgungsvertrages notwendig sind, halten. Er hatte damit die Rechtsmacht, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) vorzugeben. Auch konnten die Beigeladene zu 1) bis 3) – wie alle anderen im Altenheim tätigen Pflegekräfte – nur unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft tätig sein. Unter ständiger Verantwortung im Sinne von § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI steht die Versorgung nur, wenn eine verantwortliche Pflegefachkraft die den einzelnen Heimbewohnern zukommenden Pflegeleistungen zumindest in den Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und ihre Umsetzung angemessen kontrolliert. Das Pflegegeschehen muss grundsätzlich in seiner Gesamtheit von verantwortlichen Pflegefachkräften angeleitet und überwacht werden. Zwar verlangt dies keine Rund-um-die-Uhr-Präsenz der verantwortlichen Pflegefachkraft. Jedoch würde eine nur partielle Befassung mit dem Pflegebedarf der Heimbewohner dem Auftrag der „ständigen“ Verantwortung bereits dem Wortsinne nach nicht gerecht. § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI bezweckt eine weitere Verbesserung der Pflegequalität durch ein zusätzliches personales Element (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 22. April 2009 - B 3 P 14/07 R - SozR 4-3300 § 71 Nr. 1).
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Der Aufgabenbereich der Beigeladenen zu 1) bis 3) konnte sich damit nicht von dem der abhängig beschäftigten Mitarbeiter unterscheiden. Dass auch tatsächlich kein Unterschied bestand, ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Bekundungen der Beigeladenen zu 1) bis 3) und des Verwaltungsleiters des Klägers. Vielmehr hatte der Dienst als Nachtwache als solcher ein besonderes Gepräge, unabhängig, ob er von den Beigeladenen zu 1) bis 3) oder, wie von der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem SG bekundet, von der fest angestellten Teilzeitkraft versehen wurde. Die erhöhte Selbstständigkeit der Nachtwache resultierte nur daraus, dass diese allein mit den zu Pflegenden im Heim war und nach den Bekundungen des Verwaltungsleiters des Klägers für den Notfall ein Hintergrunddienst benachrichtigt werden konnte. Darin wird deutlich, dass letztlich der L-e.V. gegenüber den zu Pflegenden zuständig blieb. Auch dass von der Nachtwache keine Pflegedokumentation, sondern nur eine Verlaufsdokumentation zu führen gewesen sein soll, lag nach der Aussage des Verwaltungsleiters in der mündlichen Verhandlung vor dem SG an der Größe der Einrichtung und galt für alle Nachtwachen, unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen Handhabung, gleichermaßen. Nach den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung des Senats vermag der Senat allerdings keinen Unterschied in der Dokumentation zu erkennen. Danach wurden in die Dokumentation die außergewöhnlichen Ereignisse eingetragen, wie z.B. Stürze oder Erbrechen. Diese Eintragungen haben auch in der normalen Pflegedokumentation zu erfolgen, ebenso wie pflegerische Maßnahmen, die allerdings in der Nacht nicht regelmäßig anfallen.
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Daraus ergibt sich dann auch, dass ein umfassendes Weisungsrecht des L-e.V. nach Art, Ort, Zeit und Dauer der Ausführung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) bestand.
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Der Senat wertet es weiter als maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) ihre Tätigkeit in dem Altenpflegeheim nach Maßgabe des Miet- und Betreuungsvertrages zwischen dem L-e.V. und den Bewohnern erbracht haben. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) traten den Bewohnern des Altenpflegeheims wie Bedienstete des L-e.V. gegenüber. Sie erbrachten ihre Betreuungstätigkeit nicht im Auftrag und auf Rechnung der zu Pflegenden, sondern allein für den L-e.V.
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Fehlende Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Beigeladenen zu 1) bis 3) in den Betrieb des L-e.V. und ihre "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess des L-e.V. in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, in gewissem Umfang erfolgten Weisungen, indem bei der Übergabe durch den Tagesdienst auf zu beachtende Besonderheiten hingewiesen wurde, zum Beispiel akut Erkrankte.
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Die Übergaben vom Tagesdienst und nach der Nachtwache wiederum an den Tagesdienst bekräftigten eine Einbindung in den Betrieb. Dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) an weiteren Aktivitäten, wie Ausflügen, Besprechungen, Pflegeplanungen nicht beteiligt gewesen sein sollen, fällt hingegen nicht ins Gewicht, da sich dies aus der Eigenart der Tätigkeit (ausschließlich) als Nachtwache ergibt.
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Ein gewichtiges Indiz gegen eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) ist, dass sie - im Sinne dieses vom Senat regelmäßig besonders gewichteten Kriteriums - kein wesentlich ins Gewicht fallendes Unternehmensrisiko trugen (dazu und zum Folgenden z.B. Urteil des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - juris). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris). Den Beigeladenen zu 1) bis 3) war für die Durchführung der jeweils übernommenen Nachtwachen eine Vergütung nach Arbeitsstunden garantiert. Die Gefahr eines wirtschaftlichen Verlustes bestand nicht. Das Risiko, nicht durchgehend arbeiten zu können, ist zunächst ein Risiko, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt oder unständig Beschäftigter ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Januar 2004 - L 4 KR 3083/02 -, juris). Es muss deshalb ein Wagnis bestehen, das über dasjenige hinausgeht, kein Entgelt zu erzielen. Zum echten Unternehmerrisiko wird dieses Risiko deshalb regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brach liegen (Urteil des erkennenden Senats vom 23. Januar 2004 - L 4 KR 3083/02 -, juris; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2009 - L 16 R 5/08 - juris). Die Beigeladenen zu 1) bis 3) trugen auch kein Unternehmerrisiko, weil sie nicht eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hatten. Die Arbeitsmittel wurden vom L-e.V. bereitgestellt. Vorliegend fehlen weitere typische Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit. So mussten die Beigeladenen zu 1) bis 3) ihre Dienste höchstpersönlich erbringen und durften nicht - wie typischerweise der Unternehmer - übernommene Aufträge delegieren (vgl. dazu BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R; juris). Die Verpflichtung, Dienste persönlich zu erbringen, ist ein wesentliches Merkmal abhängiger Tätigkeit. Andererseits trugen sie auch nicht die Verantwortung für die Durchführung der übernommenen Aufträge, die sie im Verhinderungsfall absagen konnten, mit der Folge, dass der L-e.V. selbst für Ersatz sorgte. Das Risiko der Insolvenz des Klägers ist ebenfalls nicht als typisches Unternehmerrisiko zu bewerten, da es nicht wesentlich vom Risiko einer Arbeitgeberinsolvenz für den Arbeitnehmer abweicht. Ein „Kundeninsolvenzrisiko“ wie im vom BSG entschiedenen Fall der Familienbetreuerin (BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R; juris) bestand hier nicht. Ebenso wenig bestand hier ein Kapitalrisiko für den vorzeitigen Abbruch des Auftrags.
54 
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wenig wie die Gewerbeanmeldung, die ebenfalls auf der Tatsache beruht, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - beide in juris).
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Soweit sich sowohl der Kläger als auch Beigeladene zu 1) darauf berufen, die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten Einsätze ablehnen können, gibt dies für die Statusbeurteilung nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der einer angestellten Pflegekraft, die bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteil des Senats vom 17. Dezember 1999 - L 4 KR 2023/98; nicht veröffentlicht).
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Die Feststellung der DRV Bund mit Bescheiden vom 08. Juni 2008 gegenüber der Beigeladenen zu 2) und vom 28. Juni 2008 gegenüber der Beigeladenen zu 1), dass sie in ihrer Tätigkeit als selbstständige Altenpflegerinnen nicht kraft Gesetzes der Versicherungspflicht zu Rentenversicherung unterliegen, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Gesetzeszweck von § 2 SGB VI ist es, bestimmte Berufsgruppen trotz ihrer Selbstständigkeit in die Rentenversicherung aufzunehmen (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2012, Rdnr. 2 zu § 2 SGB VI m. w. N.). Die vorgelegten Bescheide besagen nur, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) nicht zu einer Berufsgruppe gehören, die trotz selbstständiger Tätigkeit versicherungspflichtig in der Rentenversicherung ist. Ob eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, kann nur jeweils im Verhältnis zu dem einzelnen Auftraggeber geprüft werden, weshalb auch Bescheide betreffend die nicht am hiesigen Verfahren beteiligten Frau C. bei einem ebenfalls nicht an diesem Verfahren beteiligten Auftraggeber keine Aussagekraft für den hier zu beurteilenden Sachverhalt haben. Dies gilt gleichermaßen für das anhängige Berufungsverfahren L 11 R 2599/12 betreffend die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) in einer anderen Pflegeeinrichtung.
57 
Die Beklagte ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass § 7b SGB IV in der vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung vorliegend keine Anwendung findet, so dass die Beschäftigungsverhältnisse am 1. Januar 2003 (Beigeladene zu 1), am 1. Juli 2006 (Beigeladene zu 2) und 1. März 2003 (Beigeladene zu 3) begannen. § 7b SGB IV wurde durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I 2000, S. 2) mit Wirkung vom 01. Januar 1999 (vgl. Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes) in das SGB IV eingefügt und durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 3024) wieder aufgehoben. Danach galt Folgendes: Stellt ein Versicherungsträger außerhalb des Verfahrens nach § 7a SGB IV - wie hier erfolgt - fest, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte
58 
1. zustimmt,
2. für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung einer Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht und
3. er oder sein Arbeitgeber weder vorsätzlich noch grob fahrlässig von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen ist.
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Mit dieser Regelung sollten insbesondere die Fälle der Arbeitgeberprüfung nach § 28p SGB IV erfasst werden. Für die Arbeitgeber von Personen, deren Status als nichtselbstständig Beschäftigter festgestellt wurde, sollte damit eine gewisse Erleichterung bei den allein von ihnen aufzubringenden rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen geschaffen werden. Die Vorschrift diente also vorrangig dem Schutz der Arbeitgeber (Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und 02. September 2011 - L 4 R 1036/10 - a.a.O.).
60 
§ 7b SGB IV findet keine Anwendung, weil der L-e.V. grob fahrlässig von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen ist. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Beteiligten die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt haben, wenn also außer Acht gelassen worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Unter Berücksichtigung der individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit müssen die Sorgfaltspflichten in einem das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich übersteigenden Ausmaß verletzt worden sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die von der erwerbsmäßig tätigen Person auszuführenden Arbeiten üblicherweise von im Betrieb des Arbeitgebers tätigen Arbeitnehmern verrichtet werden, sodass eher von einer Beschäftigung, denn von einer selbstständigen Tätigkeit hätte ausgegangen werden dürfen (Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - a.a.O.; so auch Knospe in Hauck/Noftz, § 7b (alt) Rdnr. 14, Stand Juli 2008). Die Tatsache, dass die Beigeladene zu 2) dieselbe Tätigkeit beim Kläger zuvor als abhängig Beschäftigte ausgeübt hatte, begründet grobe Fahrlässigkeit, ebenso wie der Umstand, dass neben den Beigeladenen zu 1) bis 3) auch eine abhängig Beschäftigte für dieselbe Arbeitsleistung, nämlich Nachtwachen, eingesetzt, wurde. Dies hätte den L-e.V. zumindest veranlassen müssen, den Status der Beigeladenen zu 1) bis 3) durch die Einzugsstelle oder durch die DRV Bund im Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV prüfen zu lassen. Dem ist er jedoch nicht nachgekommen, weshalb ihn der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit trifft.
61 
Die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge berechnete die Beklagte mit Ausnahme der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung für die Beigeladene zu 2) (Beitragssatz von 1,95 v.H. statt 1,7 v.H.) - dem hat die Beklagte mit dem in der mündlichen Verhandlung des Senats abgegebenen Teilanerkenntnis Rechnung getragen - zutreffend. Der Senat verweist insoweit auf die dem Änderungsbescheid vom 10. August 2007 beigefügten Anlagen. Einwände hat der Kläger insoweit nicht erhoben.
62 
3. Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Da die angegriffenen Bescheide formell rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt sind, ist nicht erkennbar, woraus sich die Feststellung, diese seien gegenstandslos, ergeben sollte.
63 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da Klägerin und Beklagte nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, finden nach § 197a SGG die VwGO und das Gerichtskostengesetz (GKG) Anwendung.
64 
6. Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
65 
7. Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf EUR 58.696,50 festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 23, 47 Abs. 1 GKG.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.