Sozialgericht München Endurteil, 20. Sept. 2016 - S 38 KA 1170/15

20.09.2016

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird sowohl im Hauptantrag, als auch im Hilfsantrag abgewiesen, soweit sie sich nicht auf Ziffer II des Bescheides vom 30.09.2015 bezieht.

II.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage sind die Bescheide der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2015. Mit den Bescheiden wurden die Anträge der Klägerin auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst vom 24.06.2014 (angegebener Befreiungsgrund: Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt) und vom 26.03.2015 (angegebener Befreiungsgrund: erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin) zurückgewiesen. Unter Ziff. II des Bescheides wurde die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nicht für notwendig erachtet.

Zur Begründung führte die Beklagte aus, ihres Erachtens lägen die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 14 BDO-KVB nicht vor. Dies gelte sowohl für den angegebenen Befreiungsgrund „Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt“, als auch für den angegebenen Befreiungsgrund „erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin“.

Was die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt betreffe, so sei bereits unklar, ob die Klägerin aufgrund des Kooperationsvertrages vom 18.09.1998 überhaupt verpflichtet sei, Leistungen für den Krankenhausträger zu erbringen. Abgesehen davon stelle die Kooperationstätigkeit für den Krankenhausträger keine Tätigkeit im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung dar. Denn die Klägerin erhalte Entgelt vom Krankenhaus. Die Tätigkeit sei freiwillig. Dagegen bestehe für alle Ärzte eine Teilnahmepflicht am Bereitschaftsdienst. Dieser habe Vorrang vor Nebentätigkeiten. Im Übrigen würden die Krankenhäuser bei der ambulanten Versorgung von Notfällen subsidiär tätig werden, wie sich aus § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V ergebe. Selbst wenn man von einer ambulanten Versorgung ausgehe, so liege doch der Schwerpunkt im Rahmen der Kooperation bei der stationären Versorgung. Die Tätigkeit aufgrund der Kooperation sei auch nicht mit einer belegärztlichen Tätigkeit gleichzusetzen.

Hinsichtlich des geltend gemachten Befreiungsgrundes „erhebliche familiäre Belastung-Pflege des Vaters der Klägerin“ spreche im konkreten Fall wegen der nach Auffassung der Beklagten zeitlichen und persönlich noch handhabbaren Belastung mehr für eine Ablehnung des Befreiungsantrages. Die Klägerin habe zwar die Umstände, wie es zu der Pflegebedürftigkeit ihres Vaters gekommen sei, geschildert, auch den weiteren Verlauf der Entwicklung und den aktuellen vorliegenden Befund über den Gesundheitszustand ihres Vaters. Es handle sich hierbei um eine Selbstattestierung, was im Hinblick auf die Nachweispflicht gemäß § 14 Abs. 2 BDO-KVB als problematisch anzusehen sei. Die Angaben der Klägerin würden auch keine Stütze in dem Pflegegutachten von M-Firma erfahren. Dort ist die Rede von Pflegestufe 1 für den Vater der Klägerin. Der pflegerische zeitliche Aufwand der Klägerin wurde mit 34 Minuten täglich angegeben. Sinngemäß vertrat die Beklagte die Auffassung, es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb das Tätigkeitwerden im Rahmen der Kooperation mit der Pflege vereinbar sein solle, nicht aber der Bereitschaftsdienst.

Im Vorfeld war auch die Zuordnung der Klägerin, die als Radiologin in Gemeinschaftspraxis mit einem weiteren Arzt zugelassen ist und am Krankenhaus A-Stadt ambulante radiologische Leistungen erbringt, aber auch für den Krankenhausträger tätig ist, da dort keine radiologische Abteilung vorgehalten wird, strittig. Denn die Klägerin wurde nach der neuen BDO-KVB grundsätzlich dem Bereitschaftsdienst zugeordnet. Eine dagegen eingelegte Klage unter dem Aktenzeichen S 38 KA 201/15 wurde nach Hinweis des Gerichts auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 zurückgenommen.

Gegen die Bescheide der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2015 ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München einlegen. In mehreren, teilweise sehr ausführlichen Schriftsätzen und ergänzt in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 wurde die Sach-und Rechtslage aus der Sicht der Klägerseite dargestellt. So wurde unter Hinweis auf Erklärungen des Krankenhauses und des Gemeinschaftspraxispartners ausgeführt, die Klägerin sei sehr wohl in den Kooperationsvertrag mit eingebunden. Auf der Grundlage dieses Vertrages stelle die Klägerin eine „höchstpersönliche radiologische Rund-um-die-Uhr-und Notfall-Versorgung von ambulanten Notfallpatienten (Krankenhaus-Notfall-Ambulanz), Belegarztpatienten und anderen stationären Patienten sicher“. So erbringe die Gemeinschaftspraxis im Quartal zwischen 300 und 400 CT´s außerhalb der regulären Dienstzeiten (Rund-um-die-Uhr- Bereitschaftsdienste für das Krankenhaus die Hälfte des Monats, 24 Stunden täglich). Es handle sich hauptsächlich um radiologische Befundungen, die ihre Anwesenheit vor Ort (Krankenhaus A-Stadt) nicht erforderten, sondern vielmehr über Computer möglich seien. Insofern sei die Tätigkeit anders zu beurteilen als die im Rahmen des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes. Indem sie die radiologische Notfallversorgung in der Notfallambulanz des Krankenhauses übernehme, werde sie im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V tätig. Es sei davon auszugehen, dass durch das Tätigwerden im Rahmen des Bereitschaftsdienstes die Patienten der radiologischen Notfallversorgung im Landkreis A-Stadt gefährdet würden. Im Ergebnis erbringe die Klägerin durch ihre Tätigkeit im Rahmen des Kooperationsvertrages mit der Tätigkeit als Belegarzt vergleichbare Leistungen, so dass der Befreiungstatbestand im Sinne von § 14 BDO- KVB erfüllt sei.

Unter Hinweis auf die „persönliche Erklärung“ zur Pflege ihres Vaters vom 28.04.2015 machte die Klägerseite geltend, auch insofern sei die Klägerin von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst nach § 14 BDO-KVB zu befreien. Infolge eines Unfalls leide der Vater der Klägerin an einer 100%igen Schluckstörung. Er könne überhaupt nicht schlucken und daher auch nicht selbstständig Flüssigkeiten zu sich nehmen. Insgesamt sei er ein Hochrisikopatient (Schlaganfall-und Herzinfarktgefährdung, Vorhofflimmern). Zusammen mit dem Hausarzt, einem Internisten, führe sie die ärztliche Weiterbehandlung durch, führe allein die Krankengymnastik weiter und verabreichte bzw. organisiere die totale künstliche Ernährung. Sie überwache auch die medikamentöse Einstellung. Eine Unterstützung durch ihre betagte Mutter sei wegen deren spastischer Gehstörung nicht oder nur bedingt möglich. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung wurde mitgeteilt, für ihre Mutter sei keine Pflegestufe beantragt worden. Der instabile Gesundheitszustand des Vaters der Klägerin werde auch darin deutlich, dass dieser erst letzte Woche stationär aufgenommen werden musste (Gallenblasenentzündung). Von einem operativen Eingriff sei aber angesichts des Alters und des Gesamtgesundheitszustandes Abstand genommen worden. Andere Familienangehörige stünden auch nicht zur Verfügung. Die Klägerin lasse ihren Vater keinen Tag allein. Sie lasse sich nicht zwingen, diese unmittelbare Verantwortung auch nur tageweise an irgendwelche Fremdpersonen abzugeben oder ihn gar in einem Pflegeheim unterzubringen.

In Erwiderung machte die Beklagte zunächst geltend, die Klage sei unzulässig, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 06.11.2015 formuliert habe „ Die Klageerhebung erfolgt zunächst zur Fristwahrung und nur soweit der genannte Widerspruchsbescheid nicht bereits Gegenstand des Verfahrens Az. S 38 KA 201/15 am Sozialgericht München ist“. Denn ein Klageantrag müsse „unbedingt“ gestellt werden. Es sei die Trennung zwischen der Zuordnung zum Bereitschaftsdienst einerseits und der Entscheidung/den Entscheidungen über Anträge auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst zu beachten. Deshalb ersetze der Widerspruchsbescheid vom 30.09.2015, der sich mit der Befreiung vom Bereitschaftsdienst befasse, nicht den Widerspruchsbescheid vom 04.02.2015, der sich mit der Zuordnung zum Bereitschaftsdienst befasse. Er werde deshalb nicht Gegenstand des Verfahrens unter dem Az. S 38 KA 201/15.

In materieller Hinsicht bestehe seitens der Beklagten die Auffassung, es gebe keinen Anspruch auf Befreiung nach § 14 BDO-KVB. Denn das Maß des Zumutbaren sei noch nicht überschritten. Immerhin würden die Dienstpläne für den Bereitschaftsdienst ein halbes Jahr im Voraus aufgestellt, so dass eine frühzeitige Beauftragung Dritter, beispielsweise des Pflegedienstes ohne weiteres möglich sein müsste. In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 machte die Vertreterin der Beklagten darauf aufmerksam, dass die Bereitschaftsdienstbereiche neu geordnet worden seien. Sie seien jetzt wesentlich größer mit der Folge, dass wesentlich mehr Ärzte am Bereitschaftsdienst teilnähmen, so in der Pilotregion A-Stadt mehr als 200 Ärzte. Dies bringe es mit sich, dass jeder einzelne Arzt in geringerem Umfang als bisher zum vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eingeteilt werde. So müsse die Klägerin bis zum Jahresende 2016 lediglich nur mehr drei Dienste leisten, nämlich am 16. Oktober, 24. November und 5. Dezember. Ab 04.10.2016 sei außerdem die Bereitschaftsdienstpraxis am Krankenhaus A-Stadt angesiedelt. Dort finde der sogenannte Sitzdienst statt. Von dort aus erfolge auch der Fahrdienst.

In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2016 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Anträge aus seinem Schriftsatz vom 08.12.2015.

Die Vertreterin der Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte, sowie die Klageakte im Verfahren S 38 KA 201/15. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschrift vom 20.09.2016 verwiesen.

Gründe

Die zum Sozialgericht München eingereichte Klage ist zulässig, jedoch im Wesentlichen unbegründet. Es handelt sich um eine kombinierte Anfechtungs-und Verpflichtungsklage nach § 54 SGG. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage als unbedingt anzusehen und deshalb als zulässig zu erachten. Die Formulierung im Schriftsatz vom 06.11.2015 mag zwar zunächst auf eine Bedingung hindeuten, jedoch spricht nach Auslegung mehr dafür, sie als Ankündigung zu verstehen, wonach die Klage dann zurückgenommen wird, wenn der Widerspruchsbescheid vom 30.09.2015 Gegenstand des Verfahrens unter dem Aktenzeichen S 38 KA 201/15 nach § 96 SGG würde.

Die angefochtenen Bescheide sind bis auf Ziff. II. des Bescheidtenors (Widerspruchsbescheid) rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst.

Wie das Bundessozialgericht unter Hinweis auf § 75 Abs. 1 SGB V (BSG, Urteil vom 06.09.2006, Az. B 6 KA 43/05 R) ausführte, ist die „Sicherstellung von Not-bzw. Bereitschaftsdienst eine gemeinsame Aufgabe aller Ärzte, die nur erfüllt werden kann, wenn grundsätzlich alle zugelassenen Ärzte“ daran teilnehmen. Vor diesem Hintergrund sind die in der BDO-KVB vorgesehenen Befreiungstatbestände restriktiv auszulegen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BDO-KVB kann ein Vertragsarzt oder ein angestellter Arzt aus schwerwiegenden Gründen ganz, teilweise (z. B. nur vom Fahrdienst) oder vorübergehend vom ärztlichen Bereitschaftsdienst befreit werden. In § 14 Absatz 1 Satz 2 BDO-KVB werden beispielhaft schwerwiegende Gründe aufgezählt. Es handelt sich bei der Entscheidung über die Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst um eine Ermessensentscheidung. Die unter § 14 Abs. 1 lit.a bis e BDO-KVB möglichen Befreiungstatbestände sind nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung „insbesondere“ ergibt. Lediglich bei einer Ermessensreduzierung auf Null besteht ein Anspruch auf Befreiung.

Die Klägerin beruft sich auf § 14 Abs. 1 Satz 2 b) BDO-KVB. Danach wird als Befreiungsgrund angesehen, wenn die Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst aufgrund nachgewiesener besonderer belastender familiärer Pflichten dem Arzt nicht zuzumuten ist. Nach dem Vortrag der Klägerin hat sie zum Teil die Pflege Ihres Vaters übernommen. Dieser leide an einer 100%igen Schluckstörung und sei als Risikopatient anzusehen. In dem Zusammenhang wies die Klägerseite auf das Pflegegutachten von M-Firma, sowie auf die „persönliche Erklärung“ zur Pflege ihres Vaters vom 28.04.2015 hin. Die Klägerin ist als Antragstellerin nachweispflichtig für das Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes im Sinne von § 14 Absatz 1 Satz 2 BDO-KVB, wie sich aus § 14 Abs. 2 BDO-KVB ergibt. Zwar ist der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Ärztin nicht abzusprechen, dass sie eine eigene Befundung durchführen und diese vorlegen kann. Nach Auffassung der mit zwei Ärzten fachkundig besetzten Kammer genügt die „persönliche Erklärung“ der Klägerin inhaltlich nicht den Anforderungen an die Nachweispflicht des § 14 Abs. 2 BDO-KVB. Denn es finden sich auch zum Großteil Ausführungen zum Krankheitsverlauf des Vaters der Klägerin, was für die Beurteilung der Frage, ob ein Befreiungsgrund vorliegt, unwesentlich ist. Hinzu kommt, dass, was bei einer Beurteilung durch einen Familienangehörigen auf der Hand liegt, eine solche Beurteilung nie frei von subjektiven Elementen sein kann. Auch das vorgelegte Pflegegutachten von M-Firma ist wenig erhellend. Es enthält lediglich Angaben zum Pflegeaufwand und zur Pflegestufe (eins). Der der Klägerin zugeordnete Pflegeaufwand von 34 Minuten täglich lässt sich mit den sonstigen Angaben der Klägerin nur teilweise in Übereinstimmung bringen. Insofern bestehen Zweifel an der Aussagekraft dieser Nachweise. Andere Nachweise wurden nicht vorgelegt. Für das Gericht ist dies nicht nachvollziehbar, zumal sich der Vater der Klägerin auch in Behandlung durch seinen Hausarzt, einem Internisten befindet. Es hätte sicherlich keinen allzu großen Aufwand dargestellt, den Nachweis mittels einer aussagekräftigen, objektiven Befundung durch den Hausarzt zu führen. Zusammenfassend ist das Gericht daher der Auffassung, dass möglicherweise der Befreiungstatbestand erfüllt ist, jedoch der Nachweis nach § 14 Abs. 2 BDO-KVB nicht geführt wurde.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d BDO-KVB ist auch eine Befreiung möglich, wenn der Arzt einen besonderen Versorgungsauftrag im Rahmen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfüllt. Ausgehend davon, dass auch die Klägerin vertraglich in die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt eingebunden ist - dies ist zwar nicht unmittelbar dem Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1998 zu entnehmen, kann aber aufgrund der Erklärung des Gemeinschaftspraxispartners und des Krankenhausträgers angenommen werden, spricht allein gegen das Tätigwerden der Klägerin im Rahmen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Umstand, dass diese für den Krankenhausträger tätig ist und von diesem auch die erbrachten Leistungen honoriert erhält. Selbst wenn von der Klägerin behandelte Notfallpatienten in der Notfallambulanz des Krankenhauses A-Stadt, soweit sie nicht stationär aufgenommen werden, als ambulant anzusehen wären und das Tätigwerden der Klägerin im Rahmen der Kooperation auch die vertragsärztliche Versorgung sicherstellt, darf nicht übersehen werden, dass die Kooperation schwerpunktmäßig dem stationären Versorgungsauftrag zu dienen bestimmt ist. Für eine faktische generelle Verlagerung des Bereitschaftsdienstes zur Versorgung von Patienten in einer Notfallambulanz eines Krankenhauses gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Deshalb gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Befreiungstatbestand von § 14 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d BDO-KVB nicht erfüllt ist.

Wie bereits ausgeführt, sind die in § 14 genannten Befreiungstatbestände nicht abschließend. Bei einem weiteren Befreiungstatbestand muss es sich jedoch um einen solchen handeln, der von der Bedeutung und Tragweite den in § 14 BDO-KVB beispielhaft aufgeführten Befreiungstatbeständen entspricht. Gewiss dürfte die Kooperation mit dem Krankenhaus A-Stadt nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll sein und dient auch der besseren Verzahnung der stationären Versorgung mit der ambulanten Versorgung, was aber nicht dazu führt, das Tätigwerden der Klägerin beispielsweise einer belegärztlichen Tätigkeit gleichzustellen. Von der Möglichkeit einer Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ist nur ausnahmsweise und restriktiv Gebrauch zu machen.

Nicht unproblematisch erscheint auch, dass die Klägerin auf der einen Seite ihre Tätigkeit im Rahmen der Kooperation mit der Pflege des Vaters offensichtlich vereinbaren kann, auf der anderen Seite eine Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst für inkompatibel hält. Denn nach § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V ist die ambulante Versorgung von Notfällen in Krankenhäusern subsidiär. Außerdem genießt der vertragsärztliche Bereitschaftsdienst Vorrang vor Nebentätigkeiten, auch solchen im Rahmen einer Kooperation mit einem Krankenhaus (vgl. BSG, Urteil vom 15.09.1977, Az. 6 Rka 12/77). Hinzu kommt, dass zwar die radiologische Befunde und Ansicht im Rahmen der Kooperation größtenteils über Computer erfolgt und deshalb eine Anwesenheit vor Ort (Krankenhaus) nicht erforderlich ist, während der Bereitschaftsdienst auch Besuche beim Patienten mit einschließt. Dies wird aber kompensiert durch den im Rahmen der Kooperation ungleich höheren Tätigkeitsumfang (Rund-um-die-Uhr- Bereitschaftsdienste für das Krankenhaus die Hälfte des Monats, 24 Stunden täglich).

Im Ergebnis stellt daher nach Auffassung des Gerichts auch die Kooperation mit dem Krankenhausträger keinen Befreiungsgrund im Sinne von § 14 BDO-KVB dar.

Selbst wenn man bei dem vorliegenden Sachverhalt von einem oder sogar mehreren ausreichenden Befreiungsgründen ausgehen würde, erwächst daraus nicht automatisch ein Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Denn bei der Regelung des § 14 BDO- KVB handelt es sich um eine Ermessensvorschrift. In dem Zusammenhang wäre zu prüfen, ob der Klägerin Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst zumutbar ist. Angesichts der Dienstfrequenz - die Klägerin ist bis zum Jahresende lediglich dreimal zum vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eingeteilt - nach der Neustrukturierung der Bereitschaftsdienstbereiche verbunden mit der Teilnahme einer wesentlich größeren Anzahl von Ärzten (Pilotregion A-Stadt: Teilnahme von 200 Ärzten) und des Umstandes, dass die Dienstpläne für den Bereitschaftsdienst ein halbes Jahr im Voraus bekannt sind, stellt die Teilnahme der Klägerin nach Auffassung des Gerichts selbst unter Berücksichtigung der im Rahmen der Kooperation zu erbringenden Leistungen und Würdigung des Umstandes, dass die Klägerin in die Pflege Ihres Vaters im dargestellten Umfang eingebunden ist, keine solche erhebliche Erschwernis und Belastung dar, dass von einer Unzumutbarkeit gesprochen werden könnte. Durch frühzeitig eingeleitete organisatorische Maßnahmen dürften die in Folge der Teilnahme am Bereitschaftsdienst entstehenden Vakanzen keine erheblichen Auswirkungen auf die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der Kooperation und auf die Pflege ihres Vaters haben.

Aus diesen Gründen war die Klage in der Hauptsache abzuweisen.

Dagegen konnte sich die Kammer nicht der Auffassung der Beklagten anschließen, wonach die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nicht notwendig sei. Auch aus der ex-ante-Sicht (BSG, Urteil vom 09.05.2012 - B 6 KA 19/11 R) reichten rein medizinische Erläuterungen bzw. Hinweise auf die Kooperation mit dem Krankenhausträger durch die Klägerin nicht aus. Vielmehr war eine Kenntnis der einschlägigen Regelungen vorauszusetzen. Somit liegen die Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 SGB X vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 VwGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht München Endurteil, 20. Sept. 2016 - S 38 KA 1170/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht München Endurteil, 20. Sept. 2016 - S 38 KA 1170/15

Referenzen - Gesetze

Sozialgericht München Endurteil, 20. Sept. 2016 - S 38 KA 1170/15 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 63 Erstattung von Kosten im Vorverfahren


(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 75 Inhalt und Umfang der Sicherstellung


(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 76 Freie Arztwahl


(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, de

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Sozialgericht München Endurteil, 20. Sept. 2016 - S 38 KA 1170/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Sozialgericht München Endurteil, 20. Sept. 2016 - S 38 KA 1170/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 09. Mai 2012 - B 6 KA 19/11 R

bei uns veröffentlicht am 09.05.2012

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2, den nach § 72a Abs. 3 vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 1 und 2 Satz 1 richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. Die Zahl der Eigeneinrichtungen darf auf Grund vertraglicher Vereinbarung vermehrt werden, wenn die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 1 erfüllt sind.

(1a) In den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 7 können Versicherte auch zugelassene Krankenhäuser in Anspruch nehmen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; dies gilt auch, wenn die Terminservicestelle Versicherte in den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 in eine Notfallambulanz vermittelt. Die Inanspruchnahme umfasst auch weitere auf den Termin folgende notwendige Behandlungen, die dazu dienen, den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen.

(2) Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.

(3) Die Versicherten sollen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wählt einen Hausarzt. Der Arzt hat den Versicherten vorab über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung (§ 73) zu unterrichten; eine Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung hat er auf seinem Praxisschild anzugeben.

(3a) Die Partner der Verträge nach § 82 Abs. 1 haben geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, die einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme von Vertragsärzten entgegenwirken und den Informationsaustausch zwischen vor- und nachbehandelnden Ärzten gewährleisten.

(4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.

(5) Die Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung können unter den Knappschaftsärzten und den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen frei wählen. Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.

(1a) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu informieren die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte und über die Zugangsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Versorgung (Barrierefreiheit) und richten Terminservicestellen ein, die spätestens zum 1. Januar 2020 für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein müssen; die Terminservicestellen können in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen betrieben werden und mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren. Die Terminservicestelle hat

1.
Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 zu vermitteln,
2.
Versicherte bei der Suche nach einem Hausarzt zu unterstützen, den sie nach § 76 Absatz 3 Satz 2 wählen möchten,
3.
Versicherte bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen zu unterstützen und
4.
Versicherten in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene, in geeigneten Fällen auch in Form einer telefonischen ärztlichen Konsultation, zu vermitteln.
Für die Vermittlung von Behandlungsterminen bei einem Facharzt muss mit Ausnahme
1.
von Behandlungsterminen bei einem Augenarzt oder einem Frauenarzt,
2.
der Fälle, in denen bei einer zuvor erfolgten Inanspruchnahme eines Krankenhauses zur ambulanten Notfallbehandlung die Ersteinschätzung auf der Grundlage der nach § 120 Absatz 3b zu beschließenden Vorgaben einen ärztlichen Behandlungsbedarf, nicht jedoch eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergeben hat, und
3.
der Vermittlung in Akutfällen nach Satz 3 Nummer 4
eine Überweisung vorliegen; eine Überweisung muss auch in den Fällen des Satzes 11 Nummer 2 vorliegen. Die Wartezeit auf einen Behandlungstermin darf vier Wochen nicht überschreiten. Die Entfernung zwischen Wohnort des Versicherten und dem vermittelten Arzt muss zumutbar sein. Kann die Terminservicestelle keinen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 innerhalb der Frist nach Satz 5 vermitteln, hat sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus anzubieten; Satz 3 Nummer 1 und die Sätze 4, 5 und 6 gelten entsprechend. Satz 7 gilt nicht bei verschiebbaren Routineuntersuchungen, sofern es sich nicht um termingebundene Gesundheitsuntersuchungen für Kinder handelt, und in Fällen von Bagatellerkrankungen sowie bei weiteren vergleichbaren Fällen. Für die ambulante Behandlung im Krankenhaus gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung. In den Fällen von Satz 8 hat die Terminservicestelle einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 in einer angemessenen Frist zu vermitteln. Im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 sind insbesondere Regelungen zu treffen
1.
zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung,
2.
zu den Fällen, in denen es für die Vermittlung von einem Behandlungstermin bei einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt einer Überweisung bedarf,
3.
zur zumutbaren Entfernung nach Satz 6, differenziert nach Arztgruppen,
4.
über das Nähere zu den Fällen nach Satz 8,
5.
zur Notwendigkeit weiterer Behandlungen nach § 76 Absatz 1a Satz 2.
Im Bundesmantelvertrag können zudem ergänzende Regelungen insbesondere zu weiteren Ausnahmen von der Notwendigkeit des Vorliegens einer Überweisung getroffen werden. Die Sätze 2 bis 12 gelten nicht für Behandlungen nach § 28 Absatz 2 und § 29. Für Behandlungen nach § 28 Absatz 3 gelten die Sätze 2 und 3 Nummer 1 sowie die Sätze 5 bis 12 hinsichtlich der Vermittlung eines Termins für ein Erstgespräch im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunden und hinsichtlich der sich aus der Abklärung ergebenden zeitnah erforderlichen Behandlungstermine sowie hinsichtlich der Vermittlung eines Termins im Rahmen der Versorgung nach § 92 Absatz 6b; einer Überweisung bedarf es nicht. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Akutbehandlung darf zwei Wochen nicht überschreiten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung unterstützt die Kassenärztlichen Vereinigungen durch das Angebot einer Struktur für ein elektronisch gestütztes Wartezeitenmanagement und für ein elektronisch gestütztes Dispositionsmanagement bei der Terminvermittlung; sie hat ein elektronisches Programm zur Verfügung zu stellen, mit dem die Versicherten auf die Internetseite der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geleitet werden, um sich über die Sprechstundenzeiten der Ärzte informieren zu können. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können darüber hinaus zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Satz 3 auch eigene digitale Angebote bereitstellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung evaluiert die Auswirkungen der Tätigkeit der Terminservicestellen insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der fristgemäßen Vermittlung von Arztterminen, auf die Häufigkeit der Inanspruchnahme und auf die Vermittlungsquote. Über die Ergebnisse hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich, erstmals zum 30. Juni 2017, zu berichten. Die Vertragsärzte sind verpflichtet, der Terminservicestelle freie Termine zu melden. Soweit Vertragsärzte Leistungen in Form von Videosprechstunden anbieten, können die Vertragsärzte den Terminservicestellen freie Termine, zu denen Leistungen in Form der Videosprechstunde angeboten werden, freiwillig melden.

(1b) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Im Rahmen des Notdienstes sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen spätestens ab dem 31. März 2022 ergänzend auch telemedizinische Leistungen zur Verfügung stellen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Im Rahmen einer Kooperation nach Satz 3 zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern kann auch die Nutzung der technischen Ausstattung der Krankenhäuser zur Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Notdienstpraxen oder die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser vereinbart werden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 5 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 3 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.

(2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie Untersuchungen zur Vorbereitung von Personalentscheidungen und betriebs- und fürsorgeärztliche Untersuchungen, die von öffentlich-rechtlichen Kostenträgern veranlaßt werden.

(3a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 403 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 404 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Solange und soweit nach Absatz 3b nichts Abweichendes vereinbart oder festgesetzt wird, sind die in Satz 1 genannten Leistungen einschließlich der belegärztlichen Leistungen nach § 121 nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte mit der Maßgabe zu vergüten, dass Gebühren für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und Gebühren für die Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte nur bis zum 2fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Zahnärzte berechnet werden dürfen. Für die Vergütung von in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen gilt Satz 2 entsprechend, wenn diese für die in Satz 1 genannten Versicherten im Rahmen der dort genannten Tarife erbracht werden.

(3b) Die Vergütung für die in Absatz 3a Satz 2 genannten Leistungen kann in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 geregelt werden. Für den Verband der privaten Krankenversicherung gilt § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes entsprechend. Wird zwischen den Beteiligten nach Satz 1 keine Einigung über eine von Absatz 3a Satz 2 abweichende Vergütungsregelung erzielt, kann der Beteiligte, der die Abweichung verlangt, die Schiedsstelle nach Absatz 3c anrufen. Diese hat innerhalb von drei Monaten über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, zu entscheiden und den Vertragsinhalt festzusetzen. Die Schiedsstelle hat ihre Entscheidung so zu treffen, dass der Vertragsinhalt

1.
den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte ärztliche Versorgung der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten entspricht,
2.
die Vergütungsstrukturen vergleichbarer Leistungen aus dem vertragsärztlichen und privatärztlichen Bereich berücksichtigt und
3.
die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte sowie die finanziellen Auswirkungen der Vergütungsregelungen auf die Entwicklung der Prämien für die Tarife der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten angemessen berücksichtigt.
Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbarten oder von der Schiedsstelle festgesetzten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag bis zu der Entscheidung der Schiedsstelle weiter. Für die in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten und Tarife kann die Vergütung für die in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den entsprechenden Leistungserbringern oder den sie vertretenden Verbänden ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 und 3 geregelt werden; Satz 2 gilt entsprechend. Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 7 vereinbarten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag weiter.

(3c) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden mit dem Verband der privaten Krankenversicherung je eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einerseits und Vertretern des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften andererseits in gleicher Zahl, einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 134a Absatz 4 Satz 5 und 6 entsprechend. Im Übrigen gilt § 129 Abs. 9 entsprechend. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium der Finanzen; § 129 Abs. 10 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Behandlung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten der Anstaltsärzte und Anstaltszahnärzte sicherzustellen, soweit die Behandlung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Soweit die ärztliche Versorgung in der knappschaftlichen Krankenversicherung nicht durch Knappschaftsärzte sichergestellt wird, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(6) Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen.

(7) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben

1.
die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen,
2.
in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind,
3.
Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
3a.
bis zum 31. Dezember 2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Absatz 1a Satz 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
4.
Richtlinien für die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Absatz 1a Satz 2 aufzustellen,
5.
Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements aufzustellen und
6.
Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren aufzustellen, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 erfolgt.
Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 muss sicherstellen, dass die für die erbrachte Leistung zur Verfügung stehende Vergütung die Kassenärztliche Vereinigung erreicht, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde; eine Vergütung auf der Basis bundesdurchschnittlicher Verrechnungspunktwerte ist zulässig. Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 kann auch Regelungen über die Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung sowie über Verfahren bei Disziplinarangelegenheiten bei überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften, die Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen haben, treffen, soweit hierzu nicht in den Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind. Bei der Erarbeitung der Richtlinien nach Satz 1 Nummer 3a sind die Bundesfachstelle Barrierefreiheit sowie die maßgeblichen Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten nach § 140f zu beteiligen. Die Richtlinien nach Satz 1 Nummer 4 und 5 müssen auch sicherstellen, dass die von Vertragsärzten in Umsetzung der Richtlinienvorgaben genutzten elektronischen Programme von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zugelassen sind.

(7a) Abweichend von Absatz 7 Satz 2 muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 sicherstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.

(8) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die zur Ableistung der Vorbereitungszeiten von Ärzten sowie die zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung in den Praxen niedergelassener Vertragsärzte benötigten Plätze zur Verfügung stehen.

(9) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf deren Verlangen Verträge über die ambulante Erbringung der in § 24b aufgeführten ärztlichen Leistungen zu schließen und die Leistungen außerhalb des Verteilungsmaßstabes nach den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes oder deren Verbänden vereinbarten Sätzen zu vergüten.

(10) (weggefallen)

(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2, den nach § 72a Abs. 3 vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 1 und 2 Satz 1 richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. Die Zahl der Eigeneinrichtungen darf auf Grund vertraglicher Vereinbarung vermehrt werden, wenn die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 1 erfüllt sind.

(1a) In den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 7 können Versicherte auch zugelassene Krankenhäuser in Anspruch nehmen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; dies gilt auch, wenn die Terminservicestelle Versicherte in den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 in eine Notfallambulanz vermittelt. Die Inanspruchnahme umfasst auch weitere auf den Termin folgende notwendige Behandlungen, die dazu dienen, den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen.

(2) Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.

(3) Die Versicherten sollen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wählt einen Hausarzt. Der Arzt hat den Versicherten vorab über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung (§ 73) zu unterrichten; eine Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung hat er auf seinem Praxisschild anzugeben.

(3a) Die Partner der Verträge nach § 82 Abs. 1 haben geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, die einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme von Vertragsärzten entgegenwirken und den Informationsaustausch zwischen vor- und nachbehandelnden Ärzten gewährleisten.

(4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.

(5) Die Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung können unter den Knappschaftsärzten und den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen frei wählen. Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten in einem Widerspruchsverfahren.

2

Der Kläger ist als Radiologe und Nuklearmediziner zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Bescheid vom 18.4.2006 stellte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) seine Honorarabrechnungen für die Quartale I/2003 bis IV/2004 sachlich-rechnerisch richtig und forderte Honorar in Höhe von 154 714,43 Euro zurück. Der Kläger habe bestimmte Gebührenpositionen zum einen fehlerhaft angewendet, da sie nur bei diagnostischen Leistungen abgerechnet werden könnten, zu denen die Behandlungsweise des Klägers jedoch nicht gehöre; zum anderen hätten diese Leistungen nach den allgemeinen Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) nicht zusätzlich zur Gebührennummer 7070 EBM-Ä abgerechnet werden dürfen. Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch; eine Widerspruchsbegründung erfolgte nicht. Zeitgleich legte der Kläger selbst der Beklagten den Schriftsatz eines (anderen) Rechtsanwaltes aus einem vor dem SG Düsseldorf geführten, parallel gelagerten Verfahren vor und erläuterte sein Behandlungs- und Abrechnungsverhalten. Nach Einholung einer Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) half die Beklagte dem Widerspruch mit Bescheid vom 4.7.2006 ab und übernahm die Kosten des Widerspruchsverfahrens; die Zuziehung eines Rechtsanwalts erklärte sie jedoch für nicht notwendig, da der Bevollmächtigte des Klägers keine Stellungnahme abgegeben habe und der Sachverhalt zudem lediglich medizinisch zu beurteilen gewesen sei. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers ist ebenso wie die nachfolgende Klage erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 5.3.2008, Gerichtsbescheid des SG vom 30.10.2009).

3

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Zuziehung des Bevollmächtigten für notwendig zu erklären (Urteil vom 20.10.2010). Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren sei danach zu beurteilen, ob es der Widerspruchsführer im Zeitpunkt der Beauftragung seines Bevollmächtigten für erforderlich habe halten dürfen, durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden. Vorliegend sei die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die außerordentliche Höhe des Berichtigungs- bzw Kürzungsbetrages indiziert. Es könne einem Vertragsarzt nicht zugemutet werden, sich gegen Honorarkürzungen in einem Umfang, die seine Existenz berühren könnten, stets ohne anwaltliche Hilfe zu wehren. Aus der Sicht ex ante hätten schwierige Sach- und Rechtsfragen im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung der in Rede stehenden Gebührennummern eine Rolle spielen können; auch die Beklagte habe den Abrechnungssachverhalt - offenbar nicht zuletzt wegen dessen auch die (gebühren)rechtliche Dimension einschließender Bedeutung - der KÄBV zur Stellungnahme vorgelegt. Dass der Bevollmächtigte lediglich den Widerspruch erhoben habe, während der vom Kläger zur Widerspruchsbegründung eingereichte Schriftsatz von diesem selbst verfasst und vorgelegt worden sei, lasse bei der gebotenen Sicht ex ante die Notwendigkeit der Zuziehung nicht entfallen; es komme nicht ausschlaggebend darauf an, wie sich die Tätigkeit des Bevollmächtigten (bei Sicht ex post) nach Auftragserteilung im weiteren Verfahren tatsächlich gestaltet habe.

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Das BSG habe im Urteil vom 31.5.2006 (B 6 KA 78/04 R = SozR 4-1300 § 63 Nr 4) festgestellt, dass der formale Akt der Widerspruchserhebung durch den Bevollmächtigten ohne nähere Begründung nicht ausreichend sei. Auch hier habe sich das Handeln des Bevollmächtigten darauf beschränkt. Gespräche zur Beilegung der Honorarstreitigkeiten habe der Kläger mit ihr selbst geführt; zur Vorlage des Schriftsatzes eines anderen Rechtsanwaltes habe er nicht der Hilfe seines Bevollmächtigten bedurft. Die Höhe der streitigen Honorarrückforderung könne nicht als Indiz für eine notwendige Zuziehung eines Bevollmächtigten herangezogen werden, denn hieraus ergebe sich nicht, ob schwierige Sach- und Rechtsfragen eine Rolle spielten. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Fachgruppe des Klägers höhere Honorarzahlungen als andere Fachgruppen erhalte und es damit auch zu höheren Honorarberichtigungen komme. Im Übrigen habe der Kläger aus vorangegangenen Abrechnungsstreitigkeiten bereits einschlägige Erfahrungen gehabt, sodass ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Vertragsarzt bei der gegebenen Sach- und Rechtslage sich schon aus diesem Grund nicht eines Bevollmächtigten bedient hätte.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.10.2010 aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

6

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts sei zu bejahen, weil auch die Beklagte erst mit Hilfe der KÄBV zu der Rechtsauffassung gelangt sei, dass die Honorarkürzungen unbegründet gewesen seien. Nach der maßgeblichen ex-ante-Sicht seien komplizierte Rechtsfragen hinsichtlich der genauen Auslegung der Leistungslegende und des Verhältnisses der betroffenen Gebührennummern untereinander zu klären gewesen. Zutreffend habe das LSG auch die Höhe des Kürzungsbetrages berücksichtigt, denn hieraus habe sich eine wirtschaftlich existentielle Bedeutung der Angelegenheit für ihn ergeben.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

9

1. Die Beklagte, die ihrer sich aus § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ergebenden Verpflichtung, eine Kostengrundentscheidung zu treffen, bereits nachgekommen ist und die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach übernommen hat, war auch verpflichtet, dem Kläger die durch die Beauftragung eines Bevollmächtigten entstandenen Kosten zu erstatten. Nach § 63 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 SGB X sind im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs auch die Gebühren oder Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war(§ 63 Abs 2 SGB X); ob dies der Fall war, ist in der Kostenentscheidung zu bestimmen (§ 63 Abs 3 Satz 2 SGB X). Da diese Voraussetzungen gegeben sind, hat der Kläger Anspruch darauf, dass die Beklagte die Kostengrundentscheidung entsprechend ergänzt (zur Möglichkeit der Klage unmittelbar gegen Kostengrundentscheidungen im Widerspruchsbescheid s schon BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 35/10 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 16 RdNr 12).

10

2. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren (§ 63 Abs 2 SGB X)ist danach zu beurteilen, ob der Widerspruchsführer es für erforderlich halten durfte, im Widerspruchsverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19; zuletzt BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 13 RdNr 24; s schon BSG Beschluss vom 29.9.1999 - B 6 KA 30/99 B = MedR 2000, 246 mwN). Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn - zumindest auch - nicht ohne Weiteres zu klärende bzw nicht einfach gelagerte Sachfragen und/oder Rechtsfragen eine Rolle spielen und deshalb ein Bürger mit dem Bildungs- und Erfahrungsstand des Widerspruchsführers sich vernünftigerweise eines Rechtsanwalts bedient (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19; vgl schon BSG SozR 1300 § 63 Nr 12 S 44 mwN; BSG MedR 2000, 246). Bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer Zuziehung ist zudem die Bedeutung der Streitsache für den Widerspruchsführer zu berücksichtigen (BVerwG Urteil vom 24.5.2000 - 7 C 8/99 - juris RdNr 10 = Buchholz 428 § 38 VermG Nr 5; BVerwG Beschluss vom 21.12.2011 - 1 WB 51/11 - juris RdNr 19 = Buchholz 450.1 § 16a WBO Nr 3). Hierzu gehören auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der angefochtenen Entscheidung (BVerwG Urteil vom 24.5.2000 aaO - juris RdNr 11), sofern sie von nicht ganz unerheblicher Tragweite sind. Die einzelnen Gesichtspunkte sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu würdigen.

11

Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten beurteilt sich aus der Sicht des Widerspruchsführers nach der Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt der Zuziehung, also der förmlichen Beauftragung des Bevollmächtigten mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens - sogenannte ex-ante-Sicht (BSG MedR 2000, 246; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19; s auch BVerwG Urteil vom 24.5.2000 - 7 C 8/99 - juris RdNr 10 = Buchholz 428 § 38 VermG Nr 5, mwN; BVerwG Beschluss vom 21.12.2011 - 1 WB 51/11 - juris RdNr 20 = Buchholz 450.1 § 16a WBO Nr 3).

12

3. In vertragsarztrechtlichen Streitverfahren kann die Notwendigkeit der Zuziehung eines Anwalts nicht generell, sondern nur differenziert beurteilt werden. Für Verfahren der Zulassungsentziehung hat der Senat zwar die Zuziehung eines Bevollmächtigten allgemein für notwendig gehalten (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 13 RdNr 24)und sie - unter Abkehr von einer früheren Rechtsprechung - für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung zumindest dann bejaht, wenn nicht nur medizinische Fragen von Bedeutung sind (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 20). Eine derart eindeutige Zuordnung ist wegen der Vielfalt der möglichen Konstellationen bei sachlich-rechnerischen Richtigstellungen jedoch nicht möglich.

13

Richtigstellungsverfahren können auf der einen Seite eher banale Konstellationen der Fehlerberichtigung zum Gegenstand haben, etwa wenn die KÄV einen notwendigen, vom Arzt aber längst geführten Fachkundenachweis übersehen oder der Arzt unklare Angaben zum Beginn seiner Sprechstunde und damit zur Abgrenzung der Inanspruchnahme "zur Unzeit" gemacht hat. Um derartige Sachverhalte mit wenigen Sätzen klarzustellen, bedarf ein mit Abrechnungsfragen notwendigerweise vertrauter Vertragsarzt bei der gebotenen, am betroffenen Personenkreis orientierten Beurteilung (vgl hierzu auch BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 24 mwN)keines Rechtsanwaltes im Verfahren gegen seine KÄV. Auf der anderen Seite können dem Abrechnungsstreit aber auch komplexe rechtliche Fragen wie die Beachtung der Fachgebietsgrenzen, das Verhältnis von mehreren, in ihrem Wortlaut nicht eindeutigen Leistungstatbeständen der Gebührenordnungen zueinander oder die an Plausibilitätsprüfungen zu stellenden Anforderungen zugrunde liegen.

14

Ein Vertragsarzt darf immer dann anwaltliche Hilfe als notwendig erachten, wenn seine eigenen Hinweise auf offensichtliche Fehler der KÄV, Klarstellungen zum Abrechnungsverhalten oder rein medizinische Erläuterungen zum Behandlungsumfang aus seiner Sicht nicht ausreichen, um das Widerspruchsverfahren mit Aussicht auf Erfolg durchzuführen, und dem Verfahren zumindest eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Die Auslegung der Leistungslegenden der Gebührenordnungen, Regelungen über wechselseitige Ausschlüsse bei verschiedenen Leistungspositionen und die Voraussetzungen von zulässigen Parallelabrechnungen werfen in der Regel auch rechtliche Fragen auf, zu deren Klärung anwaltliche Hilfe nicht zuletzt auch zur Wahrung der "Waffengleichheit" gegenüber der KÄV, für die im Widerspruchsverfahren zumindest häufig Juristen tätig werden, angezeigt ist.

15

4. Bei Beachtung dieser Maßstäbe ist die Auffassung des LSG, der Kläger habe bei einem Umfang der drohenden Rückforderung von rund 155 000 Euro für acht Quartale die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens als notwendig ansehen dürfen, nicht zu beanstanden. Zum einen hat die von der Beklagten zurückgeforderte Honorarsumme eine Größenordnung, die für jede Arztpraxis von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite ist, sodass es keiner Beantwortung der von der Beklagten aufgeworfenen Frage bedarf, ob bzw welche Bedeutung der (durchschnittlichen) Höhe der an die Ärzte der jeweiligen Fachgruppe gezahlten Honorare zukommt. Zum anderen durfte der Kläger bei der gebotenen ex-ante-Beurteilung davon ausgehen, dass es im zugrundeliegenden Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung einer rechtlichen Klärung der für die Richtigstellungsentscheidung der Beklagten maßgeblichen Abrechnungsfragen bedurfte. Umstritten war sowohl die Auslegung des Leistungsinhalts bzw der Leistungslegende von Gebührenpositionen als auch das Verhältnis von mehreren, in ihrem Wortlaut nicht eindeutigen Leistungstatbeständen der Gebührenordnung zueinander. Für rechtlichen Klärungsbedarf spricht zudem der Umstand, dass es auch die Beklagte für erforderlich hielt, sich der Unterstützung der KÄBV zu bedienen.

16

Ohne Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, ob der Kläger bereits Erfahrungen aus vorangegangenen Abrechnungsstreitigkeiten gehabt hat. Dies wäre allenfalls dann relevant, wenn es dort um identische Abrechnungsfragen gegangen wäre; der bloße Umstand, dass die KÄV bereits in der Vergangenheit die Abrechnungen des Vertragsarztes sachlich-rechnerisch richtiggestellt hat, genügt nicht.

17

5. Klarzustellen ist, dass es für die Beurteilung der Notwendigkeit einer Zuziehung ohne Bedeutung ist, ob der Bevollmächtigte den Widerspruch eingehend oder überhaupt begründet hat und/oder ob dessen Tätigkeit für den Erfolg des Widerspruches ursächlich ist. Soweit der Senat im Urteil vom 31.5.2006 (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 22-23) - obiter dictum - ausgeführt hat, dass für den Fall, dass ein Widerspruch ohne nähere Begründung eingelegt wird und der Prüfungsausschuss aufgrund eigener nochmaliger Überprüfung dem Rechtsbehelf abhilft, "keine Notwendigkeit für die Zuziehung eines Rechtsanwalts" besteht, weil der formale Akt der Widerspruchserhebung jedem Vertragsarzt auch ohne anwaltliche Unterstützung zumutbar sei, hält er hieran nicht mehr fest.

18

Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, kann es bei der gebotenen ex-ante-Sicht nicht darauf ankommen, wie sich die Tätigkeit des Bevollmächtigten nach Auftragserteilung im weiteren Verfahren hinsichtlich Art und Umfang tatsächlich gestaltet hat (in diesem Sinne schon BVerwG Urteil vom 26.1.1996 - 8 C 15/95 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 36 = BayVBl 1996, 571). Das Fehlen einer Widerspruchsbegründung lässt die einmal gegebene Notwendigkeit der Hinzuziehung nicht wieder entfallen. Weder das Begründen des Widerspruchs an sich noch die Qualität der Widerspruchsbegründung ist für die ex-ante zu beantwortende Frage der Notwendigkeit der Zuziehung von Bedeutung; dies ist bereits denklogisch ausgeschlossen. Es kommt allein darauf an, ob der Widerspruchsführer wegen der Schwierigkeit der Materie und/oder der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache einen Rechtsanwalt hinzuziehen durfte. Wäre der quantitative Umfang oder die Qualität der Arbeit des Bevollmächtigten für die Beurteilung der Notwendigkeit iS des § 63 Abs 2 SGB X maßgeblich, würden Umstände berücksichtigt, die zum maßgeblichen Zeitpunkt - Beauftragung des Anwalts - noch nicht bekannt sein können.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.