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| Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. |
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| Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht und ohne Ermessensfehler eine Übergangsleistung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BKV in Form eines einmaligen Betrags bewilligt und die Gewährung einer sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren erstreckenden wiederkehrenden Zahlung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BKV abgelehnt. |
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| Besteht für Versicherte die Gefahr, dass eine Berufskrankheit entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert, haben die Unfallversicherungsträger dieser Gefahr gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BKV mit allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken; ist die Gefahr gleichwohl nicht zu beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger gemäß Satz 2 der Vorschrift darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. |
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| Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, haben zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BKV Anspruch auf Übergangsleistungen. Als Übergangsleistung wird nach Satz 2 dieser Vorschrift entweder |
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| 1. ein einmaliger Betrag bis zur Höhe der Vollrente oder |
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| 2. eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Höhe eines Zwölftels der Vollrente längstens für die Dauer von fünf Jahren gezahlt. |
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| Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit sind hierbei nach Satz 3 der Vorschrift nicht zu berücksichtigen. |
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| Die in § 3 Abs. 2 BKV genannten Übergangsleistungen sind keine Entschädigungsleistungen, sondern haben den Zweck, den Versicherten im Rahmen der Prävention und zur Vorbeugung weiterer Gesundheitsgefahren zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zu veranlassen (BSG vom 7. September 2004 - B 2 U 27/03 R m. w. N.). Der Zweck der Übergangsleistung besteht darin, beruflich bedingten Erkrankungen möglichst dadurch vorzubeugen, dass Anreize gesetzt werden, die gefährdende Tätigkeit rechtzeitig zu unterlassen. Diese Anreizfunktion ist in erster Linie auf das subjektive Reagieren des betreffenden Versicherten ausgerichtet. Bei einer vorübergehenden Unterbrechung der gefährdenden Tätigkeit ist ein nach außen klar erkennbarer Entschluss erforderlich, wegen einer drohenden Berufskrankheit auf Dauer keine Arbeit mehr auf einem gefährdenden Arbeitsplatz zu verrichten (BSG vom 20. Februar 2001 - B 2 U 10/00 R; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. März 2015 – L 9 U 138/13 –, Rn. 35, juris). Eine nur teilweise Reduzierung der gefährdenden Tätigkeit führt nicht zu einem Ausgleichsanspruch nach § 3 Abs. 2 S. 1 BKV. Dessen präventive Zielrichtung kann nur bei einer vollständigen Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit erreicht werden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2001 - B 2 U 10/00 R). Der vollständige Unterlassungszwang nach § 3 Abs. 2 S. 1 BKV ist auch verfassungsgemäß (hierzu Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 06. Dezember 2012 – L 1 U 1664/10 –, juris). |
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| Die Beklagte hat demnach einerseits zu Recht solange die Leistung nicht bewilligt, bis der Kläger eindeutig erklärt hat, seinen im Sinne von § 3 Abs. 1 BKV gefährdenden Beruf nicht mehr ausüben zu wollen (Erklärung des Klägers vom 18.04.2014), und deswegen einen Verdienstausfall zu verzeichnen hatte (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 03. Februar 2012 – L 9 U 267/08 –, juris Rn. 31). |
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| Andererseits wurde durch diese Erklärung des Klägers die letzte noch fehlende Anspruchsvoraussetzung für den Anspruch des Klägers auf eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung über die Art und Höhe der Übergangsleistung nach § 3 Abs. 2 BKV erfüllt (BSG, Urteil vom 22. März 2011 - B 2 U 12/10 R -, BSGE 108, 28 ff und juris Rn. 21). |
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| Die Übergangsleistung soll das übergangslose Absinken im wirtschaftlichen Status vermeiden. Sie ist darauf angelegt, innerhalb des normativ bestimmten Zeitraums durch vollständigen bis teilweisen Ausgleich der infolge Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit entstehenden wirtschaftlichen Nachteile von der wirtschaftlichen Situation vor Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zu der danach eintretenden wirtschaftlichen Situation überzuleiten. Der Versicherte soll innerhalb dieser Zeit - unterstützt durch die Übergangsleistung - versuchen, seinen wirtschaftlichen Status so zu gestalten, dass er ggf. zusammen mit ihm zustehenden Leistungen wie Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit wieder das Niveau vor Auftreten der Berufskrankheit erreicht. Dagegen dient die Übergangsleistung nicht dem Ersatz eines (in der Vergangenheit) eingetretenen Schadens. Sie ist nicht als Ausgleich des Schadens gedacht, den der Versicherte durch die krankheitsbedingte Tätigkeitsaufgabe in Form des Minderverdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile erleidet (BSG vom 22. März 2011 - B 2 U 12/10 R). |
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| Vorliegend stellt sich indes das Problem, dass die Vorschrift keine konkreten Vorgaben dazu macht, wann von einem Anspruch auf eine einmalige Leistung oder einem Anspruch auf eine gestaffelte Leistung über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren auszugehen ist. Aufgrund der Formulierung der Vorschrift ist hierbei davon auszugehen, dass auch insoweit eine Ermessensentscheidung der Behörde vorliegt, welche demnach insbesondere den Zweck der gesetzlichen Regelung und die gesamten wesentlichen Umstände des Einzelfalls des Klägers zu berücksichtigen hat (vgl. BSG, Urteil vom 4.5.1999, Az. B 2 U 9/98 R; SG Ulm, Urteil vom 30. Oktober 2008 – S 10 U 455/07 –, Rn. 32, juris). |
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| Ausgehend von der Intention des Gesetzgebers, eine Anpassung an eine neue wirtschaftliche Situation des Betroffenen zu ermöglichen, ist ein wesentliches Kriterium für die Unterscheidung zwischen den beiden Leistungsarten, ob von einem vorübergehenden oder einem längeren Unterstützungsbedarf auszugehen ist. Der einmalige Betrag kommt danach vorrangig bei überschaubarem, also nicht lange andauerndem Minderverdienst sowie bei einmaligen Mehraufwendungen in Frage kommen (Gründung einer Existenz, Umzug, Abstandszahlung), die laufende Leistungsgewährung demgegenüber vorrangig dann, wenn die durch die Aufgabe der bisherigen Tätigkeit bewirkten Nachteile von längerer Dauer sein werden (Mehrtens/Brandenburg in: Mehrtens/Brandenburg, BKV - Die Berufskrankheitenverordnung, 10/07, BKV G 3, Rn. 5.2). Da § 3 Abs. 2 BKV hierüber keine Aussage trifft, muss der mit einem einmaligen Betrag abgegoltene Minderverdienst nicht in einem Jahr anfallen, er kann sich auch aus den erwarteten wirtschaftlichen Nachteilen der nächsten Jahre ergeben (Mehrtens/Brandenburg, G § 3 RdNr. 5.2). Die maximal in einem Jahr mögliche Leistung wird jedoch durch die Höhe der Jahresvollrente begrenzt (Römer in: Hauck/Noftz, SGB, 05/13, § 3 BKV, Rn. 64 f.). |
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| In der Praxis dürfte danach häufig ein laufender Minderverdienst vorliegen, der durch monatliche Zahlungen auszugleichen ist, weil die durch den Arbeitsplatzwechsel bewirkten Nachteile von längerer Dauer sind. Erwachsen dagegen durch die Aufgabe der bisherigen Beschäftigung einmalige größere Ausgaben (z.B. Umzug, Gründung einer selbständigen Existenz), kann die Gewährung eines einmaligen Betrages zweckmäßiger sein(Nehls in: Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 12/11, US 0690 S. 7; juris). |
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| Die Beklagte hat sich bei ihrer Entscheidung über die Gewährung einer Einmalzahlung im Rahmen des der gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Ermessens gehalten. Sie hat eingehend und schlüssig begründet, weswegen in ihren Bescheiden die Möglichkeit einer Einmalzahlung für einschlägig gehalten worden ist. Hierbei durfte die Beklagte sich zur Begründung auch auf ihr Hinweisschreiben vom 01.09.2014 stützen, zumal der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter auf dieses im Widerspruchsverfahren übersandte Schreiben nicht mehr geantwortet haben. Auch auf die vorherige Ankündigung einer Einmalzahlung mit Schreiben vom 30.01.2014, welche die Beklagte mit der absehbaren Berufsaufgabe und dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben begründet hatte, hat der Kläger nicht reagiert. Es ist nicht zu erkennen, dass die Beklagte damit in einer dem Zweck der Ermessensermächtigung nicht entsprechenden Weise entschieden hat (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG und § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I); insbesondere ist ein Ermessensfehl- oder nichtgebrauch nicht zu erkennen (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2009 – L 2 KN 155/08 U –, Rn. 21, juris). |
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| Hierbei ist zu beachten, dass die Ermessensentscheidung der Beklagten mit einer von ihr vorzunehmenden Prognoseentscheidung verknüpft war, die zu berücksichtigen hatte, wie lange der Kläger voraussichtlich einen Minderverdienst erzielen werde. Diese Besonderheit führt dazu, dass der hier entscheidende Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens am 21.11.2014 (Datum des Widerspruchsbescheides) ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl. 2014, § 54 Rn. 34a; vgl. etwa BSG, Beschluss vom 17. November 2009 – B 11 AL 87/09 B –, Rn. 6, juris). Grundlage der Prognose können daher nur bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens, also spätestens bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides erkennbare Umstände sein. Maßgebend ist der aufgrund der Angaben des Antragstellers bzw. Versicherten verfahrensfehlerfrei ermittelte Kenntnisstand der Verwaltung (vgl. BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 4 RdNr. 16; BSG, Urteil vom 02. April 2014 – B 3 KS 4/13 R –, SozR 4-5425 § 3 Nr. 3, Rn. 30). |
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| Am 21.11.2014 lagen der Beklagten indes lediglich Aussagen des Klägers und der DGUV job dahingehend vor, dass für den damals 62 Jahre alten Kläger keine konkrete berufliche Perspektive bestand und dieser insbesondere auch keine weitere berufliche Tätigkeit anstrebte. Dies deckt sich mit dem Gesprächsprotokoll des Reha-Managers der Beklagten vom 26.06.2014, wonach der Kläger keine Möglichkeit einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sah. |
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| Die Beklagte musste daher bei ihrer Entscheidung am 21.11.2014 davon ausgehen, dass der Kläger nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein wird. Da der Kläger auch vorher nicht abhängig beschäftigt war, sondern in der Unternehmerversicherung war, musste die Beklagte daher von einem Einschnitt in der Biographie des Klägers mit einem erheblichen, einmaligen Umstellungsbedarf ausgehen, dem eine Einmalleistung im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VII grundsätzlich gerecht werden kann. |
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| Erst zu einem späteren Zeitpunkt und insbesondere im Klageverfahren hat der Kläger dann substantiiert vorgetragen, dass er durchaus weiter nach einer Beschäftigung gesucht habe. |
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| Der pauschalen Widerspruchsbegründung des Bevollmächtigten vom 08.08.2014, wonach der Kläger noch nicht aus dem Erwerbsleben ausscheiden wolle, konnte dies nicht zuverlässig entnommen werden, weil der Kläger selbst kurz zuvor am 26.06.2014 andere Äußerungen getätigt hatte, wonach er keine konkreten Erwerbsmöglichkeiten sah und sich auch nicht hierum bemühte. Zudem hatte der Kläger in diesem Gespräch auch von einer erheblichen Verschlimmerung seiner Atemwegserkrankung berichtet, weswegen er durch vielfältige Arzt- und Krankenhaustermine zusätzlich eingebunden gewesen sei. |
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| Abgesehen davon, dass der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter sich insoweit widersprüchlich verhalten haben, sind die späteren Erkenntnisse im Hinblick auf die Beschäftigungsabsichten des Klägers nach dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bereits nach den obigen Ausführungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Prüfung der Entscheidung der Beklagten irrrelevant. Der Kläger hatte schlüssig den Abschluss mit dem Erwerbsleben signalisiert, insbesondere gegenüber der DGUV job, weswegen er sich hieran festhalten lassen muss. Die Beklagte durfte daher auch davon ausgehen, dass keine Anpassung an eine neue Tätigkeit mit gestreckten Übergangsleistungen, sondern die Anpassung auf den frühzeitig eingetretenen Ruhestand mit einer Einmalzahlung zu bewerkstelligen war. |
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| Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Prognoseentscheidung der Beklagten durch die spätere Entwicklung vollumfänglich bestätigt worden ist, denn der Kläger hat keine andere Erwerbsmöglichkeit mehr gefunden. |
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| Eine Staffelung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze von 67 Jahren hätte insoweit zum einen keinen Sinn ergeben, weil der Kläger nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war. Zum anderen war der entscheidende Einschnitt bereits erfolgt, so dass durch die Gewährung einer Einmalzahlung hier auch die maximale Dispositionsbefugnis des Klägers zur Bewältigung des bereits eingetretenen Umbruchs gewährleistet war. Da der Kläger auch keine anderen Erwerbsquellen suchte, hätte insoweit auch die Staffelung der Leistung über mehrere Jahre nicht die mit der Staffelungsmöglichkeit bezweckte langsame Anpassung an bzw. Umstellung auf die neuen Umstände erreicht werden können. |
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| Die späteren Nachweise des Klägers dazu, dass er sich durchaus um eine weitere Beschäftigung bemüht hatte, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Zwar hat das BSG darauf hingewiesen, dass die insoweit maßgeblichen Umstände des Einzelfalles dazu führen können, dass der Unfallversicherungsträger im Rahmen seiner Beobachtungspflicht die Entschädigungsleistung anzupassen oder zu ändern hat (BSG, Urteil vom 04. Dezember 2001 – B 2 U 6/01 R –, juris). Nach dem Normzweck des § 3 Abs. 2 BKV ist jedoch davon auszugehen, dass diese Beobachtungspflicht nur für den laufenden Leistungsbezug gilt und nicht dann, wenn ermessensfehlerfrei eine Einmalzahlung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BKV bewilligt wurde (in diesem Sinne wohl Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 21. Dezember 2000 – L 3 U 117/99 –, Rn. 18, juris). |
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| Hinsichtlich der Höhe der bewilligten Einmalzahlung sind Berechnungsfehler weder ersichtlich noch vorgetragen, weswegen insoweit nach § 136 Abs. 3 SGG auf die Berechnung in den angegriffenen Bescheiden Bezug genommen wird. |
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