Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 28. Nov. 2014 - S 1 SO 750/14

bei uns veröffentlicht am28.11.2014

Tenor

Der Bescheid vom 23. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Februar 2014 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, die ungedeckten Heimkosten für die Unterbringung des Klägers in der Pflegeeinrichtung Seniorenresidenz O., Karlsruhe, ab dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen Aufnahme dort aus Mitteln der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe zu übernehmen.

Die Beklagte erstattet dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Übernahme ungedeckter Heimkosten für die Pflegeeinrichtung Seniorenresidenz O., Karlsruhe, aus Mitteln der Hilfe zur Pflege nach den Bestimmungen des Siebten Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der 1949 geborene Kläger leidet an einer schweren Intelligenzminderung mit Verhaltensstörungen und depressiven Symptomen bei Morbus Down sowie einer Prostatahyperplasie. Er ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt; außerdem sind ihm die Nachteilsausgleiche „G“, „B“, „H“, „RF“ und „aG“ zuerkannt. Seit dem 01.08.1996 ist er in die Pflegestufe I eingestuft. Der Kläger ist seit dem 01.12.2005 vollstationär im M., P.-B., einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, untergebracht. Die Beklagte gewährt ihm seit dem 01.12.2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zzgl. eines monatlichen Barbetrages.
Am 26.06.2013 zeigten die Betreuer des Klägers der Beklagten an, sie beabsichtigten eine Verlegung des Klägers in die Pflegeeinrichtung Seniorenresidenz O., Karlsruhe. Zugleich beantragten sie die Übernahme der ungedeckten Heimkosten aus Mitteln der Hilfe zur Pflege. Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich seit einem halben Jahr verschlechtert. Es seien nunmehr vermehrt Not- und Facharztbesuche erforderlich. Außerdem seien sie - die Betreuer - mit der Wohn- und Pflegesituation im M. nicht mehr zufrieden. Der Kläger wünsche deshalb den Übertritt in eine Pflegeeinrichtung in der Nähe seiner Betreuerin. Die Beklagte lehnte den Antrag nach Einholung einer Heimkostenübersicht von Karlsruher Pflegeheimen ab: Die Unterbringung des Klägers in der Seniorenresidenz O. verursache gegenüber einer Unterbringung in den ebenfalls geeigneten und verfügbaren Pflegeeinrichtungen „A“ oder „I“ Mehrkosten von monatlich 488,40 EUR bzw. 388,20 EUR, mithin Mehrkosten im Umfang von 17,63 % bzw. 14,02 %. Diese Mehrkosten seien unverhältnismäßig. Beide Pflegeheime lägen zudem in der Nähe des bisherigen Eingliederungsheims; durch eine Unterbringung des Klägers dort komme es deshalb nicht zu einer Änderung seines Besuches. Im Übrigen sei sie bei der Verlegung des Klägers in ein Pflegeheim gerne behilflich (Bescheid vom 23.08.2013).
Zur Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs trugen die Betreuer des Klägers im Wesentlichen vor, die Ablehnung der Kostenübernahme verstoße gegen das Recht auf freie Heimwahl. In der Seniorenresidenz O. seien außerdem andere Personen mit Sozialhilfe-Bezug untergebracht. Damit liege in der Entscheidung der Beklagten auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und die UN-Behindertenrechtskonvention vor. Auf Aufforderung der Beklagten, die Notwendigkeit des Wechsels des Klägers von einem Eingliederungshilfeheim in ein Pflegeheim durch ein MDK-Gutachten oder Ähnliches zu belegen, übersandten die Betreuer das Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. Ho., der den Wechsel des Klägers in die Seniorenresidenz O. „befürwortet“. Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, Mainz, wies den Widerspruch zurück: Zwar gehöre der Kläger zu dem Personenkreis, der dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme von Heimunterbringungskosten habe und Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme ungedeckter Heimunterbringungskosten aus Sozialhilfemitteln erhalten könne. Die begehrte Hilfe für eine Unterbringung in der Seniorenresidenz O. sei jedoch ausgeschlossen, weil ein Aufenthalt in dieser Einrichtung unverhältnismäßige Mehrkosten verursache. Deshalb brauche die Beklagte dem Wunsch des Klägers nach einer Unterbringung dort nicht zu entsprechen. Ein Aufenthalt in den von der Beklagten benannten Pflegeheimen stelle eine konkrete und zumutbare Alternative zu der vom Kläger gewünschten Einrichtung dar: Es sei nichts dafür ersichtlich, der Kläger werde in den genannten Einrichtungen nicht adäquat betreut. Da diese Pflegeheime zudem in der Nähe der bisherigen Behinderteneinrichtung lägen, sei auch die Erreichbarkeit für die Betreuerin gewährleistet und könnten bereits geknüpfte Kontakte aufrecht erhalten bleiben. Sozialhilfe solle nicht ein Höchstmaß, ein Optimum an Hilfe sicherstellen, sondern habe sich grundsätzlich am Maß des Notwendigen zu orientieren (Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014).
Deswegen hat der Kläger am 03.03.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das von ihm gewünschte Pflegeheim liege nur 950 m von der Wohnung seiner Betreuerin entfernt. Diese sei seine einzige Angehörige und kenne ihn seit seiner Geburt. Die Seniorenresidenz O. sei für die Durchführung der erforderlichen Hilfemaßnahmen geeignet und verfüge auch über ein von ihm aus gesundheitlichen Gründen benötigtes Einzelzimmer. Seine Aufnahme dort sei problemlos möglich. Im Vergleich zu anderen Heimen mit Einzelzimmern sei diese Einrichtung auch nicht teurer. Bei der Prüfung der Angemessenheit seines Wunsch- und Wahlrechts habe die Beklagte zu Unrecht allein auf die Kostenfrage abgestellt. Zu beachten seien indes neben der Verwirklichung seines Lebens in örtlicher Nähe zu den Angehörigen auch die Möglichkeit einer Einzelzimmerunterbringung. Mehrkosten um bis zu 30 % seien jedenfalls dann nicht unangemessen, wenn diese durch nachvollziehbare Motive und die Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe, die verwirklicht werden könnten, kompensiert würden (Hinweis auf SG Freiburg vom 01.03.2011 - S 9 SO 2640/10 -). Der Tagespflegesatz der Seniorenresidenz O. von 92,35 EUR übersteige die durchschnittlichen Heimpflegekosten in Karlsruhe von täglich 84,66 EUR um nicht einmal 10 %. Die von der Beklagten benannten alternativen Pflegeheime seien „gänzlich untauglich“, da dort teilweise keine freien Plätze vorhanden seien, die Pflegeheime teilweise keine Sozialhilfeempfänger aufnähmen oder nicht über die Möglichkeit verfügten, geistig behinderte Personen zu betreuen. Ein Verleiben in seiner vertrauten Umgebung im Bereich des M. sei für ihn nicht entscheidend, weil er ohne fremde Hilfe das Pflegeheim ohnedies nicht verlassen könne. Wegen der erforderlichen Begleitung zu notwendigen Arztbesuchen sei deshalb die räumliche Nähe zu seiner 81-jährigen Betreuerin wichtiger. Diese besitze jedoch keinen Pkw. Nicht zutreffend sei das Vorbringen der Beklagten, die Seniorenresidenz O. habe eine anderweitige Unterbringung des Klägers befürwortet. Zur Stützung seines Begehrens legt der Kläger u.a. das Schreiben der Seniorenresidenz O. vom 19.09.2014 vor.
Die Kammer hat eine informatorische Auskunft der Hausleitung des Ma. Karlsruhe zu den monatlichen Pflegeheimkosten für ein Einzelzimmer in der Pflegestufe 1 eingeholt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 23. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die ungedeckten Heimkosten für seine Unterbringung in der Pflegeeinrichtung Seniorenresidenz O. ab dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen Aufnahme dort aus Mitteln der Hilfe zur Pflege in gesetzlicher Höhe zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Eine Unterbringung des Klägers in der von ihm gewünschten Einrichtung verursache gegenüber gleich geeigneten und verfügbaren Pflegeeinrichtungen unverhältnismäßige Mehrkosten. Gesundheitliche Gründe oder pflegerische Unterschiede der Heime, die gegebenenfalls eine abweichende Entscheidung begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch liege keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vor, denn sie - die Beklagte - habe bislang keine Hilfeempfänger in der vom Kläger bevorzugten Einrichtung untergebracht. Von ihr angefragte (und im Einzelnen benannte) Pflegeheime in Karlsruhe verfügten sowohl über Einzelzimmer und seien auch bereit, Personen mit geistiger Behinderung aufzunehmen. Die dortigen Kosten lägen jeweils deutlich unter dem täglichen Pflegesatz der vom Kläger bevorzugten Einrichtung. Objektive Kriterien für eine bessere Unterbringung oder Pflege in der dortigen Einrichtung seien nicht erkennbar. Soweit die von ihr benannten Pflegeheime aktuell nicht über freie Plätze verfügten, stelle dies nur eine Momentaufnahme dar, die sich aufgrund der ständigen Fluktuation auch kurzfristig wieder ändern könne. Diese Heime seien für die Betreuerin des Klägers auch problemlos erreichbar. Ergänzend legt die Beklagte eine Übersicht über die Kosten in Karlsruher Pflegeheimen, Stand 01.07.2014, vor.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn die Beklagte ist verpflichtet, die bei einer vollstationären Unterbringung des Klägers in der Pflegeeinrichtung Seniorenresidenz O., Karlsruhe, entstehenden ungedeckten Heimkosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege aus Mitteln der Sozialhilfe in gesetzlicher Höhe zu übernehmen.
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1. Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass bisher keine Aufwendungen für eine entsprechende Pflege des Klägers entstanden sind und ein dahingehender Heimvertrag zwischen ihm und dem Heimträger noch nicht vorliegt. Zwar ist der sozialhilferechtliche Anspruch auf Hilfe zur Pflege bei stationären Leistungen auf Kostenübernahme im Sinne eines Schuldbeitritts durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl. BSGE 102, 1 ff; LSG Berlin-Brandenburg, SAR 2014, 74 ff und zuletzt BSG vom 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R - ) ausgerichtet und eine vertragliche Vereinbarung, zu der ein Schuldbeitritt durch die Beklagte erklärt werden könnte, fehlt noch. Gleichwohl hat der Kläger konkret die Möglichkeit des Abschlusses eines Heimvertrages mit dem Träger der von ihm gewünschten Pflegeeinrichtung für den Fall, dass es zu einer Bewilligung der Hilfe zur Pflege kommt. Damit ist das Entstehen ungedeckter Heimkosten - der Kläger verfügt neben Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung über keine laufenden Einkünfte - hinreichend greifbar und bestimmt. Es würde jedenfalls aus Sicht der Kammer zu einer Verweigerung effektiven Rechtsschutzes führen und damit gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verstoßen, wollte man von dem Kläger den vorherigen Abschluss eines Heimvertrages und damit die Übernahme eines Kostenrisikos verlangen, ohne dass zuvor die Frage der Einstandspflicht der Beklagten geklärt ist.
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2. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Die Hilfe zur Pflege umfasst nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII u.a. die stationäre Pflege. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens auch unzweifelhaft, dass der Kläger - insbesondere aufgrund der ihm zuerkannten Pflegstufe I sowie seiner Anerkennung als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 und Zuerkennung des Merkzeichen „H“ (= hilflos) - zu dem grundsätzlich leistungsberechtigten Personenkreis des § 61 SGB XII gehört. Denn er bedarf für eine Vielzahl der in § 61 Abs. 5 SGB XII genannten, gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens dauerhaft fremder Hilfe.
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Auf Sozialhilfe, und damit auch auf Hilfe zur Pflege (§ 8 Nr. 5 SGB XII), besteht ein Rechtsanspruch (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII), denn die Leistungen der Hilfe zur Pflege sind als Pflichtleistungen („… ist… zu leisten“) ausgestaltet (vgl. Meßling in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 61, Rn. 163). Da die einschlägigen Vorschriften über die Hilfe zur (vollstationären) Pflege hinsichtlich des „Wie“ das Ermessen nicht ausschließen, ist gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII über Art und Maß der Leistungserbringung - hierzu gehört auch die Frage, in welcher Einrichtung Hilfe zur - hier: stationären - Pflege gewährt wird (vgl. Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, § 17, Rn. 7) - und damit insbesondere über die hier zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, in welcher Höhe ungedeckte Heimunterbringungskosten zu übernehmen sind, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist zu beachten, dass Sozialhilfe ihrer Art nach nicht schematisch gewährt werden kann, sondern sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushaltes bei der Hilfe zum Lebensunterhalt zu richten hat (Individualisierungsprinzip, vgl. § 9 Abs. 1 SGB XII). Denn gem. § 1 Satz 1 SGB XII ist es Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.
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Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Aus dieser Regelung folgt ein gebundenes Ermessen („soll“). Berechtigten Wünschen des Hilfesuchenden bzw. des Leistungsberechtigten ist mit Blick auf das Grundrecht auf Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) Rechnung zu tragen (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 9, Rn. 32). Soweit mithin mehrere Handlungsalternativen existieren, handelt es sich bei dem Wunsch- und Wahlrecht um einen Ermessensgesichtspunkt, der vom Sozialhilfeträger im Rahmen seiner Ermessenserwägungen zu berücksichtigen ist (vgl. Sächs. LSG vom 28.08.2008 - L 3 B 613/07 SO ER - und Roscher, LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 9, Rn. 20). Das Wunsch- und Wahlrecht ist für die Rechtsstellung des Hilfesuchenden, der Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nimmt, von zentraler Bedeutung. Denn der Bürger soll bei der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht entmündigt und nicht zum bloßen Objekt behördlichen Handelns werden (vgl. Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 9, Rn. 14 und Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O., § 9, Rn. 5), sondern in seiner Eigenständigkeit weitgehend geschützt und im Sinne der Zielsetzung des § 1 SGB XII unterstützt werden. Das Wunsch- und Wahlrecht kann sich auch auf den Eintritt in eine bestimmte Pflegeeinrichtung richten.
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Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB XII soll Wünschen der Leistungsberechtigten, u.a. den Bedarf stationär zu decken, nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann, und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels SGB XII bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wären (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).
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3. Orientiert an diesen rechtlichen Bestimmungen und Maßstäben sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und hat der Kläger Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten bei seiner Aufnahme in die Pflegeeinrichtung Seniorenresidenz O., Karlsruhe. Denn der Wunsch des Klägers nach Aufnahme gerade in diese Einrichtung ist angemessen und verursacht zur Überzeugung der Kammer keine unverhältnismäßigen Mehrkosten.
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a) Die Beklagte stellt zunächst - wie sich u.a. aus der Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides ergibt - nicht in Abrede, dass aufgrund der gesundheitlichen Situation, insbesondere der von der Betreuerin geschilderten Verschlechterung des Gesundheitszustands und der vermehrten Inanspruchnahme ärztlicher Behandlungen, ein Übertritt des Klägers von der bisherigen Eingliederungseinrichtung in eine Pflegeeinrichtung erforderlich ist. Ein solcher Wechsel ist auch für das Gericht nachvollziehbar.
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b) Der Wunsch des Klägers auf Übertritt in die Einrichtung Seniorenresidenz O. ist angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, um dadurch eine den gesetzlichen Zielen der Hilfe zur Pflege entsprechende Bedarfsdeckung zu erreichen (vgl. hierzu Luthe, a.a.O., Rn. 69 und Roscher, a.a.O., Rn. 25). Bei dem Begriff der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. Luthe, a.a.O., Rn. 141). Die Seniorenresidenz O. ist eine Pflegeeinrichtung, die geeignet und grundsätzlich in der Lage ist, den geistig und körperlich behinderten Kläger aufzunehmen und die im Einzelfall erforderlichen Pflegemaßnahmen fachgerecht durchzuführen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Gerichts aus dem Schreiben der Heimleitung der Seniorenresidenz O. vom 19.09.2014 wie auch deren Internetauftritt unter www.karlsruhe.de/b3/soziales/personengruppen/senioren/seniorenwegweiser/pflege und hilfe/pflegeheime/seniorenresidenz O.. Gegenteiliges behauptet auch die Beklagte nicht. Dass nach dem vorgenannten Schreiben in der vom Kläger gewünschten Pflegeeinrichtung aktuell kein Einzelzimmer, und damit kein Pflegeplatz, für den Kläger zur Verfügung steht, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Angabe, die nach der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 15.07.2014 übersandten Übersicht vom 01.07.2014 über telefonische Anfragen u.a. zur Verfügbarkeit freier Heimplätze auch auf andere, von ihr vorgeschlagene alternative Pflegeeinrichtungen zutrifft, stellt, was auch die Beklagte einräumt, lediglich eine Momentaufnahme dar. Diese kann sich angesichts der auch gerichtsbekannten Fluktuation in Pflegeeinrichtungen jeweils kurzfristig ändern.
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c) Weiter ist festzustellen, dass zu der von dem Kläger gewünschten Pflegeeinrichtung mit Unterbringung in einem Einzelzimmer vergleichbare und von der Beklagten auch konkret benannte alternative Pflegeeinrichtungen in Karlsruhe vorhanden sind, deren Inanspruchnahme dem Kläger aus Sicht des erkennenden Gerichts ohne Beeinträchtigung des Pflegeerfolgs ebenfalls grundsätzlich zumutbar wäre, so die Pflegeheime „I“, Karlsruhe-G., „AW-Haus“ und „F-Haus“, jeweils Karlsruhe-W., „E.“, Karlsruhe-Gr., und „AK-Haus“, Karlsruhe-R.. Denn all diese Einrichtungen nehmen nach den von der Beklagten eingeholten glaubhaften telefonischen Auskünften - auch - Menschen mit geistiger Behinderung wie den Kläger auf und verfügen entsprechend der vorgelegten Telefonübersicht wie auch dem jeweiligen Internetauftritt der Pflegeheime über die Möglichkeit der Unterbringung von Pflegebedürftigen in Einzelzimmern. Dass die Träger dieser Einrichtungen nicht bereit oder in der Lage wären, den Kläger aufzunehmen (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 02.09.2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B- ), ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich. Für die von der Beklagten ebenfalls benannte Pflegeeinrichtung „Ma.“ gilt dies allerdings nur eingeschränkt. Denn nach der vom Gericht von der Heimleitung eingeholten schriftlichen Auskunft vom 28.10.2014 verfügt diese Einrichtung nur über eine kleine Pflegestation, die für die dortigen Bewohner „Betreutes Wohnen“ vorgehalten ist. Nur in seltenen Fällen, wenn ein Bett frei ist, nimmt diese Einrichtung auch Pflegebedürftige „von außen“ auf.
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d) Der Kläger bzw. seine Betreuerin haben dem Gericht auch nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen der Kläger eine Unterbringung in der Seniorenresidenz O. vorzieht. Insbesondere ist es ohne weiteres einleuchtend und nachvollziehbar, dass er angesichts der Schwere und der Auswirkungen seiner Gesundheitsstörungen, vor allem seiner geistigen Behinderung und der im Situationsbericht des Martinshauses vom 19.10.2012 beschrieben Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten, wie auch des Umstands, dass seine Betreuerin, seine einzige Angehörige, die ihn seit seiner Geburt kennt und deshalb seine Äußerungen besser verstehen und deuten kann, angesichts des hohen Alters von 81 Jahren, eine Pflegeeinrichtung bevorzugt, die in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Wohnung seiner Betreuerin liegt. Diese räumliche Nähe (950 m Distanz) ermöglicht es seiner Betreuerin damit, in Notfällen kurzfristig auch „vor Ort“ zu sein, ohne erst längere Wege und Fahrtstrecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb des Stadtgebietes auf sich nehmen zu müssen. Diese Gründe sind zu achten und rechtlich erheblich, ohne dass sich allerdings bereits daraus die Unzumutbarkeit der Unterbringung des Klägers in einer alternativen Pflegeeinrichtung ergibt. Denn das Wunsch- und Wahlrecht des Hilfeempfängers darf nicht zu einer grundrechtsgleichen Norm überhöht werden, die das Grundgesetz unmittelbar umsetzte. Es schafft insbesondere keinen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Verwirklichung der Wünsche (vgl. Müller-Grune in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 9, Rn. 12 und 25).
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e) Maßgebend ist danach die Verhältnismäßigkeit der durch die Unterbringung des Klägers im Seniorenresidenz O. entstehenden Mehrkosten. Der Sozialhilfeträger braucht Wünschen eines Hilfeempfängers bzw. Hilfesuchenden nicht zu entsprechen, wenn deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII). Nach dieser Vorschrift hat der Sozialhilfeträger einen Kostenvergleich zwischen der gewünschten Leistung und anderen geeigneten und zumutbaren Hilfeangeboten vorzunehmen (vgl. BVerwGE 94, 127, 130; 94, 202, 209; 97, 53, 57, 60 und 97, 103 ff.; ferner LSG Baden-Württemberg vom 22.11.2007 - L 7 SO 3132/06 - und vom 02.09.2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B - ), d.h. ein Kostenvergleich, in dem die Kosten der gewünschten Hilfe den Kosten gegenüber gestellt werden, die durch die vom Sozialhilfeträger konkret angebotene Hilfe verursacht werden (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 22.11.2007 - L 7 SO 3132/06 - m.w.N. ). Sind die Kosten der gewünschten Unterbringung danach unverhältnismäßig höher als solche in einer gleichgeeigneten und zumutbaren Einrichtung, braucht der Sozialhilfeträger dem Wunsch des Hilfesuchenden mithin nicht zu entsprechen. Denn bei den Leistungen der Sozialhilfe handelt es sich um steuerfinanzierte Leistungen, die in ihrer Endlichkeit nicht beliebig verteilt werden können (vgl. Wahrendorf, a.a.O., Rn. 39 sowie LSG Berlin-Brandenburg vom 13.04.2011 - L 23 SO 20/11 B ER - ). Ob der Wunsch des Hilfesuchenden „unangemessene“ Mehrkosten erfordert, unterliegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der vollen gerichtlichen Nachprüfung (vgl. Fichtner in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Auflage 2009, § 9, Rand-Nr. 9 sowie Müller-Grune, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). Dabei kann und darf der Begriff „unangemessene Mehrkosten“ nicht eng ausgelegt werden (vgl. Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O., Rn. 22). Es reicht, wenn die Mehrkosten noch verhältnismäßig sind. Ausgangspunkt für die Prüfung sind die dem Sozialhilfeträger entstehenden durchschnittlichen Kosten (vgl. Roscher, a.a.O., Rn. 36). Dabei ist von vornherein eine in bestimmtem Rahmen liegende Überschreitung dieser durchschnittlichen Kosten in jedem Fall noch verhältnismäßig.
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Diese Prüfung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die bei einer Unterbringung in der vom Kläger gewünschten Pflegeeinrichtung entstehenden Mehrkosten angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erscheinen, die Beklagte mithin - mangels durchgreifender entgegenstehender Ermessensgesichtspunkte - im Wege der Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet ist, dem Kläger Hilfe zur Pflege durch Übernahme der in dieser Einrichtung entstehenden Mehrkosten zu gewähren.
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Bei einer Unterbringung des Klägers in der von ihm gewünschten Seniorenresidenz O. entstehen für einen Pflegeplatz der Pflegestufe I bei Unterbringung in einem Einzelzimmer - die vorgenannte Pflegeeinrichtung verfügt ausschließlich über solche Einzelzimmer - monatliche Kosten von 2.954,92 EUR (laut Internetauftritt des Pflegeheims) bzw. 2.926,71 EUR (nach der von der Beklagten zuletzt vorgelegten Heimkostenübersicht). Die entsprechenden Aufwendungen bei einer Unterbringung des Klägers in den von der Beklagten benannten alternativen Pflegeheimen belaufen sich bei gleichen Leistungen demgegenüber auf
27 
a) „I.“ (gem. Internetauftritt)
        
 2.645,85 EUR
(Stand Januar 2012)
b) „Ma.“ (gem. Internetauftritt)
        
 2.833,50 EUR
(Stand Oktober 2014 = 94,45 EUR x 30)
c) „F-Haus“ (gem. Heimkostenübersicht)
        
 2.498,09 EUR
        
d) „E.“ (gem. Internetauftritt)
        
 2.930,74 EUR
(Stand Januar 2014)
e) „AW-Haus“ (gem. Internetauftritt)
        
 2.937,87 EUR
(Stand Januar 2013)
f) „AK-Haus“ (gem. Heimkostenübersicht)
        
 2.553,15 EUR
        
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Damit übersteigen die Kosten in der vom Kläger gewünschten Einrichtung diejenigen in der günstigsten, von der Beklagten vorgeschlagenen Alternativeinrichtung um monatlich 456,83 EUR (= 2.954,92 EUR abzgl. 2.498,09 EUR) oder 18,3 %. Gemessen an den (maßgebenden) durchschnittlichen Heimkosten der von der Beklagten benannten Pflegeheime ergeben sich monatliche Aufwendungen von 2.733,20 EUR (= 16.399,20 EUR ./. 6). Dieser Betrag liegt um 8,1 % über den Pflegekosten in der vom Kläger gewünschten Einrichtung. Bei Abzug der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zu den monatlichen Unterbringungskosten von 1.023,-- EUR (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB XI) erhöht sich der durchschnittliche Mehrkostenanteil auf 12,96 %. Die Beklagte selbst hat im Bescheid vom 23.08.2013 Mehrkosten von 14,02 % und 17,63 % angegeben. Dieser jeweilige Mehraufwand ist zwar durchaus erheblich oder wesentlich, jedoch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht „unverhältnismäßig“ im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII (vgl. SG Freiburg vom 01.03.2011 - S 9 SO 2640/10 -, Rand-Nr. 23 f. sowie Wahrendorf, a.a.O., Rn. 39; ferner Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, Kapitel III, Abschnitt 4, Rn. 30 sowie SG Hildesheim vom 19.05.2010 - S 34 SO 212/07 - ). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es keine feste mathematische Grenze gibt, bis zu der Mehrkosten angemessen sind. Vielmehr ist eine Abwägung der Mehrkosten im konkreten Fall mit dem Gewicht des vom Leistungsberechtigten geltend gemachten Wunsches und seiner individuellen Situation vorzunehmen. Dabei ist der Wunsch des Leistungsberechtigten um so bedeutsamer, je mehr er seiner objektiven Bedarfssituation entspricht (vgl. BVerwG vom 18.08.2003 - 5 B 14/03 - ). Eine Unangemessenheit der Mehrkosten wird in Rechtsprechung und Literatur - soweit aktuell ersichtlich - erst bei Kosten angenommen, die 20 % bis 30 % über denen der Vergleichsgruppe liegen, und verneint, wenn diese die Grenze von 20 % nicht erreichen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 02.09.2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B -, Rn. 12, jeweils m.w.N.; SG Freiburg, a.a.O.; SG Mainz vom 30.06.2009 - S 5 SO 32/07 - m.w.N.; SG Hildesheim vom 19.05.2010 - S 34 SO 212/07 - sowie SG Duisburg vom 16.04.2012 - S 2 SO 55/11 - ).
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4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Klagebegehren deshalb vollumfänglich stattzugeben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe

 
13 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn die Beklagte ist verpflichtet, die bei einer vollstationären Unterbringung des Klägers in der Pflegeeinrichtung Seniorenresidenz O., Karlsruhe, entstehenden ungedeckten Heimkosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege aus Mitteln der Sozialhilfe in gesetzlicher Höhe zu übernehmen.
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1. Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass bisher keine Aufwendungen für eine entsprechende Pflege des Klägers entstanden sind und ein dahingehender Heimvertrag zwischen ihm und dem Heimträger noch nicht vorliegt. Zwar ist der sozialhilferechtliche Anspruch auf Hilfe zur Pflege bei stationären Leistungen auf Kostenübernahme im Sinne eines Schuldbeitritts durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl. BSGE 102, 1 ff; LSG Berlin-Brandenburg, SAR 2014, 74 ff und zuletzt BSG vom 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R - ) ausgerichtet und eine vertragliche Vereinbarung, zu der ein Schuldbeitritt durch die Beklagte erklärt werden könnte, fehlt noch. Gleichwohl hat der Kläger konkret die Möglichkeit des Abschlusses eines Heimvertrages mit dem Träger der von ihm gewünschten Pflegeeinrichtung für den Fall, dass es zu einer Bewilligung der Hilfe zur Pflege kommt. Damit ist das Entstehen ungedeckter Heimkosten - der Kläger verfügt neben Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung über keine laufenden Einkünfte - hinreichend greifbar und bestimmt. Es würde jedenfalls aus Sicht der Kammer zu einer Verweigerung effektiven Rechtsschutzes führen und damit gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verstoßen, wollte man von dem Kläger den vorherigen Abschluss eines Heimvertrages und damit die Übernahme eines Kostenrisikos verlangen, ohne dass zuvor die Frage der Einstandspflicht der Beklagten geklärt ist.
15 
2. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Die Hilfe zur Pflege umfasst nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII u.a. die stationäre Pflege. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens auch unzweifelhaft, dass der Kläger - insbesondere aufgrund der ihm zuerkannten Pflegstufe I sowie seiner Anerkennung als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 und Zuerkennung des Merkzeichen „H“ (= hilflos) - zu dem grundsätzlich leistungsberechtigten Personenkreis des § 61 SGB XII gehört. Denn er bedarf für eine Vielzahl der in § 61 Abs. 5 SGB XII genannten, gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens dauerhaft fremder Hilfe.
16 
Auf Sozialhilfe, und damit auch auf Hilfe zur Pflege (§ 8 Nr. 5 SGB XII), besteht ein Rechtsanspruch (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII), denn die Leistungen der Hilfe zur Pflege sind als Pflichtleistungen („… ist… zu leisten“) ausgestaltet (vgl. Meßling in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 61, Rn. 163). Da die einschlägigen Vorschriften über die Hilfe zur (vollstationären) Pflege hinsichtlich des „Wie“ das Ermessen nicht ausschließen, ist gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII über Art und Maß der Leistungserbringung - hierzu gehört auch die Frage, in welcher Einrichtung Hilfe zur - hier: stationären - Pflege gewährt wird (vgl. Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, § 17, Rn. 7) - und damit insbesondere über die hier zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, in welcher Höhe ungedeckte Heimunterbringungskosten zu übernehmen sind, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist zu beachten, dass Sozialhilfe ihrer Art nach nicht schematisch gewährt werden kann, sondern sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushaltes bei der Hilfe zum Lebensunterhalt zu richten hat (Individualisierungsprinzip, vgl. § 9 Abs. 1 SGB XII). Denn gem. § 1 Satz 1 SGB XII ist es Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.
17 
Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Aus dieser Regelung folgt ein gebundenes Ermessen („soll“). Berechtigten Wünschen des Hilfesuchenden bzw. des Leistungsberechtigten ist mit Blick auf das Grundrecht auf Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) Rechnung zu tragen (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 9, Rn. 32). Soweit mithin mehrere Handlungsalternativen existieren, handelt es sich bei dem Wunsch- und Wahlrecht um einen Ermessensgesichtspunkt, der vom Sozialhilfeträger im Rahmen seiner Ermessenserwägungen zu berücksichtigen ist (vgl. Sächs. LSG vom 28.08.2008 - L 3 B 613/07 SO ER - und Roscher, LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 9, Rn. 20). Das Wunsch- und Wahlrecht ist für die Rechtsstellung des Hilfesuchenden, der Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nimmt, von zentraler Bedeutung. Denn der Bürger soll bei der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht entmündigt und nicht zum bloßen Objekt behördlichen Handelns werden (vgl. Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 9, Rn. 14 und Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O., § 9, Rn. 5), sondern in seiner Eigenständigkeit weitgehend geschützt und im Sinne der Zielsetzung des § 1 SGB XII unterstützt werden. Das Wunsch- und Wahlrecht kann sich auch auf den Eintritt in eine bestimmte Pflegeeinrichtung richten.
18 
Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB XII soll Wünschen der Leistungsberechtigten, u.a. den Bedarf stationär zu decken, nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann, und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels SGB XII bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wären (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).
19 
3. Orientiert an diesen rechtlichen Bestimmungen und Maßstäben sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und hat der Kläger Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten bei seiner Aufnahme in die Pflegeeinrichtung Seniorenresidenz O., Karlsruhe. Denn der Wunsch des Klägers nach Aufnahme gerade in diese Einrichtung ist angemessen und verursacht zur Überzeugung der Kammer keine unverhältnismäßigen Mehrkosten.
20 
a) Die Beklagte stellt zunächst - wie sich u.a. aus der Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides ergibt - nicht in Abrede, dass aufgrund der gesundheitlichen Situation, insbesondere der von der Betreuerin geschilderten Verschlechterung des Gesundheitszustands und der vermehrten Inanspruchnahme ärztlicher Behandlungen, ein Übertritt des Klägers von der bisherigen Eingliederungseinrichtung in eine Pflegeeinrichtung erforderlich ist. Ein solcher Wechsel ist auch für das Gericht nachvollziehbar.
21 
b) Der Wunsch des Klägers auf Übertritt in die Einrichtung Seniorenresidenz O. ist angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, um dadurch eine den gesetzlichen Zielen der Hilfe zur Pflege entsprechende Bedarfsdeckung zu erreichen (vgl. hierzu Luthe, a.a.O., Rn. 69 und Roscher, a.a.O., Rn. 25). Bei dem Begriff der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. Luthe, a.a.O., Rn. 141). Die Seniorenresidenz O. ist eine Pflegeeinrichtung, die geeignet und grundsätzlich in der Lage ist, den geistig und körperlich behinderten Kläger aufzunehmen und die im Einzelfall erforderlichen Pflegemaßnahmen fachgerecht durchzuführen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Gerichts aus dem Schreiben der Heimleitung der Seniorenresidenz O. vom 19.09.2014 wie auch deren Internetauftritt unter www.karlsruhe.de/b3/soziales/personengruppen/senioren/seniorenwegweiser/pflege und hilfe/pflegeheime/seniorenresidenz O.. Gegenteiliges behauptet auch die Beklagte nicht. Dass nach dem vorgenannten Schreiben in der vom Kläger gewünschten Pflegeeinrichtung aktuell kein Einzelzimmer, und damit kein Pflegeplatz, für den Kläger zur Verfügung steht, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Angabe, die nach der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 15.07.2014 übersandten Übersicht vom 01.07.2014 über telefonische Anfragen u.a. zur Verfügbarkeit freier Heimplätze auch auf andere, von ihr vorgeschlagene alternative Pflegeeinrichtungen zutrifft, stellt, was auch die Beklagte einräumt, lediglich eine Momentaufnahme dar. Diese kann sich angesichts der auch gerichtsbekannten Fluktuation in Pflegeeinrichtungen jeweils kurzfristig ändern.
22 
c) Weiter ist festzustellen, dass zu der von dem Kläger gewünschten Pflegeeinrichtung mit Unterbringung in einem Einzelzimmer vergleichbare und von der Beklagten auch konkret benannte alternative Pflegeeinrichtungen in Karlsruhe vorhanden sind, deren Inanspruchnahme dem Kläger aus Sicht des erkennenden Gerichts ohne Beeinträchtigung des Pflegeerfolgs ebenfalls grundsätzlich zumutbar wäre, so die Pflegeheime „I“, Karlsruhe-G., „AW-Haus“ und „F-Haus“, jeweils Karlsruhe-W., „E.“, Karlsruhe-Gr., und „AK-Haus“, Karlsruhe-R.. Denn all diese Einrichtungen nehmen nach den von der Beklagten eingeholten glaubhaften telefonischen Auskünften - auch - Menschen mit geistiger Behinderung wie den Kläger auf und verfügen entsprechend der vorgelegten Telefonübersicht wie auch dem jeweiligen Internetauftritt der Pflegeheime über die Möglichkeit der Unterbringung von Pflegebedürftigen in Einzelzimmern. Dass die Träger dieser Einrichtungen nicht bereit oder in der Lage wären, den Kläger aufzunehmen (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 02.09.2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B- ), ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich. Für die von der Beklagten ebenfalls benannte Pflegeeinrichtung „Ma.“ gilt dies allerdings nur eingeschränkt. Denn nach der vom Gericht von der Heimleitung eingeholten schriftlichen Auskunft vom 28.10.2014 verfügt diese Einrichtung nur über eine kleine Pflegestation, die für die dortigen Bewohner „Betreutes Wohnen“ vorgehalten ist. Nur in seltenen Fällen, wenn ein Bett frei ist, nimmt diese Einrichtung auch Pflegebedürftige „von außen“ auf.
23 
d) Der Kläger bzw. seine Betreuerin haben dem Gericht auch nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen der Kläger eine Unterbringung in der Seniorenresidenz O. vorzieht. Insbesondere ist es ohne weiteres einleuchtend und nachvollziehbar, dass er angesichts der Schwere und der Auswirkungen seiner Gesundheitsstörungen, vor allem seiner geistigen Behinderung und der im Situationsbericht des Martinshauses vom 19.10.2012 beschrieben Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten, wie auch des Umstands, dass seine Betreuerin, seine einzige Angehörige, die ihn seit seiner Geburt kennt und deshalb seine Äußerungen besser verstehen und deuten kann, angesichts des hohen Alters von 81 Jahren, eine Pflegeeinrichtung bevorzugt, die in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Wohnung seiner Betreuerin liegt. Diese räumliche Nähe (950 m Distanz) ermöglicht es seiner Betreuerin damit, in Notfällen kurzfristig auch „vor Ort“ zu sein, ohne erst längere Wege und Fahrtstrecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb des Stadtgebietes auf sich nehmen zu müssen. Diese Gründe sind zu achten und rechtlich erheblich, ohne dass sich allerdings bereits daraus die Unzumutbarkeit der Unterbringung des Klägers in einer alternativen Pflegeeinrichtung ergibt. Denn das Wunsch- und Wahlrecht des Hilfeempfängers darf nicht zu einer grundrechtsgleichen Norm überhöht werden, die das Grundgesetz unmittelbar umsetzte. Es schafft insbesondere keinen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Verwirklichung der Wünsche (vgl. Müller-Grune in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 9, Rn. 12 und 25).
24 
e) Maßgebend ist danach die Verhältnismäßigkeit der durch die Unterbringung des Klägers im Seniorenresidenz O. entstehenden Mehrkosten. Der Sozialhilfeträger braucht Wünschen eines Hilfeempfängers bzw. Hilfesuchenden nicht zu entsprechen, wenn deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII). Nach dieser Vorschrift hat der Sozialhilfeträger einen Kostenvergleich zwischen der gewünschten Leistung und anderen geeigneten und zumutbaren Hilfeangeboten vorzunehmen (vgl. BVerwGE 94, 127, 130; 94, 202, 209; 97, 53, 57, 60 und 97, 103 ff.; ferner LSG Baden-Württemberg vom 22.11.2007 - L 7 SO 3132/06 - und vom 02.09.2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B - ), d.h. ein Kostenvergleich, in dem die Kosten der gewünschten Hilfe den Kosten gegenüber gestellt werden, die durch die vom Sozialhilfeträger konkret angebotene Hilfe verursacht werden (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 22.11.2007 - L 7 SO 3132/06 - m.w.N. ). Sind die Kosten der gewünschten Unterbringung danach unverhältnismäßig höher als solche in einer gleichgeeigneten und zumutbaren Einrichtung, braucht der Sozialhilfeträger dem Wunsch des Hilfesuchenden mithin nicht zu entsprechen. Denn bei den Leistungen der Sozialhilfe handelt es sich um steuerfinanzierte Leistungen, die in ihrer Endlichkeit nicht beliebig verteilt werden können (vgl. Wahrendorf, a.a.O., Rn. 39 sowie LSG Berlin-Brandenburg vom 13.04.2011 - L 23 SO 20/11 B ER - ). Ob der Wunsch des Hilfesuchenden „unangemessene“ Mehrkosten erfordert, unterliegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der vollen gerichtlichen Nachprüfung (vgl. Fichtner in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Auflage 2009, § 9, Rand-Nr. 9 sowie Müller-Grune, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). Dabei kann und darf der Begriff „unangemessene Mehrkosten“ nicht eng ausgelegt werden (vgl. Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O., Rn. 22). Es reicht, wenn die Mehrkosten noch verhältnismäßig sind. Ausgangspunkt für die Prüfung sind die dem Sozialhilfeträger entstehenden durchschnittlichen Kosten (vgl. Roscher, a.a.O., Rn. 36). Dabei ist von vornherein eine in bestimmtem Rahmen liegende Überschreitung dieser durchschnittlichen Kosten in jedem Fall noch verhältnismäßig.
25 
Diese Prüfung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die bei einer Unterbringung in der vom Kläger gewünschten Pflegeeinrichtung entstehenden Mehrkosten angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erscheinen, die Beklagte mithin - mangels durchgreifender entgegenstehender Ermessensgesichtspunkte - im Wege der Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet ist, dem Kläger Hilfe zur Pflege durch Übernahme der in dieser Einrichtung entstehenden Mehrkosten zu gewähren.
26 
Bei einer Unterbringung des Klägers in der von ihm gewünschten Seniorenresidenz O. entstehen für einen Pflegeplatz der Pflegestufe I bei Unterbringung in einem Einzelzimmer - die vorgenannte Pflegeeinrichtung verfügt ausschließlich über solche Einzelzimmer - monatliche Kosten von 2.954,92 EUR (laut Internetauftritt des Pflegeheims) bzw. 2.926,71 EUR (nach der von der Beklagten zuletzt vorgelegten Heimkostenübersicht). Die entsprechenden Aufwendungen bei einer Unterbringung des Klägers in den von der Beklagten benannten alternativen Pflegeheimen belaufen sich bei gleichen Leistungen demgegenüber auf
27 
a) „I.“ (gem. Internetauftritt)
        
 2.645,85 EUR
(Stand Januar 2012)
b) „Ma.“ (gem. Internetauftritt)
        
 2.833,50 EUR
(Stand Oktober 2014 = 94,45 EUR x 30)
c) „F-Haus“ (gem. Heimkostenübersicht)
        
 2.498,09 EUR
        
d) „E.“ (gem. Internetauftritt)
        
 2.930,74 EUR
(Stand Januar 2014)
e) „AW-Haus“ (gem. Internetauftritt)
        
 2.937,87 EUR
(Stand Januar 2013)
f) „AK-Haus“ (gem. Heimkostenübersicht)
        
 2.553,15 EUR
        
28 
Damit übersteigen die Kosten in der vom Kläger gewünschten Einrichtung diejenigen in der günstigsten, von der Beklagten vorgeschlagenen Alternativeinrichtung um monatlich 456,83 EUR (= 2.954,92 EUR abzgl. 2.498,09 EUR) oder 18,3 %. Gemessen an den (maßgebenden) durchschnittlichen Heimkosten der von der Beklagten benannten Pflegeheime ergeben sich monatliche Aufwendungen von 2.733,20 EUR (= 16.399,20 EUR ./. 6). Dieser Betrag liegt um 8,1 % über den Pflegekosten in der vom Kläger gewünschten Einrichtung. Bei Abzug der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zu den monatlichen Unterbringungskosten von 1.023,-- EUR (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB XI) erhöht sich der durchschnittliche Mehrkostenanteil auf 12,96 %. Die Beklagte selbst hat im Bescheid vom 23.08.2013 Mehrkosten von 14,02 % und 17,63 % angegeben. Dieser jeweilige Mehraufwand ist zwar durchaus erheblich oder wesentlich, jedoch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht „unverhältnismäßig“ im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII (vgl. SG Freiburg vom 01.03.2011 - S 9 SO 2640/10 -, Rand-Nr. 23 f. sowie Wahrendorf, a.a.O., Rn. 39; ferner Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, Kapitel III, Abschnitt 4, Rn. 30 sowie SG Hildesheim vom 19.05.2010 - S 34 SO 212/07 - ). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es keine feste mathematische Grenze gibt, bis zu der Mehrkosten angemessen sind. Vielmehr ist eine Abwägung der Mehrkosten im konkreten Fall mit dem Gewicht des vom Leistungsberechtigten geltend gemachten Wunsches und seiner individuellen Situation vorzunehmen. Dabei ist der Wunsch des Leistungsberechtigten um so bedeutsamer, je mehr er seiner objektiven Bedarfssituation entspricht (vgl. BVerwG vom 18.08.2003 - 5 B 14/03 - ). Eine Unangemessenheit der Mehrkosten wird in Rechtsprechung und Literatur - soweit aktuell ersichtlich - erst bei Kosten angenommen, die 20 % bis 30 % über denen der Vergleichsgruppe liegen, und verneint, wenn diese die Grenze von 20 % nicht erreichen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 02.09.2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B -, Rn. 12, jeweils m.w.N.; SG Freiburg, a.a.O.; SG Mainz vom 30.06.2009 - S 5 SO 32/07 - m.w.N.; SG Hildesheim vom 19.05.2010 - S 34 SO 212/07 - sowie SG Duisburg vom 16.04.2012 - S 2 SO 55/11 - ).
29 
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Klagebegehren deshalb vollumfänglich stattzugeben.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 43 Inhalt der Leistung


(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen. (2) Für Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen übernimmt die Pflegekasse im Rahmen der pauschalen Leistungsbeträge nach Satz 2 die

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 61 Leistungsberechtigte


Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 9 Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles


(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt. (2) Wünschen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 1 Aufgabe der Sozialhilfe


Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistung

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 17 Anspruch


(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. (2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen z

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 8 Leistungen


Die Sozialhilfe umfasst: 1. Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40),2. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b),3. Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52),4. Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66a),5. Hilfe zur Überwindung besonderer s

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Bundessozialgericht Urteil, 18. Nov. 2014 - B 8 SO 23/13 R

bei uns veröffentlicht am 18.11.2014

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass lediglich der Widerspruchsbescheid vo

Sozialgericht Freiburg Urteil, 01. März 2011 - S 9 SO 2640/10

bei uns veröffentlicht am 01.03.2011

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 16.06.2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 21.01.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2010 wird abgeändert.2. Der Beklagte wird verurteilt, die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungsty

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Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 16.06.2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 21.01.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2010 wird abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 88,41 EUR statt lediglich 76,21 EUR täglich zu übernehmen.

3. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über den Umfang von Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem 6. Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII).
Die Klägerin, geboren am ..., ist geistig behindert. Sie besuchte bis in das Schuljahr 2009/2010 die E-Schule für Körperbehinderte in W. Unter dem 24.4.2009 beantragten ihre Eltern als Betreuer beim Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe für die Aufnahme in das Wohnheim für Behinderte und den Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen des S. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.6.2009 mit der Begründung ab, dass aufgrund des Herkunftsortes zunächst die Wohnheime und Werkstätten der A-Werkstätten in OB und OF in Betracht zu ziehen seien. Nach einem Praktikum in der Werkstatt und Besichtigung der Wohnheimplätze in OB seien die Betreuer der Klägerin zu dem Schluss gekommen, dass diese Einrichtung wegen der Altersstruktur in den Wohnheimen und weil derzeit keine Einzelzimmer zur Verfügung gestellt werden könnten nicht in Frage komme. Auch die Klägerin selbst lehne diese Einrichtung ab, zumal die Beschäftigung in der Werkstatt nicht ihren Vorstellungen entspreche. Danach habe die Klägerin mit ihren Eltern Wohnheim und Werkstatt des S besichtigt mit dem Ergebnis, dass die Klägerin gern dorthin gehen würde. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII solle den Wünschen des Leistungsberechtigten hinsichtlich der Gestaltung der Leistung entsprochen werden, soweit sie angemessen seien. Zur Prüfung der Angemessenheit sei ein Kostenvergleich zwischen der gewünschten Maßnahme und anderen geeigneten Angeboten vorzunehmen. Dieser habe ergeben, dass die Vergütung für einen Wohnheimplatz in den A-Werkstätten und Wohneinrichtungen in Hilfebedarfsgruppe 3 circa 2300 EUR monatlich betrage; demgegenüber liege sie im S bei ca. 2800 EUR. Die Werkstattkosten, die vom Wechsel vom Berufsbildungsbereich in den Arbeitsbereich an relevant würden, lägen in den A-Werkstätten bei 780 EUR monatlich gegenüber 820 EUR monatlich im S. Die Mehrkosten beliefen sich somit auf über 20%, was eine erhebliche Differenz darstelle. Dagegen fielen die Fahrtkosten vom Wohnheim zur Werkstatt mit Sondertransport, die nur in den Einrichtungen der A-Werkstätten anfielen, mit maximal 50 EUR monatlich nicht ins Gewicht. Zwar sei es nachvollziehbar, dass die Klägerin aus persönlichen Gründen nicht in die A-Werkstätten aufgenommen werden wolle. Es gebe aber auch noch freie Plätze zu vergleichbaren Kosten im Landkreis bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft, so in der Lebenshilfe K und in der Werkstatt der Lebenshilfe SH. Eine Aufnahme in eine der genannten Einrichtungen sei zumutbar und zum gewünschten Zeitpunkt auch realisierbar.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin durch Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 24.6.2009 Widerspruch. Der Widerspruch wurde damit begründet, dass die Mehrkosten im S nicht unverhältnismäßig im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB XII seien. Dies ergebe sich schon daraus, dass es sich dabei um eine nach §§ 75 ff. SGB XII anerkannte Einrichtung handele, welche mit dem Landkreis L als für sie örtlich zuständigem Sozialhilfeträger einen Versorgungsvertrag gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossen habe. Auch dieser Sozialhilfeträger unterliege dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dürfe daher überhaupt keine unverhältnismäßigen Kosten vereinbaren. Im S seien im übrigen derzeit 55 Bewohner untergebracht, deren Kosten vom Beklagten ohne Einschränkung übernommen würden. Eine Ungleichbehandlung der Klägerin ihnen gegenüber sei nicht zu rechtfertigen. Das S komme wegen der modernisierten Arbeitsplätze insbesondere im Holz- und Textilbereich den Wünschen der Klägerin entgegen. Die Wohngruppen dort seien im Gegensatz zu anderen Einrichtungen altersspezifisch belegt. Weiter bestehe dort die Möglichkeit, ohne Trägerwechsel in eine Außenwohngruppe dieser Einrichtung aufgenommen zu werden. Aufgrund der Identität des Trägers könne man davon ausgehen, dass dieser kein Interesse daran habe, die Bewohnerin möglichst lange in der teureren Unterbringungsform zu halten. Auf lange Sicht dürften somit sogar geringere Kosten entstehen, als wenn ein Wechsel in eine Außenwohngruppe erst die Hürde eines Trägerwechsels nehmen müsste. Schließlich seien die Klägerin und ihre Eltern katholischer Konfession und wünschten daher eine Einrichtung, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden könne (§ 9 Abs. 3 SGB XII). Dies sei im S der Fall.
Mit Teilabhilfebescheid vom 21.1.2010 gewährte der Beklagte der Klägerin Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII (Leistungen bei vollstationärer Unterbringung) sowie Grundsicherung in Einrichtungen nach § 35 SGB XII im S für die Zeit vom 1.3.2010 bis 31.5.2012. Übernommen wurden insbesondere die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 76,21 EUR täglich, entsprechend dem Vergütungssatz, der in den A-Werkstätten und Wohneinrichtungen angefallen wäre. Zuvor war zwischen den Beteiligten vereinbart worden, dass der Beklagte Leistungen in diesem Umfang gewährt und hinsichtlich der noch streitigen Eingliederungshilfe für eine eventuell höhere tatsächliche Vergütung der Widerspruch aufrechterhalten bleibt.
Zum 1.3.2010 wurde die Klägerin in den Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen und das Wohnheim des S aufgenommen. Grundlage hierfür ist ein zwischen den Betreuern der Klägerin und der S Betriebs-GmbH am 10.2.2010 geschlossener Wohn- und Betreuungsvertrag. Nach dessen § 9 Abs. 1 ist ein tägliches Heimentgelt für den Bereich Wohnen in Höhe von 88,41 EUR vereinbart. Dementsprechend stellte die Einrichtung dem Beklagten mit Schreiben vom 28.2.2010 von der Aufnahme an pro Tag 88,41 EUR in Rechnung. Der Beklagte erklärte hierzu mit Schreiben vom 11.3.2010, er werde entsprechend seiner Hilfegewährung lediglich 76,21 EUR täglich leisten; der Differenzbetrag möge von der Klägerin bzw. ihren Betreuern angefordert werden. Zwischen diesen und dem S ist die Stundung der Differenzbeträge bis zur Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit vereinbart.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.4.2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.6.2009 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Angemessenheit der Mehrkosten im S sei einerseits nach deren Höhe, andererseits an der Wertigkeit des Wunsches der Klägerin zu messen, gerade dort aufgenommen zu werden. Beide Aspekte beeinflussten sich gegenseitig, d. h. je höher die Mehrkosten seien, desto angemessener müsse der Wunsch des Betroffenen sein. Angesichts der erheblichen Mehrkosten durch die Unterbringung im S reichten die von der Klägerin geltend gemachten Gründe nicht aus, diese noch als verhältnismäßig einzustufen. So handele es sich bei den dort auf Kosten des Beklagten bereits untergebrachten Bewohnern um sogenannte Altfälle, die im Zuge der Verwaltungsreform zum 1.1.2005 vom zuvor zuständigen L übernommen worden seien. Diese Personen hielten sich seit Jahren bzw. teilweise Jahrzehnten dort auf, so dass von ihnen ein Verlassen der Einrichtung nicht verlangt werden könne. Der Beklagte strebe im übrigen eine wohnortnahe Unterbringung der Leistungsberechtigten an, um den Kontakt zum familiären und sozialen Umfeld so weit wie möglich zu erhalten. Die Angebote der Werkstätten für behinderte Menschen seien immer an der Nachfrage der Kunden orientiert und unterlägen daher einem permanenten Wandel. Auch andere Einrichtungen als das S - insbesondere auch die A-Werkstätten - seien bemüht, altersspezifische Wohngruppen zu bilden. Möglicherweise habe das S es dabei aufgrund seiner Größe leichter als kleinere Einrichtungen. Ebenso verfügten viele Einrichtungen der Eingliederungshilfe, auch die A-Werkstätten, über Außenwohngruppen sowie Einrichtungen für ambulantes Trainingswohnen und ambulant betreutes Wohnen. Ihren Glauben könne die Klägerin schließlich zweifelsfrei auch in anderen Einrichtungen als im S ausleben.
Am 19.5.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren aus dem Widerspruchsverfahren weiter. Die vom S verlangte Vergütung entspreche der Vereinbarung des Trägers dieser Einrichtung (gemeinnützige GmbH) mit dem Landkreis L und einem Schiedsspruch gem. § 80 SGB XII vom 10.11.2008. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass dadurch unverhältnismäßig hohe Kosten festgelegt würden. Eine gesetzliche Grundlage für den Wunsch des Beklagten, nur die Kosten der regional günstigsten Einrichtung zu übernehmen, sei nicht ersichtlich. Ebensowenig erlaube der grundgesetzliche Gleichheitssatz einer Unterscheidung nach Alt- und Neufällen. Im übrigen seien im S mindestens zwei Bewohner auf Kosten der Beklagten neu aufgenommen worden, bei denen es sich nicht um Altfälle handele. Entscheidend für den Wunsch der Klägerin, im S zu leben, sei die Tatsache, dass sie dort im Gegensatz zu den drei vom Beklagten vorgeschlagenen und auch von der Klägerin besichtigten Einrichtungen ohne unabsehbare Wartezeit ein Einzelzimmer erhalten und sie in eine nach Lebensalter und Art der Behinderungen homogene Wohngruppe aufgenommen werden konnte. Letzteres erleichtere maßgeblich den Aufbau und die Pflege sozialer Kontakte, insbesondere auch außerhalb der Arbeitszeit.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Bescheid der Beklagten vom 16.6.2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 21.1.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14.4.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 88,41 EUR (statt lediglich 76,21 EUR) täglich zu übernehmen.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Bei den beiden neu auf Kosten des Beklagten aufgenommenen Bewohnern handele es sich um Sonderfälle, bei denen die Hilfegewährung durch die Besonderheiten des Einzelfalles gerechtfertigt gewesen sei.
14 
Die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten lag in wesentlichen Teilen vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die genannte Verwaltungsakte sowie die Akte des Gerichts, Az. S 9 SO 2640/10 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft.
16 
Die Klage ist auch begründet, da die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Vergütung für Wohnangebote in der dem S tatsächlich geschuldeten Höhe von 88,41 EUR täglich hat.
17 
Dieser Anspruch beruht auf §§ 53 Abs. 1 und 4, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) i. V. m. §§ 17 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB XII.
18 
Die Klägerin gehört zu den nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX leistungsberechtigten Personen. Sie hat dem Grunde nach u. a. Anspruch auf vollstationäre Eingliederungshilfe nach Maßgabe von §§ 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 SGB IX in Form der Übernahme der Kosten einer Unterbringung im Wohnbereich einer Einrichtung mit angeschlossener Werkstätte für behinderte Menschen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, auch für das Gericht ist der Sachverhalt insoweit nicht zweifelhaft.
19 
Da die einschlägigen Vorschriften über die Eingliederungshilfe das Ermessen nicht ausschließen, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII über Art und Maß der Leistungserbringung - und damit insbesondere über die hier zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, welche Einrichtungskosten zu übernehmen sind - nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden. Bei der Ermessensausübung ist u. a. § 9 Abs. 2 SGB XII zu beachten. Hiernach ist den Wünschen des Leistungsberechtigten zu entsprechen, soweit diese angemessen sind (Satz 1 a. a. O.). In der Regel soll der Träger der Sozialhilfe Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Satz 3 a. a. O.). Auf den nach § 9 Abs. 2 SGB XII vorzunehmenden Kostenvergleich kommt es nur an, wenn überhaupt vergleichbare Alternativen der Bedarfsdeckung bestehen und dem Leistungsberechtigten zumindest eines der von ihm nicht gewünschten Angebote auch zumutbar ist (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.9.2010, Az. L 7 SO 1357/10 ER-B, , m. w. N.).
20 
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass unstreitig vergleichbare Alternativen zu der von der Klägerin gewünschten und gewählten Wohnung und Beschäftigung im S in Gestalt der A-Werkstätten mit Wohnheim (OB und OG) sowie in Einrichtungen der Lebenshilfe in K und SH bestehen. Auch vermag das Gericht diese Einrichtungen - bei allen Bedenken dagegen, ob einem behinderten Menschen jenseits des Kindesalters eine länger als nur kurzfristige Wohnunterbringung ohne Rückzugsmöglichkeit in ein Einzelzimmer überhaupt zuzumuten ist - nicht als schlechthin für die Klägerin unzumutbar anzusehen. Das Gericht verkennt dabei ebensowenig, dass nach Lebensalter und Art der Behinderung differenzierende Wohngruppen und moderne sowie ansprechende Arbeitsplätze in den Werkstätten wünschenswert sind und dass die vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativen in dieser Hinsicht die Erwartungen der Klägerin nicht befriedigen. Grundsätzlich verfügen aber auch diese Alternativeinrichtungen über Einzelzimmer, wenn auch in begrenzter Anzahl, und sie streben eine differenzierende, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner besser gerecht werdende Gestaltung des Wohn- und Arbeitsbereichs an. Mit hoher Wahrscheinlichkeit könnte die Klägerin daher auch in einer der vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativeinrichtungen menschenwürdige Unterkunft finden und adäquat beschäftigt werden. Die Vertreter der Klägerin haben dem Gericht zwar nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Klägerin das Angebot des S vorzieht. Diese Gründe sind auch zu achten und rechtlich erheblich, dazu sogleich. Die Unzumutbarkeit der Unterbringung in einer der alternativen Einrichtungen ergibt sich aus diesem Vortrag aber nicht. Dies mag die hypothetische Überlegung erhellen, dass sich die Klägerin der Möglichkeit einer Aufnahme dort wohl nicht verschließen würde, wenn das S als Einrichtung nicht existierte.
21 
Danach ist die Verhältnismäßigkeit der durch die Unterbringung im S entstehenden Mehrkosten maßgeblich. Diese Prüfung führt zum Ergebnis, dass die Mehrkosten angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erscheinen, der Beklagte mithin - mangels durchgreifender entgegenstehender Ermessensgesichtspunkte - im Wege der Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet ist, der Klägerin Eingliederungshilfe unter Einschluss dieser Mehrkosten zu gewähren.
22 
Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung ist ein mathematischer Kostenvergleich. Dabei ist fraglich, ob die Werkstattkosten - welche erst bei einem allfälligen Wechsel der Klägerin vom Eingangsbereich in den Arbeitsbereich zukünftig dem Beklagten zur Last fallen würden - überhaupt zu berücksichtigen sind. Ausgehend von den vom Beklagten selbst ermittelten Beträgen von 780 EUR monatlich (A-Werkstätten) bzw. 820 EUR (S) unterschreiten die Mehrkosten von 40 EUR monatlich aber sogar noch die beim Besuch der A-Werkstätten anfallenden Sondertransportkosten von bis zu 50 EUR monatlich. Der Kostenvergleich kann sich daher auf die aktuell allein anfallende Wohnheimvergütung beschränken. Diese liegt im S bei 88,41 EUR, während sie in den A-Werkstätten lediglich 76,21 EUR betragen würden. Dies entspricht einem Mehrbetrag von nur 16% und nicht etwa, wie vom Beklagten angenommen, von über 20%.
23 
Es gibt keine feste mathematische Grenze, bis zu der Mehrkosten angemessen sind. Vielmehr ist, wie vom Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, eine Abwägung der Mehrkosten im konkreten Fall mit dem Gewicht des vom Leistungsberechtigten geltend gemachten Wunsches und seiner individuellen Situation vorzunehmen, wobei der Wunsch des Leistungsberechtigten umso bedeutsamer ist, je mehr er seiner objektiven Bedarfssituation entspricht (BVerwG, Beschl. v. 18.8.2003, Az. 5 B 14/03, ). Bei Durchsicht der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur fällt jedoch bereits auf, dass eine Unangemessenheit der Mehrkosten - soweit ersichtlich - bislang noch keinem Fall angenommen wurde, wenn diese die Marke von 20% nicht erreichten. So wurden zwar etwa Mehrkosten von 75% (BVerwG-Urt. v. 11.2.1982, Az. 5 C 85/80, ) oder 50% (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.8.1995, Az.: Bs IV 165/95; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 7.6.2007, Az. L 8 SO 60/07 ER, ) ohne weiteres als unverhältnismäßig erachtet. Das VG Münster (Urt. v. 24.4.2006, Az. 5 K 783/04, ) bejahte demgegenüber ohne Abwägung im Detail die Verhältnismäßigkeit von Mehrkosten von 30%. Für den hier relevanten Bereich noch geringerer Mehrkosten kann zum einen ein Beschluss des OVG Lüneburg vom 16.2.2004 (Az. 4 ME 400/03, ) als Richtschnur dienen. Dort wurden Mehrkosten von 21,24% als unangemessen angesehen. Dabei ist im Vergleich zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt mit Mehrkosten von 16% allerdings erstens festzustellen das die dortigen Mehrkosten immerhin noch um rund 1/3 höher waren. Vor allem aber war nach den Entscheidungsgründen des OVG Lüneburg die kostengünstigere Einrichtung für den Behinderten objektiv deutlich besser geeignet als die gewünschte. Diese Besonderheit mag ausschlaggebend für die Annahme einer so niedrigen Angemessenheitsgrenze gewesen sein. Eine weitere Entscheidung zu einem vergleichbarem Mehrkostenrahmen fällte das SG Hildesheim am 19.5.2010 (Az. S 34 SO 212/07, ). In diesem Urteil wurden Mehrkosten von bis zu 29% unter der Voraussetzung noch als angemessen bezeichnet, dass der Wunsch des Behinderten auf nachvollziehbaren Motiven beruht, seiner Lebenssituation entspricht und geeignet ist, den Zielen und Aufgaben der Eingliederungshilfe zu entsprechen. Hat der Träger der Einrichtung (wie auch im vorliegenden Fall) mit anderen Trägern der Eingliederungshilfe eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen, spricht dies nach dieser Entscheidung indiziell ebenfalls dagegen, die entstehenden Mehrkosten von vornherein als unverhältnismäßig anzusehen.
24 
Zusammenfassend lässt sich hieraus ableiten, dass ein mit Mehrkosten um bis zu 30% verbundener Wunsch des Leistungsberechtigten zumindest dann nicht unangemessen ist, wenn er durch auch im Verhältnis zum Umfang der Mehrkosten angemessene nachvollziehbare Motive gerechtfertigt und zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe nicht erkennbar schlechter geeignet ist, als das alternative Angebot des Kostenträgers. Je weiter die konkreten Mehrkosten die 30%-Grenze unterschreiten, desto geringere Anforderungen sind an die Wertigkeit der Motive und die Gleichwertigkeit der Eignung der Maßnahme zu stellen. Die hier konkret zu beurteilenden Mehrkosten von lediglich 16% im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit einem Träger der Eingliederungshilfe aus der gleichen Region wären danach nur dann nicht angemessen, wenn entweder der ihnen zugrunde liegende Wunsch der Klägerin auf Motiven von ganz geringem Gewicht beruhen würde oder die von der Klägerin bevorzugte Einrichtung zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe wesentlich schlechter geeignet wäre als die vom Beklagten benannte Alternative. Letzteres ist unstreitig und offensichtlich nicht der Fall. Aber auch die dargelegten Motive für den Wunsch der Klägerin sind so nachvollziehbar, billigenswert und gewichtig, dass sie die konkret anfallenden Mehrkosten rechtfertigen.
25 
So sind sowohl der Wunsch, zeitnah und nicht erst nach einer ungewissen Wartezeit von möglicherweise mehreren Jahren ein Einzelzimmer bewohnen zu können, als auch das Interesse, soziale Kontakte mit Mitbewohnern der gleichen Generation und in etwa vergleichbarer Behinderung leichter aufbauen zu können als in Einrichtungen mit weniger homogenen Wohngruppen, nicht nur menschlich sehr gut nachvollziehbar. Auch die grundrechtlich verbürgte Gewährleistung der Menschenwürde sowie die vom Grundgesetz postulierte Teilhabe und Gleichstellung der Klägerin als behinderter Mensch wird um so leichter und nachhaltiger verwirklicht, je besser ihre Privatsphäre geschützt ist, je größer und abgeschlossener der von ihr autonom zu gestaltende persönliche Lebensbereich ist und je mehr ihr der adäquate soziale Kontakt zu Mitmenschen ihrer Wahl erleichtert wird. Auch der Umstand, dass ihr die Arbeitsplätze im S besser zusagen als die in den alternativen Einrichtungen, ist nicht ohne Bedeutung. Zwar besteht ein Anspruch auf einen weitestgehend den eigenen Wünschen entsprechenden Arbeitsplatz weder in einer Werkstätte für behinderte Menschen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wenn aber die Klägerin unter verschiedenen in Betracht kommenden Werkstätten diejenige bevorzugt, die ihren Neigungen am besten entspricht, so verdient diese Entscheidung als grundrechtlich geschützte Wahrnehmung ihrer Berufsfreiheit und allgemeinen Handlungsfreiheit Respekt. Ihr nicht zu folgen bedürfte der Rechtfertigung durch gewichtige Gründe, etwa deutlich höhere Mehrkosten oder die objektive Nichteignung der Einrichtung. Nichts davon ist hier gegeben. Unter Gesamtwürdigung der Motive der Klägerin würde ihr Wunsch nach Überzeugung der Kammer auch noch höhere Mehrkosten rechtfertigen, als hierdurch tatsächlich anfallen, ggf. bis zu 30%.
26 
Die Tatsache, dass die Klägerin im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bereits seit einem Jahr im S wohnt und arbeitet und ihr Aufenthalt dort bislang - den Angaben ihrer Betreuer zufolge - ihre Erwartungen in vollem Umfang erfüllt, spricht schließlich als weiterer Ermessensgesichtspunkt mit erheblichem Gewicht dafür, den Wunsch der Klägerin bei der Gewährung der Eingliederungshilfeleistungen zu beachten. Zusammenfassend verdichten sich die maßgeblichen Ermessensgesichtspunkte dahin, dass der Klägerin im Wege der Ermessensreduzierung auf Null die für die Unterbringung im S erforderlichen Eingliederungshilfeleistungen zu gewähren sind.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
15 
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft.
16 
Die Klage ist auch begründet, da die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Vergütung für Wohnangebote in der dem S tatsächlich geschuldeten Höhe von 88,41 EUR täglich hat.
17 
Dieser Anspruch beruht auf §§ 53 Abs. 1 und 4, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) i. V. m. §§ 17 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB XII.
18 
Die Klägerin gehört zu den nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX leistungsberechtigten Personen. Sie hat dem Grunde nach u. a. Anspruch auf vollstationäre Eingliederungshilfe nach Maßgabe von §§ 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 SGB IX in Form der Übernahme der Kosten einer Unterbringung im Wohnbereich einer Einrichtung mit angeschlossener Werkstätte für behinderte Menschen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, auch für das Gericht ist der Sachverhalt insoweit nicht zweifelhaft.
19 
Da die einschlägigen Vorschriften über die Eingliederungshilfe das Ermessen nicht ausschließen, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII über Art und Maß der Leistungserbringung - und damit insbesondere über die hier zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, welche Einrichtungskosten zu übernehmen sind - nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden. Bei der Ermessensausübung ist u. a. § 9 Abs. 2 SGB XII zu beachten. Hiernach ist den Wünschen des Leistungsberechtigten zu entsprechen, soweit diese angemessen sind (Satz 1 a. a. O.). In der Regel soll der Träger der Sozialhilfe Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Satz 3 a. a. O.). Auf den nach § 9 Abs. 2 SGB XII vorzunehmenden Kostenvergleich kommt es nur an, wenn überhaupt vergleichbare Alternativen der Bedarfsdeckung bestehen und dem Leistungsberechtigten zumindest eines der von ihm nicht gewünschten Angebote auch zumutbar ist (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.9.2010, Az. L 7 SO 1357/10 ER-B, , m. w. N.).
20 
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass unstreitig vergleichbare Alternativen zu der von der Klägerin gewünschten und gewählten Wohnung und Beschäftigung im S in Gestalt der A-Werkstätten mit Wohnheim (OB und OG) sowie in Einrichtungen der Lebenshilfe in K und SH bestehen. Auch vermag das Gericht diese Einrichtungen - bei allen Bedenken dagegen, ob einem behinderten Menschen jenseits des Kindesalters eine länger als nur kurzfristige Wohnunterbringung ohne Rückzugsmöglichkeit in ein Einzelzimmer überhaupt zuzumuten ist - nicht als schlechthin für die Klägerin unzumutbar anzusehen. Das Gericht verkennt dabei ebensowenig, dass nach Lebensalter und Art der Behinderung differenzierende Wohngruppen und moderne sowie ansprechende Arbeitsplätze in den Werkstätten wünschenswert sind und dass die vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativen in dieser Hinsicht die Erwartungen der Klägerin nicht befriedigen. Grundsätzlich verfügen aber auch diese Alternativeinrichtungen über Einzelzimmer, wenn auch in begrenzter Anzahl, und sie streben eine differenzierende, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner besser gerecht werdende Gestaltung des Wohn- und Arbeitsbereichs an. Mit hoher Wahrscheinlichkeit könnte die Klägerin daher auch in einer der vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativeinrichtungen menschenwürdige Unterkunft finden und adäquat beschäftigt werden. Die Vertreter der Klägerin haben dem Gericht zwar nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Klägerin das Angebot des S vorzieht. Diese Gründe sind auch zu achten und rechtlich erheblich, dazu sogleich. Die Unzumutbarkeit der Unterbringung in einer der alternativen Einrichtungen ergibt sich aus diesem Vortrag aber nicht. Dies mag die hypothetische Überlegung erhellen, dass sich die Klägerin der Möglichkeit einer Aufnahme dort wohl nicht verschließen würde, wenn das S als Einrichtung nicht existierte.
21 
Danach ist die Verhältnismäßigkeit der durch die Unterbringung im S entstehenden Mehrkosten maßgeblich. Diese Prüfung führt zum Ergebnis, dass die Mehrkosten angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erscheinen, der Beklagte mithin - mangels durchgreifender entgegenstehender Ermessensgesichtspunkte - im Wege der Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet ist, der Klägerin Eingliederungshilfe unter Einschluss dieser Mehrkosten zu gewähren.
22 
Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung ist ein mathematischer Kostenvergleich. Dabei ist fraglich, ob die Werkstattkosten - welche erst bei einem allfälligen Wechsel der Klägerin vom Eingangsbereich in den Arbeitsbereich zukünftig dem Beklagten zur Last fallen würden - überhaupt zu berücksichtigen sind. Ausgehend von den vom Beklagten selbst ermittelten Beträgen von 780 EUR monatlich (A-Werkstätten) bzw. 820 EUR (S) unterschreiten die Mehrkosten von 40 EUR monatlich aber sogar noch die beim Besuch der A-Werkstätten anfallenden Sondertransportkosten von bis zu 50 EUR monatlich. Der Kostenvergleich kann sich daher auf die aktuell allein anfallende Wohnheimvergütung beschränken. Diese liegt im S bei 88,41 EUR, während sie in den A-Werkstätten lediglich 76,21 EUR betragen würden. Dies entspricht einem Mehrbetrag von nur 16% und nicht etwa, wie vom Beklagten angenommen, von über 20%.
23 
Es gibt keine feste mathematische Grenze, bis zu der Mehrkosten angemessen sind. Vielmehr ist, wie vom Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, eine Abwägung der Mehrkosten im konkreten Fall mit dem Gewicht des vom Leistungsberechtigten geltend gemachten Wunsches und seiner individuellen Situation vorzunehmen, wobei der Wunsch des Leistungsberechtigten umso bedeutsamer ist, je mehr er seiner objektiven Bedarfssituation entspricht (BVerwG, Beschl. v. 18.8.2003, Az. 5 B 14/03, ). Bei Durchsicht der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur fällt jedoch bereits auf, dass eine Unangemessenheit der Mehrkosten - soweit ersichtlich - bislang noch keinem Fall angenommen wurde, wenn diese die Marke von 20% nicht erreichten. So wurden zwar etwa Mehrkosten von 75% (BVerwG-Urt. v. 11.2.1982, Az. 5 C 85/80, ) oder 50% (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.8.1995, Az.: Bs IV 165/95; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 7.6.2007, Az. L 8 SO 60/07 ER, ) ohne weiteres als unverhältnismäßig erachtet. Das VG Münster (Urt. v. 24.4.2006, Az. 5 K 783/04, ) bejahte demgegenüber ohne Abwägung im Detail die Verhältnismäßigkeit von Mehrkosten von 30%. Für den hier relevanten Bereich noch geringerer Mehrkosten kann zum einen ein Beschluss des OVG Lüneburg vom 16.2.2004 (Az. 4 ME 400/03, ) als Richtschnur dienen. Dort wurden Mehrkosten von 21,24% als unangemessen angesehen. Dabei ist im Vergleich zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt mit Mehrkosten von 16% allerdings erstens festzustellen das die dortigen Mehrkosten immerhin noch um rund 1/3 höher waren. Vor allem aber war nach den Entscheidungsgründen des OVG Lüneburg die kostengünstigere Einrichtung für den Behinderten objektiv deutlich besser geeignet als die gewünschte. Diese Besonderheit mag ausschlaggebend für die Annahme einer so niedrigen Angemessenheitsgrenze gewesen sein. Eine weitere Entscheidung zu einem vergleichbarem Mehrkostenrahmen fällte das SG Hildesheim am 19.5.2010 (Az. S 34 SO 212/07, ). In diesem Urteil wurden Mehrkosten von bis zu 29% unter der Voraussetzung noch als angemessen bezeichnet, dass der Wunsch des Behinderten auf nachvollziehbaren Motiven beruht, seiner Lebenssituation entspricht und geeignet ist, den Zielen und Aufgaben der Eingliederungshilfe zu entsprechen. Hat der Träger der Einrichtung (wie auch im vorliegenden Fall) mit anderen Trägern der Eingliederungshilfe eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen, spricht dies nach dieser Entscheidung indiziell ebenfalls dagegen, die entstehenden Mehrkosten von vornherein als unverhältnismäßig anzusehen.
24 
Zusammenfassend lässt sich hieraus ableiten, dass ein mit Mehrkosten um bis zu 30% verbundener Wunsch des Leistungsberechtigten zumindest dann nicht unangemessen ist, wenn er durch auch im Verhältnis zum Umfang der Mehrkosten angemessene nachvollziehbare Motive gerechtfertigt und zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe nicht erkennbar schlechter geeignet ist, als das alternative Angebot des Kostenträgers. Je weiter die konkreten Mehrkosten die 30%-Grenze unterschreiten, desto geringere Anforderungen sind an die Wertigkeit der Motive und die Gleichwertigkeit der Eignung der Maßnahme zu stellen. Die hier konkret zu beurteilenden Mehrkosten von lediglich 16% im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit einem Träger der Eingliederungshilfe aus der gleichen Region wären danach nur dann nicht angemessen, wenn entweder der ihnen zugrunde liegende Wunsch der Klägerin auf Motiven von ganz geringem Gewicht beruhen würde oder die von der Klägerin bevorzugte Einrichtung zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe wesentlich schlechter geeignet wäre als die vom Beklagten benannte Alternative. Letzteres ist unstreitig und offensichtlich nicht der Fall. Aber auch die dargelegten Motive für den Wunsch der Klägerin sind so nachvollziehbar, billigenswert und gewichtig, dass sie die konkret anfallenden Mehrkosten rechtfertigen.
25 
So sind sowohl der Wunsch, zeitnah und nicht erst nach einer ungewissen Wartezeit von möglicherweise mehreren Jahren ein Einzelzimmer bewohnen zu können, als auch das Interesse, soziale Kontakte mit Mitbewohnern der gleichen Generation und in etwa vergleichbarer Behinderung leichter aufbauen zu können als in Einrichtungen mit weniger homogenen Wohngruppen, nicht nur menschlich sehr gut nachvollziehbar. Auch die grundrechtlich verbürgte Gewährleistung der Menschenwürde sowie die vom Grundgesetz postulierte Teilhabe und Gleichstellung der Klägerin als behinderter Mensch wird um so leichter und nachhaltiger verwirklicht, je besser ihre Privatsphäre geschützt ist, je größer und abgeschlossener der von ihr autonom zu gestaltende persönliche Lebensbereich ist und je mehr ihr der adäquate soziale Kontakt zu Mitmenschen ihrer Wahl erleichtert wird. Auch der Umstand, dass ihr die Arbeitsplätze im S besser zusagen als die in den alternativen Einrichtungen, ist nicht ohne Bedeutung. Zwar besteht ein Anspruch auf einen weitestgehend den eigenen Wünschen entsprechenden Arbeitsplatz weder in einer Werkstätte für behinderte Menschen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wenn aber die Klägerin unter verschiedenen in Betracht kommenden Werkstätten diejenige bevorzugt, die ihren Neigungen am besten entspricht, so verdient diese Entscheidung als grundrechtlich geschützte Wahrnehmung ihrer Berufsfreiheit und allgemeinen Handlungsfreiheit Respekt. Ihr nicht zu folgen bedürfte der Rechtfertigung durch gewichtige Gründe, etwa deutlich höhere Mehrkosten oder die objektive Nichteignung der Einrichtung. Nichts davon ist hier gegeben. Unter Gesamtwürdigung der Motive der Klägerin würde ihr Wunsch nach Überzeugung der Kammer auch noch höhere Mehrkosten rechtfertigen, als hierdurch tatsächlich anfallen, ggf. bis zu 30%.
26 
Die Tatsache, dass die Klägerin im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bereits seit einem Jahr im S wohnt und arbeitet und ihr Aufenthalt dort bislang - den Angaben ihrer Betreuer zufolge - ihre Erwartungen in vollem Umfang erfüllt, spricht schließlich als weiterer Ermessensgesichtspunkt mit erheblichem Gewicht dafür, den Wunsch der Klägerin bei der Gewährung der Eingliederungshilfeleistungen zu beachten. Zusammenfassend verdichten sich die maßgeblichen Ermessensgesichtspunkte dahin, dass der Klägerin im Wege der Ermessensreduzierung auf Null die für die Unterbringung im S erforderlichen Eingliederungshilfeleistungen zu gewähren sind.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass lediglich der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 aufgehoben wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 440,65 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 440,65 Euro für die ambulante Pflege der im August 2011 verstorbenen Hilfeempfängerin E. S. (S).

2

Die Klägerin, Betreiberin einer nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtung, erbrachte der am 11.8.2011 verstorbenen Hilfeempfängerin, die keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhielt, im Juli 2011 häusliche Pflege; Grundlage war die zwischen diesen abgeschlossene Vereinbarung über die Erbringung von Pflegeleistungen vom 20.7.2011. Gegenüber S hatte die Beklagte die Übernahme angemessener Kosten für die Inanspruchnahme besonderer Pflegekräfte nach § 65 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) "ab sofort bis 31.7.2011" erklärt (bestandskräftiger Bescheid vom 15.7.2011). Dem Bescheid war in Anlage ein Schreiben der Beklagten an die Klägerin beigefügt, in dem diese eine "Kostenzusage für ambulante Pflegeleistungen" erteilte (Schreiben vom 15.7.2011). Gegen die Forderung der Klägerin vom 17.8.2011, für erbrachte Leistungen in der Zeit vom 1. bis 31.7.2011 440,65 Euro zu zahlen (575,65 Euro abzüglich eines "Eigenanteils" von 135 Euro), wandte die Beklagte ein, S sei bereits am 11.8.2011 verstorben. Da mit dem Tod deren Hilfeanspruch geendet habe, sei die Rechnung nicht mehr zu begleichen. Die Klägerin sei darauf zu verweisen, ihre Forderung gegenüber den Erben geltend zu machen (Schreiben vom 19.8.2011). Nachdem sich die Klägerin hiergegen mit einer erneuten Zahlungsaufforderung (vom 2.9.2011) gewandt hatte, erließ die Beklagte (unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter) einen Widerspruchsbescheid (vom 26.10.2011), mit dem sie "den Widerspruch" zurückwies und zusätzlich darauf verwies, dass sich auch kein Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs 6 SGB XII ergebe.

3

Die auf Zahlung von 440,65 Euro gerichtete Klage, gestützt auf die im Bewilligungsbescheid enthaltene Zusage, hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21.8.2012; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.9.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung wegen des Schuldbeitritts der Beklagten im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses, das auch für Leistungsbeziehungen mit ambulanten Pflegediensten Geltung beanspruche. Dass die Hilfeempfängerin vor der Rechnungserstellung gestorben sei, lasse den Anspruch unberührt.

4

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision und rügt eine Verletzung des § 19 Abs 6 SGB XII (Sonderrechtsnachfolge nach dem Tod des Sozialhilfeberechtigten nur für Einrichtungen). Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits entschieden, dass diese Vorschrift, die von einem grundsätzlichen Untergang des Sozialhilfeanspruchs ausgehe, davon aber für Einrichtungen eine Ausnahme mache, nicht für ambulante Dienste gelte. Mithin sei mit dem Tod der Berechtigten der Anspruch der Klägerin erloschen. § 19 Abs 6 SGB XII stelle eine iS des § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII abweichende Regelung dar.

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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

8

Die vom LSG beigeladenen Rechtsnachfolger der S haben weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 440,65 Euro gegen die Beklagte aus Schuldbeitritt zu, der auch nicht mit dem Tod der S untergegangen ist. Allerdings war entgegen der Entscheidung des SG und des LSG nur der Widerspruchsbescheid aufzuheben, ohne dass dadurch die Klägerin teilweise unterliegen würde.

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011, mit dem die Beklagte aus der schlichten Erklärung (vom 19.8.2011) einen Verwaltungsakt gemacht hat (s zu dieser Konstellation nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 85 RdNr 7a mwN zur Rspr). Dagegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 iVm § 56 SGG) vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 SGG), auch wenn es sich bei der geltend gemachten Forderung um eine solche handelt, die ihre Grundlage im Zivilrecht findet (vgl: BSG SozR 4-3500 § 75 Nr 3; Senatsbeschluss vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R). Dies hat der Senat jedoch im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz), sodass auch nicht mehr darüber zu befinden ist, ob das SG den (zivilrechtlichen) Streit um die Kostenerstattung vom Anfechtungsbegehren hätte abtrennen können. Für die Anfechtung des Widerspruchsbescheids kann, unabhängig von seinem Inhalt, nur der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet sein. Mit der Aufhebung dieses Widerspruchsbescheids entfällt dessen umgestaltende Wirkung.

11

Von Amts wegen zu berücksichtigende sonstige Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Ob, wie geschehen, die Erben der S noch nach der Verkündung, aber vor Zustellung des Urteils des LSG beigeladen werden konnten (zweifelnd wegen der erforderlichen Gewährung rechtlichen Gehörs <§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz> BSGE 108, 206 ff RdNr 17 mwN = SozR 4-2500 § 33 Nr 34), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls aber wären die Erben als Gesamtschuldner nicht notwendig (§ 75 Abs 2 SGG), sondern allenfalls einfach beizuladen gewesen; denn die Entscheidung hat jedem Gesamtschuldner gegenüber schon deshalb nicht einheitlich zu ergehen, weil von jedem die Begleichung der gesamten Schuld verlangt werden kann (§ 426 Bürgerliches Gesetzbuch). Für die Beigeladenen entstehen durch die Beiladung ohnedies keine nachteiligen Folgen, weil der Klägerin der gegen die Beklagte geltend gemachte Zahlungsanspruch zusteht (dazu gleich).

12

Die Anfechtungsklage war jedoch nur erfolgreich, soweit sie den Widerspruchsbescheid betrifft. Zum Erlass dieses Bescheids war die Widerspruchsstelle wegen des Fehlens eines Ausgangsbescheids funktional und sachlich unzuständig (vgl BSG, Urteil vom 30.3.2004 - B 4 RA 48/01 R). Mit dem Schreiben vom 19.8.2011 hat die Beklagte nämlich zu Recht keinen Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -) erlassen. Denn in dem durch den Schuldbeitritt begründeten Gleichordnungsverhältnis zur Klägerin fehlte es ihr an der Befugnis dazu. Für den Erlass eines Verwaltungsakts bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, die sich entweder ausdrücklich aus dem Gesetz oder der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des Rechtsverhältnisses der Beteiligten ergeben kann (vgl nur BSG SozR 3-3100 § 62 Nr 4 mwN). Doch existiert hier weder eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für das Handeln durch Verwaltungsakt - was ohnehin in einem an sich zivilrechtlichen Verhältnis (dazu gleich) kaum vorstellbar wäre -, noch ergibt sich die Befugnis zum hoheitlichen Handeln aus der (zivilrechtlichen) Rechtsbeziehung beider. Das Schreiben der Beklagten vom 19.8.2011, mit dem sie abgelehnt hat, den von der Klägerin geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung zu erfüllen, ist deshalb zu Recht nicht als Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X ergangen. Gegen diese Ablehnung hat sich die Klägerin folgerichtig auch nicht mit einem Widerspruch gewandt, sondern lediglich in der Sache ausgeführt, warum sie mit der Ablehnung durch die Beklagte nicht einverstanden ist und weiter eine Zahlung verlangt. An der funktionalen und sachlichen Unzuständigkeit der Widerspruchsstelle ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid erstmals neben dem zivilrechtlichen einen Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs 6 SGB XII abgelehnt hat. Der Tenor der SG-Entscheidung war deshalb abzuändern.

13

Die Beklagte hat es in der Sache zudem zu Unrecht abgelehnt, die von der Klägerin geltend gemachten Kosten zu zahlen, denn dieser Anspruch steht der Klägerin zu. Die Beklagte ist der, nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) in dieser Höhe sachlich und rechnerisch zutreffend bezeichneten Schuld der S aus der Pflegevereinbarung (§§ 241, 421 BGB) mit der Klägerin beigetreten. Nach § 75 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB XII richten sich bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen nach den Vorschriften des 8. Kapitels des SGB XI, wenn die Vereinbarungen - wie hier - im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind (Versorgungsvertrag im Einvernehmen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe über ambulante Pflegeleistungen nach § 72 SGB XI zwischen der Klägerin und den Landesverbänden der Pflegekassen und den Ersatzkassen vom 28.2.2005; Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen in Nordrhein-Westfalen zwischen der Klägerin und der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassen in NRW und der Ersatzkassen sowie dem örtlichen Träger der Sozialhilfe vom 28.12.2009; Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 SGB XI ua zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, deren Mitglied das Diakonische Werk als Träger der Klägerin ist, und den Landesverbänden der Pflegekassen in NRW vom 12.10.1995). Auch wenn unklar ist, ob S in der sozialen Pflegeversicherung versichert war, also § 75 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB XII unmittelbar zur Anwendung kommen, steht dies einer Entscheidung des Senats nicht entgegen; denn in der Pflegevereinbarung zwischen der Klägerin und S ist auf die insoweit maßgeblichen Verträge Bezug genommen worden, sodass diese jedenfalls kraft Vereinbarung Anwendung fänden, wäre S nicht pflegeversichert gewesen. Mangels entsprechender Anhaltspunkte ist nicht davon auszugehen, dass in der Erklärung vom 15.7.2011 abweichend vom Regelfall ein (öffentlich-rechtliches) Schuldanerkenntnis liegt (vgl dazu Senatsbeschluss vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R - mwN).

14

Das Leistungserbringungsrecht in der Sozialhilfe ist nicht nur im Bereich stationärer Leistungen (vgl BSGE 102, 1 ff, RdNr 15 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr 9), sondern gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII auch im Bereich der ambulanten Dienste(vgl Senatsurteil vom 25.9.2014 - B 8 SO 8/13 R -, SozR 4-3500 § 53 Nr 4) durch ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis geprägt, das als Sachleistungsprinzip in der Gestalt der Sachleistungsverschaffung/Gewährleistungsverantwortung ausgestaltet ist. Das gesetzliche Regelungskonzept geht also auch für die ambulanten Dienste davon aus, dass der Sozialhilfeträger die ihm obliegende Leistung nicht als Geldleistung an den jeweiligen Hilfeempfänger erbringt, um diesem die Zahlung des vertraglichen Entgelts aus dem Vertrag über die Erbringung von ambulanten Pflegeleistungen zu ermöglichen, sondern dass die Zahlung direkt an den Dienst erfolgt, der die Pflege leistet. Der Sozialhilfeträger übernimmt in diesem Zusammenhang nur die Vergütung, die der Hilfeempfänger vertraglich dem ambulanten Dienst schuldet und tritt damit (lediglich) einer bestehenden zivilrechtlichen Schuld (als Gesamtschuldner) bei. Dadurch wird ein unmittelbarer Zahlungsanspruch des Dienstes gegenüber dem Sozialhilfeträger geschaffen; der Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den Sozialhilfeträger ist auf Zahlung an diesen Dritten gerichtet.

15

S hatte mit der Klägerin am 20.7.2011 wirksam einen Vertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen (Pflegevereinbarung) abgeschlossen, die auszulegen der Senat wegen ihres Charakters als Formularvertrag berechtigt war (vgl BSG SozR 3-4220 § 11 Nr 3 S 6 f; zu den Heimverträgen vgl die Senatsentscheidung vom 25.9.2014 - B 8 SO 8/13 R -, SozR 4-3500 § 53 Nr 4 RdNr 17). Danach hatte sich S vertraglich verpflichtet, für die im Einzelnen aufgeführten Leistungen je Wochentag an die Klägerin einen bestimmten Preis zu zahlen; zusätzlich waren die monatlichen Gesamtkosten abzüglich eines "Eigenanteils" aufgeführt. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG hat die Klägerin die vereinbarten Leistungen im geltend gemachten Umfang auch erbracht. Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung steht nicht entgegen, dass im Bereich der sozialen Pflegeversicherung nach dem SGB XII die ambulanten Dienstleister einen unmittelbaren öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch in Höhe der gesetzlichen Pflegeleistungen gegen die Pflegekasse besitzen (vgl BSG SozR 4-3300 § 72 Nr 1). Auch lag in der Vereinbarung zwischen Klägerin und der Verstorbenen kein Verstoß gegen § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I), wonach privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften des SGB abweichen, nichtig sind. Denn zumindest wenn unklar ist, ob eine Pflegeversicherung oder entsprechende Leistungsansprüche bestehen, müssen Individualvereinbarungen zulässig und wirksam sein (zum gleichartigen Problem in der gesetzlichen Krankenversicherung BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 21).

16

Der Wirksamkeit des Schuldbeitritts selbst steht weder entgegen, dass er vor Abschluss des Pflegevertrags erfolgte, noch, dass im Bescheid und Schreiben vom 15.7.2011 die Schuld nicht summenmäßig aufgeführt ist. Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Schuldbeitritts ist lediglich, dass die Verpflichtung nach Inhalt und Beschaffenheit im Zeitpunkt der Entscheidung hinreichend bestimmt war, wodurch vermieden werden kann, dass die Schuld des Beitretenden durch spätere Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners ohne sein Zutun erweitert und damit gegen das Verbot der Fremddisposition verstoßen wird (vgl BGH, Urteil vom 7.11.1995 - XI ZR 235/94 - mwN). Diese Kriterien gelten gleichermaßen für die Wirksamkeit des Beitritts zu einer künftigen Schuld (dazu BGHZ 133, 220 ff). Diesen Anforderungen genügt der Bescheid der Beklagten iVm der Erklärung vom 15.7.2011. Denn die Häufigkeit und die Art der gegenüber der S zu erbringenden Leistungen mit der Zuordnung zu den Leistungskomplexen der Vergütungsvereinbarung - die der Senat als Normvertrag ebenfalls auszulegen berechtigt ist (vgl BSG SozR 4-3500 § 62 Nr 1 RdNr 15) - sind im Einzelnen aufgeführt. Zudem ist in Anlage 1 der Vergütungsvereinbarung jedem Leistungskomplex ein konkreter Preis zugeordnet, sodass lediglich die Nennung des jeweiligen Preises der so bestimmten Leistungen fehlt. Dies macht die Bewilligung noch nicht zu einem unzulässigen Schuldbeitritt "dem Grunde nach"; denn der Umfang der Schuld ist bestimmbar.

17

Der Tod der S vor der Rechnungserstellung durch die Klägerin hat die zivilrechtliche Schuld der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht entfallen lassen. Ihr Tod führte nur dazu, dass die Beigeladenen als ihre Erben (§ 1922 BGB) für ihre Schuld als Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) haften. Er lässt die Stellung der Beklagten aus dem Schuldbeitritt und damit das Recht der Klägerin unberührt, auch allein die Beklagte für die gesamte Schuld in Anspruch zu nehmen. Der zusätzliche sozialhilferechtliche Anspruch der S gegenüber der Beklagten auf Zahlung durch diese an die Klägerin mag durch deren Tod "erloschen" sein; gleichwohl hat die Beklagte gegenüber der Hilfeempfängerin ihrer Sachleistungsverschaffungspflicht bereits mit dem Schuldbeitritt genügt und damit ihre Leistung teilweise erbracht. Die daraus resultierende Zahlungspflicht unmittelbar gegenüber der Klägerin ist (nur) die Folge des Schuldbeitritts, mithin die Erfüllung dieser Schuld, die nicht mit dem Tod der S nachträglich wieder erlöschen kann.

18

§ 19 Abs 6 SGB XII führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung dem Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tod demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Mit der Norm wird nichts Abweichendes iS des § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII bestimmt. Sie schließt, anders als die Beklagte meint, nicht jeglichen Vergütungsanspruch eines ambulanten Pflegedienstes gegen den Sozialhilfeträger nach dem Tod des Hilfebedürftigen aus, sondern basiert nur auf der Rechtsprechung zur Unvererblichkeit sozialhilferechtlicher Ansprüche und schafft dafür in bestimmten Konstellationen ein sozialhilferechtliches Korrektiv (vgl: BSGE 106, 264 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 2; BSGE 110, 93 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 3). Zudem käme die Anwendung des § 19 Abs 6 SGB XII - außerhalb der Leistungsbeziehungen mit ambulanten Diensten - ohnehin nur in Betracht, wenn es, anders als hier, entweder um die Übernahme von Kosten vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid geht(vgl BSGE 102, 1 ff RdNr 27 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9) oder wenn die Übernahme von Kosten geltend gemacht wird, die gerade nicht vom Schuldbeitritt erfasst sind (vgl BSGE 106, 264 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 2).

19

Entgegen der Auffassung der Beklagten laufen damit die Regelungen zum Anspruchsübergang nach den §§ 93, 94 SGB XII nicht leer. Zwar ist Voraussetzung für die Überleitungsanzeige bzw den Anspruchsübergang ua, dass Leistungen erbracht worden sind. Da aber mit dem Schuldbeitritt die Leistung gegenüber dem Hilfeempfänger teilweise erbracht ist, dürfte den Bedenken der Beklagten hiermit hinreichend Rechnung getragen sein. Dies gilt für den Kostenersatzanspruch nach § 102 SGB XII gleichermaßen(zum Verhältnis beider vgl BVerwGE 85, 136, 139).

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

21

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 40, 47 Abs 1, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

Die Sozialhilfe umfasst:

1.
Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40),
2.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b),
3.
Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52),
4.
Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66a),
5.
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69),
6.
Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74)
sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung.

(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen.

(2) Für Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen übernimmt die Pflegekasse im Rahmen der pauschalen Leistungsbeträge nach Satz 2 die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Der Anspruch beträgt je Kalendermonat

1.
770 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
1 262 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
1 775 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
2 005 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.
Abweichend von Satz 1 übernimmt die Pflegekasse auch Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung, soweit der nach Satz 2 gewährte Leistungsbetrag die in Satz 1 genannten Aufwendungen übersteigt.

(3) Wählen Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 vollstationäre Pflege, erhalten sie für die in Absatz 2 Satz 1 genannten Aufwendungen einen Zuschuss in Höhe von 125 Euro monatlich.

(4) Bei vorübergehender Abwesenheit von Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim werden die Leistungen für vollstationäre Pflege erbracht, solange die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 Satz 5 und 6 vorliegen.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 16.06.2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 21.01.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2010 wird abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 88,41 EUR statt lediglich 76,21 EUR täglich zu übernehmen.

3. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über den Umfang von Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem 6. Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII).
Die Klägerin, geboren am ..., ist geistig behindert. Sie besuchte bis in das Schuljahr 2009/2010 die E-Schule für Körperbehinderte in W. Unter dem 24.4.2009 beantragten ihre Eltern als Betreuer beim Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe für die Aufnahme in das Wohnheim für Behinderte und den Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen des S. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.6.2009 mit der Begründung ab, dass aufgrund des Herkunftsortes zunächst die Wohnheime und Werkstätten der A-Werkstätten in OB und OF in Betracht zu ziehen seien. Nach einem Praktikum in der Werkstatt und Besichtigung der Wohnheimplätze in OB seien die Betreuer der Klägerin zu dem Schluss gekommen, dass diese Einrichtung wegen der Altersstruktur in den Wohnheimen und weil derzeit keine Einzelzimmer zur Verfügung gestellt werden könnten nicht in Frage komme. Auch die Klägerin selbst lehne diese Einrichtung ab, zumal die Beschäftigung in der Werkstatt nicht ihren Vorstellungen entspreche. Danach habe die Klägerin mit ihren Eltern Wohnheim und Werkstatt des S besichtigt mit dem Ergebnis, dass die Klägerin gern dorthin gehen würde. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII solle den Wünschen des Leistungsberechtigten hinsichtlich der Gestaltung der Leistung entsprochen werden, soweit sie angemessen seien. Zur Prüfung der Angemessenheit sei ein Kostenvergleich zwischen der gewünschten Maßnahme und anderen geeigneten Angeboten vorzunehmen. Dieser habe ergeben, dass die Vergütung für einen Wohnheimplatz in den A-Werkstätten und Wohneinrichtungen in Hilfebedarfsgruppe 3 circa 2300 EUR monatlich betrage; demgegenüber liege sie im S bei ca. 2800 EUR. Die Werkstattkosten, die vom Wechsel vom Berufsbildungsbereich in den Arbeitsbereich an relevant würden, lägen in den A-Werkstätten bei 780 EUR monatlich gegenüber 820 EUR monatlich im S. Die Mehrkosten beliefen sich somit auf über 20%, was eine erhebliche Differenz darstelle. Dagegen fielen die Fahrtkosten vom Wohnheim zur Werkstatt mit Sondertransport, die nur in den Einrichtungen der A-Werkstätten anfielen, mit maximal 50 EUR monatlich nicht ins Gewicht. Zwar sei es nachvollziehbar, dass die Klägerin aus persönlichen Gründen nicht in die A-Werkstätten aufgenommen werden wolle. Es gebe aber auch noch freie Plätze zu vergleichbaren Kosten im Landkreis bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft, so in der Lebenshilfe K und in der Werkstatt der Lebenshilfe SH. Eine Aufnahme in eine der genannten Einrichtungen sei zumutbar und zum gewünschten Zeitpunkt auch realisierbar.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin durch Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 24.6.2009 Widerspruch. Der Widerspruch wurde damit begründet, dass die Mehrkosten im S nicht unverhältnismäßig im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB XII seien. Dies ergebe sich schon daraus, dass es sich dabei um eine nach §§ 75 ff. SGB XII anerkannte Einrichtung handele, welche mit dem Landkreis L als für sie örtlich zuständigem Sozialhilfeträger einen Versorgungsvertrag gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossen habe. Auch dieser Sozialhilfeträger unterliege dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dürfe daher überhaupt keine unverhältnismäßigen Kosten vereinbaren. Im S seien im übrigen derzeit 55 Bewohner untergebracht, deren Kosten vom Beklagten ohne Einschränkung übernommen würden. Eine Ungleichbehandlung der Klägerin ihnen gegenüber sei nicht zu rechtfertigen. Das S komme wegen der modernisierten Arbeitsplätze insbesondere im Holz- und Textilbereich den Wünschen der Klägerin entgegen. Die Wohngruppen dort seien im Gegensatz zu anderen Einrichtungen altersspezifisch belegt. Weiter bestehe dort die Möglichkeit, ohne Trägerwechsel in eine Außenwohngruppe dieser Einrichtung aufgenommen zu werden. Aufgrund der Identität des Trägers könne man davon ausgehen, dass dieser kein Interesse daran habe, die Bewohnerin möglichst lange in der teureren Unterbringungsform zu halten. Auf lange Sicht dürften somit sogar geringere Kosten entstehen, als wenn ein Wechsel in eine Außenwohngruppe erst die Hürde eines Trägerwechsels nehmen müsste. Schließlich seien die Klägerin und ihre Eltern katholischer Konfession und wünschten daher eine Einrichtung, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden könne (§ 9 Abs. 3 SGB XII). Dies sei im S der Fall.
Mit Teilabhilfebescheid vom 21.1.2010 gewährte der Beklagte der Klägerin Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII (Leistungen bei vollstationärer Unterbringung) sowie Grundsicherung in Einrichtungen nach § 35 SGB XII im S für die Zeit vom 1.3.2010 bis 31.5.2012. Übernommen wurden insbesondere die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 76,21 EUR täglich, entsprechend dem Vergütungssatz, der in den A-Werkstätten und Wohneinrichtungen angefallen wäre. Zuvor war zwischen den Beteiligten vereinbart worden, dass der Beklagte Leistungen in diesem Umfang gewährt und hinsichtlich der noch streitigen Eingliederungshilfe für eine eventuell höhere tatsächliche Vergütung der Widerspruch aufrechterhalten bleibt.
Zum 1.3.2010 wurde die Klägerin in den Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen und das Wohnheim des S aufgenommen. Grundlage hierfür ist ein zwischen den Betreuern der Klägerin und der S Betriebs-GmbH am 10.2.2010 geschlossener Wohn- und Betreuungsvertrag. Nach dessen § 9 Abs. 1 ist ein tägliches Heimentgelt für den Bereich Wohnen in Höhe von 88,41 EUR vereinbart. Dementsprechend stellte die Einrichtung dem Beklagten mit Schreiben vom 28.2.2010 von der Aufnahme an pro Tag 88,41 EUR in Rechnung. Der Beklagte erklärte hierzu mit Schreiben vom 11.3.2010, er werde entsprechend seiner Hilfegewährung lediglich 76,21 EUR täglich leisten; der Differenzbetrag möge von der Klägerin bzw. ihren Betreuern angefordert werden. Zwischen diesen und dem S ist die Stundung der Differenzbeträge bis zur Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit vereinbart.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.4.2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.6.2009 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Angemessenheit der Mehrkosten im S sei einerseits nach deren Höhe, andererseits an der Wertigkeit des Wunsches der Klägerin zu messen, gerade dort aufgenommen zu werden. Beide Aspekte beeinflussten sich gegenseitig, d. h. je höher die Mehrkosten seien, desto angemessener müsse der Wunsch des Betroffenen sein. Angesichts der erheblichen Mehrkosten durch die Unterbringung im S reichten die von der Klägerin geltend gemachten Gründe nicht aus, diese noch als verhältnismäßig einzustufen. So handele es sich bei den dort auf Kosten des Beklagten bereits untergebrachten Bewohnern um sogenannte Altfälle, die im Zuge der Verwaltungsreform zum 1.1.2005 vom zuvor zuständigen L übernommen worden seien. Diese Personen hielten sich seit Jahren bzw. teilweise Jahrzehnten dort auf, so dass von ihnen ein Verlassen der Einrichtung nicht verlangt werden könne. Der Beklagte strebe im übrigen eine wohnortnahe Unterbringung der Leistungsberechtigten an, um den Kontakt zum familiären und sozialen Umfeld so weit wie möglich zu erhalten. Die Angebote der Werkstätten für behinderte Menschen seien immer an der Nachfrage der Kunden orientiert und unterlägen daher einem permanenten Wandel. Auch andere Einrichtungen als das S - insbesondere auch die A-Werkstätten - seien bemüht, altersspezifische Wohngruppen zu bilden. Möglicherweise habe das S es dabei aufgrund seiner Größe leichter als kleinere Einrichtungen. Ebenso verfügten viele Einrichtungen der Eingliederungshilfe, auch die A-Werkstätten, über Außenwohngruppen sowie Einrichtungen für ambulantes Trainingswohnen und ambulant betreutes Wohnen. Ihren Glauben könne die Klägerin schließlich zweifelsfrei auch in anderen Einrichtungen als im S ausleben.
Am 19.5.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren aus dem Widerspruchsverfahren weiter. Die vom S verlangte Vergütung entspreche der Vereinbarung des Trägers dieser Einrichtung (gemeinnützige GmbH) mit dem Landkreis L und einem Schiedsspruch gem. § 80 SGB XII vom 10.11.2008. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass dadurch unverhältnismäßig hohe Kosten festgelegt würden. Eine gesetzliche Grundlage für den Wunsch des Beklagten, nur die Kosten der regional günstigsten Einrichtung zu übernehmen, sei nicht ersichtlich. Ebensowenig erlaube der grundgesetzliche Gleichheitssatz einer Unterscheidung nach Alt- und Neufällen. Im übrigen seien im S mindestens zwei Bewohner auf Kosten der Beklagten neu aufgenommen worden, bei denen es sich nicht um Altfälle handele. Entscheidend für den Wunsch der Klägerin, im S zu leben, sei die Tatsache, dass sie dort im Gegensatz zu den drei vom Beklagten vorgeschlagenen und auch von der Klägerin besichtigten Einrichtungen ohne unabsehbare Wartezeit ein Einzelzimmer erhalten und sie in eine nach Lebensalter und Art der Behinderungen homogene Wohngruppe aufgenommen werden konnte. Letzteres erleichtere maßgeblich den Aufbau und die Pflege sozialer Kontakte, insbesondere auch außerhalb der Arbeitszeit.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Bescheid der Beklagten vom 16.6.2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 21.1.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14.4.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 88,41 EUR (statt lediglich 76,21 EUR) täglich zu übernehmen.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Bei den beiden neu auf Kosten des Beklagten aufgenommenen Bewohnern handele es sich um Sonderfälle, bei denen die Hilfegewährung durch die Besonderheiten des Einzelfalles gerechtfertigt gewesen sei.
14 
Die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten lag in wesentlichen Teilen vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die genannte Verwaltungsakte sowie die Akte des Gerichts, Az. S 9 SO 2640/10 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft.
16 
Die Klage ist auch begründet, da die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Vergütung für Wohnangebote in der dem S tatsächlich geschuldeten Höhe von 88,41 EUR täglich hat.
17 
Dieser Anspruch beruht auf §§ 53 Abs. 1 und 4, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) i. V. m. §§ 17 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB XII.
18 
Die Klägerin gehört zu den nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX leistungsberechtigten Personen. Sie hat dem Grunde nach u. a. Anspruch auf vollstationäre Eingliederungshilfe nach Maßgabe von §§ 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 SGB IX in Form der Übernahme der Kosten einer Unterbringung im Wohnbereich einer Einrichtung mit angeschlossener Werkstätte für behinderte Menschen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, auch für das Gericht ist der Sachverhalt insoweit nicht zweifelhaft.
19 
Da die einschlägigen Vorschriften über die Eingliederungshilfe das Ermessen nicht ausschließen, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII über Art und Maß der Leistungserbringung - und damit insbesondere über die hier zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, welche Einrichtungskosten zu übernehmen sind - nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden. Bei der Ermessensausübung ist u. a. § 9 Abs. 2 SGB XII zu beachten. Hiernach ist den Wünschen des Leistungsberechtigten zu entsprechen, soweit diese angemessen sind (Satz 1 a. a. O.). In der Regel soll der Träger der Sozialhilfe Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Satz 3 a. a. O.). Auf den nach § 9 Abs. 2 SGB XII vorzunehmenden Kostenvergleich kommt es nur an, wenn überhaupt vergleichbare Alternativen der Bedarfsdeckung bestehen und dem Leistungsberechtigten zumindest eines der von ihm nicht gewünschten Angebote auch zumutbar ist (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.9.2010, Az. L 7 SO 1357/10 ER-B, , m. w. N.).
20 
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass unstreitig vergleichbare Alternativen zu der von der Klägerin gewünschten und gewählten Wohnung und Beschäftigung im S in Gestalt der A-Werkstätten mit Wohnheim (OB und OG) sowie in Einrichtungen der Lebenshilfe in K und SH bestehen. Auch vermag das Gericht diese Einrichtungen - bei allen Bedenken dagegen, ob einem behinderten Menschen jenseits des Kindesalters eine länger als nur kurzfristige Wohnunterbringung ohne Rückzugsmöglichkeit in ein Einzelzimmer überhaupt zuzumuten ist - nicht als schlechthin für die Klägerin unzumutbar anzusehen. Das Gericht verkennt dabei ebensowenig, dass nach Lebensalter und Art der Behinderung differenzierende Wohngruppen und moderne sowie ansprechende Arbeitsplätze in den Werkstätten wünschenswert sind und dass die vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativen in dieser Hinsicht die Erwartungen der Klägerin nicht befriedigen. Grundsätzlich verfügen aber auch diese Alternativeinrichtungen über Einzelzimmer, wenn auch in begrenzter Anzahl, und sie streben eine differenzierende, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner besser gerecht werdende Gestaltung des Wohn- und Arbeitsbereichs an. Mit hoher Wahrscheinlichkeit könnte die Klägerin daher auch in einer der vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativeinrichtungen menschenwürdige Unterkunft finden und adäquat beschäftigt werden. Die Vertreter der Klägerin haben dem Gericht zwar nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Klägerin das Angebot des S vorzieht. Diese Gründe sind auch zu achten und rechtlich erheblich, dazu sogleich. Die Unzumutbarkeit der Unterbringung in einer der alternativen Einrichtungen ergibt sich aus diesem Vortrag aber nicht. Dies mag die hypothetische Überlegung erhellen, dass sich die Klägerin der Möglichkeit einer Aufnahme dort wohl nicht verschließen würde, wenn das S als Einrichtung nicht existierte.
21 
Danach ist die Verhältnismäßigkeit der durch die Unterbringung im S entstehenden Mehrkosten maßgeblich. Diese Prüfung führt zum Ergebnis, dass die Mehrkosten angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erscheinen, der Beklagte mithin - mangels durchgreifender entgegenstehender Ermessensgesichtspunkte - im Wege der Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet ist, der Klägerin Eingliederungshilfe unter Einschluss dieser Mehrkosten zu gewähren.
22 
Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung ist ein mathematischer Kostenvergleich. Dabei ist fraglich, ob die Werkstattkosten - welche erst bei einem allfälligen Wechsel der Klägerin vom Eingangsbereich in den Arbeitsbereich zukünftig dem Beklagten zur Last fallen würden - überhaupt zu berücksichtigen sind. Ausgehend von den vom Beklagten selbst ermittelten Beträgen von 780 EUR monatlich (A-Werkstätten) bzw. 820 EUR (S) unterschreiten die Mehrkosten von 40 EUR monatlich aber sogar noch die beim Besuch der A-Werkstätten anfallenden Sondertransportkosten von bis zu 50 EUR monatlich. Der Kostenvergleich kann sich daher auf die aktuell allein anfallende Wohnheimvergütung beschränken. Diese liegt im S bei 88,41 EUR, während sie in den A-Werkstätten lediglich 76,21 EUR betragen würden. Dies entspricht einem Mehrbetrag von nur 16% und nicht etwa, wie vom Beklagten angenommen, von über 20%.
23 
Es gibt keine feste mathematische Grenze, bis zu der Mehrkosten angemessen sind. Vielmehr ist, wie vom Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, eine Abwägung der Mehrkosten im konkreten Fall mit dem Gewicht des vom Leistungsberechtigten geltend gemachten Wunsches und seiner individuellen Situation vorzunehmen, wobei der Wunsch des Leistungsberechtigten umso bedeutsamer ist, je mehr er seiner objektiven Bedarfssituation entspricht (BVerwG, Beschl. v. 18.8.2003, Az. 5 B 14/03, ). Bei Durchsicht der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur fällt jedoch bereits auf, dass eine Unangemessenheit der Mehrkosten - soweit ersichtlich - bislang noch keinem Fall angenommen wurde, wenn diese die Marke von 20% nicht erreichten. So wurden zwar etwa Mehrkosten von 75% (BVerwG-Urt. v. 11.2.1982, Az. 5 C 85/80, ) oder 50% (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.8.1995, Az.: Bs IV 165/95; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 7.6.2007, Az. L 8 SO 60/07 ER, ) ohne weiteres als unverhältnismäßig erachtet. Das VG Münster (Urt. v. 24.4.2006, Az. 5 K 783/04, ) bejahte demgegenüber ohne Abwägung im Detail die Verhältnismäßigkeit von Mehrkosten von 30%. Für den hier relevanten Bereich noch geringerer Mehrkosten kann zum einen ein Beschluss des OVG Lüneburg vom 16.2.2004 (Az. 4 ME 400/03, ) als Richtschnur dienen. Dort wurden Mehrkosten von 21,24% als unangemessen angesehen. Dabei ist im Vergleich zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt mit Mehrkosten von 16% allerdings erstens festzustellen das die dortigen Mehrkosten immerhin noch um rund 1/3 höher waren. Vor allem aber war nach den Entscheidungsgründen des OVG Lüneburg die kostengünstigere Einrichtung für den Behinderten objektiv deutlich besser geeignet als die gewünschte. Diese Besonderheit mag ausschlaggebend für die Annahme einer so niedrigen Angemessenheitsgrenze gewesen sein. Eine weitere Entscheidung zu einem vergleichbarem Mehrkostenrahmen fällte das SG Hildesheim am 19.5.2010 (Az. S 34 SO 212/07, ). In diesem Urteil wurden Mehrkosten von bis zu 29% unter der Voraussetzung noch als angemessen bezeichnet, dass der Wunsch des Behinderten auf nachvollziehbaren Motiven beruht, seiner Lebenssituation entspricht und geeignet ist, den Zielen und Aufgaben der Eingliederungshilfe zu entsprechen. Hat der Träger der Einrichtung (wie auch im vorliegenden Fall) mit anderen Trägern der Eingliederungshilfe eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen, spricht dies nach dieser Entscheidung indiziell ebenfalls dagegen, die entstehenden Mehrkosten von vornherein als unverhältnismäßig anzusehen.
24 
Zusammenfassend lässt sich hieraus ableiten, dass ein mit Mehrkosten um bis zu 30% verbundener Wunsch des Leistungsberechtigten zumindest dann nicht unangemessen ist, wenn er durch auch im Verhältnis zum Umfang der Mehrkosten angemessene nachvollziehbare Motive gerechtfertigt und zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe nicht erkennbar schlechter geeignet ist, als das alternative Angebot des Kostenträgers. Je weiter die konkreten Mehrkosten die 30%-Grenze unterschreiten, desto geringere Anforderungen sind an die Wertigkeit der Motive und die Gleichwertigkeit der Eignung der Maßnahme zu stellen. Die hier konkret zu beurteilenden Mehrkosten von lediglich 16% im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit einem Träger der Eingliederungshilfe aus der gleichen Region wären danach nur dann nicht angemessen, wenn entweder der ihnen zugrunde liegende Wunsch der Klägerin auf Motiven von ganz geringem Gewicht beruhen würde oder die von der Klägerin bevorzugte Einrichtung zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe wesentlich schlechter geeignet wäre als die vom Beklagten benannte Alternative. Letzteres ist unstreitig und offensichtlich nicht der Fall. Aber auch die dargelegten Motive für den Wunsch der Klägerin sind so nachvollziehbar, billigenswert und gewichtig, dass sie die konkret anfallenden Mehrkosten rechtfertigen.
25 
So sind sowohl der Wunsch, zeitnah und nicht erst nach einer ungewissen Wartezeit von möglicherweise mehreren Jahren ein Einzelzimmer bewohnen zu können, als auch das Interesse, soziale Kontakte mit Mitbewohnern der gleichen Generation und in etwa vergleichbarer Behinderung leichter aufbauen zu können als in Einrichtungen mit weniger homogenen Wohngruppen, nicht nur menschlich sehr gut nachvollziehbar. Auch die grundrechtlich verbürgte Gewährleistung der Menschenwürde sowie die vom Grundgesetz postulierte Teilhabe und Gleichstellung der Klägerin als behinderter Mensch wird um so leichter und nachhaltiger verwirklicht, je besser ihre Privatsphäre geschützt ist, je größer und abgeschlossener der von ihr autonom zu gestaltende persönliche Lebensbereich ist und je mehr ihr der adäquate soziale Kontakt zu Mitmenschen ihrer Wahl erleichtert wird. Auch der Umstand, dass ihr die Arbeitsplätze im S besser zusagen als die in den alternativen Einrichtungen, ist nicht ohne Bedeutung. Zwar besteht ein Anspruch auf einen weitestgehend den eigenen Wünschen entsprechenden Arbeitsplatz weder in einer Werkstätte für behinderte Menschen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wenn aber die Klägerin unter verschiedenen in Betracht kommenden Werkstätten diejenige bevorzugt, die ihren Neigungen am besten entspricht, so verdient diese Entscheidung als grundrechtlich geschützte Wahrnehmung ihrer Berufsfreiheit und allgemeinen Handlungsfreiheit Respekt. Ihr nicht zu folgen bedürfte der Rechtfertigung durch gewichtige Gründe, etwa deutlich höhere Mehrkosten oder die objektive Nichteignung der Einrichtung. Nichts davon ist hier gegeben. Unter Gesamtwürdigung der Motive der Klägerin würde ihr Wunsch nach Überzeugung der Kammer auch noch höhere Mehrkosten rechtfertigen, als hierdurch tatsächlich anfallen, ggf. bis zu 30%.
26 
Die Tatsache, dass die Klägerin im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bereits seit einem Jahr im S wohnt und arbeitet und ihr Aufenthalt dort bislang - den Angaben ihrer Betreuer zufolge - ihre Erwartungen in vollem Umfang erfüllt, spricht schließlich als weiterer Ermessensgesichtspunkt mit erheblichem Gewicht dafür, den Wunsch der Klägerin bei der Gewährung der Eingliederungshilfeleistungen zu beachten. Zusammenfassend verdichten sich die maßgeblichen Ermessensgesichtspunkte dahin, dass der Klägerin im Wege der Ermessensreduzierung auf Null die für die Unterbringung im S erforderlichen Eingliederungshilfeleistungen zu gewähren sind.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
15 
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft.
16 
Die Klage ist auch begründet, da die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Vergütung für Wohnangebote in der dem S tatsächlich geschuldeten Höhe von 88,41 EUR täglich hat.
17 
Dieser Anspruch beruht auf §§ 53 Abs. 1 und 4, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) i. V. m. §§ 17 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB XII.
18 
Die Klägerin gehört zu den nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX leistungsberechtigten Personen. Sie hat dem Grunde nach u. a. Anspruch auf vollstationäre Eingliederungshilfe nach Maßgabe von §§ 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 SGB IX in Form der Übernahme der Kosten einer Unterbringung im Wohnbereich einer Einrichtung mit angeschlossener Werkstätte für behinderte Menschen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, auch für das Gericht ist der Sachverhalt insoweit nicht zweifelhaft.
19 
Da die einschlägigen Vorschriften über die Eingliederungshilfe das Ermessen nicht ausschließen, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII über Art und Maß der Leistungserbringung - und damit insbesondere über die hier zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, welche Einrichtungskosten zu übernehmen sind - nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden. Bei der Ermessensausübung ist u. a. § 9 Abs. 2 SGB XII zu beachten. Hiernach ist den Wünschen des Leistungsberechtigten zu entsprechen, soweit diese angemessen sind (Satz 1 a. a. O.). In der Regel soll der Träger der Sozialhilfe Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Satz 3 a. a. O.). Auf den nach § 9 Abs. 2 SGB XII vorzunehmenden Kostenvergleich kommt es nur an, wenn überhaupt vergleichbare Alternativen der Bedarfsdeckung bestehen und dem Leistungsberechtigten zumindest eines der von ihm nicht gewünschten Angebote auch zumutbar ist (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.9.2010, Az. L 7 SO 1357/10 ER-B, , m. w. N.).
20 
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass unstreitig vergleichbare Alternativen zu der von der Klägerin gewünschten und gewählten Wohnung und Beschäftigung im S in Gestalt der A-Werkstätten mit Wohnheim (OB und OG) sowie in Einrichtungen der Lebenshilfe in K und SH bestehen. Auch vermag das Gericht diese Einrichtungen - bei allen Bedenken dagegen, ob einem behinderten Menschen jenseits des Kindesalters eine länger als nur kurzfristige Wohnunterbringung ohne Rückzugsmöglichkeit in ein Einzelzimmer überhaupt zuzumuten ist - nicht als schlechthin für die Klägerin unzumutbar anzusehen. Das Gericht verkennt dabei ebensowenig, dass nach Lebensalter und Art der Behinderung differenzierende Wohngruppen und moderne sowie ansprechende Arbeitsplätze in den Werkstätten wünschenswert sind und dass die vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativen in dieser Hinsicht die Erwartungen der Klägerin nicht befriedigen. Grundsätzlich verfügen aber auch diese Alternativeinrichtungen über Einzelzimmer, wenn auch in begrenzter Anzahl, und sie streben eine differenzierende, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner besser gerecht werdende Gestaltung des Wohn- und Arbeitsbereichs an. Mit hoher Wahrscheinlichkeit könnte die Klägerin daher auch in einer der vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativeinrichtungen menschenwürdige Unterkunft finden und adäquat beschäftigt werden. Die Vertreter der Klägerin haben dem Gericht zwar nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Klägerin das Angebot des S vorzieht. Diese Gründe sind auch zu achten und rechtlich erheblich, dazu sogleich. Die Unzumutbarkeit der Unterbringung in einer der alternativen Einrichtungen ergibt sich aus diesem Vortrag aber nicht. Dies mag die hypothetische Überlegung erhellen, dass sich die Klägerin der Möglichkeit einer Aufnahme dort wohl nicht verschließen würde, wenn das S als Einrichtung nicht existierte.
21 
Danach ist die Verhältnismäßigkeit der durch die Unterbringung im S entstehenden Mehrkosten maßgeblich. Diese Prüfung führt zum Ergebnis, dass die Mehrkosten angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erscheinen, der Beklagte mithin - mangels durchgreifender entgegenstehender Ermessensgesichtspunkte - im Wege der Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet ist, der Klägerin Eingliederungshilfe unter Einschluss dieser Mehrkosten zu gewähren.
22 
Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung ist ein mathematischer Kostenvergleich. Dabei ist fraglich, ob die Werkstattkosten - welche erst bei einem allfälligen Wechsel der Klägerin vom Eingangsbereich in den Arbeitsbereich zukünftig dem Beklagten zur Last fallen würden - überhaupt zu berücksichtigen sind. Ausgehend von den vom Beklagten selbst ermittelten Beträgen von 780 EUR monatlich (A-Werkstätten) bzw. 820 EUR (S) unterschreiten die Mehrkosten von 40 EUR monatlich aber sogar noch die beim Besuch der A-Werkstätten anfallenden Sondertransportkosten von bis zu 50 EUR monatlich. Der Kostenvergleich kann sich daher auf die aktuell allein anfallende Wohnheimvergütung beschränken. Diese liegt im S bei 88,41 EUR, während sie in den A-Werkstätten lediglich 76,21 EUR betragen würden. Dies entspricht einem Mehrbetrag von nur 16% und nicht etwa, wie vom Beklagten angenommen, von über 20%.
23 
Es gibt keine feste mathematische Grenze, bis zu der Mehrkosten angemessen sind. Vielmehr ist, wie vom Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, eine Abwägung der Mehrkosten im konkreten Fall mit dem Gewicht des vom Leistungsberechtigten geltend gemachten Wunsches und seiner individuellen Situation vorzunehmen, wobei der Wunsch des Leistungsberechtigten umso bedeutsamer ist, je mehr er seiner objektiven Bedarfssituation entspricht (BVerwG, Beschl. v. 18.8.2003, Az. 5 B 14/03, ). Bei Durchsicht der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur fällt jedoch bereits auf, dass eine Unangemessenheit der Mehrkosten - soweit ersichtlich - bislang noch keinem Fall angenommen wurde, wenn diese die Marke von 20% nicht erreichten. So wurden zwar etwa Mehrkosten von 75% (BVerwG-Urt. v. 11.2.1982, Az. 5 C 85/80, ) oder 50% (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.8.1995, Az.: Bs IV 165/95; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 7.6.2007, Az. L 8 SO 60/07 ER, ) ohne weiteres als unverhältnismäßig erachtet. Das VG Münster (Urt. v. 24.4.2006, Az. 5 K 783/04, ) bejahte demgegenüber ohne Abwägung im Detail die Verhältnismäßigkeit von Mehrkosten von 30%. Für den hier relevanten Bereich noch geringerer Mehrkosten kann zum einen ein Beschluss des OVG Lüneburg vom 16.2.2004 (Az. 4 ME 400/03, ) als Richtschnur dienen. Dort wurden Mehrkosten von 21,24% als unangemessen angesehen. Dabei ist im Vergleich zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt mit Mehrkosten von 16% allerdings erstens festzustellen das die dortigen Mehrkosten immerhin noch um rund 1/3 höher waren. Vor allem aber war nach den Entscheidungsgründen des OVG Lüneburg die kostengünstigere Einrichtung für den Behinderten objektiv deutlich besser geeignet als die gewünschte. Diese Besonderheit mag ausschlaggebend für die Annahme einer so niedrigen Angemessenheitsgrenze gewesen sein. Eine weitere Entscheidung zu einem vergleichbarem Mehrkostenrahmen fällte das SG Hildesheim am 19.5.2010 (Az. S 34 SO 212/07, ). In diesem Urteil wurden Mehrkosten von bis zu 29% unter der Voraussetzung noch als angemessen bezeichnet, dass der Wunsch des Behinderten auf nachvollziehbaren Motiven beruht, seiner Lebenssituation entspricht und geeignet ist, den Zielen und Aufgaben der Eingliederungshilfe zu entsprechen. Hat der Träger der Einrichtung (wie auch im vorliegenden Fall) mit anderen Trägern der Eingliederungshilfe eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen, spricht dies nach dieser Entscheidung indiziell ebenfalls dagegen, die entstehenden Mehrkosten von vornherein als unverhältnismäßig anzusehen.
24 
Zusammenfassend lässt sich hieraus ableiten, dass ein mit Mehrkosten um bis zu 30% verbundener Wunsch des Leistungsberechtigten zumindest dann nicht unangemessen ist, wenn er durch auch im Verhältnis zum Umfang der Mehrkosten angemessene nachvollziehbare Motive gerechtfertigt und zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe nicht erkennbar schlechter geeignet ist, als das alternative Angebot des Kostenträgers. Je weiter die konkreten Mehrkosten die 30%-Grenze unterschreiten, desto geringere Anforderungen sind an die Wertigkeit der Motive und die Gleichwertigkeit der Eignung der Maßnahme zu stellen. Die hier konkret zu beurteilenden Mehrkosten von lediglich 16% im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit einem Träger der Eingliederungshilfe aus der gleichen Region wären danach nur dann nicht angemessen, wenn entweder der ihnen zugrunde liegende Wunsch der Klägerin auf Motiven von ganz geringem Gewicht beruhen würde oder die von der Klägerin bevorzugte Einrichtung zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe wesentlich schlechter geeignet wäre als die vom Beklagten benannte Alternative. Letzteres ist unstreitig und offensichtlich nicht der Fall. Aber auch die dargelegten Motive für den Wunsch der Klägerin sind so nachvollziehbar, billigenswert und gewichtig, dass sie die konkret anfallenden Mehrkosten rechtfertigen.
25 
So sind sowohl der Wunsch, zeitnah und nicht erst nach einer ungewissen Wartezeit von möglicherweise mehreren Jahren ein Einzelzimmer bewohnen zu können, als auch das Interesse, soziale Kontakte mit Mitbewohnern der gleichen Generation und in etwa vergleichbarer Behinderung leichter aufbauen zu können als in Einrichtungen mit weniger homogenen Wohngruppen, nicht nur menschlich sehr gut nachvollziehbar. Auch die grundrechtlich verbürgte Gewährleistung der Menschenwürde sowie die vom Grundgesetz postulierte Teilhabe und Gleichstellung der Klägerin als behinderter Mensch wird um so leichter und nachhaltiger verwirklicht, je besser ihre Privatsphäre geschützt ist, je größer und abgeschlossener der von ihr autonom zu gestaltende persönliche Lebensbereich ist und je mehr ihr der adäquate soziale Kontakt zu Mitmenschen ihrer Wahl erleichtert wird. Auch der Umstand, dass ihr die Arbeitsplätze im S besser zusagen als die in den alternativen Einrichtungen, ist nicht ohne Bedeutung. Zwar besteht ein Anspruch auf einen weitestgehend den eigenen Wünschen entsprechenden Arbeitsplatz weder in einer Werkstätte für behinderte Menschen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wenn aber die Klägerin unter verschiedenen in Betracht kommenden Werkstätten diejenige bevorzugt, die ihren Neigungen am besten entspricht, so verdient diese Entscheidung als grundrechtlich geschützte Wahrnehmung ihrer Berufsfreiheit und allgemeinen Handlungsfreiheit Respekt. Ihr nicht zu folgen bedürfte der Rechtfertigung durch gewichtige Gründe, etwa deutlich höhere Mehrkosten oder die objektive Nichteignung der Einrichtung. Nichts davon ist hier gegeben. Unter Gesamtwürdigung der Motive der Klägerin würde ihr Wunsch nach Überzeugung der Kammer auch noch höhere Mehrkosten rechtfertigen, als hierdurch tatsächlich anfallen, ggf. bis zu 30%.
26 
Die Tatsache, dass die Klägerin im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bereits seit einem Jahr im S wohnt und arbeitet und ihr Aufenthalt dort bislang - den Angaben ihrer Betreuer zufolge - ihre Erwartungen in vollem Umfang erfüllt, spricht schließlich als weiterer Ermessensgesichtspunkt mit erheblichem Gewicht dafür, den Wunsch der Klägerin bei der Gewährung der Eingliederungshilfeleistungen zu beachten. Zusammenfassend verdichten sich die maßgeblichen Ermessensgesichtspunkte dahin, dass der Klägerin im Wege der Ermessensreduzierung auf Null die für die Unterbringung im S erforderlichen Eingliederungshilfeleistungen zu gewähren sind.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass lediglich der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 aufgehoben wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 440,65 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 440,65 Euro für die ambulante Pflege der im August 2011 verstorbenen Hilfeempfängerin E. S. (S).

2

Die Klägerin, Betreiberin einer nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtung, erbrachte der am 11.8.2011 verstorbenen Hilfeempfängerin, die keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhielt, im Juli 2011 häusliche Pflege; Grundlage war die zwischen diesen abgeschlossene Vereinbarung über die Erbringung von Pflegeleistungen vom 20.7.2011. Gegenüber S hatte die Beklagte die Übernahme angemessener Kosten für die Inanspruchnahme besonderer Pflegekräfte nach § 65 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) "ab sofort bis 31.7.2011" erklärt (bestandskräftiger Bescheid vom 15.7.2011). Dem Bescheid war in Anlage ein Schreiben der Beklagten an die Klägerin beigefügt, in dem diese eine "Kostenzusage für ambulante Pflegeleistungen" erteilte (Schreiben vom 15.7.2011). Gegen die Forderung der Klägerin vom 17.8.2011, für erbrachte Leistungen in der Zeit vom 1. bis 31.7.2011 440,65 Euro zu zahlen (575,65 Euro abzüglich eines "Eigenanteils" von 135 Euro), wandte die Beklagte ein, S sei bereits am 11.8.2011 verstorben. Da mit dem Tod deren Hilfeanspruch geendet habe, sei die Rechnung nicht mehr zu begleichen. Die Klägerin sei darauf zu verweisen, ihre Forderung gegenüber den Erben geltend zu machen (Schreiben vom 19.8.2011). Nachdem sich die Klägerin hiergegen mit einer erneuten Zahlungsaufforderung (vom 2.9.2011) gewandt hatte, erließ die Beklagte (unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter) einen Widerspruchsbescheid (vom 26.10.2011), mit dem sie "den Widerspruch" zurückwies und zusätzlich darauf verwies, dass sich auch kein Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs 6 SGB XII ergebe.

3

Die auf Zahlung von 440,65 Euro gerichtete Klage, gestützt auf die im Bewilligungsbescheid enthaltene Zusage, hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21.8.2012; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.9.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung wegen des Schuldbeitritts der Beklagten im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses, das auch für Leistungsbeziehungen mit ambulanten Pflegediensten Geltung beanspruche. Dass die Hilfeempfängerin vor der Rechnungserstellung gestorben sei, lasse den Anspruch unberührt.

4

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision und rügt eine Verletzung des § 19 Abs 6 SGB XII (Sonderrechtsnachfolge nach dem Tod des Sozialhilfeberechtigten nur für Einrichtungen). Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits entschieden, dass diese Vorschrift, die von einem grundsätzlichen Untergang des Sozialhilfeanspruchs ausgehe, davon aber für Einrichtungen eine Ausnahme mache, nicht für ambulante Dienste gelte. Mithin sei mit dem Tod der Berechtigten der Anspruch der Klägerin erloschen. § 19 Abs 6 SGB XII stelle eine iS des § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII abweichende Regelung dar.

5

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

8

Die vom LSG beigeladenen Rechtsnachfolger der S haben weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 440,65 Euro gegen die Beklagte aus Schuldbeitritt zu, der auch nicht mit dem Tod der S untergegangen ist. Allerdings war entgegen der Entscheidung des SG und des LSG nur der Widerspruchsbescheid aufzuheben, ohne dass dadurch die Klägerin teilweise unterliegen würde.

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011, mit dem die Beklagte aus der schlichten Erklärung (vom 19.8.2011) einen Verwaltungsakt gemacht hat (s zu dieser Konstellation nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 85 RdNr 7a mwN zur Rspr). Dagegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 iVm § 56 SGG) vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 SGG), auch wenn es sich bei der geltend gemachten Forderung um eine solche handelt, die ihre Grundlage im Zivilrecht findet (vgl: BSG SozR 4-3500 § 75 Nr 3; Senatsbeschluss vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R). Dies hat der Senat jedoch im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz), sodass auch nicht mehr darüber zu befinden ist, ob das SG den (zivilrechtlichen) Streit um die Kostenerstattung vom Anfechtungsbegehren hätte abtrennen können. Für die Anfechtung des Widerspruchsbescheids kann, unabhängig von seinem Inhalt, nur der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet sein. Mit der Aufhebung dieses Widerspruchsbescheids entfällt dessen umgestaltende Wirkung.

11

Von Amts wegen zu berücksichtigende sonstige Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Ob, wie geschehen, die Erben der S noch nach der Verkündung, aber vor Zustellung des Urteils des LSG beigeladen werden konnten (zweifelnd wegen der erforderlichen Gewährung rechtlichen Gehörs <§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz> BSGE 108, 206 ff RdNr 17 mwN = SozR 4-2500 § 33 Nr 34), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls aber wären die Erben als Gesamtschuldner nicht notwendig (§ 75 Abs 2 SGG), sondern allenfalls einfach beizuladen gewesen; denn die Entscheidung hat jedem Gesamtschuldner gegenüber schon deshalb nicht einheitlich zu ergehen, weil von jedem die Begleichung der gesamten Schuld verlangt werden kann (§ 426 Bürgerliches Gesetzbuch). Für die Beigeladenen entstehen durch die Beiladung ohnedies keine nachteiligen Folgen, weil der Klägerin der gegen die Beklagte geltend gemachte Zahlungsanspruch zusteht (dazu gleich).

12

Die Anfechtungsklage war jedoch nur erfolgreich, soweit sie den Widerspruchsbescheid betrifft. Zum Erlass dieses Bescheids war die Widerspruchsstelle wegen des Fehlens eines Ausgangsbescheids funktional und sachlich unzuständig (vgl BSG, Urteil vom 30.3.2004 - B 4 RA 48/01 R). Mit dem Schreiben vom 19.8.2011 hat die Beklagte nämlich zu Recht keinen Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -) erlassen. Denn in dem durch den Schuldbeitritt begründeten Gleichordnungsverhältnis zur Klägerin fehlte es ihr an der Befugnis dazu. Für den Erlass eines Verwaltungsakts bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, die sich entweder ausdrücklich aus dem Gesetz oder der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des Rechtsverhältnisses der Beteiligten ergeben kann (vgl nur BSG SozR 3-3100 § 62 Nr 4 mwN). Doch existiert hier weder eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für das Handeln durch Verwaltungsakt - was ohnehin in einem an sich zivilrechtlichen Verhältnis (dazu gleich) kaum vorstellbar wäre -, noch ergibt sich die Befugnis zum hoheitlichen Handeln aus der (zivilrechtlichen) Rechtsbeziehung beider. Das Schreiben der Beklagten vom 19.8.2011, mit dem sie abgelehnt hat, den von der Klägerin geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung zu erfüllen, ist deshalb zu Recht nicht als Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X ergangen. Gegen diese Ablehnung hat sich die Klägerin folgerichtig auch nicht mit einem Widerspruch gewandt, sondern lediglich in der Sache ausgeführt, warum sie mit der Ablehnung durch die Beklagte nicht einverstanden ist und weiter eine Zahlung verlangt. An der funktionalen und sachlichen Unzuständigkeit der Widerspruchsstelle ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid erstmals neben dem zivilrechtlichen einen Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs 6 SGB XII abgelehnt hat. Der Tenor der SG-Entscheidung war deshalb abzuändern.

13

Die Beklagte hat es in der Sache zudem zu Unrecht abgelehnt, die von der Klägerin geltend gemachten Kosten zu zahlen, denn dieser Anspruch steht der Klägerin zu. Die Beklagte ist der, nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) in dieser Höhe sachlich und rechnerisch zutreffend bezeichneten Schuld der S aus der Pflegevereinbarung (§§ 241, 421 BGB) mit der Klägerin beigetreten. Nach § 75 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB XII richten sich bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen nach den Vorschriften des 8. Kapitels des SGB XI, wenn die Vereinbarungen - wie hier - im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind (Versorgungsvertrag im Einvernehmen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe über ambulante Pflegeleistungen nach § 72 SGB XI zwischen der Klägerin und den Landesverbänden der Pflegekassen und den Ersatzkassen vom 28.2.2005; Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen in Nordrhein-Westfalen zwischen der Klägerin und der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassen in NRW und der Ersatzkassen sowie dem örtlichen Träger der Sozialhilfe vom 28.12.2009; Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 SGB XI ua zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, deren Mitglied das Diakonische Werk als Träger der Klägerin ist, und den Landesverbänden der Pflegekassen in NRW vom 12.10.1995). Auch wenn unklar ist, ob S in der sozialen Pflegeversicherung versichert war, also § 75 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB XII unmittelbar zur Anwendung kommen, steht dies einer Entscheidung des Senats nicht entgegen; denn in der Pflegevereinbarung zwischen der Klägerin und S ist auf die insoweit maßgeblichen Verträge Bezug genommen worden, sodass diese jedenfalls kraft Vereinbarung Anwendung fänden, wäre S nicht pflegeversichert gewesen. Mangels entsprechender Anhaltspunkte ist nicht davon auszugehen, dass in der Erklärung vom 15.7.2011 abweichend vom Regelfall ein (öffentlich-rechtliches) Schuldanerkenntnis liegt (vgl dazu Senatsbeschluss vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R - mwN).

14

Das Leistungserbringungsrecht in der Sozialhilfe ist nicht nur im Bereich stationärer Leistungen (vgl BSGE 102, 1 ff, RdNr 15 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr 9), sondern gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII auch im Bereich der ambulanten Dienste(vgl Senatsurteil vom 25.9.2014 - B 8 SO 8/13 R -, SozR 4-3500 § 53 Nr 4) durch ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis geprägt, das als Sachleistungsprinzip in der Gestalt der Sachleistungsverschaffung/Gewährleistungsverantwortung ausgestaltet ist. Das gesetzliche Regelungskonzept geht also auch für die ambulanten Dienste davon aus, dass der Sozialhilfeträger die ihm obliegende Leistung nicht als Geldleistung an den jeweiligen Hilfeempfänger erbringt, um diesem die Zahlung des vertraglichen Entgelts aus dem Vertrag über die Erbringung von ambulanten Pflegeleistungen zu ermöglichen, sondern dass die Zahlung direkt an den Dienst erfolgt, der die Pflege leistet. Der Sozialhilfeträger übernimmt in diesem Zusammenhang nur die Vergütung, die der Hilfeempfänger vertraglich dem ambulanten Dienst schuldet und tritt damit (lediglich) einer bestehenden zivilrechtlichen Schuld (als Gesamtschuldner) bei. Dadurch wird ein unmittelbarer Zahlungsanspruch des Dienstes gegenüber dem Sozialhilfeträger geschaffen; der Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den Sozialhilfeträger ist auf Zahlung an diesen Dritten gerichtet.

15

S hatte mit der Klägerin am 20.7.2011 wirksam einen Vertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen (Pflegevereinbarung) abgeschlossen, die auszulegen der Senat wegen ihres Charakters als Formularvertrag berechtigt war (vgl BSG SozR 3-4220 § 11 Nr 3 S 6 f; zu den Heimverträgen vgl die Senatsentscheidung vom 25.9.2014 - B 8 SO 8/13 R -, SozR 4-3500 § 53 Nr 4 RdNr 17). Danach hatte sich S vertraglich verpflichtet, für die im Einzelnen aufgeführten Leistungen je Wochentag an die Klägerin einen bestimmten Preis zu zahlen; zusätzlich waren die monatlichen Gesamtkosten abzüglich eines "Eigenanteils" aufgeführt. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG hat die Klägerin die vereinbarten Leistungen im geltend gemachten Umfang auch erbracht. Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung steht nicht entgegen, dass im Bereich der sozialen Pflegeversicherung nach dem SGB XII die ambulanten Dienstleister einen unmittelbaren öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch in Höhe der gesetzlichen Pflegeleistungen gegen die Pflegekasse besitzen (vgl BSG SozR 4-3300 § 72 Nr 1). Auch lag in der Vereinbarung zwischen Klägerin und der Verstorbenen kein Verstoß gegen § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I), wonach privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften des SGB abweichen, nichtig sind. Denn zumindest wenn unklar ist, ob eine Pflegeversicherung oder entsprechende Leistungsansprüche bestehen, müssen Individualvereinbarungen zulässig und wirksam sein (zum gleichartigen Problem in der gesetzlichen Krankenversicherung BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 21).

16

Der Wirksamkeit des Schuldbeitritts selbst steht weder entgegen, dass er vor Abschluss des Pflegevertrags erfolgte, noch, dass im Bescheid und Schreiben vom 15.7.2011 die Schuld nicht summenmäßig aufgeführt ist. Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Schuldbeitritts ist lediglich, dass die Verpflichtung nach Inhalt und Beschaffenheit im Zeitpunkt der Entscheidung hinreichend bestimmt war, wodurch vermieden werden kann, dass die Schuld des Beitretenden durch spätere Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners ohne sein Zutun erweitert und damit gegen das Verbot der Fremddisposition verstoßen wird (vgl BGH, Urteil vom 7.11.1995 - XI ZR 235/94 - mwN). Diese Kriterien gelten gleichermaßen für die Wirksamkeit des Beitritts zu einer künftigen Schuld (dazu BGHZ 133, 220 ff). Diesen Anforderungen genügt der Bescheid der Beklagten iVm der Erklärung vom 15.7.2011. Denn die Häufigkeit und die Art der gegenüber der S zu erbringenden Leistungen mit der Zuordnung zu den Leistungskomplexen der Vergütungsvereinbarung - die der Senat als Normvertrag ebenfalls auszulegen berechtigt ist (vgl BSG SozR 4-3500 § 62 Nr 1 RdNr 15) - sind im Einzelnen aufgeführt. Zudem ist in Anlage 1 der Vergütungsvereinbarung jedem Leistungskomplex ein konkreter Preis zugeordnet, sodass lediglich die Nennung des jeweiligen Preises der so bestimmten Leistungen fehlt. Dies macht die Bewilligung noch nicht zu einem unzulässigen Schuldbeitritt "dem Grunde nach"; denn der Umfang der Schuld ist bestimmbar.

17

Der Tod der S vor der Rechnungserstellung durch die Klägerin hat die zivilrechtliche Schuld der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht entfallen lassen. Ihr Tod führte nur dazu, dass die Beigeladenen als ihre Erben (§ 1922 BGB) für ihre Schuld als Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) haften. Er lässt die Stellung der Beklagten aus dem Schuldbeitritt und damit das Recht der Klägerin unberührt, auch allein die Beklagte für die gesamte Schuld in Anspruch zu nehmen. Der zusätzliche sozialhilferechtliche Anspruch der S gegenüber der Beklagten auf Zahlung durch diese an die Klägerin mag durch deren Tod "erloschen" sein; gleichwohl hat die Beklagte gegenüber der Hilfeempfängerin ihrer Sachleistungsverschaffungspflicht bereits mit dem Schuldbeitritt genügt und damit ihre Leistung teilweise erbracht. Die daraus resultierende Zahlungspflicht unmittelbar gegenüber der Klägerin ist (nur) die Folge des Schuldbeitritts, mithin die Erfüllung dieser Schuld, die nicht mit dem Tod der S nachträglich wieder erlöschen kann.

18

§ 19 Abs 6 SGB XII führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung dem Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tod demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Mit der Norm wird nichts Abweichendes iS des § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII bestimmt. Sie schließt, anders als die Beklagte meint, nicht jeglichen Vergütungsanspruch eines ambulanten Pflegedienstes gegen den Sozialhilfeträger nach dem Tod des Hilfebedürftigen aus, sondern basiert nur auf der Rechtsprechung zur Unvererblichkeit sozialhilferechtlicher Ansprüche und schafft dafür in bestimmten Konstellationen ein sozialhilferechtliches Korrektiv (vgl: BSGE 106, 264 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 2; BSGE 110, 93 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 3). Zudem käme die Anwendung des § 19 Abs 6 SGB XII - außerhalb der Leistungsbeziehungen mit ambulanten Diensten - ohnehin nur in Betracht, wenn es, anders als hier, entweder um die Übernahme von Kosten vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid geht(vgl BSGE 102, 1 ff RdNr 27 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9) oder wenn die Übernahme von Kosten geltend gemacht wird, die gerade nicht vom Schuldbeitritt erfasst sind (vgl BSGE 106, 264 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 2).

19

Entgegen der Auffassung der Beklagten laufen damit die Regelungen zum Anspruchsübergang nach den §§ 93, 94 SGB XII nicht leer. Zwar ist Voraussetzung für die Überleitungsanzeige bzw den Anspruchsübergang ua, dass Leistungen erbracht worden sind. Da aber mit dem Schuldbeitritt die Leistung gegenüber dem Hilfeempfänger teilweise erbracht ist, dürfte den Bedenken der Beklagten hiermit hinreichend Rechnung getragen sein. Dies gilt für den Kostenersatzanspruch nach § 102 SGB XII gleichermaßen(zum Verhältnis beider vgl BVerwGE 85, 136, 139).

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

21

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 40, 47 Abs 1, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

Die Sozialhilfe umfasst:

1.
Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40),
2.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b),
3.
Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52),
4.
Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66a),
5.
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69),
6.
Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74)
sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung.

(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen.

(2) Für Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen übernimmt die Pflegekasse im Rahmen der pauschalen Leistungsbeträge nach Satz 2 die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Der Anspruch beträgt je Kalendermonat

1.
770 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
1 262 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
1 775 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
2 005 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.
Abweichend von Satz 1 übernimmt die Pflegekasse auch Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung, soweit der nach Satz 2 gewährte Leistungsbetrag die in Satz 1 genannten Aufwendungen übersteigt.

(3) Wählen Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 vollstationäre Pflege, erhalten sie für die in Absatz 2 Satz 1 genannten Aufwendungen einen Zuschuss in Höhe von 125 Euro monatlich.

(4) Bei vorübergehender Abwesenheit von Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim werden die Leistungen für vollstationäre Pflege erbracht, solange die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 Satz 5 und 6 vorliegen.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 16.06.2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 21.01.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2010 wird abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 88,41 EUR statt lediglich 76,21 EUR täglich zu übernehmen.

3. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über den Umfang von Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem 6. Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII).
Die Klägerin, geboren am ..., ist geistig behindert. Sie besuchte bis in das Schuljahr 2009/2010 die E-Schule für Körperbehinderte in W. Unter dem 24.4.2009 beantragten ihre Eltern als Betreuer beim Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe für die Aufnahme in das Wohnheim für Behinderte und den Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen des S. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.6.2009 mit der Begründung ab, dass aufgrund des Herkunftsortes zunächst die Wohnheime und Werkstätten der A-Werkstätten in OB und OF in Betracht zu ziehen seien. Nach einem Praktikum in der Werkstatt und Besichtigung der Wohnheimplätze in OB seien die Betreuer der Klägerin zu dem Schluss gekommen, dass diese Einrichtung wegen der Altersstruktur in den Wohnheimen und weil derzeit keine Einzelzimmer zur Verfügung gestellt werden könnten nicht in Frage komme. Auch die Klägerin selbst lehne diese Einrichtung ab, zumal die Beschäftigung in der Werkstatt nicht ihren Vorstellungen entspreche. Danach habe die Klägerin mit ihren Eltern Wohnheim und Werkstatt des S besichtigt mit dem Ergebnis, dass die Klägerin gern dorthin gehen würde. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII solle den Wünschen des Leistungsberechtigten hinsichtlich der Gestaltung der Leistung entsprochen werden, soweit sie angemessen seien. Zur Prüfung der Angemessenheit sei ein Kostenvergleich zwischen der gewünschten Maßnahme und anderen geeigneten Angeboten vorzunehmen. Dieser habe ergeben, dass die Vergütung für einen Wohnheimplatz in den A-Werkstätten und Wohneinrichtungen in Hilfebedarfsgruppe 3 circa 2300 EUR monatlich betrage; demgegenüber liege sie im S bei ca. 2800 EUR. Die Werkstattkosten, die vom Wechsel vom Berufsbildungsbereich in den Arbeitsbereich an relevant würden, lägen in den A-Werkstätten bei 780 EUR monatlich gegenüber 820 EUR monatlich im S. Die Mehrkosten beliefen sich somit auf über 20%, was eine erhebliche Differenz darstelle. Dagegen fielen die Fahrtkosten vom Wohnheim zur Werkstatt mit Sondertransport, die nur in den Einrichtungen der A-Werkstätten anfielen, mit maximal 50 EUR monatlich nicht ins Gewicht. Zwar sei es nachvollziehbar, dass die Klägerin aus persönlichen Gründen nicht in die A-Werkstätten aufgenommen werden wolle. Es gebe aber auch noch freie Plätze zu vergleichbaren Kosten im Landkreis bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft, so in der Lebenshilfe K und in der Werkstatt der Lebenshilfe SH. Eine Aufnahme in eine der genannten Einrichtungen sei zumutbar und zum gewünschten Zeitpunkt auch realisierbar.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin durch Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 24.6.2009 Widerspruch. Der Widerspruch wurde damit begründet, dass die Mehrkosten im S nicht unverhältnismäßig im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB XII seien. Dies ergebe sich schon daraus, dass es sich dabei um eine nach §§ 75 ff. SGB XII anerkannte Einrichtung handele, welche mit dem Landkreis L als für sie örtlich zuständigem Sozialhilfeträger einen Versorgungsvertrag gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossen habe. Auch dieser Sozialhilfeträger unterliege dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dürfe daher überhaupt keine unverhältnismäßigen Kosten vereinbaren. Im S seien im übrigen derzeit 55 Bewohner untergebracht, deren Kosten vom Beklagten ohne Einschränkung übernommen würden. Eine Ungleichbehandlung der Klägerin ihnen gegenüber sei nicht zu rechtfertigen. Das S komme wegen der modernisierten Arbeitsplätze insbesondere im Holz- und Textilbereich den Wünschen der Klägerin entgegen. Die Wohngruppen dort seien im Gegensatz zu anderen Einrichtungen altersspezifisch belegt. Weiter bestehe dort die Möglichkeit, ohne Trägerwechsel in eine Außenwohngruppe dieser Einrichtung aufgenommen zu werden. Aufgrund der Identität des Trägers könne man davon ausgehen, dass dieser kein Interesse daran habe, die Bewohnerin möglichst lange in der teureren Unterbringungsform zu halten. Auf lange Sicht dürften somit sogar geringere Kosten entstehen, als wenn ein Wechsel in eine Außenwohngruppe erst die Hürde eines Trägerwechsels nehmen müsste. Schließlich seien die Klägerin und ihre Eltern katholischer Konfession und wünschten daher eine Einrichtung, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden könne (§ 9 Abs. 3 SGB XII). Dies sei im S der Fall.
Mit Teilabhilfebescheid vom 21.1.2010 gewährte der Beklagte der Klägerin Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII (Leistungen bei vollstationärer Unterbringung) sowie Grundsicherung in Einrichtungen nach § 35 SGB XII im S für die Zeit vom 1.3.2010 bis 31.5.2012. Übernommen wurden insbesondere die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 76,21 EUR täglich, entsprechend dem Vergütungssatz, der in den A-Werkstätten und Wohneinrichtungen angefallen wäre. Zuvor war zwischen den Beteiligten vereinbart worden, dass der Beklagte Leistungen in diesem Umfang gewährt und hinsichtlich der noch streitigen Eingliederungshilfe für eine eventuell höhere tatsächliche Vergütung der Widerspruch aufrechterhalten bleibt.
Zum 1.3.2010 wurde die Klägerin in den Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen und das Wohnheim des S aufgenommen. Grundlage hierfür ist ein zwischen den Betreuern der Klägerin und der S Betriebs-GmbH am 10.2.2010 geschlossener Wohn- und Betreuungsvertrag. Nach dessen § 9 Abs. 1 ist ein tägliches Heimentgelt für den Bereich Wohnen in Höhe von 88,41 EUR vereinbart. Dementsprechend stellte die Einrichtung dem Beklagten mit Schreiben vom 28.2.2010 von der Aufnahme an pro Tag 88,41 EUR in Rechnung. Der Beklagte erklärte hierzu mit Schreiben vom 11.3.2010, er werde entsprechend seiner Hilfegewährung lediglich 76,21 EUR täglich leisten; der Differenzbetrag möge von der Klägerin bzw. ihren Betreuern angefordert werden. Zwischen diesen und dem S ist die Stundung der Differenzbeträge bis zur Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit vereinbart.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.4.2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.6.2009 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Angemessenheit der Mehrkosten im S sei einerseits nach deren Höhe, andererseits an der Wertigkeit des Wunsches der Klägerin zu messen, gerade dort aufgenommen zu werden. Beide Aspekte beeinflussten sich gegenseitig, d. h. je höher die Mehrkosten seien, desto angemessener müsse der Wunsch des Betroffenen sein. Angesichts der erheblichen Mehrkosten durch die Unterbringung im S reichten die von der Klägerin geltend gemachten Gründe nicht aus, diese noch als verhältnismäßig einzustufen. So handele es sich bei den dort auf Kosten des Beklagten bereits untergebrachten Bewohnern um sogenannte Altfälle, die im Zuge der Verwaltungsreform zum 1.1.2005 vom zuvor zuständigen L übernommen worden seien. Diese Personen hielten sich seit Jahren bzw. teilweise Jahrzehnten dort auf, so dass von ihnen ein Verlassen der Einrichtung nicht verlangt werden könne. Der Beklagte strebe im übrigen eine wohnortnahe Unterbringung der Leistungsberechtigten an, um den Kontakt zum familiären und sozialen Umfeld so weit wie möglich zu erhalten. Die Angebote der Werkstätten für behinderte Menschen seien immer an der Nachfrage der Kunden orientiert und unterlägen daher einem permanenten Wandel. Auch andere Einrichtungen als das S - insbesondere auch die A-Werkstätten - seien bemüht, altersspezifische Wohngruppen zu bilden. Möglicherweise habe das S es dabei aufgrund seiner Größe leichter als kleinere Einrichtungen. Ebenso verfügten viele Einrichtungen der Eingliederungshilfe, auch die A-Werkstätten, über Außenwohngruppen sowie Einrichtungen für ambulantes Trainingswohnen und ambulant betreutes Wohnen. Ihren Glauben könne die Klägerin schließlich zweifelsfrei auch in anderen Einrichtungen als im S ausleben.
Am 19.5.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren aus dem Widerspruchsverfahren weiter. Die vom S verlangte Vergütung entspreche der Vereinbarung des Trägers dieser Einrichtung (gemeinnützige GmbH) mit dem Landkreis L und einem Schiedsspruch gem. § 80 SGB XII vom 10.11.2008. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass dadurch unverhältnismäßig hohe Kosten festgelegt würden. Eine gesetzliche Grundlage für den Wunsch des Beklagten, nur die Kosten der regional günstigsten Einrichtung zu übernehmen, sei nicht ersichtlich. Ebensowenig erlaube der grundgesetzliche Gleichheitssatz einer Unterscheidung nach Alt- und Neufällen. Im übrigen seien im S mindestens zwei Bewohner auf Kosten der Beklagten neu aufgenommen worden, bei denen es sich nicht um Altfälle handele. Entscheidend für den Wunsch der Klägerin, im S zu leben, sei die Tatsache, dass sie dort im Gegensatz zu den drei vom Beklagten vorgeschlagenen und auch von der Klägerin besichtigten Einrichtungen ohne unabsehbare Wartezeit ein Einzelzimmer erhalten und sie in eine nach Lebensalter und Art der Behinderungen homogene Wohngruppe aufgenommen werden konnte. Letzteres erleichtere maßgeblich den Aufbau und die Pflege sozialer Kontakte, insbesondere auch außerhalb der Arbeitszeit.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Bescheid der Beklagten vom 16.6.2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 21.1.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14.4.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Vergütungen für Wohnangebote nach Leistungstyp I.2.1. in Hilfebedarfsgruppe 3 in Höhe von 88,41 EUR (statt lediglich 76,21 EUR) täglich zu übernehmen.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Bei den beiden neu auf Kosten des Beklagten aufgenommenen Bewohnern handele es sich um Sonderfälle, bei denen die Hilfegewährung durch die Besonderheiten des Einzelfalles gerechtfertigt gewesen sei.
14 
Die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten lag in wesentlichen Teilen vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die genannte Verwaltungsakte sowie die Akte des Gerichts, Az. S 9 SO 2640/10 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft.
16 
Die Klage ist auch begründet, da die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Vergütung für Wohnangebote in der dem S tatsächlich geschuldeten Höhe von 88,41 EUR täglich hat.
17 
Dieser Anspruch beruht auf §§ 53 Abs. 1 und 4, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) i. V. m. §§ 17 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB XII.
18 
Die Klägerin gehört zu den nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX leistungsberechtigten Personen. Sie hat dem Grunde nach u. a. Anspruch auf vollstationäre Eingliederungshilfe nach Maßgabe von §§ 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 SGB IX in Form der Übernahme der Kosten einer Unterbringung im Wohnbereich einer Einrichtung mit angeschlossener Werkstätte für behinderte Menschen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, auch für das Gericht ist der Sachverhalt insoweit nicht zweifelhaft.
19 
Da die einschlägigen Vorschriften über die Eingliederungshilfe das Ermessen nicht ausschließen, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII über Art und Maß der Leistungserbringung - und damit insbesondere über die hier zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, welche Einrichtungskosten zu übernehmen sind - nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden. Bei der Ermessensausübung ist u. a. § 9 Abs. 2 SGB XII zu beachten. Hiernach ist den Wünschen des Leistungsberechtigten zu entsprechen, soweit diese angemessen sind (Satz 1 a. a. O.). In der Regel soll der Träger der Sozialhilfe Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Satz 3 a. a. O.). Auf den nach § 9 Abs. 2 SGB XII vorzunehmenden Kostenvergleich kommt es nur an, wenn überhaupt vergleichbare Alternativen der Bedarfsdeckung bestehen und dem Leistungsberechtigten zumindest eines der von ihm nicht gewünschten Angebote auch zumutbar ist (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.9.2010, Az. L 7 SO 1357/10 ER-B, , m. w. N.).
20 
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass unstreitig vergleichbare Alternativen zu der von der Klägerin gewünschten und gewählten Wohnung und Beschäftigung im S in Gestalt der A-Werkstätten mit Wohnheim (OB und OG) sowie in Einrichtungen der Lebenshilfe in K und SH bestehen. Auch vermag das Gericht diese Einrichtungen - bei allen Bedenken dagegen, ob einem behinderten Menschen jenseits des Kindesalters eine länger als nur kurzfristige Wohnunterbringung ohne Rückzugsmöglichkeit in ein Einzelzimmer überhaupt zuzumuten ist - nicht als schlechthin für die Klägerin unzumutbar anzusehen. Das Gericht verkennt dabei ebensowenig, dass nach Lebensalter und Art der Behinderung differenzierende Wohngruppen und moderne sowie ansprechende Arbeitsplätze in den Werkstätten wünschenswert sind und dass die vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativen in dieser Hinsicht die Erwartungen der Klägerin nicht befriedigen. Grundsätzlich verfügen aber auch diese Alternativeinrichtungen über Einzelzimmer, wenn auch in begrenzter Anzahl, und sie streben eine differenzierende, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner besser gerecht werdende Gestaltung des Wohn- und Arbeitsbereichs an. Mit hoher Wahrscheinlichkeit könnte die Klägerin daher auch in einer der vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativeinrichtungen menschenwürdige Unterkunft finden und adäquat beschäftigt werden. Die Vertreter der Klägerin haben dem Gericht zwar nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Klägerin das Angebot des S vorzieht. Diese Gründe sind auch zu achten und rechtlich erheblich, dazu sogleich. Die Unzumutbarkeit der Unterbringung in einer der alternativen Einrichtungen ergibt sich aus diesem Vortrag aber nicht. Dies mag die hypothetische Überlegung erhellen, dass sich die Klägerin der Möglichkeit einer Aufnahme dort wohl nicht verschließen würde, wenn das S als Einrichtung nicht existierte.
21 
Danach ist die Verhältnismäßigkeit der durch die Unterbringung im S entstehenden Mehrkosten maßgeblich. Diese Prüfung führt zum Ergebnis, dass die Mehrkosten angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erscheinen, der Beklagte mithin - mangels durchgreifender entgegenstehender Ermessensgesichtspunkte - im Wege der Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet ist, der Klägerin Eingliederungshilfe unter Einschluss dieser Mehrkosten zu gewähren.
22 
Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung ist ein mathematischer Kostenvergleich. Dabei ist fraglich, ob die Werkstattkosten - welche erst bei einem allfälligen Wechsel der Klägerin vom Eingangsbereich in den Arbeitsbereich zukünftig dem Beklagten zur Last fallen würden - überhaupt zu berücksichtigen sind. Ausgehend von den vom Beklagten selbst ermittelten Beträgen von 780 EUR monatlich (A-Werkstätten) bzw. 820 EUR (S) unterschreiten die Mehrkosten von 40 EUR monatlich aber sogar noch die beim Besuch der A-Werkstätten anfallenden Sondertransportkosten von bis zu 50 EUR monatlich. Der Kostenvergleich kann sich daher auf die aktuell allein anfallende Wohnheimvergütung beschränken. Diese liegt im S bei 88,41 EUR, während sie in den A-Werkstätten lediglich 76,21 EUR betragen würden. Dies entspricht einem Mehrbetrag von nur 16% und nicht etwa, wie vom Beklagten angenommen, von über 20%.
23 
Es gibt keine feste mathematische Grenze, bis zu der Mehrkosten angemessen sind. Vielmehr ist, wie vom Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, eine Abwägung der Mehrkosten im konkreten Fall mit dem Gewicht des vom Leistungsberechtigten geltend gemachten Wunsches und seiner individuellen Situation vorzunehmen, wobei der Wunsch des Leistungsberechtigten umso bedeutsamer ist, je mehr er seiner objektiven Bedarfssituation entspricht (BVerwG, Beschl. v. 18.8.2003, Az. 5 B 14/03, ). Bei Durchsicht der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur fällt jedoch bereits auf, dass eine Unangemessenheit der Mehrkosten - soweit ersichtlich - bislang noch keinem Fall angenommen wurde, wenn diese die Marke von 20% nicht erreichten. So wurden zwar etwa Mehrkosten von 75% (BVerwG-Urt. v. 11.2.1982, Az. 5 C 85/80, ) oder 50% (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.8.1995, Az.: Bs IV 165/95; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 7.6.2007, Az. L 8 SO 60/07 ER, ) ohne weiteres als unverhältnismäßig erachtet. Das VG Münster (Urt. v. 24.4.2006, Az. 5 K 783/04, ) bejahte demgegenüber ohne Abwägung im Detail die Verhältnismäßigkeit von Mehrkosten von 30%. Für den hier relevanten Bereich noch geringerer Mehrkosten kann zum einen ein Beschluss des OVG Lüneburg vom 16.2.2004 (Az. 4 ME 400/03, ) als Richtschnur dienen. Dort wurden Mehrkosten von 21,24% als unangemessen angesehen. Dabei ist im Vergleich zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt mit Mehrkosten von 16% allerdings erstens festzustellen das die dortigen Mehrkosten immerhin noch um rund 1/3 höher waren. Vor allem aber war nach den Entscheidungsgründen des OVG Lüneburg die kostengünstigere Einrichtung für den Behinderten objektiv deutlich besser geeignet als die gewünschte. Diese Besonderheit mag ausschlaggebend für die Annahme einer so niedrigen Angemessenheitsgrenze gewesen sein. Eine weitere Entscheidung zu einem vergleichbarem Mehrkostenrahmen fällte das SG Hildesheim am 19.5.2010 (Az. S 34 SO 212/07, ). In diesem Urteil wurden Mehrkosten von bis zu 29% unter der Voraussetzung noch als angemessen bezeichnet, dass der Wunsch des Behinderten auf nachvollziehbaren Motiven beruht, seiner Lebenssituation entspricht und geeignet ist, den Zielen und Aufgaben der Eingliederungshilfe zu entsprechen. Hat der Träger der Einrichtung (wie auch im vorliegenden Fall) mit anderen Trägern der Eingliederungshilfe eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen, spricht dies nach dieser Entscheidung indiziell ebenfalls dagegen, die entstehenden Mehrkosten von vornherein als unverhältnismäßig anzusehen.
24 
Zusammenfassend lässt sich hieraus ableiten, dass ein mit Mehrkosten um bis zu 30% verbundener Wunsch des Leistungsberechtigten zumindest dann nicht unangemessen ist, wenn er durch auch im Verhältnis zum Umfang der Mehrkosten angemessene nachvollziehbare Motive gerechtfertigt und zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe nicht erkennbar schlechter geeignet ist, als das alternative Angebot des Kostenträgers. Je weiter die konkreten Mehrkosten die 30%-Grenze unterschreiten, desto geringere Anforderungen sind an die Wertigkeit der Motive und die Gleichwertigkeit der Eignung der Maßnahme zu stellen. Die hier konkret zu beurteilenden Mehrkosten von lediglich 16% im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit einem Träger der Eingliederungshilfe aus der gleichen Region wären danach nur dann nicht angemessen, wenn entweder der ihnen zugrunde liegende Wunsch der Klägerin auf Motiven von ganz geringem Gewicht beruhen würde oder die von der Klägerin bevorzugte Einrichtung zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe wesentlich schlechter geeignet wäre als die vom Beklagten benannte Alternative. Letzteres ist unstreitig und offensichtlich nicht der Fall. Aber auch die dargelegten Motive für den Wunsch der Klägerin sind so nachvollziehbar, billigenswert und gewichtig, dass sie die konkret anfallenden Mehrkosten rechtfertigen.
25 
So sind sowohl der Wunsch, zeitnah und nicht erst nach einer ungewissen Wartezeit von möglicherweise mehreren Jahren ein Einzelzimmer bewohnen zu können, als auch das Interesse, soziale Kontakte mit Mitbewohnern der gleichen Generation und in etwa vergleichbarer Behinderung leichter aufbauen zu können als in Einrichtungen mit weniger homogenen Wohngruppen, nicht nur menschlich sehr gut nachvollziehbar. Auch die grundrechtlich verbürgte Gewährleistung der Menschenwürde sowie die vom Grundgesetz postulierte Teilhabe und Gleichstellung der Klägerin als behinderter Mensch wird um so leichter und nachhaltiger verwirklicht, je besser ihre Privatsphäre geschützt ist, je größer und abgeschlossener der von ihr autonom zu gestaltende persönliche Lebensbereich ist und je mehr ihr der adäquate soziale Kontakt zu Mitmenschen ihrer Wahl erleichtert wird. Auch der Umstand, dass ihr die Arbeitsplätze im S besser zusagen als die in den alternativen Einrichtungen, ist nicht ohne Bedeutung. Zwar besteht ein Anspruch auf einen weitestgehend den eigenen Wünschen entsprechenden Arbeitsplatz weder in einer Werkstätte für behinderte Menschen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wenn aber die Klägerin unter verschiedenen in Betracht kommenden Werkstätten diejenige bevorzugt, die ihren Neigungen am besten entspricht, so verdient diese Entscheidung als grundrechtlich geschützte Wahrnehmung ihrer Berufsfreiheit und allgemeinen Handlungsfreiheit Respekt. Ihr nicht zu folgen bedürfte der Rechtfertigung durch gewichtige Gründe, etwa deutlich höhere Mehrkosten oder die objektive Nichteignung der Einrichtung. Nichts davon ist hier gegeben. Unter Gesamtwürdigung der Motive der Klägerin würde ihr Wunsch nach Überzeugung der Kammer auch noch höhere Mehrkosten rechtfertigen, als hierdurch tatsächlich anfallen, ggf. bis zu 30%.
26 
Die Tatsache, dass die Klägerin im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bereits seit einem Jahr im S wohnt und arbeitet und ihr Aufenthalt dort bislang - den Angaben ihrer Betreuer zufolge - ihre Erwartungen in vollem Umfang erfüllt, spricht schließlich als weiterer Ermessensgesichtspunkt mit erheblichem Gewicht dafür, den Wunsch der Klägerin bei der Gewährung der Eingliederungshilfeleistungen zu beachten. Zusammenfassend verdichten sich die maßgeblichen Ermessensgesichtspunkte dahin, dass der Klägerin im Wege der Ermessensreduzierung auf Null die für die Unterbringung im S erforderlichen Eingliederungshilfeleistungen zu gewähren sind.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
15 
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft.
16 
Die Klage ist auch begründet, da die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Vergütung für Wohnangebote in der dem S tatsächlich geschuldeten Höhe von 88,41 EUR täglich hat.
17 
Dieser Anspruch beruht auf §§ 53 Abs. 1 und 4, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) i. V. m. §§ 17 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB XII.
18 
Die Klägerin gehört zu den nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX leistungsberechtigten Personen. Sie hat dem Grunde nach u. a. Anspruch auf vollstationäre Eingliederungshilfe nach Maßgabe von §§ 55 Abs. 2 Nr. 6, 41 SGB IX in Form der Übernahme der Kosten einer Unterbringung im Wohnbereich einer Einrichtung mit angeschlossener Werkstätte für behinderte Menschen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, auch für das Gericht ist der Sachverhalt insoweit nicht zweifelhaft.
19 
Da die einschlägigen Vorschriften über die Eingliederungshilfe das Ermessen nicht ausschließen, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII über Art und Maß der Leistungserbringung - und damit insbesondere über die hier zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, welche Einrichtungskosten zu übernehmen sind - nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden. Bei der Ermessensausübung ist u. a. § 9 Abs. 2 SGB XII zu beachten. Hiernach ist den Wünschen des Leistungsberechtigten zu entsprechen, soweit diese angemessen sind (Satz 1 a. a. O.). In der Regel soll der Träger der Sozialhilfe Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Satz 3 a. a. O.). Auf den nach § 9 Abs. 2 SGB XII vorzunehmenden Kostenvergleich kommt es nur an, wenn überhaupt vergleichbare Alternativen der Bedarfsdeckung bestehen und dem Leistungsberechtigten zumindest eines der von ihm nicht gewünschten Angebote auch zumutbar ist (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.9.2010, Az. L 7 SO 1357/10 ER-B, , m. w. N.).
20 
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass unstreitig vergleichbare Alternativen zu der von der Klägerin gewünschten und gewählten Wohnung und Beschäftigung im S in Gestalt der A-Werkstätten mit Wohnheim (OB und OG) sowie in Einrichtungen der Lebenshilfe in K und SH bestehen. Auch vermag das Gericht diese Einrichtungen - bei allen Bedenken dagegen, ob einem behinderten Menschen jenseits des Kindesalters eine länger als nur kurzfristige Wohnunterbringung ohne Rückzugsmöglichkeit in ein Einzelzimmer überhaupt zuzumuten ist - nicht als schlechthin für die Klägerin unzumutbar anzusehen. Das Gericht verkennt dabei ebensowenig, dass nach Lebensalter und Art der Behinderung differenzierende Wohngruppen und moderne sowie ansprechende Arbeitsplätze in den Werkstätten wünschenswert sind und dass die vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativen in dieser Hinsicht die Erwartungen der Klägerin nicht befriedigen. Grundsätzlich verfügen aber auch diese Alternativeinrichtungen über Einzelzimmer, wenn auch in begrenzter Anzahl, und sie streben eine differenzierende, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner besser gerecht werdende Gestaltung des Wohn- und Arbeitsbereichs an. Mit hoher Wahrscheinlichkeit könnte die Klägerin daher auch in einer der vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativeinrichtungen menschenwürdige Unterkunft finden und adäquat beschäftigt werden. Die Vertreter der Klägerin haben dem Gericht zwar nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Klägerin das Angebot des S vorzieht. Diese Gründe sind auch zu achten und rechtlich erheblich, dazu sogleich. Die Unzumutbarkeit der Unterbringung in einer der alternativen Einrichtungen ergibt sich aus diesem Vortrag aber nicht. Dies mag die hypothetische Überlegung erhellen, dass sich die Klägerin der Möglichkeit einer Aufnahme dort wohl nicht verschließen würde, wenn das S als Einrichtung nicht existierte.
21 
Danach ist die Verhältnismäßigkeit der durch die Unterbringung im S entstehenden Mehrkosten maßgeblich. Diese Prüfung führt zum Ergebnis, dass die Mehrkosten angemessen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erscheinen, der Beklagte mithin - mangels durchgreifender entgegenstehender Ermessensgesichtspunkte - im Wege der Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet ist, der Klägerin Eingliederungshilfe unter Einschluss dieser Mehrkosten zu gewähren.
22 
Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung ist ein mathematischer Kostenvergleich. Dabei ist fraglich, ob die Werkstattkosten - welche erst bei einem allfälligen Wechsel der Klägerin vom Eingangsbereich in den Arbeitsbereich zukünftig dem Beklagten zur Last fallen würden - überhaupt zu berücksichtigen sind. Ausgehend von den vom Beklagten selbst ermittelten Beträgen von 780 EUR monatlich (A-Werkstätten) bzw. 820 EUR (S) unterschreiten die Mehrkosten von 40 EUR monatlich aber sogar noch die beim Besuch der A-Werkstätten anfallenden Sondertransportkosten von bis zu 50 EUR monatlich. Der Kostenvergleich kann sich daher auf die aktuell allein anfallende Wohnheimvergütung beschränken. Diese liegt im S bei 88,41 EUR, während sie in den A-Werkstätten lediglich 76,21 EUR betragen würden. Dies entspricht einem Mehrbetrag von nur 16% und nicht etwa, wie vom Beklagten angenommen, von über 20%.
23 
Es gibt keine feste mathematische Grenze, bis zu der Mehrkosten angemessen sind. Vielmehr ist, wie vom Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, eine Abwägung der Mehrkosten im konkreten Fall mit dem Gewicht des vom Leistungsberechtigten geltend gemachten Wunsches und seiner individuellen Situation vorzunehmen, wobei der Wunsch des Leistungsberechtigten umso bedeutsamer ist, je mehr er seiner objektiven Bedarfssituation entspricht (BVerwG, Beschl. v. 18.8.2003, Az. 5 B 14/03, ). Bei Durchsicht der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur fällt jedoch bereits auf, dass eine Unangemessenheit der Mehrkosten - soweit ersichtlich - bislang noch keinem Fall angenommen wurde, wenn diese die Marke von 20% nicht erreichten. So wurden zwar etwa Mehrkosten von 75% (BVerwG-Urt. v. 11.2.1982, Az. 5 C 85/80, ) oder 50% (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.8.1995, Az.: Bs IV 165/95; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 7.6.2007, Az. L 8 SO 60/07 ER, ) ohne weiteres als unverhältnismäßig erachtet. Das VG Münster (Urt. v. 24.4.2006, Az. 5 K 783/04, ) bejahte demgegenüber ohne Abwägung im Detail die Verhältnismäßigkeit von Mehrkosten von 30%. Für den hier relevanten Bereich noch geringerer Mehrkosten kann zum einen ein Beschluss des OVG Lüneburg vom 16.2.2004 (Az. 4 ME 400/03, ) als Richtschnur dienen. Dort wurden Mehrkosten von 21,24% als unangemessen angesehen. Dabei ist im Vergleich zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt mit Mehrkosten von 16% allerdings erstens festzustellen das die dortigen Mehrkosten immerhin noch um rund 1/3 höher waren. Vor allem aber war nach den Entscheidungsgründen des OVG Lüneburg die kostengünstigere Einrichtung für den Behinderten objektiv deutlich besser geeignet als die gewünschte. Diese Besonderheit mag ausschlaggebend für die Annahme einer so niedrigen Angemessenheitsgrenze gewesen sein. Eine weitere Entscheidung zu einem vergleichbarem Mehrkostenrahmen fällte das SG Hildesheim am 19.5.2010 (Az. S 34 SO 212/07, ). In diesem Urteil wurden Mehrkosten von bis zu 29% unter der Voraussetzung noch als angemessen bezeichnet, dass der Wunsch des Behinderten auf nachvollziehbaren Motiven beruht, seiner Lebenssituation entspricht und geeignet ist, den Zielen und Aufgaben der Eingliederungshilfe zu entsprechen. Hat der Träger der Einrichtung (wie auch im vorliegenden Fall) mit anderen Trägern der Eingliederungshilfe eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen, spricht dies nach dieser Entscheidung indiziell ebenfalls dagegen, die entstehenden Mehrkosten von vornherein als unverhältnismäßig anzusehen.
24 
Zusammenfassend lässt sich hieraus ableiten, dass ein mit Mehrkosten um bis zu 30% verbundener Wunsch des Leistungsberechtigten zumindest dann nicht unangemessen ist, wenn er durch auch im Verhältnis zum Umfang der Mehrkosten angemessene nachvollziehbare Motive gerechtfertigt und zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe nicht erkennbar schlechter geeignet ist, als das alternative Angebot des Kostenträgers. Je weiter die konkreten Mehrkosten die 30%-Grenze unterschreiten, desto geringere Anforderungen sind an die Wertigkeit der Motive und die Gleichwertigkeit der Eignung der Maßnahme zu stellen. Die hier konkret zu beurteilenden Mehrkosten von lediglich 16% im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit einem Träger der Eingliederungshilfe aus der gleichen Region wären danach nur dann nicht angemessen, wenn entweder der ihnen zugrunde liegende Wunsch der Klägerin auf Motiven von ganz geringem Gewicht beruhen würde oder die von der Klägerin bevorzugte Einrichtung zur Erreichung der Ziele der Eingliederungshilfe wesentlich schlechter geeignet wäre als die vom Beklagten benannte Alternative. Letzteres ist unstreitig und offensichtlich nicht der Fall. Aber auch die dargelegten Motive für den Wunsch der Klägerin sind so nachvollziehbar, billigenswert und gewichtig, dass sie die konkret anfallenden Mehrkosten rechtfertigen.
25 
So sind sowohl der Wunsch, zeitnah und nicht erst nach einer ungewissen Wartezeit von möglicherweise mehreren Jahren ein Einzelzimmer bewohnen zu können, als auch das Interesse, soziale Kontakte mit Mitbewohnern der gleichen Generation und in etwa vergleichbarer Behinderung leichter aufbauen zu können als in Einrichtungen mit weniger homogenen Wohngruppen, nicht nur menschlich sehr gut nachvollziehbar. Auch die grundrechtlich verbürgte Gewährleistung der Menschenwürde sowie die vom Grundgesetz postulierte Teilhabe und Gleichstellung der Klägerin als behinderter Mensch wird um so leichter und nachhaltiger verwirklicht, je besser ihre Privatsphäre geschützt ist, je größer und abgeschlossener der von ihr autonom zu gestaltende persönliche Lebensbereich ist und je mehr ihr der adäquate soziale Kontakt zu Mitmenschen ihrer Wahl erleichtert wird. Auch der Umstand, dass ihr die Arbeitsplätze im S besser zusagen als die in den alternativen Einrichtungen, ist nicht ohne Bedeutung. Zwar besteht ein Anspruch auf einen weitestgehend den eigenen Wünschen entsprechenden Arbeitsplatz weder in einer Werkstätte für behinderte Menschen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wenn aber die Klägerin unter verschiedenen in Betracht kommenden Werkstätten diejenige bevorzugt, die ihren Neigungen am besten entspricht, so verdient diese Entscheidung als grundrechtlich geschützte Wahrnehmung ihrer Berufsfreiheit und allgemeinen Handlungsfreiheit Respekt. Ihr nicht zu folgen bedürfte der Rechtfertigung durch gewichtige Gründe, etwa deutlich höhere Mehrkosten oder die objektive Nichteignung der Einrichtung. Nichts davon ist hier gegeben. Unter Gesamtwürdigung der Motive der Klägerin würde ihr Wunsch nach Überzeugung der Kammer auch noch höhere Mehrkosten rechtfertigen, als hierdurch tatsächlich anfallen, ggf. bis zu 30%.
26 
Die Tatsache, dass die Klägerin im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bereits seit einem Jahr im S wohnt und arbeitet und ihr Aufenthalt dort bislang - den Angaben ihrer Betreuer zufolge - ihre Erwartungen in vollem Umfang erfüllt, spricht schließlich als weiterer Ermessensgesichtspunkt mit erheblichem Gewicht dafür, den Wunsch der Klägerin bei der Gewährung der Eingliederungshilfeleistungen zu beachten. Zusammenfassend verdichten sich die maßgeblichen Ermessensgesichtspunkte dahin, dass der Klägerin im Wege der Ermessensreduzierung auf Null die für die Unterbringung im S erforderlichen Eingliederungshilfeleistungen zu gewähren sind.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.