Sozialgericht Detmold Urteil, 30. Sept. 2014 - S 8 SO 216/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren um die Höhe der der Klägerin zu gewährenden Leistungen nach dem SGB XII, insbesondere unter dem Aspekt der Höhe der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten.
3Die Klägerin wurde am 00.00.1949 geboren. Sie ist verheiratet mit dem am 00.00.1952 geborenen Herrn I-K P. Die Klägerin und ihr Ehemann standen zunächst im Leistungsbezug nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 08.12.2010 bewilligte die DRV Bund der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Rentenbeginn am 01.11.2009. Die Rente wurde ab Februar 2011 monatlich gezahlt. Die Rentenhöhe ab dem 01.07.2012 betrug 486,15 EUR.
4Nachdem die im Eigentum der Klägerin und ihres Ehemannes stehende Immobilie B E X-Straße 0 in T zwangsversteigert worden war, bezogen die Klägerin und ihr Ehemann die Wohnung in der I1 Straße 4 in T, die sie am 15.02.2011 übernahmen. Hierfür ist eine Kaltmiete in Höhe von 350 EUR, Heizkosten in Höhe von 120 EUR sowie Nebenkosten in Höhe von 80 EUR zu zahlen.
5Nach Gewährung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2011 bei der Beklagten alle infragekommenden Leistungen, um ihren Lebensunterhalt und die Unterkunftskosten bestreiten zu können. Sie führte aus, dass die bewilligte Rente unterhalb der vom Gesetzgeber als Existenzminimum festgelegten Werte zuzüglich des Mietanteiles, den sie gemeinsam mit ihrem Ehemann zu zahlen habe, liege. Der Antrag beschränke sich ausdrücklich nicht auf das Wohngeld. Für die Zeit ab 01.02.2011 gewährt die Beklagte seitdem Leistungen nach dem SGB XII, wobei die Höhe der Leistungsgewährung seit Antragstellung zwischen den Beteiligten streitig ist.
6Mit Bescheid vom 27.03.2013 gewährte die Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII in Höhe von 119,09 EUR monatlich. Hierbei wurden Unterkunftskosten in Höhe von 350 EUR, gekürzt wegen Unangemessenheit um 39 EUR, Nebenkosten in Höhe von 80 EUR, Heizkosten in Höhe von 120 EUR sowie eine Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung vom 01.04.2013 bis 30.04.2013 in Höhe von 8,41 EUR der Berechnung zugrunde gelegt, wobei als Bedarf der Klägerin die Hälfte, mithin 259,71 EUR berücksichtigt wurden. Hiergegen legte die Klägerin am 11.04.2013 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 29.04.2013 gewährte die Beklagte der Klägerin Leistungen ab dem Monat Mai 2013 in Höhe von 114,89 EUR monatlich, wobei sie Kosten der Unterkunft ohne die 8,41 EUR aus der Nebenkostenabrechnung der Berechnung zugrunde legte. Hiergegen legte die Klägerin am 07.05.2013 Widerspruch ein unter Hinweis auf die unzutreffend berechneten Unterkunftskosten. Mit Widerspruchsbescheiden vom 25.06.2013 wies der Kreis Minden-Lübbecke die Widersprüche als unbegründet zurück. Die Unterkunftskosten seien in angemessener Höhe berücksichtigt worden.
7Gegen beide Widerspruchsbescheide hat die Klägerin am 11.07.2013 Klage erhoben, wobei das Verfahren S 8 SO 217/13 durch Beschluss vom 05.06.2014 zum hiesigen Verfahren verbunden wurde. Zur Begründung führt sie aus: Die Kürzung der Unterkunftskosten wegen Unangemessenheit sei nicht gerechtfertigt, weil das SG Detmold in seiner Sitzung vom 21.02.2013 zu den Verfahren S 21 AS 967/12 und S 21 AS 117/10 ausdrücklich festgestellt habe, dass die angemietete Wohnung unter den damaligen Umständen angemessen gewesen sei.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2013 und des Bescheides vom 29.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2013 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung führt sie aus: Laut grundsicherungsrelevanten Mietspiegels des Kreises Minden-Lübbecke seien in der Gemeinde T im Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.12.2012 für einen 2-Personen-Haushalt für Unterkunftskosten ein Betrag von 379 EUR monatlich angemessen. Ab dem 01.01.2013 betrage der Richtwert 391 EUR. Die Unterkunftskosten der Klägerin und ihres Ehemannes beliefen sich ohne Heizkosten auf 430 EUR monatlich. Insofern seien die Unterkunftskosten entsprechend gekürzt worden. Das SG Detmold habe in der mündlichen Verhandlung am 21.02.2013 auch nicht ausdrücklich festgestellt, dass der Mietpreis angemessen gewesen sei. Dies finde sich an keiner Stelle des Sitzungsprotokolles wieder. Auch könne sich keiner der anwesenden Mitarbeiter des Kreises Minden-Lübbecke an eine derartige Äußerung erinnern. Zudem ginge aus den Bescheiden nicht hervor, wie die bewilligten Leistungen berechnet worden seien.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die zulässigen Klagen sind unbegründet.
16Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 27.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2013 und den Bescheid vom 29.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da die Bescheide rechtmäßig sind. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB XII.
17Gemäß §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Die Klägerin, die gemäß § 7 Abs. 4 SGB II nach dem dauerhaften Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit dem Bezug der Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen ist und mangels voller Erwerbsminderung auf Dauer oder Erreichen der Altersgrenze gemäß § 41 Abs. 2 SGB XII keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hat, ist dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem 3. Kapitel des SGB XII. Die Klägerin ist auch nicht in der Lage, den notwendigen Lebensunterhalt vollständig aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu bestreiten. Die Beklagte hat dementsprechend aufstockend Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII fortlaufend gewährt. Die Leistungsgewährung erfolgte in zutreffender Höhe; einen über die von der Beklagten bereits gewährten Leistungen hinausgehenden Leistungsanspruch hat die Klägerin nicht.
18Zutreffend hat die Beklagte einen Regelbedarf in Höhe von 345 EUR der Leistungsberechnung zugrunde gelegt. Maßgeblich ist für die Klägerin die Regelbedarfsstufe 2 gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII i.V.m. §§ 27 a SGB XII. Diese betrug ab dem ab dem 01.01.2013 345 EUR.
19Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Beklagte hat hier Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von insgesamt 511 EUR der Berechnung zugrunde gelegt, wobei eine Kaltmiete von 299 EUR, Nebenkosten in Höhe von 80 EUR und Heizkosten in Höhe von 120 EUR monatlich berücksichtigt wurden. Hiervon berücksichtigte sie kopfanteilig die Hälfte, mithin 255,50 EUR, als Bedarf der Klägerin. Die der Berechnung zugrunde gelegten Unterkunfts- und Heizkosten sind nicht zu beanstanden.
20Gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Abs. 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII gilt Satz 1 so lange, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft haben gemäß § 35 Abs. 2 S. 3 SGB XII Leistungsberechtigte den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach den Sätzen 1 und 2 maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen. Gemäß § 35 Abs. 4 S. 1 SGB XII werden Leistungen für Heizung und zentrale Warmwasserversorgung in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind.
21Zutreffend hat die Beklagte Unterkunftskosten in Höhe von 255,50 EUR ab der Berechnung zugrunde gelegt. Die darüber hinausgehenden tatsächlichen Unterkunftskosten, die die Klägerin und ihr Ehemann zu erbringen haben, sind unangemessen. Die Heizkosten wurden in tatsächlicher Höhe von der Beklagten berücksichtigt.
22Nach ständiger Rechtsprechung des BSG für den Bereich des SGB II, dem sich der 8. Senat des BSG in seinem Urteil vom 23.03.2010 zum Az. B 8 SO 24/08 R auch für den Bereich des SGB XII angeschlossen hat, ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit der Unterkunftskosten unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten bestimmt sich aus dem Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins. Im Rahmen einer mehrstufigen Prüfung sind zunächst die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft zu ermitteln, im einzelnen die abstrakt angemessene Wohnraumgröße, der zu betrachtende Vergleichsraum und die Referenzmiete im Vergleichsraum. Die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft ergeben sich dann aus dem Produkt der angemessenen Wohnfläche mit der Referenzmiete. Sodann ist die konkrete Angemessenheit zu ermitteln, wobei hier individuelle Bedarfe sowie die tatsächliche Möglichkeit des Leistungsberechtigten, am konkreten Wohnort eine abstrakt angemessene Wohnung anzumieten, Berücksichtigung finden.(vgl. zum Vorstehenden Nguyen in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 Rn 68 m.w.N.). Die Angemessenheit der Aufwendungen bezieht sich auf die Bruttokaltmiete. Eine nach Kaltmiete und Nebenkosten unterscheidende Betrachtung der Angemessenheit erfolgt nicht.
23Zutreffend hat die Beklagte die für den Wohnort der Klägerin abstrakt angemessene Miete hier mit 255,50 EUR berücksichtigt. Das diesbezüglich von der Beklagten zugrunde gelegte Konzept des Kreises Minden-Lübbecke zur Regionalisierung des Kreises Minden-Lübbecke zur Ermittlung der KdU-Kosten, erstellt von der Firma "Analyse & Konzepte", ist für die Kammer nicht zu beanstanden.
24Hierbei geht die Beklagte zunächst zutreffend von einer abstrakt angemessenen Wohnungsgröße für die Klägerin und ihren Ehemann von 65 qm aus. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (BSG, Urteil vom 16.05.2012, Az.: B 4 AS 109/11 R m.w.N.). Seit dem 01.01.2010 ist hier in Nordrhein-Westfalen auf die in § 18 WoFG i.V.m. Nr. 8.2 der WNB festgelegten Wohnflächen abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.). Danach beträgt die angemessene Wohnfläche gemäß Nr. 8.2 b) für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen 65 qm.
25Nicht zu beanstanden ist auch der von der Beklagten in dem Konzept herangezogene Vergleichsraum, der neben dem Wohnort der Klägerin, der Gemeinde T, noch die ebenfalls im Kreis Minden-Lübbecke gelegenen Gemeinden I2, Q und Q1 X1 umfasst. Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend, wobei nicht ausschließlich kommunalverfassungsrechtliche Grenzen maßgeblich sind. Zur Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete sind am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Leistungsberechtigten ausreichend große Räume (nicht bloße Orts- und Stadtteile) der Wohnbebauung zu definieren, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG, Urteil vom 19.02.2009, Az.: B 4 AS 30/08 R). Insbesondere im ländlichen Raum kann es geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiet zusammenzufassen.
26Diese Kriterien berücksichtigt das von der Beklagten zugrunde gelegte Konzept. Das Konzept berücksichtigt die Heterogenität der kreisangehörigen Gemeinden, die einer Einbeziehung des gesamten Kreises als Vergleichsraum entgegen steht und teilt die im Kreisgebiet des Kreises Minden-Lübbecke gelegenen elf Gemeinden im Wege des statistischen Verfahrens der Ähnlichkeitsanalyse (sog. Clusteranalyse) in drei Wohnungsmarkttypen ein, wobei die Gemeinde T, in der die Klägerin und ihre Ehemann wohnhaft sind, dem Wohnungsmarkttyp 3 zugeordnet wird. Hierbei wurden die kreisangehörigen Gemeinden im Hinblick auf unterschiedliche Parameter wie Bodenpreis, Einkommenshöhe, Siedlungsstruktur, Dynamik des Wohnungsmarktes, Bevölkerungsdichte, Wohnfläche und Mietwertstufe untersucht. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist die Gemeinde T dem Wohnungsmarkttyp 3 zuzuordnen, dem die Gemeinden zuzuordnen sind, die durch niedrige Bodenpreise, niedriges Einkommen und eine niedrige Bevölkerungsdichte charakterisiert werden. Die Gemeinde T ist damit strukturell den Gemeinden I2, Q und Q1 X1 vergleichbar. Die Gemeinden sind sämtlich im Kreis Minden-Lübbecke gelegen und können aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander noch als einheitlicher Lebens- und Wohnbereich betrachtet werden.
27Schließlich ist auch die Ermittlung der Referenzmiete nicht zu beanstanden. Zur Ermittlung der Referenzmiete hat der Leistungsträger im Vergleichsraum die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R). Hierbei sind grundsätzlich alle erreichbaren Erkenntnisquellen heranzuziehen und diese auf ihre methodischen Schwächen und ihre Aussagekraft zu untersuchen. Die Ermittlung der regional angemessenen Kosten der Unterkunft muss auf der Grundlage eines überprüfbaren, schlüssigen Konzepts zur Datenerhebung und -auswertung unter Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze erfolgen. Ein Konzept liegt nach Auffassung des BSG (Urteil vom 22.09.2009, Az.: B 4 AS 18/09 R) vor, wenn der Grundsicherungsträger planmäßig vorgegangen ist, das heißt im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur punktuell im Einzelfall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens folgende Voraussetzungen erfüllt:
28- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze)
29(vgl. BSG, Urteil v. 22.9.2009, Az.: B 4 AS 18/09)
30Diesen Anforderungen genügt das von der Beklagten zugrunde gelegte Konzept der Firma Analyse und Konzepte. Es ist daher als schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Mietobergrenze im Rahmen der Leistungsberechnung zu berücksichtigen. Die dem Konzept zugrunde liegende Datengrundlage bildet den Mietwohnungsmarkt am Wohnort der Klägerin hinreichend ab. Zunächst wurden im Rahmen der Datenerhebung dem Wohnungsstandard insoweit Rechnung getragen, als dass sowohl Substandardwohnungen, die nicht über die Merkmale "Bad" und "Sammelheizung" sowie Wohnungen, die als solche des Luxussegments vermarktet wurden oder erkennbar waren, ausgeschlossen wurden. In diesem Rahmen wurde der gesamte Mietwohnungsbestand einschließlich des öffentlichen Mietpreisbindungen unterliegenden Wohnraums berücksichtigt. In ländlichen Bereichen - wie hier - wurden auch Wohnungen in Zweifamilienhäusern berücksichtigt, da hier ein entsprechender Geschosswohnungsbau und damit ein entsprechendes Wohnungsangebot fehlt bzw. nur in sehr geringem Umfang vorhanden ist. Nicht berücksichtigt wurden weiter Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen mit Freundschaftsmieten und möblierte Apartments. Insgesamt wurden für den Mietwohnungsmarkt im Kreis Minden-Lübbecke eine Anzahl von rund 60.000 Wohnungen ermittelt. Die Mietwerterhebung erfolgte sodann durch Befragung größerer Vermieter und Verwalter sowie kleinerer Vermieter, wobei sicher gestellt wurde, dass eine Doppelerfassung von Haushalten ausgeschlossen wurde. Erhoben wurden Daten zur Wohnungsgröße, Netto-Kaltmiete, kalte Betriebskosten und Heiz- und Warmwasserkosten. Ferner wurde abgefragt, ob die kalten Betriebskosten Wasserkosten enthielten. Die Datenerhebung fand von Mitte November 2009 bis Mitte März 2010 statt. Insgesamt wurden 9.263 Wohnungen erfasst, von denen 8.747 verwertbar waren. Die erhobenen Daten wurden sodann tabellarisch erfasst und auf den einheitlichen Begriff der Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und den jeweiligen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen zugeordnet. Diesbezüglich wurde das Konzept entsprechend dem Urteil des BSG vom 16.05.2012 (Az.: B 4 AS 109/11 R) zur angemessenen Wohnungsgröße überarbeitet und findet in dieser überarbeiteten Fassung hier Anwendung. Vor der weiteren Auswertung wurde eine Extremwertkappung auf Basis eines 95 %-Konfidenzintervalls vorgenommen, zum Ausschluss von Extremwerten, die sich signifikant von anderen Werten eines Tabellenfeldes unterschieden (Ausreißer), sodass letztlich 8.337 Datensätze für die weitere Auswertung verblieben. Zur Berechnung der Netto-Kaltmieten wurde sodann für den städtisch geprägten Wohnungsmarkttyp 1 das 40 % - Perzentil und für die ländlicher geprägten Wohnungsmarkttypen 2 und 3 das 45 % - Perzentil ausgewiesen. Die Werte geben an, dass 40 bzw. 45 % aller Mieten unterhalb dieser Grenze liegen. Die so festgelegte Obergrenze verhindert einerseits negative Auswirkungen der Transferleistungen auf den Wohnungsmarkt, stellt aber andererseits auch sicher, dass für Leistungsempfänger ein ausreichendes Wohnungsangebot zur Verfügung steht. Aufgrund der Besonderheiten der städtischen und ländlichen Wohnungsmärkte wurden verschieden große Marktvolumina als untere Wohnungsmarktsegmente definiert. Das als Obergrenze definierte 40 bzw. 45 %-Perzentil beinhaltet sowohl eine Sicherheitsmarge von rund 20 % für die zu berücksichtigende Nachfrage von Niedriglohnempfängern als auch zur Verhinderung der Konzentration der Nachfrage auf wenige Wohnungsbestände. Neben den Perzentilsgrenzen für die Netto-Kaltmiete wurden auch die durchschnittlichen Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten sowie die Heizungs- und Warmwasserkosten berechnet. Hieraus ergibt sich für den Wohnungsmarkttyp 3, dem die Gemeinde T zuzuordnen ist, eine für die Klägerin und ihren Ehemann angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von 378,95 EUR. Dieses im Jahr 2011 erstellte Konzept wurde im Rahmen einer Indexfortschreibung aktualisiert für die Zeit ab dem 01.01.2013. Die Beklagte hat die aktualisierten Werte im Rahmen der Leistungsberechnung berücksichtigt. Die Indexfortschreibung begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Bezüglich des Zeitraumes und der Vorgehensweise fand hier eine Orientierung an den für qualifizierte Mietspiegel vorgegebenen Vorgehensweisen statt mit einer Aktualisierung nach Ablauf von zwei Jahren. Hinsichtlich der Methodik wurde die für qualifizierte Mietspiegel ebenfalls akzeptierte Variante der Indexfortschreibung auf Basis der Entwicklung der Lebenshaltungskosten gewählt. Da das BSG generell auch qualifizierte Mietspiegel als taugliche Grundlage zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten erachtet, hat die Kammer bezüglich dieser Vorgehensweise keine Bedenken. Hierbei ist ein Anstieg der Mieten ohne Nebenkosten in Höhe von 3,26 % sowie ein Anstieg der Nebenkosten in Höhe von 3,32 % zu berücksichtigen. Für den Wohnungsmarkttyp 3 ergibt sich dann für Wohnungen bis 65 qm Größe eine maximal angemessene Brutto-Kaltmiete in Höhe von 391,36 EUR. Entsprechend hat die Beklagte den Betrag von 391 EUR der Berechnung der Unterkunftskosten als Brutto-Kaltmiete zugrunde gelegt, der unterhalb der von der Klägerin und ihrem Ehemann tatsächlich zu erbringenden Brutto-Kaltmiete liegt. Zurecht hat die Beklagte die tatsächlichen Unterkunftskosten um 39 EUR monatlich gekürzt.
31Die Prüfung der konkreten Angemessenheit führt zu keinem anderen Ergebnis. Individuelle Bedarfe, die eine Abweichung von der als abstrakt angemessen ermittelten Brutto-Kaltmiete rechtfertigen, sind nicht geltend gemacht und aus dem Akteninhalt auch nicht ersichtlich. Darüber hinaus war es der Klägerin und ihrem Ehemann auch möglich, eine angemessene Unterkunft im streitigen Zeitraum anzumieten. Diesbezüglich wurden ebenfalls im Rahmen der Erstellung des schlüssigen Konzeptes Ermittlungen durchgeführt, nach deren Ergebnis am Wohnort der Klägerin ausreichend Wohnraum zum Preis der Mietobergrenze zur Verfügung stand. Durchgeführt wurde diesbezüglich eine Recherche der aktuellen Angebotsmieten im Zeitraum Oktober 2009 bis März 2010. Dabei wurden verschiedene Internetportale sowie die örtliche Tagespresse ausgewertet. Die Daten wurden auf Relevanz geprüft; bei unklaren oder nicht ausreichenden Informationen wurden Nachfragen bei den Vermietern durchgeführt. Insgesamt wurden 1.065 Angebote ermittelt, was unter dem tatsächlichen Angebotsvolumen liegt, da nicht alle Wohnungen über diese Medien vermarktet werden, sondern insbesondere Wohnungsgesellschaften häufig ihre Wohnungen zuerst bekannten Interessenten anbieten. Um die Qualität der Angebotsmiete beurteilen zu können, wurden diese mit den Neuvertragsmieten der Bestandsmieten mit Mietvertragsabschlüssen bis neun Monate vor dem Erhebungsstichtag abgeglichen. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Neuvertragsmieten in der überwiegenden Zahl unterhalb der Angebotsmieten liegen. Das bedeutet, dass tatsächlich ein wesentlich größeres Wohnungsangebot unterhalb der Obergrenzen zur Verfügung steht, als dieses in den ermittelten Angebotsmieten zum Ausdruck kommt. Es sind somit alle erfassten Miethöhen auf dem Wohnungsmarkt zu finden. Allerdings müssen sich die Wohnungssuchenden auch direkt bei den Wohnungsunternehmen um Wohnungen bemühen und dürfen die Wohnungssuche nicht allein auf den Anzeigenmarkt beschränken. Es ist damit davon auszugehen, dass ausreichend Möglichkeiten bestanden, eine angemessene Wohnung anzumieten. Dies hat die Klägerin nicht durch den Nachweis erfolgloser Bemühungen bei der Wohnungssuche widerlegt.
32Dass der Klägerin oder ihrem Ehemann ein Umzug nicht zumutbar ist, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch wurde der Klägerin und ihrem Ehemann von der Beklagten weder als Trägerin der Leistungen nach dem SGB II noch dem SGB XII eine Zusicherung zum Umzug in die konkrete Wohnung in der I1 Straße erteilt, aus der sich ein Anspruch auf Gewährung höherer Unterkunftskosten ergeben würde. Aus einem Schreiben der Beklagten als SGB II-Träger vom 24.11.2010 lässt sich nur entnehmen, dass die Übernahme der Kosten für eine Unterkunft in T-O zugesichert werde, sofern die Wohnungsgröße und die Miethöhe einschließlich der Nebenkosten innerhalb der vom Kreis Minden-Lübbecke veröffentlichten Grenzen liege. Eine Zusicherung, die Kosten für die konkret von der Klägerin und ihrem Ehemann bewohnte Wohnung zu übernehmen, ist hierin nicht zu erkennen. Ein Anspruch auf die Gewährung höherer Unterkunftskosten ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Termins der 21. Kammer am 21.02.2013 zu den Aktenzeichen S 21 AS 967/12 und S 21 AS 117/10 und verbundenen Verfahren. Sofern die 21. Kammer dort tatsächlich die Auffassung vertreten haben sollte, dass die derzeit bewohnte Wohnung angemessen sei, ist die hiesige Kammer hieran nicht gebunden.
33Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB XII auf die Nebenkostennachforderung, für die die Beklagte 8,41 EUR im Rahmen der Leistungsberechnung für April 2013 berücksichtigt hat. Die Beklagte hat der Klägerin auch in den vorangegangenen Bewilligungszeiträumen bereits Unterkunftskosten bis zur Angemessenheitsgrenze bewilligt. Ein darüber hinaus gehender Anspruch infolge der Nebenkostennachforderung besteht nunmehr nicht. Es wird Bezug genommen auf das Urteil im Parallelverfahren S 8 SO 87/13.
34Dem so ermittelten Bedarf war das Einkommen der Klägerin gegenüber zu stellen. Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem BEG für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Die Beklagte hat zutreffend die Altersrente der Klägerin als Einnahme in Geld in Höhe von 485,61 EUR monatlich als Einkommen angerechnet.
35Unter Berücksichtigung dieser Bedarfe sowie des jeweils zugeflossenen Einkommens hat die Beklagte den monatlichen Leistungsanspruch der Klägerin zutreffend ermittelt. Einen darüber hinausgehenden Leistungsanspruch hat die Klägerin nicht.
36Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
37Die Berufung war gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitfragen zuzulassen.
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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die
- 1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, - 2.
erwerbsfähig sind, - 3.
hilfebedürftig sind und - 4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
- 1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
Ausländerinnen und Ausländer, - a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder - b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
- 3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
- 1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, - 2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, - 3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, - b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, - c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
- 4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
- 1.
länger als ein Jahr zusammenleben, - 2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, - 3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder - 4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,
- 1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder - 2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
(4a) (weggefallen)
(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.
(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,
- 1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, - 2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder - b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
- 3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.
(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:
für den Geburtsjahrgang | erfolgt eine Anhebung um Monate | auf Vollendung eines Lebensalters von |
1947 | 1 | 65 Jahren und 1 Monat |
1948 | 2 | 65 Jahren und 2 Monaten |
1949 | 3 | 65 Jahren und 3 Monaten |
1950 | 4 | 65 Jahren und 4 Monaten |
1951 | 5 | 65 Jahren und 5 Monaten |
1952 | 6 | 65 Jahren und 6 Monaten |
1953 | 7 | 65 Jahren und 7 Monaten |
1954 | 8 | 65 Jahren und 8 Monaten |
1955 | 9 | 65 Jahren und 9 Monaten |
1956 | 10 | 65 Jahren und 10 Monaten |
1957 | 11 | 65 Jahren und 11 Monaten |
1958 | 12 | 66 Jahren |
1959 | 14 | 66 Jahren und 2 Monaten |
1960 | 16 | 66 Jahren und 4 Monaten |
1961 | 18 | 66 Jahren und 6 Monaten |
1962 | 20 | 66 Jahren und 8 Monaten |
1963 | 22 | 66 Jahren und 10 Monaten |
ab 1964 | 24 | 67 Jahren. |
(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie
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in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder - 2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.
(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.
(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.
(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.
(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch
- 1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder - 2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.
(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
Tatbestand
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Im Streit sind höhere Leistungen (60 Euro monatlich) für Unterkunfts- und Heizkosten im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2006.
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Die 1928 geborene Klägerin bewohnt mit ihrem 1940 geborenen Ehemann seit 1994 eine 66 qm große Drei-Zimmer-Erdgeschosswohnung im Haus ihrer - ebenfalls dort wohnenden - Tochter. Die Klägerin hatte nach den Ausführungen des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) 365 Euro monatlich und einen Betrag in Höhe von 40 Euro für Nebenkosten (ohne Heizung) an die Tochter zu zahlen. Der Beklagte bewilligte nach Ablauf eines früheren Bewilligungszeitraums (nur) der Klägerin - das zu berücksichtigende Einkommen des Ehemannes überstieg seinen sozialhilferechtlichen Bedarf - im Rahmen der Grundsicherungsleistung Unterkunftskosten (Miete und Nebenkosten) unter Berücksichtigung von nur 345 Euro monatlich als angemessener Kosten der Unterkunft statt von 405 Euro und unter Anrechnung des den Bedarf des Ehemannes übersteigenden Einkommens des Ehemannes (Bescheid vom 12.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 27.4.2005). Auf die Klage hiergegen hat das Sozialgericht (SG) Würzburg den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet, weil zur Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin und ihres Ehemannes für Unterkunft und Heizung weiterer Ermittlungsbedarf bestehe (Urteil vom 2.11.2005 - S 15 SO 44/05 -). Nach Auswertung von Inseraten und Wohnungsangeboten gewährte der Beklagte Grundsicherungsleistungen - zunächst unverändert in Höhe von 181,70 Euro monatlich bis 30.6.2005 danach in Höhe von 185,75 Euro - unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten von wiederum lediglich 345 Euro monatlich, weil nur ein solcher Betrag (unter Einrechnung der Nebenkosten) angemessen sei (Bescheid vom 30.1.2006; Widerspruchsbescheid vom 29.3.2006).
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Die Klage hiergegen blieb erst- und zweitinstanzlich - insoweit hatte sich auch der Ehemann der Klägerin noch gegen den Bescheid gewehrt - erfolglos (Urteil des SG vom 8.8.2007; Urteil des LSG vom 29.1.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Entscheidung des Beklagten über die Angemessenheit der Unterkunftskosten habe sich durch die Auswertung von Inseraten, durch Angaben des Wohnungsamtes sowie von Maklern als richtig erwiesen. Weder das Alter noch die gesundheitliche Verfassung der Klägerin ließen einen Umzug unzumutbar erscheinen. Auf die im Gesetz vorgesehene sechsmonatige Schonfrist könne sich die Klägerin nicht berufen, weil ihr die Unangemessenheit der Unterkunftskosten bereits seit längerem (2002) bekannt gewesen sei.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie ist der Ansicht, ein Umzug sei ihr insbesondere im Hinblick auf ihr Alter und den Umstand unzumutbar, dass sie ein lebenslanges Wohnrecht besitze und den familiären Bindungen zu ihrer Tochter ein besonderes Gewicht beizumessen sei.
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Die Klägerin beantragt, nachdem ihr Ehemann seine Klage zurückgenommen hat,
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die Urteile des LSG und des SG aufzuheben, soweit über ihre Klage entschieden worden sei, und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2006 zu verurteilen, weitere 60 Euro monatlich an Unterkunfts- und Heizkosten für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2006 an sie zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Der Senat kann mangels ausreichender Tatsachenfeststellung des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend entscheiden, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für den streitigen Zeitraum 60 Euro monatlich mehr zu zahlen.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 30.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2006 (§ 95 SGG), gegen den sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG) wehrt, soweit ihr darin höhere Leistungen (60 Euro monatlich) abgelehnt worden sind. In der Sache hat die Klägerin ihr Begehren in zulässiger Weise auf Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beschränkt; eine weitergehende Beschränkung des Streitgegenstands auf die Höhe nur der Aufwendungen für die Unterkunft ohne Heizkosten ist dagegen nicht statthaft (BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 104, 41 ff RdNr 13). Dass die Klägerin, nachdem ihr Ehemann, der zunächst ebenfalls im vorliegenden Verfahren Klage erhoben hatte und diese erst im Revisionsverfahren zurückgenommen hat, ihren Klageantrag erstmals in der Revisionsinstanz ausdrücklich auf (zusätzliche) 60 Euro monatlich beziffert, beinhaltet keine nach § 168 Satz 1 SGG unzulässige Klageänderung. Ihre erst- und zweitinstanzlichen Anträge waren vernünftigerweise (vgl zu diesem Kriterium nur: Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008, Vor § 60 RdNr 11a mwN) so zu verstehen, dass an sie 30 Euro, hilfsweise für den Fall, dass dem Ehemann ein geringerer Anspruch als 30 Euro oder kein Anspruch zustehe, an sie entsprechend mehr zu zahlen sein sollten. Insoweit handelt es sich um eine zulässige innerprozessuale Bedingung (vgl dazu nur Keller, aaO, RdNr 11 mwN).
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Der Beklagte ist nach § 70 Nr 1 SGG mangels landesrechtlicher Regelung iS des § 70 Nr 3 SGG (Behördenprinzip) der richtige Beklagte und nach § 97 Abs 1 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) iVm Art 80 Abs 1 des (Bayerischen) Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 8.12.2006 (Gesetz- und Verordnungsblatt 942) als örtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII) zuständig für die Erbringung der beantragten Leistung.
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Deren Rechtsgrundlage ist § 19 Abs 2(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialrechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) iVm §§ 41, 42 und 29 SGB XII. Nach § 29 Abs 1 Satz 1 SGB XII, auf den § 42 SGB XII für den Leistungsumfang bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 41 SGB XII verweist, werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Übersteigen diese Aufwendungen den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs 1 SGB XII zu berücksichtigen sind, (nur) anzuerkennen, solange es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate(§ 29 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB XII). Auch Leistungen für die Heizung werden grundsätzlich in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 29 Abs 3 Satz 1 SGB XII); nur unter bestimmten im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen (Abs 2 und 3) ist eine Pauschalierung der Leistungen für Unterkunft und Heizung zulässig. Eine Pauschalierung hat der Beklagte indes nicht vorgenommen.
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Die Revision ist nicht bereits deshalb begründet, weil der Beklagte durch das rechtskräftige Urteil des SG vom 2.11.2005 verurteilt worden ist und der angefochtene Bescheid nicht inhaltlich den Vorgaben des SG-Urteils entspricht. Das SG hat den Beklagten vielmehr nur verpflichtet, die Klägerin neu zu bescheiden; die im Urteil vorgegebenen weiteren Kriterien hat der Beklagte im angefochtenen Bescheid beachtet.
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Für eine abschließende Entscheidung des Senats notwendige tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) fehlen - abgesehen davon, dass es überhaupt an Feststellungen zum Einkommen und Vermögen, auch des Ehemannes der Klägerin mangelt - bereits dazu, was die Klägerin tatsächlich an Unterkunft und Nebenkosten an ihre Tochter gezahlt hat; das LSG hat in seiner Entscheidung lediglich ausgeführt, was die Klägerin und ihr Ehemann "zu zahlen hatten", also nach Ansicht des LSG zahlen mussten. Selbst insoweit fehlen die für diesen rechtlichen Schluss erforderlichen Tatsachenfeststellungen zum Inhalt (ernsthafter) schriftlicher oder mündlicher Abmachungen. Gerade wegen der engen familiären Beziehungen (Mutter und Tochter) ist es naheliegend, dass die Tochter der Klägerin im Hinblick auf die Entscheidung des Beklagten, nur geringere Kosten der Unterkunft zu übernehmen, nicht die gesamte geschuldete Miete verlangt hat und endgültig hierauf, nicht nur vorläufig im Hinblick auf künftige Zahlungen des Beklagten, verzichtet hat (vgl dazu etwa: BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R -, BSGE 104, 213 ff RdNr 18 mwN = SozR 4-1300 § 44 Nr 20); zur Höhe der Heizkosten fehlen ohnehin jegliche tatsächliche Feststellungen des LSG. Ob die zwischen den Mietvertragsparteien geschlossenen Vereinbarungen über die Miete und die Nebenkosten rechtmäßig sind, bedarf allerdings bei tatsächlicher Zahlung regelmäßig keiner näheren Prüfung; andererseits ist in diesem Fall eine genauere Untersuchung erforderlich, ob die auf einer rechtswidrigen Vereinbarung beruhenden Verpflichtungen nicht - wie später noch ausgeführt wird - durch Absprache mit dem Vermieter oder durch eine gerichtliche Klärung und damit auf das rechtmäßige (konkret angemessene) Maß gesenkt werden können (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 15 ff und 21 ff).
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Nicht nachprüfbar ist aber vor allem die Angemessenheit der Unterkunftskosten und der Heizkosten nach Maßgabe der allgemeinen Angemessenheitsprüfung; wie bereits ausgeführt, fehlen zu letzteren sogar überhaupt Aussagen des LSG. Diese Angemessenheit der Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft ist nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende -
) zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der erkennende Senat wegen der gleichen Rechtslage im SGB XII anschließt - auch bei Mietverhältnissen zwischen Verwandten (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15; Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - RdNr 17 ff) - in mehreren Schritten zu prüfen (vgl dazu zusammenfassend: Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven, 2010, S 79 ff mit umfangreichen Nachweisen zur Rspr des BSG; dieselbe in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S 11 ff mwN).
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Erster Prüfungsschritt ist die angemessene Größe der Wohnung, wobei die Bemessung nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) iVm den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen, hier denen für die Wohnraumförderung 2003 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 11.11.2002 (Allgemeines Ministerialblatt Nr 14/2002, 971 unter Nr 81) erfolgt. Darin ist für zwei Personen eine Mietwohnungsgröße von 65 qm vorgesehen, die die Wohnung der Klägerin um einen Quadratmeter überschreitet. Ob insoweit eine generelle Toleranz anzunehmen ist, bedarf noch keiner Entscheidung, weil sich die Angemessenheit der Kosten ohnedies nach der Produkttheorie richtet. Die Angemessenheit einer Wohnung ist damit nicht nur durch deren Größe bestimmt, sondern auch durch Ausstattung, Lage und Bausubstanz, die nur einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen müssen und keinen gehobenen Lebensstandard aufweisen dürfen; die Angemessenheit bestimmt sich dann aus dem Produkt von Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (vgl nur zusammenfassend Knickrehm in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, aaO, S 11, 17 mwN zur Rechtsprechung).
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Der insoweit angemessene Quadratmeterpreis einer Wohnung ist mittels eines schlüssigen Konzepts für einen homogenen Lebensraum zu ermitteln (vgl zuletzt: BSG, Urteile vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 18 ff und - B 4 AS 50/09 R - RdNr 17 ff; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R; im Einzelnen: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 79 ff, 89 f). Dies gilt sowohl für die Miete selbst als auch für die Mietnebenkosten (Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 107). Nicht erforderlich dürfte es sein, beide Kosten getrennt zu ermitteln; vielmehr dürfte auch denkbar sein, ein Schlüssigkeitskonzept zu entwickeln und anzuwenden, das beide Kostenbestandteile integriert. Eine endgültige Entscheidung des Senats hierüber ist jedoch noch nicht erforderlich.
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Vorliegend jedenfalls genügen die vom LSG festgestellten Tatsachen nicht den von der Rechtsprechung des BSG später entwickelten Schlüssigkeitsanforderungen (vgl zu diesen: BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R -, BSGE 104, 192 ff RdNr 19; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - RdNr 23; zusammenfassend auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 89 f). Die von dem Beklagten durchgeführten Maßnahmen (Auswertung von Inseraten, Einholung von Auskünften der auf dem freien Wohnungsmarkt tätigen Makler im Rahmen der Zeitungsberichterstattung über sinkende Preise im Jahre 2005 und 2006 unter Berücksichtigung der Tatsache des Abzugs der US-Streitkräfte und des dadurch frei werdenden Wohnraums) sind dafür keinesfalls ausreichend. Das LSG wird deshalb die entsprechende Prüfung unter Beachtung der dazu ergangenen Rechtsprechung nachzuholen haben. Dabei wird es im Regelfall auf die Mitarbeit des Beklagten angewiesen sein, der im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG gehalten ist, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen(vgl dazu: BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - RdNr 22; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 22 ff; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 92 f). Inwieweit für den Fall, dass hinreichende Erkenntnismöglichkeiten fehlen, auf die Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw § 12 WoGG einschließlich eines Sicherheitszuschlags zurückgegriffen werden darf(vgl dazu: BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 23; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - RdNr 27; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 93), kann vorliegend noch offen bleiben. Ohnedies dürfte dieser Rückgriff nur für die Mietkosten selbst möglich sein, nicht jedoch für die Mietnebenkosten.
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Steht auf diese Weise generell-abstrakt die Unangemessenheit fest, ist weiter zu prüfen, ob die Klägerin auf dem für sie maßgeblichen Wohnungsmarkt tatsächlich eine Wohnung (konkret) anmieten kann (BSGE 97, 231 ff RdNr 25 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSGE 97, 254 ff RdNr 22 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Dahinstehen kann dabei, ob, wie dies der 14. Senat des BSG annimmt, die Prüfung nach dem Vorhandensein entsprechender Wohnungen eine solche der Angemessenheit iS des § 29 Abs 1 Satz 1 SGB XII oder der Unmöglichkeit bzw Unzumutbarkeit iS des § 29 Abs 1 Satz 2 SGB XII darstellt, wie dies der 4. Senat des BSG annimmt (vgl zu dieser Diskrepanz zwischen dem 14. und 4. Senat des BSG: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 94 f). Es ist nicht erkennbar, dass vorliegend der Streit hierüber für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung sein kann.
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Sollte der Klägerin bei konkreter Betrachtung eine angemessene Wohnung zur Verfügung stehen, bliebe immer noch zu prüfen, ob ihr ein Umzug überhaupt zumutbar wäre oder ob nicht einem zu respektierenden Recht der Klägerin auf Verbleib in ihrem sozialen Umfeld Rechnung zu tragen ist (vgl BSGE 97, 231 ff RdNr 29 f = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSGE 102, 263 ff RdNr 32 ff; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 94 f und 99). Dabei ist das Alter der Klägerin von 77/78 Jahren im Bezugszeitraum von wesentlicher Bedeutung; bereits unabhängig von sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen (vgl dazu: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 99 f) ist nämlich der Klägerin im Hinblick hierauf ein Umzug (allein) wegen (evtl) unangemessener Mehrkosten in Höhe von insgesamt 60 Euro im Monat subjektiv nicht zumutbar.
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Denn der Aktivitätsradius älterer Menschen verringert sich erfahrungsgemäß, sodass Wohnung und Wohnumgebung für das körperliche und psychische Wohl des alten Menschen immer mehr an Bedeutung gewinnen (Zweiter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland: Wohnen im Alter, 1998, BT-Drucks 13/9750, S 17
) . Da der Alterungsprozess mit einer Abnahme der Anpassungsfähigkeit und einer Zunahme der Anfälligkeit für Erkrankungen einhergeht, sind ältere Menschen typisierend immobiler als der Durchschnitt der Bevölkerung (Bundesaltenbericht 1998, S 93 und 198). Diesen soziologischen Erkenntnissen muss auch die Prüfung der (subjektiven) Zumutbarkeit eines Umzugs in eine andere Wohnung (grundsätzlich) gerecht werden; allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt und ohne Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Vorliegend sind jedenfalls keine Umstände erkennbar, die die Forderung nach einem Umzug bei unangemessenen Mehrkosten von bis zu 60 Euro monatlich rechtfertigen. Im Gegenteil: Die Klägerin wohnte bereits über zehn Jahre in der Wohnung und war dadurch in besonderer Weise in das soziale Umfeld integriert, dass die Eigentümerin dieses Hauses, ihre Tochter, in demselben Haus wohnt und der Klägerin vertraglich ein lebenslanges Wohnrecht zugesichert worden war, das auf von der Klägerin und ihrem Ehemann erbrachten Eigenleistungen (Renovierungsarbeiten bei Einzug in die Wohnung) zurückzuführen ist. Auf die von der Klägerin zur Begründung der Revision herangezogene Vorschrift des § 574 Bürgerliches Gesetzbuch, die allerdings nur eine Vorschrift zur Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter, nicht zwischen der Solidargemeinschaft der Steuerzahler und dem Sozialhilfeempfänger, darstellt, muss deshalb nicht zurückgegriffen werden, könnte es wegen der unterschiedlichen Zielsetzung auch nicht.
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Ein besonderes Augenmerk wird das LSG ggf bei seiner erneuten Entscheidung darauf zu richten haben, ob die Aufwendungen der Klägerin nicht auf andere Weise gesenkt werden können (§ 29 Abs 1 Satz 3 SGB XII). Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die vertraglichen Abmachungen zwischen ihr und ihrer Tochter rechtswidrig (vgl zu dieser Konstellation: BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 21 ff; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 97) und damit als konkret unangemessen zwischen den Vertragsparteien zu korrigieren sind, sondern ggf auch für den Fall einer rechtmäßigen Vereinbarung. Auch dann nämlich ist der Klägerin zuzumuten, bei ihrer Tochter um eine Senkung des Mietpreises bzw der Nebenkosten nachzusuchen und eine nach dem Vergleich mit anderen Wohnungen den Anforderungen für angemessene Kosten entsprechende Vereinbarung herbeizuführen. Gerade zwischen Eltern und Kindern besteht eine besondere sittliche Verantwortung bei der Vereinbarung der Miete auf deren allgemeine Angemessenheit zu achten, wenn der Mieter bedürftig im Sinne des SGB XII ist. Es dürfte regelmäßig auszuschließen sein, dass Kinder ihren langjährig bei ihnen zur Miete wohnenden Eltern das Mietverhältnis nur deshalb kündigen, weil statt einer rechtmäßig vereinbarten Miete nur eine solche in etwas geringerer Höhe gezahlt wird und werden kann, die den allgemeinen Angemessenheitskriterien des SGB XII entspricht.
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Ob vorliegend eine Senkung der Aufwendungen durch Untervermietung möglich ist, erscheint zweifelhaft, kann jedoch letztlich vom Senat nicht abschließend entschieden werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt, wonach eine Kostensenkung auf andere Weise auch durch sog frei verfügbare Mittel verlangt werden kann (vgl dazu: Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 29 SGB XII RdNr 33 mwN).
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Allerdings setzt der Vorwurf, die Klägerin habe ihre Obliegenheit, Kostensenkungsbemühungen vorzunehmen, verletzt, eine Kostensenkungsaufforderung voraus (vgl dazu zusammenfassend: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 96 f mwN). Soweit es um die Kostensenkungsvariante eines Umzugs geht, sind deren Voraussetzungen vorliegend schon weit vor dem streitigen Zeitraum erfüllt, weil die Klägerin bereits mehr als sechs Monate vor Beginn des streitigen Bezugszeitraums (vgl zur Sechs-Monats-Frist § 29 Abs 1 Satz 3 SGB XII) auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen worden ist. Dies genügt nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es um die Kostensenkungsvariante "auf andere Weise" geht, insbesondere dann, wenn dem Hilfebedürftigen vorgehalten werden soll, nicht durch Absprachen mit dem Vermieter eine Kostensenkung versucht zu haben (s dazu BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 23; Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 97 f). Hier müsste die Kostensenkungsaufforderung weitere Angaben enthalten, die die Klägerin hätten erkennen lassen können, welche Kostensenkungsobliegenheiten man von ihr erwartet; allerdings fehlen entsprechende Feststellungen des LSG dazu. Selbst bei entsprechender Kenntnis oder Belehrung wäre eine Übernahme der unangemessenen Kosten zumindest für sechs Monate gerechtfertigt, weil der Klägerin regelmäßig sechs Monate Zeit für Kostensenkungsbemühungen zur Verfügung stehen (vgl dazu BSGE 102, 263 ff RdNr 32; Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 98 f mwN).
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung des Klägers in der Zeit vom 1.2.2010 bis 31.7.2010.
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Der 1970 geborene Kläger bewohnt eine 55 qm große Wohnung in H. Ab dem 1.8.2009 betrug die monatliche Grundmiete 270 Euro. Die Betriebskostenvorauszahlung belief sich auf 100 Euro monatlich sowie die Heizkostenvorauszahlung auf 53 Euro monatlich. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte zentral über die Heizungsanlage.
- 3
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Die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend: Beklagter) gewährte dem Kläger für die Zeit vom 1.8.2009 bis 31.1.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, ua Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 416,21 Euro (370 Euro Bruttokaltmiete + 53 Euro Heizkostenvorauszahlung abzüglich eines Warmwasserabschlages in Höhe von 6,79 Euro). Mit Schreiben vom 22.7.2009 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die monatliche Kaltmiete in Höhe von 270 Euro sowie die monatlichen kalten Nebenkosten in Höhe von 100 Euro den von ihm für angemessen erachteten Umfang überstiegen und forderte zur Kostensenkung auf. Der angemessene Höchstbetrag für die Kaltmiete belaufe sich auf 213,75 Euro (45 qm x 4,75 Euro/qm) sowie für die kalten Nebenkosten auf 90 Euro (45 qm x 2 Euro/qm). Er beabsichtige, ab dem 1.2.2010 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten zu berücksichtigen.
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Mit Bescheid vom 13.1.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1.2.2010 bis 31.7.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, wovon mtl 349,96 Euro auf die Kosten der Unterkunft und Heizung (Nettokaltmiete 213,75 Euro + 90 Euro kalte BK + Heizkosten 46,21 Euro) entfielen. Auf den gegen die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung erhobenen Widerspruch des Klägers änderte der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 13.1.2010 teilweise ab und gewährte - unter Berücksichtigung monatlicher Heizkosten von 46,53 Euro (Heizkosten 53 Euro abzüglich Warmwasser in Höhe von 6,47 Euro) - nunmehr Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 350,28 Euro. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 1.3.2010).
- 5
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Das SG hat den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 13.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.3.2010 verurteilt, dem Kläger von Februar bis Juli 2010 Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 237,50 Euro und angemessenen Betriebskosten in Höhe von 100 Euro zuzüglich angemessener Heizkosten zu bewilligen (Urteil vom 17.11.2010). Das LSG hat die von dem Beklagten erhobene Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 33,75 Euro monatlich für die Zeit vom 1.2.2010 bis 31.7.2010 zu bewilligen (Urteil vom 16.5.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das SG habe zutreffend eine Grundmiete von 237,50 Euro monatlich als angemessen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II angesehen. Es sei dabei richtigerweise von einer angemessenen Wohnungsgröße von 50 qm für einen Alleinstehenden ausgegangen. Zur Überzeugung des Senats sei die angemessene Wohnfläche im Rahmen der Produkttheorie anhand der im streitigen Bewilligungszeitraum aktuell gültigen Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zur Belegung von gefördertem Wohnraum zu bestimmen. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des BSG, wonach für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich an die anerkannten Wohnraumgrößen für Wohngeldberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und deshalb an die für die Belegung von gefördertem Wohnraum maßgebenden Vorschriften anzuknüpfen sei. Für die Belegung von gefördertem Wohnraum seien ab dem 1.1.2010 in Nordrhein-Westfalen die in Nr 8.2 der Wohnungsnutzungsbestimmungen (WNB) angesetzten Werte maßgeblich, mithin für einen Ein-Personen-Haushalt 50 qm. Andere Erkenntnisquellen zur Bestimmung der angemessenen Wohnraumgröße im unteren Segment des Wohnungsmarktes seien nicht ersichtlich. Auch das BSG gehe von einer möglichen Dynamisierung der Werte als Folge von Änderungen der maßgeblichen Verwaltungsvorschriften aus. Es habe dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung beigemessen und eine Heranziehung anderweitiger Verwaltungsregelungen zur Bestimmung der Wohnflächen nur dann für vertretbar angesehen, wenn aktuelle Verwaltungsvorschriften zu § 10 WoFG nicht existierten, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei. Hierbei habe das BSG an die Rechtsprechung des BVerwG angeknüpft. Durch die Anhebung des Wertes von 45 qm auf 50 qm im Land Nordrhein-Westfalen sei lediglich eine Anpassung an die in anderen Bundesländern übliche Praxis erfolgt. Weiter habe das SG den Vergleichsraum mit dem Stadtgebiet der kreisangehörigen Stadt H. zutreffend festgestellt. Unter Zugrundelegung dessen könne vorliegend als den Wohnungsstandard widerspiegelnder, abstrakt angemessener Quadratmeterpreis ein Betrag von 4,75 Euro/qm angesetzt werden, dessen Angemessenheit zwischen den Beteiligten unstreitig gestellt sei. Die Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro monatlich habe der Beklagte in voller Höhe zu übernehmen.
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II. Das LSG habe sich zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche zu Unrecht auf Nr 8.2 der WNB gestützt. Vielmehr sei auch nach Inkrafttreten der WNB weiterhin auf die Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz und mithin auf eine angemessene Wohnfläche für Alleinstehende von 45 qm abzustellen. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Diesem habe bei Einführung des SGB II zum 1.1.2005 die damalige Situation vor Augen gestanden. Anhaltspunkte für eine sich am Wohnungsbauförderungsrecht orientierende Dynamisierung seien nicht ersichtlich. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die für Hilfebedürftige angemessene Wohnfläche sich mit der Zeit ändern solle, zumal § 22 Abs 1 SGB II und das Wohnraumförderungsrecht unterschiedliche Zwecke verfolgten. Auch Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität sprächen nicht für die Anwendung der aktuellen WNB. Im Übrigen fehle es für die Anpassung der abstrakt angemessenen Wohnfläche an der Notwendigkeit. Im Gegensatz zu der Höhe der Regelleistung dürfte sich an der Fläche, die ein Mensch für ein menschenwürdiges Dasein benötige, nichts mehr ändern. Soweit in bestimmten Situationen ein erhöhter Wohnflächenbedarf bestehe, habe dies bereits nach altem Recht berücksichtigt werden können.
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Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Aachen vom 17. November 2010 und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Ausführungen der Vorinstanzen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG)begründet. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe dem Kläger in der Zeit vom 1.2.2010 bis 31.7.2010 Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen.
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1.a) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 13.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.3.2010, mit dem der Beklagte dem Kläger im streitigen Zeitraum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 350,28 Euro (213,75 Euro Nettokaltmiete, 90 Euro kalte Betriebskosten, 53 Euro Heizkosten abzüglich 6,47 Euro Warmwasserabschlag) bewilligt hat und gegen den der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) vorgeht. Da sich vorliegend nur der Beklagte mit der Berufung gegen das beide Beteiligte beschwerende Urteil des SG gewandt hat, war ein über die Verurteilung hinausgehender Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung schon nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
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b) Der Kläger hat den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Dies gilt zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - RdNr 11 - SozR 4-4200 § 22 Nr 46; Urteil des Senats vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr 11 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
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2. Unter Berücksichtigung der bisherigen Ausführungen hat das BSG jedoch den Anspruch des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Insoweit mangelt es jedoch an hinreichenden Feststellungen des LSG. Das LSG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass durch das "Unstreitigstellen" bestimmter Teilaspekte des Anspruchs auf Leistungen der Unterkunft und Heizung - hier der abstrakt angemessenen Nettokaltmiete und den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten - es einer weiteren Darlegung dieser Aspekte nicht bedurfte.
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Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27
, RdNr 21; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 . Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 20; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 20; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen) , RdNr 15, 17; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R ., RdNr 14 - zur Veröffentlichung vorgesehen)
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Soweit die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die angemessene Referenzmiete überschreiten, sind diese - falls vom Leistungsberechtigten entsprechende sachliche Gründe vorgebracht werden - solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 S 2 SGB II aF, der durch die Einführung des neuen S 2 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706 - ohne inhaltliche Änderung zu S 3 wurde; vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19
, RdNr 29; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 30) .
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Der Senat folgt dem LSG bei der Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße und des Vergleichsraums. Diese Feststellungen allein genügen allerdings nicht zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete.
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3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 50 qm zu berücksichtigen ist. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist - entsprechend der vom LSG vorgenommenen Auslegung des Landesrechts - in Nordrhein-Westfalen ab dem 1.1.2010 auf die in Nr 8.2 der WNB (MBl NRW 2010, 1) festgesetzten Werte zurückzugreifen. Diese sehen für einen Ein-Personen-Haushalt anstelle von bisher 45 qm eine Wohnfläche von 50 qm vor.
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Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R
, RdNr 17 - zur Veröffentlichung vorgesehen) . Maßgeblich sind die im streitigen Zeitraum gültigen Bestimmungen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 14 f; BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 86/09 R - RdNr 18; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr 17). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtete sich damit grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2379) (bzw zu der vorherigen Vorschrift des § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz) festgelegt hatten. Maßgeblich für Nordrhein-Westfalen war damit Ziff 5.7.1 der Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG) vom 8.3.2002 in der geänderten Fassung vom 21.9.2006 (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8.3.2002, 396, 400; vgl nur BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 - RdNr 16; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr 17). Zum 1.1.2010 ist im Zuge der Föderalismusreform mit dem Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG-NRW) (Art 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Wohnungswesen vom 8.12.2009) das WoFG in Nordrhein-Westfalen abgelöst worden. Gleichzeitig sind mit dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB, MBl NRW 2010, 1) zum Vollzug der Teile 4 bis 6 des WFNG NRW erlassen worden und in Kraft getreten. Diese ersetzen die bisherigen VV-WoBindG. Nach Nr 19 S 2 der WNB treten die VV-WoBindG mit Ausnahme der Nr 8 bis 8b.3 und 22 und der Anlage mit Ablauf des 31.12.2009 außer Kraft. Für die Belegung von gefördertem Wohnraum (vgl § 18 WFNG NRW, der Nachfolgevorschrift zu § 27 WoFG - vgl LT-Drucks 14/9394, S 96) sind ab dem 1.1.2010 daher die in Nr 8.2 der WNB angesetzten Werte für Wohnflächen maßgeblich.
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Dass - wie der Beklagte einwendet - der mit der Angemessenheitsprüfung verbundene Zweck im Rahmen des § 22 SGB II mit den Zwecken des sozialen Wohnungsbaus nicht übereinstimme, wird durch den Rückgriff auf die von den Ländern erlassenen Vorschriften zum sozialen Wohnungsbau ohnehin bewusst in Kauf genommen(vgl bereits BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 15). Insoweit kommt dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung zu. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist eine Heranziehung anderweitiger Verwaltungsregelungen zur Bestimmung der Wohnfläche nur dann vertretbar, wenn aktuelle Verwaltungsvorschriften zu § 10 WoFG nicht existieren(vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R). Dies ist auf die Situation in NRW im streitigen Zeitraum zu übertragen. Das WFNG-NRW ist zum 1.1.2010 an die Stelle des WoFG und somit auch des § 10 WoFG getreten. Mit § 18 WFNG-NRW existiert für den Wohnungsberechtigungsschein eine Nachfolgevorschrift zu § 27 WoFG(vgl LT-Drucks 14/9394, 96), der in Abs 4 auf die Bestimmungen der Länder zur maßgeblichen Wohnungsgröße verwies. Welche Wohnungsgröße iS des § 18 Abs 2 WFNG-NRW in der Regel angemessen ist, bestimmt nunmehr Ziffer 8.2 der WNB. Mithin existiert eine aktuelle Bestimmung zur Wohnungsfläche im sozialen Wohnungsbau, die anzuwenden ist.
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Zudem ist zu berücksichtigen, dass Leistungsberechtigte nach dem SGB II zumindest Teil der Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung sind. Hierauf hat bereits der ebenfalls für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständige 14. Senat des BSG hingewiesen (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 86/09 R - RdNr 19). Demnach folgt aus § 1 Abs 2 WoFG, dass Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung Haushalte sind, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind; insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen. Hierzu gehören auch Haushalte, deren Mitglieder Leistungen nach dem SGB II beziehen. Nichts anderes ergibt sich aus der im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschrift des § 2 WFNG-NRW.
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Auch liegt der Schluss nahe, dass - soweit in Nordrhein-Westfalen die Vorschriften über die Wohnflächen gegenüber der bisherigen Regelung erhöht werden - eine entsprechende Anzahl kleinerer Wohnungen für Mieterhaushalte im sozialen Wohnungsbau tatsächlich nicht vorhanden ist. Hieraus folgt, dass solche Wohnungen dann aber auch nicht für Leistungsberechtigte nach dem SGB II zur Verfügung stehen (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 86/09 R - RdNr 18).
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Demgegenüber ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 22 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht, dass die Ermittlung der angemessenen Wohnfläche keinen Veränderungen unterworfen werden sollte. Es heißt dort lediglich, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung wie in der Sozialhilfe in tatsächlicher, angemessener Höhe berücksichtigt werden, wobei sie den am Maßstab der Sozialhilfepraxis ausgerichteten - angemessenen - Umfang nur dann und solange übersteigen dürfen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, die Aufwendungen für die Unterkunft zu senken. Wie der Beklagte selbst ausführt, entsprach es der sozialhilferechtlichen Praxis, die durch das BVerwG bestätigt wurde (vgl BVerwG Urteil vom 21.1.1993 - 5 C 3/91 - BVerwGE 92, 1, 3; BVerwG Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - BVerwGE 97, 110, 112 f), dass die Frage nach der sozialhilferechtlich angemessenen Wohnfläche anhand der Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Vorschriften unter Rückgriff auf die Verwaltungsvorschriften der Länder zu § 5 Abs 2 WoBindG zu beantworten war. Diese Vorschriften wurden sodann zum 1.1.2002 durch das WoFG mit entsprechenden Durchführungsbestimmungen abgelöst, auf die in der Folgezeit grundsätzlich abzustellen war (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, aaO). Nicht anders verhält es sich, wenn durch den Übergang der Gesetzeskompetenz vom Bund auf die Länder landesrechtliche Vorschriften das WoFG abgelöst haben und entsprechende neue Durchführungsvorschriften erlassen worden sind.
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Auch die Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 26.10.2010 (BT-Drucks 17/3404, S 101) geht grundsätzlich von der Maßgeblichkeit der aktuellen Vorschriften zum sozialen Wohnungsbau aus. Durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) ist zum 1.4.2011 die Möglichkeit des Verordnungsgebers auf Grundlage des § 27 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) eine bundeseinheitliche Bestimmung angemessener Wohnungsgrößen durch Verordnung zu erlassen (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 18
; Urteile vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 16 und - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 14 , weggefallen. Stattdessen können die Länder, die Kreise und kreisfreien Städte nun durch Gesetz ermächtigt oder verpflichtet werden, durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind (vgl § 22a SGB II). In der Satzung ist auch zu bestimmen, welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als angemessen anerkannt wird (vgl § 22b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II). Nach der Gesetzesbegründung soll sich die Festlegung angemessener Wohnflächen an den Wohnflächen orientieren, die auf dem örtlichen Markt für Haushalte im Niedrigeinkommensbereich ohne Transferleistungen üblich sind. In Ballungsräumen könne in der Regel davon ausgegangen werden, dass die von Personen im Niedrigeinkommensbereich bewohnten Wohnungen durchschnittlich kleiner seien als die Werte der aktuellen Wohnungsbauförderung. Seien belastbare Daten hierzu nicht verfügbar, könnten der Festsetzung hilfsweise die landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen zugrunde gelegt werden (vgl dazu BSGE 97, 254 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 3).) -
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4. Nach den Feststellungen des LSG ist die Heranziehung des Stadtgebiets der Stadt H. als maßgeblicher Vergleichsraum nicht zu beanstanden. Es handelt sich danach um einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich (zu den Anforderungen an den maßgeblichen Vergleichsraum siehe nur BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR § 22 Nr 19, RdNr 21
) .
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5. Der Senat kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG jedoch nicht abschließend beurteilen, ob der von den Vorinstanzen zugrunde gelegte Quadratmeterpreis von 4,75 Euro und mithin eine monatliche Nettokaltmiete von 237,50 Euro abstrakt angemessen sind.
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Eine rechtliche Einschränkung des Prüfungsumfangs durch das "Unstreitigstellen" bestimmter unselbstständiger Berechnungselemente innerhalb eines einheitlichen Anspruchs auf die abstrakte Rechtsfrage, welche Wohnungsgröße im Rahmen der Anwendung der Produkttheorie zugrunde zu legen ist, ist nicht möglich. Das "Unstreitigstellen" solcher Teilaspekte hat nicht zur Folge, dass das Gericht hieran gebunden ist (vgl BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 165/10 R - RdNr 16 - SozR 4-4200 § 11 Nr 43). Derartige Erklärungen entbinden das Gericht nicht davon darzulegen, welchen Streitstoff es nach eigener Überzeugungsbildung für maßgebend hält. Durch entsprechende Erklärungen geben die Beteiligten lediglich zum Ausdruck, dass sie von einem bestimmten Sachverhalt ausgehen und die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits insoweit aus ihrer Sicht geklärt sind. Dies steuert die Amtsermittlungspflicht des Gerichts (BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 13; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 10). Nur wenn die Annahme naheliegt, dass weitere oder abweichende Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind, muss das Gericht in eine weitere Ermittlung des tatsächlichen Streitstoffs einsteigen. Von der Pflicht zur nachvollziehbaren Darlegung einzelner Anspruchselemente entbinden solche Erklärungen jedoch hingegen nicht.
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Hieran fehlt es vorliegend, denn das LSG hat es unterlassen nachvollziehbar darzulegen, warum der vom Beklagten angesetzte Quadratmeterpreis von 4,75 Euro abstrakt angemessen ist und insofern den vom BSG aufgestellten Anforderungen an ein schlüssiges Konzept (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30
, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 entspricht. Diese Feststellung ist jedoch - gemeinsam mit Feststellungen zur angemessenen Wohnungsgröße und zum Vergleichsraum - zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 SGB II unerlässlich. Dies wird das LSG im wiederöffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben., RdNr 26; vgl auch BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 7 und BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 )
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Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Zum Haushalt rechnen die in Absatz 2 bezeichneten Personen, die miteinander eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft führen (Haushaltsangehörige). Zum Haushalt rechnen auch Personen im Sinne des Absatzes 2, die alsbald in den Haushalt aufgenommen werden sollen.
(2) Haushaltsangehörige sind:
sowie deren Verwandte in gerader Linie und zweiten Grades in der Seitenlinie, Verschwägerte in gerader Linie und zweiten Grades in der Seitenlinie, Pflegekinder ohne Rücksicht auf ihr Alter und Pflegeeltern.Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung des Klägers in der Zeit vom 1.2.2010 bis 31.7.2010.
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Der 1970 geborene Kläger bewohnt eine 55 qm große Wohnung in H. Ab dem 1.8.2009 betrug die monatliche Grundmiete 270 Euro. Die Betriebskostenvorauszahlung belief sich auf 100 Euro monatlich sowie die Heizkostenvorauszahlung auf 53 Euro monatlich. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte zentral über die Heizungsanlage.
- 3
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Die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend: Beklagter) gewährte dem Kläger für die Zeit vom 1.8.2009 bis 31.1.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, ua Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 416,21 Euro (370 Euro Bruttokaltmiete + 53 Euro Heizkostenvorauszahlung abzüglich eines Warmwasserabschlages in Höhe von 6,79 Euro). Mit Schreiben vom 22.7.2009 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die monatliche Kaltmiete in Höhe von 270 Euro sowie die monatlichen kalten Nebenkosten in Höhe von 100 Euro den von ihm für angemessen erachteten Umfang überstiegen und forderte zur Kostensenkung auf. Der angemessene Höchstbetrag für die Kaltmiete belaufe sich auf 213,75 Euro (45 qm x 4,75 Euro/qm) sowie für die kalten Nebenkosten auf 90 Euro (45 qm x 2 Euro/qm). Er beabsichtige, ab dem 1.2.2010 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten zu berücksichtigen.
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Mit Bescheid vom 13.1.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1.2.2010 bis 31.7.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, wovon mtl 349,96 Euro auf die Kosten der Unterkunft und Heizung (Nettokaltmiete 213,75 Euro + 90 Euro kalte BK + Heizkosten 46,21 Euro) entfielen. Auf den gegen die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung erhobenen Widerspruch des Klägers änderte der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 13.1.2010 teilweise ab und gewährte - unter Berücksichtigung monatlicher Heizkosten von 46,53 Euro (Heizkosten 53 Euro abzüglich Warmwasser in Höhe von 6,47 Euro) - nunmehr Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 350,28 Euro. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 1.3.2010).
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Das SG hat den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 13.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.3.2010 verurteilt, dem Kläger von Februar bis Juli 2010 Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 237,50 Euro und angemessenen Betriebskosten in Höhe von 100 Euro zuzüglich angemessener Heizkosten zu bewilligen (Urteil vom 17.11.2010). Das LSG hat die von dem Beklagten erhobene Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 33,75 Euro monatlich für die Zeit vom 1.2.2010 bis 31.7.2010 zu bewilligen (Urteil vom 16.5.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das SG habe zutreffend eine Grundmiete von 237,50 Euro monatlich als angemessen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II angesehen. Es sei dabei richtigerweise von einer angemessenen Wohnungsgröße von 50 qm für einen Alleinstehenden ausgegangen. Zur Überzeugung des Senats sei die angemessene Wohnfläche im Rahmen der Produkttheorie anhand der im streitigen Bewilligungszeitraum aktuell gültigen Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zur Belegung von gefördertem Wohnraum zu bestimmen. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des BSG, wonach für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich an die anerkannten Wohnraumgrößen für Wohngeldberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und deshalb an die für die Belegung von gefördertem Wohnraum maßgebenden Vorschriften anzuknüpfen sei. Für die Belegung von gefördertem Wohnraum seien ab dem 1.1.2010 in Nordrhein-Westfalen die in Nr 8.2 der Wohnungsnutzungsbestimmungen (WNB) angesetzten Werte maßgeblich, mithin für einen Ein-Personen-Haushalt 50 qm. Andere Erkenntnisquellen zur Bestimmung der angemessenen Wohnraumgröße im unteren Segment des Wohnungsmarktes seien nicht ersichtlich. Auch das BSG gehe von einer möglichen Dynamisierung der Werte als Folge von Änderungen der maßgeblichen Verwaltungsvorschriften aus. Es habe dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung beigemessen und eine Heranziehung anderweitiger Verwaltungsregelungen zur Bestimmung der Wohnflächen nur dann für vertretbar angesehen, wenn aktuelle Verwaltungsvorschriften zu § 10 WoFG nicht existierten, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei. Hierbei habe das BSG an die Rechtsprechung des BVerwG angeknüpft. Durch die Anhebung des Wertes von 45 qm auf 50 qm im Land Nordrhein-Westfalen sei lediglich eine Anpassung an die in anderen Bundesländern übliche Praxis erfolgt. Weiter habe das SG den Vergleichsraum mit dem Stadtgebiet der kreisangehörigen Stadt H. zutreffend festgestellt. Unter Zugrundelegung dessen könne vorliegend als den Wohnungsstandard widerspiegelnder, abstrakt angemessener Quadratmeterpreis ein Betrag von 4,75 Euro/qm angesetzt werden, dessen Angemessenheit zwischen den Beteiligten unstreitig gestellt sei. Die Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro monatlich habe der Beklagte in voller Höhe zu übernehmen.
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II. Das LSG habe sich zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche zu Unrecht auf Nr 8.2 der WNB gestützt. Vielmehr sei auch nach Inkrafttreten der WNB weiterhin auf die Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz und mithin auf eine angemessene Wohnfläche für Alleinstehende von 45 qm abzustellen. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Diesem habe bei Einführung des SGB II zum 1.1.2005 die damalige Situation vor Augen gestanden. Anhaltspunkte für eine sich am Wohnungsbauförderungsrecht orientierende Dynamisierung seien nicht ersichtlich. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die für Hilfebedürftige angemessene Wohnfläche sich mit der Zeit ändern solle, zumal § 22 Abs 1 SGB II und das Wohnraumförderungsrecht unterschiedliche Zwecke verfolgten. Auch Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität sprächen nicht für die Anwendung der aktuellen WNB. Im Übrigen fehle es für die Anpassung der abstrakt angemessenen Wohnfläche an der Notwendigkeit. Im Gegensatz zu der Höhe der Regelleistung dürfte sich an der Fläche, die ein Mensch für ein menschenwürdiges Dasein benötige, nichts mehr ändern. Soweit in bestimmten Situationen ein erhöhter Wohnflächenbedarf bestehe, habe dies bereits nach altem Recht berücksichtigt werden können.
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Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Aachen vom 17. November 2010 und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Ausführungen der Vorinstanzen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG)begründet. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe dem Kläger in der Zeit vom 1.2.2010 bis 31.7.2010 Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen.
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1.a) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 13.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.3.2010, mit dem der Beklagte dem Kläger im streitigen Zeitraum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 350,28 Euro (213,75 Euro Nettokaltmiete, 90 Euro kalte Betriebskosten, 53 Euro Heizkosten abzüglich 6,47 Euro Warmwasserabschlag) bewilligt hat und gegen den der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) vorgeht. Da sich vorliegend nur der Beklagte mit der Berufung gegen das beide Beteiligte beschwerende Urteil des SG gewandt hat, war ein über die Verurteilung hinausgehender Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung schon nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
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b) Der Kläger hat den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Dies gilt zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - RdNr 11 - SozR 4-4200 § 22 Nr 46; Urteil des Senats vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr 11 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
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2. Unter Berücksichtigung der bisherigen Ausführungen hat das BSG jedoch den Anspruch des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Insoweit mangelt es jedoch an hinreichenden Feststellungen des LSG. Das LSG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass durch das "Unstreitigstellen" bestimmter Teilaspekte des Anspruchs auf Leistungen der Unterkunft und Heizung - hier der abstrakt angemessenen Nettokaltmiete und den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten - es einer weiteren Darlegung dieser Aspekte nicht bedurfte.
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Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27
, RdNr 21; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 . Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 20; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 20; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen) , RdNr 15, 17; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R ., RdNr 14 - zur Veröffentlichung vorgesehen)
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Soweit die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die angemessene Referenzmiete überschreiten, sind diese - falls vom Leistungsberechtigten entsprechende sachliche Gründe vorgebracht werden - solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 S 2 SGB II aF, der durch die Einführung des neuen S 2 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706 - ohne inhaltliche Änderung zu S 3 wurde; vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19
, RdNr 29; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 30) .
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Der Senat folgt dem LSG bei der Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße und des Vergleichsraums. Diese Feststellungen allein genügen allerdings nicht zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete.
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3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 50 qm zu berücksichtigen ist. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist - entsprechend der vom LSG vorgenommenen Auslegung des Landesrechts - in Nordrhein-Westfalen ab dem 1.1.2010 auf die in Nr 8.2 der WNB (MBl NRW 2010, 1) festgesetzten Werte zurückzugreifen. Diese sehen für einen Ein-Personen-Haushalt anstelle von bisher 45 qm eine Wohnfläche von 50 qm vor.
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Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R
, RdNr 17 - zur Veröffentlichung vorgesehen) . Maßgeblich sind die im streitigen Zeitraum gültigen Bestimmungen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 14 f; BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 86/09 R - RdNr 18; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr 17). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtete sich damit grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2379) (bzw zu der vorherigen Vorschrift des § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz) festgelegt hatten. Maßgeblich für Nordrhein-Westfalen war damit Ziff 5.7.1 der Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG) vom 8.3.2002 in der geänderten Fassung vom 21.9.2006 (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8.3.2002, 396, 400; vgl nur BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 - RdNr 16; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr 17). Zum 1.1.2010 ist im Zuge der Föderalismusreform mit dem Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG-NRW) (Art 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Wohnungswesen vom 8.12.2009) das WoFG in Nordrhein-Westfalen abgelöst worden. Gleichzeitig sind mit dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB, MBl NRW 2010, 1) zum Vollzug der Teile 4 bis 6 des WFNG NRW erlassen worden und in Kraft getreten. Diese ersetzen die bisherigen VV-WoBindG. Nach Nr 19 S 2 der WNB treten die VV-WoBindG mit Ausnahme der Nr 8 bis 8b.3 und 22 und der Anlage mit Ablauf des 31.12.2009 außer Kraft. Für die Belegung von gefördertem Wohnraum (vgl § 18 WFNG NRW, der Nachfolgevorschrift zu § 27 WoFG - vgl LT-Drucks 14/9394, S 96) sind ab dem 1.1.2010 daher die in Nr 8.2 der WNB angesetzten Werte für Wohnflächen maßgeblich.
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Dass - wie der Beklagte einwendet - der mit der Angemessenheitsprüfung verbundene Zweck im Rahmen des § 22 SGB II mit den Zwecken des sozialen Wohnungsbaus nicht übereinstimme, wird durch den Rückgriff auf die von den Ländern erlassenen Vorschriften zum sozialen Wohnungsbau ohnehin bewusst in Kauf genommen(vgl bereits BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 15). Insoweit kommt dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung zu. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist eine Heranziehung anderweitiger Verwaltungsregelungen zur Bestimmung der Wohnfläche nur dann vertretbar, wenn aktuelle Verwaltungsvorschriften zu § 10 WoFG nicht existieren(vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R). Dies ist auf die Situation in NRW im streitigen Zeitraum zu übertragen. Das WFNG-NRW ist zum 1.1.2010 an die Stelle des WoFG und somit auch des § 10 WoFG getreten. Mit § 18 WFNG-NRW existiert für den Wohnungsberechtigungsschein eine Nachfolgevorschrift zu § 27 WoFG(vgl LT-Drucks 14/9394, 96), der in Abs 4 auf die Bestimmungen der Länder zur maßgeblichen Wohnungsgröße verwies. Welche Wohnungsgröße iS des § 18 Abs 2 WFNG-NRW in der Regel angemessen ist, bestimmt nunmehr Ziffer 8.2 der WNB. Mithin existiert eine aktuelle Bestimmung zur Wohnungsfläche im sozialen Wohnungsbau, die anzuwenden ist.
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Zudem ist zu berücksichtigen, dass Leistungsberechtigte nach dem SGB II zumindest Teil der Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung sind. Hierauf hat bereits der ebenfalls für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständige 14. Senat des BSG hingewiesen (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 86/09 R - RdNr 19). Demnach folgt aus § 1 Abs 2 WoFG, dass Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung Haushalte sind, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind; insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen. Hierzu gehören auch Haushalte, deren Mitglieder Leistungen nach dem SGB II beziehen. Nichts anderes ergibt sich aus der im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschrift des § 2 WFNG-NRW.
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Auch liegt der Schluss nahe, dass - soweit in Nordrhein-Westfalen die Vorschriften über die Wohnflächen gegenüber der bisherigen Regelung erhöht werden - eine entsprechende Anzahl kleinerer Wohnungen für Mieterhaushalte im sozialen Wohnungsbau tatsächlich nicht vorhanden ist. Hieraus folgt, dass solche Wohnungen dann aber auch nicht für Leistungsberechtigte nach dem SGB II zur Verfügung stehen (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 86/09 R - RdNr 18).
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Demgegenüber ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 22 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht, dass die Ermittlung der angemessenen Wohnfläche keinen Veränderungen unterworfen werden sollte. Es heißt dort lediglich, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung wie in der Sozialhilfe in tatsächlicher, angemessener Höhe berücksichtigt werden, wobei sie den am Maßstab der Sozialhilfepraxis ausgerichteten - angemessenen - Umfang nur dann und solange übersteigen dürfen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, die Aufwendungen für die Unterkunft zu senken. Wie der Beklagte selbst ausführt, entsprach es der sozialhilferechtlichen Praxis, die durch das BVerwG bestätigt wurde (vgl BVerwG Urteil vom 21.1.1993 - 5 C 3/91 - BVerwGE 92, 1, 3; BVerwG Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - BVerwGE 97, 110, 112 f), dass die Frage nach der sozialhilferechtlich angemessenen Wohnfläche anhand der Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Vorschriften unter Rückgriff auf die Verwaltungsvorschriften der Länder zu § 5 Abs 2 WoBindG zu beantworten war. Diese Vorschriften wurden sodann zum 1.1.2002 durch das WoFG mit entsprechenden Durchführungsbestimmungen abgelöst, auf die in der Folgezeit grundsätzlich abzustellen war (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, aaO). Nicht anders verhält es sich, wenn durch den Übergang der Gesetzeskompetenz vom Bund auf die Länder landesrechtliche Vorschriften das WoFG abgelöst haben und entsprechende neue Durchführungsvorschriften erlassen worden sind.
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Auch die Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 26.10.2010 (BT-Drucks 17/3404, S 101) geht grundsätzlich von der Maßgeblichkeit der aktuellen Vorschriften zum sozialen Wohnungsbau aus. Durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) ist zum 1.4.2011 die Möglichkeit des Verordnungsgebers auf Grundlage des § 27 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) eine bundeseinheitliche Bestimmung angemessener Wohnungsgrößen durch Verordnung zu erlassen (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 18
; Urteile vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 16 und - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 14 , weggefallen. Stattdessen können die Länder, die Kreise und kreisfreien Städte nun durch Gesetz ermächtigt oder verpflichtet werden, durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind (vgl § 22a SGB II). In der Satzung ist auch zu bestimmen, welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als angemessen anerkannt wird (vgl § 22b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II). Nach der Gesetzesbegründung soll sich die Festlegung angemessener Wohnflächen an den Wohnflächen orientieren, die auf dem örtlichen Markt für Haushalte im Niedrigeinkommensbereich ohne Transferleistungen üblich sind. In Ballungsräumen könne in der Regel davon ausgegangen werden, dass die von Personen im Niedrigeinkommensbereich bewohnten Wohnungen durchschnittlich kleiner seien als die Werte der aktuellen Wohnungsbauförderung. Seien belastbare Daten hierzu nicht verfügbar, könnten der Festsetzung hilfsweise die landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen zugrunde gelegt werden (vgl dazu BSGE 97, 254 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 3).) -
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4. Nach den Feststellungen des LSG ist die Heranziehung des Stadtgebiets der Stadt H. als maßgeblicher Vergleichsraum nicht zu beanstanden. Es handelt sich danach um einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich (zu den Anforderungen an den maßgeblichen Vergleichsraum siehe nur BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR § 22 Nr 19, RdNr 21
) .
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5. Der Senat kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG jedoch nicht abschließend beurteilen, ob der von den Vorinstanzen zugrunde gelegte Quadratmeterpreis von 4,75 Euro und mithin eine monatliche Nettokaltmiete von 237,50 Euro abstrakt angemessen sind.
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Eine rechtliche Einschränkung des Prüfungsumfangs durch das "Unstreitigstellen" bestimmter unselbstständiger Berechnungselemente innerhalb eines einheitlichen Anspruchs auf die abstrakte Rechtsfrage, welche Wohnungsgröße im Rahmen der Anwendung der Produkttheorie zugrunde zu legen ist, ist nicht möglich. Das "Unstreitigstellen" solcher Teilaspekte hat nicht zur Folge, dass das Gericht hieran gebunden ist (vgl BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 165/10 R - RdNr 16 - SozR 4-4200 § 11 Nr 43). Derartige Erklärungen entbinden das Gericht nicht davon darzulegen, welchen Streitstoff es nach eigener Überzeugungsbildung für maßgebend hält. Durch entsprechende Erklärungen geben die Beteiligten lediglich zum Ausdruck, dass sie von einem bestimmten Sachverhalt ausgehen und die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits insoweit aus ihrer Sicht geklärt sind. Dies steuert die Amtsermittlungspflicht des Gerichts (BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 13; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 10). Nur wenn die Annahme naheliegt, dass weitere oder abweichende Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind, muss das Gericht in eine weitere Ermittlung des tatsächlichen Streitstoffs einsteigen. Von der Pflicht zur nachvollziehbaren Darlegung einzelner Anspruchselemente entbinden solche Erklärungen jedoch hingegen nicht.
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Hieran fehlt es vorliegend, denn das LSG hat es unterlassen nachvollziehbar darzulegen, warum der vom Beklagten angesetzte Quadratmeterpreis von 4,75 Euro abstrakt angemessen ist und insofern den vom BSG aufgestellten Anforderungen an ein schlüssiges Konzept (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30
, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 entspricht. Diese Feststellung ist jedoch - gemeinsam mit Feststellungen zur angemessenen Wohnungsgröße und zum Vergleichsraum - zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 SGB II unerlässlich. Dies wird das LSG im wiederöffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben., RdNr 26; vgl auch BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 7 und BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 )
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Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren darum, ob die Klägerin von der Beklagten die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB XII, insbesondere höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen kann.
3Die Klägerin wurde am 00.00.1949 geboren. Sie ist verheiratet mit dem am 00.00.1952 geborenen Herrn I-K P. Die Klägerin und ihr Ehemann standen zunächst im Leistungsbezug nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 08.12.2010 bewilligte die DRV Bund der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Rentenbeginn am 01.11.2009. Die Rente wurde ab Februar 2011 monatlich gezahlt. Die Rentenhöhe betrug 471,09 EUR, ab dem 01.07.2011 betrug sie 475,75 EUR bis zum 30.06.2012, ab dem 01.07.2012 betrug sie 486,15 EUR. Bis zum 28.02.2011 war die Klägerin geringfügig beschäftigt bei dem Service Center P. Ausweislich der Lohnabrechnung vom 08.03.2011 erhielt sie ein monatliches Einkommen in Höhe von 100 EUR, welches bis zum 20. des Folgemonats ausgezahlt werden sollte.
4Nach Gewährung der Altersrente beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2011 bei der Beklagten alle infrage kommenden Leistungen, um ihren Lebensunterhalt und die Unterkunftskosten bestreiten zu können. Sie führte aus, dass die bewilligte Rente unterhalb des vom Gesetzgeber als Existenzminimum festgelegten Wertes zuzüglich des Mietanteiles, den sie gemeinsam mit ihrem Ehemann I-K P zu zahlen habe, liege. Der Antrag beschränke sich ausdrücklich nicht auf das Wohngeld.
5Nachdem die im Eigentum der Klägerin und ihres Ehemannes stehende Immobilie B E X-Straße 0 in T zwangsversteigert wurde, bezogen die Klägerin und ihr Ehemann die Wohnung in der I1 Straße 0 in T, die sie am 15.02.2011 übernahmen. Hierfür waren eine Kaltmiete in Höhe von 350 EUR, Heizkosten in Höhe von 120 EUR sowie Nebenkosten in Höhe von 80 EUR zu zahlen.
6Mit Bescheid vom 24.02.2011 gewährte die Beklagte der Klägerin Leistungen ab dem Monat März 2011 in Höhe von 10,80 EUR monatlich. Die Bewilligung erfolgte darlehensweise. Als Kosten der Unterkunft legte die Beklagte der Berechnung eine zu berücksichtigende Miete in Höhe von 350 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 120 EUR zugrunde, wobei sie die Heizkosten um 12,22 EUR bereinigte. Von den Unterkunftskosten in Höhe von 457,78 EUR berücksichtigte sie die Hälfte als Bedarf der Klägerin, mithin 228,89 EUR. Als Einkommen wurden die Rente in Höhe von 471,09 EUR sowie das Erwerbseinkommen in Höhe von 100 EUR abzüglich eines Freibetrages von 30 EUR berücksichtigt.
7Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 27.02.2011 Widerspruch ein. Der Bescheid sei nicht nachvollziehbar. Zu berücksichtigen sei das derzeitige Existenzminimum von 354 EUR sowie anteilige Kosten der Unterkunft in Höhe von 175 EUR. Die Heizkostenpauschale für die neu gemietete Wohnung betrage 120 EUR, für sie somit anteilig 60 EUR. Insgesamt liege das Existenzminimum bei 589 EUR. Dem gegenüber stünde die Rente in Höhe von 471,09 EUR, sodass ein Anspruch von 117,91 EUR verbleibe. Desweiteren richte sich der Widerspruch auch gegen die darlehensweise Leistungsgewährung. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2011 half der Kreis N-M dem Widerspruch dahingehend ab, dass weitere 5,20 EUR für den Monat März 2011 gewährt wurden sowie die Bewilligung zuschussweise erfolgte. Im Übrigen wies der Kreis den Widerspruch als unbegründet zurück. Der für die Klägerin maßgebliche Regelsatz betrage 323 EUR. Es bleibe somit bei dem im Bescheid ausgewiesenen Gesamtbedarf. Als monatliches Einkommen sei neben der Altersrente das Erwerbseinkommen zu berücksichtigen in Höhe von 100 EUR, wovon die Beklagte zutreffend einen Freibetrag von 30 EUR abgesetzt habe. Nicht abgesetzt worden sei der Absetzungsbetrag gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII. Da entsprechende Aufwendungen nicht dargelegt worden seien, sei der Pauschbetrag von 5,20 EUR anzusetzen. Es sei somit dem Bedarf ein Einkommen in Höhe von 535,89 EUR gegenüber zu stellen. Der Anspruch für März 2011 betrage 16 EUR. Hiergegen hat die Klägerin am 05.04.2011 Klage erhoben. Das Verfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen S 16 SO 249/11 geführt. Nachdem das Verfahren geruht hatte, wurde es unter dem Aktenzeichen S 8 SO 203/13 erneut eingetragen und durch Beschluss vom 05.06.2014 zum hiesigen Verfahren verbunden.
8Mit Bescheid vom 29.03.2011 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem Monat April 2011 unter Berücksichtigung der neuen Regelbedarfsstufen Leistungen in Höhe von 27,11 EUR unter weiterer Anrechnung eines Erwerbseinkommens in Höhe von 100 EUR monatlich. Hiergegen legte die Klägerin am 03.04.2011 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 27.04.2011 half die Beklagte dem Widerspruch dahingehend ab, dass ab dem 01.04.2011 ein Erwerbseinkommen nicht mehr berücksichtigt wurde. Es wurden monatlich Leistungen in Höhe von 91,91 EUR gewährt. Hiergegen legte die Klägerin am 12.05.2011 Widerspruch ein, da der Bescheid inhaltlich falsch und nicht nachvollziehbar sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 30.05.2011 wies der Kreis N-M die Widersprüche als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 30.05.2011 Klage erhoben. Das Verfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen S 16 SO 245/11 geführt. Nachdem das Verfahren geruht hatte, wurde es unter dem Aktenzeichen S 8 SO 202/13 erneut eingetragen und durch Beschluss vom 05.06.2014 zum hiesigen Verfahren verbunden.
9Mit Bescheid vom 27.06.2011 gewährte die Beklagte der Klägerin Leistungen ab dem Monat Juli 2011 in Höhe von 87,25 EUR, wobei bezüglich der Unterkunftskosten ein Betrag von 470 EUR der Berechnung zugrunde gelegt wurde, wovon die Hälfte, mithin 235 EUR, als bedarf der Klägerin berücksichtigt wurden. Als Altersruhegeld wurde ein Betrag von 475,75 EUR auf den Leistungsanspruch der Klägerin angerechnet. Hiergegen legte die Klägerin am 09.07.2011 Widerspruch ein. Der Bescheid sei nicht nachvollziehbar. Zu berücksichtigen sei das Existenzminimum in Höhe von 364 EUR zuzüglich anteiliger Unterkunftskosten von 175 EUR und Heizkosten in Höhe von 60 EUR, insgesamt 599 EUR. Unter Berücksichtigung des Renteneinkommens von 471,09 EUR verbleibe ein Betrag von 127,91 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2011 wies der Kreis N-M den Widerspruch als unbegründet zurück. Als Regelsatz sei nicht der Betrag von 364 EUR, sondern der Satz nach Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 EUR zugrunde zu legen. Zudem werde am 01.07.2011 die Rentenerhöhung ab Juli 2011 berücksichtigt. Insgesamt sei die Leistungsberechnung daher nicht zu beanstanden. Hiergegen hat die Klägerin am 15.09.2011 Klage erhoben. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 16 SO 278/11 geführt. Nachdem das Verfahren geruht hatte, wurde es unter dem Aktenzeichen S 8 SO 204/13 erneut eingetragen. Mit Beschluss vom 05.06.2014 wurde es zum hiesigen Verfahren verbunden.
10Mit Bescheid vom 28.06.2012 gewährte die Beklagte ab dem Monat Juli 2012 der Klägerin Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII in Höhe von 85,85 EUR. Hierbei legte sie der Berechnung Unterkunftskosten in Höhe von 350 EUR Miete und 120 EUR Heizkosten zugrunde, wovon sie kopfanteilig die Hälfte, mithin 235 EUR, bei der Klägerin berücksichtigte. Als Einkommen rechnete sie die Rente der Klägerin in Höhe von 486,15 EUR monatlich an. Hiergegen legte die Klägerin am 11.07.2012 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2012 wies der Kreis N-M den Widerspruch als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 28.09.2012 Klage erhoben. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 8 SO 245/12 geführt und durch Beschluss vom 25.09.2014 zum hiesigen Verfahren verbunden.
11Mit Bescheid vom 27.09.2012 gewährte die Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII für Oktober 2012 in Höhe von 100,35 EUR. Hierbei legte sie der Berechnung Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 499 EUR zugrunde, bestehend aus einer um 51 EUR gekürzten Kaltmiete von 299 EUR, Betriebskosten von 80 EUR und Heizkosten von 120 EUR. Hiervon berücksichtigte sie bei der Klägerin kopfanteilig einen Betrag von 249,50 EUR. Gleichzeitig wurde der Betrag von 100,75 EUR auch für die Monate Mai bis September 2012, ebenfalls unter Berücksichtigung des höheren Betrages für Unterkunftskosten, gewährt und 75,20 EUR an die Klägerin nachgezahlt. Hiergegen legte die Klägerin am 12.10.2012 Widerspruch ein, den der Kreis N-M mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2012 als unbegründet zurückwies. Hiergegen hat die Klägerin am 24.12.2012 Klage erhoben. Das Verfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen S 8 SO 336/12 geführt und wurde zunächst durch Beschluss vom 05.05.2014 zum Verfahren S 8 SO 245/12 verbunden, welches sodann durch Beschluss vom 25.09.2014 zum hiesigen Verfahren verbunden wurde.
12Mit Bescheid vom 20.12.2012 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem Monat Januar 2013 Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII in Höhe von 114,89 EUR. Gleichzeitig hob sie die Bescheide vom 24.02.2011, 29.03.2011, 27.04.2011, 27.06.2011 und 27.12.2011 auf gemäß § 44 SGB X und gewährte für den Zeitraum vom 01.03.2011 bis 31.12.2012 monatliche Leistungen unter Zugrundelegung eines Mietrichtwertes von 379 EUR. Hieraus errechnete sie für den Zeitraum vom 01.03.2011 bis 30.04.2012 eine Nachzahlung in Höhe von 317,89 EUR. Für Kosten der Unterkunft wurde daraufhin ein Betrag von 299 EUR Kaltmiete, 80 EUR Betriebskosten sowie 120 EUR Heizkosten der Berechnung zugrunde gelegt, wobei der hälftige Betrag in Höhe von 249,50 EUR als Bedarf der Klägerin berücksichtigt wurde. Ab Januar 2013 wurden Unterkunftskosten in Höhe von 511 EUR von der Beklagten der Berechnung zugrunde gelegt, bestehend aus einer Kaltmiete von 311 EUR, Betriebskosten von 80 EUR und Heizkosten in Höhe von 120 EUR, sodass 255,50 EUR anteilig auf die Klägerin entfielen. Hiergegen legte die Klägerin am 21.01.2013 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2013 wies der Kreis N-M den Widerspruch als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 18.03.2013 Klage erhoben.
13Zur Begründung ihrer Klagen führt die Klägerin aus: In den angefochtenen Bewilligungsbescheiden kürze die Beklagte die anzurechnende Miete um 51 EUR bzw. ab Januar 2013 um 39 EUR. Die vorgenommenen Kürzungen seien nicht gerechtfertigt. Das SG Detmold habe in der Sitzung vom 21.02.2013 zu den Aktenzeichen S 21 AS 967/12 und S 21 AS 117/10 und verbundenen Verfahren ausdrücklich festgestellt, dass der Mietpreis für die angemietete Wohnung unter den damaligen Umständen durchaus angemessen gewesen sei. Im Bewilligungsbescheid vom 28.06.2012 seien die Leistungen gegenüber dem Vorbewilligungszeitraum in nicht nachvollziehbarer Weise reduziert worden. Aus dem Bewilligungsbescheid gehe nicht hervor, wie sich der Betrag von 85,85 EUR errechne. Mit der Begründung des Widerspruchsbescheides sei absolut nichts anzufangen. Der Rechenweg in den Bewilligungsbescheiden sei nicht nachzuvollziehen. Die beschriebene Rentenerhöhung sei zum 01.07.2012 eingetreten. Die Rente für Juli sei mit Wertstellung 30.07.2012 am 31.07.2012 auf dem Konto der Klägerin verbucht worden. Der Betrag habe somit erst ab August 2012 zur Verfügung gestanden. Auch der Bescheid vom 27.09.2012 sei nicht nachvollziehbar bzw. falsch berechnet, da falsche Zahlen zugrunde gelegt worden seien. Erst im Widerspruchsbescheid sei eine Begründung gegeben worden, nämlich die Anhebung des Mietrichtwertes und Nachzahlung für den Zeitraum Mai 2012 bis September 2012. Gemäß der Mitteilung der Gemeinde T vom 11.12.2012 seien höhere Mietrichtwerte für den Kreis N-M rückwirkend ab 01.01.2011 anerkannt worden. Der Bescheid für den vorangegangenen Zeitraum berücksichtige dies nicht. Zudem kürze die Beklagte in ihrem Bewilligungsbescheid weiterhin rechtswidrig die Unterkunftskosten.
14Die Klägerin beantragt,
15die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2011, des Bescheides vom 29.03.2011 in Gestalt der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011, des Bescheides vom 27.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011, des Bescheides vom 27.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2011, des Bescheides vom 28.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2012, des Bescheides vom 27.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2012 sowie des Bescheides vom 20.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2013 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung führt sie aus: Laut grundsicherungsrelevantem Mietspiegel des Kreises N-M sei in der Gemeinde T im Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.12.2012 für einen 2-Personen-Haushalt ein Betrag von 379 EUR ohne Heizkosten monatlich angemessen. Ab dem 01.01.2013 betrage der Richtwert 391 EUR. Die Unterkunftskosten der Klägerin und ihres Ehemannes beliefen sich ohne Heizkosten auf 430 EUR monatlich. Insofern seien die Unterkunftskosten entsprechend gekürzt worden. Das SG Detmold habe in der mündlichen Verhandlung am 21.02.2013 auch nicht ausdrücklich festgestellt, dass der Mietpreis angemessen gewesen sei. Dies finde sich an keiner Stelle des Sitzungsprotokolles wieder. Auch könne sich keiner der anwesenden Mitarbeiter des Kreises N-M an eine derartige Äußerung erinnern. Wie die bewilligten Leistungen berechnet worden seien, ginge aus den Bescheiden hervor. Hinsichtlich des Bescheides vom 28.06.2012 ergebe sich die Änderung aus der Änderung der Rentenhöhe zum 01.07.2012 von 475,75 EUR auf 486,15 EUR. Der Leistungsanspruch verringere sich bei gleichbleibendem Bedarf um 10,40 EUR. Die Nachzahlung im Bescheid vom 27.09.2012 ergebe sich aus der Anhebung der Mietrichtwerte. Für den Zeitraum vor Mai 2012 sei mit Bescheid vom 20.12.2012 für die Zeit vom 01.03.2011 bis 30.04.2012 eine Nachzahlung gewährt worden.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässigen Klagen sind unbegründet.
22Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 24.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2011, den Bescheid vom 29.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011, den Bescheid vom 27.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011, den Bescheid vom 27.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2011, den Bescheid vom 28.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2012, den Bescheid vom 27.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2011 sowie den Bescheid vom 20.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2012 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da die Bescheide rechtmäßig sind. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB XII.
23Gemäß §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Die Klägerin, die gemäß § 7 Abs. 4 SGB II nach dem dauerhaften Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit dem Bezug der Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen ist und mangels voller Erwerbsminderung auf Dauer oder Erreichen der Altersgrenze gemäß § 41 Abs. 2 SGB XII keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hat, ist dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem 3. Kapitel des SGB XII. Die Klägerin ist auch nicht in der Lage, den notwendigen Lebensunterhalt vollständig aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu bestreiten. Die Beklagte hat dementsprechend aufstockend Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII fortlaufend gewährt. Die Leistungsgewährung erfolgte in zutreffender Höhe; einen über die von der Beklagten bereits gewährten Leistungen hinausgehenden Leistungsanspruch hat die Klägerin nicht.
24Zutreffend hat die Beklagte im Zeitraum vom 01.03.2011 bis 31.12.2011 einen Regelbedarf von 328 EUR, im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2012 einen Regelbedarf von 337 EUR und im Zeitraum ab 01.01.2013 einen Regelbedarf von 345 EUR der Leistungsberechnung zugrunde gelegt. Maßgeblich ist für die Klägerin die Regelbedarfsstufe 2 gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII i.V.m. § 27 a SGB XII. Diese betrug ab dem 01.01.2011 328 EUR, ab dem 01.01.2012 337 EUR und ab dem 01.01.2013 345 EUR.
25Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Beklagte hat hier im Zeitraum ab März 2011 Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von insgesamt 499 EUR der Berechnung zugrunde gelegt, bestehend aus einer angemessenen Kaltmiete in Höhe von 299 EUR, Nebenkosten in Höhe von 80 EUR und Heizkosten in Höhe von 120 EUR, wovon kopfanteilig die Hälfte, mithin 249,50 EUR, auf die Klägerin entfielen. Ab Januar 2013 hat die Beklagte einen Betrag von insgesamt 511 EUR für Unterkunft und Heizung berücksichtigt, wobei hier eine Kaltmiete von 311 EUR berücksichtigt wurde, sodass kopfanteilig für die Klägerin 255,50 EUR der Berechnung zugrunde gelegt wurden. Die der Berechnung zugrunde gelegten Unterkunfts- und Heizkosten sind nicht zu beanstanden.
26Gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Abs. 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII gilt Satz 1 so lange, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft haben gemäß § 35 Abs. 2 S. 3 SGB XII Leistungsberechtigte den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach den Sätzen 1 und 2 maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen. Gemäß § 35 Abs. 4 S. 1 SGB XII werden Leistungen für Heizung und zentrale Warmwasserversorgung in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind.
27Zutreffend hat die Beklagte Unterkunftskosten in Höhe 249,50 bzw. 255,50 EUR ab Januar 2013 der Berechnung zugrunde gelegt. Die darüber hinausgehenden tatsächlichen Unterkunftskosten, die die Klägerin und ihr Ehemann zu erbringen haben, sind unangemessen. Die Heizkosten wurden in tatsächlicher Höhe von der Beklagten berücksichtigt.
28Nach ständiger Rechtsprechung des BSG für den Bereich des SGB II, dem sich der 8. Senat des BSG in seinem Urteil vom 23.03.2010 zum Az. B 8 SO 24/08 R auch für den Bereich des SGB XII angeschlossen hat, ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit der Unterkunftskosten unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten bestimmt sich aus dem Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins. Im Rahmen einer mehrstufigen Prüfung sind zunächst die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft zu ermitteln, im einzelnen die abstrakt angemessene Wohnraumgröße, der zu betrachtende Vergleichsraum und die Referenzmiete im Vergleichsraum. Die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft ergeben sich dann aus dem Produkt der angemessenen Wohnfläche mit der Referenzmiete. Sodann ist die konkrete Angemessenheit zu ermitteln, wobei hier individuelle Bedarfe sowie die tatsächliche Möglichkeit des Leistungsberechtigten, am konkreten Wohnort eine abstrakt angemessene Wohnung anzumieten, Berücksichtigung finden.(vgl. zum Vorstehenden Nguyen in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 Rn 68 m.w.N.). Die Angemessenheit der Aufwendungen bezieht sich auf die Bruttokaltmiete. Eine nach Kaltmiete und Nebenkosten unterscheidende Betrachtung der Angemessenheit erfolgt nicht.
29Zutreffend hat die Beklagte die für den Wohnort der Klägerin abstrakt angemessene Miete hier mit 249,50 EUR bzw. 255,50 EUR ab dem 01.01.2013 berücksichtigt. Das diesbezüglich von der Beklagten zugrunde gelegte Konzept des Kreises N-M zur Regionalisierung des Kreises N-M zur Ermittlung der KdU-Kosten, erstellt von der Firma "Analyse & Konzepte", ist für die Kammer nicht zu beanstanden.
30Hierbei geht die Beklagte zunächst zutreffend von einer abstrakt angemessenen Wohnungsgröße für die Klägerin und ihren Ehemann von 65 qm aus. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (BSG, Urteil vom 16.05.2012, Az.: B 4 AS 109/11 R m.w.N.). Seit dem 01.01.2010 ist hier in Nordrhein-Westfalen auf die in § 18 WoFG i.V.m. Nr. 8.2 der WNB festgelegten Wohnflächen abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.). Danach beträgt die angemessene Wohnfläche gemäß Nr. 8.2 b) für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen 65 qm.
31Nicht zu beanstanden ist auch der von der Beklagten in dem Konzept herangezogene Vergleichsraum, der neben dem Wohnort der Klägerin, der Gemeinde T, noch die ebenfalls im Kreis N-M gelegenen Gemeinden I2, Q und Q1 X1 umfasst. Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend, wobei nicht ausschließlich kommunalverfassungsrechtliche Grenzen maßgeblich sind. Zur Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete sind am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Leistungsberechtigten ausreichend große Räume (nicht bloße Orts- und Stadtteile) der Wohnbebauung zu definieren, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG, Urteil vom 19.02.2009, Az.: B 4 AS 30/08 R). Insbesondere im ländlichen Raum kann es geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiet zusammenzufassen.
32Diese Kriterien berücksichtigt das von der Beklagten zugrunde gelegte Konzept. Das Konzept berücksichtigt die Heterogenität der kreisangehörigen Gemeinden, die einer Einbeziehung des gesamten Kreises als Vergleichsraum entgegen steht und teilt die im Kreisgebiet des Kreises N-M gelegenen elf Gemeinden im Wege des statistischen Verfahrens der Ähnlichkeitsanalyse (sog. Clusteranalyse) in drei Wohnungsmarkttypen ein, wobei die Gemeinde T, in der die Klägerin und ihre Ehemann wohnhaft sind, dem Wohnungsmarkttyp 3 zugeordnet wird. Hierbei wurden die kreisangehörigen Gemeinden im Hinblick auf unterschiedliche Parameter wie Bodenpreis, Einkommenshöhe, Siedlungsstruktur, Dynamik des Wohnungsmarktes, Bevölkerungsdichte, Wohnfläche und Mietwertstufe untersucht. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist die Gemeinde T dem Wohnungsmarkttyp 3 zuzuordnen, dem die Gemeinden zuzuordnen sind, die durch niedrige Bodenpreise, niedriges Einkommen und eine niedrige Bevölkerungsdichte charakterisiert werden. Die Gemeinde T ist damit strukturell den Gemeinden I2, Q und Q1 X1 vergleichbar. Die Gemeinden sind sämtlich im Kreis N-M gelegen und können aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander noch als einheitlicher Lebens- und Wohnbereich betrachtet werden.
33Schließlich ist auch die Ermittlung der Referenzmiete nicht zu beanstanden. Zur Ermittlung der Referenzmiete hat der Leistungsträger im Vergleichsraum die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R). Hierbei sind grundsätzlich alle erreichbaren Erkenntnisquellen heranzuziehen und diese auf ihre methodischen Schwächen und ihre Aussagekraft zu untersuchen. Die Ermittlung der regional angemessenen Kosten der Unterkunft muss auf der Grundlage eines überprüfbaren, schlüssigen Konzepts zur Datenerhebung und -auswertung unter Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze erfolgen. Ein Konzept liegt nach Auffassung des BSG (Urteil vom 22.09.2009, Az.: B 4 AS 18/09 R) vor, wenn der Grundsicherungsträger planmäßig vorgegangen ist, das heißt im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur punktuell im Einzelfall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens folgende Voraussetzungen erfüllt:
34- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze)
35(vgl. BSG, Urteil v. 22.9.2009, Az.: B 4 AS 18/09)
36Diesen Anforderungen genügt das von der Beklagten zugrunde gelegte Konzept der Firma Analyse und Konzepte. Es ist daher als schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Mietobergrenze im Rahmen der Leistungsberechnung zu berücksichtigen. Die dem Konzept zugrunde liegende Datengrundlage bildet den Mietwohnungsmarkt am Wohnort der Klägerin hinreichend ab. Zunächst wurde im Rahmen der Datenerhebung dem Wohnungsstandard insoweit Rechnung getragen, als dass sowohl Substandardwohnungen, die nicht über die Merkmale "Bad" und "Sammelheizung" sowie Wohnungen, die als solche des Luxussegments vermarktet wurden oder erkennbar waren, ausgeschlossen wurden. In diesem Rahmen wurde der gesamte Mietwohnungsbestand einschließlich des öffentlichen Mietpreisbindungen unterliegenden Wohnraums berücksichtigt. In ländlichen Bereichen - wie hier - wurden auch Wohnungen in Zweifamilienhäusern berücksichtigt, da hier ein entsprechender Geschosswohnungsbau und damit ein entsprechendes Wohnungsangebot fehlt bzw. nur in sehr geringem Umfang vorhanden ist. Nicht berücksichtigt wurden weiter Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen mit Freundschaftsmieten und möblierte Apartments. Insgesamt wurden für den Mietwohnungsmarkt im Kreis N-M eine Anzahl von rund 60.000 Wohnungen ermittelt. Die Mietwerterhebung erfolgte sodann durch Befragung größerer Vermieter und Verwalter sowie kleinerer Vermieter, wobei sicher gestellt wurde, dass eine Doppelerfassung von Haushalten ausgeschlossen wurde. Erhoben wurden Daten zur Wohnungsgröße, Netto-Kaltmiete, kalte Betriebskosten und Heiz- und Warmwasserkosten. Ferner wurde abgefragt, ob die kalten Betriebskosten Wasserkosten enthielten. Die Datenerhebung fand von Mitte November 2009 bis Mitte März 2010 statt. Insgesamt wurden 9.263 Wohnungen erfasst, von denen 8.747 verwertbar waren. Die erhobenen Daten wurden sodann tabellarisch erfasst und auf den einheitlichen Begriff der Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und den jeweiligen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen zugeordnet. Diesbezüglich wurde das Konzept entsprechend dem Urteil des BSG vom 16.05.2012 (Az.: B 4 AS 109/11 R) zur angemessenen Wohnungsgröße überarbeitet und findet in dieser überarbeiteten Fassung hier Anwendung. Vor der weiteren Auswertung wurde eine Extremwertkappung auf Basis eines 95 %-Konfidenzintervalls vorgenommen, zum Ausschluss von Extremwerten, die sich signifikant von anderen Werten eines Tabellenfeldes unterschieden (Ausreißer), sodass letztlich 8.337 Datensätze für die weitere Auswertung verblieben. Zur Berechnung der Netto-Kaltmieten wurde sodann für den städtisch geprägten Wohnungsmarkttyp 1 das 40 % - Perzentil und für die ländlicher geprägten Wohnungsmarkttypen 2 und 3 das 45 % - Perzentil ausgewiesen. Die Werte geben an, dass 40 bzw. 45 % aller Mieten unterhalb dieser Grenze liegen. Die so festgelegte Obergrenze verhindert einerseits negative Auswirkungen der Transferleistungen auf den Wohnungsmarkt, stellt aber andererseits auch sicher, dass für Leistungsempfänger ein ausreichendes Wohnungsangebot zur Verfügung steht. Aufgrund der Besonderheiten der städtischen und ländlichen Wohnungsmärkte wurden verschieden große Marktvolumina als untere Wohnungsmarktsegmente definiert. Das als Obergrenze definierte 40 bzw. 45 %-Perzentil beinhaltet sowohl eine Sicherheitsmarge von rund 20 % für die zu berücksichtigende Nachfrage von Niedriglohnempfängern als auch zur Verhinderung der Konzentration der Nachfrage auf wenige Wohnungsbestände. Neben den Perzentilsgrenzen für die Netto-Kaltmiete wurden auch die durchschnittlichen Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten sowie die Heizungs- und Warmwasserkosten berechnet. Hieraus ergibt sich für den Wohnungsmarkttyp 3, dem die Gemeinde T zuzuordnen ist, eine für die Klägerin und ihren Ehemann angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von 378,95 EUR. Die Berücksichtigung eines Betrages von 379 EUR durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden.
37Hiervon ausgehend ist die für die Wohnung von der Klägerin und ihrem Ehemann zu leistende Bruttokaltmiete nicht angemessen, denn diese beträgt tatsächlich 430 EUR. Zutreffend hat die Beklagte damit im Zeitraum bis zum 31.12.2012 die angemessene Miete um 51 EUR gekürzt.
38Für die Zeit ab dem 01.01.2013 ist die Kürzung der angemessenen Bruttokaltmiete um einen Betrag von nunmehr nur noch 39 EUR ebenfalls nicht zu beanstanden. Insofern hat die Beklagte das im Rahmen einer Indexfortschreibung aktualisierte Konzept des Kreises N-M zugrunde gelegt. Die Indexfortschreibung begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Bezüglich des Zeitraumes und der Vorgehensweise fand hier eine Orientierung an den für qualifizierte Mietspiegel vorgegebenen Vorgehensweisen statt mit einer Aktualisierung nach Ablauf von zwei Jahren. Hinsichtlich der Methodik wurde die für qualifizierte Mietspiegel ebenfalls akzeptierte Variante der Indexfortschreibung auf Basis der Entwicklung der Lebenshaltungskosten gewählt. Da das BSG generell auch qualifizierte Mietspiegel als taugliche Grundlage zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten erachtet, hat die Kammer bezüglich dieser Vorgehensweise keine Bedenken. Hierbei ist ein Anstieg der Mieten ohne Nebenkosten in Höhe von 3,26 % sowie ein Anstieg der Nebenkosten in Höhe von 3,32 % zu berücksichtigen. Für den Wohnungsmarkttyp 3 ergibt sich dann für Wohnungen bis 65 qm Größe eine angemessene Brutto-Kaltmiete in Höhe von 391,36 EUR. Entsprechend hat die Beklagte den Betrag von 391 EUR der Berechnung der Unterkunftskosten als Brutto-Kaltmiete zugrunde gelegt, der weiterhin unterhalb der von der Klägerin und ihrem Ehemann tatsächlich zu erbringenden Brutto-Kaltmiete liegt.
39Die Prüfung der konkreten Angemessenheit führt zu keinem anderen Ergebnis. Individuelle Bedarfe, die eine Abweichung von der als abstrakt angemessen ermittelten Brutto-Kaltmiete rechtfertigen, sind nicht geltend gemacht und aus dem Akteninhalt auch nicht ersichtlich. Darüber hinaus war es der Klägerin und ihrem Ehemann auch möglich, eine angemessene Unterkunft im streitigen Zeitraum anzumieten. Diesbezüglich wurden ebenfalls im Rahmen der Erstellung des schlüssigen Konzeptes Ermittlungen durchgeführt, nach deren Ergebnis am Wohnort der Klägerin ausreichend Wohnraum zum Preis der Mietobergrenze zur Verfügung stand. Durchgeführt wurde diesbezüglich eine Recherche der aktuellen Angebotsmieten im Zeitraum Oktober 2009 bis März 2010. Dabei wurden verschiedene Internetportale sowie die örtliche Tagespresse ausgewertet. Die Daten wurden auf Relevanz geprüft; bei unklaren oder nicht ausreichenden Informationen wurden Nachfragen bei den Vermietern durchgeführt. Insgesamt wurden 1.065 Angebote ermittelt, was unter dem tatsächlichen Angebotsvolumen liegt, da nicht alle Wohnungen über diese Medien vermarktet werden, sondern insbesondere Wohnungsgesellschaften häufig ihre Wohnungen zuerst bekannten Interessenten anbieten. Um die Qualität der Angebotsmieten beurteilen zu können, wurden diese mit den Neuvertragsmieten der Bestandsmieten mit Mietvertragsabschlüssen bis neun Monate vor dem Erhebungsstichtag abgeglichen. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Neuvertragsmieten in der überwiegenden Zahl unterhalb der Angebotsmieten liegen. Das bedeutet, dass tatsächlich ein wesentlich größeres Wohnungsangebot unterhalb der Obergrenzen zur Verfügung steht, als dieses in den ermittelten Angebotsmieten zum Ausdruck kommt. Es sind somit alle erfassten Miethöhen auf dem Wohnungsmarkt zu finden. Allerdings müssen sich die Wohnungssuchenden auch direkt bei den Wohnungsunternehmen um Wohnungen bemühen und dürfen die Wohnungssuche nicht allein auf den Anzeigenmarkt beschränken. Es ist damit davon auszugehen, dass ausreichend Möglichkeiten bestanden, eine angemessene Wohnung anzumieten. Dies hat die Klägerin nicht durch den Nachweis erfolgloser Bemühungen bei der Wohnungssuche widerlegt.
40Dass der Klägerin oder ihrem Ehemann ein Umzug nicht zumutbar ist, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch wurde der Klägerin und ihrem Ehemann von der Beklagten weder als Trägerin der Leistungen nach dem SGB II noch dem SGB XII eine Zusicherung zum Umzug in die konkrete Wohnung in der I1 Straße erteilt, aus der sich ein Anspruch auf Gewährung höherer Unterkunftskosten ergeben würde. Aus einem Schreiben der Beklagten als SGB II-Träger vom 24.11.2010 lässt sich nur entnehmen, dass die Übernahme der Kosten für eine Unterkunft in T-O zugesichert werde, sofern die Wohnungsgröße und die Miethöhe einschließlich der Nebenkosten innerhalb der vom Kreis N-M veröffentlichten Grenzen liege. Eine Zusicherung, die Kosten für die konkret von der Klägerin und ihrem Ehemann bewohnte Wohnung zu übernehmen, ist hierin nicht zu erkennen. Ein Anspruch auf die Gewährung höherer Unterkunftskosten ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Termins der 21. Kammer am 21.02.2013 zu den Aktenzeichen S 21 AS 967/12 und S 21 AS 117/10 und verbundenen Verfahren. Sofern die 21. Kammer dort tatsächlich die Auffassung vertreten haben sollte, dass die derzeit bewohnte Wohnung angemessen sei, ist die hiesige Kammer hieran nicht gebunden.
41Dem so ermittelten Bedarf war das Einkommen der Klägerin gegenüber zu stellen. Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem BEG für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Einkommen in diesem Sinne ist alles, was jemand in dem Bedarfszeitraum wertmäßig dazu erhält, während Vermögen das ist, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Mittel, die der Hilfesuchende früher, wenn auch erst in einer vorangegangenen Bedarfszeit als Einkommen erhalten hat, sind, soweit sie in der aktuellen Bedarfszeit noch vorhanden sind, Vermögen. Für die Frage, wann etwas zufließt, ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, soweit nicht normativ ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt wird. (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 19.05.2009, Az.: B 8 SO 35/07 R m.w.N.). Der Bedarfszeitraum ist der Zeitraum, in dem die Hilfebedürftigkeit geltend gemacht bzw. geprüft wird. Dass dabei vom Monatsprinzip auszugehen ist, wird schon aus der Festlegung der Regelsatzhöhe nach dem monatlichen Bedarf erkennbar. Darüber hinaus ist bei der Berücksichtigung des Einkommens von den monatlichen Bruttoeinnahmen auszugehen. (vgl. zum Vorstehenden Schmidt in jurisPK, 1. Aufl. 2011, § 82 Rn. 28).
42Hier hat die Beklagte zutreffend die jeweilige Altersrente der Klägerin als Einkommen angerechnet in Höhe von 471,09 EUR bis zum 30.06.2011, 475,75 EUR ab dem 01.07.2011 bis zum 30.06.2012 und in Höhe von 486,15 EUR ab dem 01.07.2012. Darüber hinaus hat sie im März 2011 das Erwerbseinkommen für den Monat Februar 2011 angerechnet, welches ausweislich der Lohnabrechnung des Arbeitsgebers vom 08.03.2011 bis zum 20. des Folgemonats, also des Monats März, gezahlt werden sollte. Die Beklagte hat die Beträge jeweils im Zuflussmonat angerechnet. Insoweit ist auch die Anrechnung der zum 01.07.2012 erhöhten Rente ab dem Monat Juli 2012 nicht zu beanstanden. Die Rente ist nach dem eigenen Vortrag der Klägerin am 31.07.2012 auf ihrem Konto gut geschrieben worden und war damit noch im Monat Juli 2012 als Einkommen anzurechnen. Die geringeren Leistungen ab Juli 2012 erklären sich mit der zum 01.07.2012 erfolgten Rentenerhöhung.
43Unter Berücksichtigung dieser Bedarfe sowie des jeweils zugeflossenen Einkommens hat die Beklagte den monatlichen Leistungsanspruch der Klägerin zutreffend ermittelt. Einen darüber hinausgehenden Leistungsanspruch hat die Klägerin nicht.
44(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören
- 1.
Leistungen nach diesem Buch, - 2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, - 3.
Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, - 4.
Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag, - 5.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes, - 6.
Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden; dies gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben, - 7.
ein Betrag von insgesamt 520 Euro monatlich bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die - a)
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen, - b)
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen oder - c)
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen während der Schulzeit erwerbstätig sind,
- 8.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten und - 9.
Erbschaften.
(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen
- 1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern, - 2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, - 3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und - 4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.
(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.
(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus
- 1.
einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes, - 2.
einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und - 3.
einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.
(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.
(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.