Sozialgericht Detmold Urteil, 04. Sept. 2014 - S 18 AS 433/13

ECLI:ECLI:DE:SGDT:2014:0904.S18AS433.13.00
bei uns veröffentlicht am04.09.2014

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Detmold Urteil, 04. Sept. 2014 - S 18 AS 433/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Detmold Urteil, 04. Sept. 2014 - S 18 AS 433/13

Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Detmold Urteil, 04. Sept. 2014 - S 18 AS 433/13 zitiert 9 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 31 Pflichtverletzungen


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis1.sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,2.sich weigern, eine zu

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 31b Beginn und Dauer der Minderung


(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tri

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Sozialgericht Detmold Urteil, 04. Sept. 2014 - S 18 AS 433/13 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Sozialgericht Detmold Urteil, 04. Sept. 2014 - S 18 AS 433/13 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 30. Jan. 2014 - L 7 AS 85/13

bei uns veröffentlicht am 30.01.2014

Tatbestand Streitig ist eine Sanktion, die eine Minderung des Auszahlungsanspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld II um 60 Prozent des Regelbedarfs für die Monate Dezember 2011, Januar und Februar 2012 feststellt. Der 1959 gebo

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 18. Juni 2014 - L 16 AS 297/13

bei uns veröffentlicht am 18.06.2014

Tenor I. Auf die Berufung werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. März 2013 und der Bescheid vom 29. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2013 aufgehoben. II. Der Beklagte erstat

Sozialgericht Dortmund Beschluss, 13. Juni 2014 - S 32 AS 1173/14 ER

bei uns veröffentlicht am 13.06.2014

Tenor Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in einem möglichen Hauptsacheverfahren, weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach

Sozialgericht Detmold Urteil, 17. Okt. 2013 - S 18 AS 1095/12

bei uns veröffentlicht am 17.10.2013

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen die Umsetzung einer Minderung des Arbeitslosengeldes II durch den

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tritt die Minderung mit Beginn der Sperrzeit oder mit dem Erlöschen des Anspruchs nach dem Dritten Buch ein. Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.

(2) Der Minderungszeitraum beträgt

1.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 1 einen Monat,
2.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 2 zwei Monate und
3.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 3 jeweils drei Monate.
In den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 6 ist die Minderung ab dem Zeitpunkt der Pflichterfüllung oder der Erklärung der Bereitschaft zur Pflichterfüllung aufzuheben, soweit der Minderungszeitraum mindestens einen Monat betragen hat, andernfalls nach Ablauf dieses Monats.

(3) Während der Minderung des Auszahlungsanspruchs besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

Tenor

I.

Auf die Berufung werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. März 2013 und der Bescheid vom 29. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2013 aufgehoben.

II.

Der Beklagte erstattet der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und hilfsweise die Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012.

Die mit ihrem Ehemann in Bedarfsgemeinschaft lebende Klägerin bezieht vom Beklagten laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie hat Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der M. S. Gebäudemanagement GmbH. Nachdem mit Bescheid vom 20.11.2012 Leistungen für Dezember 2012 bis Mai 2013 zunächst vorläufig bewilligt worden waren, erfolgte die endgültige Bewilligung der Leistungen für diesen Zeitraum mit Bescheid vom 13.06.2013.

Durch einen Datenabgleich wurde dem Beklagten bekannt, dass die Klägerin weiteres Einkommen aus einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis bei der K. Grundstückstreuhand GmbH & Co KG (A) hat. Nachdem sie vom Beklagten mit Schreiben vom 15.11.2012 aufgefordert worden war, eine von A ausgefüllte Arbeitsbescheinigung vorzulegen, erteilte A die Auskunft am 27.11.2012. Die Klägerin sei seit Mai 2001 mit einer Arbeitszeit von wöchentlich 2,5 Stunden beschäftigt und erhalte im Jahr 2012 monatlich 115 €. Es handele sich um einen Mini-Job mit 30 v. H. pauschalen Abgaben an die Bundesknappschaft. Die Klägerin habe noch eine weitere Putzstelle, komme aber insgesamt nicht über die Mini-Job-Grenze.

Die Klägerin kündigte mit einem an A gerichteten Schreiben vom 30.11.2012 ihren Anstellungsvertrag fristgerecht zum 15.12.2012.

Der Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 07.01.2013 auf die beabsichtigte Feststellung einer Absenkung des Regelsatzes um 30 v. H. hin, weil sie am 30.11.2012 den Anstellungsvertrag mit A zum 15.12.2012 gekündigt habe. Einen wichtigen Grund, der dieses Verhalten rechtfertigen würde, habe sie bisher nicht mitgeteilt. Es werde davon ausgegangen, dass die Fortführung der Tätigkeit unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und Leistungsfähigkeit zumutbar gewesen wäre. Der Hergang der Ereignisse sei zu ermitteln. Es bestehe Gelegenheit zur Äußerung. Die Klägerin wurde aufgefordert mitzuteilen, warum sie bei A gekündigt habe. Sie reagierte mit Schreiben vom 23.01.2013. Es bestünde in der Tat noch Klärungsbedarf. Es lägen noch nicht alle Fakten vor. Wenn diese vorliegen würden, werde sortiert und geprüft und eine Stellungnahme erfolgen. Bis dahin werde um Geduld gebeten. Zuvor hatte der Ehemann der Klägerin in einem Telefongespräch am 18.12.2012 bekundet, dass man ihm damals gesagt habe, dass A die Meldung an das Jobcenter machen werde. Das sei wohl bis heute nicht passiert. Der Lohn sei wohl auf das Konto des Hausmeisters und ein Konto der Freundin der Klägerin gegangen.

Mit Bescheid vom 29.01.2013 stellte der Beklagte die Minderung des der Klägerin gewährten Arbeitslosengelds II im Zeitraum vom 01.03.2013 bis zum 31.05.2013 um 30 v. H. des maßgeblichen Regelbedarfs (345 €) in Höhe von monatlich 103,50 € fest. Die Entscheidung beruhe auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Danach würden erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten verletzen, wenn sie sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit oder eine mit Beschäftigungszuschuss geförderte Arbeit aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten zu verhindern. Das gelte nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen würden. Sie, die Klägerin, habe am 30.11.2012 ihren Anstellungsvertrag mit A gekündigt. Hierin sei eine Weigerung, die Arbeit fortzuführen, zu sehen. Einen wichtigen Grund, der dieses Verhalten rechtfertigen würde, habe sie nicht mitgeteilt. In der Eingliederungsvereinbarung sei sie über die eintretenden Rechtsfolgen bei einem solchen Verstoß hingewiesen worden. Die Beschäftigung sei unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit und persönlichen Verhältnisse zumutbar gewesen. Die Argumentation im Schreiben vom 23.01.2013 könne nicht als wichtiger Grund im Sinn des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II anerkannt werden.

Ziel der Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 war die „Aufnahme einer SV-Arbeit“. Die Klägerin verpflichtete sich unter 2., pro Monat zwei Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und jegliche Veränderung der wirtschaftlichen und privaten Verhältnisse umgehend dem Jobcenter zu melden. Die Eingliederungsvereinbarung enthielt eine darauf bezogene Rechtsfolgenbelehrung:

„Die §§ 31 und 31b SGB II sehen bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten Leistungsminderungen vor. Das Arbeitslosengeld II kann danach - auch mehrfach nacheinander - gemindert werden oder vollständig entfallen.

Wenn Sie erstmals gegen die mit Ihnen vereinbarten Eingliederungsbemühungen verstoßen (siehe Nr. 2. Bemühungen des Kunden), wird das Ihnen zustehende Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von 30 Prozent des für Sie maßgebenden Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II gemindert.“

Die Klägerin hatte diese Eingliederungsvereinbarung (Geltungsdauer bis 17.06.2013) am 18.07.2012 „unter Vorbehalt“ unterschrieben. Der Beklagte hat die Eingliederungsvereinbarung in Reaktion auf die Beanstandungen der Klägerin zwischenzeitlich „für hinfällig erklärt“ (Schreiben an die Klägerin vom 14.03.2014).

Am 04.02.2013 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.01.2013 ein und brachte vor, dass die Rechtsbelehrung nicht den Erfordernissen des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18.02.2010) genüge. Die Leistungskürzung sei bereits aus diesem Grund unzulässig. Entgegen den Anforderungen des Bundessozialgerichts seien hier lediglich allgemeine Rechtsbelehrungen verwendet worden. Es gäbe auch keine Anhaltspunkte für einen Vorsatz. Die Klägerin sei auch noch nicht gehört worden. Sie habe sich bisher noch nicht geäußert. Eine Entscheidung nach § 31 SGB II sei derzeit nicht begründet. Die Eingliederungsvereinbarung sei nichtig, weil die Klägerin sie unter Vorbehalt unterzeichnet habe. Damit liege ein Dissens, ein Einigungsmangel, vor. Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens wurde vorgebracht, dass die Klägerin wegen Mobbings gekündigt habe. Der Hausmeister und A hätten widersprüchliche Anweisungen gegeben.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2013 zurückgewiesen. Die Klägerin habe mit dem Ausspruch ihrer Eigenkündigung vom 30.11.2012 den Tatbestand der Pflichtverletzung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erfüllt. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II müsse eine Rechtsfolgenbelehrung stattgefunden haben bzw. positiv festgestellt werden, dass die leistungsberechtigte Person hinreichende Kenntnis über die Rechtsfolgen hatte. Die mit der Klägerin geschlossene Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 habe eine ausführliche Rechtsfolgenbelehrung enthalten. Die Klägerin habe eindeutig erkennen können, welche konkreten Rechtsfolgen eintreten, wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Im Übrigen könne vorliegend unterstellt werden, dass die Klägerin auch die erforderliche Kenntnis hinsichtlich der Rechtsfolgen gehabt habe (§ 31 Abs. 1 Satz 1 AltSGB IIB II). Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Es sei der Klägerin zumutbar gewesen, das Anstellungsverhältnis mit A fortzuführen. Zumutbarkeitsausschlussgründe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB II würden nicht vorliegen. Die von der Klägerin zwischenzeitlich vorgebrachten Gründe für die Eigenkündigung könnten das Tatbestandsmerkmal des wichtigen Grunds nicht erfüllen. Es sei zumutbar gewesen, die dargestellten Unstimmigkeiten mit A auf anderem Weg als durch eine Kündigung zu klären. Eine derartige Aufgabe des Arbeitsplatzes erscheine leichtfertig. Die Bewilligungsentscheidung für den Zeitraum der Sanktion (01.03.2013 bis 31.05.2013) sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Höhe von monatlich 103,50 € aufzuheben.

Vertreten durch ihren Ehemann hat die Klägerin am 19.02.2013 Klage erhoben und beantragt, den Widerspruchsbescheid vom 15.02.2013 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, ob die Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 als Vertrag zustande kam (Einigungsmangel) und ob der Bescheid vom 29.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2013 wegen der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung rechtswidrig ist.

Ebenfalls am 19.02.2013 erhob die Klägerin gegen A Klage zum Arbeitsgericht K. „wegen Sanktionierung gemäß § 31 SGB II“ mit dem Antrag festzustellen, dass der Anstellungsvertrag vom 01.05.2001 zwischen beiden Parteien zum 15.12.2012 wegen Mobbings und Belästigung zu Recht von der Klägerin gekündigt wurde. Nach dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich hatte A „allein aus prozessökonomischen Gründen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ 50 € an die Klägerin zu zahlen.

Nach mündlicher Verhandlung am 27.03.2013, in der eine Mitarbeiterin des A als Zeugin vernommen worden ist, hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zutreffend eine Pflichtverletzung festgestellt. Die Kammer folge nicht der Auffassung der Klägerin, dass sie einen wichtigen Grund gehabt habe. Ein zu einer Eigenkündigung berechtigendes Mobbing habe nicht stattgefunden. Es könne dahinstehen, ob der Hausmeister die Rechte der Klägerin tatsächlich durch Mobbing verletzt habe. Jedenfalls wäre es Sache der Klägerin gewesen, ein derartiges Verhalten eines Kollegen an ihren Arbeitgeber zu kommunizieren und Abhilfe zu verlangen, bevor sie die Stelle selbst kündigt. Auch könne die Einkommensanrechnung nach dem SGB II nicht als wichtiger Grund für die Aufgabe einer Beschäftigung angesehen werden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die ausgeübte Tätigkeit für die Klägerin unzumutbar im Sinn des § 10 SGB II gewesen sein könnte. Die Klägerin könne sich nicht auf eine unterbliebene Rechtsfolgenbelehrung berufen, da sie die entsprechende ausdrückliche Belehrung durch das Verschweigen des Beschäftigungsverhältnisses selbst vereitelt habe. Bezüglich des Hilfsantrags sei bereits das Feststellungsinteresse fraglich. Jedenfalls sei die Feststellungsklage unbegründet. Anders als in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall liege hier ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vor, bei dem die Vertragspartner nicht daran gehindert seien, eine Abweichung von der Regellaufzeit von sechs Monaten zu vereinbaren. Soweit vorgetragen werde, aus der Unterschrift unter Vorbehalt ergebe sich ein offener Dissens im Sinn einer aufschiebenden Bedingung, könne dem die Kammer nicht folgen. Im Übrigen sei es treuwidrig, sich erst nach über der Hälfte der Laufzeit der Eingliederungsvereinbarung auf deren Unwirksamkeit zu berufen. Dem Urteil ist eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, derzufolge die Berufung zulässig ist. Das Urteil ist dem Bevollmächtigten der Klägerin am 10.05.2013 zugestellt worden.

Dagegen hat die Klägerin am 13.05.2013 Berufung eingelegt, hilfsweise Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung.

Sie beantragt sinngemäß,

- das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. März 2013 aufzuheben,

- den Bescheid vom 29. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2013 aufzuheben,

- hilfsweise festzustellen, dass die Eingliederungsvereinbarung vom 18. Juli 2012 unwirksam bzw. nichtig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil des Sozialgerichts Augsburg Bezug genommen. Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens hat er außerdem geltend gemacht, dass der Feststellungsantrag im Hinblick auf das Schreiben vom 14.03.2014 als erledigt angesehen werde. Die Berufung sei unzulässig, weil der Rechtsmittelstreitwert unter dem maßgeblichen Wert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liege. Das klägerische Begehren sei ausschließlich auf die Aufhebung der Minderungsentscheidung des Beklagten gerichtet. Der maßgebliche Wert sei identisch mit dem Wert des Hauptantrags, nämlich 310,50 €. Selbst bei Annahme der Möglichkeit der Addition der Streitwerte der jeweiligen Anträge wäre der Rechtsmittelstreitwert nicht erreicht.

In der mündlichen Verhandlung am 22.01.2014 hat sich der für die Klägerin als deren Prozessbevollmächtigter erschienene Ehemann aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gesehen zu verhandeln. Nach Vertagung des Rechtsstreits haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten des Beklagten und des Arbeitsgerichts K. sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Gründe

Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere auch statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

Entsprechend der zutreffenden Belehrung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Augsburg ist die Berufung ohne Zulassung statthaft. Zwar wäre gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG die Zulassung der Berufung erforderlich gewesen, wenn es nur auf den Hauptantrag der Klägerin ankommen würde. Beim Begehren Aufhebung des Sanktionsbescheids vom 29.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2013 geht es nämlich um 310,50 € (Absenkung der Leistungen für drei Monate um jeweils 103,50 €), so dass allein damit die Berufungssumme von 750 € nicht erreicht wird. Die Berufung ist aber gleichwohl ohne Zulassung statthaft, weil der Hilfsantrag der Klägerin auf Feststellung, dass die Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 nicht wirksam zustande gekommen bzw. nichtig ist, hinzuzurechnen ist und dieser Antrag nicht beziffert werden kann, so dass es bei der Grundregel der zulassungsfreien Berufung (§ 143 SGG) verbleibt.

Das Gericht entscheidet über die von der Klägerin erhobenen Ansprüche (§ 123 SGG). Schon mit Erhebung der Klage im Februar 2013 hat die Klägerin zwei Ansprüche verfolgt, nämlich die Aufhebung der mit den streitgegenständlichen Bescheiden verhängten Sanktion sowie hilfsweise die Feststellung der Unwirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012. Über diese beiden Ansprüche hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Urteil entschieden. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin beide Ansprüche weiterverfolgt. Sowohl die Klage- als auch die Berufungsbegründung lassen hieran keinen Zweifel.

Bei der Feststellung der Berufungsfähigkeit sind Haupt- und Hilfsantrag zusammenzurechnen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 17). Der Anfechtungsantrag auf Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide und der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 sind weder prozessual noch wirtschaftlich auf dasselbe Ziel gerichtet. Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass die Klägerin - unter Verkennung der prozessrechtlichen Abhängigkeit eines Hilfsantrags vom Hauptantrag - mit dem Hilfsantrag in erster Linie dem Hauptantrag zum Erfolg verhelfen will, folgt daraus keine wirtschaftliche Identität von Haupt- und Hilfsantrag, die ausnahmsweise einer Addition entgegenstehen würde (vgl. Leitherer a. a. O. Rn. 18).

Das auf die Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 gerichtete Begehren bleibt davon unberührt, dass der Beklagte diese Eingliederungsvereinbarung zwischenzeitlich für „hinfällig erklärt“ hat.

Die Voraussetzungen für eine Beschränkung der Berufung gemäß § 144 Abs. 1 SGG lassen sich nicht feststellen, weil der Wert des Feststellungsbegehrens nicht beziffert werden kann. In der Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 war als Ziel die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit formuliert. Die Klägerin wurde verpflichtet, pro Monat zwei Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und jegliche Veränderung der wirtschaftlichen und privaten Verhältnisse umgehend dem Jobcenter zu melden. Hierfür lässt sich ein (Beschwerde-) Wert nicht ausweisen. Die vom Beklagten zuletzt vertretene Auffassung, dass das Feststellungsbegehren der Klägerin mit einem Betrag von 310,50 € zu bewerten sei, weil es auch bei diesem Antrag ausschließlich um die Aufhebung der Minderungsentscheidung des Beklagten gehe, kann sich der Senat nicht anschließen. Richtig ist zwar, dass der Beklagte zur Begründung der streitgegenständlichen Bescheide auf die in der Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 enthaltene Rechtsfolgenbelehrung Bezug nahm und insoweit ein nicht unwesentlicher Zusammenhang zwischen der Sanktion und dieser Eingliederungsvereinbarung besteht. Gleichwohl kann dem auf die Nichtigerklärung der gesamten Eingliederungsvereinbarung gerichteten Feststellungsbegehren eine über die Anfechtung der Sanktionsentscheidung hinausgehende eigenständige Bedeutung nicht abgesprochen werden.

Die Berufung ist begründet, da der Hauptantrag Erfolg hat. Die Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 29.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2013 ist zulässig und begründet. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es bei einem Erfolg des Hauptantrags nicht.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 29.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2013, mit dem der Beklagte den Auszahlungsanspruch aus den vorher bewilligten Leistungen nach dem SGB II für die Monate März bis Mai 2013 minderte. Anders als nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der bis 31.03.2011 geltenden Regelung des § 31 SGB II (a. F.), wonach ein Sanktionsbescheid ein nicht abtrennbarer Streitgegenstand ist (dazu etwa BSG, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 13), geht der Senat für die hier anzuwendenden Regelungen gemäß §§ 31 bis 31b SGB II in der seit 01.04.2011 geltenden Fassung davon aus, dass der streitgegenständliche Sanktionsbescheid vom 29.01.2013 isoliert anfechtbar ist (ebenso Bayer. LSG, Urteil vom 30.01.2014, L 7 AS 84/13, mit ausführlicher Begründung). Er stützt sich dabei in erster Linie auf den Wortlaut des § 31b SGB II, der auf die Minderung des Auszahlungsanspruchs, einen im Vergleich zum alten Recht (vgl. § 31 Abs. 6 SGB II a. F.) neuen Begriff, abstellt.

Die durch Bescheid vom 29.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2013 verfügte Minderung des Auszahlungsanspruchs wird aufgehoben, weil sie rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Sanktion liegen nicht vor. Zwar ist das Sozialgericht Augsburg zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Klägerin wegen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit A den Vorwurf einer auch subjektiv vorwerfbaren Pflichtverletzung gefallen lassen muss. Sie hat sich geweigert, eine zumutbare Arbeit fortzuführen und damit den Tatbestand gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II verwirklicht, ohne sich auf einen wichtigen Grund gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II berufen zu können, wie vom Sozialgericht Augsburg zutreffend dargelegt worden ist. Dennoch ist der Sanktionsbescheid rechtswidrig. Pflichtverletzungen können gemäß § 31 Abs. 1 SGB II nur sanktioniert werden, wenn Leistungsberechtigte ihre Pflichten trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis verletzen. Weder ist hier eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Rechtsfolgenbelehrung erfolgt noch kann der Klägerin Kenntnis von den Rechtsfolgen nachgewiesen werden.

Eine Rechtsfolgenbelehrung, die geeignet gewesen wäre, vor der hier verwirklichten Pflichtverletzung zu warnen, hat es nicht gegeben. Damit ist die Anforderung, dass die Belehrung des Leistungsberechtigten über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig sein muss (h.M., vgl. etwa BSG, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 24), nicht erfüllt. Die Sanktion ist verhängt worden, weil die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit A gekündigt, d. h. eine zumutbare Arbeit nicht fortgeführt hat. Eine auf eine derartige Pflichtverletzung zugeschnittene Rechtsfolgenbelehrung ist nicht erfolgt. Sämtliche in § 31 Abs.1 Satz 1 SGB II aufgeführten Sanktionstatbestände setzen eine Rechtsfolgenbelehrung voraus. Auch in den Fällen, in denen eine konkrete Rechtsfolgenbelehrung nicht erfolgen konnte, weil ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis verschwiegen wurde, kann nicht auf die gesetzliche Voraussetzung Rechtsfolgenbelehrung oder Kenntnis der Rechtsfolgen verzichtet werden. Im Hinblick auf die gravierenden Folgen der §§ 31 ff. SGB II im Bereich der existenzsichernden Leistungen ist es für den Senat unvertretbar darauf abzustellen, das sich die Klägerin nicht auf das Unterbleiben der Rechtsfolgenbelehrung berufen kann, wenn sie diese selbst vereitelt hat.

Nicht tragfähig ist die vom Beklagten vertretene Auffassung, dass die Klägerin nach der Rechtsfolgenbelehrung in der Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 habe erkennen können, welche konkreten Rechtsfolgen eintreten, wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Konkretheit der Rechtsfolgenbelehrung muss sich nämlich nicht nur auf die Rechtsfolgen beziehen, sondern gerade auch auf die Pflichtverletzung, die zur Sanktion führen kann. Die Rechtsfolgenbelehrung in der Eingliederungsvereinbarung bezog sich nur auf die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten und ist für Pflichten, die in der Eingliederungsvereinbarung nicht aufgeführt sind, ohne rechtliche Relevanz. Die Rechtsfolgenbelehrung dieser Eingliederungsvereinbarung ist für die hier verhängte Sanktion auch dann nicht ausreichend, wenn man sie so verstehen würde, dass sie sich auf das ausdrücklich benannte Gebot erstreckt, jegliche Veränderung der wirtschaftlichen und privaten Verhältnisse umgehend dem Jobcenter zu melden. Denn nicht die unterlassene Meldung ist hier sanktioniert worden, sondern die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Bei diesen Gegebenheiten erübrigen sich Ausführungen zur Frage, ob die Eingliederungsvereinbarung vom 18.07.2012 überhaupt wirksam zustande gekommen ist.

Allgemeine Hinweise in den Bewilligungsbescheiden, etwa im Bescheid vom 20.11.2012 unter „ergänzende Erläuterungen“ dahingehend, dass Hilfebedürftigen grundsätzlich jede Erwerbstätigkeit zumutbar ist, sind ebenso wenig geeignet, die Warnfunktion einer gemäß § 31 Abs. 1 SGB II erforderlichen konkreten Rechtsfolgenbelehrung zu erfüllen wie Hinweise zu den Pflichten und den Folgen von Pflichtverletzungen in den Merkblättern zum SGB II, die Leistungsberechtigte regelmäßig im Antragsverfahren erhalten.

Nach Maßgabe des § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der seit 01.04.2011 geltenden Fassung reicht die Kenntnis des Leistungsberechtigten über die Rechtsfolgen aus. Eine entsprechende Kenntnis ist zur Überzeugung des Senats nicht bewiesen. Es fehlen konkrete Anhaltspunkte für eine entsprechende positive Kenntnis der Klägerin. Die Beweislast für den Nachweis der Kenntnis trägt der Beklagte.

Das die gegenteilige Auffassung vertretende Sozialgericht kann sich nicht auf entsprechende Tatsachen stützen. Zwar mag es sein, dass die Klägerin aufgrund des langjährigen Leistungsbezugs und der Hinweise in den jeweiligen Bewilligungsbescheiden ihre Pflicht kannte, eine ausgeübte Beschäftigung nicht aufzugeben. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass sie wusste, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit A sanktionsbewehrt gemäß § 31 SGB II ist. Der Senat hält es für möglich, dass der Klägerin nach Bekanntwerden des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses mit A rechtliche Konsequenzen in Form eines auf die vergangenen Jahre bezogenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheids bewusst waren, aber nicht unbedingt die Möglichkeit einer Sanktion bei Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses.

Als Rechtsgrundlage für die Sanktion vom 29.01.2013 kommen auch nicht § 31 Abs. 2 Nr. 1 SGB II oder § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Betracht. Danach ist eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auch anzunehmen, wenn sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen (Nr. 1) oder wenn sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen (Nr. 2). § 31 Abs. 2 Nr. 1 SGB II greift nicht, weil nur eine unmittelbar zur Vermögensverminderung führende Handlung ausreichen würde (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 20/09 R, Rn. 23). Bei der hier vorliegenden Kündigung eines (geringfügigen) Beschäftigungsverhältnisses liegt eine nur indirekte Handlung vor. Der Tatbestand gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe) ist ebenfalls nicht gegeben, weil das abverlangte Verhalten bereits in § 31 Abs. 1 SGB II geregelt ist und eine Beziehung der Klägerin zum Rechtskreis des SGB III nicht vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 20/09 R, Rn. 18, 25 f.).

Der Beklagte wird wegen der Aufhebung des Bescheids vom 29.01.2013 den die Leistungen der Bedarfsgemeinschaft endgültig festsetzenden Bescheid vom 13.06.2013 auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X anzupassen haben. Die den streitgegenständlichen Zeitraum betreffenden Leistungsbewilligungsbescheide des Beklagten sind bei der hier vorliegenden isolierten Anfechtung des Bescheids vom 29.01.2013 nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

Weiter wird der Beklagte zu prüfen haben, ob ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II besteht, weil die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit A ohne wichtigen Grund gekündigt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage des Streitgegenstands bei Sanktionen liegt nicht vor, weil diese Rechtsprechung zu dem bis 31.03.2011 geltenden und hier nicht anwendbaren Recht ergangen ist.

Tatbestand

Streitig ist eine Sanktion, die eine Minderung des Auszahlungsanspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld II um 60 Prozent des Regelbedarfs für die Monate Dezember 2011, Januar und Februar 2012 feststellt.

Der 1959 geborene alleinstehende Kläger bezieht seit Oktober 2009 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. Er ist von Beruf Anlagenmechaniker. Der Kläger bewohnt eine Zweizimmerwohnung, für die er im strittigen Zeitraum eine Bruttowarmmiete von monatlich 381,99 Euro zahlte. Nach einem Hinweis des Beklagten vom 18.09.2009, dass die Aufwendungen für seine Wohnung die Angemessenheitsgrenze übersteigen würden, wurden für die Wohnung ab 01.04.2010 monatlich nur noch 280,20 Euro als Bedarf anerkannt.

Mit Sanktionsbescheid vom 24.08.2011, bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2011, stellte der Beklagte die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II um 30% des Regelbedarfs für die Zeit von 01.09.2011 bis 30.11.2011 fest. Dagegen erhob der Kläger erfolglos Klage und Berufung, die mit Urteil 30.01.2014, Az. L 7 AS 84/13, zurückgewiesen wurden.

Mit Bescheid vom 07.09.2011 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.10.2011 bis 31.03.2012 bewilligt. Für die Monate Dezember 2011 bis März 2012 wurden 644,20 Euro monatlich bewilligt. Gegen diesen Bewilligungsbescheid erhob der Kläger wegen der vorangegangenen Sanktion Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2011 zurückgewiesen wurde. Der weitere Widerspruch in Zusammenhang mit dem Sanktionsbetrag sei unzulässig. Die Feststellung der Sanktion sei bereits mit Bescheid vom 24.08.2011 erfolgt.

Mit Vermittlungsvorschlag vom 08.09.2011 wurde dem Kläger eine Stelle bei einem Zeitarbeitsunternehmen VP (künftig Stellenanbieter) als Helfer im Metallbereich angeboten. Arbeitsort sei B-Stadt (14 km zum Wohnort A-Stadt). Der Kläger wurde in diesem Schreiben aufgefordert, sich umgehend schriftlich, per E-Mail oder persönlich mit Lebenslauf und Zeugnissen zu bewerben. Beigefügt war eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach bei einer Weigerung, die angebotene Arbeit aufzunehmen, oder der Verhinderung der Aufnahme der Arbeit durch negatives Bewerberverhalten das Arbeitslosengeld II um einen Betrag von 60% des Regelbedarfs für drei Monate abgesenkt werde, wenn kein wichtiger Grund für die Weigerung nachgewiesen werde.

Der Stellenanbieter teilte mit, dass der Kläger sich nicht beworben habe. Der Kläger wurde zur beabsichtigten Sanktion schriftlich angehört. In seiner schriftlichen Rückantwort vom 15.10.2011 teilte der Kläger nur mit, dass die Arbeitsstelle nicht erreichbar gewesen sei.

Mit Bescheid vom 03.11.2011 stellte der Beklagte die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II um 60% des Regelbedarfs (monatlich 218,40 Euro) für die Zeit von 01.12.2011 bis 29.02.2012 fest. Der Einwand, dass die Arbeitsstelle ohne Pkw nicht erreichbar sei, sei kein wichtiger Grund für die Nichtbewerbung. Dem Kläger sei zuvor vom Beklagten angeboten worden, bei Arbeitsaufnahme den Erwerb eines Pkw zu fördern. Zugleich wurden Lebensmittelgutscheine als ergänzende Sachleistungen gewährt. Ein Bescheid zur Änderung der bisherigen Bewilligung ist nicht ersichtlich.

Aus zwei Beratungsvermerken in der Akte ergibt sich, dass dem Kläger vor dem streitigen Stellenangebot die Fördermöglichkeit für einen Pkw bei einer Einstellungszusage dargelegt wurde.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 08.11.2011 Widerspruch. Er habe am 13.09.2011 persönlich mit Herrn T. des Stellenanbieters gesprochen und die Auskunft erhalten, dass der Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar sei. Beim letzten Besprechungstermin beim Beklagten am 08.09.2011 sei ihm die Förderung eines Pkw nicht angeboten worden. Allerdings sei ihm damals noch nicht bekannt gewesen, dass er für diese Arbeitsstelle einen Pkw benötigen würde.

Der Stellenanbieter teilte dem Beklagten dagegen mit, dass Herr T. mit dem Kläger nicht gesprochen habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2011 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.11.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe eine wiederholte gleichartige Pflichtverletzung begangen. Er habe sich nicht ordnungsgemäß auf einen zumutbaren Vermittlungsvorschlag hin beworben und damit seine Anstellung im Ansatz verhindert. Die Sanktion beruhe auf § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Ein wichtiger Grund liege nicht vor. Selbst wenn der nicht nachgewiesene Telefonanruf bei dem Stellenanbieter erfolgt sein sollte, wäre dies keine ausreichende Bewerbung wie im Vermittlungsvorschlag vorgegeben. Der Arbeitgeber habe Zugriff auf die Telefonnummer des Bewerbers gehabt und erfolglos bei ihm angerufen.

Der Kläger erhob am 02.12.2011 Klage zum Sozialgericht Landshut. Es liege keine Pflichtverletzung vor. Ihm sei erstmals im Sanktionsbescheid vom 03.11.2011 die Fördermöglichkeit für einen Pkw eröffnet worden. Es handle sich nicht um eine wiederholte Pflichtverletzung. Das Verfahren zur vorhergehenden Sanktion sei noch offen. Er habe laut Vermittlungsvorschlag beim Stellenanbieter angerufen, um einen Vorstellungstermin zu vereinbaren. Daraus habe sich eine telefonische Bewerbung entwickelt. So habe er erfahren, dass die Stelle ohne Pkw nicht erreichbar gewesen sei. Eine telefonische Bewerbung sei einer schriftlichen Bewerbung gleichzusetzen.

In der mündlichen Verhandlung am 12.09.2012 wurde eine Mitarbeiterin des Stellenanbieters als Zeugin vernommen. Die bestätigte anhand handschriftlicher Notizen des Stellenanbieters, dass der Kläger sich nicht - auch nicht telefonisch - beim Stellenanbieter gemeldet habe und der Stellenanbieter erfolglos versucht habe mit dem Kläger telefonisch Kontakt aufzunehmen. Der Kläger habe sich erst am 23.01.2012 persönlich beim Stellenanbieter gemeldet. Das Fehlen eines Pkw sei kein grundsätzliches Hindernis für eine Einstellung gewesen. Im Übrigen wird auf das Protokoll Seite 62 der Akte des Sozialgerichts verwiesen.

Mit Urteil vom 23.10.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Statthaft sei eine isolierte Anfechtungsklage. Die Klage sei unbegründet, weil die Absenkung §§ 31 ff SGB II entspreche. Der Kläger habe ausweislich der vorliegenden Akten und der Aussage der Zeugin die Anbahnung einer zumutbaren Arbeit durch sein Verhalten verhindert, § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Der Kläger habe sich nicht aktiv um ein Vorstellungsgespräch beim Stellenanbieter bemüht. Dies habe der Kläger auch im Klageverfahren nicht bestritten. Die angebotene Arbeit sei zumutbar im Sinne von § 10 SGB II gewesen. Das Vorhandensein eines Pkw sei laut Stellenangebot keine Voraussetzung gewesen. Überdies habe die Zeugin bestätigt, dass auch Angebote vorhanden gewesen wären, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar gewesen wären. Außerdem habe der Kläger von der Fördermöglichkeit für einen Pkw bei Arbeitsaufnahme durch den Beklagten gewusst. Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers bestehe nicht. Die Rechtsfolgenbelehrung entspreche den Vorgaben des BSG. Es handle sich auch um eine wiederholte Pflichtverletzung aufgrund der zuvor verfügten Absenkung um 30% der Regelleistung (Bescheid vom 24.08.2011). Auf die Bestandskraft des vorherigen Sanktionsbescheids komme es nicht an.

Das Urteil wurde dem Kläger am 08.11.2012 zugestellt.

Der Kläger hat am 06.12.2012 Nichtzulassungsbeschwerde zum BayLSG eingelegt. Die Berufung ist mit Beschluss vom 18.02.2013 zugelassen worden. Der Kläger hat die Berufung nicht begründet.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.10.2012 und den Sanktionsbescheid vom 03.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit von 01.12.2011 bis 29.02.2012 Arbeitslosengeld II ohne Sanktion zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Berufungsgerichts verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist - nach deren Zulassung - zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Sanktion dem Gesetz entspricht.

1. Streitgegenstand ist allein der Sanktionsbescheid vom 03.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2011 (isolierter Streitgegenstand Sanktion). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der ab 01.04.2011 geltenden Regelungen, dem Willen des Gesetzgebers, der Parallelität zum tatsächlichen Verwaltungshandeln und der fehlenden Notwendigkeit eines anderen rechtlichen Modells. Statthaft ist die reine Anfechtungsklage, § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG.

a) Mit Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 60/07 R, hat das BSG entsprechend der damaligen Rechtslage dargelegt, dass ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II in der bis 31.03.2011 gültigen Fassung (a. F.) keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann. Die Bestandskraft der Dauerbewilligung musste durch einen Aufhebungsbescheid durchbrochen werden. Eine zuvor erfolgte Bewilligung wurde durch eine Sanktion gemäß § 48 Abs. 1 SGB X nachträglich geändert. (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 30/09 R, Rn. 14). Weil § 48 SGB X nicht voraussetzt, dass die bisherige Bewilligung rechtmäßig war, war auch bei einer rechtmäßigen Sanktion zu prüfen, ob dem Betroffenen aus einem anderen Grund höhere Leistungen zustehen (BSG, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 13) - bis zur Obergrenze der bisherigen Bewilligung.

Soweit die Bewilligung wegen der Sanktion von vornherein nur in abgesenktem Umfang erfolgte, war der nachfolgende Bewilligungsbescheid in das laufende Verfahren einzubeziehen und der Leistungsanspruch für die betreffenden Monate im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage nach Grund und Höhe vollständig zu überprüfen (z. B. im Urteil des BSG vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 16).

b) Gemäß der Neufassung der § 31b und § 39 Nr. 1 SGB II hat sich nach Auffassung des Senats zum 01.04.2011 die Rechtslage geändert (nach § 77 Abs. 12 SGB II ist der Zeitpunkt der Pflichtverletzung maßgeblich). Nunmehr ist ein Sanktionsbescheid ein isolierter Streitgegenstand. Statthaft ist daher ausschließlich die isolierte Anfechtungsklage in deren Rahmen nur die Rechtmäßigkeit der Sanktion geprüft wird. Systematisch stellt sich dies als Spezialregelung dar.

aa) Für den isolierten Streitgegenstand spricht zunächst der Wortlaut von § 31b SGB II.

Gemäß § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, die die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. Der Gesetzgeber unterscheidet damit bewusst zwischen Auszahlungsanspruch und Leistungsanspruch. Dies war in der bisherigen Gesetzesfassung (§ 31 Abs. 6 SGB II a. F.) nicht der Fall.

bb) Diese Absicht des Gesetzgebers wird durch die Änderung von § 39 Nr. 1 SGB II bestätigt.

Nach der alten Fassung war ein Verwaltungsakt sofort vollziehbar, der „Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ... herabsetzt“. Damit war die Sanktion mit dem Leistungsanspruch verknüpft.

Nach der neuen Fassung ist ein Verwaltungsakt sofort vollziehbar, der „die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt“. Es wird also auch hier zwischen Auszahlungsanspruch und Leistungsanspruch unterschieden.

Angesichts dieser zu § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II parallelen Regelung kann nicht von einer sprachlichen Ungenauigkeit oder einem Versehen des Gesetzgebers ausgegangen werden.

cc) Auch die Gesetzesbegründung (BTDrs. 17/3404, Seite 112 oder BRat-Drucks. 661/10 Seite 182) spricht für die hier vertretene Auffassung. Dort führt der Gesetzgeber aus:

„Zu § 31b In Absatz 1 werden die bisherigen Regelungen zu Beginn und Dauer der Sanktionen zusammengefasst. Um klarzustellen, dass sich der Auszahlungsanspruch der Betroffenen bei pflichtwidrigem Verhalten kraft Gesetzes mindert, wird der Wortlaut teilweise angepasst.“

Es ist zwar nicht so, dass sich der Auszahlungsanspruch kraft Gesetzes mindert. Wegen § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II muss der feststellende Verwaltungsakt zugehen, um den Zeitraum der Minderung festzulegen. Diese Gesetzesbegründung zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber die Sanktion als isolierte Regelung verstanden wissen will. Diesem Anliegen entsprechend hat er den o. g. Wortlaut gewählt. Für die Annahme, der Gesetzgeber hätte den Wortlaut ohne Regelungsabsicht verändert, spricht nichts.

dd) Mit der Neufassung hat der Gesetzgeber auch erreicht, dass die Sanktion der tatsächlichen Verwaltungspraxis und dem Empfängerhorizont entspricht.

Im Falle der Sanktion wird - zumindest innerhalb einer laufenden Bewilligung - nicht die bisherige Bewilligung infrage gestellt oder überprüft. Es wurde und wird allein von der bisherigen Bewilligung ausgegangen und diese um den Sanktionsbetrag vermindert. Dies entspricht auch dem Empfängerhorizont. Der Betroffene ficht die Sanktion an, weil er sie für rechtswidrig hält. Hat er Einwände gegen die bisherige Bewilligung, hat er dies schon zuvor durch Anfechtung dieser Bewilligung geltend gemacht.

ee) Die Regelung des Gesetzgebers ist auch verfahrensrechtlich umsetzbar:

Die Höhe des Leistungsanspruchs ergibt sich aus den vor oder nach der Sanktion erfolgten oder erfolgenden Bewilligungsbescheiden. Diese weisen den Leistungsanspruch aus. Soweit in einem nachfolgenden Bescheid auf die Sanktion hingewiesen wird, handelt es sich bzgl. der Sanktion nur um eine wiederholende Verfügung ohne erneute Sachprüfung.

Der Sanktionsbescheid stellt gemäß § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II ausschließlich die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung des Auszahlungsanspruchs fest. Der Regelungsgehalt des Sanktionsbescheids erschöpft sich also in der Festlegung, wann und in welcher Höhe der anderweitig festgelegte Leistungsanspruch vermindert wird. Der Sanktionsbescheid bestimmt nicht den Umfang des Leistungsanspruchs. Der Regelungsgehalt des Sanktionsbescheids ist gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt.

Die auszuzahlende Leistung (Auszahlungsanspruch) ergibt sich durch schlichten Vergleich der Bewilligung (Leistungsanspruch) und der festgestellten Sanktion.

Sofern die Sanktion rechtswidrig ist und vom Gericht aufgehoben wird, lebt der unverminderte Leistungsanspruch von selbst auf.

Sofern in einer Übergangszeit- etwa aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BSG - die bisherige Bewilligung gemäß § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben wurde oder die nachfolgende Bewilligung wegen der Sanktion geringer festgesetzt wurde, ist dies durch einen nachfolgenden Bescheid zu korrigieren (durch Änderungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II oder durch Ausführungsbescheid zur gerichtlichen Sanktionsaufhebung).

ff) Soweit einzelne Landessozialgerichte in Beschlussverfahren an dem bisherigen Streitgegenstand festgehalten haben, ist den Beschlüssen eine Auseinandersetzung mit der Rechtsänderung nicht zu entnehmen (z. B. LSG NS-Bremen, Beschluss vom 17.06.2013, L 7 AS 332/13 B ER und LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2013, L 19 AS 1688/12 B).

Auch soweit in der Literatur an dem bisherigen Streitgegenstand festgehalten wird (etwa Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 7 und 8 und Valgolio in Hauck/Noftz, § 31b Rn. 2) kann das nicht überzeugen. Dass im SGB II zwischen Leistungs- und Auszahlungsanspruch nicht unterschieden wird, trifft nach der Gesetzesänderung so gerade nicht mehr zu ...

In der Literatur sprechen sich demgemäß für den isolierten Streitgegenstand der Sanktion Groth u. a., Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, Rn. 421; M. Mayer in Oestreicher, SGB II /SGB XII, Loseblatt, § 39 SGB II Rn. 42 und Lauterbach in Gagel SGB II, § 31b Rn. 2 aus.

2. Die Sanktion selbst entspricht § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 31 a Abs. 1 Satz 1, § 31b Abs. 1 SGB II und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Insoweit wird die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen und gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen.

Ergänzend anzumerken ist, dass der Kläger keinerlei eigene Aktivitäten entfaltet hat, um sich zu bewerben. Er hat nicht einmal auf einen der Anrufe des potentiellen Arbeitgebers reagiert. Dies ist ein Verhalten, das die Anbahnung einer zumutbaren Arbeit verhindert. Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass der Beklagte vor Übersendung des Vermittlungsvorschlags die Förderung eines Pkw im Falle einer Einstellungszusage in Aussicht gestellt hatte. Dass der Kläger sich 23.01.2012 beim Stellenanbieter persönlich gemeldet hat, hat mit der im Vermittlungsvorschlag vom 08.09.2011 geforderten umgehenden Bewerbung nichts zu tun. Zu dieser Zeit war bereits das Klageverfahren rechtshängig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wurde zugelassen, weil es zu der Frage, welchen Streitgegenstand die Sanktion nach der Neuregelung zum 01.01.2011 hat, noch keine Rechtsprechung des BSG gibt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in einem möglichen Hauptsacheverfahren, weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 76,40 EUR für die Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.08.2013, in Höhe von 114,60 EUR für die Zeit vom 01.11.2013 bis zum 30.11.2013, in Höhe von 114,60 EUR für die Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.12.2013 und in Höhe von 114,60 EUR für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2014 auszuzahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.