Sozialgericht Dessau-Roßlau Urteil, 25. Okt. 2013 - S 1 R 136/10

ECLI:ECLI:DE:SGDESSA:2013:1025.S1R136.10.0A
bei uns veröffentlicht am25.10.2013

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf 787,44 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen, der im Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008 ehrenamtlicher Bürgermeister der Klägerin war.

2

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gemeinde im Landkreis A.-Z., die bis 2009 Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft R. war. Der am ... 1937 geborene Beigeladene, der seit dem 60. Lebensjahr Altersrente bezieht, war im Prüfzeitraum 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008 – wie auch bereits zuvor - für die Klägerin als ehrenamtlicher Bürgermeister tätig. Für diese Tätigkeit erhielt er eine monatliche Aufwandentschädigung von 819,00 Euro.

3

Nach einer am 14. Oktober 2009 durchgeführten Betriebsprüfung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Oktober 2009 fest, dass der Beigeladene seit der Wiederwahl ab 1. Juli 2008 als abhängig Beschäftigter anzusehen sei. In seinem Amt habe er über Repräsentationsaufgaben hinaus dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben ausgeübt und hierfür eine pauschale Aufwandsentschädigung erhalten. Nach Abzug des Freibetrages von einem Drittel ergebe sich ein monatlicher Verdienst von 546,00 Euro, für den die Klägerin die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung einschließlich Säumniszuschlägen i.H.v. insgesamt 787,44 Euro zu tragen habe. In der Arbeitslosenversicherung bestünde dagegen nach § 27 Abs. 3 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) keine Versicherungspflicht. Den gegen den Bescheid am 10. November 2009 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2010 zurück.

4

Mit der am 23. März 2010 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die angefochtenen Bescheide seien bereits wegen fehlender Anhörung formell rechtswidrig. Die Bescheide seien auch materiell rechtswidrig, da der Beigeladene entsprechend der Hauptsatzung lediglich repräsentative Aufgaben für die Klägerin wahrgenommen habe. Sämtliche bei der Klägerin angefallenen Verwaltungsaufgaben seien auf die Verwaltungsgemeinschaft übertragen und von dieser erledigt worden. Damit sei der Beigeladene nicht von Weisungen der Klägerin abhängig gewesen.

5

Die Klägerin beantragt,

6

den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2010 aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

10

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16. November 2011 förmlich die Anhörung nachgeholt. In der Sache seien die angefochtenen Bescheide insbesondere unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zu beanstanden, da der Beigeladene entsprechend der Hauptsatzung der Klägerin neben Repräsentations- auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen habe.

11

Das Gericht hat nach Durchführung eines Erörterungstermins eine schriftliche Stellungnahme des Beigeladenen eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 12. August 2013 erklärt, er habe lediglich Repräsentationsaufgaben wahrgenommen, wie die Überbringung von Glückwünschen bei älteren Bürgern oder bei Geschäftseröffnungen und die Teilnahme an Vereinsveranstaltungen. Alle Verwaltungsaufgaben seien durch die Verwaltung erledigt worden. Die Umsetzung der durch den Stadtrat erfolgten Beschlüsse sei nur durch die Verwaltung erfolgt. Er als ehrenamtlicher Bürgermeister habe keine Befugnis gehabt, in die Verwaltung einzugreifen. Weisungen Dritter sei er nicht unterworfen gewesen. Personen, wie z. B. Schreibkräfte, seien ihm nicht unterstellt gewesen.

12

Die Beteiligten haben sich schriftlich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 20. August 2013 und der Beklagten vom 3. September 2013, Schreiben des Beigeladenen vom 17. Oktober 2013).

13

Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die Kammer konnte den Rechtsstreit mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG-).

15

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

16

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Prüfungskompetenz nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene bei der Klägerin im Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008 abhängig beschäftigt war.

17

Die angefochtenen Bescheide sind nicht wegen unterbliebener Anhörung rechtswidrig. Denn die Beklagte hat mit Schreiben vom 16. November 2011 die Anhörung im Gerichtsverfahren zulässigerweise nachgeholt (§ 41 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X).

18

Gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in der seit 01.07.1977 geltenden Fassung ist "Beschäftigung" die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Am Kern dieser Regelung änderten sich durch die zunächst mit Wirkung ab 01.01.1998 vorgenommenen Ergänzungen (§ 7 Abs. 1a und 1b) und die folgenden Ergänzungen nichts. Eine weitere Änderung wurde, allerdings erst mit Wirkung ab 01.01.1999, durch Gesetz vom 19.12.1997 (BGBl. I S. 3843) eingeführt, in dem namentlich ein als Vermutung formulierter - mittlerweile wieder gestrichener - Tatbestand hinzugefügt und damit als Auslegungsregel bestimmt wurde, dass (gem. § 7 Abs. 4 SGB IV) bei Personen (außer bestimmten Handelsvertretern), die erwerbsmäßig tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, für Beschäftigte typische Arbeitsleistungen erbringen, insbesondere Weisungen des Auftraggebers unterliegen, und in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert sind oder nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auftreten, vermutet wird, dass sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, wenn mindestens zwei der genannten Merkmale vorliegen. Mittels einer zusätzlichen, durch Artikel 1 Nr. 1a des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl. I 2000 S. 2), ebenfalls ab 01.01.1999 geltenden Änderung, wurden in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV als "Anhaltspunkte für eine Beschäftigung"..."eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers" aufgenommen.

19

Nach der Begründung zum Entwurf eines SGB IV stellt die Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB IV klar, dass eine Beschäftigung dann vorliegt, wenn eine Arbeit unselbständig, d. h. mit dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers ausgeübt wird. Darüber hinaus bestimmt sie, dass eine Beschäftigung stets dann anzunehmen ist, wenn nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis besteht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen worden ist oder ob es sich um ein so genanntes faktisches Arbeitsverhältnis handelt. Wie nach bisherigem Recht (d.h. vor dem SGB IV) ist jedoch das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Beschäftigungsverhältnis nicht vollkommen identisch; eine Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung kann auch bei arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten vorliegen (vgl. zu diesen Grundsätzen Urteil des BSG vom 10.08.2000 in SozR 3-2400, § 7 SGB IV Nr. 15).

20

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, welcher sich auch die Kammer zur Auslegung der Definition des § 7 Abs. 1 SGB IV anschließt, setzt eine Beschäftigung vor allem voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies ist der Fall bei einer Betätigung in einem fremden Betrieb, wenn der Betroffene in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Insgesamt kann von einer Beschäftigung stets gesprochen werden, wenn der Arbeitende in einem Arbeitsorganismus tätig werden oder wenigstens "funktionsgerecht dienen" muss (etwa als leitender Mitarbeiter bei Diensten höherer Art, vgl. Urteil des BSG vom 25.01.2001, SV 2100 S. 329). Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSGE 51 S. 164, 167) zeigt sich die persönliche Abhängigkeit an der Einordnung in das auf Rechnung eines anderen gehenden, mithin fremden Unternehmens, wobei z.B. zur Beurteilung des Weisungsrechts die tatsächliche Qualität der rechtlichen Beziehungen bei objektiver Betrachtung maßgebend ist. In einem Arbeitsverhältnis steht, wer seine Arbeitskraft aus freier Entschließung berufsmäßig in den Dienst eines anderen stellt, sie also in unselbständiger Stellung und in wirtschaftlicher Abhängigkeit verwertet. Hierbei ist die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse und die Art der Tätigkeit entscheidend (vgl. BSGE 8 S. 278, 282; 24 S. 29). Zu den typischen Merkmalen abhängiger Beschäftigung gehört überdies in der Regel die Verpflichtung, seine Arbeitsleistung persönlich zu erbringen (BSG SozR Nr. 27 und Nr. 36 zu § 165 RVO), wenngleich es Beschäftigungsverhältnisse gibt, bei denen es nicht unbedingt auf die persönliche Arbeitsleistung ankommt, sondern eine Vertretung durch Dritte möglich und sogar üblich ist.

21

Demgegenüber ist derjenige selbständig erwerbstätig, bei dem objektive Merkmale fremdbestimmter Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verrichtungen fehlen. Die selbständige Tätigkeit wird vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. Urteil des BSG vom 17.05.2001, B 12 KR 34/00 R). In seiner Entscheidung vom 28.01.1999 (BSGE 83 S. 246 ff.) hat das Bundessozialgericht ferner betont, dass ein Arbeitsverhältnis (nur) dann anzunehmen sei, wenn die betroffenen Personen innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens ihre Arbeitsleistung verfügbar halten müssten. Selbständig Erwerbstätige unterscheiden sich von den Beschäftigten insbesondere dadurch, dass sie ein unternehmerisches Risiko tragen, indem sie eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes einsetzen und der Erfolg des Einsatzes ihrer Kapitalien oder sonstiger sächlicher oder persönlicher Mittel ungewiss ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13) und dadurch, dass sie in der Regel über eigene Betriebsstätten verfügen, wo sie über den Einsatz der eigenen Arbeitskraft und sonstiger Produktionsmittel frei entscheiden, also ihre Tätigkeit nach ihren Bedürfnissen gestalten können (BSGE 45 S. 199). Als weiteres Indiz für die Bewertung einer Tätigkeit kommt in Betracht, ob in dem jeweiligen Tätigkeitsbereich ein Beschäftigungsverhältnis oder der Abschluss eines Vertrages über eine selbständige Dienstleistung allgemein üblich und sachlich berechtigt ist (BSG SozR 2200 § 165 Nr. 36). Zwar ist die Versicherungspflicht ausschließlich nach Sozialversicherungsrecht ohne rechtliche Bindung an die Verwaltungsakte der Finanzbehörden und die Entscheidung der Finanzgerichte zu beurteilen (vgl. Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 1, Stand Dezember 2004, § 7 SGB IV, RdNr. 79, unter Hinweis auf BSG-Rechtsprechung) und der Sozialversicherungsträger oder das Gericht der Sozialgerichtsbarkeit ist nicht der selbständigen Prüfung im Einzelfall enthoben, ob ein Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Dennoch stellt die steuerrechtliche Behandlung einen wichtigen Anhaltspunkt für die versicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit dar (vgl. z.B. BSG SozR Nr. 8 und 34 zu § 165 RVO), indem Lohnsteuerpflicht für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses spricht, während eine Veranlagung zur Einkommenssteuer- und Gewerbesteuerpflicht auf eine selbständige Tätigkeit hindeutet.

22

Zur vorl. Problematik hat das BSG entschieden, dass Träger eines Ehrenamtes im kommunalen Bereich grundsätzlich in einer abhängigen Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV stehen, wenn sie über Repräsentationsfunktionen hinaus (auch) dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten (vgl. zuletzt - auch zur Rechtsprechungsentwicklung - Urteil des BSG vom 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 RdNr. 15, mwN). Weder deren - kommunalrechtliche - Rechtsstellung als Organ oder Mitglied eines Organs einer (Gebiets)Körperschaft des öffentlichen Rechts noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall schließen danach die Annahme einer versicherungspflichtigen und beitragspflichtigen Beschäftigung aus. Ist der ehrenamtlich Tätige (außerdem) in ein Ehrenbeamtenverhältnis berufen, steht auch dieser - beamtenrechtliche - Status der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen. Denn auch der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende (Berufs)Beamte ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinne Beschäftigter und deswegen in der Sozialversicherung dem Grunde nach versicherungspflichtig (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22.2.1996, 12 RK 6/95, BSGE 78, 34, 35 = SozR 3-2940 § 2 Nr. 5 S 25 f). Ob der Aufgabenbereich des ehrenamtlich Tätigen durch die weisungsgebundene Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben geprägt ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamts in der Kommunalverfassung des jeweiligen Bundeslandes zu beurteilen (BSG, Urteil vom 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R, aaO, und vom 22.2.1996, B 12 RK 6/95; Urteil vom 27. Januar 2010, B 12 KR 3/09 R; Juris; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17. Mai 2010 – L 3 R 18/10 B ER-; Juris).

23

Im vorliegenden Fall überwiegen nach den Gesamtumständen die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen sprechenden Merkmale.

24

Eine Weisungsunterworfenheit des Beigeladenen ergibt sich bereits aus der Regelung des § 44 Abs. 4 Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt (GO LSA) über die Stellung des Gemeinderats als Vorgesetzter des ehrenamtlichen Bürgermeisters. Die Kammer geht zudem davon aus, dass eine verwaltende Tätigkeit von dem Beigeladenen auch tatsächlich ausgeübt wurde. Die dem entgegenstehende Behauptung des Beigeladenen, mit der er vorträgt, er habe lediglich Repräsentationsaufgaben, jedoch keinerlei Verwaltungsaufgaben wahrgenommen, hält die Kammer bereits im Hinblick auf die gesetzlichen Grundlagen für wenig glaubhaft.

25

Die Klägerin wird durch ihren ehrenamtlichen Bürgermeister vertreten, soweit diese Aufgabe nicht auf die Verwaltungsgemeinschaft übertragen ist (§ 51 Abs. 2 GO LSA). Hinzuweisen ist darauf, dass die Klägerin z.B. im vorliegenden Verfahren durch ihren jetzigen ehrenamtlichen Bürgermeister vertreten wird. Der Bürgermeister hat auf Verlangen den Gemeinderat zu unterrichten und Fragen binnen einer angemessenen Frist zu beantworten (§ 44 Abs. 5 und 6 GO LSA). Er hat den Gemeinderat einzuberufen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 GO LSA), Beschlüsse des Gemeinderats vorzubereiten und gesetzeswidrigen Beschlüssen zu widersprechen (§ 62 Abs. 1 und 3 GO LSA). Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen, soweit sie nicht gerichtlich oder notariell beurkundet werden, der handschriftlichen Unterzeichnung durch den Bürgermeister (§ 70 Abs. 1 Satz 2 GO LSA). Die von dem Beigeladenen unterzeichnete Hauptsatzung der Klägerin vom 28. November 2001 sowie die von ihm unterzeichneten Änderungssatzungen vom 15. Juli 2002, 10. September 2004 und 9. Dezember 2004 sind Beispiele dafür, dass der Beigeladene auch diese Aufgaben wahrgenommen hat. § 6 der Hauptsatzung der Klägerin vom 28. November 2001 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 10. September 2004 sieht darüber hinaus ausdrücklich vor, dass der Bürgermeister in eigener Verantwortung die Geschäfte der laufenden Verwaltung erledigt. Hierzu gehören die regelmäßig wiederkehrenden Geschäfte, die nach bereits festgelegten Grundsätzen entschieden werden und keine wesentliche Bedeutung haben oder im Einzelfall einen Vermögenswert von 2.500,00 Euro nicht übersteigen. Gem. § 3 der Hauptsatzung ist der ehrenamtliche Bürgermeister Vorsitzender des Stadtrats, der nach § 4 zur Erfüllung seiner Aufgaben die dort genannten ständigen Ausschüsse bildet, wobei der ehrenamtliche Bürgermeister jeweils Vorsitzender der Ausschüsse war. Auf das zeitliche Verhältnis von repräsentativen Aufgaben und verwaltenden Aufgaben im Prüfzeitraum kommt es nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 12/05 R - a.a.O.). Andernfalls wäre ein fortlaufender Wechsel zwischen Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit möglich, wobei der jeweilige Status von äußeren Umständen abhinge. Ein Amtsinhaber, der nicht über eine andere versicherungspflichtige Beschäftigung verfügt, wäre durch eine solche Handhabung weitgehend schutzlos gestellt.

26

Der Beigeladene hat in der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2008 auch gegen Entgelt gearbeitet, da die ihm gezahlte Aufwandsentschädigung den tatsächlichen Aufwand überstieg. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 GO LSA kann ehrenamtlich Tätigen eine angemessene Aufwandsentschädigung nach Maßgabe einer Satzung gewährt werden. Mit der Gewährung einer Aufwandsentschädigung ist der Anspruch auf Ersatz von Auslagen mit Ausnahme der Kosten für Dienstreisen außerhalb des Dienst- und Wohnortes sowie der zusätzlichen Kosten für die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen abgegolten (a.a.O. Satz 2). Daneben erfolgt eine Reisekostenvergütung nach den für Landesbeamte geltenden Vorschriften (s. hierzu a.a.O. Satz 3 und 4). Die Klägerin hat betont, dass die wesentlichen Verwaltungsaufgaben durch die Verwaltungsgemeinschaft ausgeübt werden, so dass die Pauschale in Höhe von 819,00 Euro - unter Berücksichtigung einer ergänzenden Erstattung von Reisekosten - den tatsächlichen Aufwand des ehrenamtlichen Bürgermeisters regelmäßig übersteigt. Die Aufwandsentschädigung wurde zudem von dem Finanzamt als steuerpflichtiges Einkommen des Beigeladenen bewertet.

27

Die Kammer sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist zur weiteren Begründung auf die ausführliche und zutreffende Darstellung seitens der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden (§ 136 Abs. 3 SGG).

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO).

29

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und war in Höhe der streitbefangenen Forderung festzusetzen (§ 52 Abs. 3 GKG).


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 136


(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

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Bundessozialgericht Urteil, 27. Jan. 2010 - B 12 KR 3/09 R

bei uns veröffentlicht am 27.01.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 2. in seiner Tätigkeit als gewählter stellvertretender Landrat eines Landkreises in Bayern der Versi

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(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 2. in seiner Tätigkeit als gewählter stellvertretender Landrat eines Landkreises in Bayern der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung unterlag, und über eine Beitragsnachforderung.

2

Der Beigeladene zu 2. war Erster Bürgermeister der Gemeinde M. und insoweit Beamter auf Zeit. Daneben übte er nach den Vorgaben der Landkreisordnung für den Freistaat Bayern und der Geschäftsordnung des Kreistages für den Landkreis Bamberg das (Ehren)Amt des (vom Kreistag aus seiner Mitte) gewählten Stellvertreters des Landrats des klagenden Landkreises Bamberg aus. Als solcher war er Ehrenbeamter des Landkreises und erhielt von diesem auf der Grundlage des bayerischen Gesetzes über kommunale Wahlbeamte nach dem Maß seiner besonderen Inanspruchnahme eine monatliche Entschädigung. Diese betrug ab 1.1.2000 1.574,66 DM im Monat und wurde zuletzt am 1.7.2003 auf 1.126,40 Euro im Monat erhöht.

3

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei dem Kläger stellte der beklagte Rentenversicherungsträger mit Bescheid vom 15.9.2004 ua fest, dass der Beigeladene zu 2. in der Zeit vom 1.1.2000 bis zum 31.12.2003 (Prüfzeitraum) als stellvertretender Landrat bei dem Kläger beschäftigt und in dieser Beschäftigung in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig gewesen sei, und forderte für diesen Beiträge in Höhe von insgesamt 10.555,98 Euro nach. Auf den Widerspruch des Klägers hob die Beklagte diesen Bescheid mit Bescheid vom 11.3.2005 im Umfang der von ihr getroffenen Feststellung zur Rentenversicherungspflicht und der Rentenversicherungsbeiträge auf und reduzierte ihre Beitragsnachforderung für den Beigeladenen zu 2. auf 2.663,23 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.5.2005 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen, also soweit er die Arbeitslosenversicherung betraf, zurück.

4

Der Kläger hat Klage mit dem Antrag erhoben, unter Abänderung der angefochtenen Bescheide festzustellen, dass der Beigeladene zu 2. in der streitigen Zeit nicht versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung gewesen sei. Mit Urteil vom 7.2.2007 hat das Sozialgericht (SG) der Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) ua die Bundesagentur für Arbeit beigeladen (Beigeladene zu 1.). Mit Urteil vom 25.11.2008 hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beigeladene zu 2. sei in seiner Tätigkeit als vom Kreistag gewählter Stellvertreter des Landrats in der Arbeitslosenversicherung nicht versicherungs- und beitragspflichtig gewesen. Für ihn habe vielmehr Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III bestanden. Zwar benenne diese Vorschrift nur ehrenamtliche Bürgermeister und ehrenamtliche Beigeordnete. In Bayern gehöre zu diesem Personenkreis jedoch auch der stellvertretende Landrat. Dieser sei Beigeordneten in den Kommunalverfassungen anderer Bundesländer gleichzusetzen bzw entspreche ihnen mit der Folge, dass § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III über seinen Wortlaut hinaus auf diesen anzuwenden sei. Im Übrigen habe seine Tätigkeit nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift und hätten aufgrund eines politischen Wahlamtes ehrenamtlich Beschäftigte nach dem Willen des Gesetzgebers in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei bleiben sollen. Mit der Einfügung der Nummer 4 in § 27 Abs 3 SGB III habe der Gesetzgeber verhindern wollen, dass aufgrund eines solchen Wahlamtes ehrenamtlich Tätige Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen der Arbeitslosenversicherung erhielten, weil die Arbeitslosenversicherung der besonderen Art dieser Beschäftigung nach seiner Bewertung nicht gerecht werden könne.

5

Die Beigeladene zu 1. hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung von § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III. Nach der anlässlich der Einfügung dieser Bestimmung gegebenen amtlichen Begründung habe Versicherungsfreiheit nur für ehrenamtliche Bürgermeister und Beigeordnete in kleineren und mittleren Gemeinden angeordnet werden sollen, nicht jedoch für ehrenamtlich Tätige auf Kreisebene. Auch entspreche die rechtliche Stellung des Beigeladenen zu 2. als stellvertretender Landrat in Bayern im Hinblick auf seinen Aufgabenbereich nicht derjenigen eines Beigeordneten in anderen Bundesländern. Eine analoge Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III auf den Beigeladenen zu 2. komme mangels Regelungslücke nicht in Betracht und sei auch aus Billigkeitsgründen nicht geboten.

6

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

 das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25.11.2008 - L 5 KR 151/07 - sowie das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 7.2.2007 - S 6 KR 5019/05 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

 die Revision der Beigeladenen zu 1. zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Berufungsurteil für zutreffend. Es gehe nicht um eine Analogie, sondern um die richtige Auslegung des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III. Stellvertretende Landräte in Bayern seien in den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift einzubeziehen, weil der Gesetzgeber allgemein die nicht allzu hohen Aufwandspauschalen ehrenamtlich Tätiger nicht noch mit Sozialversicherungsabgaben habe belasten wollen.

9

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2. und 3. haben keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen zu 1. ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen. Soweit er angefochten ist, ist der Bescheid der Beklagten vom 15.9.2004 in der Gestalt ihres Änderungsbescheides vom 11.3.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2005 rechtswidrig. Der Beigeladene zu 2. unterlag in der streitigen Zeit in seiner Tätigkeit als gewählter Stellvertreter des Landrats des klagenden Landkreises Bamberg nicht der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht) in der Arbeitslosenversicherung (ArblV). Zwar war er dem Grunde nach versicherungspflichtig, jedoch nach § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III in dieser Tätigkeit versicherungsfrei.

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1. Gegenstand des Verfahrens war der Bescheid der Beklagten vom 15.9.2004 über die Feststellung von Versicherungspflicht und die Nachforderung von Beiträgen nur, soweit es den Beigeladenen zu 2. und darüber hinaus den Zeitraum vom 1.1.2000 bis zum 31.12.2003 betrifft. Nachdem die Beklagte im Widerspruchsverfahren diesen Bescheid im Umfang ihrer Feststellungen zur Rentenversicherungspflicht und der Nachforderung von Rentenversicherungsbeiträgen aufgehoben hat, war auch nur (noch) für den Bereich der ArblV zu entscheiden.

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2. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 2. als stellvertretender Landrat des Klägers begründete in der Zeit von 1.1.2000 bis zum 31.12.2003 grundsätzlich Versicherungspflicht (und Beitragspflicht) in der ArblV (dazu a). Der Beigeladene zu 2. war jedoch nach § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III in dieser ausnahmsweise versicherungsfrei (und beitragsfrei) (dazu b). Im Rahmen der Betriebsprüfung war die Beklagte als Rentenversicherungsträger gemäß § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV befugt, über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Recht der Arbeitsförderung durch Verwaltungsakt gegenüber dem Kläger als Arbeitgeber des Beigeladenen zu 2. zu entscheiden.

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a) In den Jahren 2000 bis 2003, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der ArblV nach § 25 Abs 1 SGB III(ab 1.1.2002: § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungs- und Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV.

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Der Senat hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Leistungsrecht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Träger eines Ehrenamtes im kommunalen Bereich grundsätzlich in einer abhängigen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV stehen, wenn sie über Repräsentationsfunktionen hinaus (auch) dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten(vgl zuletzt - auch zur Rechtsprechungsentwicklung - Urteil des Senats vom 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 15, mwN). Weder deren - kommunalrechtliche - Rechtsstellung als Organ oder Mitglied eines Organs einer (Gebiets)Körperschaft des öffentlichen Rechts noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall schließen danach die Annahme einer versicherungspflichtigen und beitragspflichtigen Beschäftigung aus. Ist der ehrenamtlich Tätige (außerdem) in ein Ehrenbeamtenverhältnis berufen, steht auch dieser - beamtenrechtliche - Status der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen. Denn auch der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende (Berufs)Beamte ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinne Beschäftigter und deswegen in der Sozialversicherung wie in der ArblV dem Grunde nach versicherungspflichtig (vgl etwa Urteil des Senats vom 22.2.1996, 12 RK 6/95, BSGE 78, 34, 35 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 25 f) . Ob der Aufgabenbereich des ehrenamtlich Tätigen durch die weisungsgebundene Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben geprägt ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamts in der Kommunalverfassung des jeweiligen Bundeslandes zu beurteilen (vgl Urteil des Senats vom 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R, aaO, und vom 22.2.1996, 12 RK 6/95, aaO) .

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Dieses zugrunde gelegt, bestehen gegen die vom LSG vorgenommene Beurteilung der von dem Beigeladenen zu 2. ausgeübten ehrenamtlichen Tätigkeit eines stellvertretenden Landrats eines Landkreises in Bayern als abhängige Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV keine durchgreifenden Bedenken. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage des von ihm festgestellten und damit grundsätzlich bindenden Inhalts der nicht revisiblen Vorschriften der Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (dort Art 33, 34) und seiner Feststellungen zu den vom Kreistag (nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung) übertragenen Angelegenheiten davon ausgegangen ist, dass der Beigeladene zu 2. im Vertretungsfall (vgl Art 33 Satz 3) wie der Landrat selbst (vgl Art 34) in erheblichem Umfang mit weisungsgebundenen Verwaltungsaufgaben befasst war, die seiner ehrenamtlichen Tätigkeit das Gepräge gaben. Erkennbar wird diese Beurteilung des LSG von den Beteiligten, vor allem auch von dem Kläger, nicht in Frage gestellt.

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b) Der Beigeladene zu 2. war jedoch in dieser Beschäftigung nach § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III in der ArblV versicherungsfrei. Als - vom Kreistag aus seiner Mitte - gewählter Stellvertreter des Landrats des Klägers gehört er zu dem Personenkreis, der in dieser Bestimmung mit dem Begriff "ehrenamtlicher Beigeordneter" bezeichnet ist. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ergibt dies eine Auslegung des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III nach seinem Sinn und Zweck (dazu bb). Diesem weiten Verständnis des Begriffs "ehrenamtlicher Beigeordneter" aufgrund teleologischer Erwägungen steht der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen (dazu aa).

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aa) Zu Recht geht auch die Revision davon aus, dass ein eindeutiger Wortsinn des Begriffs "ehrenamtlicher Beigeordneter" in § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III nicht zu ermitteln ist. Weder findet sich eine gesetzliche Festlegung im Recht der ArblV oder im Sozialversicherungsrecht noch ist ersichtlich, dass § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III für den Bereich der ArblV an eine Definition in anderen Gesetzen anknüpft, die in hinreichendem Maße konturiert wäre. Zwar besteht im Sozialrecht eine grundsätzliche Verpflichtung, solche Begriffe bei der Auslegung und Anwendung sozialrechtlicher Vorschriften zugrunde zu legen, wenn - wie hier - eine spezialgesetzliche Ermächtigung fehlt, von den dahinter stehenden (fach)gesetzlichen Wertungen für das Sozialrecht abzuweichen. Jedoch ist ein abgrenzbarer bzw für die Vornahme von Abgrenzungen geeigneter Begriff des "ehrenamtlichen Beigeordneten" im - hier maßgeblichen - kommunalen Bereich, auf den zugegriffen werden könnte, nicht feststellbar.

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Der Begriff des "ehrenamtlichen Beigeordneten" im kommunalen Bereich ist nicht bundesrechtlich, sondern landesrechtlich, hier durch das Kommunal(verfassungs)recht des jeweiligen Bundeslandes geprägt. Lässt sich jedenfalls als Kennzeichen "ehrenamtlicher Tätigkeit" im Allgemeinen noch herausstellen, dass eine solche nebenberuflich, unbesoldet und in der Regel vorübergehend oder doch zeitlich befristet ausgeübt wird, so können für den Begriff (ehrenamtlicher) "Beigeordneter" gemeinsame prägende Merkmale nicht nachgewiesen werden. Zwar werden Beigeordnete nach dem einschlägigen Sprachgebrauch (des Kommunalrechts) und dem möglichen Wortsinn im weiteren Sinne zur Unterstützung, Entlastung und Vertretung bei der Leitung kommunaler Gebietskörperschaften und/oder ihrer Verbände tätig. Die konkrete Verwendung des Begriffs und die rechtliche Ausgestaltung der Tätigkeit des "Beigeordneten" sind jedoch in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Insoweit handelt es sich um einen (Sammel)Begriff, der in seinem Kern höchst Unterschiedliches zusammenfasst. Beigeordnete konnten bzw können von der kommunalen Volksvertretung gewählt oder aber für ihr Amt bestellt werden, sie können fest bestellt oder (jederzeit) abrufbar, im Übrigen ehrenamtlich oder - nach einer beamtenrechtlichen Ernennung - hauptberuflich als kommunale Zeitbeamte oder nebenberuflich als Ehrenbeamte tätig sein. Sie waren bzw sind nur in der Regel keine eigenständigen Organe der Kommunalverfassung, sondern (lediglich) fachspezifische Ressortvertreter. Ihr Einsatz konnte bzw kann gesetzlich vorgeschrieben oder fakultativ sein. Sie konnten bzw können auf der Gemeindeebene als unterster kommunaler Ebene ebenso wie auf anderen kommunalen Ebenen, etwa derjenigen des Landkreises, Bedeutung erlangen und hier, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, die Bezeichnung "Beigeordneter", aber auch andere Bezeichnungen führen. Infolgedessen greift auch der von der Revision unter Hinweis auf den Wortsinn vorgetragene Einwand nicht durch, dass in § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III jedenfalls mit der Bezugnahme auf den ehrenamtlichen "Bürgermeister" insgesamt nur die Gemeindeebene gemeint, und damit auch lediglich Beigeordnete auf Gemeindeebene erfasst seien.

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bb) Die vom Senat vorgenommene erweiternde Auslegung des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III, wonach auch der Beigeladene zu 2., der nach den Feststellungen des LSG vom Kreistag des Klägers gewählter Stellvertreter des Landrats ist, dem mit "ehrenamtlicher Beigeordneter" umschriebenen Kreis versicherungsfreier Personen zuzuordnen ist, ist indessen unter teleologischen Gesichtspunkten geboten. Im Hinblick auf den mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck, (jedenfalls) aufgrund eines kommunalen Wahlamtes ehrenamtlich ausgeübte Beschäftigungen als in der ArblV versicherungsfrei zu erfassen, ist es konsequent, auch Personen wie den Beigeladenen zu 2. nach Maßgabe dieser Norm von der Versicherungspflicht in der ArblV auszunehmen.

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Bis zur Änderung der Rechtslage durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I S 594) ab 1.4.1997 waren Beschäftigte, darunter auch Personen wie der Beigeladene zu 2., in aller Regel beitragsfrei zur Bundesanstalt für Arbeit, wenn der zeitliche Umfang ihrer Beschäftigung regelmäßig unter 18 Stunden wöchentlich und damit unter der für die Beitragspflicht nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) maßgeblichen Kurzzeitigkeitsgrenze (vgl §§ 102, 169a Abs 1 AFG) lag. Mit dem Entfall der Kurzzeitigkeitsgrenze und der Umstellung auf die Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 SGB IV zunächst - ab 1.4.1997 - in § 169a Abs 1 AFG, sodann - ab 1.1.1998 - in § 27 Abs 2 SGB III wurde die Schwelle für die Versicherungs- und Beitragspflicht in der ArblV deutlich nach unten verschoben. Danach war Versicherungspflicht bereits bei einer Beschäftigungszeit von 15 Stunden wöchentlich bzw bei einem Arbeitsentgelt von regelmäßig mehr als einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (im Jahr 1997: 610 DM in den alten und 520 DM in den neuen Bundesländern) begründet. Mit der Übernahme der Geringfügigkeitsgrenze in die ArblV sollte der soziale Schutz von Teilzeitbeschäftigten, die bisher unterhalb der Kurzzeitigkeitsgrenze, aber mehr als geringfügig beschäftigt waren, verbessert werden (vgl BR-Drucks 550/96 S 158) . Mit Wirkung ab 1.1.1998 wurde § 27 Abs 3 SGB III durch Art 1 Nr 6 Buchst b des Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (1. SGB III-ÄndG) vom 16.12.1997 (BGBl I S 2970) um eine Nummer 4 ergänzt, wonach auch Personen in einer Beschäftigung als ehrenamtlicher Bürgermeister oder ehrenamtlicher Beigeordneter in der ArblV versicherungsfrei sind. Mit dieser, erst während des Gesetzgebungsverfahrens durch den Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss) des Deutschen Bundestages angeregten Änderung sollten Auswirkungen der durch das AFRG eingeführten Versicherungspflicht in der ArblV vermieden werden, die dem besonderen Charakter dieser, von einer politischen Wahl bestimmten Beschäftigungen nicht gerecht würden (vgl Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drucks 13/8994 S 60) . In seiner Stellungnahme hob der Ausschuss die aufgrund der Gemeindeordnungen verschiedener Bundesländer in kleineren und mittleren Gemeinden als ehrenamtlicher Bürgermeister oder ehrenamtlicher Beigeordneter Beschäftigten hervor, die wegen der Entschädigung für das Ehrenamt nunmehr der Versicherungspflicht unterlägen und dadurch - ungewollt - aufgrund ihres politischen Wahlamtes Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen der ArblV erwürben (vgl BT-Drucks 13/8994 S 60) .

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Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung werden von § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III nach seinem Sinn und Zweck - neben ehrenamtlichen Bürgermeistern - nicht nur ehrenamtliche Beigeordnete erfasst, die im jeweiligen Kommunal(verfassungs)recht technisch als solche bezeichnet werden und darüber hinaus auch nur jene, die auf Gemeindeebene beschäftigt sind. Im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen (jedenfalls) aufgrund eines politischen Wahlamtes ehrenamtlich Beschäftigter als Auswirkungen ihrer Einbeziehung in die Versicherungspflicht zu vermeiden, wird von ihr nämlich nicht nur eine Regelung für den Personenkreis ehrenamtlich Beschäftigter im kommunalen Bereich getroffen, der bis zum Entfall der Kurzzeitigkeitsgrenze zum 31.3.1997 in der ArblV beitragsfrei geblieben war. Nach dem Normprogramm des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III fallen unter diese Vorschrift vielmehr (jedenfalls) alle ehrenamtlichen Beschäftigungen, deren Grundlage ein (politisches) Wahlamt und für die infolge der Rechtsänderung nunmehr dem Grunde nach Versicherungspflicht angeordnet ist. Hierzu gehören seitdem im kommunalen Bereich mithin alle gewählten Ehrenamtlichen, die oberhalb der jeweils geltenden Geringfügigkeitsgrenzen beschäftigt sind. Dem eingangs dargestellten Ziel des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III, eine Anspruchsberechtigung in der ArblV insgesamt zu verhindern, steht eine Differenzierung nach Gemeinde- und Kreisebene, wie sie die Revision vornimmt, oder - innerhalb des gemeindlichen Bereichs - nach kleineren und mittleren Gemeinden auf der einen und großen Gemeinden auf der anderen Seite entgegen.

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Gegen diese Auslegung, nach der zu dem mit "ehrenamtlicher Beigeordneter" gekennzeichneten Personenkreis nach dem Sinn und Zweck des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III jedenfalls auch Personen wie der Beigeladene zu 2. gehören, kann nicht eingewandt werden, die - genannten - den Gesetzgeber leitenden "wertenden Gesichtspunkte" hätten in den gesetzlichen Tatbestand der Ausnahmevorschrift keinen Eingang gefunden. Wie bereits dargelegt (siehe oben 2. b) aa), ist ein eindeutiger Wortsinn des in der Vorschrift verwandten Begriffs "ehrenamtlicher Beigeordneter" nicht zu ermitteln. Hinzu kommt, dass der nunmehr in Nummer 4 genannte, in der ArblV versicherungsfreie Personenkreis (zunächst) in einem ganz anderen Zusammenhang Bedeutung erlangt hatte. Er ist dann später - ohne weitere Begründung - als Personenkreis, den es in der ArblV besonders zu behandeln galt, in das Regelungskonzept des § 27 Abs 3 SGB III übernommen worden.

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Die Initiative zur Prüfung, welche Nachteile sich für ehrenamtlich Tätige, insbesondere ehrenamtliche Bürgermeister und Beigeordnete, mit der Einführung der Versicherungspflicht in der ArblV und damit der Erweiterung ihrer Beitragspflicht durch das AFRG ergaben und ob und gegebenenfalls wie diese beseitigt werden konnten, geht auf eine Stellungnahme des Bundesrates (vgl BR-Drucks 604/97 S 3) zu dem Fraktionsentwurf des 1. SGB III-ÄndG (vgl BT-Drucks 13/8012; textidentisch mit dem Regierungsentwurf, BT-Drucks 13/8653) zurück. Darin hatte der Bundesrat eine Aufhebung der in § 150 Abs 2 Nr 3 SGB III geregelten Befristung der Gewährung von Teilarbeitslosengeld auf sechs Monate empfohlen, weil diese Schlechterstellung "auch ehrenamtlich Tätige mit einer mehr als geringfügigen steuerpflichtigen Aufwandsentschädigung" treffe. Zuvor hatte der Ausschuss für Innere Angelegenheiten des Bundesrates diesem die Feststellung nahegelegt (vgl Niederschrift Nr 37/97 der 727. Sitzung am 11./12.9.1997 S 46 f) , dass "die Erweiterung der Beitragspflicht … durch das AFRG zu nicht unerheblichen Nachteilen für Personen führen kann, die ein Ehrenamt ausüben". Alle ehrenamtlich Tätigen, deren steuerpflichtige Aufwandsentschädigung über dem Betrag von 610/520 DM liege, verlören ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe aus der Hauptbeschäftigung, wenn sie das Ehrenamt während der Arbeitslosigkeit weiter ausübten. Der Anspruch auf Teilarbeitslosengeld, der nur für sechs Monate gelte, könne diesen Verlust nicht auffangen. Besonders betroffen davon seien zum Beispiel ehrenamtlich tätige Bürgermeister und Beigeordnete. Daher könne die Regelung dem ehrenamtlichen Engagement erheblichen Schaden zufügen. Der Ausschuss hatte die Aufnahme einer Ausnahme in Anlehnung an § 118 Abs 3 Satz 2 SGB III (in der seinerzeit geltenden Fassung) empfohlen. In ihrer Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates hatte die Bundesregierung dem auf Aufhebung der Begrenzung des Teilarbeitslosengeldes gerichteten Vorschlag des Bundesrates nicht zugestimmt; stattdessen war von ihr eine (neue) Prüfung der mit der Rechtsänderung durch das AFRG verbundenen Nachteile "insbesondere für ehrenamtliche Bürgermeister und Beigeordnete" zugesagt worden (vgl BT-Drucks 13/8794 S 3). Der ursprüngliche Vorschlag einer Verbesserung im Leistungsrecht für "ehrenamtliche Bürgermeister" und "ehrenamtliche Beigeordnete" bei Arbeitslosigkeit in der Hauptbeschäftigung ist später - in abgewandelter Form - mit der Neufassung des Absatzes 2 des § 118 SGB III zum 1.1.1998 wieder aufgegriffen worden. Außerdem ist diese Änderung - wie bereits erörtert (siehe oben 2. b) bb) - auf Anregung des 11. Ausschusses des Deutschen Bundestages durch die Herausnahme dieses Personenkreises aus der dem Grunde nach bestehenden Versicherungspflicht in der ArblV, also durch eine Änderung im Mitgliedschaftsrecht, ergänzt worden.

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Standen ursprünglich die Folgen der Arbeitslosigkeit in der Hauptbeschäftigung ehrenamtlich Tätiger im Vordergrund sowie das Ziel, dem ehrenamtlichen Engagement durch die Versagung von Entgeltersatzleistungen keinen erheblichen Schaden zuzufügen, so ist für diesen Personenkreis später die gesetzliche Anordnung von Versicherungsfreiheit in der ArblV hinzugetreten mit dem Ziel, ihm den Zugang zu Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit in der ehrenamtlichen Tätigkeit zu versperren, weil die ArblV dem besonderen Charakter dieser, von einer politischen Wahl bestimmten Beschäftigung nicht gerecht werde (vgl BT-Drucks 13/8994 S 60) . Wird aber - wie hier - bei einer Auswechslung/einem Austausch oder einer Veränderung des gesetzessystematischen Zusammenhangs der Adressatenkreis, der Gegenstand des ursprünglichen Regelungskonzepts war, ohne weitere Begründung als Adressatenkreis in ein anderes Regelungskonzept übernommen, so lassen sich dem Belege für eine klare Orientierung des Gesetzes in der Frage seines personellen Anwendungsbereichs regelmäßig nicht (mehr) entnehmen. Ein solcher Ablauf im Gesetzgebungsverfahren deutet vielmehr darauf hin, dass der Wahl von Gesetzesbegriffen in einem solchen Fall eine für deren Deutung erforderliche bestimmte Vorstellung des Gesetzgebers nicht (mehr) zugrunde gelegen hat.

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Für das vom Senat gefundene Auslegungsergebnis, wonach Personen wie der Beigeladene zu 2. in die als "ehrenamtliche Beigeordnete" bezeichnete Gruppe Versicherungsfreier einzubeziehen sind, spricht demgegenüber, dass es andernfalls der Landesgesetzgeber in der Hand hätte, über die Verwendung technischer Bezeichnungen für im Rahmen eines kommunalen Wahlamtes ehrenamtlich ausgeübte Beschäftigungen den persönlichen Anwendungsbereich des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III zu bestimmen. Käme es, wie die Revision meint, auf die Bezeichnung "ehrenamtlicher Beigeordneter" in den jeweiligen Kommunalgesetzen an, so könnte der Landesgesetzgeber durch ihre restriktive Verwendung oder durch Nichtverwendung dieser Bezeichnung für entsprechende ehrenamtliche Beschäftigungen, was nach Sinn und Zweck des § 27 Abs 3 Nr 4 SGB III (gerade) nicht gewollt ist, in großem Umfang Versicherungspflicht in der ArblV - und damit für die Zeit nach Beendigung des Ehrenamtes infolge Abwahl oder Fristendes - Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen der ArblV begründen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 und § 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

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Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Gerichtskostengesetz unter Berücksichtigung der von der Beklagten geltend gemachten Beitragsnachforderung festzusetzen.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.