Sozialgericht Augsburg Urteil, 18. Aug. 2015 - S 4 U 75/15

bei uns veröffentlicht am18.08.2015

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 4. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitgegenstand ist, ob der Kläger auf seinem Weg in der Pause zum Raucherzimmer einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der Kläger ist am 1977 geboren. Er ist bei der Firma T. GmbH in G. tätig.

Der Kläger erlitt am 15.09.2013 einen Unfall. Er war während seiner Arbeitspause auf dem Betriebsgelände von der Küche auf dem Weg zur Raucherbude, als ihm ein Gabelstapler über den linken Fuß fuhr. Der Kläger trug Sicherheitsschuhe. Er erlitt dennoch Verletzungen am linken Fuß.

Mit Bescheid vom 04.11.2014 lehnte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ab. Sie begründete dies damit, dass der Kläger in seiner Pause zunächst in der Küche und dann auf dem Weg zur Raucherbude gewesen sei. Der Verzehr von Genussmitteln, insbesondere das Rauchen stelle eine eigenwirtschaftliche, private Tätigkeit dar. Der Kläger sei deshalb zum Unfallzeitpunkt nicht unter den Versicherungsschutz gefallen.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 07.11.2014 Widerspruch ein mit der Begründung, dass er sich in seiner Pause befunden habe und von dem Aufenthaltsraum „Küche“ zum anderen Aufenthaltsraum „Raucherbude“ über die Halle gelaufen sei. Der Weg sei dabei zwingend vorgegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, dass entgegen der Ansicht des Klägers der Weg nicht zwingend vorgegeben sei, sondern sich dadurch ergeben habe, dass der Kläger die Raucherbude (den zweiten Aufenthaltsraum) als Ziel gehabt habe.

Gegen die Entscheidungen der Beklagten richtet sich die Klage des Klägers vom 16.03.2015.

Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung hatte der Kläger auf Nachfrage des Gerichts angegeben, dass er ca. 15 bis 16 Zigaretten pro Tag rauche. Davon entfielen mehr auf seine Freizeit als auf seine Arbeitszeit. Er sei auch in der Lage, völlig ohne das Rauchen einer Zigarette seinen Dienst zu verrichten. Auch konkret am Unfalltag hätte es ihm nichts ausgemacht, keine Zigarette zu rauchen. In der konkreten Pause habe er erst einen Kaffee in der Küche getrunken und dann in den Raucherraum gewollt.

Bereits mit Schreiben vom 22.07.2015 hatte der Kläger vorgetragen, dass es für ihn nicht notwendig gewesen sei zu Rauchen, seine Weiterarbeit wäre auch ohne Raucherpause möglich gewesen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass er in seiner Pause auf dem Weg von der Küche zum Aufenthaltsraum für Raucher versichert gewesen sei und der Unfall deshalb einen Arbeitsunfall darstelle. Denn vom Arbeitgeber sei das Rauchen in den Pausen gestattet und diene wie der Konsum von Speisen und Getränken der Wiederherstellung der Arbeitskraft. Der Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung noch einmal die Rechtsauffassung geäußert, dass es in diesem Fall entscheidend darauf ankäme, dass der Kläger sich in einer vom Arbeitgeber betrieblich angeordneten Pause befand.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 04.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des Klägers vom 15.09.2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte geht davon aus, dass der Kläger auf dem Weg zum Raucherraum nicht versichert gewesen sei, weil das Rauchen als Genussmittelverzehr nur dann vom Versicherungsschutz umfasst werde, wenn dies zur Erhaltung oder zur Wiederherstellung der Arbeitskraft unabweisbar notwendig gewesen sei. Dies sei jedoch beim Kläger nicht der Fall. Das Rauchen stelle also eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit dar, die nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.

Die Klage ist jedoch unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfalls vom 15.09.2013 als Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII). Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind somit nicht rechtswidrig.

Das Gericht folgt der Begründung der streitgegenständlichen Verwaltungsakte der Beklagten und macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen.

Lediglich ergänzend führt das Gericht Folgendes aus:

Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Handlung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. u.a. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 - 209 m.w.N.). Der Gesundheitserstschaden (Primärschaden, Gesundheitsbeeinträchtigung) ist eine den Versicherungsfall begründende Tatbestandsvoraussetzung und daher keine Folge des Arbeitsunfalls (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, BSGE 108, 274 - 289).

Im vorliegenden Fall ist bereits der innere Zusammenhang zu verneinen gewesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG besteht der innere Zusammenhang, wenn das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat. Es muss also eine sachliche Verbindung zwischen der versicherten Tätigkeit (Arbeitsausübung am Arbeitsplatz) und der Tätigkeit im Unfallzeitpunkt bestehen, die es rechtfertigt, das Verhalten im Unfallzeitpunkt der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist folglich wertend zu ermitteln. Von besonderer Bedeutung ist die Handlungstendenz des Versicherten, also der Zweck seines Handelns (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 24/84 -, SozR 2200 § 548 Nr. 70, BSGE 58, 76 - 80; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 -, SozR 2200 § 548 Nr. 84, BSGE 61, 127 - 128; BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2 RU 60/87 -, SozR 2200 § 548 Nr. 92, BSGE 63, 273 - 276; BSG, Urteil vom 5. Mai 1994 - 2 RU 26/93 -, SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; BSG, Urteil vom 19. Januar 1995 - 2 RU 3/94 -, SozR 3-2200 § 548 Nr. 22, Rn. 15; BSG, Urteil vom 19. März 1996 - 2 RU 14/95 -, SozR 3-2200 § 548 Nr. 27; BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 7/12 R -, BSGE (vorgesehen), SozR 4-2700 § 8 Nr. 48, SozR 4-2700 § 2 Nr. 26; BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 4/13 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52).

Wie von der Beklagten in den streitgegenständlichen Verwaltungsakten richtig ausgeführt, übte der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls keine versicherte Tätigkeit aus und befand sich auch nicht auf einem versicherten Weg. Er hatte seine Arbeit für die Pause komplett unterbrochen und sich vom Arbeitsplatz zunächst in den Aufenthaltsraum „Küche“ begeben. Von dort aus war er zum Unfallzeitpunkt nicht wieder zurück auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz sondern zum Raucherzimmer, weil ihm der Sinn nach einer Zigarette stand. Das Rauchen und auch der Weg Richtung Raucherzimmer dienten keinem rein betrieblichen Zweck und nicht einmal auch einem betrieblichen Zweck, so dass die Unterbrechung rein privat motiviert war. Der Konsum der Zigarette - und somit auch der Weg zum Raucherzimmer - waren nicht unabweisbar notwendig für den Erhalt oder die Wiederherstellung der Arbeitskraft des Klägers. Ob der Weg zum Raucherzimmer vorgegeben war, wie von vom Klägervertreter vorgetragen, spielt für die rechtliche Bewertung keine Rolle.

Der Kläger war folglich mit dem Weg zum Raucherzimmer rein eigenwirtschaftlich tätig.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist ein Beschäftigter während einer privaten Tätigkeit - auch auf dem Betriebsgelände - nicht versichert. Allein sich (weiterhin) auf dem Betriebsgelände aufzuhalten und durch eine typische betriebliche Gefahr einen Unfall zu erleiden, genügt nicht für das Wiederaufleben des Versicherungsschutzes. Erforderlich wäre zumindest, dass auf den Beschäftigten eine besondere Betriebsgefahr im räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes einwirkt, ohne dass die private Verrichtung wesentlich zur Bedrohung durch die Betriebsgefahr beigetragen hat (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 19. Januar 1995 - 2 RU 3/94 -, SozR 3-2200 § 548 Nr. 22).

Letzteres ist jedoch beim Kläger nicht der Fall. Der Kläger befand sich in seiner Pause, hatte seinen konkreten Arbeitsplatz verlassen und hatte seine Tätigkeit mehr als nur geringfügig unterbrochen. Es bestand folglich kein räumlich-zeitlicher Zusammenhang mit seinem Arbeitsplatz.

Das Rauchen bzw. der Weg zum Raucherraum ist ebenso wie Essen oder Trinken typischerweise privater Natur und somit grundsätzlich unversichert. Eine Ausnahme besteht, wie bereits erwähnt, ausnahmsweise dann, wenn das Rauchen für die Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitskraft unabweisbar notwendig gewesen ist (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 20. Februar 2001 - B 2 U 6/00 R -, juris). An dieser rechtlichen Wertung ändert sich auch nichts, wenn es sich wie im Fall des Klägers nach dessen Angaben um eine betrieblich angeordnete Pause handelt, die der Kläger frei nutzen kann und auch nicht dadurch, dass der Arbeitgeber das Rauchen nur im entsprechend zugewiesenen Aufenthaltsraum erlaubt.

Für den Kläger war der Konsum der Zigarette - und somit auch der Weg zum Raucherzimmer - nach dessen eigenen Angaben nicht unabweisbar notwendig für den Erhalt oder die Wiederherstellung seiner Arbeitskraft. Denn der Kläger hat auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, dass er seinen Dienst an dem Unfalltag ohne das Rauchen einer Zigarette (weiter) hätte verrichten können.

Der Kläger war folglich zum Unfallzeitpunkt nicht gesetzlich unfallversichert. Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 183, § 193 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

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(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 136


(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Lan

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 05. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R

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Tenor Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt.
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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Nov. 2017 - L 2 U 368/15

bei uns veröffentlicht am 27.11.2017

Tenor I. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.08.2015 und der Bescheid der Beklagten vom 04.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2015 werden aufgehoben. II. Es wird festgestellt, dass der Unfall des Kl

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(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt.

Im Übrigen wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Juni 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (nur noch) darüber, ob weitere Gesundheitsstörungen - ein Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, sowie ein Zustand nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung dieser Vene und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts - als Unfallfolgen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 festzustellen sind.

2

Der Kläger leitete am 10.9.2003 eine Tauchgruppe auf der Insel G. Er betrat mit voller Tauchausrüstung nebst Kamera mit einem Gesamtgewicht von ca 40 bis 60 kg das Wasser. Als dieses mehr als knie-, aber noch nicht hüfttief war, trat er auf einen Stein und knickte um. Eine Rotations-Streckbewegung des rechten Knies erfolgte dabei nicht.

3

Der Durchgangsarzt Dr. K. führte am 13.9.2003 eine durchgangsärztliche Untersuchung durch und diagnostizierte eine Distorsion des rechten Knies (Durchgangsarztbericht vom 16.9.2003). Nach einer weiteren Untersuchung vom 23.9.2003 äußerte Dr. K. den Verdacht auf Innenmeniskusläsion. Es bestehe die Indikation zur Arthroskopie; Aufnahme und Operation wurden für den folgenden Tag vereinbart. Am 24.9.2003 wurde die Arthroskopie durchgeführt, "unter" der Diagnose einer degenerativen Innenmeniskusläsion. Intraoperativ hatte sich keine frische Läsion gefunden. Es lag ein isolierter Lappenriss des Innenmeniskus vor, also ohne Verletzungen der Kniebänder. Es wurde eine Innenmeniskushinterhornresektion durchgeführt. Im Operationsbericht vom 24.9.2003 heißt es, das Hinterhorn selbst habe aufgefaserte Strukturen gezeigt, sodass die klinische Diagnose bestätigt sei.

4

In der Folgezeit trat beim Kläger im rechten Bein eine Teilthrombosierung der Vena saphena parva bei Stammvarikosis mit Insuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans auf. Am 15.10.2003 erfolgte deshalb eine Operation. Hierbei wurden gleichzeitig radikuläre Varizen am linken Unterschenkel operativ entfernt. Am 10.11.2003 wurde der Kläger wegen akuter linksthorakaler Schmerzen und Dyspnoe stationär behandelt, dabei wurde ua eine Lungenembolie bei Oberschenkelthrombose links diagnostiziert.

5

Die Beklagte stellte im Bescheid vom 1.12.2004 als Folgen des Versicherungsfalls des Klägers vom 10.9.2003 eine "folgenlos ausgeheilte Kniedistorsion rechts mit Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit für den Zeitraum 13. bis 27.9.2003" fest. Einen Anspruch auf Rente lehnte sie mangels einer MdE von mindestens 20 vH ebenso ab wie die Anerkennung weiterer Unfallfolgen. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10.3.2005 zurück, in dem sie den Gesundheitserstschaden als banale Distorsion des rechten Knies bezeichnete.

6

Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 6.10.2006 abgewiesen, weil keinerlei Unfallfolgen mehr festzustellen seien. Das LSG hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 15.6.2010 zurückgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003. Hinsichtlich des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion fehle es bereits an der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit dem Unfallereignis. Das Unfallereignis ohne entsprechende Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus sei nicht geeignet gewesen, einen isolierten Lappenriss des Innenmeniskus zu verursachen. Dieses Ereignis habe nur zu einer folgenlos ausheilenden Distorsion des Kniegelenks führen können. Auch der Zustand nach Unterschenkelvenen-Thrombose rechts im Bereich der Vena saphena parva mit operativer Entfernung des thrombotischen Gefäßes und einer Perforansvenenklappeninsuffizienz sei keine (mittelbare) Folge des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003. Dabei hat das LSG offen gelassen, ob diese Gesundheitsstörungen Folgen der arthroskopischen Operation des rechten Kniegelenks sind. Es handele sich nicht um "mittelbare Unfallfolgen" iS von § 8 SGB VII bzw § 11 SGB VII, denn sie seien nicht bei Erkennung oder Behandlung von Folgen des Versicherungsfalls eingetreten. Auf die subjektive Sicht des Klägers, die Arthroskopie am rechten Kniegelenk sei wegen dort bestehender Unfallfolgen erforderlich gewesen, komme es entgegen dem BSG-Urteil vom 24.6.1981 (2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 60 = SozR 2200 § 555 Nr 5) nicht an. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe mangels einer unfallbedingten MdE von mindestens 20 vH nicht.

7

Der Kläger rügt - nach Beschränkung seines Antrags - mit seiner Revision nur noch, dass das LSG von dem Urteil des BSG vom 24.6.1981 (2 RU 87/80, aaO) abgewichen sei und deshalb das Vorliegen von Unfallfolgen zu Unrecht verneint habe. Bereits die irrtümliche Annahme, die Arthroskopie sei wegen der Unfallfolgen durchgeführt worden, sei dafür ausreichend, eine mittelbare Unfallfolge zu bejahen.

8

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Hessischen LSG vom 15. Juni 2010 und das Urteil des SG Gießen vom 6. Oktober 2006 und die Ablehnung von Unfallfolgen im Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei ihm einen Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, einen Zustand nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung der Vena saphena parva rechts und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. September 2003 festzustellen.

9

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers, mit der er ein Recht auf Verletztenrente nicht mehr verfolgt hat, ist unbegründet, soweit er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt. Dieser Zustand ist keine Unfallfolge (im engeren oder im weiteren Sinn) des anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 (hierzu unter 2.). Soweit er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Zustands nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung der Vena saphena parva rechts und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 begehrt, ist seine Revision im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar sind diese Gesundheitsbeeinträchtigungen keine (sog unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, da sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls, die Kniegelenksdistorsion rechts, verursacht wurden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist es dem Senat jedoch nicht möglich, abschließend darüber zu befinden, ob sie aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII als (sog mittelbare) Unfallfolgen im weiteren Sinn festzustellen sind (im Einzelnen unter 3.).

11

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG war zulässig, ebenso die von ihm erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen.

12

Diese sind gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft. Denn der Verletzte kann seinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist, nicht nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage iS des § 54 Abs 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs 1 Nr 3 SGG geltend machen. Er kann wählen, ob er stattdessen sein Begehren mit einer Kombination aus einer Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakt und einer Verpflichtungsklage verfolgen will (vgl zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Arbeitsunfalls BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 29/07 R - Juris RdNr 14; aA BSG vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 - Juris RdNr 13 zur Auslegung eines Antrags auf Verurteilung zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls als Feststellungsklage; vgl zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage für die Feststellung von Unfallfolgen Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 15c, 51. Lfg, V/2011; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 20b).

13

Die Sachentscheidungsvoraussetzungen dieser Klagearten liegen vor. Insbesondere ist der Kläger auch klagebefugt (formell beschwert) iS des § 54 Abs 2 Satz 1 SGG, weil er möglicherweise in seinem Anspruch auf Erlass von Verwaltungsakten, die Unfallfolgen feststellen sollen, verletzt ist.

14

Die Rechtsordnung sieht die vom Kläger als verletzt geltend gemachten Rechte vor, nämlich Rechtsansprüche gegen den Unfallversicherungsträger auf Feststellungen von Unfallfolgen eines Arbeitsunfalls (und ggf einer Berufskrankheit; vgl Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 15b, 51. Lfg, V/2011). Grundsätzlich kann ein Versicherter vom Träger den Erlass feststellender Verwaltungsakte über das Vorliegen eines Versicherungsfalls und ggf der diesem zuzurechnenden Unfallfolgen beanspruchen. Hierzu ist der Unfallversicherungsträger auch iS von § 31 SGB I hinreichend ermächtigt. Feststellbare Unfallfolgen sind solche Gesundheitsschäden, deren wesentliche (Teil-) Ursache der Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls war oder die einem (uU nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind (dazu im Folgenden).

15

Anspruchsgrundlage für einen solchen Feststellungsanspruch eines Versicherten und Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des feststellenden Verwaltungsakts für den Unfallversicherungsträger ist § 102 SGB VII. Nach dieser Vorschrift wird in den Fällen des § 36a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB IV "die Entscheidung über einen Anspruch auf Leistung" schriftlich erlassen. Sie stellt nicht nur das Schriftformerfordernis für die in § 36a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB IV genannten Arten von Entscheidungen auf. Sie enthält zudem ausdrücklich die Erklärung, dass der Unfallversicherungsträger über einen Anspruch auf Leistung selbst "entscheiden" darf. Die Entscheidung eines Unfallversicherungsträgers über das Bestehen/Nichtbestehen oder über Inhalt und Umfang eines Sozialleistungsanspruchs aus dem SGB VII ist aber stets eine hoheitliche (= öffentlich-rechtliche) Maßnahme zur Regelung (dh gemäß § 31 SGB I: auch zur Feststellung eines Rechts) eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (hier: Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung) mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (hier: gegenüber einem Versicherten).

16

Diese Ermächtigungsnorm ist zugleich Anspruchsgrundlage für den Versicherten. Zwar ist § 38 SGB I nicht anwendbar, der speziell materiell-rechtliche Ansprüche auf Sozialleistungen, nicht Ansprüche auf den Erlass von Verwaltungsakten betrifft. § 102 SGB VII begründet aber einen solchen öffentlich-rechtlichen Anspruch, weil er nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen soll, sondern auch dem Interesse eines aus der Norm abgrenzbaren Kreises Privater; diesen Begünstigten verleiht er zudem die Rechtsmacht, vom Hoheitsträger die Befolgung seiner öffentlich-rechtlichen Pflicht rechtlich verlangen zu können (zu diesen Voraussetzungen eines subjektiv-öffentlichen Rechts BVerfGE 27, 297, 307 unter Bezugnahme auf Ottmar Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, 1914, 42 ff, 224; BSGE 97, 63, 70 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1; BVerwGE 107, 215, 220 mwN). § 102 SGB VII soll als den Verwaltungsträger verpflichtende Befugnis auch den Interessen der durch einen Unfall gesundheitsbeschädigten Versicherten an einer raschen und rechtsverbindlichen Klärung dienen. Der Versicherte kann auch Klärung verlangen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, welcher Träger dafür verbandszuständig ist (Aufgabenkreis des Trägers) und welche Gesundheitsschäden dem Versicherungsfall zuzurechnen sind.

17

Ermächtigung und Anspruchsgrundlage erfassen aber nicht nur die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch, sondern ausnahmsweise auch die einzelner Anspruchselemente. Nach der Systematik des SGB VII sind in den Vorschriften, welche die Voraussetzungen der verschiedenen sozialen Rechte auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung regeln, nur die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen einzelnen Arten von Leistungsrechten ausgestaltet. Demgegenüber sind die allgemeinen Rechtsvoraussetzungen, die für alle Leistungsrechte des SGB VII gleichermaßen gelten, nämlich die Regelungen über den Versicherungsfall und die ihm zuzurechnenden Unfallfolgen (§§ 7 bis 13 iVm §§ 2 bis 6 SGB VII), vorab und einheitlich ausgestaltet. Ermächtigung und Anspruch betreffen daher auch die Entscheidung über jene Elemente des Anspruchs, die Grundlagen für jede aktuelle oder spätere Anspruchsentstehung gegen denselben Unfallversicherungsträger aufgrund eines bestimmten Versicherungsfalls sind.

18

Hierzu gehört zuerst der Versicherungsfall. Durch ihn wird ein Gesundheitserstschaden (eine Gesundheitsbeeinträchtigung) einer bestimmten versicherten Tätigkeit und dadurch zum einen dem Versicherten zugerechnet, der (nur) unfallversichert ist, wenn und solange er eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Zum anderen wird der Gesundheitserstschaden einem bestimmten Unfallversicherungsträger zugerechnet, dessen Verbandszuständigkeit für diesen Versicherungsfall und alle gegenwärtig und zukünftig aus ihm entstehenden Rechte dadurch begründet wird. Es entsteht also mit der Erfüllung des Tatbestandes eines Versicherungsfalls ein als Rechtsverhältnis feststellbares Leistungsrechtsverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Träger als Inbegriff aller aus dem Versicherungsfall entstandenen und möglicherweise noch entstehenden Ansprüche (vgl hierzu auch Spellbrink in Schulin , Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 2, Unfallversicherungsrecht, 1996, § 24, S 441 ff).

19

Zweitens gehören zu den abstrakt feststellbaren Anspruchselementen die (sog unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die wesentlich (und deshalb zurechenbar) spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden. Drittens zählen hierzu auch die (sog mittelbaren) Unfallfolgen im weiteren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die nicht wesentlich durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden, aber diesem oder einem (behaupteten) Unfallereignis aufgrund einer besonderen gesetzlichen Zurechnungsnorm zuzurechnen sind.

20

Der Feststellung, ob und welche Gesundheitsstörungen Folgen eines Versicherungsfalls sind, kommt eine über den einzelnen Leistungsanspruch hinausgehende rechtliche Bedeutung für den Träger und den Versicherten zu. Denn trotz unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen im Übrigen setzen, wie bereits ausgeführt, alle Leistungsansprüche nach den §§ 26 ff SGB VII als gemeinsame Tatbestandsmerkmale einen Versicherungsfall(iS der §§ 7 bis 13 SGB VII) und durch ihn verursachte Gesundheitsschäden - bis hin zum Tod des Verletzten - voraus und begründen dafür die Verbandszuständigkeit nur eines bestimmten Trägers der Unfallversicherung.

21

Zugleich werden ggf die Grundlagen und Grenzen eines Haftungsausschlusses nach §§ 104 ff SGB VII festgelegt. Ist der Unfallverletzte (wie im Regelfall) in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, bedarf es auch deshalb einer raschen verbindlichen Klärung des Vorliegens eines Versicherungsfalls und seiner Folgen, weil nach § 11 Abs 5 SGB V ein Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen ausgeschlossen ist, wenn der Leistungsbedarf im Wesentlichen durch eine Unfallfolge (oder eine Berufskrankheitsfolge) verursacht wird.

22

Zudem eröffnet § 55 Abs 1 Nr 3 SGG eine Feststellungsklage, wenn die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist. Zwar kann von der prozessrechtlichen Möglichkeit einer solchen Klage auf gerichtliche Feststellung einer Unfallfolge nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass im materiellen Recht eine Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des Versicherten gegen seinen Unfallversicherungsträger auf behördliche Feststellung einer Unfallfolge existiert. Diese besondere Rechtsschutzform weist aber (wie § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für die Feststellung eines Versicherungsfalls) darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber ein schutzwürdiges Interesse der Versicherten an einer solchen Feststellung anerkennt.

23

Der Tatbestand der Ermächtigungs- und Anspruchsgrundlage des § 102 SGB VII, auf die der Kläger sich somit grundsätzlich berufen kann, setzt voraus, dass der Versicherte einen Versicherungsfall und, soweit die Feststellung von Unfallfolgen begehrt wird, weitere Gesundheitsschäden erlitten hat, die im Wesentlichen durch den Gesundheitserstschaden verursacht oder einem (uU nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind.

24

In einem solchen in der Rechtsordnung vorgesehenen und ihm möglicherweise zustehenden Recht ist der Kläger durch die seine Feststellungsansprüche ablehnenden Entscheidungen der Beklagten möglicherweise verletzt, weil es nach seinem Vorbringen nicht ohne Sachprüfung ausgeschlossen ist, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsschäden Unfallfolgen sind.

25

Das Revisionsgericht hat somit, wie schon die Vorinstanzen, die Befugnis, über die mit der Revision weiter verfolgten Feststellungsansprüche gegen die Beklagte in der Sache zu entscheiden.

26

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge. Denn dieser Zustand ist weder eine (sog unmittelbare) Unfallfolge im engeren Sinne (sogleich unter a), noch eine (sog mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinne, hier aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII (hierzu unter b).

27

a) Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls iS des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des (hier anerkannten) Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", dh aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Da der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls (der Berufskrankheit) ist, muss er grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden. Die Beklagte hat den Erstschaden hier jedenfalls im Widerspruchsbescheid noch hinreichend als banale Distorsion des rechten Kniegelenks bestimmt.

28

Ob ein Gesundheitsschaden (hier: der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts) dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls (hier: der Kniegelenksdistorsion rechts) als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist (sog haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr 12; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17). Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Schritten.

29

Erstens ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine-qua-non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen (und kein Ereignis ist monokausal), die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden.

30

Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. "Wesentlich" (zurechnungsbegründend) ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung des Senats gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl nur BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 15 ff mwN). Darauf ist hier nicht weiter einzugehen, da die Kniegelenksdistorsion rechts schon keine notwendige Bedingung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts war.

31

Es fehlt bereits an einem Kausalzusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zwischen dem bindend anerkannten Erstschaden des Klägers, der Distorsion des Kniegelenks rechts, und dem Innenmeniskusschaden. Der Innenmeniskusschaden selbst war nicht als Gesundheitserstschaden oder als Unfallfolge im engeren Sinne anerkannt worden. Das Unfallereignis vom 10.9.2003, ein Umknicken ohne Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus, war keine Ursache für den Meniskusschaden im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen, bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war das Unfallereignis vom 10.9.2003 keine notwendige Bedingung für den Lappenriss des Innenmeniskushinterhorns des Klägers. Dem zu Grunde lag der vom LSG hinreichend klar festgestellte medizinische Erfahrungssatz, dass ein Umknicken ohne Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus bei einem intakten Meniskus keinen isolierten Lappenriss des Innenmeniskus verursachen kann. Da nicht gerügt und nicht ersichtlich ist, dass das LSG diesen medizinischen Erfahrungssatz nach Verfahren und Inhalt falsch festgestellt hat, besteht kein Rechtsgrund für das Revisionsgericht, das Bestehen und den Inhalt dieses Erfahrungssatzes ohne eine zulässig erhobene Verfahrensrüge selbst von Amts wegen zu prüfen (vgl hierzu auch BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - Juris RdNr 14 f).

32

b) Der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion ist auch nicht aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.9.2003 als (sog mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinn zuzurechnen.

33

Nach § 11 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalles auch solche Gesundheitsschäden (oder der Tod) eines Versicherten, die ua durch die Durchführung einer Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung wesentlich verursacht wurden, welche zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet wurde. Durch diese Vorschrift werden Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht wurden, dem Versicherungsfall "auch" dann zugerechnet, wenn sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls wesentlich verursacht wurden (vgl Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 1, 46. Lfg, III/10; Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, § 11 RdNr 3, 33. Lfg, April 2007). Anders als § 555 Abs 1 RVO setzt § 11 Abs 1 SGB VII nicht mehr voraus, dass bei der Heilbehandlungsmaßnahme etc ein "Unfall" vorliegt, sodass auch Gesundheitsstörungen ohne neues Unfallereignis erfasst werden(vgl nur Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII-Kommentar, § 11 RdNr 9; Stand August 2001). § 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurden. Aber auch diese gesetzliche Zurechnung, die an die Stelle einer fehlenden Zurechnung kraft Wesentlichkeit tritt, setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes des § 11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war.

34

Diese Voraussetzungen sind beim Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion nicht erfüllt. Denn er war - wie ausgeführt - nicht notwendig bedingt durch den Gesundheitserstschaden, der durch das Unfallereignis verursacht worden war. Er ist zudem nicht durch eine Heilbehandlung iS von § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII und nicht durch eine zur Aufklärung des Sachverhalts angeordnete Untersuchung iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII verursacht worden. Denn dieser Zustand ergab sich nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG aus der Operation eines nicht unfallbedingten, sondern degenerativen Gesundheitsschadens, der schon vor der Operation bestand.

35

3. Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung des Zustands nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit deren operativer Entfernung und die Perforansvenenklappeninsuffizienz rechts als Unfallfolgen begehrt, ist die Revision im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

36

a) Zwar sind die vom Kläger geltend gemachten weiteren Erkrankungen keine Unfallfolgen im engeren Sinne, da sie nicht durch den Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls, die Kniegelenksdistorsion rechts, verursacht wurden. Denn diese war nach den Feststellungen des LSG schon keine notwendige Bedingung der degenerativen Innenmeniskushinterhornschädigung, durch deren Behandlung sie denkbarerweise vielleicht verursacht wurden. Unfallfolge im engeren Sinne kann aber nur ein Gesundheitsschaden sein, für den der Gesundheitserstschaden notwendige (und auf der zweiten Stufe dann auch wesentliche) Bedingung war.

37

Der Senat kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend darüber befinden, ob diese Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII als (sog mittelbare) Unfallfolgen im weiteren Sinn dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.9.2003 zuzurechnen und festzustellen sind. Wären diese Gesundheitsschäden wesentlich durch die Erfüllung eines der Tatbestände des § 11 SGB VII verursacht und wären diese ihrerseits (nur) notwendig durch das Unfallereignis, das Umknicken am 10.9.2003, bedingt, so würden sie kraft Gesetzes dem anerkannten Versicherungsfall zugerechnet.

38

Nach den bisherigen Feststellungen des LSG kommen nur die Zurechnungstatbestände (aa) der Durchführung einer zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung (§ 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII) oder (bb) die Durchführung einer Heilbehandlung (§ 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII) in Betracht. Bei beiden Zurechnungstatbeständen kommt es nicht zwingend darauf an, ob ein Versicherungsfall "objektiv" vorlag oder ein Heilbehandlungsanspruch "wirklich" nach materiellem Recht bestand (hierzu unter cc).

39

aa) Die Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII umfasst sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen im engeren Sinn. Dieser Zurechnungstatbestand setzt ausdrücklich nicht voraus, dass überhaupt ein Versicherungsfall objektiv vorliegt. Die Zurechnung erfolgt allein aufgrund der grundsätzlich pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Träger zur Sachverhaltsaufklärung angeordneten (nicht notwendig ärztlichen) Untersuchung. Die durch die Teilnahme wesentlich verursachten Gesundheitsschäden werden letztlich dem Versicherungsträger zugerechnet, der für die Aufklärung des behaupteten Unfallhergangs und zur Entscheidung über das Vorliegen/Nichtvorliegen eines Versicherungsfalls und von Unfallfolgen verbandszuständig ist (vgl hierzu noch im Einzelnen unter 3. b, bb). Es kommt also grundsätzlich nur darauf an, ob eine solche Untersuchung gegenüber dem Versicherten angeordnet wurde und er an ihr teilgenommen sowie wesentlich dadurch Gesundheitsschäden erlitten hat.

40

bb) Die Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII liegt vor, wenn der Träger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme nach den §§ 26 ff SGB VII (nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform) bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur Teilnahme an einer solchen (diagnostischen oder therapeutischen) Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme des Trägers gemäß den Anordnungen der Ärzte und ihres Hilfspersonals teilnimmt. Auch hier beruht die gesetzliche Zurechnung auf der grundsätzlich pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Unfallversicherungsträger (oder diesem zurechenbar) bewilligten oder angesetzten Maßnahme. Insbesondere kommt es rechtlich nicht darauf an, ob die Bewilligung oder Ansetzung der Heilbehandlungsmaßnahme durch den Träger objektiv rechtmäßig war oder ob objektiv ein Anspruch auf (ermessensfehlerfreie Entscheidung <§ 26 Abs 5 Satz 1 SGB VII> über die Bewilligung eines Anspruchs auf diese) Heilbehandlung bestand.

41

Auch insoweit dient die Vorschrift gerade dazu, im Ergebnis die Gleichbehandlung zwischen den Kranken- und Rentenversicherten, die durch ihre Teilnahme an Behandlungen und medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 15a SGB VII sogar eine unfallversicherte Tätigkeit verrichten, und den Unfallversicherten herzustellen, die auf Veranlassung des Unfallversicherungsträgers an unfallversicherungsrechtlichen Sachverhaltsaufklärungs- oder Heilbehandlungsmaßnahmen teilnehmen. Allerdings bestimmt die Zurechnungsvorschrift nicht, dass die Teilnahme an solchen und anderen in § 11 SGB VII genannten Maßnahmen gleichfalls eine versicherte Tätigkeit ist oder ihr gleichsteht. Schon deshalb handelt es sich bei den Fällen des § 11 SGB VII nicht um sog kleine Versicherungsfälle, obwohl die Struktur dieser Zurechnung ihnen ähnlich ist, da sie nicht notwendig einen "ersten" Versicherungsfall voraussetzt.

42

cc) Bei den besonderen Zurechnungstatbeständen kommt es also, entgegen dem LSG, nicht notwendig darauf an, dass objektiv, dh aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters, die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne wirklich vorlagen. Erforderlich ist nur, dass der Träger die Maßnahmen gegenüber dem Versicherten in der Annahme des Vorliegens oder der Aufklärungsbedürftigkeit des Sachverhalts eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne veranlasst hat. In diesem Sinne muss nur das angenommene, behauptete oder gegebene Unfallereignis (bei einer Berufskrankheit: die Einwirkung) notwendige Bedingung der Durchführung der Untersuchungs- oder der Heilbehandlungsmaßnahme gewesen sein.

43

Für die Frage, ob eine derartige Durchführung einer gegenüber dem Versicherten angeordneten Maßnahme vorliegt, an der er grundsätzlich pflichtig teilnehmen muss, kommt es entscheidend darauf an, ob der Träger (durch seine Organe) oder seine Leistungserbringer dem Versicherten den Eindruck vermittelt haben, es solle eine solche Maßnahme des Unfallversicherungsträgers durchgeführt werden, an der er teilnehmen solle. Zwar reicht die bloß irrige Vorstellung des Versicherten, er nehme an einer solchen Maßnahme teil, nicht aus, einen Zurechnungstatbestand zu erfüllen. Das hat im Übrigen der Senat in seiner vom LSG genannten und von der Revision im Wesentlichen angeführten Entscheidung vom 24.6.1981 (2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 60 = SozR 2200 § 555 Nr 5) auch nicht gesagt. Dort ging es ausdrücklich um eine vom Unfallversicherungsträger angeordnete Heilmaßnahme. Anders liegt es jedoch, wenn der Träger oder seine Leistungserbringer für den Versicherten den Anschein (beim Erlass von Verwaltungsakten oder bei der Abgabe von Willenserklärungen auch den Rechtsschein) gesetzt haben, es solle eine solche unfallversicherungsrechtliche Maßnahme durchgeführt werden. Das ist der Fall, wenn ein an Treu und Glauben orientierter Versicherter an der Stelle des konkret Betroffenen die Erklärungen und Verhaltensweisen der auf Seiten des Trägers tätig gewordenen Personen als Aufforderung zur Teilnahme an einer vom Unfallversicherungsträger gewollten Maßnahme verstehen durfte. Es kommt also nicht nur auf die "Innenseite" des Trägers und seiner Hilfskräfte an, sondern maßgeblich auch darauf, was wie gegenüber dem Versicherten verlautbart wurde. Denn dieser ist kein bloßes Objekt hoheitlicher Maßnahmen des Trägers; vielmehr setzt jede "Durchführung" einer Untersuchungs- oder Heilmaßnahme seine mitwirkende Teilnahme voraus.

44

b) Das LSG wird folglich zu ermitteln haben, ob die von Dr. K. am 23.9.2003 veranlasste und am 24.9.2003 durchgeführte Arthroskopie und/oder die anschließende Resektion des Innenmeniskushinterhorns rechts Maßnahmen iS des § 11 Abs 1 Nr 1 oder Nr 3 SGB VII waren. Dabei hat es zwischen der Arthroskopie (aa) und der anschließenden Resektion (bb) zu unterscheiden. Lag objektiv bei beiden ärztlichen Maßnahmen keine Durchführung einer Heilbehandlung und keine Durchführung einer zur Aufklärung des Sachverhalts (oder des Vorliegens einer Unfallfolge) angeordneten Untersuchung vor, so ist zu prüfen, ob der Kläger - nach den soeben unter 3. a) cc) aufgezeigten Kriterien - aufgrund des Verhaltens des Durchgangsarztes nach Treu und Glauben berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die Behandlung/Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 SGB VII durchgeführt wurde und er zur Mitwirkung daran aufgefordert war (hierzu unter c). Läge einer dieser Zurechnungstatbestände vor, so wäre schließlich ggf noch zu entscheiden, ob die Arthroskopie oder die Resektion die weiteren geltend gemachten Gesundheitsschäden (rechtsseitige Thrombosen etc) rechtlich wesentlich (mit-)verursacht haben (unter d).

45

aa) Die Tatsachenfeststellungen des LSG reichen nicht aus, abschließend zu entscheiden, ob die am 24.9.2003 durchgeführte Arthroskopie (zur Resektion sogleich unter bb) eine zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnete Untersuchung iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII war. Sie sind insoweit nicht eindeutig und in sich widersprüchlich. Zudem unterscheidet das LSG nicht zwischen der Arthroskopie und der anschließend durchgeführten Resektion.

46

Nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils des LSG hatte Dr. K. wegen Verdachts auf Innenmeniskusläsion die Indikation zur Arthroskopie gestellt und Aufnahme und "Operation" des Klägers für den folgenden Tag vereinbart. Mit der diagnostischen Arthroskopie könnte der Durchgangsarzt gemäß § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII (der sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen umfasst) eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet haben. Denn Untersuchungen zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls sind nicht nur, aber insbesondere ärztliche Untersuchungen darüber, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Versicherungsfalls vorliegen oder welche gesundheitlichen Folgen dieser hat (vgl BSGE 52, 16, 17), also insbesondere Untersuchungen zur Feststellung, ob ein Gesundheitserstschaden bzw welche Unfallfolgen vorliegen.

47

Die Anordnung muss nicht durch den Unfallversicherungsträger selbst, sondern kann auch durch einen Durchgangsarzt erfolgen (offengelassen in BSGE 52, 16, 17; so Keller in Hauck/ Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 15, 46. Lfg, III/10; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand März 2011, § 11 Anm 10 iVm 12.1; Rapp in LPK-SGB VII, 3. Aufl 2011, § 11 RdNr 9; Wagner in JurisPK-SGB VII, Stand 01/2009, § 11 RdNr 28).

48

Nach § 27 Abs 1 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger(Vertrag gemäß § 34 Abs 3 SGB VII zwischen dem Hauptverband der gewerblichen BGen, dem Bundesverband der landwirtschaftlichen BGen, dem Bundesverband der Unfallkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen in der ab 1.5.2001 geltenden Fassung, HVBG-Info 2001, 755) beurteilt und entscheidet der Durchgangsarzt, ob eine allgemeine Heilbehandlung nach § 10 dieses Vertrags oder eine besondere Heilbehandlung nach § 11 SGB VII erforderlich ist. Er erstattet dem Unfallversicherungsträger unverzüglich den Durchgangsarztbericht gemäß § 27 Abs 2 des Vertrags.

49

Soweit ein Durchgangsarzt in dieser Funktion zur Feststellung von Art und Ausmaß der Gesundheitsstörungen eines Unfallereignisses eine weitere Untersuchung anordnet, ist dies jedenfalls eine Anordnung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII. Soweit er selbst zur Behandlung einer von ihm als unfallbedingt eingeschätzten Gesundheitsbeeinträchtigung ohne weiteren Kontakt mit dem Unfallversicherungsträger tätig wird, kann es sich um die Durchführung einer Heilbehandlung handeln (dazu unten).

50

Insofern kann der Senat jedenfalls zum Zwecke der Prüfung der Zurechnungstatbestände des § 11 SGB VII auch offenlassen, wie die Rechtsbeziehung zwischen dem Durchgangsarzt und dem Unfallversicherungsträger im Einzelnen öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist(vgl nur Pross, Zum Rechtsverhältnis zwischen Durchgangsarzt und Berufsgenossenschaft, 1972; hierzu hat insbesondere die zivilrechtliche Rechtsprechung zum Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB iVm Art 34 GG geklärt, wann der Durchgangsarzt in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelt; vgl BGH, Urteil vom 28.6.1994, VI ZR 153/93 = VersR 1994, 1195; Urteil vom 9.12.2008, VI ZR 277/07 - BGHZ 179, 115 = VersR 2009, 401; BGH, Urteil vom 9.3.2010, VI ZR 131/09 = VersR 2010, 768). Denn das Handeln des Durchgangsarztes im Rahmen der Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände des § 11 SGB VII muss sich der Unfallversicherungsträger grundsätzlich zurechnen lassen.

51

Die hierzu fehlenden Feststellungen sind nicht deshalb unerheblich, weil das LSG in seinem Urteil auch ausgeführt hat, dass die Arthroskopie "unter der Diagnose" einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion durchgeführt worden sei. Weiterhin ging das LSG davon aus, dass die operativen Eingriffe ausschließlich der operativen Heilbehandlung der degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion nach bereits vorbestehender klinischer Diagnostik gedient hätten. Offen blieb hierbei aber, wer zu welchem Zeitpunkt die Diagnose einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion gestellt hat. Unklar bleibt nach den Feststellungen des LSG auch, ob diese Diagnose bereits vor Beginn der Arthroskopie oder der Resektion erfolgt ist.

52

Ferner ist nicht festgestellt oder ersichtlich, dass eine ggf erfolgte Anordnung einer diagnostischen Arthroskopie dem Kläger gegenüber widerrufen worden wäre. Das LSG wird deshalb Dr. K. zu den Umständen und seinen Anordnungen im Rahmen der am 23.9.2003 erfolgten Untersuchung des Klägers zu befragen haben. Maßgebend für das Vorliegen des besonderen Zurechnungstatbestands des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII sind dabei die Anordnungen und sonstigen dem Versicherten gegenüber vorgenommenen Verhaltensweisen des konkret die Operation ankündigenden und durchführenden Dr. K., der durch sein dem Unfallversicherungsträger zurechenbares Handeln den Tatbestand des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII eröffnen kann. Entscheidend ist insoweit die dem Versicherten verdeutlichte ärztliche Handlungstendenz des Durchgangsarztes vor Durchführung der Maßnahme. Die Handlungstendenz muss darauf gerichtet gewesen sein, Unfallfolgen zu erkennen bzw zu behandeln (vgl Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, § 11 RdNr 12, 33. Lfg, April 2007). Die "objektive", nachträgliche Einschätzung eines diagnostischen und therapeutischen Zusammenhangs der Operation mit einem bereits bestehenden degenerativen Schaden durch einen unbeteiligten Arzt (wie sie das LSG durch Dr. A. eingeholt hat), ist in diesem rechtlichen Zusammenhang unbeachtlich.

53

Maßgeblich ist mithin auch, ob und ggf welche Erklärungen Dr. K. über seine Handlungstendenz gegenüber dem Kläger abgegeben hat. Dies wird das LSG noch im Einzelnen durch Befragung des Dr. K. und des Klägers zu ermitteln haben. Hierbei wird das LSG auch zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG erklärt hat, dass die Arthroskopie vom Durchgangsarzt als BG-Heilbehandlung angeordnet worden ist.

54

bb) Der Senat kann ebenso nicht abschließend darüber entscheiden, ob es sich bei der im Zusammenhang mit der Arthroskopie durchgeführten Hinterhornresektion um eine Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII gehandelt hat. Auch hierzu wird das LSG Dr. K. zu befragen haben. Als Durchgangsarzt könnte Dr. K. als Leistungserbringer für den Unfallversicherungsträger gemäß § 26 Abs 5 Satz 1 SGB VII im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung bestimmt und mit der Festlegung der Behandlung den Naturalleistungsanspruch des Klägers konkretisiert haben.

55

Der Durchgangsarzt ist nach § 27 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger(aaO) ermächtigt, mit Wirkung für den Unfallversicherungsträger über die erforderliche Behandlungsmaßnahme zu entscheiden (vgl Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 34 RdNr 7; vgl Benz in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 26 RdNr 50; vgl auch Stähler in JurisPK-SGB VII, § 28 RdNr 14 ff). Dies gilt insbesondere auch für die Einleitung eines sog besonderen Heilverfahrens gemäß §§ 34 Abs 1 Satz 3, 28 Abs 4 SGB VII für Versicherungsfälle, für die wegen ihrer Art oder Schwere besondere unfallmedizinische Behandlung angezeigt ist. Insofern ist hier auch aufzuklären, ob Dr. K. die Resektion dem Kläger (und ggf auch der Beklagten) gegenüber als von der Arthroskopie im Wesentlichen untrennbare Maßnahme der (allgemeinen oder besonderen) berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung dargestellt bzw "bewilligt" hat, ohne den Kläger insofern auf die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu verweisen. Dabei ist auch zu prüfen, ob Dr. K. gegenüber dem Kläger bereits vor der Operation klargestellt hat, dass diese ausschließlich nicht unfallbedingt durchgeführt werde, da die Diagnose eines unfallunabhängigen degenerativen Meniskusschadens gestellt worden sei.

56

Denkbar ist nach den Mitteilungen des LSG schließlich auch, dass Dr. K. dem Kläger gegenüber (vor oder während der Operation) eine unfallbedingte Arthroskopie klar von der anschließenden nicht unfallbedingten Resektion getrennt hat. Eine derartige Trennung könnte ggf die diagnostische Heilbehandlung auf die Arthroskopie beschränkt haben, sodass die Resektion keine Heilmaßnahme gewesen wäre und ggf ausschließlich aus der Resektion folgende Gesundheitsschäden (zu der ggf notwendigen Differenzierung der durch die Arthroskopie und die Resektion wesentlich verursachten Gesundheitsschäden siehe unter d) nicht zugerechnet würden. Wird vom Durchgangsarzt für den Versicherten klar und eindeutig abgrenzbar ein zusätzlicher Eingriff zur Behebung eines - von vornherein als solches bezeichneten - unfallunabhängigen Leidens vorgenommen, so können die aus diesem Eingriff resultierenden Folgen nicht mehr dem ersten Unfallereignis zugeordnet werden (vgl BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 41/90 und BSG vom 5.8.1993 - 2 RU 34/92).

57

c) Das LSG wird auch deshalb eine genaue Ermittlung der Umstände und Anordnungen anlässlich der Untersuchung des Klägers am 23.9.2003 vorzunehmen haben, weil der Kläger - wie bereits ausgeführt - seine Revision im Wesentlichen unter (unzutreffender) Berufung auf ein Urteil des Senats zu § 555 RVO(BSGE 52, 57 = SozR 2200 § 555 Nr 5) darauf stützt, er sei jedenfalls subjektiv der Überzeugung gewesen, die Operation finde im Rahmen einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung statt.

58

§ 11 SGB VII setzt zwar - wie aufgezeigt - nicht notwendig voraus, dass ein Versicherungsfall oder auch nur ein Unfallereignis oder ein unfallbedingter Gesundheitsschaden objektiv vorliegen. Andererseits kann aber die bloß subjektive, irrige Vorstellung, eine Untersuchung oder Behandlung werde im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung angeordnet oder durchgeführt, den spezifischen Zurechnungszusammenhang der Tatbestände des § 11 SGB VII nicht auslösen.

59

Ein Zurechnungstatbestand nach § 11 Abs 1 oder Abs 2 SGB VII kann aber auch dann erfüllt sein, wenn der Leistungsträger oder der insofern ihm rechtlich zuzuordnende Durchgangsarzt (hierzu bereits soeben unter 3. b) bei seinem Handeln den objektivierbaren Anschein oder auch den Rechtsschein gesetzt hat, dass die Behandlung oder Untersuchung zur berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder zur Untersuchung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls (einschließlich einer Unfallfolge) angeordnet werde. Das ist stets der Fall, wenn ein vernünftiger, "billig und gerecht" denkender Versicherter aufgrund des Verhaltens des Unfallversicherungsträgers (bzw seiner Organe) und der Durchgangsärzte davon ausgehen durfte, er sei aufgefordert oder ihn treffe die Obliegenheit gemäß §§ 62, 63 SGB I, an der Maßnahme mitzuwirken (zum Prüfmaßstab bereits oben 3. a, cc).

60

d) Die Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände des § 11 Abs 1 Nr 1 und/oder Nr 3 SGB VII können also gegeben sein, wenn das LSG zu der Feststellung gelangt, dass die Arthroskopie als Untersuchungsmaßnahme gemäß § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII bzw die Resektion als Heilbehandlung gemäß § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII vom Durchgangsarzt der Beklagten zurechenbar angeordnet worden ist. Schließlich können diese Zurechnungstatbestände auch dann vorliegen, wenn die Beklagte (oder der für sie handelnde Durchgangsarzt) dem Kläger als rechtstreuen Versicherten gegenüber den objektivierbaren Anschein oder Rechtsschein gesetzt hat, dass die Untersuchung bzw Operation im Rahmen der unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeit durchgeführt werde.

61

Gelangt das LSG in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren zu der Überzeugung, dass einer dieser Tatbestände des § 11 SGB VII vorliegt, so wird es abschließend festzustellen haben, ob die Durchführung der Heilmaßnahme/Untersuchung die wesentliche Ursache der als Unfallfolgen im weiteren Sinne geltend gemachten Gesundheitsschäden ist. Bislang hat es das LSG - von seiner Rechtsansicht her folgerichtig - unterlassen, festzustellen, ob die geltend gemachten Gesundheitsschäden rechtlich wesentlich (überhaupt und ggf auf welche dieser beiden Maßnahmen) auf die Arthroskopie oder die Resektion zurückzuführen sind. Dabei wird zum einen - je nachdem, welcher Zurechnungstatbestand ggf vorliegt - zu ermitteln sein, ob die Gesundheitsschäden, insbesondere die Thrombose der Vena saphena parva rechts, durch die Arthroskopie oder die Innenmeniskushinterhornresektion (oder durch beide) notwendig verursacht wurden. In diesem Zusammenhang sind ggf auch (im Blick zB auf die Stammvarikosis etc) Feststellungen erforderlich, ob und welche weiteren Gesundheitsstörungen beim Kläger vorliegen, die uU ebenfalls notwendige Ursachen waren. Ggf ist die rechtliche Wesentlichkeit der notwendigen Ursachen zu beurteilen (siehe oben).

62

Das LSG wird in der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Überfalls als Arbeitsunfall.

2

Der Kläger ist angestellter Geschäftsführer des S. e.V. (S. e.V.). Das Unternehmen führt Selbstkontrollen für die Fruchtsaftbranche und für andere Bereiche der Lebensmittelindustrie durch und ist ein Mitgliedsunternehmen der Beklagten.

3

Am 18.6.2008 verließ der Kläger um ca 20.30 Uhr sein Büro in der Geschäftsstelle des S. e.V. in N. Er fuhr zunächst mit seinem Firmenwagen zu seiner Wohnung in einem Ortsteil von M., wo sich sein "home office" befindet, das er für seine betrieblichen Tätigkeiten auch außerhalb der Bürozeiten nutzt. In diesem Büro befand sich ein Dokument, das der Kläger zur Erstellung einer Rede für eine Veranstaltung des Europäischen Dachverbandes seines Arbeitgebers benötigte, die er noch am Abend für eine am folgenden Tag stattfindende Tagung fertigstellen wollte. Um ein Essen einzunehmen, verließ der Kläger seine Wohnung wieder und fuhr in die Innenstadt von M. zum Restaurant Calabria. Dort arbeitete er an der Rede und führte zudem ein dienstliches Telefonat mit einem Mitarbeiter in Mittelamerika. Zwischen 22.15 Uhr und 22.45 Uhr verließ der Kläger das Lokal, um nach Hause zu fahren. Dort wollte er die endgültige Fassung der Rede in seinen Computer eingeben. Er stellte den Firmenwagen auf einem unweit seiner Wohnung gelegenen öffentlichen Parkplatz ab und begab sich zu Fuß auf den letzten Teil seines Nachhausewegs. Auf diesem Weg wurde der Kläger von V. B. überfallen und mit einem Fußtritt an den Kopf zu Fall gebracht. V. B. bemächtigte sich des Autoschlüssels; außerdem nahm er dem Kläger das Mobiltelefon und die Geldbörse weg. Danach floh V. B. mit dem Firmenwagen des Klägers. V. B. wurde durch das Amtsgericht M. zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

4

Mit Schreiben vom 21.10.2008 zeigte der S. e.V. diesen Vorfall als Arbeitsunfall bei der Beklagten an. In dem Bescheid vom 25.2.2009 lehnte die Beklagte die Feststellung des Ereignisses vom 18.6.2008 als Arbeitsunfall ab. Der Kläger habe sich nicht auf einem versicherten Weg nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII befunden. Der allein wesentliche Grund für die Fahrt zu dem Restaurant sei die Nahrungsaufnahme gewesen, während die betriebliche Tätigkeit in dem Restaurant lediglich "nebenbei mit erledigt" worden sei. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8.5.2009 zurückgewiesen.

5

Auf die Klage hat das SG Mainz durch Urteil vom 22.6.2010 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, wegen der Folgen des Überfalls auf den Kläger vom 18.6.2008 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen. Der Kläger sei auf einem versicherten Betriebsweg überfallen worden. Er habe das Restaurant aufgesucht, um seine Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Außerdem habe er dort eine betriebliche Tätigkeit ausgeführt, die er dann zu Hause habe fortsetzen wollen. Dem Kläger habe es freigestanden, seine versicherte Tätigkeit auch an einem anderen Ort als im Firmenbüro oder zu Hause auszuüben. Der konkrete Ort der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit sei für den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung unerheblich.

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG Rheinland-Pfalz nach Vernehmung des Täters V. B. als Zeugen durch Urteil vom 16.1.2012 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung stehe ein abhängig Beschäftigter bei einem Überfall, also einem vorsätzlichen tätlichen Angriff, grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz. Der vorsätzliche tätliche Angriff löse den Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit. Etwas anderes gelte, wenn der Überfall aus betriebsbezogenen Motiven erfolge, was hier nicht der Fall gewesen sei. Die Überzeugung des Senats hiervon gründe sich auf den Inhalt der Strafakte und die Aussage des Täters als Zeuge. Der Täter habe durchgängig angegeben, er habe nicht von vornherein geplant, gerade den Kläger zu überfallen. Jeden anderen hätte er auf die gleiche Weise überfallen. Die Idee sei ihm spontan gekommen, um an ein Auto zu gelangen. Deshalb sei es auch nicht entscheidungserheblich, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben den Autoschlüssel des Firmenwagens habe verteidigen wollen. Ebenso wenig komme es auf die objektive Beschaffenheit eines grundsätzlich versicherten Weges an (Dunkelheit, Verkehrsarmut einer Straße, Abgeschiedenheit eines Parkplatzes oder einer Garage und Uneinsehbarkeit eines Wegs). Soweit der Kläger die Vernehmung des Anstaltspsychologen O. als Zeugen beantragt habe, um zu beweisen, dass der Täter im Rahmen eines Resozialisierungsprogramms in der Justizvollzugsanstalt erklärt habe, er habe dem Kläger aufgelauert und auf ihn gewartet, bevor er ihn überfallen habe, begründe dies - selbst wenn der benannte Zeuge O. dies aussagen würde - keinen Versicherungsschutz des Klägers. Entscheidend für den Versicherungsschutz sei das Vorliegen eines betriebsbezogenen Tatmotivs, das sich aus dem oben genannten Aussageinhalt nicht ergebe. Weitere unmittelbare Zeugen, die über die Motive des Täters Auskunft geben könnten, seien nicht bekannt. Soweit der Kläger die Vermutung geäußert habe, der Täter sei im Auftrag Dritter tätig gewesen, bestünden keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten.

7

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom LSG zugelassenen Revision. Er rügt eine Verletzung des § 8 Abs 1 und Abs 2 Nr 1 und Nr 5 SGB VII sowie des § 103 SGG. Nach den Urteilen des BSG vom 29.5.1962 (2 RU 170/59) und vom 19.3.1996 (2 RU 19/95) bedürfe es keines betriebsbezogenen Motivs des Täters, um den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und versicherter Tätigkeit herzustellen. Der Zusammenhang liege bereits dann vor, wenn der versicherte Weg an die Stelle geführt habe, an der im fraglichen Zeitpunkt eine zur Gewalt entschlossene Person des Versicherten habhaft werden könne. Zudem habe er - der Kläger - den Autoschlüssel des Firmenwagens verteidigt, weshalb das Urteil des LSG auch gegen § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII verstoße. Das LSG habe weiterhin den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Er habe mehrfach vorgetragen und Beweis dafür angeboten, dass er international in der Qualitätskontrolle der Getränkeindustrie tätig und bereits bedroht worden sei. Ein russischer Kollege, mit dem er zusammengearbeitet habe, sei geplant ermordet worden.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 16.1.2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Mainz vom 22.6.2010 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie trägt ergänzend zu dem Urteil vor, dass sie weiterhin an der Rechtsansicht festhalte, bei dem Besuch des Restaurants Calabria habe es sich um eine unversicherte, private Tätigkeit des Klägers gehandelt. Dieser sei an dem fraglichen Tag gegen 20.00 Uhr zunächst nach Hause gefahren und habe dort in seinem home office weiterarbeiten wollen. Allerdings habe er dann festgestellt, dass sein Kühlschrank leer gewesen sei und sei deshalb in ein Restaurant gefahren. Dieser Weg habe allein dem privaten Interesse der Nahrungsaufnahme gedient.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass der Kläger bei dem Überfall durch V. B. am 18.6.2008 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Das LSG hat allerdings offengelassen, ob die konkrete Verrichtung des Klägers - nächtlicher Heimweg zu Fuß nach dem Abstellen des PKW - in den Schutzbereich der Unfallversicherung fiel, weil es der Überzeugung war, der Kläger stünde bei einem solchen Überfall ohnehin nicht unter Versicherungsschutz. Ob dem beizutreten ist, ist zweifelhaft (vgl hierzu das Urteil des Senats vom heutigen Tage - 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R), kann hier jedoch dahinstehen, denn der Kläger war bei seinem Fußweg nach Hause weder iS des § 8 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII noch iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versichert.

12

Ein Arbeitsunfall setzt grundsätzlich voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Diese Verrichtung muss sodann ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 und vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 25 ff). Der Kläger hat hier jedoch bereits keinen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt. Er befand sich auf keinem Betriebsweg (sogleich unter 1.). Auch war der Schutzbereich der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nicht eröffnet (vgl unter 2.). Auch der Versicherungstatbestand des § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII lag nicht vor (unter 3.). Schließlich ist auch nicht festgestellt, dass der Überfall aus rein betrieblicher Motivation erfolgte und (möglicherweise allein deshalb) gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unter Versicherungsschutz gestanden haben könnte (hierzu unter 4.).

13

1. Der Kläger befand sich auf dem nächtlichen Rückweg von dem italienischen Restaurant auf keinem Betriebsweg iS des § 8 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, wovon das SG ausgegangen ist. Ein Betriebsweg unterscheidet sich von anderen Wegen dadurch, dass er im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und nicht - wie Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII - der versicherten Tätigkeit lediglich vorausgeht oder sich ihr anschließt(vgl hierzu BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 16 und vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 20). Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ist die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten, ob also der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl BSG vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 14). Als objektive Umstände, die Rückschlüsse auf die Handlungstendenz zulassen, ist beim Zurücklegen von Wegen insbesondere von Bedeutung, ob und inwieweit Ausgangspunkt, Ziel, Streckenführung und ggf das gewählte Verkehrsmittel durch betriebliche Vorgaben geprägt werden (vgl BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 20).

14

Nach den Feststellungen des LSG telefonierte der Kläger während des Essens geschäftlich mit einem Mitarbeiter in Mittelamerika. Zugleich arbeitete er an einer Rede weiter, die noch an diesem Abend fertiggestellt werden sollte. Andererseits suchte der Kläger das Restaurant gerade auch deshalb auf, um ein Essen zu sich zu nehmen. Bei der Fahrt zu dem Restaurant handelte es sich mithin um eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw mit gemischter Motivationslage (grundlegend BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 23; vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 16; vgl hierzu auch Spellbrink, WzS 2011, 351), denn sie erfolgte sowohl mit privatwirtschaftlicher als auch mit betrieblicher Handlungstendenz. Eine betriebliche, den sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende Handlungstendenz des Beschäftigten liegt vor, wenn er den Willen hat, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen, die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern. Nach den Feststellungen des LSG hatte der Kläger mithin zumindest zwei Ziele. Er wollte Nahrung zu sich nehmen (privatwirtschaftliche Handlungstendenz) und er wollte (gleichsam rund um die Uhr) an der Rede weiterarbeiten (betriebliche Handlungstendenz).

15

Eine solche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - aaO), wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt.

16

Nach den objektiven Umständen steht die Fahrt des Klägers von seiner Wohnung zu dem Restaurant in der Innenstadt von M. in keinem erkennbaren sachlichen Zusammenhang mit der verrichteten Tätigkeit, hier dem Schreiben einer Rede bzw dem Führen eines Telefonats nach Mittelamerika. Der betriebliche Zweck, eine Rede zu erarbeiten bzw ein Telefongespräch zu führen, vermag nach den objektiven Umständen nicht zu erklären, dass die Fahrt zu Hause beginnt und zum Restaurant führt. Vielmehr wurde vorliegend der Zielort - das Restaurant - ausschließlich zu dem Zweck angesteuert, ein Essen einzunehmen. Mithin fand die Fahrt ihren hauptsächlichen Motivationsgrund in dem privaten Bedürfnis des Klägers, Nahrung zu sich zu nehmen. Betriebliche Erfordernisse, die es notwendig gemacht hätten, zum Telefonieren und Erarbeiten einer Rede die Wohnung zu verlassen, sind nicht ersichtlich. Damit hat sich der Kläger nicht auf einem Betriebsweg befunden, weil dieser Weg seinen Grund vorrangig in dem privaten Bedürfnis nach Essen hatte. Würde man als Kontrollüberlegung den Beweggrund, ein Restaurant zur Essensaufnahme aufzusuchen, hinweg denken, so ist kein betrieblicher Grund ersichtlich, der diesen Weg als solchen als betrieblich notwendig erscheinen lässt.

17

Im Übrigen ist auch keiner der eng begrenzten Ausnahmefälle erkennbar, in denen betriebliche Interessen bzw Umstände die Essenseinnahme wesentlich beeinflussten (vgl BSG vom 10.10.2002 - B 2 U 6/02 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 11 S 48 f mwN). Der Senat hat ausnahmsweise den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und einer Nahrungsaufnahme bejaht, wenn die versicherte Tätigkeit ein besonderes Hunger- oder Durstgefühl verursacht hat, der Versicherte sich bei der Mahlzeit infolge betrieblicher Zwänge besonders beeilen musste, er veranlasst war, seine Mahlzeit an einem bestimmten Ort oder in besonderer Form einzunehmen, die Essenseinnahme im Rahmen einer Kur angeordnet war oder dem Kurerfolg dienlich sein sollte oder ganz allgemein, wenn bestimmte betriebliche Umstände den Versicherten zwar nicht zwangen, aber wenigstens veranlassten, seine Mahlzeit an einem bestimmten Ort einzunehmen, betriebliche Umstände die Einnahme des Essens also wesentlich mitbestimmten (vgl zusammenfassend BSG vom 24.2.2000 - B 2 U 20/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 2 mwN; vgl auch BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 8/06 R - UV-Recht Aktuell 2007, 860, Juris RdNr 13). Solche betrieblichen Umstände sind weder festgestellt noch ersichtlich.

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2. Der Fußweg des Klägers nach Abstellen des PKW zu seiner Wohnung stand auch nicht unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII. Danach ist versicherte Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit. Wie schon in der Vorgängervorschrift des § 550 RVO ist in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII als End- bzw Ausgangspunkt des Wegs nur der Ort der Tätigkeit festgelegt. Wo der Weg nach dem Ort der Tätigkeit beginnt und wo der Weg von dem Ort der Tätigkeit endet, ist nicht umschrieben. Begründet wird der Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit damit, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (vgl BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 13 und B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 21).

19

a) Fraglich ist hier bereits, ob der Weg zu dem Restaurant (und wieder zurück) überhaupt seinen Ausgangs- bzw Endpunkt an der "Arbeitsstätte" des Klägers hatte. Denn der Kläger war am Abend des 18.6.2008 bereits von seiner "eigentlichen" Arbeitsstätte, den Büroräumen der S. e.V. um 20.30 Uhr nach Hause gefahren. Nach den Feststellungen des LSG betrieb er zwar in seiner Wohnung ein "home office", das er - so das LSG - "außerhalb der Bürozeiten" für betriebliche Zwecke nutzt. Aufgrund der fehlenden Feststellungen des LSG hierzu ist aber schon rein tatsächlich unklar, ob es sich bei dem "home office" des Klägers lediglich um eine zusätzliche Arbeitsgelegenheit handelt, die der Kläger sich in seinem privaten, unversicherten Lebensbereich eingerichtet hat, um dort außerhalb seiner aus dem Beschäftigungsverhältnis resultierenden Pflichten und "außerhalb der Bürozeiten" Überstunden zu leisten oder zusätzliche Arbeiten zu erbringen. Andererseits könnte es sich bei dem "home office" auch um einen arbeitsvertraglich geregelten Arbeitsort handeln, an dem - etwa auch mit finanzieller Unterstützung und Billigung des Arbeitgebers - die geschuldete Arbeitsleistung erbracht werden soll. Von daher kann nicht entschieden werden, ob die Rechtsauffassung der Beklagten zutrifft, der Kläger habe mit dem Betreten seiner Wohnung bereits den unversicherten Privatbereich erreicht gehabt und der erneute Weg in das Restaurant habe seinen Ausgangspunkt mithin bereits nicht von einem versicherten Ort aus genommen.

20

b) Der Senat hat davon abgesehen, den Rechtsstreit wegen fehlender Feststellungen des LSG zu der Ausgestaltung des Heimarbeitsplatzes an das LSG zurückzuverweisen, denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, es habe sich bei seiner Wohnung (auch) um eine (zusätzliche) Arbeitsstätte gehandelt, die Ausgangs- oder Endpunkt eines versicherten Wegs sein kann, stand jedenfalls der konkret vom Kläger zurückgelegte Weg nicht mehr unter Versicherungsschutz. Dies folgt hier daraus, dass der Kläger lediglich von seinem zweiten, zusätzlichen Arbeitsplatz aus nächtlich auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme unterwegs war. Zwar hat das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Wege zum Ort der Nahrungsaufnahme grundsätzlich versichert sind (vgl BSG vom 2.7.1996 - 2 RU 34/95 - SozR 3-2200 § 550 Nr 15 S 55 mwN). Der Senat hat in seinem Urteil vom 27.4.2010 (B 2 U 23/09 R - UV-Recht Aktuell 2010, 897, Juris RdNr 15) hierzu klargestellt, dass das Zurücklegen eines Wegs durch einen in Vollzeit Beschäftigten in der betrieblichen Mittagspause mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel für die Mittagsmahlzeit zu besorgen oder dort das Mittagessen einzunehmen, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, bereits nach Einführung des (damaligen) § 545a RVO durch das Zweite Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 14.7.1925 (RGBl I 97) in einer Entscheidung des Reichsversicherungsamts vom 18.10.1927 (EuM 21, 281 f) als eine solche regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlung angesehen worden ist, die geeignet ist, die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und ihm damit zu ermöglichen, die betriebliche Tätigkeit fortzusetzen.

21

In seiner Entscheidung vom 2.12.2008 (B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 30) hat der Senat allerdings für diese Unterschutzstellung des Weges zur Nahrungsaufnahme zwei Gründe genannt, die beide im Falle des Klägers gerade nicht vorliegen. Der während einer Arbeitspause zurückgelegte Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz ist nach dieser Rechtsprechung in zweierlei Hinsicht mit der Betriebstätigkeit verknüpft. Zum einen handelt es sich um einen Weg, der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Zum anderen dient die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Gegensatz zur bloßen Vorbereitungshandlung vor der Arbeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden betriebsbezogenen Merkmale, das Handlungsziel und die Betriebsbedingtheit des Wegs, ist der wesentliche innere Zusammenhang zwischen dem Betrieb und einem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg angenommen worden (BSG vom 2.7.1996 - 2 RU 34/95 - SozR 3-2200 § 550 Nr 15 S 55 mwN). An diesen besonderen Beziehungen zur Betriebstätigkeit fehlt es etwa bei einem Einkauf von Lebensmitteln vor Arbeitsantritt. Er ist weder räumlich durch den Betriebsort vorgegeben noch innerhalb eines zeitlichen Rahmens zu erledigen und steht in keinem Zusammenhang mit bereits erbrachter Arbeit (BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - aaO).

22

So lagen die Verhältnisse auch hier. Weder räumlich noch zeitlich unterlag der Kläger hinsichtlich der Nahrungsaufnahme betrieblichen Vorgaben oder Zwängen. Ging es in den bisher entschiedenen Fallkonstellationen regelmäßig um die Nahrungsaufnahme in konkret hierfür vorgesehenen betrieblichen Pausen (BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R, aaO) oder um Wege zu betrieblichen Kantinen (BSG vom 26.4.1973 - 2 RU 213/71 - USK 73105), mithin um eine direkte zeitliche und örtliche Einbindung der Nahrungsaufnahme in eine objektiv bestehende betriebliche Ablauforganisation, so würde im vorliegenden Fall die Anerkennung eines "home office" als (zusätzlichen) Ort der Tätigkeit dazu führen, dass es völlig ins zeitliche Belieben des jeweiligen Versicherten gestellt wäre, wann und wie er durch einen Weg zur Nahrungsaufnahme den Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung begründen könnte. Unabhängig von einer Arbeitsorganisation und Arbeitszeiten könnte das jeweils zu jedem beliebigen Zeitpunkt auftretende Hungergefühl des Klägers zu einem Versicherungsschutz gleichsam "rund um die Uhr" führen. Die zu beliebigen Uhrzeiten vorgenommenen Wege aus einem in der eigenen Wohnung befindlichen, zusätzlichen "home office" zur (privaten, nicht dienstlich veranlassten) Nahrungsaufnahme an einem anderen Ort stehen daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Nicht zu entscheiden ist hier, wie der Fall eines in Vollzeit als Heim- oder Telearbeiter Tätigen zu betrachten wäre, der von vornherein seine gesamte Arbeitszeit "zu Hause" zu erbringen hat (hierzu etwa Leube, SGb 2012, 380). Hier könnte möglicherweise aus Gleichheitsgründen zu fordern sein, dass jedenfalls ein Weg täglich zur Nahrungsaufnahme bzw zur Versorgung mit Nahrungsmitteln unter Versicherungsschutz stehen muss.

23

3. Ebenfalls scheidet ein Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII aus. Die Revision beruft sich auf diese Regelung, weil es sich bei dem entwendeten Fahrzeug um ein Dienst- bzw Firmenfahrzeug gehandelt habe. Schon rein begrifflich lag aber die versicherte Tätigkeit im Sinne dieser Norm nicht vor, denn auf dem nächtlichen, unversicherten Heimweg von dem Restaurant handelte es sich im Hinblick auf den PKW nicht um das mit "einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten oder Erneuern eines Arbeitsgeräts".

24

4. Da der Senat mithin davon ausgeht, dass bei dem Kläger bereits keine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 1 und 2 SGB VII vorlag, käme es nach bisheriger Rechtsprechung auf die von ihm erhobenen Verfahrensrügen insofern nicht an. Diese Rügen beziehen sich auf das Vorbringen, der Überfall sei letztlich durch die betriebliche Tätigkeit des Klägers als Qualitätskontrolleur in der Fruchtsaftbranche bedingt gewesen und die russische Mafia habe hinter dem Überfall gesteckt. Der Senat hat hierzu aber bereits entschieden, dass ein in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherter Unternehmer, der - wie auch vorliegend der Kläger - während einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit überfallen und verletzt wird, trotz eines betriebsbezogenen Tatmotivs des Täters nicht unter Unfallversicherungsschutz steht (BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224 = SozR 3-2200 § 548 Nr 41, Juris RdNr 16). Die rechtliche Schlussfolgerung, dass eine an sich unversicherte Tätigkeit in den Versicherungsschutz einbezogen werde, wenn der Überfall aus der Sicht des Täters betrieblich motiviert war, sei nach Auffassung des Senats unzulässig. Der innere Zusammenhang setze stets voraus, dass der Versicherte - ob abhängig beschäftigt oder selbständig tätig - eine Tätigkeit ausübt, die dem Betrieb zu dienen bestimmt ist. Gehe indessen das Opfer vor dem Überfall einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung nach, könne von vornherein ein innerer Zusammenhang nicht angenommen werden, auch wenn der Täter ein mit der betrieblichen Tätigkeit des Opfers zusammenhängendes Tatmotiv hatte (BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224 = SozR 3-2200 § 548 Nr 41, Juris RdNr 16). Hiernach ist es völlig unerheblich, ob hinter dem Überfall ein Racheakt oÄ wegen der betrieblichen Tätigkeit des Klägers als Fruchtsaftkontrolleur stand, weil die Motivation des Täters alleine eine (unversicherte) Verrichtung niemals zu einer versicherten machen kann.

25

Ob dieser Entscheidung uneingeschränkt beigetreten werden kann, lässt der Senat offen, denn es sind durchaus Fallkonstellationen denkbar, in denen der Arbeitnehmer im unversicherten Privatbereich aus rein dienstlichen Gründen überfallen wird (Filialleiter einer Bank, der den Tresorschlüssel zu Hause aufhebt; vgl Mutschler, SGb 2011, 684, 687). Jedenfalls sind solche betrieblichen Motive des Überfalls auf den Kläger nicht festgestellt. Das LSG ist vielmehr aufgrund der Zeugenaussage des Täters davon ausgegangen, dass dieser jeden beliebigen Passanten überfallen hätte, um an einen PKW zu gelangen. Ein betriebsbezogenes Tatmotiv ließe sich nicht feststellen. Diese Feststellungen des LSG binden den Senat (§ 163 SGG), weil sie nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffen worden sind. Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - Juris RdNr 20 ff; BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

26

Die Rüge des Klägers, das LSG habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) verstoßen, ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Sie hätte insoweit aufzeigen müssen, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Dabei ist darzulegen, inwiefern nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen und medizinischen Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden hat und die so zu ermittelnden Tatsachen nach der Rechtsauffassung des LSG entscheidungserheblich sind. Außerdem ist anzugeben, wann und in welcher Form die zu ermittelnden Tatsachen in der Berufungsinstanz vorgebracht wurden. Das Vorbringen des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Es wird nicht aufgezeigt, wieso sich das LSG von seiner Rechtsansicht her zu weiteren Sachverhaltsermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, zumal das LSG die Bedrohungslage des Klägers aufgrund dessen internationaler Tätigkeit als wahr unterstellt hatte. Aus dem Revisionsvorbringen wird nicht ersichtlich, wie mit den vor dem LSG vorgelegten Beweismitteln (ua Zeugnis eines Anstaltspsychologen) eine unmittelbare betriebliche Tatmotivation des Täters hätte belegt werden können. Auch folgt aus einer ggf unterlassenen Belehrung des Täters als Zeugen (nach § 384 ZPO iVm § 202 SGG) über vermögensrechtliche Nachteile seiner Aussage nicht denknotwendig zwingend, dass dessen Aussage nicht verwertbar ist.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Die Klägerin ist bei der J. als Altenpflegerin beschäftigt. Sie unternahm am 10.1.2010 während ihrer Rufbereitschaft einen Spaziergang mit ihrem Hund. Beim Überqueren einer Straße klingelte das ihr überlassene Rufbereitschaftshandy. Die Klägerin, die aufgrund ihrer Tätigkeit zur Entgegennahme der auf diesem Handy eingehenden Anrufe verpflichtet ist, nahm das Telefonat an. Kurz nach Beginn des Telefonats, mit dem ein Pflegetermin abgesagt werden sollte, übersah die Klägerin eine schneebedeckte Bordsteinkante. Sie stürzte und zog sich dabei eine Knöchelfraktur zu.

3

Die Beklagte lehnte es ab, dieses Geschehen als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil es ohne die eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Spaziergangs nicht zur Verletzung gekommen wäre (Bescheid vom 13.4.2010, Widerspruchsbescheid vom 29.6.2011). Das SG Duisburg hat diese Verwaltungsentscheidung aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen aufgrund des Arbeitsunfalls vom 10.1.2010 zu zahlen (Urteil vom 10.4.2012). Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und festgestellt wird, dass das Ereignis vom 10.1.2010 ein Arbeitsunfall ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe sich als Beschäftigte unfallbedingt verletzt. Sie sei im Zeitpunkt des Unfallereignisses einer gemischten Tätigkeit nachgegangen, bei der das pflichtgemäße Telefonieren im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden habe. Da es im Wesen einer Rufbereitschaft liege, Anrufe während einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit anzunehmen, könne es nicht darauf ankommen, ob der Schaden auch ohne die private Handlung eingetreten wäre. Entscheidend sei vielmehr, dass die Klägerin in jedem Fall telefoniert hätte (Urteil vom 18.12.2012).

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der § 2 Abs 1 Nr 1, § 8 Abs 1, § 121 Abs 1, § 122 Abs 2 und § 128 Abs 1 Nr 6 SGB VII. Da sich die Altenpflege nicht der beitragsfreien Unglückshilfe zurechnen lasse, sei nicht sie, sondern die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zuständig. Die zum Unfallzeitpunkt verrichtete gemischte Tätigkeit sei durch die privatwirtschaftliche Tätigkeit des Spazierengehens geprägt gewesen, die ohne den Sturz den versicherten Einschub überdauert hätte und damit den Versicherungsschutz insgesamt ausschließe. Bei dem Telefonieren habe es sich nur um einen unwesentlichen Nebenzweck gehandelt, der gelegentlich einer privaten Verrichtung verfolgt worden sei. Abgesehen davon fehle es an der Unfallkausalität. Mit dem Sturz habe sich ein durch die eigenwirtschaftliche Verrichtung bedingtes Risiko realisiert.

5

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2012 und des Sozialgerichts Duisburg vom 10. April 2012 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend. Es erscheine nicht sachgerecht, allein den Versicherten das Risiko eines Unfalles während eines Bereitschaftsdienstes aufzubürden.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen nicht für eine abschließende Entscheidung darüber aus, ob überhaupt ein Arbeitsunfall iS des § 8 SGB VII vorliegt und welcher Verwaltungsträger für dessen Anerkennung zuständig wäre.

9

Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben schon keine Beurteilung, ob die beklagte Unfallkasse des Landes Nordrhein-Westfalen als zuständige Unfallversicherungsträgerin für die Anerkennung des gelten gemachten Arbeitsunfalls und dessen evtl Entschädigung passivlegitimiert ist oder ein anderer Unfallversicherungsträger als leistungspflichtig in Betracht kommt und daher nach § 75 Abs 2 Alt 2 SGG notwendig beizuladen gewesen wäre. Nach § 128 Abs 1 Nr 6 SGB VII sind die Unfallversicherungsträger im Landesbereich zuständig für Personen, die in Einrichtungen zur Hilfe bei Unglücksfällen tätig sind. Zu einer solchen Einrichtung gehört zwar auch der J. Allerdings erstreckt sich die genannte Sonderregelung nicht auf das Unternehmen als Ganzes, sondern nur auf diejenigen Personen, die innerhalb eines Unternehmens in Einrichtungen zur Hilfe bei Unglücksfällen tätig sind und damit eine der staatlichen Gemeinschaft obliegende Aufgabe erfüllen. Maßgebender Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des zuständigen Unfallversicherungsträgers ist die jeweilige Einrichtung, sodass für die bei demselben Unternehmen in Einrichtungen des Gesundheitswesens oder der Wohlfahrtspflege tätigen Mitarbeiter die allgemeinen Zuständigkeitsregeln gelten (BSG vom 28.11.2006 - B 2 U 33/05 R - BSGE 97, 279 = SozR 4-2700 § 136 Nr 2, RdNr 21 f). In welcher Einrichtung die Klägerin für den J. als Altenpflegerin beschäftigt ist, hat das LSG indes nicht festgestellt. Da die Notwendigkeit der Beiladung eines anderen Unfallversicherungsträgers von der Klärung des konkreten Einsatzbereichs der Klägerin abhängt, ist für eine Beiladung im Revisionsverfahren unter den Voraussetzungen des § 168 Satz 2 Alt 2 SGG kein Raum.

10

Anhand der vom LSG getroffenen Feststellungen lässt sich auch nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN; vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20 ; vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12; zuletzt vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 10 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 14).

12

Die Klägerin hat unzweifelhaft durch den Sturz einen Unfall und dadurch einen Gesundheitserstschaden erlitten. Sie war auch zum Unfallzeitpunkt als Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Ihre auf die Beschäftigung bezogene Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Telefonieren - gehörte zur versicherten Tätigkeit und stand daher mit dieser in einem sachlichen Zusammenhang (dazu 1.). Dem steht die weitere Verrichtung des Spazierengehens während des Telefonats und damit das Vorliegen einer gemischten Tätigkeit nicht entgegen (dazu 2.). Allerdings kann aufgrund fehlender Feststellungen des LSG nicht entschieden werden, ob das Unfallereignis und der Gesundheitserstschaden der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind (dazu 3.).

13

1. Die Klägerin hat zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet und war damit Versicherte.

14

Versicherter iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird auch als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f).

15

Ein von außen beobachtbares Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit liegt bei der Klägerin zum Unfallzeitpunkt in zweifacher Hinsicht vor. Sie hat einerseits telefoniert und andererseits ihren Spaziergang mit dem Hund fortgesetzt. Spätestens mit der Entgegennahme des Anrufs ihrer Kollegin hat die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt.

16

Eine Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen. Dabei kommt es objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff; vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f; zuletzt vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

17

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet. Sie war nach den nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) verpflichtet, während ihrer Rufbereitschaft auf dem Rufbereitschaftshandy eingehende Anrufe anzunehmen. Mit der Entgegennahme des Anrufs ist sie damit einer sich aus einem zuvor begründeten Rechtsverhältnis ergebenden Pflicht nachgekommen.

18

Die Erfüllung des Versicherungstatbestandes (nach früherem Sprachgebrauch: der innere oder sachliche Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit) der Beschäftigung ist auch subjektiv gegeben. Die darauf abzielende Intention liegt vor, wenn der Verletzte den Willen hat, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen, die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern (BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 14). Das war bei der Entgegennahme des Anrufs durch die Klägerin offenkundig der Fall.

19

2. Dass die Klägerin neben dem Telefonat einer weiteren Verrichtung nachging und ihren Spazierweg mit dem Hund fortsetzte, vermag ihr die Eigenschaft als versicherte Beschäftigte nicht wieder zu entziehen.

20

Dadurch, dass die Klägerin beim Überqueren der Straße telefonierte, ist sie einer gemischten Tätigkeit nachgegangen. Gemischte Tätigkeiten setzen (zumindest) zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen (wenigstens) eine den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt (grundlegend BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22; vgl auch BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 75; hierzu Spellbrink, WzS 2011, 351). Das ist hier der Fall. Die Klägerin hat sich sowohl eigenwirtschaftlich und damit unversichert fortbewegt, um mit ihrem Hund spazieren zu gehen, als auch in Ausübung ihrer Beschäftigung als Altenpflegerin und damit versichert telefoniert. Beide gleichzeitig ausgeübten Verrichtungen lassen sich auch nicht in nacheinander liegende Anteile zerlegen (vgl BSG vom 14.11.2013 - B 2 U 27/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 51 RdNr 13). Von der gemischten Tätigkeit ist ein Handeln mit gemischter Motivationslage abzugrenzen. Bei diesem wird nur eine einzige Verrichtung ausgeübt, die aber gleichzeitig sowohl einen privatwirtschaftlichen als auch betrieblichen, auf die Erfüllung eines Versicherungstatbestandes gerichteten Zweck verfolgt. Daher wird auch von Tätigkeiten mit einer gespaltenen Handlungstendenz gesprochen ( BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 23 und vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 14 mwN). Eine solche Verrichtung mit gemischter Motivationslage erfüllt dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der versicherten Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenz, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 24 mwN).

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An dieser rechtlichen Differenzierung zwischen einer gemischten Tätigkeit und Verrichtungen mit gemischter Motivationslage ist festzuhalten. Sie ist durch die Systematik des Unfallversicherungsrechts geboten, das den Unfallversicherungsschutz nicht abstrakt für einzelne Personengruppen vorsieht, sondern die Versicherteneigenschaft von bestimmten höchstpersönlichen, unvertretbaren Handlungen abhängig macht und deshalb auch eine Zurechnung des Verhaltens Dritter durch positives Tun oder Unterlassen ausschließt (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 23 mwN). In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Rechte auf Versicherungsleistungen nach den §§ 26 ff SGB VII bei Arbeitsunfällen iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII nur wegen solcher Unfälle vorgesehen, die infolge "einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" entstanden sind. Die abschließend genannten Tatbestände der versicherten Tätigkeiten sind jeweils gesondert materiell gesetzlich bestimmt und begründen eigenständige "Sparten" der gesetzlichen Unfallversicherung mit eigenen Schutzbereichen. Nur wenn, solange und soweit jemand den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eine eigene Verrichtung erfüllt, ist er gegen Unfälle versichert, die rechtlich wesentlich durch diese Verrichtung verursacht werden (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 25 und - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 21 ff; vgl auch Meyer, RV, Beilage zu 5/2014 S 13 f). Für die Beurteilung der Versicherteneigenschaft maßgebender Ausgangspunkt ist damit die unmittelbar vor Eintritt des Unfallereignisses jeweils ausgeübte Verrichtung. Sie ist möglichst konkret zu beschreiben (vgl Krasney, NZS 2013, 681; Spellbrink, WzS 2011, 351, 352). Die Unterscheidung zwischen gemischten Tätigkeiten und Verrichtungen mit gemischter Motivationslage stellt mithin darauf ab, ob der Unfallhergang durch eine oder mehrere höchstpersönliche Handlungen geprägt ist.

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Diese Abgrenzung zwischen gemischten Tätigkeiten und gemischten Motivationslagen führt zu einer je differenzierten Schwerpunktprüfung der Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls. Während bei Verrichtungen mit einer gemischten Motivationslage bereits die Versicherteneigenschaft und damit der sachliche Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit besonders zu klären ist, steht bei einer gemischten Tätigkeit die Prüfung der Unfallkausalität im Vordergrund. Wie bereits ausgeführt wurde, setzt ein Arbeitsunfall voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist (Voraussetzung 1), diese versicherte Verrichtung zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis geführt hat (Voraussetzung 2) und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (Voraussetzung 3). Da im Falle einer gemischten Motivationslage nur eine einzige Verrichtung, jedoch mit unterschiedlichen Handlungstendenzen vorliegt, ist jeweils zu prüfen, ob das Handeln trotz der mit ihm verbundenen privaten Zweckverfolgung insgesamt betrachtet darauf abzielte, den in Betracht kommenden Versicherungstatbestand zu erfüllen. Demgegenüber ist eine gemischte Tätigkeit gerade dadurch gekennzeichnet, dass zumindest eine von mehreren ausgeübten Verrichtungen den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt. Folglich ist bei diesen Fallgestaltungen bereits positiv geklärt, dass jedenfalls eine Verrichtung im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht und damit die 1. Voraussetzung des Begriffs des Arbeitsunfalls erfüllt ist.

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Ist die Versicherteneigenschaft gegeben, weil zumindest eine Verrichtung kraft Gesetzes versichert war, kann sich im Rahmen der Prüfung des sachlichen Zusammenhangs nicht auch noch die bei Verrichtungen mit einer gemischten Motivationslage zu beantwortende Frage stellen, ob die konkrete versicherte Handlung hypothetisch auch ohne die private Motivation des Geschehens vorgenommen worden wäre. Ein Arbeitsunfall der Klägerin scheidet mithin nicht schon deshalb aus, weil es ohne den eigenwirtschaftlichen Spaziergang mit dem Hund erst gar nicht zu dem Telefonat gekommen wäre. Im Falle einer gemischten Tätigkeit, die begrifflich gerade den sachlichen Zusammenhang zwischen einer Verrichtung und der versicherten Tätigkeit voraussetzt, ist somit die Versicherteneigenschaft nicht erneut (hypothetisch) zu hinterfragen. Vielmehr ist hier als 2. und 3. Voraussetzung des Arbeitsunfalls die Zurechnung des Unfallereignisses und des Gesundheitserstschadens oder Todes zur versicherten Tätigkeit (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität) zu klären (vgl Ziegler, in: SGB VII, Lehr- und Praxiskomm, 4. Aufl 2014, § 8 RdNr 110).

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3. Ob die sturzbedingte Einwirkung auf den Körper der Klägerin und der dadurch verursachte Gesundheitsschaden "infolge" der Verrichtung der versicherten Tätigkeit eingetreten und ihr damit zuzurechnen sind, kann mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden.

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Bei der objektiven Verursachung kommt es darauf an, dass die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder den Tod eine Wirkursache war (BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 31 ff; hierzu auch Ricke, WzS 2013, 241). Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache in diesem Sinne war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen (gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden (grundlegend BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 55 ff; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 31 ff).

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Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss sich auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller weiteren auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellen. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37).

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Welche Ursachen am Eintritt des Unfallereignisses objektiv mitgewirkt haben, hat das LSG nicht dargelegt. Das Berufungsgericht wird daher festzustellen haben, ob das Spazierengehen mit dem Hund oder das Telefonieren eine Wirkursache für den Sturz der Klägerin darstellte. War nach diesen noch zu treffenden Feststellungen das Telefonieren die Wirkursache des Sturzes, so dürfte sich dieser auch bei der anschließenden rechtlichen Wertung als Realisierung einer in den Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung fallenden Gefahr darstellen. Waren nach den Feststellungen des LSG beide Verrichtungen jeweils Wirkursachen, so kommt es darauf an, welche dieser tatsächlichen Verrichtungen das Unfallereignis und den Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich herbeigeführt hat. Zu fragen wäre dann, ob der Sturz durch das vom Telefonieren unabhängige Spazierengehen mit dem Hund oder das die Fortbewegung beeinflussende Telefonat rechtlich wesentlich bedingt war.

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Allerdings lässt sich die rechtliche Wesentlichkeit des versicherten Telefonierens als mögliche Wirkursache nicht schon allein auf die Rufbereitschaft der Klägerin an sich zurückführen. Bei einem nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherten Beschäftigten sind zwar Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit. Dies bedeutet aber nicht, dass alle Verrichtungen eines Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte oder während einer Geschäftsreise versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen sogenannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt(§ 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt (BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R - juris RdNr 11). Dasselbe gilt für eine Rufbereitschaft, die nicht per se und damit für alle während ihrer Dauer ausgeübten Verrichtungen Unfallversicherungsschutz eröffnet. Entscheidend ist auch insoweit, ob sich infolge der während der Rufbereitschaft konkret ausgeübten und versicherten Verrichtung eine durch einen Versicherungstatbestand des SGB VII geschützte Gefahr verwirklicht hat oder ob stattdessen eine unversicherte Wirkursache für das Unfallereignis verantwortlich ist.

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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.