Sozialgericht Augsburg Urteil, 04. Sept. 2015 - S 2 R 931/14

bei uns veröffentlicht am04.09.2015

Gericht

Sozialgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage gegen den Bescheid vom 26. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2014 wird abgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ob die Tätigkeit des Klägers als Softwareentwickler bei der Beigeladenen seit dem 08.01.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Im Rahmen des Statusverfahrens machte der Kläger geltend, dass vom Finanzamt das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit bescheinigt wurde, ebenso von der Agentur für Arbeit. Er sei nicht eingegliedert in das Betriebsgefüge der Beigeladenen, außerdem handle es sich bei den vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln nicht um Arbeitsmittel im klassischen Sinne. Die Kontrollen der Arbeitsergebnisse seien kein Merk-mal für eine abhängige Beschäftigung, da es sich um die übliche Teilabnahme von Entwicklungsschritten handle. Außerdem müsse der Kläger auch keine Berichte für den Auftraggeber schreiben. Des Weiteren erledigte er auch Dokumentationsaufgaben in seinem eigenen Büro und sei nicht verpflichtet, sich bei der Beigeladenen an- und abzumelden bezüglich seiner Anwesenheit in den Räumen der Firma. Außerdem arbeite er nicht mit anderen Mitarbeitern des Auftraggebers zusammen.

Die Beigeladene machte Folgendes geltend:

Der Kläger entwickle autonom Projekte für den Auftraggeber, dabei bedürfe er auch keiner Unterstützung durch einzelne Mitarbeiter der Beigeladenen. Dass im Zusammenhang mit konkreten Projekten Besprechungen stattfinden würden, sei eine Selbstverständlichkeit und spreche nicht für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Arbeitsmittel würden in einem Windows PC, in einer speziellen Entwicklungsumgebung und in der Zurverfügungstellung von Messinstrumenten bestehen. Der Kläger setze im Übrigen als eigene Arbeitsmittel in seinem Home-Office ebenfalls ein Windows PC sowie ein Notebook ein. So weit von der Firma eine spezielle Entwicklungsumgebung bzw. Messinstrumente zur Verfügung gestellt werden, sei dies ausschließlich der Eigenart der einzelnen Entwicklungsprojekte geschuldet, bei der es der Firma teilweise auch von ihren eigenen Auftraggebern untersagt sei, Entwicklungstätigkeiten außerhalb des geschützten Bereiches der Firma vornehmen zu lassen. Vor diesem Hintergrund sei teilweise auch eine Tätigkeit des Klägers am Betriebssitz unabdingbar. Insoweit sei der Kläger jedoch autonom, ohne in den Betriebsablauf integriert zu sein, tätig. Der Kläger sei für die Beigeladene Zulieferer von Softwarekomponenten. Soweit Kontrollen stattfinden würden, sei dies nichts anderes als die Teilabnahme von Entwicklungsschritten wie bei jedem normalen Werkvertrag. Unzutreffend sei, dass der Klägern einen festen Stundenlohn erhalte. Es werde ein Stundensatz von 45 € verrechnet, sofern die Tätigkeit auf Basis des Zeitaufwandes abgerechnet werde. Ausweislich von § 3 Abs. 6 des vorgelegten Vertrages würden jedoch Aufträge auch im Rahmen von Festpreisen erfolgen, wo der Stundensatz keine Rolle spiele. Dies zeigten auch die vorgelegten Rechnungen. Außerdem seien bei Abrechnungen nach dem Zeitaufwand maximale Zeitgrenzen vereinbart, über die hinaus der Kläger keine Bezahlung beanspruchen könne.

Im Verwaltungsverfahren wurde außerdem eine Kopie der Vertraulichkeitsvereinbarung sowie der freie Mitarbeitervertrag zwischen dem Kläger und der Beigeladenen vorgelegt.

Mit Bescheid vom 26.11.2013 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit eine abhängige Beschäftigung darstellt und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwiegen. Die Tätigkeit des Klägers bestehe darin, als Softwareentwickler entsprechende Software für die Beigeladene in deren Räumlichkeiten zu entwickeln. Der Kläger sei als Auftragnehmer in das Betriebsgefüge des Auftraggebers eingegliedert, außerdem stelle ihm der Auftraggeber Arbeitsmittel zur Verfügung und der Auftragnehmer arbeite am Betriebssitz des Auftraggebers. Es würden Besprechungen mit der Geschäftsführung und Mitarbeitern des Auftraggebers stattfinden. Außerdem erfolge eine Kontrolle der Arbeit beim Auftraggeber, auch erhalte der Kläger einen festen Stundenlohn. Für eine selbstständige Tätigkeit würde lediglich sprechen, dass der Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig sei und im eigenen Namen Werbung betreibe.

Die steuerliche Einordnung durch das Finanzamt sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht rechtsverbindlich. Dass der Kläger dokumentarische Aufgaben auch von seinem Büro aus erledige, sei dagegen irrelevant, da die Kernaufgabe seiner Tätigkeit ausschließlich in den Räumen des Auftraggebers erfolge.

Gegen den Bescheid erhoben sowohl der Kläger als auch die Beigeladene Widerspruch. Die Beigeladene verwies auf ihre bisherigen Ausführungen. Der Kläger machte geltend, dass er im Zeitraum Oktober 2011 bis März 2012 ein großes Projekt betreut habe, für dieses habe er neben dem von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten PC ein eigenes Oszilloskop verwendet. Der Kläger sei bereits im Besitz dieses Oszilloskops gewesen und habe dieses dann für das Projekt verwenden können. Das Projekt hätte auf Werkvertragsbasis stattgefunden. Hinsichtlich der angesprochenen Kontrollen handle es sich um Teilabnahmen, die ab einer bestimmten Größe des Projekts völlig üblich seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2014 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Begründung entsprach im Wesentlichen dem Ausgangsbescheid. Im Übrigen verwies die Beklagte auf den freien Mitarbeitervertrag, nachdem eine Mitarbeit in allen Fragen der Softwareentwicklung und Realisierung erfolge. Laut dem Vertrag sei der Umfang der Mitarbeit mit der Beigeladenen abzustimmen. Die Beklagte machte daher geltend, dass kein Vertrag vorliege mit der Bezeichnung konkreter Termine und Arbeitsleistungen oder Werke. Aufgrund dessen sei der Kläger in seiner Tätigkeit nicht von vornherein dem Weisungsrecht der Beigeladenen entzogen, vielmehr seien in Bezug auf die Arbeitsleistung laufende Präzisierungen nötig. Insgesamt setze der Kläger daher vorwiegend seine eigene Arbeitskraft ein.

Hiergegen erhob der Kläger Klage. Mit Schriftsatz vom 17.12.2014 wies der Kläger darauf hin, dass auch der Arbeitgeber Klage erhoben habe zum Sozialgericht Ulm. Daher seien derzeit zwei Verfahren vor verschiedenen Sozialgerichten zur gleichen Rechtsfrage rechtshängig.

Mit Beschluss vom 20.02.2015 ordnete das Sozialgericht Augsburg zunächst das Ruhen des Verfahrens an. Mit Schreiben vom 20.03.2015 beantragte die Beigeladene das ruhende Verfahren wieder aufzunehmen. Auch der Kläger beantragte die Fortsetzung des Verfahrens. Im Verfahren vor dem Sozialgericht Ulm war am 08.04.2015 ein Gerichtsbescheid ergangen, mit dem die Klage als unzulässig abgewiesen worden war.

Die Beigeladene machte geltend, dass eine Entscheidung in der Sache daher durch das Sozialgericht Ulm nicht erfolgt war. Da im Gerichtsbescheid somit keinerlei Ausführungen zu den zu entscheidenden Rechtsfragen in der Sache zu finden seien, habe der Gerichtsbescheid keinerlei Auswirkungen auf das hier vorliegende Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg. Außerdem sei der Gerichtsbescheid nicht rechtskräftig. Die Beigeladene habe Berufung hiergegen eingelegt und gleichzeitig angeregt, das Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Stuttgart bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens vor dem Sozialgericht Augsburg ruhend zu stellen. Im Übrigen machte sich die Beigeladene die bereits erfolgten Ausführungen des Klägers zu eigen. Es liege keine Eingliederung des Klägers in den Betriebsablauf der Beigeladenen vor. Insgesamt würden die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit überwiegen. Außerdem verwies die Beigeladene auf einen Betriebsprüfungsbericht der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund für den Prüfungszeitraum 01.01.2008 bis 31.12.2011. In diesem seien keinerlei Feststellungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages getroffen worden. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung sei nach klägerseitiger Information auch die Tätigkeit des Klägers geprüft worden. Insoweit sei daher das Verhalten der Beklagten in sich widersprüchlich. Außerdem sei maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Arbeitszeit frei einteilen könnte. Zudem entwickle der Kläger auch eigene Projekte insbesondere im Bereich sogenannter mobiler Apps und im Bereich Multicopter-Steue-rung. Schließlich habe der Kläger ausweislich des vorgelegten Vertrages für die Dauer von zwölf Monaten die Sachmängelgewährleistung für von ihm entwickelte Projekte übernommen und habe bei Mängeln kostenfrei nachzuarbeiten. Dies spräche gegen eine abhängige Beschäftigung. Außerdem trage der Kläger auch jegliches Risiko bei Krankheit und Arbeitsunfähigkeit. Es bestünden keine Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsansprüche.

Die Beklagte machte demgegenüber geltend, dass ein Unternehmerrisiko nicht bestehe. Maßgeblich für die Tätigkeit sei nicht die Verfügbarkeit eines PC, sondern der Zugriff auf spezielle Datenordner. Der in dem Mitarbeitervertrag nur grob umrissene Inhalt der Tätigkeit müsste von den verantwortlichen Projektleitern bzw. der Geschäftsleitung durch Einzelanweisung ausgefüllt werden. Typisch für die Beauftragung eines Selbstständigen mit der Übernahme eines Beratungs- und Dienstleistungsauftrages wäre die detaillierte Umschreibung des Leistungsumfangs. Liege eine solche nicht vor, spreche alles dafür, dass diese weitergehenden Angaben zu den Einzelheiten des Auftrags im Rahmen von Einzelanweisungen gegeben worden seien. Der angesprochene Betriebsprüfungsbericht erfülle nicht den Charakter einer Statusfeststellung, insbesondere auch nachdem es sich bei der Betriebsprüfung um eine Stichprobenprüfung handle.

Der Kläger teilte mit, dass das Verfahren vor dem LSG in Baden-Württemberg mit Beschluss vom 19.06.2015 zum Ruhen gebracht worden sei. Außerdem wurde mitgeteilt, dass es der ursprüngliche Plan des Klägers gewesen sei, in der Eigenentwicklung tätig zu sein. Um diese Tätigkeit zu finanzieren, sollten nebenher kleinere Auftrage angenommen werden. Neben dem bereits erwähnten Oszilloskop habe der Kläger im Jahr 2012 außerdem beispielsweise ein Arbeitsmikroskop für rund 200 € erworben.

Der Kläger beantragt

unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2014 festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene ab 08.01.2010 eine selbstständige Tätigkeit ist und nicht als abhängige Beschäftigung erfolgt und daher nicht der Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Klägers an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die vorliegenden Akten der Beklagten.

Gründe

Die zulässige insbesondere form- und fristgerechte Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 26.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage war daher abzuweisen. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene ab 08.01.2010 eine abhängige Beschäftigung darstellt und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Maßstab für das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung ist das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei an Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassend dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Allerdings kann dies vor allem bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist hängt im Ergebnis davon ab, welche Merkmale im Einzelnen überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG vom 29.08.2012, AZ: B 12 R 14/10 R). Ausgangspunkt der Prüfung sind dabei die vertraglichen Vereinbarungen, soweit solche bestehen. Der Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse vor vertraglichen Abreden gilt nur, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Bereich des rechtlich Zulässigen halten (BSG vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R; LSG Bayern vom 17.11.2009, L 5 R 935/08).

Vor diesem Hintergrund enthält die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene sowohl Merkmale der Selbstständigkeit als auch Merkmale der abhängigen Beschäftigung. Insoweit war eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, welche Merkmale letztlich überwiegen. Aus Sicht des Gerichts sprechen zwar einige Argumente für eine selbstständige Tätigkeit, im Rahmen der Gesamtwürdigung überwiegen jedoch etwas mehr die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung.

Zunächst ist festzustellen, dass der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts B-Stadt keine Auswirkung für das vorliegende Verfahren hinsichtlich der Frage hat, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt. Dies ergibt sich daraus, dass sich der Gerichtsbescheid allein mit Zulässigkeitsfragen der beim Sozialgericht Ulm erfolgten Klage auseinandersetzt.

Auch die Prüfmitteilung der DRV Bund vom 02.08.2012 über eine durchgeführte Betriebsprüfung hat entgegen des Vortrags der Beigeladenen keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren. In dieser Prüfmitteilung wurde lediglich mitgeteilt, dass die stichprobenweise durchgeführte Prüfung keine Feststellungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ergab. Aus dieser Prüfmitteilung resultiert kein Vertrauensschutz, insoweit handelt es sich nicht um einen Bescheid, sondern lediglich um eine Prüfmitteilung. Nach der Rechtsprechung des BSG vom 30.10.2013 (B 12 AL 2/11 R) handelt es sich daher um keine verbindliche Regelung, auf die sich die Beigeladene oder der Kläger berufen könnten hinsichtlich der Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers.

Ausgangspunkt ist zunächst der Vertrag zwischen dem Kläger und der Beigeladenen (freier Mitarbeitervertrag). Die Beteiligten wollten, wie sich aus diesem Vertrag ergibt, eine selbstständige Tätigkeit des Klägers vereinbaren. Allein dieser Wille oder die Bezeichnung des Vertrages führt jedoch nicht dazu, dass die Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit einzuordnen ist. Diese Rechtsfolge kann von den Beteiligten nicht allein durch Vereinbarung bestimmt werden (LSG Schleswig-Holstein vom 20.11.2001, L 1 KR 42/01). In erster Linie ausschlaggebend und vorrangig gegenüber der rechtlichen Ausgestaltung ihrer Beziehungen und dabei von den Beteiligten verwendeten Bezeichnungen sind stets die tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls und das sich aus ihm ergebende Gesamtbild der Tätigkeit.

Eine selbstständige Tätigkeit ergibt sich auch nicht aus dem fehlenden Urlaubsanspruch bzw. dem fehlenden Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle. Solche Regelungen sind vielmehr dann als typisch anzusehen, wenn beide Beteiligten eine selbstständige Tätigkeit wollen. Maßgeblich ist jedoch das Gesamtbild der Arbeitsleistung und die tatsächlichen Verhältnisse. Die Überbürdung sozialversicherungsrechtlicher Risiken abweichend vom Arbeitsrecht ist nur dann ein Indiz für ein unternehmerisches Risiko und eine selbstständige Tätigkeit, wenn damit gleichzeitig größere unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten und Chancen einhergehen. Urlaubsansprüche und Lohnfortzahlungsansprüche sind Rechte, die einem Arbeitnehmer bei Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zustehen und nicht disponibel sind. Sie können daher nicht als Indizien für bzw. gegen eine abhängige Beschäftigung angeführt werden (LSG Hamburg vom 20.06.2012, L 20 R 115/10).

Im freien Mitarbeitervertrag wurde vereinbart, dass der Kläger in allen Fragen der Softwareentwicklung und Realisierung bei der Beigeladenen mitarbeitet. Die Mitarbeit wurde laut Vertrag in Abstimmung mit der Geschäftsleitung organisiert, der Umfang der Mitarbeit sei mit der Beigeladenen abzustimmen. Diese Regelungen sprechen für eine abhängige Beschäftigung, auch wenn in § 2 des Vertrages ausgeführt wird, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass zwischen Ihnen kein Arbeitsverhältnis entstehen soll und die freie Mitarbeit keinen Weisungen des Auftraggebers unterliegt sowie der freie Mitarbeiter in der Wahl von Ort und Zeit seiner Tätigkeit frei ist. Nach Auffassung des Gerichts ist der Vertrag hinsichtlich der Mitarbeit des Klägers so unbestimmt gehalten, dass er erst durch weitere Anweisungen Vorgaben durch die Beigeladene hinreichend konkretisiert werden musste. Die einzelnen Arbeitseinsätze waren weder nach Anzahl, Dauer und Zeitpunkt im vornherein festgesetzt. Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbstständigen Tätigkeit kommt es daher auch darauf an, ob der Vertragsgegenstand hinreichend konkretisiert und bestimmt ist. Liegt eine solche ausreichende Bestimmung nicht vor, sondern bedarf es vielmehr noch Weisungen durch den Auftraggeber, liegt eine abhängige Beschäftigung vor (LSG Baden-Württemberg vom 14.02.2012, L 11 KR 3007/11). Für die Beauftragung eines Selbstständigen wäre vielmehr eine detaillierte Beschreibung der Leistung aus Gründen der Kalkulierbarkeit des Leistungsangebots und zur Kontrolle der Vollständigkeit der Leistung typisch (LSG Baden-Württemberg vom 30.07.2014, L 5 R 3157/13). Nachdem es hier an einer solchen Konkretisierung fehlt, spricht dies für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Außerdem kommt es nach der Rechtsprechung des BSG auch auf die vorhandene Rechtsmacht an, das heißt zu den tatsächlichen Verhältnissen, die im Rahmen der Gesamtabwägung nach § 7 SGB IV entscheidend sind, gehört unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSGvom 29.08.2012 B 12 KR 25/10 R). Vorliegend war der Vertragsgegenstand in dem freien Mitarbeitervertrag so weit gefasst, dass es noch Weisungen durch die Beigeladene bedurfte, dementsprechend heißt es in § 1 des Vertrages auch, dass die Mitarbeit in Abstimmung mit der Geschäftsleitung organisiert wird und der Umfang der Mitarbeit mit der Beigeladenen abzustimmen ist. Der Vertrag war insoweit daher sehr allgemein und unbestimmt gehalten. Eine andere Beurteilung ergibt sich daher auch nicht daraus, dass laut Vortrag der Beigeladenen der Kläger wegen seiner früheren Angestelltentätigkeit bei der Firma eine kürzere Einarbeitungszeit benötigte als ein Fremder und auch weniger Abstimmung aufgrund dessen. Vielmehr ist auch die vertragliche Regelung in die Beurteilung miteinzubeziehen sowie die darin enthaltene Rechtsmacht.

Eine selbstständige Tätigkeit folgt auch nicht daraus, dass der Kläger im fachlichen Bereich keinen Weisungen der Beigeladenen unterlegen hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach der ständigen Rechtsprechung des BSG vor allem auch bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein kann, wenn der Beschäftigte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG vom 31.03.2015, B 12 KR 17/13 R).

Eine Selbstständigkeit folgt auch nicht daraus, dass der Kläger berechtigt gewesen ist, sich bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen Dritter zu bedienen, das heißt nicht verpflichtet war, die Tätigkeit höchstpersönlich auszuführen. Die Befugnis, Tätigkeiten zu delegieren, ist allein kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit. Sie enthält keine Aussage darüber, inwieweit von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird oder überhaupt tatsächlich Gebrauch gemacht werden kann. Zudem gibt es auch Arbeitsverhältnisse, bei denen es nicht zwingend auf die persönliche Arbeitsleistung ankommt (LSG Baden-Württemberg vom 02.09.2011, L 4 R 1036/10). Entscheidend ist daher, ob von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Lediglich die formale vertragliche Berechtigung, Arbeiten auch durch andere durchführen zu lassen, sind kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, wenn von dieser dann tatsächlich kein Gebrauch gemacht wird und die persönliche Leistungserbringung die Regel ist (§ 7 SGB IV Juris Praxiskommentar Rn. 116). Vorliegend erbrachte der Kläger die Tätigkeit persönlich, so dass dies für eine abhängige Beschäftigung spricht.

Auch aus der Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, folgt nicht, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliegt. Die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, kann zwar ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sein, weil der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit weitgehend selbst bestimmen kann. Es sind jedoch auch im Rahmen von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen Vertragsgestaltung nicht unüblich, die es zu großen Teilen dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt. Entscheidend kommt es darauf an ob der Betroffene, sobald er das Angebot annimmt, die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb ausübt. Allein wegen einer grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit ist kein selbstständiges Tätigwerden anzunehmen (LSG Baden-Würt-temberg vom 02.09.2011, L 4 R 1036/10).

Eine selbstständige Tätigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Vorliegen einer Gewerbeanmeldung. Eine Gewerbeanmeldung ist kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, weil ein solcher Gewerbeschein ohne nähere Prüfung ausgestellt wird (§ 7 SGB IV Rn. 78 Kasseler-Kommentar). Hierbei erfolgt daher keine sozialversicherungsrechtliche Prüfung, daher ist eine Gewerbeanmeldung kein Beleg für eine selbstständige Tätigkeit.

Eine selbstständige Tätigkeit folgt auch nicht daraus, dass die Einkünfte des Klägers vom Finanzamt als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit qualifiziert werden. Insoweit besteht keine Bindungswirkung für die Beklagte (LSG Hamburg vom 10.12.2012, L 2 R 13/09). Außerdem folgt auch keine Bindungswirkung daraus, dass der Kläger für seine Tätigkeit einen Gründungszuschuss von der Arbeitsagentur erhalten hat. Dies ist zwar ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, entscheidend kommt es jedoch auf die tatsächliche Durchführung der Tätigkeit an und welche Merkmale, das heißt die für eine abhängige Beschäftigung oder die für eine selbstständige Tätigkeit, insgesamt überwiegen.

Weiter kommt es für die Abgrenzung von einer selbstständigen Tätigkeit zu einer abhängigen Beschäftigung auch darauf an ob ein unternehmerisches Risiko vorliegt, d. h. ob eigenes Kapital und eigene finanzielle Mittel zur Erzielung eines im Zeitpunkt des Einsatzes ungewissen Unternehmensgewinns eingesetzt werden. Maßgeblich ist hierbei ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Geld zu erhalten (LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.07.2011, L 8 R 55/06). Die Möglichkeit, Arbeiten laufend durch eigenes Personal, also nicht höchstpersönlich, erledigen zu lassen und insbesondere die mit Beschäftigung eigener Arbeitnehmer einhergehende Übernahme von Arbeitgeberpflichten ist ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Mit der Einstellung von eigenem Personal unabhängig von der Auftragslage sind laufende Ausgaben und Verpflichtung verbunden, die mit einem Unternehmerrisiko einhergehen.

Vorliegend ist kein maßgebliches Unternehmerrisiko zu erkennen. Der Kläger beschäftigt kein eigenes Personal. Er hat zwar nach eigenen Angaben ein Oszilloskop und ein Arbeitsmikroskop als eigener Arbeitsmittel verwendet. Ein wesentliches unternehmerisches Risiko ist hierbei jedoch nicht erkennbar, da für die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen vor allem die spezielle Entwicklungsumgebung, d. h. Elektronik und insbesondere teure Messinstrumente erforderlich waren, und diese Arbeitsmittel nur bei der Beigeladenen vorhanden waren. Der Kläger verfügte über diese nicht in seinem Büro. Außerdem war es der Beigeladenen nach ihrem Vortrag teilweise auch von ihren eigenen Auftraggebern untersagt, Entwicklungstätigkeiten außerhalb des geschützten Bereichs der Beigeladenen vornehmen zu lassen. Aus diesem Grund war zumindest teilweise auch eine Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen unabdingbar.

Ein maßgebliches Unternehmerrisiko liegt nicht bereits darin, dass die Gefahr besteht, keinen Auftrag mehr zu erhalten. Es ist das Risiko jedes unständig Beschäftigten nach Ablauf des vereinbarten Arbeitseinsatzes wieder ohne Arbeit zu sein. Das Risiko, im Fall von Krankheit oder sonstigen Hinderungsgründen kein Entgelt zu erhalten, ist ebenfalls nicht entscheidend. Die Belastung mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft spricht nur dann für eine Selbstständigkeit, wenn ihr gleichzeitig größere Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten gegenüberstehen.

Hinsichtlich der Vergütung ist feststellen, dass eine erfolgsabhängige Vergütung zunächst für eine selbstständige Tätigkeit spricht, da es sich um keine feste gleich bleibende Vergütung handelt, die ohne Rücksicht auf den Erfolg gezahlt wird. In einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis sind ausschließlich ergebnisorientierte Vergütungsbestandteile unüblich.

Vorliegend erfolgte die Vergütung unterschiedlich. Soweit eine Vergütung nach Stunden erfolgte, spricht dies für eine abhängige Beschäftigung. Soweit auch nach dem freien Mitarbeitervertrag teilweise eine Festpreisvergütung vereinbart war, spricht dies dagegen für eine selbstständige Tätigkeit. Im Rahmen der Gesamtabwägung führt dies allein jedoch nicht zum Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

Nach Auffassung des Gerichts ist jedoch maßgeblich, dass eine Eingliederung des Klägers in organisatorisch funktionellem Sinne bei der Beigeladenen vorlag. Er war zwar nicht im engeren Sinne in den Betrieb der Beigeladenen eingegliedert, als dass er ständig auf Arbeitsplätzen im räumlichen Bereich der Beigeladenen tätig war. Er war jedoch insoweit in die Betriebsstruktur der Beigeladenen eingegliedert als er, wie sich aus dem Vertrag ergibt, in allen Fragen der Softwareentwicklung und Realisierung mitarbeitete und die Mitarbeit in Abstimmung mit der Geschäftsleitung organisiert wurde bzw. der Umfang der Mitarbeit mit der Beigeladenen abzustimmen war. Insoweit lag nach Auffassung des Gerichts eine organisatorisch funktionale Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen vor.

Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, dass der Kläger teilweise auch von seinem eigenen Büro aus tätig wurde. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass allgemein aufgrund der technischen Möglichkeiten eine zunehmende zeitliche und örtliche Unabhängigkeit des Arbeitsleistenden vom Betrieb im Sinne einer räumlich festgelegten Organisationseinheit besteht. Aufgrund dieser Möglichkeiten kann allgemein Arbeit zu jeder Zeit und an jedem Ort ausgeführt werden, entscheidend kommt es daher nicht auf den örtlichen Arbeitsplatz an, sondern auf eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation im organisatorisch funktionierenden Sinne (Juris Praxis Kommentar § 7 SGB IV Rn. 105, 108). Diese Eingliederung war hier vorliegend gegeben. Diese Eingliederung ergibt sich nach Auffassung des Gerichts auch daraus, dass der Kläger für seine Tätigkeit die spezielle Entwicklungsumgebung und Messinstrumente benötigte, die nur bei der Beigeladenen vorhanden waren und nachdem es auch der Beigeladenen von ihren eigenen Auftraggebern teilweise untersagt war, Entwicklungstätigkeiten außerhalb dieses geschützten Bereichs vornehmen zu lassen. Nach Auffassung des Gerichts setzte der Kläger daher im Wesentlichen nur seine eigene Arbeitskraft ein, ohne dass ein maßgebliches unternehmerisches Risiko bestand.

Auch wenn keine festen Arbeitszeiten vereinbart waren, spricht die tatsächliche Durchführung für eine abhängige Beschäftigung und eine Eingliederung zumindest in organisatorisch funktionellem Sinne. Zwar konnte der Kläger entscheiden, ob er überhaupt für die Beigeladene tätig wird. Nach der Bereiterklärung war er jedoch organisatorisch funktional in den Betrieb eingegliedert. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass auch ein unständig Beschäftigter, der auf Grundlage einzelner Arbeitsverträge tätig wird, für die Zeiten dieser befristeten Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis steht, in dem er Weisungen unterworfen ist (LSG Hessen vom 20.10.2005, L 8/14 KR 334/04).

Für eine abhängige Beschäftigung spricht auch, dass der Kläger bei eigenem Ausfall wegen Krankheit oder anderer Umstände sich weder um eine Ersatzkraft bemühen noch die Kosten für eine Ersatzkraft tragen musste.

Für eine abhängige Beschäftigung spricht auch, dass laut der vorliegenden Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte für alle entstandenen Entwicklungen beim Auftraggeber liegen, sofern keine abweichende Regelung getroffen wird (LSG Rheinland-Pfalz vom 10.12.2013, L 6 R 65/12). Außerdem spricht für eine abhängige Beschäftigung, dass nach § 4 der Vertraulichkeitsvereinbarung der Kläger sich verpflichtete, mindestens drei Monate nach Projektende weder für mit dem Auftraggeber im Wettbewerb stehende Unternehmen tätig zu sein noch für andere Unternehmen in ähnlichen Projekten zu arbeiten. Gleiches gilt auch für die Vereinbarung im freien Mitarbeitervertrag unter § 5, woraus sich ergibt, dass der Kläger für andere Auftraggeber tätig sein darf, soweit diese nicht in unmittelbarem Wettbewerb zum Auftraggeber stehen und der Kläger die Aufnahme jeder Tätigkeit anzuzeigen hat, wenn Zweifel bestehen können ob sie mit der Mitarbeitertätigkeit für die Beigeladene zu vereinbaren sind (vergleiche LSG Rheinland-Pfalzvom 10.12.2013, L 6 R 65/12).

Für eine selbstständige Tätigkeit spricht zwar, dass der Kläger eigene Werbung betreibt und auch für andere Auftraggeber tätig wird. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung war dies jedoch nicht entscheidend, so dass die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung insgesamt überwogen.

Nach alledem war die Klage unbegründet und somit abzuweisen.

Folglich sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten, § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

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2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. werden das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2009 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005 betrifft.

Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der 1975 geborene Kläger war bereits während seines Gartenbaustudiums für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH & Co. KG mit dem Unternehmensgegenstand "Handel mit Baumschulerzeugnissen" - tätig. Persönlich haftende Gesellschafterin war die " H Verwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung" (im Folgenden: Komplementär-GmbH). Gesellschafter der Komplementär-GmbH waren ursprünglich die Eltern des Klägers mit einer Einlage in Höhe von insgesamt 20 000 DM sowie Herr D (im Folgenden D.) mit einer Einlage in Höhe von 30 000 DM. D. war zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. waren D. mit einer Kommanditeinlage von 15 000 DM und die Mutter des Klägers mit einer Kommanditeinlage von 10 000 DM. Die Beigeladene zu 1. ist dem Einzelunternehmen "Baumschule H" (im Folgenden: Baumschule) "vorgeschaltet", um die Baumschule von Haftungsrisiken aus dem Handel mit den Erzeugnissen zu entlasten. Die Baumschule verkauft sämtliche Pflanzen an die Beigeladene zu 1., die sie wiederum an Gartenzentren weiterverkauft. Die Baumschule ist der einzige Lieferant der Beigeladenen zu 1. Sie verfügte über ca 100 Beschäftigte, während die Beigeladene zu 1. als "Vertriebsgesellschaft" über neun Beschäftigte verfügte. Die Baumschule ist ein Hof im Sinn der Höfeordnung. Der Kläger ist der einzige Hoferbe. Die Nachfolge ist zum 1.1.2006 tatsächlich vollzogen worden. Der Kläger führt seit diesem Zeitpunkt auch die Geschäfte der Baumschule und hat deren Bewirtschaftung übernommen.

3

Der Kläger wurde durch einen zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen "Anstellungsvertrag" vom 27.1.2003 neben dem Geschäftsführer D. zum weiteren Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. bestellt. In dem Vertrag wurde festgehalten, dass der Geschäftsführer berechtigt und verpflichtet ist, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages und einer etwaigen Geschäftsführerordnung allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen. Weiterhin wurde der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Als Monatsgehalt wurde ein Betrag in Höhe von 2100 Euro brutto vereinbart. Im Krankheitsfall sollte eine sechsmonatige Weiterzahlung der Bezüge erfolgen. Als Jahresurlaub wurden 24 Arbeitstage vereinbart. Zeitgleich mit der Übernahme der Leitung der Baumschule wurde der Kläger am 1.1.2006 Gesellschafter der Beigeladenen zu 1.

4

Durch Bescheid vom 23.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2007 stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle aufgrund der Angaben des Klägers in einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung fest, dass der Kläger in der Zeit vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig sei.

5

Die dagegen erhobene Anfechtungsklage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen (Urteil des SG vom 22.10.2009; Urteil des LSG vom 5.11.2010). Das LSG ist von fehlender Versicherungspflicht des Klägers ausgegangen und hat ausgeführt: Für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung sprächen zwar der Anstellungsvertrag, die Vereinbarung eines monatlichen festen Gehalts, der Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall sowie der Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub; zudem habe der Kläger mangels Kapitalbeteiligung im streitigen Zeitraum nicht die Rechtsmacht gehabt, Beschlüsse der Gesellschaft herbeizuführen oder zu verhindern. Gleichwohl habe der Kläger "in der Familiengesellschaft" wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken das Geschäft geführt. Als Geschäftsführer sei er alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Er habe in weitaus größerem Maße als der Mitgeschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter D. über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfügt. Er habe bereits seine Diplomarbeit über "die Betriebswirtschaft und das Rating in seinem Unternehmen" geschrieben und konkrete Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung des Betriebs entwickelt. Wesentliche Geschäftsbereiche habe er selbst wahrgenommen. Er habe die Verhandlungen mit wichtigen Kunden geführt, neue Märkte erschlossen, mit Banken verhandelt und sei Ansprechpartner für den Bilanzbuchhalter und den Steuerberater gewesen. Der Kläger habe über Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern entschieden, soweit sie in seinem Geschäftsbereich - "dem Vertriebsunternehmen der Beigeladenen zu 1." - tätig waren. Er habe die Verantwortung getragen und das Unternehmen weiter entwickelt. Weder der Gesellschafter D. noch die Mutter des Klägers hätten seine Aktivitäten tatsächlich kontrolliert. Darüber hinaus habe der Kläger regelmäßig auf einen Teil des vertraglich vereinbarten Jahresurlaubs verzichtet. Besonders zu berücksichtigen seien die familiären Umstände und die Verbindung der beiden Unternehmen. Der Kläger habe als künftiger Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. und künftiger Inhaber der Baumschule und Hoferbe ein besonderes eigenes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der "miteinander verbundenen Unternehmen" gehabt. Aufgrund der vorliegenden Konstellation sei der Mitgeschäftsführer und Gesellschafter D. eher vom Kläger abhängig gewesen als umgekehrt.

6

Mit der allein von ihm eingelegten Revision rügt der RV-Träger (Beigeladene zu 2.) sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV, insbesondere eine Divergenz zur seit dem Jahr 2006 ergangenen Rechtsprechung des BSG(BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da nach der Rechtsauffassung des LSG eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide, wenn die tatsächlichen Verhältnisse (vorliegend eine familiäre Verbundenheit und eine Verbindung von zwei Unternehmen) die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sprechenden rechtlichen Aspekte überlagern. Dabei habe das LSG nicht die aktuelle Rechtsprechung des BSG berücksichtigt, wonach maßgeblich die Rechtsbeziehung sei, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Bei einem Geschäftsführer, der wie der Kläger nicht Gesellschafter der GmbH ist, sei auf die ihm eingeräumte Rechtsmacht abzustellen. Sowohl der Anstellungsvertrag als auch der Gesellschaftsvertrag unterwürfen jedoch Änderungen der Vertragsbestimmungen der Schriftform. Entsprechende Änderungen seien nicht dokumentiert, weshalb davon auszugehen sei, dass der Kläger Beschlüsse der Gesellschafterversammlung weder habe herbeiführen noch verhindern können.

7

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2009 aufzuheben, soweit sie die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005 betreffen und die Klage insoweit abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

9

Er verteidigt die angefochtenen Urteile. Er habe in Bezug auf die Beigeladene zu 1. ohne Beschränkungen handeln können. Ein nach dem Gesellschaftsvertrag eventuell erforderliches Zustimmungserfordernis der Kommanditisten für außergewöhnliche Geschäfte sei stillschweigend abbedungen worden. Die Schriftformklausel sei hierfür ohne Belang, da auch sie stillschweigend abbedungen worden sei.

10

Die Beklagte hat sich dem Antrag der Beigeladenen zu 2. angeschlossen. Die Beigeladenen zu 1., 3. und 4. äußern sich nicht.

Entscheidungsgründe

11

Die auf die Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 1.2.2003 bis 31.12.2005 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der beklagten Krankenkasse (als Einzugsstelle) erweisen sich insoweit als rechtmäßig. In diesem Umfang sind die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und ist die Klage abzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Meinung ist (BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, dass die Beigeladene zu 2. zum einen die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den familiären Umständen und der besonderen wirtschaftlichen Verbindung zwischen zwei Unternehmen ausschlaggebende Bedeutung zu, und zum anderen dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

13

2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Berufung der Beklagten gegen das die Bescheide der Beklagten aufhebende SG-Urteil zurückgewiesen. Das LSG ist zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Typus der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen, hat in diesem Rahmen aber die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den individualvertraglichen sowie handels- und gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Zutreffend hat das LSG Merkmale der konkret vom Kläger ausgeübten Tätigkeit festgestellt (hierzu b). Die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung und Beurteilung des Gesamtbilds der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit kann jedoch aufgrund der fehlerhaften Maßstabsbildung keinen Bestand haben (hierzu c). Damit sind auch die vom LSG entscheidungserheblich in den Fokus gerückten familiären Umstände und die Verbindung der beiden Unternehmen miteinander nicht geeignet, die Annahme von Selbstständigkeit zu rechtfertigen (hierzu d).

15

a) Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV (vgl § 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 19.2.2002, BGBl I 754). Nach § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Die Beigeladene zu 2. weist in ihrer Revisionsbegründung zu Recht darauf hin, dass bei der Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl zB BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 29.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 = Juris RdNr 17; ferner auch BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier nach den Feststellungen des LSG zwar insbesondere von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu c). Daher vermögen auch die Gesichtspunkte "familiäre Umstände" und "Verbindung der beiden Unternehmen" kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen (hierzu d).

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall maßgebend, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH & Co. KG ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 27.1.2003, der deren Vertragsverhältnis bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG festgestellten Inhalt - monatliches festes Gehalt, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Auf der Grundlage dieses Vertrages wurde der Kläger als weiterer Geschäftsführer neben dem Geschäftsführer D. der Beigeladenen zu 1. tätig. Rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" - unabhängig von der Frage insoweit einzuhaltender Formerfordernisse - hat das LSG nicht festgestellt.

20

c) Der Kläger verrichtete seine Geschäftsführertätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

21

Der Kläger war im streitigen Zeitraum weder an der Beigeladenen zu 1. noch an deren Komplementär-GmbH beteiligt. Er war weder Kommanditist der Beigeladenen zu 1. noch Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Vielmehr war er insoweit als Fremdgeschäftsführer anzusehen. Bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH hat das BSG jedoch regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen und diese nur unter besonderen Umständen verneint (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 79 mwN).

22

Der Kläger war auch in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden. Nach § 2 Abs 1 des Anstellungsvertrags hatte er seine Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Beigeladenen zu 1. zur Verfügung zu stellen.

23

Der Kläger war zudem auch nicht alleiniger Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. Vielmehr war neben ihm D. als weiterer Geschäftsführer tätig. Eine Einschränkung der Befugnisse von D. als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. hat das LSG nicht festgestellt. Zwar ergibt sich aus dem vom Kläger ausgefüllten Feststellungsbogen aus dem Jahr 2006, dass er für die Geschäftsbereiche "Kredit, Steuern, Werbung, Investition" exklusiv zuständig war. Die Geschäftsbereiche "Einkauf, Vertrieb, Personal" fielen danach aber sowohl in die Zuständigkeit des Klägers als auch in die Zuständigkeit des D. Auch in der praktischen Zusammenarbeit bewahrte sich D. einen eigenen Aufgabenbereich: Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beschränkte er seine Tätigkeit mehr auf den praktischen Bereich des Unternehmens, insbesondere auf die Verpackung und Übersendung der Ware. Auch ist ausdrücklich festgestellt worden, dass D. dem Kläger lediglich "in seinen Geschäftsbereichen" völlig freie Hand gelassen habe. Schließlich haben die Vorinstanzen auch bei der Feststellung, dass der Kläger über die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern entschieden habe, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies nur für den Geschäftsbereich galt, für den er zuständig war.

24

Weder die dem Kläger im Anstellungsvertrag eingeräumte Handlungsfreiheit noch die darin eingeräumte Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot können eine Selbstständigkeit des Klägers im Rechtssinne rechtfertigen. Dies gilt schon deshalb, weil sich nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen die Handlungsfreiheit des Klägers von vornherein nur auf bestimmte Geschäftsbereiche der Beigeladenen zu 1. bezog. Zudem hat das BSG bereits entschieden, dass die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit spricht (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1 RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17). Im Übrigen ist die Wahrnehmung von Handlungsfreiheiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Sie werden dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG S 4; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 = Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 65; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen. Auch der von den Vorinstanzen ohne konkrete Feststellungen angeführte Verzicht des Klägers auf einen Teil des Jahresurlaubs spricht per se nicht für Selbstständigkeit, da es auch unter (abhängig) Beschäftigten vorkommt, dass diese auf einen Teil ihres Jahresurlaubs verzichten. Der Verzicht auf einen Teil des Jahresurlaubs hat somit lediglich indiziellen Charakter (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60).

25

Eine solche, noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung des Klägers in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes der Beigeladenen zu 1. bestand während des gesamten streitigen Zeitraums. Als Mitgeschäftsführer blieb er in die vorgegebene Organisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden. Der Kläger besaß keine rechtliche Möglichkeit, auf die konkrete Ausgestaltung der betrieblichen Organisation der Beigeladenen zu 1. Einfluss zu nehmen. Die Organe einer juristischen Person können nicht in einem rechtsfreien bzw der Beliebigkeit der Beteiligten unterstehenden Raum agieren. Vielmehr sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie insbesondere durch das Zivilrecht ausgestaltet sind, zu beachten. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass diese Rahmenbedingungen keinen bloßen, auf den Innenbereich der juristischen Person beschränkten Anwendungsbereich haben, sondern vielfältige und umfangreiche weitere Konsequenzen, etwa zum Schutz von Gläubigern, bei Haftungsfragen oder beispielsweise im Steuerrecht nach sich ziehen. So macht § 164 S 1 HGB bei einer KG Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, von der Zustimmung der grundsätzlich von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossenen Kommanditisten abhängig. Zwar ist § 164 HGB dispositiv. Der Kernbereich der Kommanditistenrechte ist jedoch unantastbar (vgl hierzu zB Hopt in Hopt ua, HGB, 35. Aufl 2012, § 164 RdNr 6). Hinzu kommt, dass sog Grundlagengeschäfte, die das Gesellschaftsverhältnis und seine Gestaltung betreffen, stets der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen (vgl § 114 HGB; BGHZ 132, 263, 266). Angesichts dieser rechtlichen Rahmenbedingungen kann vorliegend aus der vom LSG angenommenen faktischen Nichtwahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten durch die dazu gesellschaftsrechtlich berufenen Organe nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass dadurch die ihnen zugrundeliegenden Rechte und Pflichten "stillschweigend" abbedungen worden seien. Dabei kommt es auch auf die Frage des Einhaltens der in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Schriftform nicht an. Vor dem Hintergrund der umfangreichen gesellschaftsrechtlichen Verfahrens- und Formvorschriften (vgl §§ 114, 119 Abs 1 HGB) ist eine "stillschweigende" Änderung der grundlegenden rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft ausgeschlossen. Darüber hinaus sieht § 3 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags, der der Gründung der Beigeladenen zu 1. zugrunde lag, ausdrücklich vor, dass zur Geschäftsführung und Vertretung die Komplementärin berechtigt und verpflichtet ist. Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder Gesellschafterbeschlüsse der Beigeladenen zu 1. oder der Komplementär-GmbH, die eine Änderung der Geschäftsführerbefugnisse oder eine Definition der Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten innerhalb der Beigeladenen zu 1. dokumentieren würden, haben SG und LSG nicht festgestellt. Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1.

26

d) Entgegen der Auffassung des LSG sind auch weder die familiären Umstände (hierzu im Folgenden aa) noch die Verbindung der beiden Unternehmen (hierzu bb) geeignet, die Selbstständigkeit des Klägers zu bejahen.

27

aa) Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten hatte (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (unter Hinweis auf BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

28

Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, maßgebende Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 124). Eine solche "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

29

Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Grundsätze über die rechtliche Relevanz familiärer Rücksichtnahme auf den vorliegenden Fall einer GmbH & Co. KG - bestehend aus natürlichen Personen und einer juristischen Person - überhaupt übertragbar sind. Vorliegend bestanden "familiäre" Beziehungen des Klägers lediglich zu einem der beiden Kommanditisten der Beigeladenen zu 1., nämlich seiner Mutter. Zu D. als weiterem Mehrheits-Kommanditisten und gleichzeitigem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind keine verwandtschaftlichen Beziehungen festgestellt worden. Zur Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. sind verwandtschaftliche Beziehungen von vornherein ausgeschlossen. Selbst zu den Gesellschaftern der Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. bestanden nur teilweise verwandtschaftliche Beziehungen des Klägers, nämlich soweit diese seine Eltern waren bzw nach dem Ausscheiden des Vaters aus der Gesellschaft seine Mutter war. Die Mehrheit der Geschäftsanteile in der Komplementär-GmbH wie auch die Mehrheit der Kommanditeinlagen lagen bei D.

30

bb) Die konkrete wirtschaftliche Situation bzw die faktische Verbindung der Beigeladenen zu 1. zur Baumschule als "vorgeschaltetem" Einzelunternehmen sind schließlich ebenfalls nicht geeignet, eine Selbstständigkeit des Klägers zu bejahen. Eine auch sozialversicherungsrechtlich - möglicherweise - relevante wirtschaftliche Verflechtung der Beigeladenen zu 1. zu der im streitigen Zeitraum vom Vater des Klägers betriebenen Baumschule - beispielsweise innerhalb einer Konzernstruktur (vgl § 18 AktG) - haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Eine Verbindung beider Unternehmen miteinander bestand nach den Feststellungen lediglich insoweit, als die Baumschule der einzige Lieferant der Beigeladenen zu 1. war. Diese wirtschaftliche Situation legt zwar die Annahme einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Baumschule nahe. Hieraus allein ergäbe sich aber keine Änderung der Beurteilung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1., da der Kläger im streitigen Zeitraum nicht Eigentümer bzw Betriebsinhaber der Baumschule war. Er hatte seinerzeit lediglich die Aussicht, als Hoferbe die Baumschule zu übernehmen, was jedoch erst später zum 1.1.2006 erfolgte.

31

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung zu entrichtenden Beiträge.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 15 830,54 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von der Klägerin getragener Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.

2

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ua einen Spezialgroßhandel für Brems- und Betätigungszüge. Einer von zwei Geschäftsführern war seit 25.2.1980 (Gründung der Gesellschaft) der Gesellschafter L. (im Folgenden: L.), der bis 26.2.1995 37,5 vH, vom 27.2.1995 bis 11.5.1997 62,5 vH und seitdem (wieder) 37,5 vH der Gesellschaftsanteile hielt. Während des gesamten Zeitraums verfügte L. bei wichtigen Beschlüssen der Gesellschafterversammlung über eine sog Sperrminorität, weil diese Beschlüsse der Zustimmung von mindestens 80 vH der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen bedurften. Die Klägerin entrichtete für L. vom 25.2.1980 bis 31.12.1999 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung.

3

Am 20.10.1997 führte die AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen (im Folgenden AOK) als Einzugsstelle eine Betriebsprüfung (Arbeitgeberprüfung) bei der Klägerin durch (Prüfzeitraum 1.10.1993 bis 31.12.1996). In einer aus Anlass der Abschlussbesprechung vom Steuerberater der Klägerin gefertigten Aktennotiz heißt es: Zwar habe der Mitarbeiter der AOK erwähnt, "dass eventuell zu prüfen sei, ob die Sozialversicherungspflicht für die beiden Gesellschafter korrekt ist, bzw. ob es zu einer Versicherungsfreiheit kommen kann". Der Mitarbeiter habe "dieses Thema aber nicht mehr weiter verfolgt, da auch noch die Erben H. an der Gesellschaft beteiligt waren". Die AOK verwies hierzu darauf, dass die Prüfung der Versicherungspflicht der beiden Geschäftsführer der Klägerin als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht Gegenstand der im Jahr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung gewesen sei. Die Einzugsstelle habe sich bei der Prüfung auf Stichproben beschränken dürfen. Im Anschluss an eine (weitere) Betriebsprüfung durch die LVA Hessen am 5.6.2001 trug die Prüferin im Protokoll der Schlussbesprechung ein, dass für L. ab 1.1.2000 keine Beiträge zur Sozialversicherung mehr abgeführt würden, "obwohl dem Grunde nach Sozialversicherungspflicht besteht".

4

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.11.2001 stellte die AOK als Einzugsstelle gegenüber der Klägerin fest, dass L. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer ab 25.2.1980 nicht wegen einer Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliege.

5

Am 18.12.2001 beantragte die Klägerin bei der AOK, ihr die vom 25.2.1980 bis 31.12.1999 für L. gezahlten "Beiträge" zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Die AOK leitete den Antrag unter Hinweis auf eine in Betracht kommende Verjährung zuständigkeitshalber an die Rechtsvorgängerin der beklagten Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Beklagte) weiter. Mit zwei Bescheiden vom 11.6.2002 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und L. fest, dass die von der Klägerin zur Arbeitslosenversicherung gezahlten Beiträge in voller Höhe zu Unrecht entrichtet worden seien, und setzte den Erstattungsbetrag für die Zeit vom 1.12.1996 bis 31.12.1999 auf jeweils 9785,10 DM (= 5003,04 Euro) fest. Für die Zeit vor dem 1.12.1996 lehnte sie eine Erstattung ab, weil der Erstattungsanspruch insoweit verjährt und sie nicht verpflichtet sei, im Wege einer Ermessensentscheidung auf die Einrede der Verjährung zu verzichten; die Beitragsüberzahlung sei nämlich nicht auf fehlerhaftes Verwaltungshandeln zurückzuführen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2002 zurück.

6

Die Klägerin hat Klage erhoben und begehrt, die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, an sie die für L. "für die Zeit vom 25.2.1980 bis zum 30.11.2001 gezahlten Beiträge in Höhe von 94 326,25 Euro abzüglich bereits gezahlter 5003,04 Euro zu erstatten". Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.10.2007). Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Abänderung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, "ihr gezahlte Beiträge in Höhe von weiteren 89 323,21 Euro für den Zeitraum vom 25.2.1980 bis zum 30.11.1996 zu erstatten". Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe sich ermessensfehlerfrei auf die Einrede der Verjährung berufen. Das SG habe die Rechtsfolgen durchgeführter Betriebsprüfungen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zutreffend dargestellt. Betriebsprüfungen bezweckten danach nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm "Entlastung" zu erteilen. Vielmehr liege es primär in der Verantwortung des Arbeitgebers, den Versicherungsstatus seiner Mitarbeiter richtig zu beurteilen. In Zweifelsfällen sei der zuständige Versicherungsträger oder die Einzugsstelle zu befragen und ein Feststellungsverfahren einzuleiten. Bei Klein- oder Kleinstbetrieben (mit nur sehr wenigen oder überhaupt keinen weiteren Arbeitnehmern) bestehe keine weitergehende Prüfungspflicht; eine solche lasse sich weder den Vorschriften des SGB IV noch der Beitragsüberwachungsverordnung (BeitrÜV) entnehmen. Auch hier dürfe sich eine Betriebsprüfung infolgedessen auf Stichproben beschränken, sodass einzelne gemeldete Mitarbeiter von der Prüfung ausgeschlossen bleiben könnten. Anlass, die Umstände der im Jahr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung weiter aufzuklären, gebe es nicht (Urteil vom 18.2.2011).

7

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung von § 27 Abs 2 S 1 SGB IV sowie der für eine Prüfung der Sozialversicherungsträger bei den Arbeitgebern geltenden Vorschriften. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte sei "rechtsmissbräuchlich". Bei den vorangegangenen Betriebsprüfungen habe sich die Sozialverwaltung nicht auf stichprobenartige Prüfungen beschränken dürfen. Jedenfalls für Kleinbetriebe müssten andere Maßstäbe gelten. Ein Kleinbetrieb, der - wie sie - nur wenige Mitarbeiter habe, könne erwarten, dass ein Betriebsprüfer die Sozialversicherungspflicht dieser Mitarbeiter vollständig und verlässlich beurteile. Insoweit sei der vom LSG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 25.8.2005 (L 1 AL 5/05 - Juris = NZA 2006, 534) vertretenen Auffassung zu folgen. Soweit es um die begriffliche Abgrenzung des Kleinbetriebs von sonstigen Betrieben gehe, könne an die Vorstellungen des Gesetzgebers im Kündigungsschutzgesetz angeknüpft werden. Es sei unerträglich, dass Betriebsprüfer bei fehlerhafter Prüfung keiner Haftung unterlägen und sich darüber hinaus die Sozialverwaltung - einerseits - gegen eine Beitragserstattung durch die Verjährungseinrede schützen könne, während sie - andererseits - die Zahlung von Arbeitslosengeld verweigern dürfe.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 2011 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 11. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2002 zu verurteilen, ihr weitere 15 830,54 Euro zu erstatten.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Erhebung der Verjährungseinrede stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar. Nach der Rechtsprechung des BSG begründeten auch bei Kleinbetrieben durchgeführte Betriebsprüfungen keinen Vertrauensschutz.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

Zutreffend hat das LSG ihre Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Die Klägerin kann von der beklagten Bundesagentur für Arbeit die Erstattung der von ihr als Arbeitgeberin für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 für den Gesellschafter-Geschäftsführer L. getragenen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht verlangen. Die Beklagte hat die Erfüllung des bestehenden Erstattungsanspruchs zu Recht verweigert; ihre Entscheidung, hinsichtlich dieser Beiträge die Einrede der Verjährung zu erheben, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 11.6.2002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 18.11.2002 ist daher (auch) insoweit rechtmäßig.

13

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der - an die Klägerin gerichtete - Bescheid vom 11.6.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2002 nur noch insoweit, als die Beklagte darin den Erstattungsantrag der Klägerin - hinsichtlich der für L. gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 - abgelehnt hat. Zu überprüfen ist darüber hinaus lediglich, ob die Klägerin die Erstattung der (in diesem Zeitraum) von ihr getragenen Beiträge (vgl § 26 Abs 3 S 1 SGB IV iVm § 185a Abs 1 S 2 Arbeitsförderungsgesetz), also der Arbeitgeberanteile, verlangen kann. Nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits ist - was die Klägerin mit ihrem ursprünglichen Klageantrag ebenfalls begehrt hat - nach entsprechender Beschränkung des Klagebegehrens die Erstattung der für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 von ihr getragenen Beiträge zur Rentenversicherung.

14

2. Die Klägerin kann von der Beklagten die Arbeitgeberanteile der für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 für L. entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht erstattet verlangen. Zwar war(en) ihr(e) Anspruch (Ansprüche) auf Beitragserstattung insoweit entstanden - und fällig geworden - (dazu a); er (sie) war(en) jedoch für die zwischen 1980 und November 1996 entrichteten Beiträge verjährt (dazu b). Die Beklagte macht auch beanstandungsfrei die Einrede der Verjährung geltend und ist deshalb zur Verweigerung der Erstattung berechtigt (dazu c).

15

a) Nach § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV bzw dem für das Recht der Arbeitsförderung bis zum 31.12.1997 geltenden - mit § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV nahezu textidentischen - § 185a Abs 1 S 1 AFG(vgl zum Zeitpunkt des Entstehens von Beitragserstattungsansprüchen allgemein BSG SozR 3-2400 § 28 Nr 1 S 4) sind zu Unrecht entrichtete Beiträge (zur Arbeitslosenversicherung) zu erstatten; eine Erstattung solcher Beiträge kommt nach § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV nur dann in Betracht, wenn der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, keine Leistungen erbracht oder zu erbringen hat (sog Verfallklausel). Gemäß § 26 Abs 3 S 1 SGB IV(iVm § 185a Abs 1 S 2 AFG) steht der Erstattungsanspruch demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat.

16

Die von der Klägerin für L. im streitigen Zeitraum getragenen und gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wurden von ihr iS von § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV bzw § 185a Abs 1 S 1 AFG zu Unrecht entrichtet; denn mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.11.2001 stellte die Einzugsstelle fest, dass L. in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer ab 25.2.1980 nicht wegen Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht - und im Recht der Arbeitsförderung der Beitragspflicht - unterliegt. Die Klägerin hat ihren Beitragserstattungsanspruch erstmals im Dezember 2001 geltend gemacht; bis zu diesem Zeitpunkt wurden von der Beklagten Leistungen an L. nicht erbracht bzw waren nicht zu erbringen. Die Beklagte erfüllte den Beitragserstattungsanspruch bzw die Beitragserstattungsansprüche für die von Dezember 1996 bis Dezember 1999 entrichteten Beiträge durch entsprechende Zahlung.

17

Die für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wurden von der Klägerin nicht etwa (bereits) deshalb gleichwohl zu Recht entrichtet, weil - wie die Beklagte einwendet - in der Vergangenheit bei früheren Betriebsprüfungen (Arbeitgeberprüfungen) ein für diese verbindlicher (§ 77 SGG) Verwaltungsakt über die Feststellung der Versicherungspflicht bzw - im Bereich der Arbeitslosenversicherung - der Beitragspflicht des L. ab 25.2.1980 ergangen sein könnte; ein solcher Verwaltungsakt wäre dann nämlich (weiterhin) Rechtsgrund für die Tragung der Beiträge und ließe einen Beitragserstattungsanspruch (schon gar) nicht entstehen mit der Folge, dass über Fragen der Verjährung vorliegend (überhaupt) nicht entschieden werden müsste (vgl zu einem solchen Fall BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2). Nach den Feststellungen des LSG waren bei früheren Betriebsprüfungen durch Einzugsstellen oder Rentenversicherungsträger konkret die Versicherungspflicht bzw Beitragspflicht des L. und die Richtigkeit der Beitragszahlungen feststellende, also der materiellen Bindung fähige personenbezogene Bescheide für einen bestimmten Zeitraum (vgl hierzu BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20; auch BSG-Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341) nicht ergangen. Zwar hat das Berufungsgericht von (weiteren) Ermittlungen zu der im Oktober 1997 (für den Prüfzeitraum 1.10.1993 bis 31.12.1996) von der Einzugsstelle durchgeführten Betriebsprüfung abgesehen und nicht (weiter) aufgeklärt, ob und in welchem Umfang die versicherungsrechtlichen Verhältnisse des L. seinerzeit (tatsächlich) vollständig überprüft wurden (bzw Anlass hierfür bestand). Jedenfalls hat das LSG aber festgestellt, dass wegen fehlender Kenntnis der Vertragsgestaltung und tatsächlichen Durchführung der Geschäftsführertätigkeit von einer solchen vollständigen Prüfung abgesehen (und diese - unvollständige - Prüfung damit auch nicht durch einen Verwaltungsakt über die Versicherungspflicht bzw Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung und die Beitragshöhe abgeschlossen) wurde. Im Übrigen wären bei früheren Betriebsprüfungen ergangene Bescheide der Einzugsstelle zur Versicherungspflicht bzw Beitragspflicht des L. durch den Bescheid der Einzugsstelle vom 18.12.2001 mit Rückwirkung ab 25.2.1980 schlüssig aufgehoben worden (siehe - zu einer vergleichbaren Konstellation - BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2 RdNr 13).

18

b) Die hier geltend gemachten entstandenen Erstattungsansprüche hinsichtlich der für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sind verjährt.

19

Nach § 27 Abs 2 S 1 SGB IV(iVm § 185a Abs 1 S 2 AFG)verjährt der Anspruch auf Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. § 27 Abs 2 S 2 SGB IV, wonach die Verjährung erst mit Ablauf des Kalenderjahrs einer Beitragsbeanstandung durch den Versicherungsträger beginnt, findet in der Arbeitslosenversicherung keine Anwendung(vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 9, und BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341; ferner BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3, RdNr 11; nunmehr ausdrücklich § 351 Abs 1 S 2 SGB III). Die Verjährungsvorschriften bedürfen für den besonderen Zusammenhang des Beitragsrechts in der Arbeitslosenversicherung keiner Modifikation (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 10 ff; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341; BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3, RdNr 11). Auch ist - entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung - ihre Unkenntnis von den Beitragserstattungsansprüchen und damit die Möglichkeit, diese (rechtzeitig) geltend zu machen, für die Frage der Verjährung ohne Bedeutung (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341).

20

Die entstandenen Erstattungsansprüche hinsichtlich der bis November 1996 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sind demgemäß mit Ablauf des Jahres 2000 insgesamt verjährt. Anhaltspunkte für eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung nach den sinngemäß geltenden Vorschriften des BGB (vgl § 27 Abs 3 S 1 SGB IV idF bis 31.12.2001 iVm §§ 198 ff BGB aF) sind nicht gegeben. Insbesondere hat die Klägerin einen schriftlichen Antrag auf Erstattung, der die Verjährung unterbrechen konnte (vgl § 27 Abs 3 S 2 SGB IV), erst im Dezember 2001 und damit nach Ablauf des Verjährungszeitraums gestellt.

21

c) Die Beklagte war auch, soweit es um die vor Dezember 1996 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung geht, zur Verweigerung der Beitragserstattung wegen Verjährung berechtigt; sie hat ohne Rechtsfehler die Einrede der Verjährung erhoben.

22

Der Verjährungseinrede steht nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (venire contra factum proprium) als Unterfall des auch im öffentlichen Recht maßgebenden - und von Amts wegen zu beachtenden - § 242 BGB entgegen. Ob dieser Gesichtspunkt der Berufung auf den Verjährungseintritt bereits tatbestandsmäßig entgegensteht oder erst im Zusammenhang mit dem dem Schuldner nach § 27 Abs 3 S 1 SGB IV iVm § 222 Abs 1 BGB aF zustehenden Ermessen zu beachten ist(vgl zu dieser Frage BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 14 mwN; ferner BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Zutreffend geht das LSG - unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG) - nämlich davon aus, dass aus der Begründung des Bescheides der Beklagten vom 11.6.2002 und ihres Widerspruchsbescheides vom 18.11.2002 jedenfalls (auch) zu entnehmen ist, dass sie ihre Pflicht erkannte, eine Ermessensentscheidung über die Erhebung der Verjährungseinrede zu treffen (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 15, mwN; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341), und eine solche Ermessensentscheidung tatsächlich getroffen hat. Dabei hielt sie sich an ihre Verwaltungsanweisungen, die vorsehen, in Fällen einer "unbilligen Härte" von der Verjährungseinrede abzusehen. Hierzu heißt es in der Durchführungsanweisung der Beklagten zu § 27 SGB IV: "Eine besondere Härte ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt ist, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der BA, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung (letzterer als Prüfinstitution) beruht, dh die fehlerhafte Beitragszahlung muss von einer dieser Stellen nachweislich verursacht worden sein." Dies verneinte die Beklagte für den vorliegenden Zusammenhang zu Recht.

23

Für das Ermessen relevante Gesichtspunkte im Sinne einer unbilligen oder besonderen Härte, die ausnahmsweise dazu hätten Anlass geben können, das Interesse der Versichertengemeinschaft, unvorhergesehene Belastungen zu verhindern, hintanzustellen (vgl BSGE 40, 279, 280 = SozR 2200 § 29 Nr 4) und von der Verjährungseinrede abzusehen, liegen nicht vor. Insbesondere ist der (bloße) Umstand, dass in der Vergangenheit von Einzugsstellen oder Rentenversicherungsträgern durchgeführte Betriebsprüfungen (Arbeitgeberprüfungen) hinsichtlich erfolgter Beitragszahlungen ohne Beanstandungen blieben, später aber für bereits geprüfte (abgeschlossene) Zeiträume festgestellt wurde, dass der Mitarbeiter nicht versicherungspflichtig bzw beitragspflichtig war, kein - der Beklagten zuzurechnendes - fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Prüfbehörden (dazu aa). Das ist unabhängig von der Betriebsgröße als "Rechtsfolge" auch bei Betriebsprüfungen in kleinen oder Kleinstbetrieben anzunehmen (dazu bb). Jüngere Instanzrechtsprechung "zur Beitragsprüfung", zu "Anforderungen der Rechtsentwicklung" oder "aktuelle rechtliche Bedürfnisse" veranlassen hier nicht zu einer anderen Beurteilung (dazu cc).

24

aa) Der Senat hat sich bereits wiederholt - im Zusammenhang mit sog Beitragsnachforderungsfällen (vgl BSGE 47, 194 = SozR 2200 § 1399 Nr 11; BSGE 93, 109 = SozR 4-5375 § 2 Nr 1; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2; BSG SozR 4-2400 § 22 Nr 1) und sog Beitragserstattungsfällen (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341) - mit den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen befasst, bei denen es zunächst keine Beanstandungen gab, sich später jedoch herausstellte, dass die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht von Mitarbeitern vom geprüften Arbeitgeber schon im Prüfzeitraum unzutreffend beurteilt wurden, dieses im Rahmen der Betriebsprüfung aber nicht aufgefallen war. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich als grundlegende Erkenntnis, dass Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) aus solchen Betriebsprüfungen keine weitergehenden Rechte herleiten können, weil Betriebsprüfungen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den Zweck haben, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern (vgl stellvertretend BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 36, mwN; BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20). Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu und kann ihnen schon deshalb nicht zukommen, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend zu sein braucht und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 19 mwN). Betriebsprüfungen - ebenso wie das Ergebnis der Prüfung festhaltende Prüfberichte der Versicherungsträger - bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa - mit Außenwirkung - "Entlastung" zu erteilen (vgl BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11). Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341). Hiervon ausgehend hat der Senat bei unterbliebenen Beanstandungen in Beitragsnachforderungsfällen das Bestehen einer Vertrauensgrundlage für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) bzw eines vertrauensbegründenden (Verwirkungs-)Verhaltens des prüfenden Versicherungsträgers (vgl BSGE 47, 194, 196 ff = SozR 2200 § 1399 Nr 11) und in Beitragserstattungsfällen das Vorliegen eines eigenen oder zuzurechnenden fehlerhaften Verwaltungshandelns der Prüfbehörde (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 21) verneint.

25

Ist die Beurteilung der sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters für den Arbeitgeber (oder Arbeitnehmer) zweifelhaft, so stehen ihm nämlich mehrere Möglichkeiten offen, Rechtsklarheit zu erlangen. Er kann gemäß § 28h Abs 2 S 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des Mitarbeiters durch Verwaltungsakt herbeiführen(vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20; BSG SozR 3-2400 § 26 Nr 7 S 35). An diese Entscheidung sind die Versicherungsträger nach Maßgabe der §§ 44 ff SGB X gebunden(§ 77 SGG). Mit dem gleichen Ziel kann heute der Weg des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV beschritten werden.

26

bb) Der Senat wendet diese Grundsätze in ständiger Rechtsprechung auch bei Betriebsprüfungen in "kleineren" Betrieben an (vgl - im Zusammenhang mit Nachforderungsfällen - BSGE 93, 109 = SozR 4-5375 § 2 Nr 1, RdNr 33 bzw 34; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 36; BSG SozR 4-2400 § 22 Nr 1 RdNr 38, und - im Zusammenhang mit Erstattungsfällen - BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 21; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341). Selbst für Betriebsprüfungen in sog Kleinstbetrieben mit nur einem (einzigen) "Aushilfsarbeiter" hat er eine Verpflichtung der Prüfbehörden verneint, die versicherungsrechtlichen Verhältnisse der (aller) Mitarbeiter vollständig zu beurteilen (vgl BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 1, 36). Obwohl in der Literatur teilweise die Forderung erhoben wird, die Prüfung solle umso dichter sein, je kleiner ein Betrieb ist (vgl hierzu Neidert/Scheer, DB 2011, 2547, 2548), darf die Prüfung von Aufzeichnungen und Unterlagen hier ebenfalls auf Stichproben beschränkt bleiben. Der Senat hat seine Auffassung schon in der Vergangenheit damit begründet, dass sich dem SGB IV und dem für Betriebsprüfungen geltenden Verordnungsrecht eine Unterscheidung zwischen "kleinen" und "großen" Betrieben hinsichtlich Umfang und Schutzweck von Betriebsprüfungen nicht entnehmen lässt (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 21; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341). Er hat weiter darauf hingewiesen, dass es im Übrigen auch bei kleineren Betrieben mit wenigen Arbeitnehmern ausgeschlossen sei, eine vollständige Überprüfung der Lohn(Entgelt)unterlagen vorzunehmen, weil die Prüfzeiträume mehrere Jahre umfassen und sich eine Vollüberprüfung sonst auf sämtliche Abrechnungszeiträume in allen Versicherungszweigen erstrecken müsste.

27

cc) An dieser Rechtsprechung - zum obligatorischen Umfang einer Betriebsprüfung, zur fehlenden Relevanz der Betriebsgröße insoweit und zu den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen - hält der Senat auch in Ansehung neuerer Instanzrechtsprechung "zur Beitragsprüfung" und trotz im Schrifttum erhobener (vorrangig sozialpolitisch einzuordnender) Forderungen nach einer Herstellung von Rechtsfrieden zwischen Sozialverwaltung einerseits und Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) andererseits fest.

28

Entgegen der vom LSG Rheinland-Pfalz in seinem - vom Berufungsgericht zitierten und von der Klägerin für ihren Rechtsstandpunkt herangezogenen - Urteil vom 25.8.2005 (L 1 AL 5/05 - Juris = NZA 2006, 534) vertretenen Auffassung sind Prüfbehörden, wenn "außer dem Gesellschafter-Geschäftsführer nur eine weitere Angestellte gemeldet" ist, nicht (von vornherein) zur umfassenden und erschöpfenden Prüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Mitarbeiter verpflichtet. Das LSG Rheinland-Pfalz belegt seine Ansicht, dass im Hinblick auf solche betrieblichen Besonderheiten für eine Stichprobenprüfung "kein Raum" sein bzw "grundsätzlich keine Veranlassung bestehen" soll, die Betriebsprüfung auf Stichproben zu beschränken (LSG, aaO, Juris RdNr 21 f) nicht mit einer juristisch nachvollziehbaren Argumentation.

29

Es ist auch nicht der vereinzelt im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl Rittweger, DB 2011, 2147 ff, unter Hinweis auf Bayerisches LSG Urteil vom 18.1.2011 - L 5 R 752/08 - Juris = ASR 2011, 250, und Bayerisches LSG Beschluss vom 7.10.2011 - L 5 R 613/11 B ER - Juris = NZS 2012, 280; kritisch - auf den Gesichtspunkt der Transparenz für die Rechtsverfolgung abhebend - auch Brand, NZS 2013, 641, 644) zu folgen, nach der zur Herstellung von "Kalkulationssicherheit bei den Arbeitgebern" in Beitragsnachforderungsfällen bei beanstandungsfreien Betriebsprüfungen ein "Bestandsschutz" für den gesamten geprüften Zeitraum und die versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Mitarbeiter angenommen werden müsse. Dieser "Bestandsschutz" soll dieser Auffassung zufolge - konstruktiv - dadurch erreicht werden, dass eine Betriebsprüfung als in jeder Hinsicht (verfahrens)abschließend betrachtet und zu diesem Zweck das Ergebnis der Prüfung festhaltenden Prüfberichten - in ihrer (nur noch) bis Ende 2010 bestehenden Form (vgl hierzu die Streichung des § 7 Abs 3 Beitragsverfahrensverordnung vom 3.5.2006 durch Art 10 Nr 1 Buchst a des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5.8.2010, BGBl I 1127) - im Verhältnis zum Arbeitgeber Verwaltungsaktsqualität "zuerkannt" bzw ein "formeller Prüfabschluss-Bescheid" gegenüber dem Arbeitgeber gefordert wird (vgl Rittweger, DB 2011, 2147, 2148 f); bei Beitragsnachforderungen solle dann die Pflicht bestehen, die Bindungen des § 45 SGB X und dessen Vertrauensschutzregelungen zu beachten(vgl Rittweger, DB 2011, 2147, 2149), sodass "Eingriffe" in abgeschlossene (oder sich jedenfalls überschneidende) Prüfzeiträume nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich seien. In der Konsequenz dieser Auffassung müsste dann für Beitragserstattungsfälle - zum Zweck der Herstellung von "Kalkulationssicherheit bei den Arbeitgebern" - gefordert werden, dass eine Berufung auf den Verjährungseintritt als unzulässige Rechtsausübung gehindert sei, weil die Beitragsüberzahlung auf ein zurechenbares fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Prüfbehörde zurückgehe.

30

Gegen diese vor allem mit den "Anforderungen der Rechtsentwicklung" und "aktuellen rechtlichen Bedürfnissen" begründete Ansicht ist indessen einzuwenden, dass es - was aber (zunächst) erforderlich wäre - eine Ermächtigung für die Versicherungsträger (Prüfinstitutionen), Prüfberichte als Verwaltungsakte (mit Außenwirkung für den Arbeitgeber) zu erlassen, im SGB IV und in dem für Betriebsprüfungen geltenden Verordnungsrecht nicht gibt. So musste etwa nach § 1 Abs 3 S 1 der bis 30.6.2006 geltenden BeitrÜV vom 22.5.1989 (BGBl I 992) - und § 7 Abs 3 S 1 BVV in ihrer bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aaO) - jeder Versicherungsträger (Prüfinstitution), der eine Prüfung durchgeführt hatte, den Umfang und das Ergebnis der Prüfung … in einem "Bericht" festhalten. Der Prüfbericht, der - mit dem Ziel seiner Weitergabe etwa an die Einzugsstellen (vgl § 1 Abs 3 S 3 BÜV und § 7 Abs 4 S 3 BVV) - lediglich festhielt, welches versicherungsrechtliche Ergebnis aus dem geprüften Sachverhalt hervorging (vgl zu dessen Funktion BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20, mwN; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341) sollte nach der Konzeption des Verordnungsgebers, die in den einschlägigen Vorschriften ihren Niederschlag gefunden hat, aber nur für den zuständigen, die Betriebsprüfung durchführenden Versicherungsträger (Prüfinstitution) Bedeutung erlangen und damit internen Charakter (ohne Außenwirkung für den Arbeitgeber) erhalten (so auch Neidert/Scheer, DB 2011, 2547). Eine (ausdrückliche) Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten "im Rahmen der Prüfung" besteht nur in § 28p Abs 1 S 5 SGB IV, nämlich soweit Versicherungspflicht und/oder Beitragspflicht sowie Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume (oder ggf durch Summenbescheid) festgestellt werden sollen.

31

Keine Verwaltungsakte stellen auch die - dem Arbeitgeber gegenüber schriftlich abzugebenden (vgl § 1 Abs 4 S 1 BeitrÜV und § 7 Abs 4 S 1 BVV) - Mitteilungen der Versicherungsträger (Prüfinstitutionen) über das Ergebnis der Betriebsprüfung dar. Eine solche (bloße) Prüfmitteilung kommt in Betracht, wenn die Betriebsprüfung ohne Beanstandungen blieb; andernfalls wird das Ergebnis der Betriebsprüfung nämlich in der Gestalt von Bescheiden nach § 28p Abs 1 S 5 SGB IV bekanntgegeben(vgl auch Neidert/Scheer, DB 2011, 2547; Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28p RdNr 138 f; Roßbach in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28p SGB IV RdNr 11). Schon nach dem Wortlaut der Verordnungsregelungen ("Mitteilung") setzt die Mitteilung an den Arbeitgeber diesem gegenüber keine (verbindliche) - regelnde oder feststellende - Rechtsfolge, sondern enthält lediglich eine (unverbindliche) Information des Versicherungsträgers (Prüfinstitution) über die zurückliegende Betriebsprüfung (so ausdrücklich Jochim, aaO, RdNr 138; Roßbach, aaO, RdNr 11; vgl auch Brand, NZS 2013, 641, 645).

32

Gegen die Annahme eines umfassenden "Bestandsschutzes" für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) nach beanstandungsfreien Betriebsprüfungen spricht schließlich, dass das Verfahren der Betriebsprüfung (heute) inhaltsgleich und rechtlich gleichwertig neben dem Einzugsstellenverfahren (vgl § 28h Abs 2 SGB IV)und dem Anfrageverfahren (vgl § 7a SGB IV) besteht (vgl - zum Anfrageverfahren - BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 17, 22 f; BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 13, 18 f)und für die Entscheidungskompetenzen der Einzugsstelle und der "Clearing-Stelle" im Rahmen der Beschäftigtenversicherung (entsprechende) zeitliche Einschränkungen gesetzlich (gerade) nicht gelten. Die Entscheidung, ob eine bestimmte Tätigkeit als Beschäftigung zur Versicherungspflicht führt oder nicht, kann auch im Einzugsstellen- und Anfrageverfahren grundsätzlich ohne zeitliche Beschränkungen nachträglich getroffen werden; das hat der Senat für diese Verfahren stets ohne Weiteres angenommen und ist davon ausgegangen, dass Verwaltungsakte über das (Nicht)Bestehen von Versicherungspflicht hier unabhängig davon ergehen können, ob die Tätigkeit bereits zuvor von einer Einzugsstelle, der "Clearing-Stelle" oder bei einer Betriebsprüfung beurteilt und ohne Beanstandungen geblieben war (so auch - zum Einzugsstellenverfahren - LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.4.2009 - L 11 KR 2495/05 - Juris RdNr 53 = ArbuR 2009, 264). Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes sind allerdings auch im Einzugsstellen- und Anfrageverfahren (jedenfalls) dann zu prüfen, wenn in der Vergangenheit Verwaltungsakte mit materieller Bindungswirkung ergangen sind.

33

Vor diesem Hintergrund kann die im Schrifttum erhobene Forderung nach einem "neuen rechtlichen Rahmen", insbesondere einem formellen "Prüfabschluss-Bescheid", bzw einer "neuen Beitragsordnung" (vgl Rittweger, DB 2011, 2147, 2149) letztlich nur als Anregung an den Gesetzgeber verstanden werden, dem "Bestands- bzw Vertrauensschutz" nach Betriebsprüfungen, die ohne Beanstandungen geblieben sind, mehr Beachtung zu schenken. Als Referenz wird insoweit vor allem die für Steuerbescheide, die aufgrund einer (steuerlichen) Außenprüfung ergangen sind, geltende Änderungssperre nach § 173 Abs 2 S 1 Abgabenordnung (AO) benannt, die - unter den dort geregelten Voraussetzungen - als zusätzliches Korrekturhindernis die allgemeinen Korrekturtatbestände des § 173 Abs 1 AO modifiziert; eine entsprechende Vorschrift existiert indessen für das Sozialversicherungsrecht nicht. Angesichts der jahrzehntelangen, dem Gesetzgeber bekannten Rechtsprechung des Senats zu den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen kann auch nicht von einer durch eine Analogie auszufüllenden Gesetzeslücke ausgegangen werden.

34

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

35

4. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des Betrages der noch streitigen Forderung nach Erstattung der Arbeitgeberanteile der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung festzusetzen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.04.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigel zu 1) bis 4).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Der am … 1963 geborene Beigeladene zu 1) ist gelernter Diplomingenieur (FH) für Feinwerktechnik mit der Fachrichtung „Allgemeine Feinwerktechnik“. Seit dem 01.07.1994 arbeitet er als EDV-Systemingenieur und bietet EDV-Ingenieurleistungen sowie Projektplanungen und -durchführungen an. Hierbei hat er sich auf Storage-Area-Network (SAN) bzw Speichernetzwerke spezialisiert. In der Zeit von 1991 bis September 2008 wurde er von unterschiedlichen Unternehmen als Entwickler, Systemingenieur, Senior Consultant, Trainer, Projektkoordinator, Solution Architekt sowie als Coach beauftragt (ua für folgende Unternehmen: C./C.-Center D. C. GmbH, E. P., E., D. D., Dr P., A. B., I. GmbH, C. AG, P. AG, E., S. F., M. und Q.). Im Zeitraum von Mai 2009 bis Oktober 2011 zählten zu seinen Kunden die Firmen A., M. Re und die Anwaltskanzlei F. B. D. L..
Die Klägerin, die 1989 als AG gegründet wurde, ist ein international ausgerichtetes Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen und zählt nach ihren eigenen Angaben zu den zehn führenden mittelständischen Informations- und Kommunikationsdienstleistern in Deutschland. Sie bietet IT-Services und Lösungen an. Zur Zeit beschäftigt sie (im Rahmen ihrer Gruppe) ca. 455 fest angestellte und ca. 300 freie Mitarbeiter (vgl www.s...de/ueber-uns/unternehmen.html, recherchiert am 02.02.2012).
Der Beigeladene zu 1) war in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 als EDV-Systemingenieur für die Klägerin tätig. Diese führte bei der P. Produktions GmbH (Endkundin) ein Projekt sowohl mit bei ihr fest angestellten als auch freien Mitarbeitern durch. Der Beigeladene zu 1) war im Rahmen dieses Projekts für die Klägerin bei der Endkundin tätig. Die Tätigkeit umfasste die Beratung und Unterstützung des Storagemanagements sowie IT-Consultingleistungen für Konzeption und Betrieb von Massenspeichersystemen bei der Endkundin. Werkziele waren die Einrichtung eines SAN-Reportings, die Migration einer Transcoding-Serverfarm sowie ab Februar 2009 die Planung und Durchführung der Migration von bestehenden Storage-Systemen auf Neustorage-Systeme. Der Beigel zu 1) schloss deshalb als „Auftragnehmer“ mit der Klägerin als „Auftraggeberin“ eine Vereinbarung, wonach der Beigeladene zu 1) mit einem geplanten Leistungszeitraum vom 01.10. bis 31.12.2008 und einem geplanten Leistungsumfang von 520 Stunden zu einem Stundensatz von 80,00 EUR pro Stunde (Gesamtvolumen 41.600,00 EUR) bei der Endkundin für die Klägerin tätig werde. Der als „Beauftragung“ überschriebene Vertrag lautet auszugsweise wie folgt (Bl 24 bis 27 der Verwaltungsakte):
„Leistungsbeschreibung: Beratung und Unterstützung im Storagemanagement des Kunden.
Vertragsbedingungen:
1. „Gegenstand des Vertrages (der Beauftragung)/Leistungsumfang
a. Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer, die unter dem Kapitel `Leistungsbeschreibung´ näher beschriebenen Beratungs- und Dienstleistungen zu erbringen. Der angegebene Leistungszeitraum und -umfang sind nicht zwingend. Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf die maximale Vergütung. Der Auftraggeber ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den geplanten Leistungsumfang voll auszuschöpfen.
b. (…)
10 
a. Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Ein Anstellungsverhältnis wird nicht begründet.
11 
b. (…)
12 
c. Der Auftragnehmer ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Der Auftragnehmer erfüllt seine Aufgaben eigenverantwortlich.
13 
d. Sollte der Auftragnehmer an der Auftragserfüllung gehindert sein, verpflichtet er sich, den Auftraggeber rechtzeitig darüber zu informieren. Der Auftragnehmer kann sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben auch anderer Personen bedienen, die die erforderliche fachliche Qualifikation besitzen, er bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistungen gegenüber dem Auftraggeber verantwortlich.
14 
e. Im Leistungsnachweis sind der Einsatzort sowie der Umfang der Tätigkeit für jeden Einsatztag entsprechend auszuweisen.
15 
2. Laufzeit des Vertrags/Kündigung
16 
a. Dieser Vertrag kann aus wichtigem Grund, insbesondere wichtigen wirtschaftlichen Gründen wie der Stornierung des Gesamtauftrags durch den Kunden des Auftragsgebers oder, wenn die entsprechend der Leistungsbeschreibung geforderte Qualität und Quantität nicht erfüllt werden, ohne Frist durch den Auftragsgeber schriftlich gekündigt werden. (…)
17 
b. Unabhängig vom Recht der Kündigung aus wichtigem Grund kann der Vertrag vom Auftraggeber mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. (…)
18 
3. Abrechnung/Rechnungstellung
19 
a. Der Auftragnehmer wird monatlich Rechnungen stellen. (…)
20 
b. Die monatliche Abrechnung erfolgt nach Aufwand auf Basis der von dem Auftraggeber oder dessen Kunden gegengezeichneten Leistungsnachweise, die den Rechnungen beizufügen sind. Der Leistungsnachweis (…) ist spätestens am 3. Arbeitstag des Folgemonats vorzulegen.
21 
(…)
22 
6. Betriebshaftpflichtversicherung/Versicherung
23 
Der Auftragnehmer verpflichtet sich zum Abschluss einer separaten Betriebshaftpflichtversicherung. (…)
24 
7. Sonstiges/Schlussbestimmungen
25 
26 
d) Im Übrigen gelten die `Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Subunternehmer´, einsehbar unter http://www.s...de/fileadmin/s./Subunternehmer.pdf.“
27 
Am 29.12.2008 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) eine weitere als „Beauftragung“ überschriebene Vereinbarung über die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im Leistungszeitraum vom 02.01. bis 30.06.2009 mit einem geplanten Leistungsumfang von 1024 Stunden und einem Stundensatz von 80,00 EUR pro Stunde (Gesamtvolumen 81.920,00 EUR) bei der Endkundin. Als Zusatzvereinbarung vereinbarten die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) eine Rufbereitschaft von Montag bis Freitag (07.00 bis 19.00 Uhr und von 18.00 bis 23.00 Uhr) und von Samstag bis Sonntag von 07.00 bis 23.00 Uhr nach vorheriger Abstimmung und Freigabe durch den Projektleiter der Endkundin. Die Rufbereitschaft werde mit 500,00 EUR pauschal vergütet. Einsatzzeiten während der Rufbereitschaft wurden als Arbeitszeit vergütet inklusive anfallender Zuschläge (Montag bis Freitag von 22.00 bis 06.00 Uhr 25% und Samstag ab 22.00 Uhr sowie Sonntag und Feiertag von 00.00 bis 24.00 Uhr 50%). Im Übrigen entsprach die Vereinbarung der vom 29.12.2008 (vgl Bl 28 bis 31 der Verwaltungsakte). Tatsächlich war der Beigeladene zu 1) nur bis zum 30.04.2009 bei der Endkundin beschäftigt. Für den Zeitraum von Oktober 2008 bis April 2009 (Projektende) erstellte er entsprechende Rechnungen an die Klägerin und fügte entsprechende Tätigkeitsnachweise für die einzelnen Arbeitstage bei (Bl 95 bis 108 der Verwaltungsakte). Während der Tätigkeit für die Klägerin war der Beigeladene zu 1) für keine weiteren Auftraggeber tätig.
28 
Am 10.12.2008 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit für die Klägerin. Im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gab er an, für verschiedene Auftraggeber tätig zu sein, ua für die E. GmbH und die I. AG. Diesbezüglich legte er einen Projektrahmenvertrag vom 08.05.2006 mit der E. Deutschland GmbH sowie einen Rahmenvertrag vom 23.11.2006 mit der I. AG vor. Er gab des Weiteren an, keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einhalten zu müssen und keine Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) der Tätigkeit zu erhalten. Auch sei die Einstellung von Vertretern bzw Hilfskräften nicht von der Zustimmung des Auftraggebers abhängig. Zur weiteren Begründung führte er aus, er arbeite mit eigenem Kapital und eigenen Betriebsmitteln (Laptop, Kfz und Büro). Seine Kalkulation und Preisgestaltung richteten sich nach der Situation am Markt und dem jeweiligen Projektangebot. Er mache Werbung über seine eigene Homepage sowie über Eintragungen in den Portalen GULP oder XING. Er erhalte ca ein bis zwei Projektanfragen pro Woche. Die Projektlaufzeit liege zwischen einigen Wochen und mehreren Jahren. Je nach Art der Projekte arbeite er parallel an verschiedenen Projekten für verschiedene Anbieter. Er wähle seine Projekte anhand der technischen Herausforderungen, der Wirtschaftlichkeit, des Standortes, der Entwicklungsmöglichkeiten und seiner Verfügbarkeit aus. Darüber hinaus legte der Beigeladene zu 1) die Vereinbarungen mit der Klägerin vom 30.09. und 29.12.2008 vor. Im Anhörungsverfahren teilte die Klägerin mit, sie habe bei den Endkunden einen Gesamtprojekt, wobei die Verantwortung der Projektkoordination dem Projektleiter der Klägerin obliege. Dieser stimme sich in allen übergeordneten Belangen mit dem Projektverantwortlichen des Endkunden ab. Der Projektleiter der Klägerin stimme sich dann weiter mit dem Beigeladenen zu 1) ab, der dann ergebnisorientiert unter Berücksichtigung des gemeinsam geplanten Zeit- und Aufwandsrahmens die Projektlösung ausarbeite. Hierbei sei der Beigeladene zu 1) nicht weisungsgebunden und in der Wahl der Art und Weise der Lösungsausarbeitung frei. Auch könne er einen Teil der Ausarbeitung an einen Dritten weitergeben oder das an ihn übergebene Arbeitspaket komplett von Dritten ausarbeiten lassen. Diese Freiheitsgrade habe üblicherweise ein Festangestellter in ihrem Hause nicht. Deshalb werde der Beigeladene zu 1) auch nicht nach Anwesenheit, sondern nach Leistung honoriert. Arbeitszeiten spielten insofern eine untergeordnete Rolle. Im Außenverhältnis habe man die Endkundin bereits vor dem Projektstart informiert, dass für den vom Beigeladenen zu 1) durchzuführenden Projektteil aus Kapazitätsgründen kein eigener Mitarbeiter vorhanden sei. Dies sei allen Beteiligten bekannt gewesen. Insofern sei auch jedem Projektbeteiligten mitgeteilt worden, dass es sich bei dem Beigeladenen zu 1) um einen freien Mitarbeiter handle. Dieser sei deshalb auch in keinerlei betriebliche Abläufe der Klägerin eingegliedert gewesen. Hätte sie für die anstehende Aufgabe einen eigenen Mitarbeiter gehabt, wäre der Beigeladene zu 1) nicht beauftragt worden. Gleiches gelte, wenn sie eine kostengünstigere Alternative gehabt hätte. Solche Risiken kenne ein Festangestellter nicht.
29 
Mit Bescheiden vom 04.03.2009 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als EDV-Systemingenieur seit dem 01.10.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und die Versicherungspflicht „dem Grunde nach“ mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung beginne. Zur Begründung führte die Beklagte aus, im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens werde jedes Auftragsverhältnis gesondert beurteilt. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber sei nicht gleichbedeutend mit einer selbstständigen Tätigkeit. Eigene maßgebliche Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und Art und Weise der Tätigkeit bestünden bei der tatsächlichen Leistungserbringung nicht. Die Tätigkeit werde überwiegend in den Räumlichkeiten der Endkundin mit den dort vorhandenen Betriebsmitteln ausgeübt. Die Tätigkeit erfolge im Team und bei der Klägerin unterstehe der Beigel zu 1) der Projektleitung. Es sei eine feste Vergütung vereinbart und die Klägerin bzw die Endkundin stellten dem Beigeladenen zu 1) kostenlos Arbeitsmittel zur Verfügung. Nach der Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.
30 
Hiergegen erhob die Klägerin am 12.03.2009 Widerspruch. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Gesamtwürdigung der Beklagten treffe nicht zu. Die Beklagte müsse zwischen den Verträgen zwischen ihr und der Endkundin und dem Vertrag zwischen ihr und dem Beigeladenen zu 1) unterscheiden. Dieser habe eine eigene Kalkulation und Preisgestaltung mit ihr ausgehandelt. Es gebe auch keine Stundensatzvorgaben. Zu berücksichtigen sei, dass sie Kundin des Beigeladenen zu 1) sei. Sie habe sich nur deshalb für den Beigeladenen zu 1) entschieden, weil es vom Leistungsverhältnis her keine kostengünstigere Alternative gegeben habe. Insofern trage der Beigeladene zu 1) auch das unternehmerische Risiko. Die Gestaltung des Zeitraumes für die Tätigkeit erfolge durch den Beigeladenen zu 1), der auch in der Gestaltung der Arbeitsleistung frei sei. Die Arbeitsmittel würden lediglich aus Sicherheitsgründen von der Endkundin zur Verfügung gestellt. Kein Unternehmen lasse es heute zu, dass fremde Arbeitsmittel im IT-Bereich eingesetzt und mit dem eigenen System verbunden werden. Die Gefahren hierfür lägen auf der Hand. Auch habe die Endkundig stets gewusst, dass der Beigeladene zu 1) als freier Mitarbeiter selbstständig tätig sei.
31 
Am 01.04.2009 legte der Beigeladene zu 1) gegen den Bescheid vom 04.03.2009 Widerspruch ein und bestätigte im Wesentlichen die Ausführungen der Klägerin, wobei er darauf hinwies, auch bei der Endkundin im eigenen Namen aufzutreten. Darüber hinaus erhalte er auch keine Zusatzleistungen wie zB Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Er trage das volle Unternehmerrisiko. Zur weiteren Begründung legte der Beigeladene zu 1) die an die Klägerin adressierten Rechnungen für den Leistungszeitraum Oktober 2008 bis April 2009 mit den dazugehörigen Tätigkeitsnachweisen vor. Er wies zudem darauf hin, dass er über einen Remotezugang verfüge, sodass er sich von zu Hause aus in das System der Endkundin einloggen könne. Er habe deshalb auch von zu Hause aus gearbeitet und seine Ausstattung genutzt. Diesbezüglich legte er eine Aufstellung seines Anlagevermögens vor (Bl 109 bis 115 der Verwaltungsakte).
32 
Mit Widerspruchsbescheiden vom 3. November 2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten die Widersprüche zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge. Der Beigeladene zu 1) habe keinen Einfluss auf die arbeitsbegleitenden Regelungen. Er unterliege den Einschränkungen durch Vorgabe des Endkunden bzw des Projektleiters der Klägerin. Obwohl die vertraglichen Regelung eine freie Gestaltung der Arbeitszeit vorsähen, sei die Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit durch die Kontrolle der Anwesenheits- und Abwesenheitszeiten und die terminlichen Vorgaben des Auftraggebers bzw Endkunden begrenzt. Zudem sei ein Leistungsnachweis zu führen. Zwar bestehe keine Verpflichtung, die Leistung persönlich zu erbringen, der Einsatz von Hilfskräften oder Vertretern sei jedoch nicht erfolgt. Das Haftungsrisiko bestehe ausschließlich für die Klägerin gegenüber den Endkunden und es erfolge auch keine Honorierung aufgrund eines Projekterfolges, sondern aufgrund von abgezeichneten und kontrollierten Zeiterfassungsbögen. Hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes seien nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Stundenpauschale vereinbart worden sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolge. Denn die Selbstständigkeit eines Dienstverpflichteten werde nicht dadurch begründet, dass er durch den Verzicht auf Leistungen Verpflichtungen, Belastungen und Risiken übernehme, die über die Pflichten eines Arbeitnehmers hinausgingen.
33 
Hiergegen hat der Beigeladene zu 1) am 30.11.2009 Klage beim Sozialgericht München erhoben (AZ: S 25 R 7696/09). Dieses Verfahren ruht.
34 
Die Klägerin hat am 16.11.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Unter dem 28.12.2009 hat die Beklagte den weiteren Bescheid erlassen, indem sie den angefochtenen Bescheid vom 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2009 dahingehend abgeändert hat, dass in der von dem Beigeladenen zu 1) seit dem 01.10.2008 ausgeübten Beschäftigung als EDV-Systemingenieur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass er nach § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Verfahrens werde.
35 
Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag wiederholt und ergänzt. Der Änderungsbescheid vom 28.12.2009 sei bereits deswegen rechtswidrig, weil eine Anhörung nicht stattgefunden habe. Darüber hinaus sei zwischen den Vertragsverhältnissen mit dem Beigeladenen zu 1) einerseits sowie der Endkundin andererseits zu unterscheiden. Der Beigeladene zu 1) sei in der Einteilung seiner Arbeitszeit ihr gegenüber und auch gegenüber der Endkundin frei, da bei dem Beigeladenen zu 1) anders als bei abhängig beschäftigten Arbeitnehmern weder Arbeitsbeginn und -ende noch Pausen festgelegt seien. Zudem stehe es dem Beigeladenen zu 1) frei, eigenes Personal einzusetzen. Er trete auch nicht wie ihr Angestellter gegenüber der Endkundin auf. Vielmehr sei die Endkundin vorab darüber informiert worden, dass der Beigeladene zu 1) als selbstständiger Mitarbeiter tätig werde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Berater typischerweise selbstständig tätig seien, und zwar auch im Rahmen von längeren Projekten.
36 
Mit Beschluss vom 14.01.2010 hat das SG die Beigeladenen zu 1) bis 3) sowie die Agentur für Arbeit B. als Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen; mit Änderungsbeschluss vom 22.04.2010 hat das SG die jetzige Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen. Bis auf den Beigeladenen zu 1) haben sich die übrigen Beigeladenen nicht zur Sache und zum Verfahren geäußert. Der Beigeladene zu 1) hat nochmals darauf hingewiesen, dass er keinerlei Weisungsrechten unterlegen und ein eigenes Unternehmerrisiko getragen habe.
37 
Mit Urteil vom 28.04.2011 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2009 und des Bescheids vom 28.12.2009 aufgehoben und festgestellt, dass für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als EDV-Systemingenieur im Bereich der Beratung und Unterstützung des Storagemanagements bei der Klägerin in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid vom 28.12.2009 sei nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, denn er ersetze den Bescheid vom 04.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2009, indem er die zusätzliche Feststellung enthalte, dass der Beigeladene zu 1) auf Grund seiner abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei. Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten über den Antrag des Beigeladenen zu 1) auf Statusfeststellung sei § 7a Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich aus § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV. Dahin gestellt bleiben könne, ob der Bescheid vom 04.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2009 in Gestalt des Bescheids vom 28.12.2009 deswegen formell rechtswidrig sei, weil weder die Klägerin noch der Beigeladene zu 1) vor Erlass des Bescheids vom 28.12.2009 nochmals angehört worden sei, denn jedenfalls sei der Bescheid vom 04.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2009 in Gestalt des Bescheids vom 28.12.2009 materiell rechtswidrig, weil eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) während seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 und eine daraus folgende Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht bestanden habe. Wesentliches Abgrenzungskriterium sei, dass vorliegend keine Pflicht zur persönlichen Erbringung der Arbeitsleistung des Beigeladenen zu 1) bestanden habe. Ausweislich der Vereinbarungen vom 30.09.2008 und 29.12.2008, Ziffer I d) habe sich der Beigeladene zu 1) zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer Personen bedienen dürfen. Dass der Beigeladene zu 1) selbst Mitarbeiter beschäftigen durfte, um mehrere Aufträge gleichzeitig annehmen zu können und dass es ihm im Verhältnis zu Klägerin gestattet war, die Aufträge durch Dritte zu erfüllen, stehe der Annahme einer abhängigen Beschäftigung entgegen. Auch wenn der Beigeladene zu 1) während seiner Tätigkeit für die Klägerin tatsächlich keine Hilfskräfte eingesetzt habe, möge dies zwar das Gewicht dieses Merkmals für eine nichtabhängige Beschäftigung mindern, jedoch sei allein das ihm eingeräumte Recht zur Aufgabenerfüllung durch Dritte selbst ohne Gebrauchmachung hiervon ein gewichtiges Indiz zugunsten einer nichtabhängigen Beschäftigung, es sei denn die Übertragung der Aufgabenerfüllung durch den Beigeladenen zu 1) auf Dritte sei faktisch ausgeschlossen. Dafür, dass die Klägerin oder die Endkundin tatsächlich nur die persönliche Arbeitsleistung des Beigeladenen zu 1) angenommen und zugelassen hätten, sei jedoch nichts ersichtlich. Es sei somit von den vertraglichen Regelungen in den schriftlichen Vereinbarungen vom 30.09.2008 und 29.12.2008 auszugehen, wonach dem Beigeladenen zu 1) das Recht zur nichtpersönlichen Auftragsausführung zugestanden habe. Der Beigeladene zu 1) sei auch nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Er habe bei der Klägerin über kein Büro und keinen Zugang zu den Räumen der Klägerin verfügt. Er sei auch nicht in den Betrieb der Endkundin eingegliedert gewesen. Zwar sei der Beigeladene zu 1) in den Räumen der Endkundin tätig gewesen und habe die vorhandene Hardware verwendet. Der Beigeladene zu 1) habe auch teamorientiert Arbeiten im Projektteam verrichtet, dh er sei „Hand in Hand“ mit anderen Beschäftigten der Klägerin bzw der Endkundin tätig gewesen. Dies führe jedoch nicht dazu, dass er in die Betriebsorganisation der Endkundin eingegliedert gewesen sei. Entscheidend sei, ob im Rahmen der Projektbetreuung Weisungen hinsichtlich der Aufgabenausführung und des Inhalts erteilt würden, oder aber es sich nur um eine Abstimmung im Team handle. Eine Projektteamarbeit könne sowohl im Rahmen einer abhängigen als auch im Rahmen einer nichtabhängigen Beschäftigung ausgeübt werden. Allein der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen einer Projektzusammenarbeit auch von der Arbeit anderer Team-Partner „abhängig“ gewesen sei, genüge nicht für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Hierzu bedürfe es weiterer Weisungen und organisatorischer Maßnahmen seitens der Endkundin bzw der Klägerin, die vorliegend nicht ersichtlich sind. Der Beigeladene zu 1) habe schon keinem Weisungsrecht hinsichtlich der Einteilung seiner Arbeitszeit unterlegen. Weder ergebe sich ein Weisungsrecht der Klägerin oder der Endkundin betreffend die Arbeitszeit aus den schriftlichen Vereinbarungen, noch sei eine tatsächliche Weisungspraxis der Klägerin oder ihrer Endkundin hinsichtlich der Arbeitszeit des Beigeladenen zu 1) ersichtlich. Dem stehe nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1) ausweislich der zur Verwaltungsakte gereichten Übersichten regelmäßig zu den gewöhnlichen Arbeitszeiten eines Angestellten gearbeitet habe, da es dem Beigeladenen zu 1) frei gestanden habe, seine Arbeitszeiten zu wählen, er also auch zu den üblichen Arbeitszeiten, die auch andere angestellte Mitarbeiter bei Weisungsunterworfenheit zu beachten haben, habe arbeiten können, ohne dass dies ein Indiz für die abhängige Beschäftigung darstelle. Vielmehr habe der Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung überzeugend vorgetragen, dass er die Arbeitszeiten so gewählt habe, dass es für seine Arbeitsausführung sinnvoll war und er Mitarbeiter der Endkundin noch antreffen konnte. Entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1) nicht verpflichtet war, auf Anweisung der Klägerin oder der Endkundin zu bestimmten Zeiten tätig zu werden. Auch terminliche Vorgaben der Endkundin stellten, soweit sie wie hier im Rahmen eines Projektzusammenarbeit stattfänden, nicht Weisungen eines Arbeitgebers dar, wenn sie Teil des vereinbarten Auftrags seien. Ein Weisungsrecht habe auch nicht hinsichtlich der Dauer der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) vorgelegen. Vielmehr ergebe sich allein aus der Vereinbarung des Beigeladenen zu 1) mit der Klägerin, welcher Leistungszeitraum und welche Stundenanzahl geplant sei. Ein einseitiges arbeitgeberspezifisches Recht, die Dauer der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) konkret vorzuschreiben, ergebe sich weder aus den schriftlichen Verträgen vom 30.09.2008 und 29.12.2008 noch aus der tatsächlichen Durchführung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei der Endkundin. Gleichfalls könne ein umfassendes Weisungsrecht hinsichtlich des Ortes der Tätigkeit nicht festgestellt werden. Anders als die Beklagte meine, begründe der in der Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) festgelegte Erfüllungsort des Auftrags kein Weisungsrecht der Klägerin. Dass für den Beigeladenen zu 1) eine Bindung an den Tätigkeitsort durch Nutzung der am Betriebssitz der Endkundin zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel bestanden habe, treffe insofern schon nur teilweise zu, als der Beigeladene zu 1) mitgeteilt habe, auch über einen Remotezugang von seinem Homeoffice aus arbeiten zu können, soweit es seine Aufgabe zugelassen habe. Auch hinsichtlich der Art der Tätigkeit seien dem Beigeladenen zu 1) weder durch die Klägerin noch durch die Endkundin inhaltliche Weisungen erteilt worden. Vielmehr habe sich aus der Beauftragung selbst die Art der Ausführung bzw der Inhalt der Tätigkeit ergeben. Der Beigeladene zu 1) habe seine Tätigkeit als EDV-System-Ingenieur im Bereich Beratung und Unterstützung des Storagemanagements als Unternehmer ausgeübt. Er trete am Markt als Unternehmer auf, denn er werbe für sich mit einer eigenen Internetseite und erhalte hierüber regelmäßig Auftragsangebote. Er sei auch gegenüber der Endkundin nicht wie ein Beschäftigter der Klägerin aufgetreten. Dass der Beigeladene zu 1) etwa mit einem Firmenauto zur Endkundin gefahren sei, ist nicht ersichtlich. Er habe auch unternehmerischen Chancen und Risiken unterlegen, die gegen eine abhängige Beschäftigung sprächen. Unternehmerische Risiken hätten für den Beigeladenen zu 1) insoweit bestanden, als er gegenüber der Klägerin haftete und auf eigene Kosten eine private Haftpflichtversicherung abzuschließen hatte. Das Haftungsrisiko des Beigeladenen zu 1) übersteige dasjenige Risiko eines Arbeitnehmers, von seinem Arbeitgeber in Regress genommen zu werden, denn eine Beschränkung des vertraglichen Haftungsrisikos habe vorliegend nicht bestanden. Dass der Beigeladene zu 1) nicht vertraglich gegenüber der Endkundin haftete, sei im Verhältnis zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1) unerheblich. Es hätten zudem für den Beigeladenen zu 1) auch unternehmerische Chancen bestanden, die über die Chancen eines abhängig Beschäftigten hinausgingen. Dadurch, dass er seine Arbeitsleistung nicht wie ein abhängig Beschäftigter persönlich zu erbringen hatte, sondern ihm das Recht eingeräumt gewesen sei, einerseits für weitere Auftraggeber tätig zu werden und andererseits die vereinbarte Tätigkeit durch Dritte zu erbringen, habe er auch bei vereinbarter Stundenvergütung insoweit unternehmerische Chancen, als dass er bei (erlaubter) Tätigkeit für weitere Auftraggeber gleichzeitig selbst und durch eigene Mitarbeiter Gewinne hätte erzielen können. Diese unternehmerische Chance sei einem Arbeitnehmer gerade nicht eröffnet, der nicht mehr als durch die persönliche Arbeitsleistung erwirtschaften könne. Dem Umstand, dass der Beigeladene zu 1) über keine wesentlichen Betriebsmittel verfüge, komme kein entscheidender Indizwert zu, da es sich vorliegend um eine betriebsmittelarme Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) gehandelt habe.
38 
Gegen das der Beklagten am 17.06.2011 zugestellte Urteil hat diese am 18.07.2011, einem Montag, Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es habe nur eine vertragstheoretische Möglichkeit bestanden, sich Hilfskräften zu bedienen. Es handle sich daher nicht um ein gewichtiges Indiz zugunsten einer nichtabhängigen Beschäftigung. Selbst wenn Hilfskräfte tatsächlich eingesetzt würden, spreche dies nur unter weiteren Bedingungen für eine selbstständige Tätigkeit. Auch sei der Beigeladene zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Der Betriebszweck der Klägerin sei darauf gerichtet, bei ihren Endkunden Gesamt- bzw Großprojekte im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung durchzuführen. Wenn der Beigeladene zu 1) für die Klägerin in einem solchen Projekt tätig werde, erfülle sich darin die Eingliederung in deren Betriebsorganisation. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin ergebe sich auch aus der Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) selbst seine Dienstleistungen im Rahmen eines zwischen seinem Auftraggeber und einem Dritten abgeschlossenen Werkvertrages erbringe. Andernfalls sei die Problematik der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung tangiert. Bereits diese vertragliche Gesamtkonstellation erfordere die Erteilung von Weisungen gegenüber dem Auftragnehmer, also dem Beigeladenen zu 1), dessen Ziele durch die Beschreibung der Tätigkeit in den Beauftragungen nicht klar definiert sei. Die vertragliche Beschreibung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei nicht annährungsweise präzise genug, als dass der Beigeladene zu 1) auf dieser Grundlage seine Dienstleistung ohne weitere Weisungen in eigener Verantwortung hätte erbringen können. Zudem habe das SG ein Haftungsrisiko zu Unrecht mit einem Unternehmerrisiko gleichgesetzt. Schließlich habe es vor Erteilung des Bescheids vom 28.12.2009 auch keiner Anhörung bedurft.
39 
Die Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
40 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.04.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
die Berufung zurückzuweisen.
43 
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Soweit sich die Beklagte auf Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. Mai 2011 und des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Juli 2007 beziehe, so vermöge dies nicht zu überzeugen. Denn die genannten Urteile beträfen Fälle von Regalauffüllern. Die Leistung des Beigeladenen zu 1) habe jedoch nicht in einer einfachen Hilfstätigkeit bestanden. Vorliegend fehle es gerade nicht an der Möglichkeit der individuellen Arbeitsleistung, wie sie für selbstständige Tätigkeiten typisch sei. Dies zeige sich schon daran, dass der Beigeladene zu 1) als EDV-Systemingenieur auch im Bereich der Beratung tätig gewesen sei. Auch eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in ihre Arbeitsorganisation habe nicht vorgelegen. Der Beigeladene zu 1) habe weder ein Büro bei ihr noch habe er eine Zugangskarte und könne sich auch bei ihr nicht frei bewegen. Zudem komme eine Eingliederung bei der Endkundin nicht in Betracht. Auch eine teamorientierte Arbeit in einem Projektteam führe nicht zu einer Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation. Die Beklagte differenziere erneut nicht zwischen den Vertragsverhältnissen. Darüber hinaus habe die Leistungsbeschreibung mit „Beratung und Unterstützung im Storagemanagement“ ausgereicht, um die zu erbringende Leistung zu beschreiben. Alle Beteiligten wüssten, was zu tun sei. Gerade im Rahmen einer Beratung könne eine Leistungsbeschreibung nicht präziser sein. Auch ein Rechtsanwalt erhalte oft bei der Beauftragung ein Bündel Unterlagen verbunden mit der Beauftragung der Vertretung in einem Gerichtsverfahren. Damit sei die Leistungsbeschreibung „Vertretung in einem Gerichtsverfahren“ verbunden.
44 
Der Beigeladene zu 1) beantragt,
45 
die Berufung zurückzuweisen.
46 
Er hält die Entscheidung des SG ebenfalls für zutreffend.
47 
Die übrigen Beteiligten haben sich zur Sache und zum Verfahren nicht geäußert.
48 
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Rechtsstreit am 29.11.2011 erörtert. Insoweit wird auf die Niederschrift verwiesen (Bl 42 bis 44 der LSG-Akte).
49 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
50 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
51 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft, zulässig und begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 04.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2009 (§ 95 SGG) und den Änderungsbescheid vom 28.12.2009 zu Unrecht aufgehoben. Für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als EDV-Systemingenieur im Bereich der Beratung und Unterstützung des Storage Managements bei der Klägerin bestand in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
52 
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 28.12.2009 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Durch diesen Änderungsbescheid hat die Beklagte die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seiner neueren Rechtsprechung (11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 = SozR 4.2400 § 7a Nr 2 mit Anm von Plagemann, EWiR 2009, 689; 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris; s hierzu auch ausführlich Merten, SGb 2010, 271) aufgestellt hat und denen der Bescheid vom 04.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2009 nicht genügte, weil hierin lediglich eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung „dem Grunde nach“ und ohne zeitliche Individualisierung festgestellt wurde.
53 
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschrift der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).
54 
Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hat der Beigel zu 1) am 10.12.2008 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
55 
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
56 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
57 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
58 
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) als EDV-Systemingenieur im Bereich der Beratung und Unterstützung des Storage Managements bei der Klägerin in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Die Klägerin führte bei der P. Produktions GmbH (Endkundin) ein Projekt durch. Der Beigeladene zu 1) war im Rahmen dieses Projekts in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 als EDV-Systemingenieur für die Klägerin bei der Endkundin tätig. Die Tätigkeit umfasste die Beratung und Unterstützung des Storagemanagements sowie IT-Consultingleistungen für Konzeption und Betrieb von Massenspeichersystemen bei der Endkundin. Werkziele waren die Einrichtung eines SAN-Reportings, die Migration einer Transcoding-Serverfarm sowie ab Februar 2009 die Planung und Durchführung der Migration von bestehenden Storage-Systemen auf Neustorage-Systeme. Diese Tätigkeit ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch als freier Mitarbeiter (Dienstvertrag) möglich. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris RdNr 23). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris RdNr 26). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im hier streitigen Zeitraum bei der Endkundin der Klägerin.
59 
Ein Indiz, das für eine abhängige Beschäftigung spricht, ist der Umstand, dass der Vertragsgegenstand derart unbestimmt ist, dass er erst durch weitere Vorgaben der Klägerin oder eine Eingliederung in den Projektbetrieb der Klägerin konkretisiert wird. Nach den Vereinbarungen, auf denen die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) beruhte, bestand die Leistung, zu der er verpflichtet war, in der Beratung und Unterstützung im Storagemanagement des Kunden. Der Beigeladene zu 1) hat damit Einzeldienste bzw Arbeitseinsätze für die Klägerin zugesagt, ohne dass diese nach Anzahl, Dauer und zeitlicher Lage bereits abschließend festgestanden hätten. In Nr 1 Buchst a) der Vertragsbedingungen ist ausdrücklich bestimmt, dass der angegebene Leistungszeitraum und - umfang nicht zwingend sind. Bereits damit hat er sich in eine entsprechende Weisungsabhängigkeit begeben, die regelmäßig seinen Arbeitnehmerstatus begründet (BAG aaO RdNr 24). Das BAG stellt auch im Recht der Arbeitnehmerüberlassung bei der Abgrenzung zwischen einem Werk- oder Dienstvertrag und einer Tätigkeit als Arbeitnehmer maßgeblich darauf ab, ob der vertraglich festgelegte Leistungsgegenstand hinreichend bestimmt ist. Ist dies nicht der Fall und ist die geschuldete Leistung derart unbestimmt, dass sie erst durch die Weisungen des Auftraggebers konkretisiert wird, liegt eine Tätigkeit als Arbeitnehmer vor (BAG 09.11.1994, 7 AZR 217/94, BAGE 78, 252 = juris RdNr 32). Dieser Gesichtspunkt ist auch bei der Statusabgrenzung von Bedeutung. Denn mit der Verpflichtung zur Beratung und Unterstützung im Storagemanagement der Endkundin hat der Beigeladene zu 1) der Klägerin lediglich seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin möglicherweise in fachlicher Hinsicht die Arbeit des Beigeladenen zu 1) nicht hat beeinflussen können. Denn das Weisungsrecht des Arbeitsgebers kann nach der ständigen Rechtsprechung des BSG insbesondere bei Diensten höherer Art auch eingeschränkt und „zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein, wenn der Beschäftigte nur in dem Betrieb eingegliedert ist (BSG 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 19). Unter diesen Voraussetzungen sind sogar Mitglieder von Vorständen juristischer Personen, die von Weisungen im täglichen Geschäft weitgehend frei sind, abhängig Beschäftigte (BSG 19.06.2001, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 18). Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin für die Dauer der Projektentwicklung zeigt sich vor allem in der für das Jahr 2009 vereinbarten Rufbereitschaft des Beigeladenen zu 1).
60 
Für eine abhängige Beschäftigung spricht ferner, dass sich die Klägerin vertraglich eine umfassende Einflussnahme auf die Arbeit des Beigeladenen zu 1) vorbehalten hat, die einem Weisungsrecht des Arbeitgebers vergleichbar ist. Dies ergibt sich aus Nr 2.3. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Subunternehmer, die nach Nr 7 Buchst d) der Vertragsbedingungen im Übrigen gelten. Dort ist in Nr 2.2 Folgendes geregelt: „Die von S.. vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele entbinden den Auftragnehmer nicht von seiner Verantwortung für eine technisch einwandfreie und wirtschaftliche Lösung.“ In Nr 2.3 heißt es: „S. kann schriftlich Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen. Der Auftragnehmer wird diese, wenn und soweit sie realisierbar sind, nach Maßgabe der Vertragsbestimmungen vornehmen.“ Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich das eine Sozialversicherungspflicht begründende Weisungsrecht des Arbeitgebers auch aus einem außerhalb des Beschäftigungsvertrages bestehenden Regelwerk ergeben, wenn im Beschäftigungsvertrag in Form einer dynamischen Verweisung auf dieses Regelwerk Bezug genommen wird (Urteil vom 28.04.2009, L 11 KR 2495/05, juris). Durch die Regelungen in den AGB für Subunternehmer hat sich die Klägerin das Recht gesichert, einen bestimmenden Einfluss auf den Inhalt der geschuldeten Dienstleistung und ihre Ausführung zu nehmen. Weil es an einem konkreten Bezug auf den Inhalt des mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag und die darin vereinbarte Leistung fehlt, können diese Bestimmungen nicht so verstanden werden, dass damit lediglich die vom Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistung ein- und abgegrenzt wird. Überdies ist die vom Beigeladenen zu 1) vertraglich geschuldete Leistung derart offen (Beratung und Unterstützung … des Kunden) gefasst, dass die von der Klägerin „vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele“ bzw die gewünschten „Änderungen oder Zusatzleistungen“ auch Zeit und Ort der Arbeitsleistung umfassen können. Ob die Klägerin von der ihr eingeräumten Rechtsmacht Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich.
61 
Entscheidend für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spricht im vorliegenden Fall die Tatsache, dass die Leistung des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin benötigt wird, damit diese ein von ihr der Endkundin geschuldetes Projekt realisieren kann. Bei dieser Konstellation muss die Klägerin darauf achten, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für und bei der Endkundin nicht als Arbeitnehmerüberlassung gewertet werden kann. Denn hierfür bedürfte die Klägerin einer Erlaubnis (§ 1 Abs 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG). Die Leistungsbeschreibung in den Vertragsbedingungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) bezieht sich ausdrücklich auf eine Dienstleistung bei der Endkundin („Beratung und Unterstützung des Storagemanagements des Kunden“). Würde sich die Verpflichtung der Klägerin gegenüber ihrer Endkundin in der Zurverfügungstellung des Klägers erschöpfen, läge unzweifelhaft ein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vor (BAG 09.11.2004, 7 AZR 217/94, juris RdNr 32). Keine Arbeitnehmerüberlassung ist dagegen anzunehmen, wenn nur die Klägerin der Endkundin für die Erfüllung der im Vertrag mit dieser vereinbarten Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks verantwortlich bleibt. Dies wiederum setzt voraus, dass sie über einen ausreichenden Einfluss auf die von ihr zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrages mit der Endkundin eingesetzten Arbeitskräfte verfügt. Dieser Einfluss ist hier so ausgestaltet, dass er einer arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis entspricht.
62 
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten der Endkundin gegenüber auch sog Subunternehmer einsetzen kann. Davon kann nach Ansicht des Senats aber in Fällen der vorliegenden Art nur ausgegangen werden, wenn dem Subunternehmer ein bestimmter Auftrag erteilt wird, der entweder als Werkvertrag zu werten ist oder dessen Inhalt bei Annahme eines Dienstvertrages auf konkrete, von anderen Leistungen abgrenzbare Dienstleistungen begrenzt wird. Daran fehlt es, wenn - wie hier - nur ganz allgemein eine Beratung und Unterstützung geschuldet wird. Außerdem sind die Vertragsbedingungen auf einen Vertrag mit einer Einzelperson zugeschnitten, so dass die geschuldete Dienstleistung zB nicht von einer Kapitalgesellschaft wahrgenommen werden könnte. Dies folgt zum einen aus der Formulierung „Beratung und Unterstützung“ zum anderen aber vor allem durch die Regelung Nr 1 Buchts c Satz 2. Danach war der Beigeladene zu 1) verpflichtet, seine Aufgaben „eigenverantwortlich“ auszuführen. Damit wird deutlich, dass die Klägerin auf eine persönliche Haftung des Beigeladenen zu 1) Wert gelegt hat. Dafür spricht die Tatsache, dass die Klägerin nach eigenen Angaben ca 300 freie Mitarbeiter hat, aber keine Angaben darüber gemacht hat, mit vielen Kapitalgesellschaften sie Subunternehmerverträge geschlossen hat.
63 
Im Hinblick auf die genannten Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, ist es nur von untergeordneter Bedeutung, dass typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung wie zB festes Monatsgehalt, Urlaubsregelung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall fehlen. Diese Gesichtspunkte sprechen zwar, wenn sie vorliegen, für eine abhängige Beschäftigung. Fehlen sie, so bedeutet dies aber nicht, dass bereits deshalb keine abhängige Beschäftigung mehr gegeben ist. Die Formen, in denen sich abhängige Beschäftigung entfalten, sind in den vergangenen Jahren viel flexibler geworden. Die Orientierung der Sozialversicherungspflicht an einer vor Jahrzehnten noch üblichen Festanstellung wird den heute existierenden flexiblen Arbeitsverhältnissen nicht mehr gerecht.
64 
Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder sie noch die Klägerin zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Die außergerichtlichen Kosten der Beigel zu 2) bis 4) sind ihr nicht aufzuerlegen, weil diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO). Der Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag der unterlegenen Klägerin angeschlossen, so dass es nach Ansicht des Senats der Billigkeit entspricht, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat (§ 197a SGG iVm § 162 Abs 3 VwGO).
65 
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
66 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht im dem Regelstreitwert von 5.000,00 EUR da bislang lediglich über das Bestehens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus letztlich folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.

Gründe

 
51 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft, zulässig und begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 04.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2009 (§ 95 SGG) und den Änderungsbescheid vom 28.12.2009 zu Unrecht aufgehoben. Für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als EDV-Systemingenieur im Bereich der Beratung und Unterstützung des Storage Managements bei der Klägerin bestand in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
52 
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 28.12.2009 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Durch diesen Änderungsbescheid hat die Beklagte die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seiner neueren Rechtsprechung (11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 = SozR 4.2400 § 7a Nr 2 mit Anm von Plagemann, EWiR 2009, 689; 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris; s hierzu auch ausführlich Merten, SGb 2010, 271) aufgestellt hat und denen der Bescheid vom 04.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2009 nicht genügte, weil hierin lediglich eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung „dem Grunde nach“ und ohne zeitliche Individualisierung festgestellt wurde.
53 
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschrift der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).
54 
Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hat der Beigel zu 1) am 10.12.2008 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
55 
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
56 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
57 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
58 
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) als EDV-Systemingenieur im Bereich der Beratung und Unterstützung des Storage Managements bei der Klägerin in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Die Klägerin führte bei der P. Produktions GmbH (Endkundin) ein Projekt durch. Der Beigeladene zu 1) war im Rahmen dieses Projekts in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 als EDV-Systemingenieur für die Klägerin bei der Endkundin tätig. Die Tätigkeit umfasste die Beratung und Unterstützung des Storagemanagements sowie IT-Consultingleistungen für Konzeption und Betrieb von Massenspeichersystemen bei der Endkundin. Werkziele waren die Einrichtung eines SAN-Reportings, die Migration einer Transcoding-Serverfarm sowie ab Februar 2009 die Planung und Durchführung der Migration von bestehenden Storage-Systemen auf Neustorage-Systeme. Diese Tätigkeit ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch als freier Mitarbeiter (Dienstvertrag) möglich. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris RdNr 23). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris RdNr 26). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im hier streitigen Zeitraum bei der Endkundin der Klägerin.
59 
Ein Indiz, das für eine abhängige Beschäftigung spricht, ist der Umstand, dass der Vertragsgegenstand derart unbestimmt ist, dass er erst durch weitere Vorgaben der Klägerin oder eine Eingliederung in den Projektbetrieb der Klägerin konkretisiert wird. Nach den Vereinbarungen, auf denen die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) beruhte, bestand die Leistung, zu der er verpflichtet war, in der Beratung und Unterstützung im Storagemanagement des Kunden. Der Beigeladene zu 1) hat damit Einzeldienste bzw Arbeitseinsätze für die Klägerin zugesagt, ohne dass diese nach Anzahl, Dauer und zeitlicher Lage bereits abschließend festgestanden hätten. In Nr 1 Buchst a) der Vertragsbedingungen ist ausdrücklich bestimmt, dass der angegebene Leistungszeitraum und - umfang nicht zwingend sind. Bereits damit hat er sich in eine entsprechende Weisungsabhängigkeit begeben, die regelmäßig seinen Arbeitnehmerstatus begründet (BAG aaO RdNr 24). Das BAG stellt auch im Recht der Arbeitnehmerüberlassung bei der Abgrenzung zwischen einem Werk- oder Dienstvertrag und einer Tätigkeit als Arbeitnehmer maßgeblich darauf ab, ob der vertraglich festgelegte Leistungsgegenstand hinreichend bestimmt ist. Ist dies nicht der Fall und ist die geschuldete Leistung derart unbestimmt, dass sie erst durch die Weisungen des Auftraggebers konkretisiert wird, liegt eine Tätigkeit als Arbeitnehmer vor (BAG 09.11.1994, 7 AZR 217/94, BAGE 78, 252 = juris RdNr 32). Dieser Gesichtspunkt ist auch bei der Statusabgrenzung von Bedeutung. Denn mit der Verpflichtung zur Beratung und Unterstützung im Storagemanagement der Endkundin hat der Beigeladene zu 1) der Klägerin lediglich seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin möglicherweise in fachlicher Hinsicht die Arbeit des Beigeladenen zu 1) nicht hat beeinflussen können. Denn das Weisungsrecht des Arbeitsgebers kann nach der ständigen Rechtsprechung des BSG insbesondere bei Diensten höherer Art auch eingeschränkt und „zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein, wenn der Beschäftigte nur in dem Betrieb eingegliedert ist (BSG 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 19). Unter diesen Voraussetzungen sind sogar Mitglieder von Vorständen juristischer Personen, die von Weisungen im täglichen Geschäft weitgehend frei sind, abhängig Beschäftigte (BSG 19.06.2001, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 18). Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin für die Dauer der Projektentwicklung zeigt sich vor allem in der für das Jahr 2009 vereinbarten Rufbereitschaft des Beigeladenen zu 1).
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Für eine abhängige Beschäftigung spricht ferner, dass sich die Klägerin vertraglich eine umfassende Einflussnahme auf die Arbeit des Beigeladenen zu 1) vorbehalten hat, die einem Weisungsrecht des Arbeitgebers vergleichbar ist. Dies ergibt sich aus Nr 2.3. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Subunternehmer, die nach Nr 7 Buchst d) der Vertragsbedingungen im Übrigen gelten. Dort ist in Nr 2.2 Folgendes geregelt: „Die von S.. vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele entbinden den Auftragnehmer nicht von seiner Verantwortung für eine technisch einwandfreie und wirtschaftliche Lösung.“ In Nr 2.3 heißt es: „S. kann schriftlich Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen. Der Auftragnehmer wird diese, wenn und soweit sie realisierbar sind, nach Maßgabe der Vertragsbestimmungen vornehmen.“ Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich das eine Sozialversicherungspflicht begründende Weisungsrecht des Arbeitgebers auch aus einem außerhalb des Beschäftigungsvertrages bestehenden Regelwerk ergeben, wenn im Beschäftigungsvertrag in Form einer dynamischen Verweisung auf dieses Regelwerk Bezug genommen wird (Urteil vom 28.04.2009, L 11 KR 2495/05, juris). Durch die Regelungen in den AGB für Subunternehmer hat sich die Klägerin das Recht gesichert, einen bestimmenden Einfluss auf den Inhalt der geschuldeten Dienstleistung und ihre Ausführung zu nehmen. Weil es an einem konkreten Bezug auf den Inhalt des mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag und die darin vereinbarte Leistung fehlt, können diese Bestimmungen nicht so verstanden werden, dass damit lediglich die vom Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistung ein- und abgegrenzt wird. Überdies ist die vom Beigeladenen zu 1) vertraglich geschuldete Leistung derart offen (Beratung und Unterstützung … des Kunden) gefasst, dass die von der Klägerin „vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele“ bzw die gewünschten „Änderungen oder Zusatzleistungen“ auch Zeit und Ort der Arbeitsleistung umfassen können. Ob die Klägerin von der ihr eingeräumten Rechtsmacht Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich.
61 
Entscheidend für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spricht im vorliegenden Fall die Tatsache, dass die Leistung des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin benötigt wird, damit diese ein von ihr der Endkundin geschuldetes Projekt realisieren kann. Bei dieser Konstellation muss die Klägerin darauf achten, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für und bei der Endkundin nicht als Arbeitnehmerüberlassung gewertet werden kann. Denn hierfür bedürfte die Klägerin einer Erlaubnis (§ 1 Abs 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG). Die Leistungsbeschreibung in den Vertragsbedingungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) bezieht sich ausdrücklich auf eine Dienstleistung bei der Endkundin („Beratung und Unterstützung des Storagemanagements des Kunden“). Würde sich die Verpflichtung der Klägerin gegenüber ihrer Endkundin in der Zurverfügungstellung des Klägers erschöpfen, läge unzweifelhaft ein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vor (BAG 09.11.2004, 7 AZR 217/94, juris RdNr 32). Keine Arbeitnehmerüberlassung ist dagegen anzunehmen, wenn nur die Klägerin der Endkundin für die Erfüllung der im Vertrag mit dieser vereinbarten Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks verantwortlich bleibt. Dies wiederum setzt voraus, dass sie über einen ausreichenden Einfluss auf die von ihr zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrages mit der Endkundin eingesetzten Arbeitskräfte verfügt. Dieser Einfluss ist hier so ausgestaltet, dass er einer arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis entspricht.
62 
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten der Endkundin gegenüber auch sog Subunternehmer einsetzen kann. Davon kann nach Ansicht des Senats aber in Fällen der vorliegenden Art nur ausgegangen werden, wenn dem Subunternehmer ein bestimmter Auftrag erteilt wird, der entweder als Werkvertrag zu werten ist oder dessen Inhalt bei Annahme eines Dienstvertrages auf konkrete, von anderen Leistungen abgrenzbare Dienstleistungen begrenzt wird. Daran fehlt es, wenn - wie hier - nur ganz allgemein eine Beratung und Unterstützung geschuldet wird. Außerdem sind die Vertragsbedingungen auf einen Vertrag mit einer Einzelperson zugeschnitten, so dass die geschuldete Dienstleistung zB nicht von einer Kapitalgesellschaft wahrgenommen werden könnte. Dies folgt zum einen aus der Formulierung „Beratung und Unterstützung“ zum anderen aber vor allem durch die Regelung Nr 1 Buchts c Satz 2. Danach war der Beigeladene zu 1) verpflichtet, seine Aufgaben „eigenverantwortlich“ auszuführen. Damit wird deutlich, dass die Klägerin auf eine persönliche Haftung des Beigeladenen zu 1) Wert gelegt hat. Dafür spricht die Tatsache, dass die Klägerin nach eigenen Angaben ca 300 freie Mitarbeiter hat, aber keine Angaben darüber gemacht hat, mit vielen Kapitalgesellschaften sie Subunternehmerverträge geschlossen hat.
63 
Im Hinblick auf die genannten Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, ist es nur von untergeordneter Bedeutung, dass typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung wie zB festes Monatsgehalt, Urlaubsregelung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall fehlen. Diese Gesichtspunkte sprechen zwar, wenn sie vorliegen, für eine abhängige Beschäftigung. Fehlen sie, so bedeutet dies aber nicht, dass bereits deshalb keine abhängige Beschäftigung mehr gegeben ist. Die Formen, in denen sich abhängige Beschäftigung entfalten, sind in den vergangenen Jahren viel flexibler geworden. Die Orientierung der Sozialversicherungspflicht an einer vor Jahrzehnten noch üblichen Festanstellung wird den heute existierenden flexiblen Arbeitsverhältnissen nicht mehr gerecht.
64 
Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder sie noch die Klägerin zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Die außergerichtlichen Kosten der Beigel zu 2) bis 4) sind ihr nicht aufzuerlegen, weil diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO). Der Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag der unterlegenen Klägerin angeschlossen, so dass es nach Ansicht des Senats der Billigkeit entspricht, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat (§ 197a SGG iVm § 162 Abs 3 VwGO).
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Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht im dem Regelstreitwert von 5.000,00 EUR da bislang lediglich über das Bestehens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus letztlich folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.06.2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Streitwert wird für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) in ihrer vom 11.08.2008 bis zum 31.01.2009 bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Die 1961 geborene Beigeladene zu 1) ist seit 1999 als selbständige Unternehmensberaterin tätig, wobei sie auf SAP-Software spezialisiert ist.
Die Klägerin, die 1998 als AG gegründet wurde, ist ein international ausgerichtetes Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen und zählt nach ihren eigenen Angaben zu den führenden mittelständischen Unternehmen für Beratung und Dienstleistungen in der Informationstechnologie. Sie bietet IT-Beratungen, Services und Lösungen an. Zur Zeit beschäftigt sie (im Rahmen ihrer Unternehmensgruppe) ca. 500 fest angestellte und ca. 300 freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (http://www.s..com/de-de/Ueber-uns/Unternehmen, recherchiert am 21.07.2014).
Die Beigeladene zu 1) war vom 11.08.2008 bis 31.01.2009 für die Klägerin als SAP-Beraterin tätig. Zugrunde lag ein mit „Beauftragung“ überschriebener Vertrag vom 07.08.2008, in dem die Klägerin als „Auftraggeber“ die Beigeladene zu 1) als „Auftragnehmer“ beauftragte, die fachliche Beratung im Modul CO im Rahmen des SAP R/3-Rollouts bei der Firma B. R. AG in P. durchzuführen. Die Beigeladene zu 1) war im Rahmen dieses Projekts für die Klägerin bei der Endkundin tätig. Bei einem geplanten Leistungszeitraum vom 11.08.2008 bis zum 12.12.2008 und einem geplanten Leistungsumfang von 75 Personentagen war ein Tagessatz von 650,00 EUR auf der Basis von 8 Stunden bei der Endkundin vereinbart. Als Nebenkostenvergütung war vereinbart eine Vergütung der Reisezeiten (4 Stunden pro An- und Abreisetag) zu einem Stundensatz von 50 % (45 EUR) und eine Flug- und Spesenpauschale in Höhe von 115 EUR pro Tag. Hotel- und Taxikosten seien vom Kunden zu übernehmen. Die Einarbeitung habe bei der B. R. AG in Langenprozelten in der Zeit vom 11.-14.08.2008 „for free“ zu erfolgen. Auszugsweise lautete der Vertrag wie folgt:
Leistungsbeschreibung:
Selbständige fachliche Beratung im Modul CO im Rahmen des SAP R/3-Rollouts nach P. (Template: "RAINBOW").
Vertragsbedingungen:
1. Gegenstand des Vertrages (der Beauftragung)/Leistungsumfang
a) Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer die unter dem Kapitel „Leistungsbeschreibung“ näher beschriebenen Beratungs- und Dienstleistungen zu erbringen.
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b) Der angegebene, geplante Leistungszeitraum und der geplante Leistungsumfang sind nicht zwingend. Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf die maximale Vergütung. Der Auftraggeber ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den geplanten Leistungsumfang voll auszuschöpfen.
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c) Der vereinbarte Stundensatz gilt unabhängig davon, an welchen Tagen, zu welcher Tageszeit, in welchem Umfang und die Arbeiten durchgeführt werden.
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d) Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Ein Anstellungsverhältnis wird nicht begründet.
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e) Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie für eine gegebenenfalls notwendige Gewerbeanmeldung wird der Auftragnehmer selbst Sorge tragen. Dies ist bei der Kalkulation der Vergütung berücksichtigt.
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f) Der Auftragnehmer ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Der Auftragnehmer erfüllt seine Aufgaben eigenverantwortlich.
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g) Sollte der Auftraggeber an der Auftragserfüllung gehindert sein, verpflichtet er sich, den Auftraggeber rechtzeitig darüber zu informieren. Der Auftragnehmer kann sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben auch anderer Personen bedienen, die die erforderliche fachliche Qualifikation besitzen, er bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistungen gegenüber dem Auftraggeber verantwortlich.
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h) Im Leistungsnachweis sind der Einsatzort sowie der Umfang der Tätigkeit für jeden Einsatztag entsprechend auszuweisen.
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i) Soweit Leistungen beim Auftraggeber oder dessen Kunden durchgeführt werden, sind die dort geltenden Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften sowie Ordnungsbestimmungen einzuhalten.
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j) Der Auftragnehmer wird alle ihm übertragenen Aufgaben durch qualifiziertes Personal mit großer Sorgfalt und unter Berücksichtigung des neuesten Standes der Technik durchführen. Er wird die mit dem Auftraggeber bzw. dessen Kunden abgestimmten Methoden/Prozesse, Werkzeuge und Qualitätssicherungssysteme anwenden bzw. einsetzen.
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2. Geheimhaltung/Verschwiegenheit
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3. Laufzeit des Vertrags/Kündigung
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a) Die Beauftragung kann aus wichtigem Grund, insbesondere wichtigen wirtschaftlichen Gründen wie der Stornierung des Gesamtauftrages durch den Kunden des Auftraggebers oder, wenn dem Kunden die Qualität und die Quantität der geleisteten Arbeit nicht genügen, ohne Frist schriftlich gekündigt werden.
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b) Kündigt der Auftraggeber, so werden dem Auftragnehmer bereits entstandene Kosten und Auslagen für bereits geleistete Arbeiten vertragsgemäß entsprechend dem erzielten Leistungsstand ersetzt.
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c) Unabhängig vom Recht der Kündigung aus wichtigem Grund kann der Vertrag von jeder Partei mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden.
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4. Abrechnung/Rechnungsstelle
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a) Der Auftragnehmer wird monatlich Rechnungen stellen. Die Mehrwertsteuer ist auf der Rechnung gesondert auszuweisen. Ebenso muss die Auftragsnummer jeweils auf dem Leistungsnachweis und den Rechnungen angegeben sein.
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b) Die monatliche Abrechnung erfolgt nach Aufwand auf Basis der von dem Auftraggeber oder dessen Kunden gegengezeichneten Leistungsnachweisen, die den Rechnungen beizufügen sind. Der Leistungsnachweis muss die Auftragsnummer beinhalten und ist spätestens am 3. Arbeitstag des Folgemonats vorzulegen.
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c) Nach Beendigung der Leistung wird vom Auftragnehmer eine Schlussrechnung erstellt. Voraussetzung für die Fälligkeit der Schlussrechnung ist die von dem Auftraggeber bzw. dessen Kunden schriftlich bestätigte Bescheinigung der vollständigen und ordnungsgemäß erbrachten Leistung und eventuell die schriftlich bestätigte vollständige Übergabe von Ergebnissen. Ohne die schriftlich bestätigte Übergabe von Ergebnissen bzw. schriftlich bestätigte Bescheinigung der vollständig und ordnungsgemäß erbrachten Leistungen wird die Schlussrechnung bzw. die letzte gestellte Rechnung nicht fällig.
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d) Falls der Auftragnehmer für die Durchführung der beauftragten Tätigkeiten Subunternehmer beauftragt, trägt der Auftragnehmer dafür Sorge, dass seine Subunternehmer zur Einhaltung der sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen und organisatorischen Regelungen verpflichtet wird.
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e) Sämtliche Rechnungen sind innerhalb von 30 Tagen nach Zugang zur Zahlung fällig.
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5. Herausgabe von Unterlagen
...
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6. Wettbewerbsklausel
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a) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, für die Dauer dieses Vertrags mit dem Auftraggeber nicht in Konkurrenz zu treten und die Kunden des Auftraggebers, für die der Auftragnehmer im Rahmen der vertraglichen Beziehung tätig war, abzuwerben.
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b) Der Auftragnehmer verpflichtet sich weiter, bei der Auftrag vergebenden Fachabteilung des Endkunden für die Dauer von 12 Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses keine vertraglichen Beziehungen zu Kunden des Auftraggebers, für die der Auftragnehmer im Rahmen dieser vertraglichen Vereinbarung tätig war, einzugehen.
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c) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung...
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7. Abwerbungsverbot
...
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8. Betriebshaftpflichtversicherung/Versicherung
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S. empfiehlt dem Auftragnehmer den Abschluss einer separaten Betriebshaftpflichtversicherung. Die Deckungssumme der Betriebshaftpflichtversicherung sollte sich bei Personenschäden auf mindestens 1.000.000,00 Euro sowie bei Sachschäden auf mindestens 250.000 Euro belaufen.
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9. Sonstiges/Schlussbestimmungen
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a) …
b) Änderungen oder Ergänzungen sowie Aufhebungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Gleiches gilt für einen Verzicht auf dieses Schriftformerfordernis.
c) …
d) ...
e) Im Übrigen gelten die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Werk- und Dienstleistungen des Auftraggebers, die Sie unter www.s..de einsehen können.
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Am 21.11.2008 beantragte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ihrer Tätigkeit für die Klägerin. Dazu gab sie an, sie betreibe Kundenakquisition zum einen über diverse Kontakte, die sie sich innerhalb der letzten 10 Jahre aufgebaut habe, und im Internet. Der Leistungsumfang sowie die Honorierung der Leistungen werde mit dem Auftraggeber verhandelt. Eine Betriebshaftpflichtversicherung bestehe seit einigen Jahren. Bei einigen Aufträgen in der Vergangenheit habe sie ihren eigenen Laptop als Arbeitsgerät eingesetzt, was aber die meisten Konzerne - wie auch die Endkundin der Klägerin - nicht gestatteten. Sie erhalte von der Endkundin einen Laptop zur Verfügung gestellt, wobei dies das einzige Arbeitsmittel sei, das sie gestellt bekomme. Da ihre Tätigkeit fast immer mit Reisen zum Endkunden verbunden sei, setze sie in vielen Fällen auch ihr Auto (Betriebsvermögen) zur Reise ein. Der vereinbarte Honorarsatz beinhalte in der Regel auch die Reisenebenkosten für Hotel, Verpflegung, Flug etc. Die Wahl des Hotels bzw. Fluges liege daher in ihrer Verantwortung. Sie erhalte keine Weisungen seitens des Auftraggebers und sei weder gegenüber den Mitarbeitern des Auftraggebers noch gegenüber den Mitarbeitern des Endkunden weisungsbefugt. Innerhalb der Projektarbeit übernehme jeder Beteiligte einen Teil der Arbeit sowie auch die Verantwortung für die termingerechte und fachlich korrekte Ausführung der Arbeit. Dabei sei eine Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Endkunden gegeben. Alle Arbeiten für das SAP-Modul führe sie eigenverantwortlich und ohne Weisungen seitens des Auftraggebers oder des Kunden durch. Zu ihren Tätigkeiten gehöre es, Mitarbeiter des Kunden dahingehend zu beraten, wie die Geschäftsabläufe ihres Unternehmens bestmöglich im Rahmen des Templates abgebildet werden könnten. Es gehöre weiterhin dazu, die Software so einzustellen, dass die Geschäftsprozesse auch so dargestellt werden, wie sie vereinbart seien, Beispiele im System zu erstellen und die Korrektheit gemeinsam mit dem Endkunden zu beurteilen. Weiter gehöre die Erläuterung des möglichen Funktionsumfangs gegenüber Projektmitarbeitern zu ihrer Tätigkeit. Die Beigeladene zu 1) legte ihre Abrechnung für den Monat Oktober 2008 vor.
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Mit Schreiben vom 02.03.2009 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) zur beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung ab dem 11.08.2008 an.
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Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 16.03.2009 mit, sie habe bei den Endkunden ein Gesamtprojekt, wobei die Verantwortung der Projektkoordination dem Projektleiter der Klägerin obliege. Dieser stimme sich in allen übergeordneten Belangen mit dem Projektverantwortlichen des Endkunden ab. Der Projektleiter der Klägerin stimme mit der Beigeladenen zu 1) Arbeitspakete ab, die diese ergebnisorientiert unter Berücksichtigung des gemeinsam geplanten Zeit- und Aufwandsrahmens ausarbeite. Dabei sei die Beigeladene zu 1) nicht weisungsgebunden und frei in der Wahl der Art und Weise der Lösungsausarbeitung. Auch könne sie einen Teil der Ausarbeitung an einen Dritten weitergeben oder das an sie übergebene Arbeitspaket komplett von Dritten ausarbeiten lassen. Diese Freiheit habe üblicherweise ein Festangestellter der Klägerin nicht. Bei Tätigkeiten innerhalb der jeweiligen Arbeitspakete, welche die Nutzung der EDV des Kunden erforderten, würden Arbeitsmittel und Arbeitsort vom Endkunden vorgegeben. Aus Sicherheitsgründen könne das System des Kunden nicht mit eigenen Geräten gekoppelt werden. Die Beigeladene zu 1) werde nicht nach Anwesenheit, sondern nach Leistung honoriert. Arbeitszeiten spielten insofern eine untergeordnete Rolle und würden sich aus den jeweiligen projektbezogenen Erfordernissen ergeben. Im Außenverhältnis habe man die Endkundin bereits vor dem Projektstart informiert, dass für den von der Beigeladenen zu 1) durchzuführenden Projektteil aus Kapazitätsgründen kein eigener Mitarbeiter aktuell vorhanden sei. Dies sei allen Beteiligten bekannt gewesen. Insofern sei auch jedem Projektbeteiligten mitgeteilt worden, dass es sich bei der Beigeladenen zu 1) um eine freie Mitarbeiterin handele. Diese sei deshalb auch in keinerlei betriebliche Abläufe der Klägerin eingegliedert gewesen. Ihr würde weder ein Dienstwagen noch ein Laptop, sonstige Hardware/Software oder ein Diensthandy zur Verfügung gestellt. Auch erfolge keine Übernahme der Telefonkosten für ihr Home-Office. Sie nehme nicht an betrieblichen Veranstaltungen teil und erhalte keine Vergütung im Krankheitsfall. Eine Urlaubsregelung sei nicht getroffen worden. Die einzig fixe Größe sei der vereinbarte Tagessatz. Bei höherem zeitlichen Aufwand als für das jeweilige Arbeitspaket veranschlagt, trage die Beigeladene zu 1) das Risiko, dass Mehraufwendungen nicht vergütet würden. Im Gegenzug komme ihr zugute, falls sie einen geringeren zeitlichen Aufwand benötige. Hätte sie, die Klägerin, für die anstehende Aufgabe einen eigenen Mitarbeiter gehabt, wäre die Beigeladene zu 1) nicht beauftragt worden. Gleiches gelte, wenn sie eine kostengünstigere Alternative gehabt hätte. Solche Risiken kenne ein Festangestellter nicht. Das unternehmerische Risiko und auch die Chance, einen besser dotierten Auftrag zu finden, liege bei der Beigeladenen zu 1). Das Projekt in welchem die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei, habe am 31.01.2009 geendet.
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Mit Bescheiden vom 31.03.2009 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) im Bereich Beratungs- und Dienstleistungen bei der Klägerin vom 11.08.2008 bis zum 12.12.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Die Tätigkeit sei überwiegend in den Räumlichkeiten der Endkundin mit den dort vorhandenen Betriebsmitteln ausgeübt worden. Die Beigeladene zu 1) habe bei ihrer Tätigkeit der Projektleitung unterstanden, die mit ihr die Arbeitspakete abgestimmt habe. Im Außenverhältnis sei die Beigeladene zu 1) nicht als selbständige Unternehmerin sondern als Mitarbeiterin der Klägerin aufgetreten. Es sei eine feste, nicht an einen erkennbaren Arbeitserfolg geknüpfte Vergütung vereinbart worden. Es sei eine Eingliederung in die betrieblichen Abläufe der Klägerin erfolgt. Nach der Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Die Versicherungspflicht beginne mit der Aufnahme der Beschäftigung.
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Gegen den Bescheid legten die Klägerin am 09.04.2009 und die Beigeladene zu 1) am 30.04.2009 Widerspruch bei der Beklagten ein. Die Klägerin führte zur Begründung unter anderem aus, dass in dem Vertragsverhältnis zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin eine Kalkulation und Preisgestaltung stattgefunden habe. Auch den Stundensatz habe die Beigeladene zu 1) direkt mit der Klägerin verhandelt und vereinbart. Die Gestaltung des Zeitrahmens für die Tätigkeit sei durch die Beigeladene zu 1) erfolgt. Innerhalb des Zeitrahmens habe es keine Vorgaben für die Einteilung der Arbeitszeit der Beigeladenen zu 1) gegeben. Diese habe selbst nach ihrem fachlichen Ermessen über den Umfang der zu erbringenden Leistungen bestimmt. Sie habe entschieden, wie viel Zeit sie täglich zur Erfüllung des Auftrages erbringe. Darüber hinaus sei sie frei in der Ausgestaltung ihres Arbeitspaketes gewesen. Die Funktionalität des Ergebnisses sei entscheidend gewesen. Es sei keinerlei Lösungsweg vorgegeben gewesen. Die Art der Überwachung, die Behebung von auftretenden Fehlern, die Koordination der Fehlerbehebung sowie die Dokumentation habe sie mit ihrer Erfahrung ohne übergeordnete Weisung durchgeführt. Zudem habe ein erhebliches Unternehmerrisiko für die Beigeladene zu 1) bestanden. Bei einem höheren zeitlichen Aufwand als für das jeweilige Arbeitspaket verschlagt, habe die Beigeladene zu 1) das Risiko, dass der Mehraufwand nicht vergütet werde, getragen, wohingegen ihr ein geringerer zeitlicher Aufwand zugutegekommen sei. Unabhängig von Schadensersatzansprüchen, denen die Beigeladene zu 1) im Zweifel auch ausgesetzt sei, sei das Projekt doch zeitlich begrenzt, so dass sie für Folgeaufträge selbst verantwortlich sei und das Risiko beim Ausbleiben von Aufträgen trage. Sie müsse ihre unternehmerische Tätigkeit ständig akquirieren und dafür sorgen, dass ihre unternehmerische Tätigkeit laufend am Markt wahrgenommen werde. Dem Endkunden sei bekannt gewesen, dass die Beigeladene zu 1) nicht Mitarbeiterin der Klägerin sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Endkunde bestimmte Rahmenbedingungen, insbesondere die endgültige Abstimmung über den Arbeitsort und den Ablauf, direkt mit der Beigeladenen zu 1) vereinbare. Die Abwicklung eines umfangreichen Projektes im IT-Bereich werde üblicherweise in den Räumen des Kunden erbracht. Allerdings bestehe die Möglichkeit, dass bestimmte Tätigkeiten irgendwo anders erbracht werden. Soweit eine Tätigkeit nicht vor Ort beim Kunden erbracht werden müsse, habe es der Beigeladenen zu 1) freigestanden, ihren Arbeitsort zu wählen. Hierfür habe sie ihr eigenes Büro. Zu den Räumlichkeiten der Klägerin habe die Beigeladene zu 1) keinen freien Zugang. Schließlich wäre auch der Verdienst weitaus niedriger gewesen, würde die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als abhängig Beschäftigte verrichten.
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Mit Widerspruchsbescheiden vom 28.09.2009 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge. Die Beigeladene zu 1) habe keinen Einfluss auf die arbeitsbegleitenden Regelungen. Sie unterliege den Einschränkungen durch Vorgabe des Endkunden bzw. des Projektleiters der Klägerin. Obwohl die vertraglichen Regelungen eine freie Gestaltung der Arbeitszeit vorsähen, sei die Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit durch die Kontrolle der Anwesenheits- und Abwesenheitszeiten und die terminlichen Vorgaben des Auftraggebers bzw. Endkunden begrenzt. Zudem sei ein Leistungsnachweis zu führen. Zwar bestehe keine Verpflichtung, die Leistung persönlich zu erbringen, der Einsatz von Hilfskräften oder Vertretern sei jedoch nicht erfolgt. Das Haftungsrisiko bestehe ausschließlich für die Klägerin gegenüber den Endkunden und es erfolge auch keine Honorierung aufgrund eines Projekterfolges, sondern aufgrund von abgezeichneten und kontrollierten Zeiterfassungsbögen. Hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes seien nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da ein Tagessatz und die Anzahl der Personentage vereinbart worden sei. Die Beigeladene zu 1) habe lediglich das arbeitnehmertypische Entgeltrisiko getragen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolge. Denn die Selbstständigkeit eines Dienstverpflichteten werde nicht dadurch begründet, dass er durch den Verzicht auf Leistungen Verpflichtungen, Belastungen und Risiken übernehme, die über die Pflichten eines Arbeitnehmers hinausgingen. Die Beigeladene zu 1 ) sei in den Betriebsablauf eines Dritten eingegliedert. Die eigenständige Ausübung der Tätigkeit begründe nicht die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung würden überwiegen.
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Die Klägerin erhob am 15.10.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart.
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Am 13.10.2010 erließ die Beklagte weitere Bescheide gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1), mit denen sie die angefochtenen Bescheide vom 31.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.09.2009 dahingehend abänderte, dass in der von der Beigeladenen zu 1) seit dem 11.08.2008 ausgeübten Beschäftigung als EDV-Beraterin bei der Klägerin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Bescheide enthielten den Hinweis, dass sie nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Verfahrens werden.
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Zur Begründung ihrer Klage wiederholte und vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und wies nochmals darauf hin, dass nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, dass die Beigeladene zu 1) sehr wohl eigene Arbeitsmittel zur Verfügung stelle und eigene Rechner, Zugänge und ein KFZ einsetze. Dass sie ihre eigenen technischen Geräte beim Endkunden nicht habe einsetzen können, beruhe allein auf sicherheitstechnischen Aspekten und auf Gründen der Geheimhaltung der Betriebsinterna des Endkunden. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin oder des Endkunden habe gerade nicht stattgefunden. Der Endkunde sei informiert gewesen, dass die Beigeladene zu 1) selbständig tätig sei. Der Endkunde habe mit der Beigeladenen zu 1) die Rahmenbedingungen vereinbart und die endgültige Abstimmung über den Ablauf getroffen. Die Beigeladene zu 1) habe als unternehmerisches Risiko auch ein Haftungsrisiko getragen. Bei einer Schlechtleistung trage der Beschäftigte das Risiko der Kündigung. Die Klägerin hafte gegenüber dem Endkunden, habe aber die Möglichkeit entsprechende Haftungstatbestände gegenüber der Beigeladenen zu 1) geltend zu machen. Gegen dieses Risiko könne sich die Beigeladene zu 1) auch durch den Abschluss bestimmter Versicherungen absichern. Die Beklagte habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Beigeladene zu 1) hier einen branchentypischen besonders großen und lukrativen Auftrag von der Klägerin erhalten habe, bei dem sie keinerlei fachlichen Weisungen unterworfen gewesen sei und weder in den Betrieb der Klägerin noch in den des Endkunden eingegliedert gewesen sei. Dass die Beklagte die Vorlage der Verträge mit den Endkunden verlange, sei willkürlich. da diese nicht entscheidungsrelevant seien. Zudem sei eine Vorlage aus Gründen der Geheimhaltung von der Klägerin nicht zu verlangen.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht gab der Prokurist der Klägerin an, die Klägerin sei von der B. angefragt worden, ein Template zu entwickeln und in verschiedene Länder auszurollen. Zu diesem Zweck sei ein Team gebildet und die Beigeladene zu 1) beauftragt worden. Die Beigeladene zu 1) trug vor, sie habe in einem Team mit weiteren Freiberuflern und mit Mitarbeitern der Klägerin zusammen gearbeitet. Für das SAP-Modul CO sei sie jedoch allein zuständig gewesen. Sie habe auch mit den Usern der Endkundin in einem Team zusammengearbeitet. Da die einzelnen Module zusammengehangen hätten, habe es auch übergreifende Projektbesprechungen mit den Teams der anderen Module gegeben. Die Beziehung zur Klägerin habe in einem Vorgespräch am Telefon bestanden, in dem sie, die Beigeladene zu 1), sich angehört habe, was gesucht werde. Es habe noch weitere Telefonate zum Umfang und weiteren Einzelheiten gegeben. Nachdem sie den Auftrag angenommen und das Projekt durchgeführt habe, habe sie für sich fachlich geregelt, was noch zu tun sei. Es habe einen Projektleiter gegeben, der für die gleichzeitige Fertigstellung aller Module zu sorgen gehabt habe. Da der Go-live-Termin verschoben worden sei, sei der Vertrag nochmals bis zum 31.01.2009 verlängert worden.
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Mit Urteil vom 21.06.2013 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 31.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.10.2010 auf und stellte fest, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit im Bereich Beratung im Modul CO im Rahmen des SAP/R3-Rollouts vom 11.08.2008 bis 31.01.2009 selbstständig ausgeübt und keiner Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe.
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Die Umstände, die für eine selbständige Tätigkeit und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen würden, würden erheblich überwiegen, so dass das Gesamtbild der Arbeitsleistung als selbständige Tätigkeit zu bewerten sei. Die Beigeladene zu 1) sei nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Diesem Merkmal komme im Falle von Diensten höherer Art und dem infolge dessen naturgemäß nur eingeschränkten Weisungsrecht das entscheidende Gewicht zu. Vorliegend habe die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit nicht in den Räumlichkeiten der Klägerin ausgeübt, sondern bei der Endkundin. Dass die Tätigkeit einer SAP-Beraterin nicht vollständig vom eigenen Büro ausführbar sei, ergebe sich aus der Natur der Sache. Die Beigeladene zu 1) habe die Bedürfnisse der Endkundin ermitteln müssen und eine Begleitung der Einführung der angepassten Software vornehmen müssen. Dies habe Gespräche mit den Mitarbeitern der Endkundin erfordert und Arbeiten an dem vorhandenen EDV-System der Endkundin. Ein Zugriff auf dieses System sei auch aus Sicherheitsgründen nur vor Ort möglich gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Arbeitszeit frei bestimmen können, wenn sie hinsichtlich der Zusammenarbeit mit anderen Teams hätte Abstimmungen treffen müssen, so ergebe sich auch dies aus der Natur der Sache. Die Beigeladene zu 1) habe keinen fachlichen Weisungen der Klägerin unterlegen. Die Klägerin habe lediglich das Ziel - die Beratung im Modul CO im Rahmen des SAP-Rollouts - vorgegeben. Die Umsetzung habe jedoch alleine der Beigeladenen zu 1) in Absprache mit der Endkundin oblegen. Diese habe ohne weitere Vorgaben der Klägerin entsprechende Lösungen zur Umsetzung der SAP-Software entwickelt und bei der Endkundin eingeführt. Eine Absprache mit der Klägerin bezüglich der fachlichen Umsetzung sei nicht erfolgt. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sei auch nicht mit Diensten höherer Art zu vergleichen, bei denen der Betroffene funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilnehme, da sie als externe Expertin keine Berührungspunkte mit dem Tätigkeitsbereich der Klägerin habe (so auch SG Stuttgart, Urt. v. 23.04.2012 - S 26 R 4920/10 - nicht veröffentlicht).
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Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der scheinbar sehr unbestimmten Formulierung des Leistungsgegenstandes. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) sowie der Klägerin in der mündlichen Verhandlung habe die Leistungsbeschreibung zur Beschreibung der verlangten Tätigkeit ausgereicht. Nur weil in der Leistungsbeschreibung nicht bis ins kleinste Detail sämtliche Aufgaben spezifiziert worden seien, lasse dies nicht die Schlussfolgerung zu, dass die Aufgabe, die Rolle der Beigeladenen zu 1) im Projekt und das zu erreichende Ziel nicht von vornherein zwischen den Vertragsparteien festgestanden habe. Auch die Formulierung in den „AGB für Subunternehmer“, wonach die Klägerin schriftlich Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen könne und der Auftragnehmer diese, soweit realisierbar, vornehmen werde, könne nicht als Begründung für ein Weisungsrecht der Klägerin herangezogen werden Durch diese Regelung habe sich die Klägerin keine umfassende Einflussnahme auf die Arbeit der Beigeladenen zu 1) vorbehalten (a.A. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.02.2014 - L 11 KR 3007/11 -), sondern sich vielmehr die Möglichkeit offengelassen, bei unerwarteten Änderungen im Projekt - beispielsweise durch Änderungswünsche des Endkunden - eine Vertragsanpassung vornehmen zu können. Dies sei aber auch in Verträgen mit Selbstständigen nichts Ungewöhnliches, da man gerade bei Großprojekten zu Beginn in der Regel noch nicht jedes Detail kenne und auf Änderungen flexibel reagieren müsse. Insoweit würden allenfalls die Zielvereinbarungen angepasst.
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Die Beigeladene zu 1) habe auch ein eigenes unternehmerisches Risiko getragen. Maßgebliches Kriterium für das Risiko eines Selbstständigen sei, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werde, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss sei (BSG, Urt. v. 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -). Die Beigeladene zu 1) habe ein eigenes Büro und halte dort eigene Arbeitsmittel vor. Sie sei nicht für die Bereitstellung ihrer Arbeit, sondern nur für die tatsächliche Ausübung ihrer Tätigkeit entlohnt worden. Zudem sei eine Vergütung nach Tagen vereinbart gewesen, so das die Beigeladene zu 1) das Risiko getragen habe, nicht jede gearbeitete Stunde vergütet zu bekommen. Sie trete zudem mit ihrer Tätigkeit auch im Internet werbend am Markt auf. Die Beigeladene zu 1) sei, wie sich aus Ziffer l.g) des Vertrages zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) ergebe, nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet, sondern habe sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anderer Personen bedienen können. Eine solche Ersatzkraft hätte die Beigeladene zu 1) selbst entlohnen müssen, was ebenfalls für ein unternehmerisches Risiko spreche. Darüber hinaus habe die Beigeladene zu 1) das Risiko, dass sie mit ihrer Arbeitsleistung ausfalle und keinen Verdienst habe, getragen. Eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder die Zahlung von Urlaubsgeld sei mit der Klägerin vertraglich nicht vereinbart gewesen. Gegen eine abhängige Beschäftigung spreche auch die Höhe der Vergütung, mit der die Beigeladene zu 1) in der Lage gewesen sei, sich privat gegen bestimmte Lebensrisiken abzusichern.
54 
Zu berücksichtigen sei ferner, dass vorliegend kein langjähriges Dauerrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten bestanden habe, sondern recht kurze projektbezogene Verträge ausgehandelt worden seien. Die Beigeladene zu 1) habe somit nicht die Sicherheit gehabt, längerfristig gebunden zu sein und regelmäßige Einkünfte zu haben. Sie habe dafür die Freiheit gehabt, sich seine Vertragspartner selbst aussuchen zu können.
55 
Nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben müsse auch der Wille der Vertragsparteien, da beide in Übereinstimmung von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen seien. Ebenso sei die Beigeladene zu 1) nicht schutzbedürftig, da sie eine private Kranken-, Renten- und Unfallversicherung sowie eine private Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Zusammenfassend erschöpfe sich die Zusammenarbeit der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) darin, dass der Auftrag, welchen die Klägerin vom Endkunden erhalten habe, weitergegeben worden sei. Weitere Berührungspunkte seien nicht ersichtlich (so auch SG Stuttgart, Urt. v. 23.04.2012 - S 26 R 4920/10 - nicht veröffentlicht). Nach einer Gesamtabwägung würden deshalb die Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit überwiegen.
56 
Gegen das ihr am 05.07.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 01.08.2013 Berufung eingelegt. Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung Angehöriger der hier maßgeblichen Berufsgruppe komme es darauf an, in welchem Maße sie in die Unternehmensstrukturen eingebunden seien und einem direkten Weisungsrecht unterliegen würden. Bei „Dreiecksverhältnissen" wie im vorliegenden Fall, in denen ein Beteiligter seine Dienstleistungen im Rahmen eines zwischen seinem Auftraggeber und einem Dritten abgeschlossenen Vertrages erbringe, komme es entscheidend darauf an, ob der Beteiligte (hier die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines bestehenden Werkvertrages Teilleistungen erbringe, die vertraglich soweit präzisiert seien, dass auf dieser Grundlage die Dienstleistung ohne weitere Weisungen in eigener Verantwortung erbracht werden könne oder aber die vereinbarten Tätigkeiten ihrerseits vertraglich nicht als Werk klar abgegrenzt bzw. abgrenzbar seien. Die Beklagte verwies hierzu auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14.02.2012 (- L 11 KR 3007/11 -).
57 
Grundlage der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin sei der Vertrag vom 07.08.2008 sowie die darin in Bezug genommenen AGB für Subunternehmer der Klägerin gewesen. Es werde bestritten, dass die Beigeladene zu 1) allein aufgrund der in der Beauftragung angeführten Leistungsbeschreibung gewusst habe, welche Aufgaben im Einzelnen von ihr beim Endkunden über die gesamte Projektdauer erwartet worden seien. Es fehle insoweit an einer hinreichenden (vertraglichen) Präzisierung der Teilleistungen, um diese als Werk klar abgrenzen zu können. Der Projektleiter der Klägerin stimme mit der Beigeladenen zu 1) Arbeitspakete ab, die diese ergebnisorientiert unter Berücksichtigung des gemeinsam geplanten Zeit- und Aufwandsrahmens ausarbeite. Das Sozialgericht gestehe in diesem Zusammenhang zwar zu, dass der Leistungsgegenstand sehr unbestimmt gefasst sei, habe sich aber ausdrücklich nicht der o.g. Entscheidung des LSG Baden-Württemberg angeschlossen, sondern vertrete die Auffassung, dass es zur Leistungserbringung keiner weiteren Konkretisierung bedurft habe. Das Sozialgericht meine offenbar, dass die Erteilung der verschiedenen Arbeitspakete keine Konkretisierung des Leistungsgegenstandes beinhalten würde. Dem könne nicht gefolgt werden.Entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts enthalte bereits die Regelung in Abschn. 2.3 der AGB für Subunternehmer, nach der die Klägerin (jederzeit) Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen könne, Weisungsrechte der Klägerin.
58 
Entgegen der vom Sozialgericht vertreten Auffassung liege hier auch eine Einbindung in die Betriebsorganisation der Klägerin vor. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin habe die Klägerin ein Gesamtprojekt beim Endkunden. Die Verantwortung der Projektkoordination obliege dem Projektleiter der Klägerin. Dieser stimme sich in allen übergeordneten Belangen mit dem Projektverantwortlichen des Endkunden ab. Wenn nun die Beigeladene zu 1) ihrerseits Teilleistungen im Rahmen dieses Projekts beim Endkunden erbringe, sei die Feststellung des Sozialgerichts, die Beigeladene zu 1) habe keine Berührungspunkte mit dem Tätigkeitsbereich der Klägerin, nicht nachvollziehbar. Aufgrund der hier vereinbarten Vergütungsstruktur sei auch keinerlei rechtlich relevantes Unternehmerrisiko zu erkennen, was das BSG zuletzt in seinem Urteil vom 25.04.2012 (- B 12 KR 24/10 -) bestätigt habe.
59 
Die Beklagte beantragt,
60 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.06.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und überzeugend. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass die Leistungsbeschreibung einer Konkretisierung durch Weisungen bedürfe. Aufgrund der Leistungsbeschreibung hätten alle Beteiligten gewusst, was zu tun gewesen sei. Gerade im Rahmen einer Beratung könne die Leistungsbeschreibung nicht präziser sein. Sobald eine mehrseitige präzise Leistungsbeschreibung möglich wäre, brauche man keine Beratung mehr. Außerdem habe eine weitere Konkretisierung des Vertragsgegenstandes bereits in den Vorgesprächen stattgefunden. Zudem habe die Beklagte die branchenspezifischen Besonderheiten im IT-Bereich nicht berücksichtigt, für den komplexe Aufträge gerade typisch seien. Die Beigeladene zu 1) trage auch ein Unternehmerrisiko, da er Haftungsansprüchen ausgesetzt sein könne, die sein Honorar deutlich übersteigen könnten. Damit habe er seine Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Unabhängig davon trage die Beigeladene zu 1) auch das Insolvenzrisiko ihres Auftraggebers. Das Sozialgericht habe zutreffend auch in weiteren Parallelfällen entschieden, dass - entgegen der Auffassung des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 14.02.2012 - L 11 KR 3007/11 - die Konkretisierung des Vertragsgegenstandes nicht durch weitere Vorgaben der Klägerin oder eine Eingliederung in den Betrieb erfolgen müsse, wenn der Inhalt des Auftrags bereits in Vorbesprechungen ausführlich vorgestellt worden sei. Bei der genannten Entscheidung des LSG dürfte es sich um eine Einzelfallentscheidung gehandelt haben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig.
66 
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in der bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit im streitigen Zeitraum vom 11.08.2008 bis 31.01.2009 der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.
I.
67 
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.
68 
Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Beigeladene zu 1) hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden; ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden (zur Verfahrenskonkurrenz etwa Senatsurteile v. 08.06.2011, - L 5 KR 4009/10 - und - L 5 R 4078/10 -).
69 
Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -). Ein ggf. rechtswidriger Elementenfeststellungsbescheid kann jedoch auch noch im Klageverfahren durch einen den Anforderungen an eine rechtmäßige Statusfeststellung genügenden Bescheid nach § 96 SGG ergänzt bzw. ersetzt werden (BSG Urt. v. 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R-Rn 13, juris).
70 
Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die von der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit im Änderungsbescheid vom 13.10.2010 mit „EDV Beraterin“ hinreichend bestimmt bezeichnet. Die Beklagte hat sich auch nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, vielmehr im Änderungsbescheid vom 13.10.2010 ausdrücklich festgestellt, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
II.
71 
Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1) hat während der streitigen Zeit (11.08.2008 bis 31.01.2009) bei der Klägerin eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Eine selbständige Erwerbstätigkeit hat nicht vorgelegen.
1.)
72 
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
73 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur „dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.06.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
74 
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urt. v. 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R-).
75 
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R -).
76 
Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG, Urt. v. 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -).
2.)
77 
Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die die Beigeladene zu 1) während der streitigen Zeit bei der Klägerin als EDV-Beraterin ausgeübt hat, als eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen. Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung ergibt sich für den Senat das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) im Unternehmen der Klägerin.
78 
Die Beigeladene zu 1) hat ihre Arbeitsleistung nicht als selbständige Werkunternehmerin, sondern als bei der Klägerin abhängig beschäftigte IT-Fachkraft erbracht. Sie hat innerhalb des von der Klägerin für deren Endkundin übernommenen Auftrags, die Erstellung von Templates, bei der Endkundin in Zusammenarbeit mit den fest angestellten Beschäftigten dieses Unternehmens ihre Arbeitsleistung erbracht. Anders als das Sozialgericht meint, ist die Tätigkeit der Klägerin nicht auf bloße Weitergabe vom Aufträgen bzw. die Vermittlung von selbständig erwerbstätigen IT-Fachkräften (als Werkunternehmer oder Dienstleister) an Endkunden beschränkt. Sie kann damit nicht als (bloßer) Dienstleister für die Unternehmen und die Fachkräfte eingestuft werden mit der Aufgabe, das einschlägige Auftragsvolumen der Unternehmen zu bündeln und deren Aufträge weiterzugeben (vgl. dazu auch etwa Senatsurteile vom 09.04.2014 - L 5 R 2000/13 - zu einem - abhängig beschäftigten - Projektingenieur in der Automobilindustrie - bzw. vom 19.02.2014, - L 5 R 1684/13 - zu selbständigen Maklern). Dafür, dass die Klägerin die Beigeladene zu 1) hier weisungsgebunden und damit abhängig beschäftigt hat, spricht die Einlassung der Klägerin, sie setze grundsätzlich zunächst eigene Mitarbeiter ein, und erst wenn von diesen keiner verfügbar sei, werde auf „freie Mitarbeiter“ zurückgegriffen. Die Beigeladene zu 1) ist allein aus Kapazitätsgründen eingesetzt worden. Die Klägerin hat sogar darauf hingewiesen, dass diese Fälle nicht so lukrativ seien, wie der Einsatz eigener Mitarbeiter, da die Marge beim Einsatz externer Mitarbeiter nicht so hoch sei. Der Klägerin ging es ersichtlich darum, durch den flexiblen Einsatz weiterer Mitarbeiter Auftragsspitzen abzufangen. Dies wäre indes durch - befristete - Anstellungen möglich gewesen und ist daher kein Kriterium für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1) übereinstimmend ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht haben begründen wollen, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend. Die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar. Die Vorenthaltung der (gesetzlichen) Arbeitnehmerrechte (wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz) macht den Beschäftigten nicht zum Unternehmer.
79 
Die Beigeladene zu 1) hat in ihrer Tätigkeit als EDV-Beraterin für die Endkundin der Klägerin auch kein das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko getragen. Sie hat eigene sächliche Betriebsmittel nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt, sondern ihre Arbeit vor Ort ausschließlich mit den ihr von der Endkundin der Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln erbracht. Bei Tätigkeiten der vorliegenden Art, die vor allem die Nutzung einer IT-Umgebung (Datenverarbeitungsanlagen, speziellen Datenverarbeitungsprogrammen und/oder Datenbanken) umfassen, steht regelmäßig nicht der Einsatz der mittlerweile auch von vielen Privathaushalten zu privaten Zwecken vorgehaltenen Hardware (Computer, Scanner, Drucker, Internetanschluss), sondern die Nutzung der speziellen (Unternehmens-)Software und der (Unternehmens-)Datenbanken im Vordergrund, die schon aus Sicherheitsgründen nicht beliebig zugänglich sind (vgl. Senatsurteil vom 09.04.2014 - L 5 R 2000/13 -). Maßgeblich für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) war nicht die Verfügbarkeit eines PC (mit Internetanschluss), sondern der Zugriff auf spezielle (Daten-)Ordner und Programme der Endkundin der Klägerin. Hierfür ist ihr bei der Endkundin eine Zugriffsberechtigung auf das EDV-System eingerichtet worden. Dies spricht jedenfalls für die Zeit der Projektbearbeitung für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Endkundin.
80 
Der Klägerin stand auch eine für abhängige Beschäftigungsverhältnisse typische arbeitsrechtliche Direktionsbefugnis zu, da der verantwortliche Projektleiter der Klägerin den in dem Vertrag der Beigeladenen zu 1) nur grob umrissenen Inhalt der Tätigkeit durch Einzelweisungen auszufüllen hatte. Aus der Bezeichnung des Leistungsumfangs mit „Selbständige fachliche Beratung im Modul CO im Rahmen des SAP R/3-Rollouts nach P. (Template: "RAINBOW")“, die auch in Ziff. 1 a) oder an anderer Stelle des Vertrages keine nähere Erläuterung findet, ist der konkrete Inhalt der Leistung nicht zu entnehmen. Wenn die Klägerin hierzu vortragen lässt, aufgrund ihrer Erfahrung in der IT-Branche hätten alle Beteiligten gewusst, was zu tun sei, so spricht dies nicht für die Übernahme einer selbständige Werkunternehmertätigkeit. Typisch für die Beauftragung eines Selbständigen mit der Übernahme eines Beratungs- und Dienstleistungsauftrages wäre die detaillierte Beschreibung des Leistungsumfangs, und zwar zum einen aus Gründen der Kalkulierbarkeit des Leistungsangebots für den Selbständigen, zum anderen auch deshalb, um bei Abschluss der Leistung eine Kontrolle der Vollständigkeit der erbrachten Leistung zu ermöglichen. Ohne ein detailliertes Leistungsverzeichnis ist diese Kontrolle gerade nicht möglich. Nach Ziff. 4 c) ist zwar die Fälligkeit der Schlussrechnung von der Vorlage einer schriftlichen Bescheinigung des Auftraggebers oder des Kunden über die Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit der Leistung abhängig. Allein anhand der hier verwendeten Bezeichnungen des Leistungsumfangs kann eine solche Bescheinigung aber gar nicht ausgestellt werden. Hierzu bedarf es einer erheblich ausführlicheren Detailbeschreibung. Liegt eine solche nicht vor, spricht alles dafür, dass diese weitergehenden Angaben zu den Einzelheiten des Auftrags im Rahmen der Projektbearbeitung in der Form von Einzelweisungen an die Beigeladenen zu 1) gegeben worden sind. Hierzu hat der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg bereits im Urteil vom 14.02.2012 (L 11 R 3007/11) ausgeführt, die Vereinbarung eines unbestimmten Vertragsgegenstandes, der einer Konkretisierung durch weitere Vorgaben des Auftraggebers oder einer Eingliederung in dessen Projektbetrieb erfordere, stelle ein Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung dar. Wenn der Betroffene Einzeldienste und Arbeitseinsätze zusage, ohne dass diese nach Anzahl, Dauer und zeitlicher Lage abschließend feststehen würden, begebe er sich in eine Weisungsabhängigkeit, die regelmäßig seinen Arbeitnehmerstatus begründe. Im Recht der Arbeitnehmerüberlassung werde bei Abgrenzung zwischen Werk- oder Dienstvertrag und einer Tätigkeit als Arbeitnehmer maßgeblich darauf abgestellt, ob der vertraglich festgelegte Leistungsgegenstand hinreichend bestimmt sei. Sofern dies nicht der Fall und die geschuldete Leistung derart unbestimmt sei, dass sie erst durch Weisungen des Auftraggebers konkretisiert werde, liege eine Tätigkeit als Arbeitnehmer vor. Diesem Merkmal komme auch bei der Statusabgrenzung Bedeutung zu. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.
81 
Mit der Übernahme zur Verpflichtung zur selbständigen fachlichen Beratung im Modul CO im Rahmen des SAP R/3-Rollouts nach P. (Template: "RAINBOW") hat die Beigeladene zu 1) lediglich ihre Arbeitskraft zum Einsatz bei der Endkundin zur Verfügung gestellt. Sie war vollständig in den Projektbetrieb bei der B./R. AG als der Endkundin eingebunden. Dass die Beigeladene zu 1) aufgrund ihrer Fachkompetenz in inhaltlicher Sicht einer erhebliche Gestaltungsfreiheit bei der Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben hatte, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen, betrifft aber erst den zweiten Schritt der Tätigkeitsverrichtung. In einem ersten Schritt waren zunächst die konkreten Inhalte des Projekts und die konkret zu erfüllenden Aufgaben festzulegen. Dass hierüber bereits im Vorfeld des Projekts im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin Einzelheiten besprochen wurden, steht dem nicht entgegen. Die konkreten Einzelheiten des Auftrags waren aber nach dessen Übernahme durch die Beigeladene zu 1) gerade bei Fehlen einer schriftlichen Fixierung des Leistungsumfang durch die Endkundin vorzugeben. Hierzu diente offenbar auch die viertägige Einarbeitungsphase, die im Vertrag gesondert vereinbart war. Die Klägerin hat selbst in der Klagebegründung darauf hinweisen lassen, dass der Endkunde mit der Beigeladenen zu 1) die Rahmenbedingungen vereinbart und die endgültige Abstimmung über den Ablauf getroffen habe. Die Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auch von weiteren, den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit erläuternden Telefonaten mit der Klägerin berichtet. Ferner hat sie zu ihrer Tätigkeit angegeben, sie habe mit Mitarbeitern der Klägerin im Team zusammen gearbeitet. Da die einzelnen Module zusammengehangen haben, habe es auch übergreifende Projektbesprechungen mit den Teams der anderen Module gegeben. Es habe einen Projektleiter gegeben, der darauf geachtet habe, dass alle Module gleichzeitig fertig würden. Dieser hat demnach die Einhaltung der zeitlichen Vorgaben kontrolliert und damit eine arbeitsrechtliche Direktionsbefugnis ausgeübt.
82 
Neben der Einbindung in den Projektbetrieb bei der Endkundin hat sich im vorliegenden Fall auch die Klägerin durch Einbeziehung der „AGB Subunternehmer“ in dem mit der Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag (vgl. jeweils Ziff. 9.e) des Vertrags) auch einen bestimmenden Einfluss auf den Inhalt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) gesichert. Nr. 2.2 der AGB lautet: „Die von S. vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele entbinden den Auftragnehmer nicht von seiner Verantwortung für eine technisch einwandfreie und wirtschaftliche Lösung." In Nr. 2.3 der AGB ist geregelt: „Sofern beim Erbringen der vertraglichen Leistung noch Veränderungen beim Leistungsinhalt und -umfang notwendig erscheinen, wird der Auftragnehmer S. hiervon unverzüglich unterrichten und die Entscheidung einholen, ob der Auftrag in geänderter Form weitergeführt werden soll. Zusatz- oder Änderungsleistungen, die ohne vorherige Zustimmung von S. erbracht werden, begründen keinen Vergütungsanspruch. S. kann schriftlich Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen. Der Arbeitnehmer wird diese, wenn und soweit sie realisierbar, sind nach Maßgabe der Vertragsbestimmungen vornehmen." Der 11. Senat hat hierzu in seinen Urteilen vom 14.02.2012 (L 11 KR 3007/11, juris) und vom 14.03.2014 (L 11 S 4497/12) ausgeführt, dass die AGB ohne konkreten Bezug auf den Inhalt des mit der Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag nicht so verstanden werden können, dass damit lediglich die von der Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistung ein- und abgegrenzt wird. Die geschuldete Dienstleistung ist nicht so bestimmt gefasst, dass die von der Klägerin „vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele" bzw. die gewünschten „Änderungen oder Zusatzleistungen" nicht auch Zeit und Ort der Arbeitsleistung umfassen könnten. Ob die Klägerin von ihrer Rechtsmacht Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.
83 
Sofern das Sozialgericht eine Konkretisierung des Vertragsgegenstandes für nicht erforderlich gehalten hat und hierbei der Auffassung der Klägerin gefolgt ist, dass durch Vorbesprechungen bei Vertragsabschluss und aufgrund der fachlichen Erfahrung der Beteiligten für diese klar gewesen sei, um was es gehe, kann dies nicht überzeugen. Es fehlt insoweit an einer Auseinandersetzung mit der abweichenden Auffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg in dessen Urteil vom 14.02.2012 (a.a.O.) und mit den konkreten Umständen der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1). Die Beigeladene zu 1) war für das Modul CO als einem Teilmodul des Gesamtprojekts zuständig. Zur Koordinierung der einzelnen Module hat es immer wieder Besprechungen mit den Projektverantwortlichen beim Endkunden gegeben. Wenn das Sozialgericht insoweit darauf abstellt, dass sich Probleme erst im Verlaufe des Projekts gestellt hätten, so rechtfertigt dies jedenfalls nicht den Schluss auf eine selbständige Tätigkeit, weil das Werk nicht von vornherein in allen Einzelheiten hat umrissen werden können. Vielmehr ist aus diesem Umstand zu schließen, dass gerade deshalb die Einbindung in das Projekt maßgeblich prägend für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) gewesen ist, die im Zusammenwirken mit den übrigen Projektbeteiligten an der Lösung derartiger Probleme hat arbeiten müssen, dabei der Projektleitung unterstanden hat und deshalb abhängig beschäftigt war.
84 
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit im Rahmen des Projekts auch kein wirtschaftliches Unternehmerrisiko getragen. Sie hat weder in nennenswertem Umfang Wagniskapital eingesetzt noch ihre Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Die Nutzung eines eigenen Mobiltelefons oder eines eigenen PKW für geschäftliche Zwecke ist in der Arbeitswelt auch bei abhängig Beschäftigten verbreitet und für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung wenig aussagekräftig. Gleiches gilt für die Nutzung eines Laptops und des eigenen PCs. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladenen zu 1) die Nutzung eigener Geräte aus Sicherheitsgründen gerade nicht möglich war. Die Beigeladene zu 1) hat für ihre Tätigkeit im Wesentlichen ihre Kenntnisse und Fertigkeiten als EDV-Fachkraft und damit ihre Arbeitskraft eingesetzt. Zwar kann, wie eingangs dargelegt, auch die Arbeitskraft (ohne wesentliche sächliche Betriebsmittel oder sonstigen Kapitaleinsatz) unternehmerisch genutzt werden. Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist dann aber, ob die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Mittel also ungewiss ist.
85 
Die Vergütung nach pauschalen Tagessätzen eröffnet gerade keinen Raum für eine derartige unternehmerische Gewinnchance. Hier hatten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) in § 1b) des Vertrages ausdrücklich festgelegt, dass der Auftragnehmer keinen Anspruch auf die maximale Vergütung hat, sondern - bei schnellerer Fertigstellung der Projektarbeiten - nur die tatsächlich geleisteten Stunden vergütet erhält. Wird das Projekt nicht innerhalb des veranschlagten Zeitrahmens fertiggestellt, erfolgt - so offenbar auch hier - eine Verlängerung auf der Grundlage einer neuen vertraglichen Vereinbarung. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 25.4.2012, - B 12 KR 24/10 R -) ist ein unternehmerisches Risiko beim Einsatz der Arbeitskraft letztlich auch nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Das ist hier nicht im erforderlichen Maß der Fall gewesen. Aufgrund des vereinbarten Arbeitsvolumens (75 Arbeitstage in 17 Wochen = 4,41 Arbeitstage/Woche) und des Einsatzes im Ausland, der zusätzliche Wegezeiten erforderte, blieb der Beigeladenen zu 1) so gut wie kein Raum für eine freie zeitliche Gestaltung ihrer Arbeitstätigkeit. Zudem wurden sowohl die Wegezeit bezahlt als auch die Nebenkosten wie Flug, Hotel und Fahrtkosten vor Ort entweder von der Klägerin oder der Endkundin zumindest pauschal vergütet, so dass auch insoweit kein Einsatz eigenen Risikokapitals mit der Chance auf Gewinn bestanden hat.
86 
Die Anhörung der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung des Senats hat ergeben, dass sie anhand der Projektbeschreibung wusste, welche Aufgaben sie erwarteten. Aber bereits aus der Projektbeschreibung ging konkret hervor, dass ihre Tätigkeit ausschließlich in der Beratung anderer Projektteilnehmer lag. Die betrieblichen Verhältnisse vor Ort in P. waren ihr aber ebenso unbekannt wie die dort bisher verwendeten Programme, die zu erwartenden Probleme oder die anderen Projektmitarbeiter. Sie musste dabei erst in Gesprächen herausfinden, wie die Verhältnisse vor Ort sind und wie diese in Bezug auf das angestrebte Projektziel entwickelt werden können. Dabei war sie in ständigem Kontakt mit den Projektmitarbeitern des Endkunden und der Klägerin. Bei Meinungsverschiedenheiten, bei Entscheidungen mit Auswirkungen auf andere Unterprojekte oder bei Richtungsentscheidungen war zunächst der Projektmanager der Klägerin einzuschalten, der sich gegebenenfalls mit dem Endkunden abstimmte und dann die gewünschten Ziele an die Projektteilnehmer weitergab. Die Beigeladene zu 1) war in einen Prozess ständiger Abstimmung und ggfs Neuausrichtung eingebunden. Geschuldet war dabei ihr Wissen und ihre Arbeitskraft. Für die Statusfeststellung folgt daraus, dass sie vergleichbar einer leitenden Angestellten dienend am Arbeitsprozess teilnahm. Ein selbständiger Werkvertrag mit beschreibbarem unternehmerischen Risiko als Grundlage einer selbständigen Tätigkeit lässt sich nicht herausarbeiten.
87 
Insgesamt ist damit die Nutzung der Arbeitskraft der Beigeladenen zu 1) durch die vertragliche Vereinbarung mit der Klägerin arbeitnehmertypisch eingeschränkt worden; sie ist nicht in unternehmerischer Freiheit mit den Verlustrisiken und den Gewinnaussichten des selbständig Erwerbstätigen erfolgt. Auch die Haftungsrisiken bei Schlechtleistung haben im Außenverhältnis zu ihrem Kunden ersichtlich allein die Klägerin und nicht die Beigeladene zu 1) als selbständigen Werkunternehmer treffen sollen. Dass die Klägerin gegebenenfalls im Innenverhältnis Rückgriff auf die Beigeladene zu 1) hätte nehmen können, unterscheidet sie weder von anderen abhängig Beschäftigten, noch begründet dies - wie die Klägerin meint - ein besonderes unternehmerisches Risiko für die Beigeladene zu 1).
88 
Hat damit während der streitigen Zeit eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) vorgelegen, ist von der Beklagten zu Recht dem Grunde nach Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt worden. Zur Abführung der Beiträge ist die Klägerin verpflichtet. Diese ist nach dem eingangs Gesagten Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1). Sie hat diese als EDV Beraterin eingestellt und im Rahmen des von ihr auszuführenden Projekts bei der Endkundin eingesetzt. Ob die Beigeladene zu 1) gegebenenfalls aufgrund der Höhe der gezahlten Vergütung der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nicht unterlegen war, ist im Rahmen der Beitragserhebung durch die Einzugsstelle zu prüfen und nicht Gegenstand der Überprüfung im Statusverfahren.
89 
Das Urteil des Sozialgerichts konnte deshalb keinen Bestand haben.
III.
90 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.
91 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 3 GKG.
92 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Gründe

 
65 
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig.
66 
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in der bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit im streitigen Zeitraum vom 11.08.2008 bis 31.01.2009 der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.
I.
67 
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.
68 
Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Beigeladene zu 1) hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden; ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden (zur Verfahrenskonkurrenz etwa Senatsurteile v. 08.06.2011, - L 5 KR 4009/10 - und - L 5 R 4078/10 -).
69 
Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -). Ein ggf. rechtswidriger Elementenfeststellungsbescheid kann jedoch auch noch im Klageverfahren durch einen den Anforderungen an eine rechtmäßige Statusfeststellung genügenden Bescheid nach § 96 SGG ergänzt bzw. ersetzt werden (BSG Urt. v. 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R-Rn 13, juris).
70 
Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die von der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit im Änderungsbescheid vom 13.10.2010 mit „EDV Beraterin“ hinreichend bestimmt bezeichnet. Die Beklagte hat sich auch nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, vielmehr im Änderungsbescheid vom 13.10.2010 ausdrücklich festgestellt, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
II.
71 
Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1) hat während der streitigen Zeit (11.08.2008 bis 31.01.2009) bei der Klägerin eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Eine selbständige Erwerbstätigkeit hat nicht vorgelegen.
1.)
72 
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
73 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur „dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.06.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
74 
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urt. v. 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R-).
75 
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R -).
76 
Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG, Urt. v. 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -).
2.)
77 
Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die die Beigeladene zu 1) während der streitigen Zeit bei der Klägerin als EDV-Beraterin ausgeübt hat, als eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen. Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung ergibt sich für den Senat das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) im Unternehmen der Klägerin.
78 
Die Beigeladene zu 1) hat ihre Arbeitsleistung nicht als selbständige Werkunternehmerin, sondern als bei der Klägerin abhängig beschäftigte IT-Fachkraft erbracht. Sie hat innerhalb des von der Klägerin für deren Endkundin übernommenen Auftrags, die Erstellung von Templates, bei der Endkundin in Zusammenarbeit mit den fest angestellten Beschäftigten dieses Unternehmens ihre Arbeitsleistung erbracht. Anders als das Sozialgericht meint, ist die Tätigkeit der Klägerin nicht auf bloße Weitergabe vom Aufträgen bzw. die Vermittlung von selbständig erwerbstätigen IT-Fachkräften (als Werkunternehmer oder Dienstleister) an Endkunden beschränkt. Sie kann damit nicht als (bloßer) Dienstleister für die Unternehmen und die Fachkräfte eingestuft werden mit der Aufgabe, das einschlägige Auftragsvolumen der Unternehmen zu bündeln und deren Aufträge weiterzugeben (vgl. dazu auch etwa Senatsurteile vom 09.04.2014 - L 5 R 2000/13 - zu einem - abhängig beschäftigten - Projektingenieur in der Automobilindustrie - bzw. vom 19.02.2014, - L 5 R 1684/13 - zu selbständigen Maklern). Dafür, dass die Klägerin die Beigeladene zu 1) hier weisungsgebunden und damit abhängig beschäftigt hat, spricht die Einlassung der Klägerin, sie setze grundsätzlich zunächst eigene Mitarbeiter ein, und erst wenn von diesen keiner verfügbar sei, werde auf „freie Mitarbeiter“ zurückgegriffen. Die Beigeladene zu 1) ist allein aus Kapazitätsgründen eingesetzt worden. Die Klägerin hat sogar darauf hingewiesen, dass diese Fälle nicht so lukrativ seien, wie der Einsatz eigener Mitarbeiter, da die Marge beim Einsatz externer Mitarbeiter nicht so hoch sei. Der Klägerin ging es ersichtlich darum, durch den flexiblen Einsatz weiterer Mitarbeiter Auftragsspitzen abzufangen. Dies wäre indes durch - befristete - Anstellungen möglich gewesen und ist daher kein Kriterium für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1) übereinstimmend ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht haben begründen wollen, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend. Die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar. Die Vorenthaltung der (gesetzlichen) Arbeitnehmerrechte (wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz) macht den Beschäftigten nicht zum Unternehmer.
79 
Die Beigeladene zu 1) hat in ihrer Tätigkeit als EDV-Beraterin für die Endkundin der Klägerin auch kein das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko getragen. Sie hat eigene sächliche Betriebsmittel nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt, sondern ihre Arbeit vor Ort ausschließlich mit den ihr von der Endkundin der Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln erbracht. Bei Tätigkeiten der vorliegenden Art, die vor allem die Nutzung einer IT-Umgebung (Datenverarbeitungsanlagen, speziellen Datenverarbeitungsprogrammen und/oder Datenbanken) umfassen, steht regelmäßig nicht der Einsatz der mittlerweile auch von vielen Privathaushalten zu privaten Zwecken vorgehaltenen Hardware (Computer, Scanner, Drucker, Internetanschluss), sondern die Nutzung der speziellen (Unternehmens-)Software und der (Unternehmens-)Datenbanken im Vordergrund, die schon aus Sicherheitsgründen nicht beliebig zugänglich sind (vgl. Senatsurteil vom 09.04.2014 - L 5 R 2000/13 -). Maßgeblich für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) war nicht die Verfügbarkeit eines PC (mit Internetanschluss), sondern der Zugriff auf spezielle (Daten-)Ordner und Programme der Endkundin der Klägerin. Hierfür ist ihr bei der Endkundin eine Zugriffsberechtigung auf das EDV-System eingerichtet worden. Dies spricht jedenfalls für die Zeit der Projektbearbeitung für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Endkundin.
80 
Der Klägerin stand auch eine für abhängige Beschäftigungsverhältnisse typische arbeitsrechtliche Direktionsbefugnis zu, da der verantwortliche Projektleiter der Klägerin den in dem Vertrag der Beigeladenen zu 1) nur grob umrissenen Inhalt der Tätigkeit durch Einzelweisungen auszufüllen hatte. Aus der Bezeichnung des Leistungsumfangs mit „Selbständige fachliche Beratung im Modul CO im Rahmen des SAP R/3-Rollouts nach P. (Template: "RAINBOW")“, die auch in Ziff. 1 a) oder an anderer Stelle des Vertrages keine nähere Erläuterung findet, ist der konkrete Inhalt der Leistung nicht zu entnehmen. Wenn die Klägerin hierzu vortragen lässt, aufgrund ihrer Erfahrung in der IT-Branche hätten alle Beteiligten gewusst, was zu tun sei, so spricht dies nicht für die Übernahme einer selbständige Werkunternehmertätigkeit. Typisch für die Beauftragung eines Selbständigen mit der Übernahme eines Beratungs- und Dienstleistungsauftrages wäre die detaillierte Beschreibung des Leistungsumfangs, und zwar zum einen aus Gründen der Kalkulierbarkeit des Leistungsangebots für den Selbständigen, zum anderen auch deshalb, um bei Abschluss der Leistung eine Kontrolle der Vollständigkeit der erbrachten Leistung zu ermöglichen. Ohne ein detailliertes Leistungsverzeichnis ist diese Kontrolle gerade nicht möglich. Nach Ziff. 4 c) ist zwar die Fälligkeit der Schlussrechnung von der Vorlage einer schriftlichen Bescheinigung des Auftraggebers oder des Kunden über die Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit der Leistung abhängig. Allein anhand der hier verwendeten Bezeichnungen des Leistungsumfangs kann eine solche Bescheinigung aber gar nicht ausgestellt werden. Hierzu bedarf es einer erheblich ausführlicheren Detailbeschreibung. Liegt eine solche nicht vor, spricht alles dafür, dass diese weitergehenden Angaben zu den Einzelheiten des Auftrags im Rahmen der Projektbearbeitung in der Form von Einzelweisungen an die Beigeladenen zu 1) gegeben worden sind. Hierzu hat der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg bereits im Urteil vom 14.02.2012 (L 11 R 3007/11) ausgeführt, die Vereinbarung eines unbestimmten Vertragsgegenstandes, der einer Konkretisierung durch weitere Vorgaben des Auftraggebers oder einer Eingliederung in dessen Projektbetrieb erfordere, stelle ein Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung dar. Wenn der Betroffene Einzeldienste und Arbeitseinsätze zusage, ohne dass diese nach Anzahl, Dauer und zeitlicher Lage abschließend feststehen würden, begebe er sich in eine Weisungsabhängigkeit, die regelmäßig seinen Arbeitnehmerstatus begründe. Im Recht der Arbeitnehmerüberlassung werde bei Abgrenzung zwischen Werk- oder Dienstvertrag und einer Tätigkeit als Arbeitnehmer maßgeblich darauf abgestellt, ob der vertraglich festgelegte Leistungsgegenstand hinreichend bestimmt sei. Sofern dies nicht der Fall und die geschuldete Leistung derart unbestimmt sei, dass sie erst durch Weisungen des Auftraggebers konkretisiert werde, liege eine Tätigkeit als Arbeitnehmer vor. Diesem Merkmal komme auch bei der Statusabgrenzung Bedeutung zu. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.
81 
Mit der Übernahme zur Verpflichtung zur selbständigen fachlichen Beratung im Modul CO im Rahmen des SAP R/3-Rollouts nach P. (Template: "RAINBOW") hat die Beigeladene zu 1) lediglich ihre Arbeitskraft zum Einsatz bei der Endkundin zur Verfügung gestellt. Sie war vollständig in den Projektbetrieb bei der B./R. AG als der Endkundin eingebunden. Dass die Beigeladene zu 1) aufgrund ihrer Fachkompetenz in inhaltlicher Sicht einer erhebliche Gestaltungsfreiheit bei der Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben hatte, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen, betrifft aber erst den zweiten Schritt der Tätigkeitsverrichtung. In einem ersten Schritt waren zunächst die konkreten Inhalte des Projekts und die konkret zu erfüllenden Aufgaben festzulegen. Dass hierüber bereits im Vorfeld des Projekts im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin Einzelheiten besprochen wurden, steht dem nicht entgegen. Die konkreten Einzelheiten des Auftrags waren aber nach dessen Übernahme durch die Beigeladene zu 1) gerade bei Fehlen einer schriftlichen Fixierung des Leistungsumfang durch die Endkundin vorzugeben. Hierzu diente offenbar auch die viertägige Einarbeitungsphase, die im Vertrag gesondert vereinbart war. Die Klägerin hat selbst in der Klagebegründung darauf hinweisen lassen, dass der Endkunde mit der Beigeladenen zu 1) die Rahmenbedingungen vereinbart und die endgültige Abstimmung über den Ablauf getroffen habe. Die Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auch von weiteren, den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit erläuternden Telefonaten mit der Klägerin berichtet. Ferner hat sie zu ihrer Tätigkeit angegeben, sie habe mit Mitarbeitern der Klägerin im Team zusammen gearbeitet. Da die einzelnen Module zusammengehangen haben, habe es auch übergreifende Projektbesprechungen mit den Teams der anderen Module gegeben. Es habe einen Projektleiter gegeben, der darauf geachtet habe, dass alle Module gleichzeitig fertig würden. Dieser hat demnach die Einhaltung der zeitlichen Vorgaben kontrolliert und damit eine arbeitsrechtliche Direktionsbefugnis ausgeübt.
82 
Neben der Einbindung in den Projektbetrieb bei der Endkundin hat sich im vorliegenden Fall auch die Klägerin durch Einbeziehung der „AGB Subunternehmer“ in dem mit der Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag (vgl. jeweils Ziff. 9.e) des Vertrags) auch einen bestimmenden Einfluss auf den Inhalt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) gesichert. Nr. 2.2 der AGB lautet: „Die von S. vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele entbinden den Auftragnehmer nicht von seiner Verantwortung für eine technisch einwandfreie und wirtschaftliche Lösung." In Nr. 2.3 der AGB ist geregelt: „Sofern beim Erbringen der vertraglichen Leistung noch Veränderungen beim Leistungsinhalt und -umfang notwendig erscheinen, wird der Auftragnehmer S. hiervon unverzüglich unterrichten und die Entscheidung einholen, ob der Auftrag in geänderter Form weitergeführt werden soll. Zusatz- oder Änderungsleistungen, die ohne vorherige Zustimmung von S. erbracht werden, begründen keinen Vergütungsanspruch. S. kann schriftlich Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen. Der Arbeitnehmer wird diese, wenn und soweit sie realisierbar, sind nach Maßgabe der Vertragsbestimmungen vornehmen." Der 11. Senat hat hierzu in seinen Urteilen vom 14.02.2012 (L 11 KR 3007/11, juris) und vom 14.03.2014 (L 11 S 4497/12) ausgeführt, dass die AGB ohne konkreten Bezug auf den Inhalt des mit der Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag nicht so verstanden werden können, dass damit lediglich die von der Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistung ein- und abgegrenzt wird. Die geschuldete Dienstleistung ist nicht so bestimmt gefasst, dass die von der Klägerin „vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele" bzw. die gewünschten „Änderungen oder Zusatzleistungen" nicht auch Zeit und Ort der Arbeitsleistung umfassen könnten. Ob die Klägerin von ihrer Rechtsmacht Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.
83 
Sofern das Sozialgericht eine Konkretisierung des Vertragsgegenstandes für nicht erforderlich gehalten hat und hierbei der Auffassung der Klägerin gefolgt ist, dass durch Vorbesprechungen bei Vertragsabschluss und aufgrund der fachlichen Erfahrung der Beteiligten für diese klar gewesen sei, um was es gehe, kann dies nicht überzeugen. Es fehlt insoweit an einer Auseinandersetzung mit der abweichenden Auffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg in dessen Urteil vom 14.02.2012 (a.a.O.) und mit den konkreten Umständen der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1). Die Beigeladene zu 1) war für das Modul CO als einem Teilmodul des Gesamtprojekts zuständig. Zur Koordinierung der einzelnen Module hat es immer wieder Besprechungen mit den Projektverantwortlichen beim Endkunden gegeben. Wenn das Sozialgericht insoweit darauf abstellt, dass sich Probleme erst im Verlaufe des Projekts gestellt hätten, so rechtfertigt dies jedenfalls nicht den Schluss auf eine selbständige Tätigkeit, weil das Werk nicht von vornherein in allen Einzelheiten hat umrissen werden können. Vielmehr ist aus diesem Umstand zu schließen, dass gerade deshalb die Einbindung in das Projekt maßgeblich prägend für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) gewesen ist, die im Zusammenwirken mit den übrigen Projektbeteiligten an der Lösung derartiger Probleme hat arbeiten müssen, dabei der Projektleitung unterstanden hat und deshalb abhängig beschäftigt war.
84 
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit im Rahmen des Projekts auch kein wirtschaftliches Unternehmerrisiko getragen. Sie hat weder in nennenswertem Umfang Wagniskapital eingesetzt noch ihre Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Die Nutzung eines eigenen Mobiltelefons oder eines eigenen PKW für geschäftliche Zwecke ist in der Arbeitswelt auch bei abhängig Beschäftigten verbreitet und für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung wenig aussagekräftig. Gleiches gilt für die Nutzung eines Laptops und des eigenen PCs. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladenen zu 1) die Nutzung eigener Geräte aus Sicherheitsgründen gerade nicht möglich war. Die Beigeladene zu 1) hat für ihre Tätigkeit im Wesentlichen ihre Kenntnisse und Fertigkeiten als EDV-Fachkraft und damit ihre Arbeitskraft eingesetzt. Zwar kann, wie eingangs dargelegt, auch die Arbeitskraft (ohne wesentliche sächliche Betriebsmittel oder sonstigen Kapitaleinsatz) unternehmerisch genutzt werden. Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist dann aber, ob die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Mittel also ungewiss ist.
85 
Die Vergütung nach pauschalen Tagessätzen eröffnet gerade keinen Raum für eine derartige unternehmerische Gewinnchance. Hier hatten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) in § 1b) des Vertrages ausdrücklich festgelegt, dass der Auftragnehmer keinen Anspruch auf die maximale Vergütung hat, sondern - bei schnellerer Fertigstellung der Projektarbeiten - nur die tatsächlich geleisteten Stunden vergütet erhält. Wird das Projekt nicht innerhalb des veranschlagten Zeitrahmens fertiggestellt, erfolgt - so offenbar auch hier - eine Verlängerung auf der Grundlage einer neuen vertraglichen Vereinbarung. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 25.4.2012, - B 12 KR 24/10 R -) ist ein unternehmerisches Risiko beim Einsatz der Arbeitskraft letztlich auch nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Das ist hier nicht im erforderlichen Maß der Fall gewesen. Aufgrund des vereinbarten Arbeitsvolumens (75 Arbeitstage in 17 Wochen = 4,41 Arbeitstage/Woche) und des Einsatzes im Ausland, der zusätzliche Wegezeiten erforderte, blieb der Beigeladenen zu 1) so gut wie kein Raum für eine freie zeitliche Gestaltung ihrer Arbeitstätigkeit. Zudem wurden sowohl die Wegezeit bezahlt als auch die Nebenkosten wie Flug, Hotel und Fahrtkosten vor Ort entweder von der Klägerin oder der Endkundin zumindest pauschal vergütet, so dass auch insoweit kein Einsatz eigenen Risikokapitals mit der Chance auf Gewinn bestanden hat.
86 
Die Anhörung der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung des Senats hat ergeben, dass sie anhand der Projektbeschreibung wusste, welche Aufgaben sie erwarteten. Aber bereits aus der Projektbeschreibung ging konkret hervor, dass ihre Tätigkeit ausschließlich in der Beratung anderer Projektteilnehmer lag. Die betrieblichen Verhältnisse vor Ort in P. waren ihr aber ebenso unbekannt wie die dort bisher verwendeten Programme, die zu erwartenden Probleme oder die anderen Projektmitarbeiter. Sie musste dabei erst in Gesprächen herausfinden, wie die Verhältnisse vor Ort sind und wie diese in Bezug auf das angestrebte Projektziel entwickelt werden können. Dabei war sie in ständigem Kontakt mit den Projektmitarbeitern des Endkunden und der Klägerin. Bei Meinungsverschiedenheiten, bei Entscheidungen mit Auswirkungen auf andere Unterprojekte oder bei Richtungsentscheidungen war zunächst der Projektmanager der Klägerin einzuschalten, der sich gegebenenfalls mit dem Endkunden abstimmte und dann die gewünschten Ziele an die Projektteilnehmer weitergab. Die Beigeladene zu 1) war in einen Prozess ständiger Abstimmung und ggfs Neuausrichtung eingebunden. Geschuldet war dabei ihr Wissen und ihre Arbeitskraft. Für die Statusfeststellung folgt daraus, dass sie vergleichbar einer leitenden Angestellten dienend am Arbeitsprozess teilnahm. Ein selbständiger Werkvertrag mit beschreibbarem unternehmerischen Risiko als Grundlage einer selbständigen Tätigkeit lässt sich nicht herausarbeiten.
87 
Insgesamt ist damit die Nutzung der Arbeitskraft der Beigeladenen zu 1) durch die vertragliche Vereinbarung mit der Klägerin arbeitnehmertypisch eingeschränkt worden; sie ist nicht in unternehmerischer Freiheit mit den Verlustrisiken und den Gewinnaussichten des selbständig Erwerbstätigen erfolgt. Auch die Haftungsrisiken bei Schlechtleistung haben im Außenverhältnis zu ihrem Kunden ersichtlich allein die Klägerin und nicht die Beigeladene zu 1) als selbständigen Werkunternehmer treffen sollen. Dass die Klägerin gegebenenfalls im Innenverhältnis Rückgriff auf die Beigeladene zu 1) hätte nehmen können, unterscheidet sie weder von anderen abhängig Beschäftigten, noch begründet dies - wie die Klägerin meint - ein besonderes unternehmerisches Risiko für die Beigeladene zu 1).
88 
Hat damit während der streitigen Zeit eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) vorgelegen, ist von der Beklagten zu Recht dem Grunde nach Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt worden. Zur Abführung der Beiträge ist die Klägerin verpflichtet. Diese ist nach dem eingangs Gesagten Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1). Sie hat diese als EDV Beraterin eingestellt und im Rahmen des von ihr auszuführenden Projekts bei der Endkundin eingesetzt. Ob die Beigeladene zu 1) gegebenenfalls aufgrund der Höhe der gezahlten Vergütung der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nicht unterlegen war, ist im Rahmen der Beitragserhebung durch die Einzugsstelle zu prüfen und nicht Gegenstand der Überprüfung im Statusverfahren.
89 
Das Urteil des Sozialgerichts konnte deshalb keinen Bestand haben.
III.
90 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.
91 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 3 GKG.
92 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

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Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

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Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

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Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

13

2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

15

a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

20

Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

22

c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

23

Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

24

Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

25

Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

26

Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

27

Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

28

Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

29

Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

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d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

31

Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

32

Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

33

Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. die außergerichtlichen Kosten im Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" wegen Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war.

2

Der 1976 geborene Beigeladene zu 1. war bis 30.9.2004 als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der sozialen Pflegeversicherung (sPV) versichert. Seit 1.10.2003 war er auf der Basis eines am 25.9.2003 zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Klägerin (A. GmbH, künftig einheitlich Klägerin) geschlossenen "Projektvertrages" im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" tätig. Durch den Vertrag wurde er "beauftragt", Leistungen in Bezug auf die "Auftragsnummer A 95/002, Projekt D., Dispo und Service bei M." - einer Elektronik-Verbrauchermarktkette - zu erbringen. Nach dem Projektvertrag war der Beigeladene zu 1. in der Wahl des Zeitpunkts zur Leistungserbringung generell frei und vereinbarte selbst den Tag und Zeitpunkt seines Besuchs mit den zuständigen Mitarbeitern des Handels. Im Einzelnen galt nach dem Vertrag weiter ua Folgendes: Der Beigeladene zu 1. konnte die vertraglich geschuldete Leistung auch durch Dritte erbringen lassen. Bei Verhinderung (wie Überlastung, Krankheit oder Urlaub) hatte er selbst für eine Vertretung zu sorgen. Der Beigeladene zu 1. erhielt einen pauschalen Besuchspreis in Höhe von 15 Euro pro Markt, inklusive Fahrtkosten sowie pro Besuch und nachgewiesener Bestellung ab dem 36. bestellten Produkt eine Stückprämie von 0,40 Euro. Die Abrechnung erfolgte monatlich unter Ausweisung von Mehrwertsteuer und Angabe der Umsatzsteuernummer des Beigeladenen zu 1. Die Vereinbarung war jederzeit mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündbar. Der Beigeladene zu 1. durfte auch für andere, ähnlich geartete Auftraggeber tätig werden. Er haftete für Schäden, die aus der verzögerten Erledigung resultierten, es sei denn, er hatte die Verzögerung oder Verhinderung nicht zu vertreten; in vollem Umfang haftete er auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen (Mitarbeiter, beauftragte Personen, Unternehmen).

3

In Ausführung des Projektvertrages besuchte der Beigeladene zu 1. regelmäßig bestimmte Verbrauchermärkte, um dort Original Handy-Zubehör adäquat zu platzieren. Dazu gehörten ua die Sorge um die Aktualität der Ware, Bestellung und Retourenabwicklung, Personalschulung über Neuerungen sowie Verhandlungen mit den Markt-Abteilungsleitern über Durchführung, Art und Menge der Bestellungen. Gegenüber der Klägerin erstellte er fortlaufend Rechnungen und einen Bericht bei Abschluss der Tätigkeit. Er verfügte an eigenen Arbeitsmitteln ua über einen PKW und einen Laptop sowie eine Büroeinrichtung und Internetanschluss. Vom 1.6. bis 31.12.2004 war der Beigeladene zu 1. neben seiner Tätigkeit für die Klägerin für ein weiteres Unternehmen als "Assistant Trainer (Promotion, Abverkauf)" tätig. Insoweit stellte der beklagte Rentenversicherungsträger auf seinen Antrag hin fest, dass er diese Tätigkeit als Selbstständiger ausübe.

4

Der Beigeladene zu 1. beantragte im Januar 2005 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006 und durch weitere Bescheide gegenüber der Klägerin fest, dass er die Tätigkeit in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 im Rahmen einer Beschäftigung ausübe bzw in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei.

5

Das von der Klägerin dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum nicht sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sei (Urteil vom 10.2.2011). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte durch Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010 festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 wegen der Tätigkeit für die Klägerin nicht in der GKV und in der sPV versicherungspflichtig war und ein entsprechendes - angenommenes - Teilanerkenntnis abgegeben. Das LSG hat die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung überwögen bei dem Beigeladenen zu 1. die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände. Der Projektvertrag enthalte überwiegend Regelungen, die dafür sprächen. Nach den Umständen und Ermittlungen fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses auf selbstständiger Basis nur formal vereinbart worden sei. Es habe sich nicht um bloße untergeordnete Regalauffülltätigkeiten gehandelt, sondern um einen um gestalterische Elementen erweiterten Aufgabenkreis. Die Rahmenbedingungen (Warenwirtschaftsturnus; konkrete Verbrauchermärkte) seien nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei zudem auch für andere Auftraggeber tätig und berechtigt gewesen, Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Betriebliche Sachzwänge, Mitteilungspflichten, die Möglichkeit einer Qualitätskontrolle durch die Klägerin sowie die Verpflichtung, Interessenkollisionen beim Einsatz Dritter bzw bei weiteren Aufträgen zu vermeiden, relativierten sich dadurch, dass auch klassische Selbstständige ähnlichen Pflichten unterlägen. Insgesamt sei der Beigeladene zu 1. als für mehrere Auftraggeber tätiger "Solo-Selbstständiger" anzusehen (Urteil vom 23.5.2013).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG im Rahmen der Gesamtwürdigung den für die Tätigkeit maßgeblichen Bestimmungen des Projektvertrages, die nur dem Wortlaut nach auf eine selbstständige Tätigkeit zielten, uneingeschränkt Vorrang gewährt. Die tatsächlichen Umstände bei der Durchführung der einzelnen Aufträge, die für eine weitgehende Weisungsabhängigkeit und Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin sprächen, habe das LSG nur nachrangig berücksichtigt. Die Feststellungen zur Tätigkeit umschrieben letztlich nur die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten". Die Ansicht des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, als nicht abhängige Beschäftigung ausgeübt werden könnte. Der Beigeladene zu 1. sei aber in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert gewesen, indem er nach Annahme eines Einzelauftrags der Klägerin zu deren Vertragspartnern gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach den Vorgaben der Klägerin auszuführen. Hinweise auf ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestünden nicht. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis - von der kein Gebrauch gemacht worden sei - stelle allein kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit dar. Feststellungen des LSG entsprächen teilweise nicht den Tatsachen, soweit es die Gewährung von Kilometergeld und Fahrkosten für den Besuch weiter entfernter Märkte anbelange. Eine Entlohnung mittels Besuchspauschale und Stückprämie spreche nicht indiziell für eine selbstständige Tätigkeit. Umständen wie Rechnungsstellung, Kündigungsmöglichkeit, oder die Möglichkeit einer Tätigkeit für weitere Auftraggeber komme ebenfalls keine indizielle Wirkung im Hinblick auf Selbstständigkeit zu.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Beide verteidigen das angefochtene Urteil.

10

Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge, die Beigeladenen zu 2., 3. und 6. schließen sich der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung an.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers ist unbegründet.

12

Revisionsrechtlich beanstandungsfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund einer Beschäftigung bei der klagenden GmbH als Arbeitgeberin feststellte.

13

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind - nach Annahme des Teilanerkenntnisses der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim LSG durch die Klägerin - der Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006, beide wiederum geändert durch die Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010, soweit darin die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" für die Klägerin aufgrund Beschäftigung in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung und danach vom 1.10.2004 bis 24.5.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung feststellte. Der Bescheid vom 2.2.2010 hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht besteht) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 2.2.2010 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt hat (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13). Zu Recht hat das LSG auch den ausschließlich gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheid vom 11.3.2010 als Gegenstand des Revisionsverfahrens angesehen, weil er ausdrücklich als "Bescheid" den früheren Bescheid vom 2.2.2010 änderte, auch wenn dies nur wegen einer teilweisen offensichtlichen Unrichtigkeit erfolgte. Soweit das LSG darüber hinaus - von den Beteiligten unbeanstandet gelassen - entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).

14

2. Das LSG ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den von ihm für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht wegen Beschäftigung versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war.

15

a) In den Jahren 2003 bis 2005, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

16

b) Das LSG hat diese allgemeinen rechtlichen Maßstäbe im Ausgangspunkt zutreffend herangezogen und begründet, dass und warum die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände hier nicht überwiegen, sondern die Abwägung insgesamt zu einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. führt. Die zentralen Feststellungen des LSG zum Inhalt des Projektvertrages (dazu aa), die von der Beklagten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen wurden, sowie die hierzu nicht in Widerspruch stehende tatsächliche Umsetzung des Vertrages (dazu bb) rechtfertigen in dem hier (ausschließlich) zu beurteilenden Fall die Annahme des LSG, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht als Beschäftigter versicherungspflichtig war. Anders als Ausführungen der Beklagten und auch des LSG andeuten, geht es vorliegend allerdings nicht darum, eine "allgemeine" sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für ein bestimmtes neues Berufsbild im Rahmen von "Merchandising/Rackjobbing" vorzunehmen (dazu cc). Schließlich ist auch ein Unternehmerrisiko beim Beigeladenen zu 1. anzunehmen (dazu dd).

17

aa) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist zunächst die zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1. bestehende Vertragslage. Hierzu hat das LSG - ohne dass dies zu beanstanden wäre - angenommen, dass der für die vorliegende Tätigkeit maßgebende Projektvertrag nach seinem Gepräge überwiegend Regelungen enthält, die für eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnend sind. So war der Beigeladene zu 1. in zeitlicher Hinsicht weitgehend frei, war berechtigt, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen und hatte bei seiner Verhinderung für eine Vertretung zu sorgen. Als Entlohnung erhielt er eine Kombination aus Besuchspauschale und erfolgsabhängiger Stückprämie, und durfte auch - was teilweise tatsächlich erfolgte - noch für weitere ähnliche Auftraggeber tätig werden. Zwar hat das LSG auch festgestellt, dass die Klägerin über einen Adressenbestand von rund 75 "Lieferanten" verfügte, mit denen häufig sogenannte "Rahmenverträge" bestanden. Die Existenz eines zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1. bestehenden Rahmenvertrages hat das LSG hingegen nicht festgestellt.

18

bb) Dem angefochtenen Urteil können auch (gerade noch) hinreichende Feststellungen zur tatsächlichen Umsetzung der Vertragslage entnommen werden. Das LSG hat - insbesondere gestützt auf gerichtliche Anhörungen des Beigeladenen zu 1. im Klage- und Berufungsverfahren - festgestellt, dass Anhaltspunkte dafür fehlten, dass die vertraglichen Regelungen nur formal vereinbart worden waren und dass hinsichtlich der Erwerbstätigkeit tatsächlich etwas ganz anderes praktiziert wurde. Nach den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Umsetzung sind damit keine gewichtigen Umstände ersichtlich, die gesamtschauend den Ausschlag für eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV geben könnten.

19

(1) Der Beigeladene zu 1. war nach den Feststellungen des LSG weitgehend weisungsfrei in dem Sinne, dass die zeitlichen und örtlichen Rahmenbedingungen gerade nicht Ausfluss eines Direktionsrechts - wie im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - waren.

20

(2) Der Beigeladene zu 1. war - unbeschadet des Umstandes, dass er Dienstleistungen im Rahmen eines von der Klägerin mitgetragenen Gesamtvermarktungskonzepts erbrachte - nicht in einem relevanten Maß in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert, was sich ua in seiner vertraglichen Pflicht zeigt, im Falle seiner Verhinderung selbst für eine Vertretung zu sorgen. Er hatte nur auf betriebliche Sachzwänge der Klägerin und deren Kunden Rücksicht zu nehmen und unterlag insoweit lediglich Mitteilungspflichten und Qualitätskontrollen (zum Charakter von - eine Selbstständigkeit nicht ausschließenden - Dokumentationspflichten vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 20). Dem standen weitreichende Freiheiten des Beigeladenen zu 1. beim "Ob und Wie" der Erbringung der Tätigkeit mit eigenen gestalterischen Elementen gegenüber, die etwa über diejenigen eines klassischen Regalauffüllers hinausgingen. Das LSG hat insoweit zB auf Seite 15/16 seines Urteils dargelegt, dass dem Beigeladenen zu 1. - ähnlich wie anderen Vertragspartnern der Klägerin - die Entscheidung über die Präsentation der Produkte oblag, dass er Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung festzulegen hatte. Seine Tätigkeit habe gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente enthalten. Diese Tätigkeit habe sich im Rahmen eines Konzepts vollzogen, dass der Tatsache Rechnung getragen habe, dass Hersteller von Unterhaltungselektronik und IT-Produkten zunehmend dazu übergegangen seien, die Präsentation ihrer Waren nicht mehr den Betreibern von Märkten und Warenhäusern selbst zu überlassen, sondern sie - die Hersteller - es selbst in der Hand hätten, welche Verkaufs- bzw Regalflächen ihnen zur Verfügung gestellt würden. Hierzu bedienten sie sich insoweit spezieller Dienstleister (hier der Klägerin), um ihre Waren zeitnah und umsatzorientiert zu positionieren und möglichst werbewirksam zu präsentieren. In dieses Gesamtkonzept sei dann auch der Beigeladene zu 1. in der beschriebenen Weise eingebunden gewesen.

21

(3) Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. vertraglich berechtigt war, Dritte in die Auftragserledigung einzubeziehen, durfte vom LSG als Indiz für seine selbstständige Tätigkeit gewertet werden, auch wenn davon seitens des Beigeladenen zu 1. tatsächlich kein Gebrauch gemacht wurde.

22

(a) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30). Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung des BAG die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm auf diese Weise zustehender eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Vor diesem Hintergrund hat das LSG rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Möglichkeit der Einschaltung Dritter ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist.

23

(b) Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Ausdrücklich rügt die Beklagte - ohne Benennung einer konkreten Verfahrensvorschrift - eine "Verletzung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung" durch einen vermeintlichen Rückgriff des LSG auf Erkenntnisse in einem anderen Verfahren. Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt die Beklagte aber ebenso wenig wie etwa einen Verstoß des LSG gegen Denkgesetze. Darüber hinaus ist nach der Revisionsbegründung nichts Hinreichendes dafür ersichtlich, dass das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl hierzu allgemein Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, S 467, Kap IX, RdNr 330; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 23 jeweils mwN), dass sich also im Rahmen einer Gesamtabwägung aller maßgebenden Indizien das Ergebnis zum Nachteil der Klägerin verschiebt. Die Beklagte bezieht ihre Rüge ausdrücklich nur auf die Feststellungen des LSG zur "Ernsthaftigkeit" der Vertragsregelung bezüglich der Auftragserledigung durch Dritte. Tatsächlich beziehen sich die Ausführungen des LSG zu dem Parallelverfahren auch nur auf den Aspekt der "Ernsthaftigkeit dieser Regelung". Die zugrundliegende Feststellung des Vorliegens einer entsprechenden vertraglichen Regelung über die Möglichkeit der Einschaltung Dritter und die Feststellung ihrer Nichtumsetzung in der Praxis sind hiervon jedoch in keiner Weise betroffen. Vielmehr handelt es sich bei der Frage der vom LSG problematisierten "Ernsthaftigkeit" der Regelung um eine hypothetische Einwendung gegen die zugrundeliegenden Feststellungen zum Vertragsinhalt. Mithin hätte es - jedenfalls bei einem Hinwegdenken der aus dem Parallelverfahren gewonnenen Erkenntnisse - der Beklagten oblegen, darzutun, dass die Vertragsbestimmung nur "formal" bzw zum Schein (vgl § 117 Abs 1 BGB) getroffen wurde, um den vom LSG bejahten indiziellen Charakter der Vertragsbestimmung nachhaltig zu erschüttern. Dem wird das Revisionsvorbringen jedoch nicht gerecht: Die Beklagte führt zum einen lediglich ihre abweichende rechtliche Auffassung an, wonach es sich bei der Vertragsregelung um eine Vertretungsregelung handele. Zum anderen argumentiert sie spekulativ in der Weise, dass sie ausführt, der Beigeladene zu 1. hätte einer Hilfskraft "vermutlich" seine gesamte Vergütung überlassen müssen. Das alles reicht insbesondere nicht aus, um einen entscheidungserheblichen - dh mit Auswirkung auf einen der Beklagten günstigen Urteilstenor - Verstoß gegen die Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinne von § 128 Abs 1 SGG bejahen zu können(vgl zu den sich insoweit stellenden Anforderungen allgemein Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 128 RdNr 4 ff mit umfangreichen Nachweisen).

24

(4) Es ist auch nicht ersichtlich und wird von der Beklagten nicht formell gerügt, dass das LSG bestimmte im Fall des Beigeladenen zu 1. bedeutsame, als Indizien in Betracht kommende Umstände unzureichend ermittelt oder in ihrer Tragweite in die nötige Gesamtabwägung dazu, ob (abhängige) Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt, nicht eingestellt hätte.

25

cc) Die in der Revisionsbegründung der Beklagten aus dem angefochtenen Urteil hergeleitete pauschale Einschätzung, die rechtliche Beurteilung des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, nicht in (abhängiger) Beschäftigung ausgeübt werde, erscheint bei alledem nicht gerechtfertigt. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ausschließlich eine konkrete, durch bestimmte Sachverhaltsgegebenheiten und ein spezifisches vertragliches Regelwerk geprägte Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., deren rechtliche Einordnung der Senat nach den Maßstäben des Revisionsrechts zu überprüfen hat. Auch die Annahme der Beklagten, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sei letztlich derjenigen eines kaufmännischen Angestellten vergleichbar, trägt im Ergebnis revisionsrechtlich nicht. Die Beklagte weist insoweit zwar zu Recht auf die - nach wie vor aktuelle - Rechtsprechung des BSG hin, wonach auch Dienste höherer Art im Rahmen einer Beschäftigung geleistet werden können, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29 mwN). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist jedoch - wie unter 2 b) bb) dargelegt - nach den Feststellungen des LSG gerade durch eine weitgehende Weisungsfreiheit und ein überwiegendes Nichteingebundensein in die Arbeitsorganisation der Klägerin geprägt. Wenn die Beklagte der nach den Umständen des Falles gewonnenen Überzeugung der Vorinstanzen zu den bestimmenden Elementen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht folgen wollte bzw will, hätte sie insoweit im Revisionsverfahren näher zu spezifizierende Verfahrensrügen anbringen bzw bereits in den Tatsacheninstanzen ggf Beweisanträge dazu stellen müssen. Die Beklagte hat aber zB auch keinen konkreten Ermittlungsbedarf dazu aufgezeigt, dass es sich bei den konkreten vom Beigeladenen zu 1. erledigten Arbeiten um genau solche gehandelt habe, die zuvor bzw gleichzeitig ebenso durch andere Personen in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wurden (vgl zur insoweit notwendigen Unterscheidbarkeit beider Erwerbsformen zB BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 14/10 R - Juris RdNr 26).

26

dd) Auch das Vorbringen der Beklagten, es lägen keine Anhaltspunkte für ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1. vor, führt schließlich nicht zum Erfolg der Revision.

27

Nach den vom 12. Senat des BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, dh, ob der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Die Feststellungen des LSG machen die Annahme eines in diesem Sinne verstandenen Unternehmerrisikos revisionsgerichtlich nachvollziehbar, weil der Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung seiner Arbeitskraft bei der Durchführung des Projektvertrages das Risiko des Ausfalls seines Verdienstes trug. Nach dem vom LSG festgestellten Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen erhielt er nämlich eine pauschale Vergütung sowie zusätzliche umsatz- und damit erfolgsabhängige Stückprämien dafür, dass er Verbrauchermärkte aufsuchte. Der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft war somit insbesondere aufgrund der erfolgsbezogenen Vergütungsteile im Einzelnen durchaus ungewiss. Der Belastung mit dem Ausfallrisiko standen hinsichtlich der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft auch größere Freiheiten und Erwerbschancen gegenüber wie sie im Regelfall in einem Arbeitsverhältnis nicht gleichermaßen anzutreffen sind. Der Beigeladene zu 1. konnte den Einsatz seiner Arbeitskraft in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise sehr weitreichend selbst steuern, indem er zB durch die Art und Weise der Arbeitsausführung die Dauer seiner Besuche in den Märkten bestimmen konnte und in der Lage war, durch die ihm obliegende Präsentation der Produkte deren Absatz zu beeinflussen und so seine Verdienstchancen zu erhöhen.

28

3. Nach alledem unterlag der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 nicht der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung.

29

4. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren beruht auf § 193 SGG.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 09.09.2011, berichtigt durch Beschluss vom 29.12.2011, aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) ab 01.01.2007 der Versicherungspflicht unterliegt.

2

Der 1955 geborene Kläger ist mit der 1956 geborenen U verheiratet, die eine Kaufmannsausbildung absolviert hat; ihr gemeinsamer Sohn P K ist 1989 geboren und als Pilot tätig. Der Kläger hat 1980 den Studiengang Bauingenieurwesen mit dem Abschluss Dipl.-Ing. (FH) abgeschlossen und war anschließend als Bauingenieur, Planer und Statiker in verschiedenen Ingenieurbüros tätig. Daneben übt er seit 1981 eine freiberufliche Tätigkeit in einem eigenen Ingenieurbüro aus. Nach seinen Angaben beträgt seine Wochenarbeitszeit mindestens 70 Stunden, wobei hier auch die Arbeitszeit für die Projektbetreuung der Beigeladenen zu 1) enthalten ist. Als selbstständiger Architekt ist er seit 14.02.2007 Pflichtmitglied der B A . Er ist privat kranken- und pflegeversichert und war zuletzt im Jahr 1988 bei der Beigeladenen zu 3) gesetzlich kranken- sowie bei der Beigeladenen zu 4) pflegeversichert.

3

Mit Gesellschaftsvertrag vom 09.10.1997 errichteten die Ehefrau des Klägers und Frau I S die S I (Beigeladene zu 1) mit einer Stammeinlage von jeweils 25.000,00 DM und dem Sitz in W. Gegenstand des Unternehmens ist die wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Baubetreuer und Bauherr, - eigene bauausführende Gewerbetätigkeiten werden ausgeschlossen -, die Vermittlung von Grundstücken nebst Gebäuden, grundstücksgleichen Rechten, gewerblichen Räumen, Wohnräumen, Darlehen (d.h. Vermittlung von Finanzierungen) und Versicherungen, der An- und Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken im In- und Ausland sowie Haus- und Wohnungsverwaltungen jeglicher Art.

4

In der alljährlichen ordentlichen Gesellschafterversammlung hat die Geschäftsführung über das wirtschaftliche und finanzielle Ergebnis des Vorjahres, einschließlich der Vorlage des Jahresabschlusses nebst Anhang, Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Lagebericht sowie über den Stand der laufenden Geschäfte und der Planung für das laufende Geschäftsjahr Bericht zu erstatten. Diese Gesellschafterversammlung hat das vorliegende Jahresergebnis festzustellen und über die Verteilung des Reingewinns zu beschließen. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit des bei der Abstimmung vertretenen Stammkapitals gefasst. Je 500,00 DM gezeichnete Stammeinlage vermitteln dem Gesellschafter eine Stimme. Die Gesellschafterversammlung ist nur beschlussfähig, wenn mindestens 61 % des vorhandenen Stammkapitals vertreten ist. Die nächste neu einzuberufende Versammlung ist dann unbeschränkt beschlussfähig. Beschlüsse über Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen, Satzungsänderungen und über die Auflösung der Gesellschaft erfordern eine Mehrheit von ¾ des vorhandenen Stammkapitals. Jeder Gesellschafter kann sich in der Gesellschafterversammlung durch einen Mitgesellschafter, durch seinen Ehegatten, durch einen Rechtsanwalt oder einen Steuerberater vertreten lassen. Die Vollmacht kann auch auf unbestimmte Zeit erteilt werden. In diesem Fall ist sie während ihrer Gültigkeit bei der Geschäftsleitung zu hinterlegen. Jede Vollmacht, die ein Gesellschafter zur Wahrnehmung seiner Rechte in der Gesellschafterversammlung erteilt, kann widerrufen werden, und zwar auch dann, wenn der Gesellschafter sie unwiderruflich gestellt hat. Der Widerruf einer Vollmacht ist wirksam, wenn der Geschäftsführung die Erklärung des Widerrufs durch den betreffenden Gesellschafter vorliegt. (§ 7 des Gesellschaftsvertrags). Als je einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer wurden die Gesellschafterinnen bestellt; von den Beschränkungen des § 181 BGB wurden sie befreit.

5

Im Handelsregister wurde im Jahr 2006 als Sitz der Beigeladenen zu 1) Saulheim aufgeführt. Im Jahresabschluss zum 31.12.2006 war als Sitz der Beigeladenen zu 1) die Geschäftsadresse des Klägers - gleichzeitig die Wohnadresse der Eheleute - bezeichnet.

6

Der Kläger bewilligte der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen in Höhe von 600.000,00 DM ab 01.05.1998 mit einer Laufzeit bis 30.04.2001 und ab 24.02.1999 von weiteren 300.000,00 DM (Darlehenszinssatz von jeweils 7 %; Verträge vom 27.04.1998 und 12.02.1999). An monatlichen Darlehenszinszahlungen waren 3.500,00 DM ab 01.06.1998 und 5.250,00 DM ab 01.04.1999 vereinbart. Eine Tilgung des Darlehens war nicht vereinbart, jedoch könnten Sondertilgungen vor Ablauf in beliebiger Höhe geleistet werden. Sondertilgungen erfolgten nicht.

7

In einer notariellen "Vereinbarung, Geschäftsanteilsabtretung, Kaufvertrag und Gesellschafterversammlung" vom 11.09.1999, zu welcher neben den Gesellschafterinnen der Beigeladenen zu 1) auch der Kläger und der Ehemann der Gesellschafterin S , der Bauingenieur V S , erschienen waren, wurde in der Präambel ausgeführt, dass die Beigeladene zu 1) unter Mitwirkung des Klägers und von Herrn S sowie deren Mitarbeitern seit 1996 bis heute ein Baugebiet in S geplant, die Erschließungsarbeiten durchgeführt und die Grundstücke entwickelt habe. Zur Finanzierung habe die Beigeladene zu 1) von dem Kläger mittlerweile 900.000,00 DM, von Herrn S 600.000,00 DM als verzinsliches Darlehen erhalten. Die Vereinbarungen bezweckten, die Verflechtungen zwischen den Gesellschafterinnen der Beigeladenen zu 1), den Planern/Ingenieuren K und S sowie Herrn S als Darlehensgeber der Beigeladenen zu 1) zu lösen. Frau S trat ihren Gesellschaftsanteil nach Aufteilung in Höhe von 22.000,00 DM an die Ehefrau des Klägers und in Höhe von 3.000,00 DM an den Kläger ab. An Frau S veräußerte die Beigeladene zu 1) Grundbesitz in S in Höhe von 320.000,00 DM; die Ehefrau des Klägers übernahm die Kaufpreiszahlungsverpflichtung der Frau S in Höhe von 300.800,00 DM und der Kläger in Höhe von 19.200,00 DM. Frau S wurde rückwirkend zum 31.07.1999 als Geschäftsführerin abberufen und ihr Anstellungsverhältnis aufgehoben. Herr S schied aus der Planung, Bauleitung und Entwicklung für das Erschließungsgebiet S aus. Das von Herrn S der Beigeladenen zu 1) gewährte Darlehen in Höhe von 600.000,00 DM übernahm zum 15.10.1999 der Kläger und zahlte dafür 600.000,00 DM.

8

Mit notariellem Vertrag vom 16.09.1999 bevollmächtigte die Ehefrau des Klägers als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) den Kläger, sie in allen Angelegenheiten, betreffend den Erwerb, die gänzliche oder teilweise Veräußerung und Belastung von jetzt oder in Zukunft in ihrem Allein- bzw. Miteigentum stehenden Grundbesitz bzw. Miteigentumsanteilen an solchen Dritten, Behörden, Notaren und Gerichten gegenüber zu vertreten. Der Bevollmächtigte wurde insbesondere berechtigt, bezüglich des Grundbesitzes sämtliche Verhandlungen zu führen, die zum Erwerb und zur Veräußerung des Grundbesitzes notwendig sind oder damit in Zusammenhang stehen. Die Vollmacht erstreckte sich auch darauf, notarielle Kaufverträge abzuschließen und sämtliche hierzu erforderlichen Erklärungen abzugeben, d. h. auch die diesbezügliche Auflassung zu erklären. Der Bevollmächtigte erhielt weiterhin die Befugnis, den veräußerten bzw. den erworbenen Grundbesitz im Zusammenhang mit der Veräußerung bzw. dem Erwerb mit Grundpfandrechten in beliebiger Höhe zu belasten und die Firma der dinglichen (in den Grundbesitz) und persönlichen Zwangsvollstreckung (in deren gesamtes Vermögen) zu unterwerfen. Der Bevollmächtigte wurde weiterhin bevollmächtigt zur Abgabe und Entgegennahme von Eintragungsbewilligungen und -anträgen jedweder Art im Grundbuch, insbesondere zu Erklärungen, die die Eintragung, Rangänderung, Pfanderstreckung, Pfandfreigabe und Löschung von Rechten betreffen. Er wurde weiterhin zur Bewilligung von beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten und Grunddienstbarkeiten, insbesondere zur Sicherung von Abstandsflächen und Versorgungsleitungen sowie zur Absicherung von Geh- und Fahrtrechten berechtigt. Der Bevollmächtigte wurde berechtigt, Baulasten auf diesem jeweils in Frage stehenden Grundbesitz zur Eintragung zu bewilligen und zu beantragen. Erforderlichenfalls wurde der Bevollmächtigte berechtigt, in Allein- bzw. Miteigentum der Firma stehenden "Grundbesitz" in Teil- bzw. Wohnungseigentum gemäß den Vorschriften der §§ 3 bzw. 8 ff. des Wohnungseigentumsgesetzes aufzuteilen und sämtliche hierzu erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abzugeben. Unter Grundbesitz im obigen Sinn wurde neben Grundbesitz auch Miteigentumsanteile an Grundbesitz sowie Teileigentum, Wohnungseigentum und Erbbaurechte verstanden. Der Bevollmächtigte wurde berechtigt, Untervollmacht zu erteilen. Der Bevollmächtigte wurde befreit von den Beschränkungen des § 181 BGB. Diese Vollmacht war jeder Zeit frei widerruflich.

9

Mit "Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten" vom 14.12.2006 wurde der Kläger von der Beigeladenen zu 1) ab 01.01.2007 in der Funktion als technischer Leiter im Baubereich (Bearbeitung der bautechnischen Vertragsunterlagen, Betreuung der bauausführenden Firmen, bautechnische Beratung der Bauherren) als leitender Angestellter gemäß § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz angestellt. Als Vergütung war ein Jahresbruttogehalt von 84.000,00 € zahlbar in 12 gleichen Teilbeträgen jeweils zum Monatsende (§ 2), ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen (§ 3) und eine Weiterzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall für die Dauer von drei Monaten, nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren für die Dauer von sechs Monaten (§ 5), vereinbart. Weiter war ausgeführt, dass der Kläger seine ganze Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung stellen müsse und dass er erforderlichenfalls über die betriebsüblichen Arbeitszeiten hinaus seine Arbeitsleistung zu erbringen habe (§ 1 Abs. 4). Dem Kläger wurde von der Beigeladenen zu 1) nach Abzug der Lohnsteuer und des Solidaritätszuschlages ab 01.01.2007 ein monatliches Gehalt von 5.443,45 €, ab 01.03.2005 von 5.451,88 €, ab 01.05.2009 von 5.461,70 €, ab 01.07.2009 von 5.483,62 €, ab 01.02.2010 von 5.414,87 €, ab 01.01.2012 von 5.445,29 € und ab 01.02.2012 von 5.417,34 € auf sein Konto überwiesen.

10

Eine schriftliche Vereinbarung vom 20.12.2006 zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) regelte die Übertragung ihrer Stimmrechte auf den Kläger zum 01.01.2007 und enthielt die Feststellung, dass der Kläger somit in allen Angelegenheiten alleinig entscheidungsbefugt sei.

11

Mit notariellem Vertrag vom 10.07.2008 übertrug die Ehefrau des Klägers ihre Gesellschaftsanteile von 25.000,00 DM und 22.000,00 DM an ihren Sohn. Dieser übertrug seine Stimmrechte mit schriftlicher Vereinbarung vom 30.07.2008 zum 01.08.2008 auf den Kläger, wobei auch hier festgestellt wurde, dass der Kläger damit in allen Angelegenheiten alleinig entscheidungsbefugt sei.

12

Mit Gesellschafterbeschlüssen der Jahre 2007 bis 2012 wurden jeweils die Jahresabschlüsse für die Jahre 2006 bis 2011 genehmigt, der Ehefrau des Klägers als Geschäftsführerin Entlastung erteilt und entsprechend dem Vorschlag der Geschäftsführung über die Verwendung des Jahresergebnisses ein Verlustvortrag auf neue Rechnung vorgenommen bzw. der Jahresüberschuss mit dem bestehenden Verlustvortrag verrechnet.

13

Die Beigeladene zu 1) beantragte im März 2009 bei der Beklagten eine Entscheidung über die Versicherungspflicht des Klägers nach § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ab dem 01.01.2007. Sie gab an, dass die Tätigkeit des Klägers von familienhaften Rücksichtnahmen geprägt sei und dass er nicht wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der Gesellschaft unterliege. Als leitender Angestellter vertrete er die Gesellschaft neben der Geschäftsführerin. Am Gewinn der Gesellschaft sei er nicht beteiligt.

14

Mit Bescheid vom 23.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2009 teilte die Beklagte dem Kläger - gleichlautende Bescheide ergingen an die Beigeladene zu 1) - mit, dass seine Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter seit dem 01.01.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Er könne kraft seines Anteils am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Beschlüsse würden innerhalb der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit gefasst, es bestehe ein gesonderter Arbeitsvertrag, der seine Mitarbeit in der Gesellschaft regele und es würde ihm eine gleichbleibend hohe monatliche Vergütung gezahlt. Außerdem sei er nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt. Ein Unternehmerrisiko habe er nicht zu tragen und nach Gesamtwürdigung aller Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Entscheidend sei, dass einseitige Weisungen des Hauptgesellschafters bzw. durch die Geschäftsführung möglich seien und dass der Kläger deren Überwachung unterliege. An den Rechten zur Beschlussfassung innerhalb der Beigeladenen zu 1) ändere sich durch die Stimmrechtsübertragung nichts. Diese könne widerrufen werden und gegen unliebsame Entscheidungen des Hauptgesellschafters könne er sich nicht wehren.

15

Mit Bescheid vom 18.12.2009 hat die Beklagte diesen Bescheid dahingehend abgeändert, dass in der seit 01.01.2007 ausgeübten Beschäftigung als mitarbeitender Gesellschafter bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

16

Der Kläger hat am 09.12.2009 Klage bei dem Sozialgericht Mainz (SG) erhoben und geltend gemacht, dass die Beigeladene zu 1) aufgrund der Darlehensgewährung von ihm wirtschaftlich abhängig sei, er aufgrund der ihm übertragenen Stimmrechte befugt sei, die Geschicke der Beigeladenen zu 1) allein zu entscheiden und er nicht weisungsabhängig sei. Auch verfüge er als Einziger über die einschlägigen Branchenkenntnisse. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.09.2011 hat die Beklagte erklärt, dass der Ergänzungsbescheid vom 18.12.2009 hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht zurückgenommen werde.

17

Mit Urteil vom gleichen Tag in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 29.12.2011 hat das SG den Bescheid vom 23.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2009, abgeändert durch den Bescheid vom 18.12.2009, wiederum abgeändert durch Prozesserklärung vom 09.09.2011, aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger als mitarbeitender Gesellschafter bei der S GmbH nicht der Versicherungspflicht nach den Zweigen der Sozialversicherung unterliegt. Die Beklagte habe die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung zu Unrecht festgestellt. Bei einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls überwögen die Merkmale, welche für die Annahme von Selbstständigkeit sprächen, diejenigen für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Zwar sei ein Anstellungsvertrag mit Ansprüchen auf Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall abgeschlossen worden und aufgrund der geringen Beteiligung am Stammkapital habe der Kläger keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben können. Auch sei die Stimmrechtsübertragung fehlgeschlagen, da eine Übertragung von Stimmrechten ohne die gleichzeitige Übertragung eines Geschäftsanteils nicht möglich sei. Jedoch spreche dies sowie die Bevollmächtigung vom 16.09.1999 dafür, dass die Gesellschafter dem Kläger weitgehende Handlungsbefugnisse hätten einräumen wollen. Der Kläger habe damit in dem Familienbetrieb wie ein Alleininhaber faktisch die Unternehmensleitung innegehabt. Weisungen habe er nicht unterlegen und in wirtschaftlicher Hinsicht an dem Erlös der Gesellschaft partizipiert.

18

Gegen das ihr am 05.01.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 01.02.2012 Berufung eingelegt.

19

Sie macht geltend, dass der Kläger als Gesellschafter einer GmbH, in der er nicht Geschäftsführer sei und in der er aufgrund der gehaltenen Gesellschaftsanteile keinen maßgebenden Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft habe, als Beschäftigter anzusehen sei. Die Einräumung weiterer Befugnisse aufgrund der Vollmacht vom 16.09.1999 bestätige, dass er über keine Rechtsmacht innerhalb der Gesellschaft verfüge. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von mitarbeitenden Familienangehörigen, die "Kopf und Seele" des Betriebs seien, gelte für die vorliegende Fallgestaltung eines Minderheitsgesellschafters ohne Geschäftsführerstellung nicht. Es sei daher auch bei Familiengesellschaften auf die abstrakte Rechtsmacht abzustellen.

20

Die Beklagte beantragt,

21

das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 09.09.2011 in der Gestalt des Änderungsbeschlusses vom 29.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

22

Der Kläger beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

24

Er erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass der Familienbetrieb aus steuerlichen Gründen so organisiert worden sei, dass er lediglich Minderheitsgesellschafter sei. Da er auch als selbstständiger Architekt tätig sei, unterliege seine freiberufliche Tätigkeit angesichts der geringen Beteiligung an der Beigeladenen zu 1) nicht der Gewerbesteuer. Aufgrund der Darlehensgewährung habe er wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft. Er gebe die maßgebliche Richtung des Unternehmens vor und ziehe den wirtschaftlichen Erfolg im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht im Wesentlichen aus seiner Arbeitskraft, sondern aus dem von ihm zur Verfügung gestellten Kapital. Wenn er erkrankt sei und dann den Betrieb nicht führen könne, sei keine der im Unternehmen tätigen Personen in der Lage, das Tagesgeschäft zu bewältigen.

25

Die Beigeladenen zu 1) bis 4) haben keinen Antrag gestellt.

26

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Akte des SG S 17 KR 134/10 sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der Beratung.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte hat im Rahmen des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV zutreffend festgestellt, dass der Kläger seit 01.01.2007 in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht unterliegt. Der Bescheid vom 23.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2009 und des Bescheides vom 18.12.2009 sowie des Verwaltungsakts vom 09.09.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

28

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 23.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2009, mit welchem die Beklagte zunächst eine unzulässige Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung getroffen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R -, SozR 4 - 2400 § 7a Nr. 2), diese Entscheidung allerdings durch die korrekte Feststellung von Versicherungspflicht mit dem ersetzenden Bescheid vom 18.12.2009 abgeändert hat (§ 96 Sozialgerichtsgesetz, vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R - juris). Dieser Bescheid hat durch den mündlichen Verwaltungsakt der Beklagten vom 09.09.2011 den Inhalt erhalten, dass ausschließlich eine Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung getroffen worden ist. Da das SG "klarstellend" auch über die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung entschieden hat, hat der Senat von einer Aufhebung der Beiladung der Kranken- und Pflegekasse (Beigeladene zu 3) und 4)) abgesehen.

29

Im Rahmen des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV hat die Beklagte zutreffend festgestellt, dass der Kläger seit 01.01.2007 - die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 SGB IV liegen aufgrund des nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellten Antrags nicht vor - als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigter der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -) unterliegt und in einem Versicherungspflichtverhältnis nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 24 Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III -) steht. Der Kläger übt seitdem eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV aus.

30

Nach dieser Vorschrift ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

31

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" - verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.

32

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Diesen kommt allerdings nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R -, juris; Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R -, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 17; Urteil vom 29.08.2012 - B 12 R 14/10 R -, juris; Urteil vom 30.04.2013 - B 12 KR 19/11 R -, juris). Mit dieser Rechtsprechung sind die rechtlichen Grundlagen der Arbeitsleistung als entscheidender Faktor für die Beurteilung hervorgehoben worden und gegenüber einer (ausschließlichen) Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse in den Vordergrund gerückt (vgl. Littmann, SGb 2013, 368, 369).

33

Diese Grundsätze gelten auch bei Organen juristischer Personen, d. h. für den Kläger als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1). Auch insoweit ist entscheidend, ob das Organ von der Gesellschaft persönlich abhängig ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R -, SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 20). Der Kläger als Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 6 % an dem Stammkapital verfügt nicht aufgrund seiner Kapitalbeteiligung über die Rechtsmacht, die für ein Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit zur vermeiden. Gesellschafterbeschlüsse erfordern die einfache Mehrheit der Stimmen (§ 7 des Gesellschaftsvertrags), die der Kläger nicht hat. Eine Sperrminorität ist ihm nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages nicht eingeräumt. Damit kann er sich nicht allein aufgrund seiner Beteiligung an der Beigeladenen zu 1) gegenüber Weisungen des anderen Gesellschafters in Bezug auf Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit als Angestellter zur Wehr setzen, die ihm nicht genehm sind. Die Geschäftsführung der Beigeladenen zu 1) obliegt ausschließlich der Ehefrau des Klägers.

34

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit ausgeübt wird, ist der "Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten" vom 14.12.2006. Dessen Regelungen konnten nach § 13 Abs. 1 nur in schriftlicher Form geändert oder ergänzt werden und außerdem war festgehalten, dass mündliche Nebenabreden nicht getroffen worden seien. Damit sind formlose (nicht schriftliche) Änderungen durch abweichende tatsächliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen. Änderungen in Schriftform sind nicht getroffen worden.

35

Nach § 1 des Anstellungsvertrages ist der Kläger im Unternehmen der Beigeladenen zu 1) als technischer Leiter im Baubereich für die Bearbeitung der bautechnischen Vertragsunterlagen, der Betreuung der bauausführenden Firmen und für die bautechnische Beratung der Bauherren zuständig. Diese Aufgaben hat er nach § 1 Abs. 2 eigenverantwortlich und selbstständig nach Maßgabe des Geschäftsverteilungsplans und der Unternehmensrichtlinien wahrzunehmen, auch ohne Rücksprache mit der Geschäftsleistung. Damit war das Weisungsrecht gegenüber dem Kläger in den genannten Bereichen abgeschwächt oder nicht vorhanden. Jedoch werden gerade höhere Dienste - wie hier - dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von einer anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. So verhält es sich hier.

36

Der Kläger ist nach eigenem Bekunden derjenige, der über die entsprechenden Branchenkenntnisse im Baubereich verfügt und damit allein die Aufgabe als technischer Leiter im Baubereich wahrnehmen kann. Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen jedoch nicht schon zu einem Selbstständigen (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R -, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 17 Rn. 23; Urteil vom 30.04.2013 - B 12 KR 19/11 R -, juris Rn. 29). Die Übertragung der Aufgabe eines "technischen Leiters im Baubereich" ist gerade aufgrund der speziellen Fachkenntnisse des Klägers erfolgt und war Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit. Im übrigen hat der Kläger selbst im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 09.09.2011 angegeben, dass auch ein Bauleiter oder ein ("geschäftlicher") Handwerker seine Aufgaben wahrnehmen könne. Die Abhängigkeit des Klägers von der Beigeladenen zu 1) kommt allerdings gerade dadurch zum Ausdruck (§ 1 Abs. 4 des Anstellungsvertrages), dass er verpflichtet ist, seine ganze Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen und erforderlichenfalls über die betriebsüblichen Arbeitszeiten hinaus seine Arbeitsleistung zu erbringen hat. Seine besonderen Fachkenntnisse dienten damit gerade der Erfüllung seiner Pflicht zur Bewältigung der ihm übertragenen Aufgabe im Baubereich. Eine Übertragung von Aufgaben betreffend den kaufmännischen Bereich ist an ihn rechtswirksam gerade nicht erfolgt. Die Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) hat damit einen erheblichen Aufgabenbereich selbst behalten - nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2011 war sie tatsächlich für die Verwaltung der Finanzen zuständig - und als gelernte Kauffrau fachlich in der Lage, diese Aufgabe zu bewältigen. Die Ehefrau des Klägers war als Geschäftsführerin Organ der Beigeladenen zu 1) und konnte in dieser Funktion nicht in einem rechtsfreien bzw. der Beliebigkeit der Beteiligten unterstehenden Raum agieren. Vielmehr sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie insbesondere durch das Zivilrecht ausgestaltet sind, zu beachten. Aus einer möglicherweise faktischen Nichtwahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten durch die dazu gesellschaftsrechtlich berufenen Organe - hier insbesondere die Geschäftsführerin - kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass dadurch die ihnen zu Grunde liegenden Rechten und Pflichten "stillschweigend" abbedungen worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 R 14/10 R -, juris Rn. 25). Aus den Regelungen im Gesellschaftsvertrag (§ 6 Geschäftsführung) geht auch nichts Anderes hervor. Da der Kläger über keine Sperrminorität der Anteile verfügte, konnte er ihm nicht genehme Weisungen auch nicht abwenden. Zur Durchführung der laufenden Geschäfte der Beigeladenen zu 1) durch die Ehefrau des Klägers gehört auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber Angestellten. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R, a. a. O., Rn. 25). Die Ehefrau des Klägers als Geschäftsführerin war, etwa im Fall eines Zerwürfnisses, berechtigt den Kläger zu entlassen - nach der Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile an den Sohn ggfs. nach dessen Zustimmung (§ 6 des Gesellschaftsvertrages) - und eine andere Arbeitskraft einzustellen (vgl. auch BSG, Urteil vom 30.04.2013 - B 12 KR 19/11 R -, juris Rn. 29). Der Kläger war damit rechtlich nicht in der Lage, seine Weisungsgebundenheit aufzuheben und er war in der von Seiten der Beigeladenen zu 1) vorgegebenen Ordnung des Betriebs eingegliedert. Besondere Umstände des vorliegenden Falls, die Anlass zu einer abweichenden Beurteilung hätten bieten können, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.

37

Die weiteren Modalitäten des Anstellungsvertrages sprechen wesentlich für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Dem Kläger wird (§ 2) ein Festgehalt in jährlich 12 gleichen Teilbeträgen gezahlt und dieses wird ihm seitdem auch tatsächlich auf sein eigenes Konto zur freien Verfügung überwiesen. Weiterhin hat er Anspruch auf bezahlten Urlaub (§ 4 des Anstellungsvertrags) und auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall für drei Monate, nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren für sechs Monate (§ 5 Abs. 1 des Anstellungsvertrages). Dabei handelt es sich um gewichtige Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung und gegen ein Unternehmerrisiko sprechen. Das Gehalt des Klägers orientiert sich nämlich nicht an dem Gewinn bzw. Verlust der Beigeladenen zu 1), sondern ist - wie bei Arbeitnehmern typisch - unabhängig davon in gleichbleibender Höhe ausgestaltet. Der Kläger übt damit seine Tätigkeit ohne das Risiko aus, bei einer Schlechtleistung ein geringeres Gehalt zu bekommen. Auch erhält er keine Gewinnausschüttung von der Beigeladenen zu 1) gemäß den Regelungen des Anstellungsvertrages. Dass der Kläger aus steuerlichen Gründen zur Vermeidung der Erstreckung seiner Einnahmen aus seiner selbstständigen Ingenieurtätigkeit auf die Gewerbesteuerpflicht ein Festgehalt erhält, ist lediglich das Motiv für die fragliche Ausgestaltung, kann aber für die Beurteilung der Versicherungspflicht nicht maßgebend herangezogen werden. Die Wahrnehmung von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten kann sich nicht auf die kraft Gesetzes eintretende Versicherungspflicht in der Sozialversicherung auswirken. Auch die fehlende regelmäßige Erhöhung des Gehalts spricht nicht für eine Selbstständigkeit, da die Höhe des Gehalts deutlich über eine bloße Anerkennung oder ein Taschengeld hinausgeht und vom wirtschaftlichen Erfolg der Beigeladenen zu 1) unabhängig ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.2013 - B 12 KR 19/11 R -, juris Rn. 27).

38

Dass der Kläger nach eigenem Bekunden auf Teile seines Jahresurlaubs verzichtet hat, hat demgegenüber ein geringeres indizielles Gewicht. Auch sein zeitlicher Einsatz im Rahmen der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) - möglicherweise ohne Überstundenausgleich - spricht nicht gegen ein Beschäftigungsverhältnis, da dies zum einen der vertraglichen Regelung (§ 1 Abs. 4) entspricht und zum anderen auch bei sonstigen leitenden und in vielen Fällen auch bei nicht leitend tätigen Angestellten durchaus üblich ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 25/02 R -, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 1). Die weiteren rechtlichen Regelungen des Anstellungsvertrages sprechen ebenfalls für die Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers als Beschäftigungsverhältnis. So ist ihm eine Nebentätigkeit, die den Interessen des Unternehmens zuwider läuft oder seine Arbeitskraft beeinträchtigt, nach § 3 untersagt und er hat auch eine Übernahme von Ehrenämtern mit der Beigeladenen zu 1) abzustimmen. Seine Urlaubsanschrift hat er nach § 4 Abs. 3 der Geschäftsführung mitzuteilen. Bei Dienstreisen erhält er nach § 6 Abs. 1 eine bestimmte Vergütung und kann Dienstreisen mit dem privaten Pkw nach § 6 Abs. 2 nur mit Zustimmung der Geschäftsführung durchführen. Auch ist in § 7 eine Verschwiegenheitspflicht auch nach Beendigung des Vertrages geregelt. In § 9 ist ausgeführt, dass für die Behandlung von Erfindungen und Verbesserungsvorschlägen die gesetzlichen Bestimmungen gelten und dass die Nutzungsrechte an urheberrechtlich geschützten Arbeitsergebnissen aus der Tätigkeit nach diesem Vertrag mit deren Entstehung uneingeschränkt auf das Unternehmen übergehen, was auch für die Zeit nach der Beendigung des Vertrages gilt. § 11 enthält eine für Beschäftigungsverhältnisse typische Wettbewerbsvereinbarung für die Zeit nach Beendigung des Vertrags.

39

Ein Unternehmerrisiko, welches für die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit sprechen könnte, liegt bei dem Kläger nicht vor. Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R -, juris Rn. 24). Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Kläger schuldete nur den Einsatz seiner Arbeitskraft gemäß den Regelungen des Anstellungsvertrages. Abzüge für eine etwaige Schlechtleistung hatte er nicht hinzunehmen. Höhere Verdienstchancen bei einem besonderen Erfolg seiner Tätigkeit hatte er ebenfalls nicht, da er als Angestellter am Gewinn der Beigeladenen zu 1) nicht beteiligt war, sondern unabhängig vom Umfang seines Arbeitseinsatzes ein monatliches Pauschalentgelt enthielt. Auch aufgrund der Darlehensgewährung des Klägers an die Beigeladene zu 1) ändert sich daran nichts. Es handelt sich nämlich nicht um eine mit den geschuldeten Diensten verbundene Darlehensgewährung, sondern die Gründe für diese Verfahrensweise sind vielmehr außerhalb des Anstellungsverhältnisses des Klägers mit der Beigeladenen zu 1) zu suchen. Es liegt insoweit ein eigenständiges Rechtsgeschäft neben dem Anstellungsvertrag vor; dieser enthält eine Klausel zur Darlehensgewährung gerade nicht (vgl. so aber in der Fallgestaltung: BSG, Urteil vom 17.05.2001 - B 12 KR 34/00 R -, SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 17 S. 7f.). Der Kläger hat damit gesondert ein "arbeitnehmeruntypisches" Risiko übernommen und diese Belastung mit einem zusätzlichen Risiko vermag an der Beurteilung des Klägers als Arbeitnehmer nichts zu ändern. Eine größere Freiheit bei der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs des Einsatzes seiner eigenen Arbeitskraft bzw. eine Erhöhung seiner Verdienstchancen steht dem nicht gegenüber (vgl. auch BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R - a. a. O. Rn. 29; BSG, Beschluss vom 21.01.2009 - B 12 KR 15/07 B - juris Rn. 12). Dass das von ihm der Beigeladenen zu 1) gewährte Gesellschafterdarlehen im Falle der Insolvenz der Beigeladenen zu 1) in die Insolvenzmasse fiele und selbst bei einer Abtretung noch binnen eines Jahres vor der Beantragung des Insolvenzverfahrens von der Insolvenzanfechtung erfasst würde (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2013 - IX ZR 32/12 -, DB 2013, 631), ändert nichts daran, dass das Darlehen für die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) nicht erforderlich war.

40

Ohne entscheidende Bedeutung für die im Rahmen der Gesamtabwägung zu beurteilende Frage des Vorliegens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist, dass dem Kläger nach den Vereinbarungen mit seiner Ehefrau vom 20.12.2006 und mit seinem Sohn vom 30.07.2008 die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung übertragen worden sind. Auch wenn damit beabsichtigt gewesen sein sollte, wie aus dem Wortlaut der Vereinbarungen hervorgeht, dass der Kläger in allen Angelegenheiten allein entscheidungsbefugt sein sollte, ist zu berücksichtigen, dass eine solche Regelung Einschränkungen unterliegt. Das Stimmrecht ist die mitgliedschaftliche Befugnis, durch Stimmabgabe an der organschaftlichen Willensbildung teilzunehmen und damit den Willen mitzuformen, der der GmbH als eigener zugerechnet wird (vgl. § 47 Abs. 1 GmbH-Gesetz). Seiner Funktion nach kann das Stimmrecht deshalb als Verwaltungs- oder Herrschaftsrecht eingeordnet werden. Aus dem Charakter des Stimmrechts als mitgliedschaftlicher Befugnis folgt, dass Dritte vom Stimmrecht ausgeschlossen sind. Die Satzung kann ihnen kein Stimmrecht geben. Auch können die Gesellschafter ihr Stimmrecht nicht aus ihrer Mitgliedschaft herauslösen und Dritten übertragen. Dies widerspricht dem so genannten Abspaltungsverbot, welches dann eingreift, wenn ein Gesellschafter seinen Geschäftsanteil behalten, aber das Stimmrecht auf einen anderen übertragen will. Eine solche Regelung ist unzulässig (vgl. Hüffer in Ulmer/Paefgen, GmbHG, Großkommentar 2006, § 47 Rn. 40 und 53; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl. 2013, § 47 Rn. 25; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 14 Rn. 15 und § 47 Rn. 4; Schindler in BeckOK, GmbHG, Stand 01.12.2012, § 47 Rn. 83). Auch wenn die Vereinbarungen als Regelungen einer so genannten Legitimationszession (deren Zulässigkeit ist streitig: vgl. nur Schindler a. a. O., Rn. 84 und Hüffer a.a.O. Rn. 54) angesehen werden könnten, können die Vereinbarungen in keinem Fall eine unwiderrufliche Bevollmächtigung des Klägers vorsehen. Eine so genannte verdrängende Vollmacht, nach der die Stimme nur von dem Bevollmächtigten und nicht von dem Gesellschafter abgegeben werden könnte, ist unzulässig (vgl. Hüffer a.a.O. Rn. 95). Aber auch im Übrigen ist eine solche Vollmacht stets aus wichtigem Grund widerruflich (vgl. insoweit auch die Regelungen in § 7 des Gesellschaftsvertrages und in dem notariellen Vertrag vom 16.09.1999) und außerdem endet die Vollmacht zusammen mit dem Grundverhältnis, auf das sie sich bezieht (vgl. Koppensteiner/Gruber a.a.O. Rn. 48; Schindler a.a.O. Rn. 89; Bayer a.a.O. § 47 Rn. 24). Aus diesen rechtlichen Vorgaben folgt, dass der Kläger auch durch diese Vereinbarungen ihm unangenehme Weisungen nicht vermeiden kann, insbesondere darf er bei einer etwaigen Kündigung seines Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund nicht mitstimmen (vgl. Koppensteiner/Gruber a.a.O. Rn. 77; Hüffer a.a.O. Rn. 175). Der Kläger bleibt in jedem Fall verpflichtet, die sich aus dem Anstellungsvertrag ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. An diesen rechtlichen Regelungen haben die Vereinbarungen mit seiner Ehefrau und seinem Sohn nichts geändert.

41

Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) kann zur Überzeugung des Senat auch nicht daraus hergeleitet werden, dass es sich bei der Beigeladenen zu 1) um eine so genannte Familiengesellschaft handelt. Auf eine etwaige besondere Rücksichtnahme des (weiteren) Gesellschafters aufgrund familiärer Bindungen und dass ihm gegebenenfalls von den übrigen Familienmitgliedern freie Hand gelassen wird (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.06.1999 - B 2 U 35/98 R -, SozR 3 - 2200 § 723 RVO Nr. 4), kommt es vorliegend nicht an. Der Senat misst der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht des Klägers als Teil der tatsächlichen Verhältnisse größere Bedeutung bei. Hierfür spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit an Stelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnisse eine Weisungsunterworfenheit bestünde. Eine solche "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R -, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 17 Rn. 32; Urteil vom 29.08.2012 - B 12 R 14/10 R -, juris, Rn. 28). So verhält es sich hier.

42

Dem Kläger kam nicht die Rechtsmacht zu, die Geschäfte der Beigeladenen zu 1) in vollem Umfang alleine führen zu können. Er war nach den ausdrücklichen Bestimmungen des Anstellungsvertrages ausschließlich als "technischer Leiter im Baubereich" eingestellt und z. B. für kaufmännische Angelegenheiten nicht zuständig. Unabhängig davon, wer die laufenden kaufmännischen Tätigkeiten erledigt hat - nach Angaben des Klägers erfolgte dies durch seine Ehefrau -, kommt aus diesen Regelungen zum Ausdruck, dass eine "Alleinzuständigkeit" des Klägers nicht geregelt werden sollte. Anhaltspunkte dafür, dass die vertraglichen Regelungen rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Damit ist der Kläger zur Überzeugung des Senats bei einer Gesamtwürdigung aller Verhältnisse als weisungsabhängig anzusehen und in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert.

43

Ob der Kläger von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf seinen Antrag vom 14.07.2009 befreit werden könnte, ist hier nicht zu befinden. Über einen solchen Antrag hat zunächst der zuständige Rentenversicherungsträger zu entscheiden und das Ergebnis dieser Entscheidung in einem schriftlich zu erteilenden Verwaltungsakt bekanntzugeben (Dankelmann in juris-PK SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 6 Rn. 176; BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 8/10 R -, SozR 4-2600 § 6 Nr. 8 Rn. 12). Eine derartige Entscheidung ist bisher nicht ergangen. Es fehlt damit eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung und insoweit an der Klagebefugnis.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

45

Die Revision wird zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).