Sozialgericht Aachen Urteil, 10. Nov. 2015 - S 11 AS 730/15

ECLI:ECLI:DE:SGAC:2015:1110.S11AS730.15.00
bei uns veröffentlicht am10.11.2015

Tenor

Der Bescheid vom 01.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2015 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Aachen Urteil, 10. Nov. 2015 - S 11 AS 730/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Aachen Urteil, 10. Nov. 2015 - S 11 AS 730/15

Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Aachen Urteil, 10. Nov. 2015 - S 11 AS 730/15 zitiert 10 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 63 Erstattung von Kosten im Vorverfahren


(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Sozialgericht Aachen Urteil, 10. Nov. 2015 - S 11 AS 730/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Sozialgericht Aachen Urteil, 10. Nov. 2015 - S 11 AS 730/15 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht NRW Urteil, 27. Apr. 2015 - L 19 AS 831/14

bei uns veröffentlicht am 27.04.2015

Tenor Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.04.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand:

Bundessozialgericht Urteil, 02. Nov. 2012 - B 4 AS 97/11 R

bei uns veröffentlicht am 02.11.2012

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 19. Juni 2012 - B 4 AS 142/11 R

bei uns veröffentlicht am 19.06.2012

Tenor Die Sprungrevisionen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 15. Juli 2011 werden zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 20. Okt. 2010 - B 13 R 15/10 R

bei uns veröffentlicht am 20.10.2010

Tenor Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 und des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. August 2008 aufgehoben und die Klage

Bundessozialgericht Urteil, 13. Okt. 2010 - B 6 KA 29/09 R

bei uns veröffentlicht am 13.10.2010

Tenor Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

Tenor

Die Sprungrevisionen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 15. Juli 2011 werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Vorverfahrens.

2

Die Kläger - Vater und seine 1990 geborene Tochter - beziehen mit Unterbrechungen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am 25.3.2010 beantragten sie die Weiterbewilligung der Leistungen. Dem kam der Beklagte durch Bescheid vom 26.3.2010 für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2010 nach. Diesen Bescheid änderte der Beklagte in der Folgezeit mehrfach ab. Am 23.7.2010 stellte der Beklagte die Höhe der Leistungen des Klägers zu 1 im Zeitraum vom 1.8. bis 31.10.2010 unter Berücksichtigung eines Einkommens der Klägerin zu 2 in Höhe von 500 Euro monatlich neu fest, wogegen der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 6.8.2010 Widerspruch einlegte. Durch Bescheid vom 18.8.2010 änderte der Beklagte die Höhe der Leistungen für den Monat August unter Berücksichtigung der Abrechnung des Verdienstes der Klägerin zu 2 im Monat Juli 2010 und bewilligte der Klägerin zu 2 Leistungen für Unterkunft und Heizung. Am 9.9.2010 verfügte der Beklagte eine erneute Änderung der Leistungshöhe, dieses Mal für den Monat Oktober 2010, weil die Klägerin zu 2 durch die Aufnahme eines Studiums zum 18.10.2010 nunmehr von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 17.9.2010 Widerspruch ein. Am 7.10.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern eine Nachzahlung für den Monat September 2010, nachdem die Klägerin zu 2 eine weitere Entgeltabrechnung vorgelegt hatte. Die Leistungsbewilligung für den Kläger zu 1 im Monat Oktober 2010 änderte er durch Bescheid vom 25.10.2010 unter Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin zu 2 erneut ab. Sämtlichen zuvor benannten Bescheiden war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, in der auf die Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs hingewiesen wurde. Durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 verwarf der Beklagte den Widerspruch vom 17.9.2010 als unzulässig, weil der Bescheid vom 9.9.2010 Gegenstand des Vorverfahrens gegen den Bescheid vom 23.7.2010 sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 9.9.2010 sei insoweit unzutreffend gewesen. Die Erstattung von notwendigen Aufwendungen für dieses Widerspruchsverfahren lehnte er ab. Den Widerspruch gegen die Bescheide vom 23.7., 18.8., 9.9., 7.10. und 25.10.2010 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 als unbegründet zurück und verfügte eine Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu 7/10 auf entsprechenden Antrag.

3

Mit ihrer Klage vor dem SG haben die Kläger eine Änderung der Kostenentscheidung in dem Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 betreffend den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9.9.2010 geltend gemacht. Das SG hat die Klagen unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R - abgewiesen. Ein Kostenerstattungsanspruch scheitere an dem fehlenden Erfolg des Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X. Auch aus § 63 Abs 1 S 2 SGB X könnten die Kläger keinen Anspruch herleiten. Eine erweiternde Auslegung dieser Regelung unter Erstreckung auf eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung scheide aus. Ebenso wenig könne der Anspruch auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegründet werden. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen, weil Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende noch nicht Gegenstand einer derartigen Kostenentscheidung gewesen seien, es jedoch im SGB II sehr häufig dem hier zu entscheidenden Fall vergleichbare Fallkonstellationen gebe.

4

Die Kläger vertreten im Revisionsverfahren die Auffassung, dass der 13. Senat des BSG unzutreffend eine analoge Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 SGB X für den Fall der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung verneint habe. Die vom 13. Senat unter Bezug genommene Vergleichbarkeit der Regelungen des § 63 SGB X und § 80 VwVfG sei nicht nachvollziehbar. Auch müsse der besonderen Situation im SGB II Rechnung getragen werden, in der es der Regelfall und nicht die Ausnahme sei, dass die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehrfach in einem Bewilligungsabschnitt die Änderung des Ausgangsbescheides erforderlich machten.

5

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 15. Juli 2011 aufzuheben und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2010 zu ändern sowie den Beklagten zu verurteilen, den Klägern die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Vorverfahrens gegen den Bescheid des Beklagten vom 9. September 2010 zu erstatten.

6

Der Beklagte beantragt,
die Sprungrevisionen zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen des 13. Senats des BSG im Urteil vom 20.10.2010 für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet.

9

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid des Beklagten vom 9.9.2010. Die Kostenentscheidung des Beklagten in dem Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 ist rechtmäßig.

10

1. Die Klage unmittelbar gegen die Entscheidung des Jobcenters im Widerspruchsbescheid über die Kosten des Widerspruchsverfahrens war zulässig (zur Trennung von Sach- und Kostenentscheidung vgl zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 35/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; s auch BSG Urteil vom 17.10.2006 - B 5 RJ 66/04 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 5, RdNr 13). Eines gesonderten Vorverfahrens nach § 78 Abs 1 SGG hinsichtlich der Kostengrundentscheidung bedurfte es nicht(vgl Becker in Hauck/Noftz, SGB X, K § 63 RdNr 25, Stand: August 2011). Das Jobcenter war als Behörde, die über den Widerspruch entschieden hat, auch für die Kostenentscheidung zuständig.

11

2. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Entscheidung über die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 für das Vorverfahren gegen den Ausgangsbescheid vom 9.9.2010 betreffend die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Monat Oktober 2010. Gegen diesen Widerspruchsbescheid wenden sich die Kläger mit ihrem Begehren auf Erstattung der Aufwendungen für das Vorverfahren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.

12

3. Die Voraussetzungen für den begehrten Aufwendungsersatz nach § 63 Abs 1 S 1 SGB X sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Widerspruch nur dann, wenn die Behörde ihm stattgibt(vgl SozR 3-1300 § 63 Nr 3 S 13; SozR 4-1300 § 63 Nr 5, RdNr 15; SozR 4-1500 § 193 Nr 6, RdNr 30, vgl zuletzt Entscheidung des erkennenden Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 168/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 9.9.2010 hatte keinen Erfolg. Der Beklagte hat ihn unter Hinweis auf § 86 SGG als unzulässig verworfen. Nach § 86 SGG wird der Verwaltungsakt, der während des Vorverfahrens den bereits angefochtenen Ausgangsbescheid abändert, Gegenstand des Vorverfahrens. So liegt der Fall hier.

13

Der Bescheid vom 9.9.2010 ist Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 23.7.2010 geworden. Im Vorverfahren war mithin vom Beklagten über den Bescheid vom 23.7.2010 in der Fassung des Bescheides vom 9.9.2010 zu entscheiden. Zwar ist ein Widerspruch gegen den ändernden Bescheid unschädlich (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 86 RdNr 4). Andererseits erfolgt grundsätzlich wegen der Einbeziehung des Änderungsbescheides in das Vorverfahren jedoch keine gesonderte Entscheidung über den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid. Es ist über diesen "überflüssigen" Widerspruch mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen den Ausgangsbescheid zu befinden (vgl Hintz in BeckOK SGG, Stand 1.3.2012, § 86 RdNr 4). Insoweit findet er auch Eingang in die Kostenentscheidung, unabhängig davon, ob die Verwaltung - wie hier - den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid als unzulässig verworfen hat oder nicht. In diesem Sinne kann der "Widerspruch" gegen den Änderungsbescheid zwar grundsätzlich auch erfolgreich sein. Umgekehrt kann er außerhalb des Vorverfahrens gegen den Ausgangsbescheid jedoch keinen Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X haben.

14

4. Die Kläger können ihr Begehren auch nicht auf § 63 Abs 1 S 2 SGB X stützen. Nach dieser Regelung zieht auch ein Widerspruch, der nur deswegen nicht erfolgreich war, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift des § 41 SGB X unbeachtlich ist, die Kostenfolge des § 63 Abs 1 S 1 SGB X nach sich. Weder kann diese Regelung unmittelbar herangezogen werden, noch in analoger Anwendung iVm § 41 SGB X in dem Sinne, dass sie auch auf den Mangel einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung Anwendung findet. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht. Der Senat schließt sich hinsichtlich aller drei Anspruchsgrundlagen der Rechtsprechung des 13. Senats des BSG in der Entscheidung vom 20.10.2010 (B 13 R 15/10 R - SozR 4-1500 § 193 Nr 6) an, von deren erneuter Darstellung abgesehen wird.

15

Auch die vom SG für die Zulassung der Sprungrevision genannten Gründe sowie die in der Revisionsbegründung der Kläger dargelegten, veranlassen den Senat nicht, von der benannten Rechtsprechung abzuweichen oder bei dem 13. Senat anzufragen, ob er an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhalte (§ 41 Abs 3 SGG).

16

Soweit die Kläger darauf abstellen, dass die verfahrensrechtlichen Unterschiede zwischen § 80 VwVfG und § 63 SGB X eine unterschiedliche Behandlung erforderten, vermag der Senat hieraus nicht zu schließen, dass auch der durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung ausgelöste Widerspruch gegen einen Bescheid, der Gegenstand eines Vorverfahrens wird, zum Aufwendungsersatz für das Widerspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid führen muss. Eines Rückgriffs auf die Vergleichbarkeit zu § 80 VwVfG bedarf es insoweit nicht. Der Ausschluss der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung als Grund für die Kostenfolge auch bei erfolglosem Widerspruch folgt bereits aus dem Wortlaut des § 63 Abs 1 S 2 SGB X. Der 13. Senat weist in der eingangs benannten Entscheidung zutreffend hierauf hin. Der erkennende Senat teilt auch die systematischen Bedenken des 13. Senats gegen eine erweiternde Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 SGB X. Zudem stehen S 1 und 2 in einem Regel-Ausnahmeverhältnis zueinander. Die Ausnahmen müssen daher auf die im Gesetz ausdrücklich aufgeführten Gründe beschränkt bleiben. Dies hat auch in der Gesetzesbegründung seinen Niederschlag gefunden, wenn es dort heißt, dass um eine kasuistische Regelung zu vermeiden, besondere Bestimmungen über die Kostentragung bei falscher Rechtbehelfsbelehrung oder falscher Sachbehandlung der Behörde nicht aufgenommen worden seien (BT-Drucks 7/910, S 92, auf die in der Begründung zu § 63 SGB X - dort noch § 61 SGB X, BT-Drucks 8/2034, S 36 - Bezug genommen wird).

17

Auch die von den Klägern aufgezeigten Probleme bei einer Anfechtung eines von der Verwaltung als unzulässig verworfenen und eines weiteren als unbegründet zurückgewiesenen Verwaltungsakts sind kein Grund für die Annahme einer Planwidrigkeit des ausnahmsweisen Verzichts auf den Erfolg des Widerspruchs bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung im Hinblick auf das Auslösen eines Kostenerstattungsanspruchs. Insoweit verkennen die Kläger, dass mit Erhebung des Widerspruchs ein dem Gerichtsverfahren vorgeschaltetes besonderes Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt wird mit der Folge, dass auch Änderungsbescheide nach § 86 Abs 1 SGG kraft Gesetzes zu dessen Gegenstand werden. Solange ein Verwaltungsakt Gegenstand eines Vorverfahrens ist, kann er nicht zugleich auch beim SG angefochten werden (BSG Urteil vom 7.10.1987 - 4a RJ 93/86). Die Klage ist vielmehr erst nach Abschluss des Vorverfahrens, etwa durch Zurückweisung des Widerspruchs, durch die Widerspruchsstelle zulässig. Im Klageverfahren ist dann jedoch über sämtliche Bescheide, die Gegenstand des Vorverfahrens geworden sind, zu befinden, sodass auf klägerischer Seite kein Rechtsverlust entstehen kann, auch nicht, wenn zB ein als unzulässig befundener Widerspruch nachträglich als zulässig bewertet werden sollte.

18

Die von den Klägern angeführte Häufigkeit der Erteilung einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung durch die Grundsicherungsträger ist kein überzeugendes Argument für eine von sonstigen Sozialleistungsbereichen abweichende Auslegung des § 63 Abs 1 S 2 SGB II. Dies gilt ebenso für die Erwägung des SG, im SGB II sei insbesondere wegen der großen "Änderungshäufigkeit" im Laufe eines Bewilligungsabschnitts eine höchstrichterliche Entscheidung im Sinne einer erweiternden Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 SGB X erforderlich. Die Regelung des § 63 Abs 1 SGB X gilt nach § 1 SGB X auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Grundsicherungsträger, die ihnen durch das SGB II zugewiesen ist. Insoweit genügt, dass die Aufgabe der Behörde mittelbar durch das SGB übertragen ist (vgl Fichte in Kreikebohm/ Spellbrink/Waltermann, 2. Aufl 2011, § 1 SGB X RdNr 2; Mutschler in Kasseler Kommentar, § 1 RdNr 4, Stand 72. Ergänzungslieferung 2012). Abweichungen von den Regelungen des SGB X bedürfen jedoch der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung im SGB X oder im SGB II, was im Hinblick auf die Kostenregelung für das Vorverfahren nicht der Fall ist. Rein quantitative Erwägungen sind nicht geeignet, Abweichungen von den gesetzlich vorgesehenen Regelungen zu rechtfertigen. Der Problematik der fehlenden Kenntnis von Änderungsbescheiden nach Anwaltswechsel lässt sich durch Akteneinsicht und Überprüfung der Rechtslage mittels anwaltlichen Sachverstandes einfach begegnen. Zumindest kann hieraus kein Argument für die Annahme einer planwidrig fehlenden Ausnahme der falschen Rechtsbehelfsbelehrung von der Regelung des § 63 Abs 1 S 1 SGB X gewonnen werden.

19

Ebenso wenig kann den Ausführungen der Kläger zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gefolgt werden. Sie gehen bereits von einem falschen Ausgangspunkt aus. § 63 SGB X ist nicht geprägt vom "Veranlassungsprinzip". Im Gegensatz zu § 193 SGG kommt es für den Eintritt der Kostenbelastung der Verwaltung für ein Widerspruchsverfahren ausschließlich auf den Erfolg des Widerspruchs an. Dieser in § 63 Abs 1 S 1 SGB X normierte Regelfall wird nur in der genau bezeichneten Situation des § 63 Abs 1 S 2 SGB X, also für den Fall der Erfolglosigkeit wegen der Heilung eines Verfahrens- oder Formfehlers nach § 41 SGB X durchbrochen. Hat die Verwaltung mithin den Widerspruch durch eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung "veranlasst", kann bereits von der gesetzlichen Grundkonstruktion kein Raum für einen Aufwendungsersatzanspruch sein. Dies kann auch nicht mittels des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs umgangen werden. Insoweit gilt im Übrigen, wie der 13. Senat in der eingangs benannten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, dass ein Schadensersatzanspruch in Geld keine Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist. Er ist vielmehr auf Naturalrestitution gerichtet, dh auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl SozR 3-2400 § 28h Nr 11, RdNr 16).

20

5. Die Kostenentscheidung des Beklagten in dem Widerspruch vom 28.10.2010 ist nicht deswegen aufzuheben, weil sie im Hinblick auf die Einbeziehung des Bescheides vom 9.9.2010 in das Vorverfahren gegen den Bescheid vom 23.7.2010 erst mit einer Entscheidung über diesen Widerspruch hätte getroffen werden dürfen. Die Kostenfolge des unzulässigen und damit erfolglosen Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X ist die Nichterstattung der Aufwendungen des Widerspruchsführers. Hieran ändert es nichts, dass der Verwaltungsträger im Widerspruchsbescheid gegen den Ausgangsbescheid auch über die Kosten eines zum Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG gewordenen Änderungsbescheids mitzuentscheiden hat. Dem ist der Beklagte hier im Übrigen auch nachgekommen.

21

6. Die Kostenentscheidung des erkennenden Senats beruht auf § 193 SGG. Obwohl im Rahmen des § 193 SGG auch die Veranlassung des Rechtsstreits einen Ermessensgesichtspunkt darstellen kann(vgl hierzu BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 168/10 R), führt die unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung des Beklagten im Bescheid vom 9.9.2010 hier nicht zu einer Kostenentscheidung zugunsten der Kläger. Sie sind mit ihrem Begehren im Rechtsstreit erfolglos geblieben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 und des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. August 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten für alle Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten, die ihm anlässlich der Einlegung eines Widerspruchs entstanden sind.

2

Seit 1997 ist vor dem SG Heilbronn gegen einen Feststellungsbescheid nach § 149 Abs 5 SGB VI der damaligen LVA Württemberg vom 25.2.1997 und gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.9.1997 ein Rechtsstreit des Klägers anhängig; das Verfahren hat seit April 1999 geruht.

3

In der Folgezeit ergingen (zunächst noch durch die LVA Württemberg, sodann durch deren Rechtsnachfolgerin DRV Baden-Württemberg, danach durch die inzwischen zuständig gewordene DRV Unterfranken und schließlich durch deren Rechtsnachfolgerin DRV Nordbayern ) im Rentenverfahren des Klägers zahlreiche Bescheide, teils mit einer Rechtsbehelfsbelehrung "Widerspruch", teils jedoch mit dem Hinweis, dass der jeweilige Bescheid gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des anhängigen (seit Oktober 2006 fortgeführten) Klageverfahrens sei.

4

Der Bescheid der Beklagten vom 22.8.2007 lehnte einen Antrag des Klägers, die mit Bescheid vom 28.4.2000 ab Juni 2000 bewilligte Altersrente neu festzustellen, mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen der Übergangsregelung, die durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (RVAltGrAnpG) vom 20.4.2007 (BGBl I 554) in Umsetzung der Entscheidung des BVerfG vom 13.6.2006 (1 BvL 9/00 ua - BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5) in Art 6 § 4c Abs 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) eingefügt worden war, nicht vorlägen.

5

Hiergegen legte der Kläger durch seinen Rentenberater der Rechtsbehelfsbelehrung folgend Widerspruch ein und trug ua vor, der Rentenbescheid vom 28.4.2000 sei Gegenstand des beim SG anhängigen Klageverfahrens geworden, weil er den Feststellungsbescheid vom 25.2.1997 ersetzt habe.

6

Mit Schriftsatz vom 12.11.2007 teilte die Beklagte dem SG mit, ihr Bescheid vom 22.8.2007 sei entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 20.12.2007 die Altersrente für den Monat Juni 2000 neu fest und bewilligte dem Kläger eine Nachzahlung von 16,69 Euro, weil sich gemäß Art 6 § 4c Abs 2 FANG idF des RVAltGrAnpG ein Zuschlag an Entgeltpunkten (EP) ergab. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass er nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens sei.

7

Zuvor hatte der Kläger mit Schreiben vom 10.12.2007 seinen Widerspruch in der Hauptsache für erledigt erklärt und um Kostengrundentscheidung nach § 63 SGB X gebeten. Die Beklagte lehnte eine Kostenerstattung ab, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Denn der Widerspruch sei nicht erfolgreich und trotz der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung weder erforderlich noch sinnvoll gewesen (Bescheid vom 23.1.2008 und Widerspruchsbescheid vom 17.3.2008).

8

Das SG hat mit Urteil vom 27.8.2008 der Klage stattgegeben. Die Voraussetzungen des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X lägen zwar nicht vor, weil der Widerspruch nicht erfolgreich gewesen sei. Auch komme eine erweiternde Auslegung des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X nicht in Betracht. Die Kosten für das Widerspruchsverfahren seien jedoch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu erstatten (Hinweis auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 1.7.2003 - L 11 RJ 514/03 - Juris), denn die Beklagte habe gegen ihre in § 36 SGB X normierte Pflicht verstoßen, eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen.

9

Die vom LSG zugelassene Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Zur Begründung hat es in seinem Urteil vom 12.2.2010 (L 4 R 803/09 - Juris) im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe aufgrund einer erweiternden Auslegung des § 63 Abs 1 Satz 2 iVm § 41 Abs 1 SGB X ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte zu. Durch die unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 22.8.2007 habe die Beklagte den unzulässigen Widerspruch des Klägers "provoziert". Die Beifügung einer falschen Rechtsbehelfsbelehrung sei ein Verfahrensfehler. Zwar werde dieser Mangel in § 41 Abs 1 SGB X nicht erwähnt. Er sei jedoch zumindest mit der in Nr 2 getroffenen Regelung - dem Fehlen einer notwendigen Begründung (§ 35 SGB X) - vergleichbar. Zudem müsse das bei einer Kostenentscheidung nach § 193 SGG zu berücksichtigende Veranlassungsprinzip auch im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 63 Abs 1 SGB X beachtet werden. Es sei kein Grund ersichtlich, warum ein Gericht bei einer Kostenentscheidung nach § 193 SGG, die auch die Kosten des Vorverfahrens umfasse, den Umstand der Veranlassung für ein Widerspruchs- oder Klageverfahren berücksichtigen dürfe, dies aber der Behörde selbst bei einer Kostenentscheidung nach § 63 SGB X verwehrt sein solle. Auch das BSG habe in seiner Entscheidung vom 18.12.2001 (B 12 KR 42/00 R - Juris) eine Kostenerstattungspflicht nach § 63 Abs 1 SGB X bei erfolglosem Widerspruch für gerechtfertigt gehalten, wenn die Einlegung des unzulässigen Widerspruchs "durch das Verhalten der Beklagten verursacht" worden sei.

10

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X. Die Vorschrift könne nicht erweiternd ausgelegt werden. Mängel in der Rechtsbehelfsbelehrung führten nicht dazu, dass diese ebenso wie die in § 41 SGB X aufgeführten Form- oder Verfahrensfehler nachträglich geheilt werden könnten. Im vorliegenden Fall sei eine Heilung durch Nachholen einer Handlung schon deshalb nicht möglich, weil der Bescheid vom 22.8.2007 gemäß § 96 Abs 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Veranlassungsgesichtspunkte seien im Rahmen des § 63 SGB X im Gegensatz zu einer Kostenentscheidung nach § 193 SGG nicht zu berücksichtigen. Wollte man dies anders sehen, hätte das LSG im Übrigen auch das Verhalten der Prozessbevollmächtigten des Klägers berücksichtigen müssen. Denn diese hätten gewusst, dass der Bescheid vom 28.4.2000 Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens gewesen sei und damit die Voraussetzungen für die Anwendung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG idF des RVAltGrAnpG vorgelegen hätten. Eines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 22.8.2007 hätte es nicht bedurft. Dem Urteil des BSG vom 18.12.2001 (aaO) lasse sich nichts für eine erweiternde Auslegung des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X entnehmen.

11

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 und des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. August 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht durch einen vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten.

13

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündlichen Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.

15

A. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernisse stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Berufung und Revision sind kraft Zulassung durch das LSG statthaft. Sie sind auch nicht gemäß § 144 Abs 4 iVm § 165 Satz 1 SGG ausgeschlossen. Denn Kosten des Verfahrens iS dieser Vorschriften, die zu einem Ausschluss der Rechtsmittel führen, sind nur die Kosten des laufenden Rechtsstreits, nicht aber die Kosten eines anderen Verfahrens (stRspr, zB BSG Urteil vom 29.1.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30 mwN). Der Ausschluss erfasst daher keine Rechtsstreitigkeiten, in denen in der Hauptsache über die Kosten "isolierter" Vorverfahren gestritten wird (BSG Urteil vom 25.2.2010 - SozR 4-1300 § 63 Nr 12 RdNr 11 mwN).

16

B. Die angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen können keinen Bestand haben; die Klage ist abzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.8.2007 gemäß § 63 Abs 1 SGB X.

17

Denn die Beklagte war von vornherein nicht berechtigt, inhaltlich über die Kosten des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 22.8.2007 zu entscheiden (1.). Selbst wenn man eine Entscheidungsbefugnis der Beklagten über die Kosten des Widerspruchsverfahrens bejahen wollte, lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs weder nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X (2.) noch gemäß § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X (3.) vor. Eine erweiternde Auslegung des § 63 Abs 1 Satz 2 iVm § 41 SGB X in dem Sinne, dass die Regelung auch auf den Mangel einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung Anwendung finde, kommt ebenso wenig in Betracht (4.). Schließlich kann der Kläger sein Begehren nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen (5.).

18

1. Die Beklagte war nicht befugt, eine inhaltliche Entscheidung über die Erstattung der vom Kläger geltend gemachten Kosten des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 22.8.2007 zu treffen, denn dieser wurde bereits mit seinem Erlass Gegenstand der gegen den (Feststellungs-)Bescheid vom 25.2.1997 gerichteten Klage. Auch über die Kosten eines - an sich überflüssigen - Widerspruchsverfahrens entscheidet gemäß § 193 Abs 1 SGG nach Prozessbeendigung ausschließlich das Gericht; ein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs 1 SGB X kommt dann nicht mehr in Betracht.

19

Verfahrensrechtlich bedeutet dies, dass die Beklagte zwar verpflichtet war, den Antrag des Klägers auf Erlass einer Kostengrundentscheidung zu bescheiden; sie durfte jedoch keine inhaltliche Entscheidung über die geltend gemachten Kosten treffen. Denn diese (hoheitliche) Kostenentscheidung steht gemäß § 193 Abs 1 SGG nur dem Gericht zu. Bereits deshalb hätte die Beklagte den Kostenantrag ablehnen müssen. Insoweit war die im Bescheid vom 23.1.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.3.2008 (vgl § 95 SGG) getroffene ablehnende Entscheidung in ihrer Begründung ebenso falsch wie irreführend.

20

a) Die in § 63 Abs 1 SGB X geregelte Kostenerstattungspflicht gilt nur für ein isoliertes Vorverfahren(§ 62 SGB X), also für ein solches, dem - jedenfalls in der Hauptsache - kein gerichtliches Verfahren folgt (BSG Urteil vom 20.4.1983 - BSGE 55, 92, 93 = SozR 1300 § 63 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 12.12.1990 - SozR 3-1300 § 63 Nr 1 S 5; BSG Urteil vom 30.6.2004 - BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 27; BSG Urteil vom 31.5.2006 - SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 11; BSG Urteil vom 25.2.2010 - SozR 4-1300 § 63 Nr 12 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 193 RdNr 5a; Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 4). Denn war ein Beteiligter im Vorverfahren schon mit seinem Widerspruch erfolgreich, erübrigt sich eine Anrufung des Gerichts. Deshalb besteht dann die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X(BSG Urteil vom 20.4.1983 aaO; BSG Urteil vom 25.2.2010 aaO).

21

Schließt sich hingegen eine Klage an, kommt § 63 SGB X nicht mehr zur Anwendung. Denn dann hat (nur noch) das Gericht gemäß § 193 Abs 1 SGG von Amts wegen im Urteil(Satz 1 aaO) oder bei anderweitiger Verfahrensbeendigung auf Antrag durch Beschluss (Satz 3 aaO) darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Zu den Kosten, über deren Erstattung das Gericht zu befinden hat, gehören die gesamten (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsstreits und daher nach § 193 Abs 2 SGG auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen für ein Vorverfahren(BSG Beschluss vom 24.8.1976 - SozR 1500 § 193 Nr 3 S 1 ff; BSG Urteil vom 20.4.1983 - BSGE 55, 92, 93 = SozR 1300 § 63 Nr 1 S 2). Nichts anderes gilt, wenn es trotz der Einbeziehung des Bescheids in ein bereits anhängiges Gerichtsverfahren nach § 96 Abs 1 SGG noch - wie hier - zu einem (unnötigen) Widerspruchsverfahren kommt.

22

b) Der Kläger hatte gegen den Bescheid vom 22.8.2007 Widerspruch erhoben. Damit begann nach § 83 SGG ein Vorverfahren; der Widerspruch war jedoch mangels Rechtsschutzbedürfnisses wegen des bereits (auch) gegen diesen Bescheid anhängigen Klageverfahrens unzulässig (vgl BSG Urteil vom 29.1.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30).

23

In dieser Verfahrenssituation kommt eine gesonderte Erstattung der Kosten nach § 63 SGB X nicht (mehr) in Betracht, auch soweit der Kläger durch die (fehlerhafte) Rechtsbehelfsbelehrung zur Einlegung des (unzulässigen) Widerspruchs veranlasst worden sein sollte. Über die Kosten des Widerspruchs gegen einen solchen Bescheid ist (ausschließlich) in der Kostenentscheidung des Gerichtsverfahrens mitzuentscheiden, in das er einbezogen worden ist (so bereits BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 42/00 R - Juris RdNr 12; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 19.10.2000 - L 16 KR 35/98 - Juris RdNr 70; Thüringer LSG Urteil vom 13.1.2010 - L 7 AS 1042/07 - Juris RdNr 12).

24

Denn nach dem Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung hat das Gericht bei Verfahrensbeendigung über die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden (vgl BSG Beschluss vom 7.9.1998 - SozR 3-1500 § 193 Nr 10 S 26; Bayerisches LSG Beschluss vom 10.10.1996 - L 5 B 198/95 - Breith 1998, 454, 458; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 193 RdNr 2). Hierzu gehören - wie oben bereits ausgeführt - auch die Kosten eines Vorverfahrens.

25

Dem steht nicht entgegen, dass nach § 193 Abs 2 SGG Kosten nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung "notwendigen" Aufwendungen der Beteiligten sind und die Kosten für einen Widerspruch gegen einen nach § 96 Abs 1 SGG in den Rechtsstreit einbezogenen Verwaltungsakt ein objektiv unnötiges ("überflüssiges") Vorverfahren betreffen. Denn die "Notwendigkeit" einer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung getätigten Aufwendung beurteilt sich allein aus der Sicht eines verständigen Beteiligten, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, in dem die mit Aufwendungen verbundene Handlung vorgenommen worden ist (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 193 RdNr 7; Groß in Lüdtke, Handkomm SGG, 3. Aufl 2009, § 193 RdNr 11); ohne Belang ist, ob sich die Handlung hinterher als unnötig herausstellt (vgl BVerwG Beschluss vom 3.7.2000 - 11 A 1/99 - NJW 2000, 2832 f; Niedersächsisches OVG Beschluss vom 20.5.2005 - 8 OB 57/05 - NVwZ-RR 2005, 660 § 162 abs 1 vwgo>, jeweils mwN).

26

Ein verständiger Beteiligter wird gegen einen ihn belastenden, für rechtswidrig erachteten Verwaltungsakt Widerspruch einlegen, wenn dies der beigefügten, nicht erkennbar falschen Rechtsbehelfsbelehrung entspricht (vgl BGH Beschluss vom 11.6.1996 - VI ZB 10/96 - VersR 1996, 1522 f zum Anwaltsverschulden bei offenkundig falscher Rechtsmittelbelehrung; vgl auch SG Freiburg Urteil vom 17.12.2002 - S 9 RJ 1875/02 - ASR 2003, 123, 124; s zum sog Grundsatz des "sichersten Weges" BGH Urteil vom 16.11.1989 - IX ZR 190/88 - NJW-RR 1990, 204, 205; BGH Urteil vom 11.2.1999 - IX ZR 14/98 - NJW 1999, 1391 f; Saarländisches OLG Urteil vom 22.12.2009 - 4 U 107/09 ua - MDR 2010, 534, 535). Hieran gemessen müssen die durch die Einlegung eines unzulässigen Widerspruchs entstandenen Kosten im sozialgerichtlichen Verfahren zu den erstattungsfähigen Kosten iS des § 193 Abs 2 SGG gehören, wenn gegen den angefochtenen Verwaltungsakt nach der ihm beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch zu erheben und diese Rechtsbehelfsbelehrung für den Betroffenen bzw seinen Bevollmächtigten nicht erkennbar unzutreffend war. Bei der Kostenentscheidung hat das Gericht darüber zu befinden, ob es der Billigkeit entspricht, dass eine Behörde, die dadurch Anlass zur Einlegung eines Widerspruchs gegeben hat, dass sie zu Unrecht über dessen Notwendigkeit belehrt hat, im sozialgerichtlichen Verfahren (zusätzlich) die Kosten dieses objektiv unnötigen Widerspruchsverfahrens tragen muss.

27

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des 12. Senats des BSG in seinem Beschluss vom 24.8.1976 (SozR 1500 § 193 Nr 3), soweit dort ausgeführt ist, dass die Kosten iS des § 193 Abs 2 SGG auch die notwendigen Aufwendungen eines für das Klageverfahren gemäß § 78 SGG zwingend vorgeschriebenen Vorverfahrens umfassen. Denn der 12. Senat hat damit die Erstattung von Kosten in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht ausgeschlossen.

28

2. Aber selbst wenn man - mit der generellen Rechtsansicht des LSG - davon ausginge, dass die Beklagte berechtigt gewesen wäre, inhaltlich über die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu entscheiden, hätte der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X.

29

Nach dieser Bestimmung hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist vorliegend nicht erfüllt, weil der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 22.8.2007 nicht "erfolgreich" war.

30

Ein Widerspruch hat dann "Erfolg" iS des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (BSG Urteil vom 21.7.1992 - SozR 3-1300 § 63 Nr 3 S 13; BSG Urteil vom 17.10.2006 - SozR 4-1300 § 63 Nr 5 RdNr 14; BVerwG Urteil vom 14.1.1983 - 8 C 80/80 - NVwZ 1983, 544, 545). Dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.8.2007 hat die Beklagte jedoch nicht stattgegeben; der Bescheid ist vielmehr Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden. Der Widerspruch war damit unzulässig und wurde nach entsprechendem Hinweis der Beklagten vom Kläger für erledigt erklärt.

31

Eine "Stattgabe" bzw ein "Erfolg" des Widerspruchs kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Beklagte mit Bescheid vom 20.12.2007 die Altersrente - wie vom Kläger mit dem Widerspruch in der Sache begehrt - in Anwendung des Art 6 § 4c Abs 2 FANG idF des RVAltGrAnpG vom 20.4.2007 (BGBl I 554) neu berechnet und einen Zuschlag an EP für den Monat Juni 2000 bewilligt hat. Denn es fehlt an der erforderlichen Kausalität zwischen dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.8.2007 und der Neufeststellung mit Bescheid vom 20.12.2007. Ein Widerspruch ist nur dann erfolgreich iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht(stRspr, zB BSG Urteil vom 21.7.1992 - SozR 3-1300 § 63 Nr 3 S 13; BSG Urteil vom 29.1.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34; BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 42/00 R - Juris RdNr 13; BSG Urteil vom 25.3.2004 - SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 9; BSG Urteil vom 31.5.2006 - SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 11; BSG Urteil vom 17.10.2006 - SozR 4-1300 § 63 Nr 5 RdNr 15). Dies war hier nicht der Fall. Denn der Bescheid vom 22.8.2007 war gemäß § 96 Abs 1 SGG automatisch Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens geworden. Des Widerspruchs bedurfte es nicht; ihm ist daher der "Erfolg" der Rentenneufeststellung rechtlich nicht zuzurechnen.

32

3. Ebenso wenig liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X vor. Danach gilt die Rechtsfolge des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X (Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren) auch, wenn der Widerspruch "nur" deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 SGB X unbeachtlich ist. Einer der Anwendungsfälle des § 41 SGB X ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Mangel einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung (§ 36 SGB X) wird von § 41 SGB X nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht erfasst.

33

4. Die Ansicht des LSG, § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X sei in erweiternder Auslegung bei einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung mit der Folge anzuwenden, dass ein Kostenerstattungsanspruch auch bei einem wegen der Rechtsfolge des § 96 Abs 1 SGG unzulässigen Widerspruch gegen einen bereits in einem Gerichtsverfahren einbezogenen Verwaltungsakt zu bejahen sei(ebenso Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 22 - ohne nähere Begründung), teilt der Senat nicht. Vielmehr kommt eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Regelung auf den Fall einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung nicht in Betracht (vgl ebenso LSG Baden-Württemberg Urteil vom 1.7.2003 - L 11 RJ 514/03 - RV 2004 56, 58; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 3.8.2009 - L 10 AS 391/09 NZB - Juris RdNr 6; SG Freiburg Urteil vom 17.12.2002 - S 9 RJ 1875/02 - ASR 2003, 123, 124; Rieker in JurisPR-SozR 7/2010 Anm 6; VG München Urteil vom 13.6.2001 - M 17 K 98.5674 - Juris RdNr 19 zum wortgleichen Art 80 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 Bayerisches VwVfG; Schneider-Danwitz, SGB X, § 63 Anm 37, Stand März 1989; Othmer, SGb 1998, 513, 515; Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 80 RdNr 41 zur Parallelvorschrift des § 80 Abs 1 Satz 2 VwVfG).

34

a) Eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung ist schon aufgrund der Entstehungsgeschichte der Norm abzulehnen. Nach den Materialien zu § 63 SGB X(Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren -, BT-Drucks 8/2034 S 36 )entspricht diese Vorschrift (bis auf hier nicht einschlägige Abweichungen) § 80 VwVfG. Dort aber ist bewusst von der Aufnahme einer gesonderten Bestimmung über die Kostentragung bei einer unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung abgesehen worden, und zwar in der Überzeugung, dass derartige Fälle nach staatshaftungsrechtlichen Grundsätzen abgewickelt werden sollten. In der Begründung zum Gesetzentwurf des (späteren) § 80 VwVfG heißt es(BT-Drucks 7/910 S 92 ): "Um eine zu kasuistische Regelung zu vermeiden, sind auch besondere Bestimmungen über die Kostentragung bei falscher Rechtsmittelbelehrung oder falscher Sachbehandlung durch die Behörde nicht aufgenommen. Fälle dieser Art können weitgehend nach § 839 BGB abgewickelt werden."

35

Der in diesen Materialien zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers steht einer analogen Anwendung des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X entgegen, da hiernach keine dem gesetzgeberischen Konzept widersprechende (planwidrige) Gesetzeslücke(vgl dazu BVerfG Beschluss vom 3.4.1990 - 1 BvR 1186/89 - BVerfGE 82, 6, 11 ff; BSG Urteil vom 31.5.2006 - SozR 4-1300 § 63 Nr 3 RdNr 14, jeweils mwN) besteht.

36

b) Überdies begegnet eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 41 SGB X und damit auch des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X auf Mängel in der Rechtsbehelfsbelehrung systematischen Bedenken. Im Gegensatz zu den in § 41 SGB X genannten Verfahrens- und Formfehlern sind die Folgen bei einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung nicht im SGB X, sondern in § 66 Abs 2 SGG ausdrücklich und abschließend geregelt. Zwar kann eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung innerhalb der Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG noch richtig erteilt werden mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die übliche Frist von einem Monat(§ 84 Abs 1 Satz 1 SGG) zu laufen beginnt (vgl Senatsurteil vom 28.5.1991 - BSGE 69, 9, 14 = SozR 3-1500 § 66 Nr 1 S 6). Dieser Fehler kann aber nur ex nunc und nicht, wie bei den Verfahrens- und Formfehlern nach § 41 SGB X, ex tunc "geheilt" werden(zu § 41 SGB X s BSG Großer Senat Beschluss vom 6.10.1994 - BSGE 75, 159, 163 = SozR 3-1300 § 41 Nr 7 S 12). Zudem macht eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung den Verwaltungsakt - im Gegensatz zu den in § 41 SGB X genannten Verfahrens- und Formfehlern(Waschull in Lehr- und PraxisKomm SGB X, 2. Aufl 2007, § 41 RdNr 1) -nicht rechtswidrig, sondern führt zu den erweiterten Rechtsbehelfsfristen nach § 66 Abs 2 SGG(Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 36 RdNr 15; Waschull aaO, § 36 RdNr 9).

37

c) Dass Veranlassungsgesichtspunkte aus Billigkeitsgründen im Rahmen der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden gerichtlichen Kostenentscheidung nach § 193 SGG Berücksichtigung finden können(BSG Urteil vom 29.5.1996 - BSGE 78, 233, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1 S 11; BSG Urteil vom 16.6.1999 - SozR 3-3100 § 5 Nr 7 S 26; BSG Urteil vom 30.8.2001 - SozR 3-5050 § 22b Nr 1 S 16; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 193 RdNr 12b), kann allein eine Ausdehnung des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X auf den Mangel einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung nicht begründen(vgl LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 3.8.2009 - L 10 AS 391/09 NZB - Juris RdNr 6). Wie bereits oben aufgezeigt, hatte schon der Regierungsentwurf zur Parallelvorschrift des § 80 Abs 1 VwVfG eine Berücksichtigung fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrungen abgelehnt, weil er eine zu kasuistische Regelung vermeiden wollte(BT-Drucks 7/910 S 92 ). Dass beide - im Wesentlichen übereinstimmenden - Vorschriften die Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten ausschließen, wird auch dadurch deutlich, dass einige VwVfG der Länder im Gegensatz zum VwVfG des Bundes und des SGB X ausdrückliche Bestimmungen über eine Kostenerstattung nach "billigem Ermessen" enthalten (vgl § 80 Abs 1 Satz 5 Saarländisches VwVfG, § 80 Abs 1 Satz 5 VwVfG für Baden-Württemberg, Art 80 Abs 1 Satz 5 Bayerisches VwVfG, § 80 Abs 1 Satz 5 Thüringer VwVfG, wonach bei einer Erledigung des Widerspruchs "auf andere Weise" eine Entscheidung über die Kostenerstattung nach "billigem Ermessen" unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes zu erfolgen hat).

38

5. Schließlich kann der Kläger sein Begehren nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieses Rechtsinstitut gibt die begehrte Rechtsfolge nicht her.

39

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (§ 14 SGB I) und Auskunft (§ 15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (stRspr, Senatsurteile vom 11.3.2004 - BSGE 92, 241 RdNr 13 = SozR 4-2600 § 58 Nr 3 RdNr 19 mwN; vom 19.11.2009 - SozR 4-2600 § 236 Nr 1 RdNr 25 ). Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist somit nicht auf die Gewährung von Schadensersatz im Sinne einer Kompensation in Geld, sondern auf Naturalrestitution gerichtet, dh auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustands, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (stRspr, zB BSG Urteil vom 27.1.2000 - SozR 3-2400 § 28h Nr 11 S 44 mwN).

40

Der Sache nach macht der Kläger den Ersatz eines Schadens wegen eines Fehlverhaltens der Beklagten geltend, denn die "unnötige" Widerspruchseinlegung aufgrund der von der Beklagten im Bescheid vom 22.8.2007 erteilten unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung soll zu zusätzlichen Kosten geführt haben. Ein solcher Schadensersatzanspruch in Geld ist aber keine Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (vgl ebenso LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 4.11.2008 - L 10 R 4433/08 - Juris RdNr 17; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 3.8.2009 - L 10 AS 391/09 NZB - Juris RdNr 7; aA ohne Diskussion dieses Gesichtspunkts LSG Baden-Württemberg Urteil vom 1.7.2003 - L 11 RJ 514/03 - RV 2004, 56, 57; SG Freiburg Urteil vom 17.12.2002 - S 9 RJ 1875/02 - ASR 2003, 123).

41

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Obwohl der Kläger im vorliegenden Verfahren mit seinem Begehren auf Kostenerstattung für seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.8.2007 nicht durchdringen konnte, rechtfertigt sich die Auferlegung von einem Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers auf die Beklagte daraus, dass sie durch ihre ebenso falsche wie irreführende Begründung in den im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheiden Anlass zur Durchführung des Verfahrens gegeben hat.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.04.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

Tenor

Die Sprungrevisionen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 15. Juli 2011 werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Vorverfahrens.

2

Die Kläger - Vater und seine 1990 geborene Tochter - beziehen mit Unterbrechungen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am 25.3.2010 beantragten sie die Weiterbewilligung der Leistungen. Dem kam der Beklagte durch Bescheid vom 26.3.2010 für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2010 nach. Diesen Bescheid änderte der Beklagte in der Folgezeit mehrfach ab. Am 23.7.2010 stellte der Beklagte die Höhe der Leistungen des Klägers zu 1 im Zeitraum vom 1.8. bis 31.10.2010 unter Berücksichtigung eines Einkommens der Klägerin zu 2 in Höhe von 500 Euro monatlich neu fest, wogegen der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 6.8.2010 Widerspruch einlegte. Durch Bescheid vom 18.8.2010 änderte der Beklagte die Höhe der Leistungen für den Monat August unter Berücksichtigung der Abrechnung des Verdienstes der Klägerin zu 2 im Monat Juli 2010 und bewilligte der Klägerin zu 2 Leistungen für Unterkunft und Heizung. Am 9.9.2010 verfügte der Beklagte eine erneute Änderung der Leistungshöhe, dieses Mal für den Monat Oktober 2010, weil die Klägerin zu 2 durch die Aufnahme eines Studiums zum 18.10.2010 nunmehr von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 17.9.2010 Widerspruch ein. Am 7.10.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern eine Nachzahlung für den Monat September 2010, nachdem die Klägerin zu 2 eine weitere Entgeltabrechnung vorgelegt hatte. Die Leistungsbewilligung für den Kläger zu 1 im Monat Oktober 2010 änderte er durch Bescheid vom 25.10.2010 unter Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin zu 2 erneut ab. Sämtlichen zuvor benannten Bescheiden war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, in der auf die Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs hingewiesen wurde. Durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 verwarf der Beklagte den Widerspruch vom 17.9.2010 als unzulässig, weil der Bescheid vom 9.9.2010 Gegenstand des Vorverfahrens gegen den Bescheid vom 23.7.2010 sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 9.9.2010 sei insoweit unzutreffend gewesen. Die Erstattung von notwendigen Aufwendungen für dieses Widerspruchsverfahren lehnte er ab. Den Widerspruch gegen die Bescheide vom 23.7., 18.8., 9.9., 7.10. und 25.10.2010 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 als unbegründet zurück und verfügte eine Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu 7/10 auf entsprechenden Antrag.

3

Mit ihrer Klage vor dem SG haben die Kläger eine Änderung der Kostenentscheidung in dem Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 betreffend den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9.9.2010 geltend gemacht. Das SG hat die Klagen unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R - abgewiesen. Ein Kostenerstattungsanspruch scheitere an dem fehlenden Erfolg des Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X. Auch aus § 63 Abs 1 S 2 SGB X könnten die Kläger keinen Anspruch herleiten. Eine erweiternde Auslegung dieser Regelung unter Erstreckung auf eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung scheide aus. Ebenso wenig könne der Anspruch auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegründet werden. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen, weil Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende noch nicht Gegenstand einer derartigen Kostenentscheidung gewesen seien, es jedoch im SGB II sehr häufig dem hier zu entscheidenden Fall vergleichbare Fallkonstellationen gebe.

4

Die Kläger vertreten im Revisionsverfahren die Auffassung, dass der 13. Senat des BSG unzutreffend eine analoge Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 SGB X für den Fall der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung verneint habe. Die vom 13. Senat unter Bezug genommene Vergleichbarkeit der Regelungen des § 63 SGB X und § 80 VwVfG sei nicht nachvollziehbar. Auch müsse der besonderen Situation im SGB II Rechnung getragen werden, in der es der Regelfall und nicht die Ausnahme sei, dass die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehrfach in einem Bewilligungsabschnitt die Änderung des Ausgangsbescheides erforderlich machten.

5

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 15. Juli 2011 aufzuheben und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2010 zu ändern sowie den Beklagten zu verurteilen, den Klägern die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Vorverfahrens gegen den Bescheid des Beklagten vom 9. September 2010 zu erstatten.

6

Der Beklagte beantragt,
die Sprungrevisionen zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen des 13. Senats des BSG im Urteil vom 20.10.2010 für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet.

9

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid des Beklagten vom 9.9.2010. Die Kostenentscheidung des Beklagten in dem Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 ist rechtmäßig.

10

1. Die Klage unmittelbar gegen die Entscheidung des Jobcenters im Widerspruchsbescheid über die Kosten des Widerspruchsverfahrens war zulässig (zur Trennung von Sach- und Kostenentscheidung vgl zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 35/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; s auch BSG Urteil vom 17.10.2006 - B 5 RJ 66/04 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 5, RdNr 13). Eines gesonderten Vorverfahrens nach § 78 Abs 1 SGG hinsichtlich der Kostengrundentscheidung bedurfte es nicht(vgl Becker in Hauck/Noftz, SGB X, K § 63 RdNr 25, Stand: August 2011). Das Jobcenter war als Behörde, die über den Widerspruch entschieden hat, auch für die Kostenentscheidung zuständig.

11

2. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Entscheidung über die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 für das Vorverfahren gegen den Ausgangsbescheid vom 9.9.2010 betreffend die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Monat Oktober 2010. Gegen diesen Widerspruchsbescheid wenden sich die Kläger mit ihrem Begehren auf Erstattung der Aufwendungen für das Vorverfahren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.

12

3. Die Voraussetzungen für den begehrten Aufwendungsersatz nach § 63 Abs 1 S 1 SGB X sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Widerspruch nur dann, wenn die Behörde ihm stattgibt(vgl SozR 3-1300 § 63 Nr 3 S 13; SozR 4-1300 § 63 Nr 5, RdNr 15; SozR 4-1500 § 193 Nr 6, RdNr 30, vgl zuletzt Entscheidung des erkennenden Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 168/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 9.9.2010 hatte keinen Erfolg. Der Beklagte hat ihn unter Hinweis auf § 86 SGG als unzulässig verworfen. Nach § 86 SGG wird der Verwaltungsakt, der während des Vorverfahrens den bereits angefochtenen Ausgangsbescheid abändert, Gegenstand des Vorverfahrens. So liegt der Fall hier.

13

Der Bescheid vom 9.9.2010 ist Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 23.7.2010 geworden. Im Vorverfahren war mithin vom Beklagten über den Bescheid vom 23.7.2010 in der Fassung des Bescheides vom 9.9.2010 zu entscheiden. Zwar ist ein Widerspruch gegen den ändernden Bescheid unschädlich (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 86 RdNr 4). Andererseits erfolgt grundsätzlich wegen der Einbeziehung des Änderungsbescheides in das Vorverfahren jedoch keine gesonderte Entscheidung über den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid. Es ist über diesen "überflüssigen" Widerspruch mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen den Ausgangsbescheid zu befinden (vgl Hintz in BeckOK SGG, Stand 1.3.2012, § 86 RdNr 4). Insoweit findet er auch Eingang in die Kostenentscheidung, unabhängig davon, ob die Verwaltung - wie hier - den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid als unzulässig verworfen hat oder nicht. In diesem Sinne kann der "Widerspruch" gegen den Änderungsbescheid zwar grundsätzlich auch erfolgreich sein. Umgekehrt kann er außerhalb des Vorverfahrens gegen den Ausgangsbescheid jedoch keinen Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X haben.

14

4. Die Kläger können ihr Begehren auch nicht auf § 63 Abs 1 S 2 SGB X stützen. Nach dieser Regelung zieht auch ein Widerspruch, der nur deswegen nicht erfolgreich war, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift des § 41 SGB X unbeachtlich ist, die Kostenfolge des § 63 Abs 1 S 1 SGB X nach sich. Weder kann diese Regelung unmittelbar herangezogen werden, noch in analoger Anwendung iVm § 41 SGB X in dem Sinne, dass sie auch auf den Mangel einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung Anwendung findet. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht. Der Senat schließt sich hinsichtlich aller drei Anspruchsgrundlagen der Rechtsprechung des 13. Senats des BSG in der Entscheidung vom 20.10.2010 (B 13 R 15/10 R - SozR 4-1500 § 193 Nr 6) an, von deren erneuter Darstellung abgesehen wird.

15

Auch die vom SG für die Zulassung der Sprungrevision genannten Gründe sowie die in der Revisionsbegründung der Kläger dargelegten, veranlassen den Senat nicht, von der benannten Rechtsprechung abzuweichen oder bei dem 13. Senat anzufragen, ob er an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhalte (§ 41 Abs 3 SGG).

16

Soweit die Kläger darauf abstellen, dass die verfahrensrechtlichen Unterschiede zwischen § 80 VwVfG und § 63 SGB X eine unterschiedliche Behandlung erforderten, vermag der Senat hieraus nicht zu schließen, dass auch der durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung ausgelöste Widerspruch gegen einen Bescheid, der Gegenstand eines Vorverfahrens wird, zum Aufwendungsersatz für das Widerspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid führen muss. Eines Rückgriffs auf die Vergleichbarkeit zu § 80 VwVfG bedarf es insoweit nicht. Der Ausschluss der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung als Grund für die Kostenfolge auch bei erfolglosem Widerspruch folgt bereits aus dem Wortlaut des § 63 Abs 1 S 2 SGB X. Der 13. Senat weist in der eingangs benannten Entscheidung zutreffend hierauf hin. Der erkennende Senat teilt auch die systematischen Bedenken des 13. Senats gegen eine erweiternde Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 SGB X. Zudem stehen S 1 und 2 in einem Regel-Ausnahmeverhältnis zueinander. Die Ausnahmen müssen daher auf die im Gesetz ausdrücklich aufgeführten Gründe beschränkt bleiben. Dies hat auch in der Gesetzesbegründung seinen Niederschlag gefunden, wenn es dort heißt, dass um eine kasuistische Regelung zu vermeiden, besondere Bestimmungen über die Kostentragung bei falscher Rechtbehelfsbelehrung oder falscher Sachbehandlung der Behörde nicht aufgenommen worden seien (BT-Drucks 7/910, S 92, auf die in der Begründung zu § 63 SGB X - dort noch § 61 SGB X, BT-Drucks 8/2034, S 36 - Bezug genommen wird).

17

Auch die von den Klägern aufgezeigten Probleme bei einer Anfechtung eines von der Verwaltung als unzulässig verworfenen und eines weiteren als unbegründet zurückgewiesenen Verwaltungsakts sind kein Grund für die Annahme einer Planwidrigkeit des ausnahmsweisen Verzichts auf den Erfolg des Widerspruchs bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung im Hinblick auf das Auslösen eines Kostenerstattungsanspruchs. Insoweit verkennen die Kläger, dass mit Erhebung des Widerspruchs ein dem Gerichtsverfahren vorgeschaltetes besonderes Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt wird mit der Folge, dass auch Änderungsbescheide nach § 86 Abs 1 SGG kraft Gesetzes zu dessen Gegenstand werden. Solange ein Verwaltungsakt Gegenstand eines Vorverfahrens ist, kann er nicht zugleich auch beim SG angefochten werden (BSG Urteil vom 7.10.1987 - 4a RJ 93/86). Die Klage ist vielmehr erst nach Abschluss des Vorverfahrens, etwa durch Zurückweisung des Widerspruchs, durch die Widerspruchsstelle zulässig. Im Klageverfahren ist dann jedoch über sämtliche Bescheide, die Gegenstand des Vorverfahrens geworden sind, zu befinden, sodass auf klägerischer Seite kein Rechtsverlust entstehen kann, auch nicht, wenn zB ein als unzulässig befundener Widerspruch nachträglich als zulässig bewertet werden sollte.

18

Die von den Klägern angeführte Häufigkeit der Erteilung einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung durch die Grundsicherungsträger ist kein überzeugendes Argument für eine von sonstigen Sozialleistungsbereichen abweichende Auslegung des § 63 Abs 1 S 2 SGB II. Dies gilt ebenso für die Erwägung des SG, im SGB II sei insbesondere wegen der großen "Änderungshäufigkeit" im Laufe eines Bewilligungsabschnitts eine höchstrichterliche Entscheidung im Sinne einer erweiternden Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 SGB X erforderlich. Die Regelung des § 63 Abs 1 SGB X gilt nach § 1 SGB X auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Grundsicherungsträger, die ihnen durch das SGB II zugewiesen ist. Insoweit genügt, dass die Aufgabe der Behörde mittelbar durch das SGB übertragen ist (vgl Fichte in Kreikebohm/ Spellbrink/Waltermann, 2. Aufl 2011, § 1 SGB X RdNr 2; Mutschler in Kasseler Kommentar, § 1 RdNr 4, Stand 72. Ergänzungslieferung 2012). Abweichungen von den Regelungen des SGB X bedürfen jedoch der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung im SGB X oder im SGB II, was im Hinblick auf die Kostenregelung für das Vorverfahren nicht der Fall ist. Rein quantitative Erwägungen sind nicht geeignet, Abweichungen von den gesetzlich vorgesehenen Regelungen zu rechtfertigen. Der Problematik der fehlenden Kenntnis von Änderungsbescheiden nach Anwaltswechsel lässt sich durch Akteneinsicht und Überprüfung der Rechtslage mittels anwaltlichen Sachverstandes einfach begegnen. Zumindest kann hieraus kein Argument für die Annahme einer planwidrig fehlenden Ausnahme der falschen Rechtsbehelfsbelehrung von der Regelung des § 63 Abs 1 S 1 SGB X gewonnen werden.

19

Ebenso wenig kann den Ausführungen der Kläger zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gefolgt werden. Sie gehen bereits von einem falschen Ausgangspunkt aus. § 63 SGB X ist nicht geprägt vom "Veranlassungsprinzip". Im Gegensatz zu § 193 SGG kommt es für den Eintritt der Kostenbelastung der Verwaltung für ein Widerspruchsverfahren ausschließlich auf den Erfolg des Widerspruchs an. Dieser in § 63 Abs 1 S 1 SGB X normierte Regelfall wird nur in der genau bezeichneten Situation des § 63 Abs 1 S 2 SGB X, also für den Fall der Erfolglosigkeit wegen der Heilung eines Verfahrens- oder Formfehlers nach § 41 SGB X durchbrochen. Hat die Verwaltung mithin den Widerspruch durch eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung "veranlasst", kann bereits von der gesetzlichen Grundkonstruktion kein Raum für einen Aufwendungsersatzanspruch sein. Dies kann auch nicht mittels des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs umgangen werden. Insoweit gilt im Übrigen, wie der 13. Senat in der eingangs benannten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, dass ein Schadensersatzanspruch in Geld keine Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist. Er ist vielmehr auf Naturalrestitution gerichtet, dh auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl SozR 3-2400 § 28h Nr 11, RdNr 16).

20

5. Die Kostenentscheidung des Beklagten in dem Widerspruch vom 28.10.2010 ist nicht deswegen aufzuheben, weil sie im Hinblick auf die Einbeziehung des Bescheides vom 9.9.2010 in das Vorverfahren gegen den Bescheid vom 23.7.2010 erst mit einer Entscheidung über diesen Widerspruch hätte getroffen werden dürfen. Die Kostenfolge des unzulässigen und damit erfolglosen Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X ist die Nichterstattung der Aufwendungen des Widerspruchsführers. Hieran ändert es nichts, dass der Verwaltungsträger im Widerspruchsbescheid gegen den Ausgangsbescheid auch über die Kosten eines zum Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG gewordenen Änderungsbescheids mitzuentscheiden hat. Dem ist der Beklagte hier im Übrigen auch nachgekommen.

21

6. Die Kostenentscheidung des erkennenden Senats beruht auf § 193 SGG. Obwohl im Rahmen des § 193 SGG auch die Veranlassung des Rechtsstreits einen Ermessensgesichtspunkt darstellen kann(vgl hierzu BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 168/10 R), führt die unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung des Beklagten im Bescheid vom 9.9.2010 hier nicht zu einer Kostenentscheidung zugunsten der Kläger. Sie sind mit ihrem Begehren im Rechtsstreit erfolglos geblieben.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind die Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens sowie die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts.

2

Die Klägerin steht seit 2005 im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II durch die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH - ARGE - (nunmehr Jobcenter Landeshauptstadt München). Im Mai 2008 wurde für die Klägerin vom AG München eine Betreuerin bestellt. Der Aufgabenkreis umfasst ua die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung für den Bereich der Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern.

3

Bereits mit Bescheid vom 17.4.2007 machte die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH gegenüber der Klägerin eine Erstattungsforderung wegen überzahlter Leistungen in Höhe von 351,87 Euro geltend. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch half die Arbeitsgemeinschaft mit Bescheid vom 9.7.2008 ab.

4

Mit Schreiben vom 20.5.2007, tituliert als "Mahnung", forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung des von der ARGE geltend gemachten Erstattungsbetrages auf und machte in diesem Schreiben zusätzlich Mahngebühren in Höhe von 2,05 Euro geltend. Hiergegen legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass der gegen den Bescheid vom 17.4.2007 erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung habe und die Forderung daher nicht fällig sei.

5

Nachdem die Beklagte am 13.7.2007 die Forderung gegen die Klägerin "mit Widerspruch eingelegt" kennzeichnete, wurde die Mahngebühr storniert. Mit Bescheid vom 13.11.2007 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig und lehnte die Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen ab.

6

Auf die Klage änderte das SG den Widerspruchsbescheid vom 13.11.2007 im Tenor unter Ziffer 2 dahingehend ab, dass die Beklagte die notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten habe und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt werde (Gerichtsbescheid vom 5.11.2009). Die hiergegen vom SG zugelassene und von der Beklagten eingelegte Berufung wies das LSG zurück (Urteil vom 12.5.2010). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das SG habe die Beklagte zu Recht verurteilt, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten und die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich erklärt. Dies folge aus § 63 SGB X. Das Schreiben der Beklagten vom 20.5.2007 enthalte insoweit einen Verwaltungsakt, als gegenüber der Klägerin Mahngebühren festgesetzt worden seien. Es handele sich aufgrund gesetzlicher Grundlage um ein hoheitliches Handeln mit Außenwirkung zur Regelung eines Einzelfalls. Die Regelung bestehe darin, dass der Adressat unmittelbar verpflichtet werde, die Mahngebühr zu zahlen. Der Rechtsgrund für das Entstehen der Mahngebühr werde erst durch die Mahnung selbst begründet, daher teile die Mahngebühr, als von der Mahnung unabhängig, nicht den Rechtscharakter der Mahnung. Der auf Aufhebung gerichtete Widerspruch der Klägerin sei daher zulässig und begründet. Die der Mahngebühr zugrundeliegende Forderung sei nicht fällig gewesen und die Beklagte habe die Mahngebühr aufgehoben. Angesichts dessen komme es auch nicht darauf an, ob die Beklagte überhaupt in eigenem Namen Mahngebühren erheben könne. Die Beklagte habe die Mahngebühr aufgehoben, sodass der Widerspruch erfolgreich gewesen sei und die Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten habe. Eine ursächliche Verknüpfung zwischen der Widerspruchserhebung und der begünstigenden Entscheidung der Beklagten bestehe insoweit, als die Beklagte die Mahngebühr nach Bestätigung der Widerspruchseinlegung durch die ARGE und entsprechender Kennzeichnung der Forderung aufgehoben habe. Auch sei die Hinzuziehung des Rechtsanwalts notwendig gewesen. Der Klägerin sei aufgrund ihrer individuellen Fähigkeiten nicht zuzumuten gewesen, das Verfahren alleine zu betreiben. Dies habe sich durch die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - die Klägerin sei Analphabetin und stehe zwischenzeitlich sogar unter Betreuung - zur Überzeugung des Senats verfestigt.

7

Die Beklagte rügt - nach Zulassung der Revision durch den Senat mit Beschluss vom 6.4.2011 (B 4 AS 160/10 B) - nur noch die Verletzung materiellen Rechts - des § 63 Abs 2 SGB X. Zwar habe das BSG mit Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - inzwischen entschieden, dass es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt handele, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden könne. Die Rechtsauffassung des LSG zu diesem Punkt sei daher nicht zu beanstanden. Unabhängig von der Frage, ob der Widerspruch vorliegend "erfolgreich" iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X gewesen sei, sei jedenfalls die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht "notwendig" iS des § 63 Abs 2 SGB X gewesen. Der Klägerin sei zuzumuten gewesen, das Verfahren selbst zu führen. So habe sie noch vor Widerspruchserhebung durch ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten telefonisch eine Ratenzahlungsvereinbarung, die auch die Mahngebühr beinhaltet habe, geschlossen. Dies zeige, dass sie durchaus auch ohne anwaltliche Beratung imstande gewesen sei, ihre Rechte eigenständig wahrzunehmen. Zudem impliziere bereits das Verhältnis der Höhe der Mahngebühr an sich als auch im Verhältnis zur Hauptforderung, dass bei objektiver Betrachtung ein vernünftiger Bürger sich keines Rechtsanwalts bedient hätte.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 5. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Eine Verletzung des § 63 SGB X durch das LSG sei nicht ersichtlich. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt müsse nicht hingenommen werden. Auch die Geringfügigkeit der Mahngebühr rechtfertige nicht, von einem Kostenübernahmeerfordernis abzusehen. Allenfalls sei denkbar, im Rahmen der Entscheidung bezüglich der Höhe der geltend gemachten Anwaltsgebühr Abstriche zu machen, nicht jedoch dem Grunde nach.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

12

Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte der Klägerin die für den Widerspruch mit Schreiben vom 18.6.2007 entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat.

13

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler liegen nicht vor. An der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Jedenfalls wäre ein etwaiger Mangel in der Prozessführung durch ausdrückliche Genehmigung der Betreuerin geheilt.

14

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Entscheidung über die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsbescheid vom 13.11.2007 für das Vorverfahren gegen die Festsetzung der Mahngebühren mit Schreiben vom 20.5.2007. Die Klägerin hat ihr Begehren ausdrücklich hierauf beschränkt. Sie verfolgt ihr Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG).

15

3. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat.

16

Nach § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

17

Der Anwendungsbereich des § 63 Abs 1 S 1 SGB X ist eröffnet, weil die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig durch die Beklagte zu Unrecht erfolgte. Vielmehr handelt es sich bei der in der Mahnung enthaltenen Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden kann. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Auffassung des 14. Senats des BSG, die Festsetzung von Mahngebühren enthalte eine für den betroffenen Schuldner verbindliche Einzelfallregelung, ausdrücklich an (s zur Verwaltungsaktqualität der Festsetzung von Mahngebühren und zur Unzulässigkeit der Übertragung der Aufgabe "Forderungseinzug" auf die BA: BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3). Es kann deshalb unentschieden bleiben, ob die Rechtsprechung des BSG, dass die Geltendmachung einer Forderung selbst durch Mahnung kein Verwaltungsakt sei (vgl BSG Beschluss vom 5.8.1997 - 11 BAr 95/97 - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 7.6.1999 - B 7 AL 264/98 B - juris RdNr 8) auch Fallgestaltungen erfasst, bei denen die Mahnung durch eine unzuständige Behörde erfolgt (hierzu BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3, jeweils RdNr 18 ff).

18

Der Widerspruch der Klägerin gegen das Schreiben der Beklagten vom 20.5.2008 war auch erfolgreich. Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Widerspruch dann, wenn die Behörde ihm stattgibt(vgl zuletzt BSG Urteil vom 19.6.2012 - B 4 AS 142/11 R sowie BSG Urteile vom 21.7.1992 - 4 RA 20/91 - SozR 3-1300 § 63 Nr 3, S 13; vom 17.10.2006 - B 5 RJ 66/04 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 5 RdNr 14; vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R - SozR 4-1500 § 193 Nr 6 RdNr 30; vom 2.5.2012 - B 11 AL 23/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist der Erfolg oder Misserfolg eines eingelegten Widerspruchs am tatsächlichen (äußeren) Verfahrensgang der §§ 78 ff SGG zu messen. Die Beklagte hat ihm dadurch stattgegeben, dass sie die Mahngebühr storniert hat und dies gegenüber der Klägerin verlautbart hat. Unerheblich ist insoweit, aus welchen Gründen der Widerspruch in der Sache Erfolg hatte.

19

4. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte hinsichtlich der Gebühren und Auslagen des bevollmächtigten Rechtsanwalts mit Rücksicht auf die geringe Höhe der Mahngebühr ausscheide. Insoweit ist mit den Tatsacheninstanzen zu erkennen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig iS des § 63 Abs 2 SGB X gewesen ist. Nach dieser Vorschrift sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig ist. Es ist insoweit auf die Sicht eines verständigen Beteiligten im Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vgl nur Roos in von Wulffen, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 26; Feddern in jurisPK-SGB X § 63 RdNr 33 f).

20

Ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig ist, kann nicht allein anhand des im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Betrages beurteilt werden. Insoweit kann sinngemäß zur weiteren Ausfüllung des Merkmals auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die das BVerfG zum Merkmal der Erforderlichkeit von Prozesskostenhilfe entwickelt hat (BVerfG vom 24.3.2011 - 1 BvR 2493/10 - NZS 2011, 775; BVerfG vom 24.3.2011 - 1 BvR 1737/10 - NJW 2011, 2039). Entscheidender Maßstab ist hiernach nicht das Verhältnis von Streitwert und Kostenrisiko, sondern die Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit. Da dem Widerspruchsführer rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen, kann die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen regelmäßig erfolgt, wenn im Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht.

21

Die vorstehenden Grundsätze werden durch das Urteil des 14. Senats des BSG vom 12.7.2012 - B 14 AS 35/12 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - nicht infrage gestellt. Zwar ist mit dieser Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis für ein Klagebegehren in der Hauptsache verneint worden, das aus Sicht des Klägers denkbar allein auf die Verletzung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II gestützt werden konnte. Gleichwohl hat der 14. Senat jedoch ausgeführt, dass die Höhe der geltend gemachten Forderung nicht "schlechterdings und für sich allein betrachtet zum Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses" führe. Vielmehr fehle es am Rechtschutzbedürfnis nur dann, wenn besondere Umstände vorlägen, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen ließen. Derartige besondere Umstände hat der 14. Senat bei einem isolierten Streit über die Anwendung der Rundungsregelung angenommen, die nicht aus Gründen der Existenzsicherung sondern zur Vereinfachung verwaltungsinterner Abläufe geschaffen worden sei. Eine Abkehr vom "Grundsatz der Waffengleichheit" kann aus dieser Entscheidung folglich nicht hergeleitet werden.

22

Die hier vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigen die Annahme einer Ausnahme nicht. Ein derartiger - hier jedoch nicht vorliegender - Ausnahmefall kann in Fällen der vorliegenden Art zB erwogen werden, wenn es um die Klärung tatsächlicher Fragen geht oder aus dem angegriffenen Bescheid ersichtlich ist, dass die Entscheidung auf einem Missverständnis beruht, das vom Widersprechenden leicht aufzuklären ist. Die Klägerin konnte der Mahnung insbesondere nicht entnehmen, dass die Geltendmachung der Forderung einschließlich der Mahngebühren auf der Vorstellung beruhte, dass kein Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid eingelegt worden war.

23

Der zu beurteilende Sachverhalt ist im Übrigen dadurch gekennzeichnet, dass sich die Klägerin der Geltendmachung des gesamten Rückforderungsbetrages zuzüglich der fraglichen Mahngebühren durch eine unzuständige Behörde ausgesetzt sah. In einer derartigen Situation lag die Einschaltung eines Rechtsanwalts für einen verständigen Betroffenen jedenfalls nahe.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 1. trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens.

2

Der Kläger ist Facharzt für innere Medizin mit Teilgebietsbezeichnung Nephrologie. Im Oktober 2000 stellte er einen Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Wege des Sonderbedarfs. Gleichzeitig beantragten der Kläger und sein späterer Praxispartner, Dr. M., die gemeinschaftliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit als Fachärzte für Innere Medizin - Nephrologie - in W. Gegen die ablehnenden Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 9.11.2000 legte der Kläger Widerspruch ein (AZ des Widerspruchs betreffend Sonderbedarfszulassung: BA 10/2001, AZ des Widerspruchs betreffend die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis: BA 11/2001).

3

Am 26.4.2001 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung. Auch diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss ab, weil die Voraussetzungen einer Zulassung im Wege des Sonderbedarfs nach der Nr 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht vorlägen (Beschluss vom 17.5.2001). Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein (AZ: BA 92/2001) und trug vor, dass gerade die Notwendigkeit, nach der Qualitätsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren einen zweiten Arzt in einer Dialysepraxis zu beschäftigen, einen dauerhaften Sonderbedarf indiziere.

4

Mit Wirkung zum 1.7.2002 wurde § 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie um den Buchstaben e ergänzt, wonach die Voraussetzungen für eine Ausnahme gegeben sind, wenn durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyseversorgung einem Vertragsarzt (Nr 1) oder aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren gemäß § 135 Abs 2 SGB V einem weiteren Arzt in der Dialysepraxis (Nr 2) die Genehmigung zur Durchführung eines Versorgungsauftrags für die nephrologische Versorgung der von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffenen Patienten mit Dialyseleistungen gemäß § 2 Abs 7 der Bundesmantelverträge erteilt werden soll, der Zulassung jedoch Zulassungsbeschränkungen für die Zulassung von Fachärzten für Innere Medizin zur Teilnahme an der fachärztlich-internistischen Versorgung entgegenstehen.

5

Der Beklagte hob daraufhin den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 17.5.2001 auf und ließ den Kläger mit Wirkung zum 1.10.2002 wegen Sonderbedarfs nach Nr 24 Buchstabe e der Bedarfsplanungs-Richtlinie als Facharzt für Innere Medizin - Nephrologie - zur vertragsärztlichen Versorgung zu (Beschluss vom 7.8.2002). Zur Begründung wurde auf den Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie verwiesen. Mit Beschluss vom selben Tag hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9.11.2000 auf und genehmigte die aus dem Kläger und Dr. M. bestehende internistisch-nephrologische Gemeinschaftspraxis.

6

Der Kläger beantragte daraufhin, in den Widerspruchsverfahren betreffend die Sonderbedarfszulassung sowie die Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis die Beiziehung eines Rechtsanwalts für notwendig zu erklären und ihm die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in beiden Widerspruchsverfahren zu erstatten. Die Beklagte lehnte dies ab, weil die vom Kläger eingelegten Widersprüche für die Entscheidung nicht kausal geworden seien (Beschluss vom 3.9.2003). Der Widerspruch im Verfahren BA 92/2001 sei nur aufgrund der zum 1.7.2002 in Kraft getreten Ergänzung der Bedarfsplanungs-Richtlinie um Nr 24 Buchstabe e erfolgreich gewesen. Wegen der dadurch erst möglichen Zulassung des Klägers im Wege des Sonderbedarfs habe auch das auf Genehmigung einer nephrologischen Gemeinschaftspraxis gerichtete Widerspruchsverfahren Erfolg gehabt.

7

Das SG hat die Klage abgewiesen, weil die Widersprüche des Klägers nicht erfolgreich gewesen seien (Gerichtsbescheid vom 13.3.2006). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat den Gerichtsbescheid und den Beschluss des Beklagten aufgehoben und ihn verurteilt, dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in den Verfahren BA 11/2001 und BA 92/2001 zu erstatten und die Zuziehung eines Rechtsanwalts als notwendig zu bestimmen (Urteil vom 27.5.2009). Ein Widerspruch sei erfolgreich, wenn der angegriffene Verwaltungsakt ganz oder teilweise aufgehoben werde. Eine Kausalität zwischen der Widerspruchseinlegung und dem Erfolg des Widerspruchs müsse nicht bestehen. Das gelte auch dann, wenn der Erfolg durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage herbeigeführt worden sei. Für den Anwendungsbereich des § 80 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz(VwVfG), dem die Vorschrift des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nachgebildet worden sei, komme es nach herrschender Meinung auf eine Kausalität des Widerspruchs nicht an. Das BSG sei dem zunächst gefolgt. In späteren Entscheidungen seien dann der 4. und der 12. Senat des BSG davon teilweise abgewichen und hätten angenommen, dass der Widerspruch nur erfolgreich sei, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehe. Das Abstellen der Rechtsprechung auf eine ursächliche Verknüpfung überzeuge vor dem Hintergrund des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht. Das gelte umso mehr, als sie im Ergebnis zu einer umfangreichen Kasuistik führe, mit der das Kostenverfahren nach dem Regierungsentwurf des § 80 VwVfG gerade nicht belastet werden sollte. Soweit die Entscheidungen von den Gedanken getragen worden seien, Mängel bei der Mitwirkung des Widerspruchsführers durch eine Kostentragung zu sanktionieren, bedürfe es des Konstrukts einer kausalen Verknüpfung nicht, weil nach § 63 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB X die Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, von diesem selbst zu tragen seien.

8

Hiergegen richtet sich die Revision der zu 1. beigeladenen KÄV. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sei ein Widerspruch nur dann erfolgreich, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehe. Eine solche sei hier gerade nicht gegeben, weil allein die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie zum Erfolg des Klägers im Vorverfahren geführt habe. Das BSG habe in einem Urteil vom 25.3.2004 - B 12 KR 1/03 R - die Frage, ob ein Erfolg des Widerspruchs vorliege, wenn eine während des Widerspruchsverfahrens in Kraft getretene Gesetzesänderung zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führe, ausdrücklich offengelassen. Dieser Entscheidung habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem das Widerspruchsverfahren einvernehmlich geruht habe, um zu der mit dem Widerspruch aufgeworfenen Rechtsfrage höchstrichterliche Entscheidungen in Parallelverfahren abzuwarten. Das BSG habe die Auffassung vertreten, dass die Ursächlichkeit des Widerspruchs für den Erfolg in der Sache durch das einverständliche Abwarten und den günstigen Ausgang der Parallelverfahren ersetzt werde. Eine solche besondere Fallkonstellation sei bei einer bloßen Rechtsänderung aber nicht gegeben.

9

Die Beigeladene zu 1. beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.5.2009 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

10

Der Beklagte schließt sich dem Antrag der Beigeladenen zu 1. an.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er ist der Auffassung, § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X fordere keinen Kausalzusammenhang für die Erstattungspflicht der Behörde. Im Übrigen wäre der Widerspruch auch ohne die eingetretene Rechtsänderung erfolgreich gewesen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beigeladenen zu 1. ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht den Gerichtsbescheid des SG Hannover sowie den angefochtenen Bescheid des Beklagten aufgehoben. Der Beklagte ist verpflichtet, eine Kostengrundentscheidung zugunsten des Klägers für die Verfahren zu den AZ: BA 92/2001 und BA 11/2001 zu treffen und dabei auch die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

14

1. Die Klage unmittelbar gegen den Beschluss des Beklagten über die Kosten der Widerspruchsverfahren war zulässig. Eines vorausgehenden Vorverfahrens nach § 78 Abs 1 SGG bedurfte es nicht. Der Beklagte war als Behörde, die über den Widerspruch entschieden hat, auch für die Kostenentscheidung zuständig. Das hat zur Folge, dass ein Vorverfahren gegen die vom Berufungsausschuss zu treffende Kostenentscheidung nicht stattfindet (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 zur Kostenfestsetzungsentscheidung des Berufungsausschusses).

15

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, der auch im vertragsärztlichen Zulassungsrecht zur Anwendung kommt(vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 RdNr 16; BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 12; BSG SozR 4-1935 § 17 Nr 1 RdNr 13). Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Diese Voraussetzung war hier gegeben. Die Widersprüche des Klägers waren erfolgreich iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte die beantragte Sonderbedarfszulassung sowie die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis erteilt hat.

16

3. Dem Erfolg des Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X steht hier eine mangelnde Ursächlichkeit zwischen dem Widerspruch und den begünstigenden Entscheidungen nicht entgegen. Der Senat hält allerdings grundsätzlich daran fest, dass ein Widerspruch nicht immer schon dann erfolgreich ist, wenn zeitlich nach der Einlegung des Rechtsbehelfs eine den Widerspruchsführer begünstigende Entscheidung ergeht, sondern auch erforderlich ist, dass zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 5 RdNr 15; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 11; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34; BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 3 S 13). Eine solche Verknüpfung hat der 4. Senat des BSG in einer Entscheidung vom 21.7.1992 (SozR 3-1300 § 63 Nr 3) für einen Fall verneint, in dem durch eine nachträgliche Vorlage des Antragsvordrucks und einer Bescheinigung über die Staatsangehörigkeit im Widerspruchsverfahren die Voraussetzungen für die Berechtigung zur Nachentrichtung von Beiträgen nachgewiesen wurden. Dem hat sich der 12. Senat in einem zurückverweisenden Urteil vom 29.1.1998 angeschlossen (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34). In seiner abschließenden Entscheidung in dieser Sache hat der 12. Senat des BSG (Urteil vom 18.12.2001 - USK 2001-61 S 377) einen ursächlichen Zusammenhang abgelehnt, weil dem Widerspruch im Hinblick darauf stattgegeben worden war, dass der Widerspruchsführer ausstehende Beitragszahlungen geleistet hatte, nachdem die Krankenkasse wegen eines Beitragsrückstandes das Ende der Mitgliedschaft festgestellt hatte. In den entschiedenen Fällen beruhte die Stattgabe mithin allein darauf, dass der Widerspruchsführer während des Widerspruchsverfahrens eine Handlung nachgeholt hatte, die er zuvor pflichtwidrig unterlassen hatte. Das Verhalten der Widerspruchsführer, die erst im Widerspruchsverfahren die gebotene Handlung nachholten und dann die Erstattung der Vorverfahrenskosten verlangten, wurde als widersprüchlich angesehen (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 10). Der 5. Senat hat in einem Urteil vom 17.10.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 5) die Kausalität für den Fall verneint, dass bei einem unzulässigen Widerspruch gegen die fehlende Kostenentscheidung im Abhilfebescheid aufgrund einer Kostennote die geltend gemachten Beträge überwiesen wurden. Entgegen der Auffassung des LSG ist das Erfordernis der Kausalität nicht im Hinblick auf § 63 Abs 1 Satz 3 SGB X obsolet, weil diese Vorschrift nur die Höhe, nicht den Grund der Kostenentscheidung betrifft(vgl Becker in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: Juli 2010, K § 63 RdNr 28; Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 25; Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 80 RdNr 32). Eine mit den genannten Fallkonstellationen vergleichbare Situation ist hier indes nicht gegeben.

17

Es bedarf daher keiner abschließenden Bewertung, ob die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum zu § 80 VwVfG, wie das LSG meint, eine Frage nach der Kausalität des Widerspruchs ausschließen(hierfür sprechen zB BVerwG Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 12 und 25; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl 2010, § 80 RdNr 25 unter Hinweis auf zT widersprüchliche Entscheidungen; dagegen etwa Hamburgisches OVG, NVwZ-RR 1999, 706; Kallerhoff aaO § 80 RdNr 31) oder ob sie nur die Unmaßgeblichkeit der Widerspruchsbegründung betonen. Das BVerwG verfolgt jedenfalls auch einen kausalitätsbezogenen Ansatz, wenn es in einer neueren Entscheidung bei der Prüfung, ob die Behörde treuwidrig statt einer Abhilfeentscheidung nach § 72 VwGO eine Rücknahmeentscheidung nach § 48 VwVfG getroffen hat, darauf abstellt, ob das die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auslösende Ereignis im Verantwortungsbereich des Widerspruchsführers lag(BVerwGE 118, 84: Kriegsdienstverweigerungsantrag, der zwischen der Absendung des Einberufungsbescheides und der Zugangsfiktion gestellt worden ist).

18

4. Hier liegt die für den Anspruch nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X grundsätzlich erforderliche Kausalität zwischen Widerspruch und Erfolg im Widerspruchsverfahren vor. Wenn nämlich eine während des Widerspruchsverfahrens eingetretene Rechtsänderung zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führt, entfällt die erforderliche Ursächlichkeit im Rechtssinne grundsätzlich nicht (vgl hierzu bereits BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 11, wo die Frage aber nicht zu entscheiden war; Becker aaO K § 63 RdNr 27; Diering in: LPK-SGB X, 2. Aufl 2007, § 63 RdNr 5 f). Ob dies auch für den Fall eines ursprünglich offensichtlich unbegründeten Widerspruchs gilt, muss der Senat nicht entscheiden; eine solche Konstellation liegt nicht vor (zum offensichtlich unzulässigen Widerspruch vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 5). Deshalb kann hier offen bleiben, ob der Widerspruch des Klägers nicht auch ohne die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie zum 1.7.2002 Erfolg gehabt hätte.

19

Wenn und soweit der Widerspruchsführer im Verfahren von einer Rechtsänderung zu seinen Gunsten profitiert, ist neben dieser Änderung auch der Widerspruch ursächlich für den Erfolg iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Durch seinen Widerspruch hat der Widerspruchsführer die Bestandskraft der ablehnenden Verwaltungsentscheidung verhindert, die allein durch die Rechtsänderung nicht entfallen wäre. Eine ähnliche Wertung liegt dem Urteil des 12. Senats des BSG vom 25.3.2004 zu Grunde. In dem entschiedenen Fall hatte das Widerspruchsverfahren einvernehmlich geruht, um zu der mit dem Widerspruch aufgeworfenen Frage höchstrichterliche Entscheidungen in Parallelverfahren mit Blick darauf abzuwarten, ob diese Verfahren zugunsten des Widerspruchsführers ausgingen (SozR 4-1300 § 63 Nr 1 = SGb 2004, 776 mit zustimmender Anmerkung von Ruppelt). In beiden Fällen setzte sich der Widerspruchsführer mit seinem Begehren im Ergebnis aus Rechtsgründen durch. Dabei ist grundsätzlich nicht von Belang, welche rechtlichen Erwägungen zur stattgebenden Entscheidung im Widerspruchsverfahren geführt haben (vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 34). Der Erfolg eines Widerspruchs bemisst sich nicht daran, ob der Argumentation des Widerspruchsführers gefolgt wurde. Einer Kausalität zwischen Widerspruchsbegründung und der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes bedarf es nicht. Auch wenn dem Widerspruch aus vom Widerspruchsführer nicht vorgetragenen Gründen stattgegeben wird, ist er erfolgreich gewesen, wenn der Abhilfe eine vom Ausgangsbescheid abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde liegt (vgl Krasney in Kasseler Kommentar, Stand: Januar 2009, § 63 SGB X RdNr 5).

20

Dem LSG ist insofern zuzustimmen, als dem Wortlaut des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X keine Einschränkung hinsichtlich der Gründe für die stattgebende Entscheidung zu entnehmen ist. Im Gesetzgebungsverfahren zu § 80 VwVfG, dem § 63 SGB X nachgebildet ist(vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 8/2034 S 36 zu § 61 des Entwurfs), wurde erörtert, ob eine Kostenerstattungspflicht dann entfallen soll, wenn dem Widerspruch nicht wegen Rechtswidrigkeit, sondern wegen Unzweckmäßigkeit des angefochtenen Bescheides stattgegeben wird (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 7/910 S 92). Eine unterschiedliche Beurteilung dieser Fälle wurde abgelehnt, um das Kostenverfahren nicht mit schwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen zu belasten. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides soll mithin nicht nach Abschluss des Verfahrens im anschließenden Kostenverfahren überprüft werden müssen. Das erscheint auch deshalb sinnvoll, weil im Rahmen des § 63 SGB X eine gebundene Entscheidung und nicht wie bei § 193 SGG eine Ermessensentscheidung getroffen wird.

21

Für die Auffassung, dass eine Rechtsänderung zu Gunsten des Widerspruchsführers die Kausalität des Widerspruchs für dessen Erfolg nicht entfallen lässt, spricht schließlich, dass die ua von der Beigeladenen zu 1. vertretene Gegenauffassung (zumindest) in zwei Konstellationen wohl kaum zur Anwendung kommen könnte. Das betrifft zum einen Fälle, in denen alles dafür spricht, dass der Widerspruch auch ohne die Rechtsänderung Erfolg gehabt hätte, etwa weil die Auffassung der Ausgangsbehörde der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprochen hat, der dann im Laufe des Widerspruchsverfahrens durch eine gesetzliche Klarstellung Rechnung getragen worden ist. Wollte man auch insoweit die Kausalität des Widerspruchs für den Erfolg allein mit Hinweis auf die Rechtsänderung verneinen, hätte der Widerspruchsführer als Folge dieser Änderung einen ursprünglich begründeten Erstattungsanspruch nach § 63 Abs 1 SGB X verloren. Er müsste dann Anwaltskosten in unter Umständen erheblicher Höhe selbst tragen, obwohl er bei Beauftragung des Anwalts sicher davon ausgehen konnte, mit diesen Kosten nicht belastet zu werden.

22

Vergleichbare Wertungsprobleme ergäben sich in Konstellationen, in denen sich der Widerspruchsführer unter Umständen parallel zum eigenen Widerspruchsverfahren im politischen Raum um eine Änderung oder auch nur Klarstellung der Rechtslage (auch) zu seinen Gunsten bemüht. Wenn er damit Erfolg hat, wäre schwer begründbar, dass dieser Erfolg mit dem Ausschluss des Erstattungsanspruchs nach § 63 Abs 1 SGB X selbst dann erkauft werden müsste, wenn im Widerspruchsverfahren und im politischen Raum übereinstimmende Gesichtspunkte angeführt wurden.

23

Der Verwaltungsträger wird dadurch auch nicht in unbilliger Weise trotz rechtmäßigen Verhaltens mit Kosten belastet. Zum einen soll aus Gründen der Verfahrensökonomie die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung im Kostenverfahren nicht mehr überprüft werden. Für die Leistungs- und Verpflichtungsklage wäre ohnehin der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblich (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 34 mwN). Zum anderen hat der Widerspruchsführer seinerseits von einem ihm zustehenden Rechtsbehelf zur Wahrung seiner Rechte Gebrauch gemacht. Er kann nicht darauf verwiesen werden, dass er auch dadurch seinem Begehren zum Erfolg hätte verhelfen können, dass er nach Eintritt der Rechtsänderung einen neuen Antrag gestellt hätte. Im Fall der Rechtsänderung während des Vorverfahrens zugunsten des Widerspruchsführers liegt der Grund für den Erfolg des Widerspruchs außerhalb der Rechtskreise der Beteiligten allein in der Sphäre des Normgebers. Dessen Tun steht aber, insbesondere im Fall der Bedarfsplanungs-Richtlinie, der Sphäre des Verwaltungsträgers näher als der des Widerspruchsführers. Das Risiko einer Änderung der Rechtslage ist mithin ebenso wie eine Änderung der Rechtsprechung regelmäßig dem Verwaltungsträger zuzurechnen.

24

5. Das LSG hat auch zutreffend entschieden, dass der Kläger beanspruchen kann, dass der Beklagte die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts für das Rechtsbehelfsverfahren feststellt, § 63 Abs 2 iVm Abs 3 Satz 2 SGB X. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ist danach zu beurteilen, ob der Widerspruchsführer es für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19). Das ist in Verfahren, in denen es um die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung geht, in der Regel der Fall.

25

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und § 162 Abs 3 iVm § 154 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3 RdNr 16).

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.