Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 16. Dez. 2011 - 4 U 148/11

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2011:1216.4U148.11.0A
bei uns veröffentlicht am16.12.2011

I.

1

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Nr. 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

2

Die Berufung ist offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

1.

3

Der klagende Verband ist klagebefugt. Er ist nach § 1 Nr. 4 der Unterlassungsklageverordnung vom 03.07.2002 als Wettbewerbsverband i. S. d. Vorschriften des Unterlassungsklagegesetzes anerkannt. Er ist in einer Vielzahl von Prozessen als klagebefugt angesehen worden (vgl. z. B. BGH WRP 2008, 1513; 2044, 1074; Senat, Hinweisbeschluss vom 20.12.2007 – 4 U 104/07 –; 16.03.2010 – 4 U 146/09 –, jeweils m. w. N.).

2.

4

Die durch das erstinstanzliche Urteil verbotene Werbung verstößt gegen Art. 10 Abs. 1 Abs. 2 a, Art. 5 Abs. 1 a, Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über Nährwert und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (sog. Health-Claims, abgekürzt HCV). Daneben verstößt die Werbung auch gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB. Beide Vorschriften sind Marktverhaltensregeln (BGH WRP 2008, 1514 zu den Bestimmungen des LFGB; Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG 28. Aufl. § 4 Rdnr. 11, 136 m. w. N.; Meyer WRP 2008/596), wobei vorrangig die Regeln der HCV gelten (Hefermehl/Köhler/Bornkamm a. a. O.; Meyer a. a. O.). Bezüglich der Produkte „V…-W… A… A… Effect-Kapseln“ und „V…-W… A… Activ-Effect, kalorienarmer Drink“ verstößt die Werbung zudem gegen § 6 NKV. Bei dieser Vorschrift handelt es sich ebenfalls um eine Marktverhaltensregel.

5

Nach Art. 3 HCV dürfen gesundheitsbezogene Angaben bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln nur verwendet werden, wenn sie der genannten Verordnung entsprechen. Nach Art. 5 Abs. 1 a HCV ist die Verwendung gesundheitsbezogener Angaben nur zulässig, wenn anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse nachgewiesen ist, dass das Vorhandensein des Nährstoffes oder der anderen Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, in einem Lebensmittel oder einer Kategorie von Lebensmitteln eine positive ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung hat. Nach Art. 10 Abs. 1 HCV sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie den Anforderungen der vorgenannten Vorschrift nicht entsprechen. Die Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Dezember 2008 wurde nach Nr. 1 der Erwägungsgründe beschlossen, weil zunehmend Lebensmittel in der Gemeinschaft mit nährwerts- und gesundheitsbezogenen Angaben gekennzeichnet und mit diesen Angaben für sie Werbung gemacht wird. Um dem Verbraucher ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten und um ihm die Wahl zu erleichtern, müssen die im Handel befindlichen Produkte sicher sein und eine angemessene Kennzeichnung aufweisen. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NKV (Verordnung über nährwertbezogene Angaben bei Lebensmitteln und die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln) ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen zu verwenden, die darauf hindeuten, dass ein Lebensmittel schlankmachende, schlankheitsfördernde oder gewichtsverringernde Eigenschaften besitzt, vorausgesetzt, dass die Angaben irreführend sind (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 01.07.2008 – 6 U 14/08 - bei Juris). Die von der Verfügungsbeklagten vertriebenen Produkte „V…-W… A… A… Effect-Kapseln“ und „V…-W… A… Activ-Effect, kalorienarmer Drink“ sind Nahrungsergänzungsmittel, welche den vorgenannten Vorschriften unterfallen. Soweit die übrigen Produkte („V... - W... F… A… Diät Fix und Fertig Shakes“, „V... - W... F… U… Schlank-Shake“, „V... - W...F… A… Diät-Creme-Suppen“ und „V... - W...F… A… Diätshake“) angeblich Diätmittel i. S. v. § 14 a der DiätV sind, gilt für sie lediglich § 6 Abs. 1 Satz 1 NKV nicht. Diese Mittel unterfallen aber ebenfalls den Bestimmungen der HCV und des LFGB und dürfen daher nicht irreführend sein (vgl. auch BGH, Urteil vom 02.10.2008 – I ZR 220/05 - bei Juris).

3.

6

Der Verfügungskläger hat vorgetragen, dass die Wirksamkeit der von der Verfügungsbeklagten in der Fernsehwerbesendung am 30. März 2011 beworbenen Produkte wissenschaftlich nicht nachgewiesen sei, weil hinreichende wissenschaftliche Erkenntnisse nicht vorliegen würden. Damit hat der Verfügungskläger einen Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG schlüssig dargelegt. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist es nicht Sache des Verfügungsklägers darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Produkte die behaupteten Wirkungen nicht hätten, sondern Sache der Verfügungsbeklagten - abweichend von dem Grundsatz, dass im Wettbewerbsprozess grundsätzlich der Kläger die Unrichtigkeit einer beanstandeten Werbeaussage nachzuweisen hat - die Wirksamkeit des beworbenen Mittels glaubhaft zu machen hat. Das entspricht der herrschenden Meinung (vgl. auch BGH, Urteile vom 21.01.2010 - I ZR 27/07 -; GRUR 2002, 182; Senat, Hinweisbeschluss vom 16.03.2010, a. a. O.). Es entspricht auch dem Europäischen Verbraucherleitbild, dass überall dort, wo in der Werbung die Gesundheit ins Spiel gebracht wird, besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit und Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen sind, wie aus auch dem Erwägungsgrund Nr. 16 der HCV entspricht (vgl. dazu auch OLG Köln, Urteil vom 12.10.2007 - 6 U 56/07 - bei Juris).

4.

7

Die Verfügungsbeklagte hat nicht nachgewiesen, dass ihre Werbeaussagen wissenschaftlich gesichert sind.

8

In dem angefochtenen Urteil ist für den Senat bindend (§ 314 ZPO) festgestellt, dass sich die im Tatbestand genannten Werbeaussagen auf alle dort aufgeführten Produkte („diese Produkte“) bezog, sodass die Verfügungsbeklagte nicht damit gehört werden kann, die Werbeaussagen bezögen sich auf unterschiedliche Produkte.

9

Die Verfügungsbeklagte hat nicht glaubhaft gemacht, dass die in den Werbeaussagen behaupteten Wirkungen wissenschaftlich nachgewiesen sind.

10

Im Einzelnen gilt:

11

4.1. Aussage Nr. 1:

12

„…Das heißt für Sie natürlich, mit S… X… kann die Fettzelle stimuliert werden. Und somit kann natürlich auch der Abbau von Körperfett unterstützt werden. Es werden fettabbauende Enzyme freigesetzt. Und zusätzlich werden hier die Nahrungsfette gebunden.“

13

Diese Aussage suggeriert, dass der Wirkstoff S… X… den Abbau von Körperfett unterstütze und zusätzlich Nahrungsfette binde. Der von der Verfügungsbeklagten vorgelegte (übersetzte) Auszug eines (englischsprachigen) Aufsatzes des Dr. D… in der Zeitschrift Phytomedicine ergibt keinen ausreichenden wissenschaftlichen Nachweis der beworbenen Wirkung. Der Wirksamkeitsnachweis kann nur durch die Vorlage von Studien erbracht werden, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sind, wobei nicht erforderlich ist, dass die Wirksamkeit als solche in der Fachwelt allgemeinanerkannt und unumstritten ist. Eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist, kann genügen (BGH, Urteil vom 02.10.2008 - I ZR 51/06 -). Wie sich aus dem vom Verfügungskläger vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Dr. G… vom 27. Januar 1992 ergibt, ist eine Untersuchung über die Wirksamkeit von Diätmitteln aber wirkungslos, wenn nicht die Bedingungen mitgeteilt werden, unter denen die Diät durchgeführt wurde und die Versagerquote genannt wird. Dem (übersetzten), von der Verfügungsbeklagten vorgelegten Auszug des Aufsatzes von Dr. Dallas ist nicht zu entnehmen, nach welchen wissenschaftlichen Standards die „klinische Studie“ durchgeführt wurde. Darin wird mitgeteilt, dass zwei Gruppen von jeweils 10 übergewichtigen) Probanten gebildet wurden, die 4 und 12 Wochen mit (einer bestimmten Dosis) S… supplementiert wurden oder ein Placebo erhielten: In der „S…-Gruppe“ habe sich das Körperfett signifikant um bestimmte Prozentzahlen nach 4 bzw. 12 Wochen reduziert; entsprechend habe sich das Körpergewicht signifikant um (bestimmte) Kilogramm nach 4 bis 12 Wochen verringert. Diesen pauschalen Angaben lässt sich nicht entnehmen, wie die Studie im Einzelnen durchgeführt wurde, sodass sie nicht einen Nachweis erbringt, dass sie nach anerkannten, wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde.

14

Der Verfügungsbeklagten kann auch nicht gefolgt werden, dass sich ein Teil der Werbeaussage, wonach Nahrungsfette gebunden werden, lediglich auf den weiteren Inhaltsstoff „N…“ bezogen habe, welcher bei dem Interview zuvor genannt wurde.

15

Der Gesamttext der Interviewantwort der Produktpromotorin der Verfügungsbeklagten lautete:

16

„Lassen Sie uns in eine Vorschau gehen! Noch gar nicht präsentiert heute, und das ist die Überraschung des heutigen Tages. Das ist so ein doppler Spezialeffekt, so eine Synergie mit dem wahnsinnigen Inhaltsstoff S… und N…. Das heißt für Sie natürlich, mit S… X… kann die Fettzelle stimuliert werden. Und somit kann natürlich auch der Abbau von Körperfett unterstützt werden. Es werden fettabbauende Enzyme freigesetzt. Und zusätzlich werden die Nahrungsfette gebunden.“

17

Der Aufbau des Textes ergibt eindeutig, dass sich die in der Werbeantwort beworbenen Wirkungen zumindest auch - wenn nicht sogar in erster Linie - auf den Wirkstoff S… X… bezogen, weil bezüglich der Wirkungsweise nicht zwischen den einzelnen Wirkstoffen unterschieden wurde.

18

4.2. Aussage Nr. 2

19

„hier haben Sie mit fünf Mahlzeiten eine kalorienreduzierte Ernährung, wo wir aber auch die Muskelmasse schonen, schützen, wo wir keinen Muskelverlust haben, wo wir aber durch dieses schöne Konzept Gewicht verlieren können.“

20

Die Aussage suggeriert, dass die Produkte zu einer Gewichtsreduzierung ohne Muskelverlust führen. Dass eine solche Wirkungsweise hinreichend wissenschaftlich nachgewiesen ist, hat die Verfügungsbeklagte weder dargetan, noch glaubhaft gemacht.

21

4.3. Aussage Nr. 3 und 4

22

„Sie haben gar nicht das Gefühl, dass Sie in irgendeiner Art und Weise hier jetzt auf irgendetwas verzichten müssen.“

23

und

24

„Das ist auch besonders hilfreich natürlich bei ‘ner Diät. Sie müssen hier auf nichts verzichten.“

25

Die Werbeaussagen machen den Verbraucher glauben, dass mit den von der Verfügungsbeklagten geworbenen Produkten eine Gewichtsreduzierung möglich sei, die nicht von Appetit- oder Hungergefühlen begleitet sei. Die Beklagte hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass eine solche Wirkungsweise hinreichend wissenschaftlich nachgewiesen ist. Aus dem von dem Verfügungskläger vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Dr. G… vom 27. Januar 1992 ergibt sich, dass solche Gefühle grundsätzlich bei jeder Einhaltung einer Diät zum Gewichtabnehmen auftreten.

26

4.4. Aussage Nr. 6

27

„normalerweise ist das ja so, wenn man irgendwie ‘ne Diät macht, hört man dann immer: Menschenskind! Da wird der Stoffwechsel runter gefahren. Dann liegt das alles brach. Und wenn ich dann irgendwann wieder anfange, mich normal zu ernähren, dann setze ich doppelt an. Hier habe ich aber auch noch diese Unterstützung, weil eben der Stoffwechsel weiterhin komplett aktiv ist.“

28

Die Aussage suggeriert, dass der - wie auch dem Senat bekannt ist - bei Gewichtsreduktionen typischerweise auftretende Jo-Jo-Effekt bei Anwendung der von der Verfügungsbeklagten beworbenen Produkte zumindest gemildert werde. Die Verfügungsbeklagte hat nicht nachgewiesen, dass eine solche Wirkungsweise wissenschaftlich erwiesen ist.

29

4.5. Aussage Nr. 5 und 7

30

„Dadurch, dass wir natürlich jetzt hier wirklich ein hochwertiges Eiweiß integriert haben, geht er nicht an die Muskelmasse. Das heißt, wir verbrennen dementsprechend mehr Fett, weil wir einfach weniger Kalorien zuführen. Sind aber trotzdem nicht aggressiv, sind trotzdem entspannt den ganzen Tag über. Fallen nicht in so 'n Tief. Das ist sehr wichtig. Und schmeißen nicht alle guten Vorsätze wieder über den Haufen.“

31

und

32

„Sie fallen nicht in ein Stoffwechselloch, in dieses Tief hinein, sondern Sie bleiben aktiv. Die Leistungsfähigkeit bleibt erhalten.“

33

Die Aussagen suggerieren, dass durch Einnahme der von der Verfügungsbeklagten beworbenen Produkte eine Gewichtsreduktion möglich sei, ohne negative, subjektive Begleitempfindungen. Dass eine solche Wirkungsweise wissenschaftlich hinreichend nachgewiesen ist, hat die Verfügungsbeklagte weder dargetan noch glaubhaft gemacht. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. G… vom 27. Januar 1992 ergibt sich, dass typische Begleiterscheinungen einer Gewichtsreduktion Reizbarkeit, depressive Verstimmungen, Schwindel und Schwäche sind.

34

4.6. Aussage Nr. 8

35

„Dann haben wir noch Guarana-Extrakt dabei. Das ist ein ganz anregender Wirkstoff. Dadurch wird Ihr Stoffwechsel angeheizt, ganz besonders der Fettstoffwechsel. Sie können dadurch noch zusätzlich Fett verbrennen und abnehmen.“

36

Auch insoweit hat die Verfügungsbeklagte nicht dargetan, dass die beworbenen Wirkungen hinreichend wissenschaftlich nachgewiesen sind.

II.

37

Einer etwa beabsichtigten Stellungnahme wird bis 16. Januar 2012 entgegengesehen.

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1 Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechu

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Es ist verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein oder im Einzelfall dafür zu werben.

(2) Es ist ferner verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, an andere Lebensmittelunternehmer zu liefern.

(3) Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 gelten nicht für nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9; L 12 vom 18.1.2007, S. 3, L 86 vom 28.3.2008, S. 34, L 198 vom 30.7.2009, S. 87; L 160 vom 12.6.2013, S. 15), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 (ABl. L 310 vom 9.11.2012, S. 36) geändert worden ist, zugelassene Angaben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 220/05 Verkündet am:
2. Oktober 2008
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
MobilPlus-Kapseln
Ein Nährstoffbedarf ist bereits dann medizinisch bedingt, wenn die an bestimmten
Beschwerden, Krankheiten oder Störungen leidenden Personen einen besonderen
Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter Nährstoffe ziehen
können.
BGH, Urt. v. 2. Oktober 2008 - I ZR 220/05 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. November 2005 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagten das Inverkehrbringen des Mittels "A. MobilPlus-Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) untersagt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., dem unter anderem eine Vielzahl von Unternehmen aus der Arzneimittelbranche angehört, macht gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit dem Ver- trieb von "A. MobilPlus-Kapseln" (im Folgenden: MobilPlus-Kapseln) als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) und der Werbung hierfür sowie einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten geltend.
2
Die Beklagte bewarb in der Zeitschrift "R. ", Ausgabe 6/2002, auf Seite 12 (Anlage K 4) die von ihr vertriebenen MobilPlus-Kapseln mit den Aussagen "Rheuma? Arthrose? Entzündete Gelenke? MobilPlus-Kapseln mit EPA + Rheumadiät helfen!". Das Mittel wird auf der Umverpackung und in der Gebrauchsanweisung als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke bezeichnet. Eine Kapsel enthält 0,5 g Omega-3-Fettsäuren, darunter 0,3 g Eicosapentaensäure (im Folgenden: EPA) und 15 mg Vitamin E.
3
Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juli 2002 (Anlage K 9) ab. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zunächst ab.
4
Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2003 gab die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, in der sie sich verpflichtete, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel MobilPlus-Kapseln mit folgender Gebrauchsanweisung zu werben: "In den ersten vier Wochen täglich drei Kapseln. Anschließend reicht eine Kapsel pro Tag." Ferner teilte sie mit, dass die Gebrauchsanweisung künftig laute: "Täglich drei Kapseln im Rahmen einer fleischarmen Diät mit etwas Flüssigkeit einnehmen."
5
Der Kläger hat beantragt, der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr 1. das Mittel "A. MobilPlus-Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) in den Verkehr zu bringen, 2. für das Mittel "A. MobilPlus-Kapseln" zu werben: "Rheuma? Arthrose? Entzündete Gelenke? MobilPlus-Kapseln mit EPA + Rheumadiät helfen", sofern dies geschieht wie in der Werbeanzeige im "R. ", Heft 6/2002, Seite 12. Ferner hat er die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Abmahn6 kosten in Höhe von 139,20 € nebst Zinsen begehrt.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
8
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG München GRUR-RR 2006, 139 = ZLR 2006, 77). Das Berufungsgericht hat den Unterlassungstenor zu I 1 nach Maßgabe des in der Berufungsinstanz geänderten Klagebegehrens des Klägers dahingehend gefasst, dass der Beklagten nunmehr untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr das Mittel "A. MobilPlus-Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) in den Verkehr zu bringen, sofern dies gemäß den im Tenor des Berufungsurteils wiedergegebenen Abbildungen der Umverpackung und der Gebrauchsanweisung geschieht, hinsichtlich der Einnahmeempfehlung sowohl auf der Umverpackung als auch auf der Gebrauchsanweisung mit der Maßgabe, dass eine Einnahme im Umfang von täglich drei Kapseln im Rahmen einer fleischarmen Diät empfohlen wird.
9
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB, § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV zu. Der Unterlassungsanspruch nach dem Klageantrag zu 2 sei aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB begründet. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folge aus § 683 Satz 1, §§ 677, 670 BGB. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Die Bezeichnung "diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)" sei für das Mittel "MobilPlus-Kapseln" irreführend (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB). Denn der Beklagten sei der ihr obliegende Beweis nicht gelungen, dass das genannte Mittel die Voraussetzungen eines diätetischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät ) gemäß § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV erfülle. Der Sachverständige Prof. Dr. H. habe nachvollziehbar dargelegt, dass Personen, die an entzündlichen Gelenkerkrankungen wie Rheuma und Arthrose litten, keinen ausreichend gesicherten medizinisch bedingten, von den allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweichenden Bedarf an den Nährstoffen hätten, die in dem Mittel "MobilPlus-Kapseln" enthalten seien.
12
Die beanstandete Werbung (Anlage K 4) mit dem Text "Rheuma? Arthrose ? Entzündete Gelenke? MobilPlus-Kapseln mit EPA + Rheumadiät helfen" enthalte krankheitsbezogene Werbeaussagen i.S. von § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG a.F.). Nach § 3 Abs. 1 DiätV gelte abweichend von § 12 Abs. 2 Nr. 2 LFGB18 Abs. 2 Satz 2 LMBG a.F.) das Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG a.F.) auch für diätetische Lebensmittel. Die Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 2 DiätV, nach der krankheitsbezogene Werbeaussagen für diätetische Lebensmittel in bestimmten, erschöpfend aufgeführten Fällen zulässig seien, sei im Streitfall nicht einschlägig. Soweit in § 3 Abs. 2 Nr. 4 lit. f DiätV Gicht genannt werde, rechtfertige diese Bestimmung die beanstandete Werbung schon deshalb nicht, weil die Werbung nicht die nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 lit. f DiätV zulässige Formulierung "zur besonderen Ernährung bei Gicht im Rahmen eines Diätplanes" verwende. Im Streitfall könne offenbleiben, ob bei bilanzierten Diäten, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV erfüllten, im Hinblick auf die Kennzeichnungsvorschrift des § 21 DiätV - unbeschadet des § 3 DiätV - eine krankheitsbezogene Werbung für bilanzierte Diäten zulässig sei, da der Beklagten der ihr obliegende Beweis nicht gelungen sei, dass bei dem Produkt "MobilPlus-Kapseln" die Voraussetzungen für ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) gemäß § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV vorlägen.
13
II. Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. Sie führt hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung des Inverkehrbringens nach dem Urteilstenor zu I 1 zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (dazu unten 1.). Soweit die Beklagte zur Unterlassung der beanstandeten Werbung und zur Zahlung der Abmahnkosten verurteilt worden ist, bleibt die Revision ohne Erfolg (dazu unten 2.).
14
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bezeichnung "diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)" für die "MobilPlus-Kapseln" der Beklagten sei irreführend i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB, weil der Beklagten nicht der ihr obliegende Beweis gelungen sei, dass ihr Mittel die Voraussetzungen einer bilanzierten Diät nach § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV erfülle. Die Revision rügt mit Recht, dass die bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Annahme einer Irreführung durch die Bezeichnung des Mittels als bilanzierte Diät nicht tragen.
15
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 LFGB, § 1 UWG a.F. i.V. mit § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 lit. b LMBG zusteht, wenn die "MobilPlus-Kapseln" der Beklagten nicht die Anforderungen an eine bilanzierte Diät nach § 1 Abs. 4a, § 14b DiätV erfüllen. Bei den Vorschriften der § 11 LFGB, § 17 LMBG über irreführende Werbung handelt es sich um Marktverhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. (vgl. zu § 17 LMBG BGH, Urt. v. 3.4.2003 - I ZR 203/00, GRUR 2003, 631, 632 = WRP 2003, 883 - L-Glutamin). Die Bezeichnung eines Mittels als bilanzierte Diät ist irreführend im Sinne der genannten Vorschriften, wenn dieses Mittel nicht die Voraussetzungen eines diätetischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke nach § 1 Abs. 4a, § 14b DiätV erfüllt.
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b) Nach § 1 Abs. 4a Satz 1 DiätV sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen entweder der Ernährung von Patienten, bei denen die Aufnahme oder Verarbeitung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe aus bestimmten, in § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 1 DiätV angeführten Gründen beeinträchtigt ist, oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen (§ 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 DiätV). Ein Nährstoffbedarf ist, wie sich aus § 1 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 und 2 DiätV ergibt, dann medizinisch bedingt, wenn bestimmte Beschwerden, Krankheiten oder Störungen vorliegen, die einen besonderen Ernährungsbedarf zur Folge haben. Der besondere Ernährungsbedarf kann darin bestehen, dass die Patienten aufgrund der Beschwerden , Krankheiten oder Störungen, insbesondere aus den in § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 1 DiätV genannten Gründen, unterernährt sind. Ein Nährstoffbedarf ist aber auch dann medizinisch bedingt (§ 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 DiätV), wenn auf- grund der Beschwerden, Krankheiten oder Störungen sonstige besondere Ernährungserfordernisse bestehen, denen mit einer diesen Erfordernissen angepassten Nährstoffformulierung entsprochen werden kann (vgl. auch Erwägungsgrund 1 der Richtlinie 1999/21/EG der Kommission v. 25. März 1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, ABl. EG Nr. L 091 v. 7.4.1999, S. 29). Das kann, wie § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b DiätV zu entnehmen ist, bereits dann der Fall sein, wenn die an den bestimmten Beschwerden, Krankheiten oder Störungen leidenden Personen einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter Nährstoffe ziehen können.
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Eine bilanzierte Diät dient i.S. von § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV der Ernährung von Patienten mit einem speziellen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, wenn sie zur Deckung dieses Bedarfs bestimmt ist und sich, wie sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 DiätV ergibt, auch für diesen Ernährungszweck eignet (vgl. Rathke/Gründig in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand der Kommentierung: 1. März 2007, § 1 DiätV Rdn. 89a). Nach § 14b Abs. 1 Satz 1 DiätV muss die Herstellung von bilanzierten Diäten auf vernünftigen medizinischen und diätetischen Grundsätzen beruhen. Bilanzierte Diäten müssen sich gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen entsprechen, für die sie bestimmt sind (§ 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, die Beklagte als Herstellerin und Vertreiberin des als bilanzierte Diät beworbenen Mittels darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Die Diätverordnung enthält zwar keine ausdrücklichen Regelungen darüber, welchen Anforderungen an den Nachweis der Wirksamkeit i.S. von § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV zu stellen sind und wer den Nachweis zu führen hat. Der nationale Verordnungsgeber hat davon abgesehen, den insoweit in Art. 3 Satz 2 der Richtlinie 1999/21/EG enthaltenen Zusatz, dass die Wirksamkeit durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist, in die Diätverordnung zu übernehmen. Diese Klarstellung ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Auslegung von § 14b Abs. 1, § 1 Abs. 4a DiätV ergänzend heranzuziehen (vgl. Herrmann, Rechtliche Problemstellungen bei ergänzenden bilanzierten Diäten in arzneitypischer Darreichungsform, 2008, S. 253 f. m.w.N.). Daraus folgt zum einen, dass an den Nachweis der Wirksamkeit einer bilanzierten Diät grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen sind als an die wissenschaftliche Absicherung einer sonstigen gesundheitsbezogenen Wirkungsbehauptung. Zum anderen ist dieser Regelung zu entnehmen , dass derjenige, der die bilanzierte Diät herstellt und vertreibt, grundsätzlich ihre Wirksamkeit i.S. von Art. 3 Satz 2 der Richtlinie 1999/21/EG (§ 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV) darzulegen und zu beweisen hat.
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c) Das Berufungsgericht hat seine Annahme, dass Personen, die an entzündlichen Gelenkerkrankungen wie Rheuma und Arthrose litten, keinen ausreichend gesicherten medizinisch bedingten, von den allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweichenden Nährstoffbedarf an den Stoffen hätten, die in dem Mittel "MobilPlus-Kapseln" enthalten seien, im wesentlichen auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. gestützt. Die Revision beanstandet zu Recht, dass sich weder den Ausführungen des Berufungsgerichts noch den von ihm in Bezug genommenen Darlegungen des Sachverständigen hinreichend entnehmen lässt, ob bei Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen schon kein durch dieses Leiden bedingter besonderer Nährstoffbedarf besteht oder ob ein solcher Bedarf zwar gegeben ist, das Mittel der Beklagten jedoch nicht der Deckung dieses Bedarfs i.S. des § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 DiätV dient, weil seine Wirksamkeit und Erforderlichkeit zur Erreichung des angegebenen Ernährungszwecks nicht hinreichend nachgewiesen ist.
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aa) Die Beklagte hat geltend gemacht, bei Rheuma- und Arthrosepatienten bestehe ein erhöhter Bedarf an EPA. Sie hat dies damit begründet, dass mit der üblichen Ernährung in großen Mengen die Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure aufgenommen werde, die die Bereitschaft des Organismus zur Entwicklung und Unterhaltung von Entzündungen fördere. Dagegen bestehe in der Ernährung ein relativer Mangel an Omega-3-Fettsäuren wie beispielsweise EPA. Diese besäßen entzündungs- und schmerzhemmende Eigenschaften. EPA sei in der Lage, die Arachidonsäure im Körper zu "verdrängen", so dass bei einer ausreichenden Aufnahme von EPA die entzündungs- und schmerzfördernde Wirkung der Arachidonsäure verringert werde. Es bestehe ein Missverhältnis in der Bilanz des Verzehrs entzündungsfördernder und entzündungshemmender Nährstoffe. Daraus entstehe ein erhöhter Verzehrbedarf an entzündungshemmenden Nährstoffen bei gleichzeitiger Verringerung des Verzehrs entzündungsfördernder Nährstoffe.
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bb) Da das Berufungsgericht zur Aufnahme von Omega-3- und Omega6 -Fettsäuren mit der normalen Ernährung sowie zur entzündungshemmenden bzw. entzündungsfördernden Wirkung dieser Stoffe keine gegenteiligen Feststellungen getroffen hat, ist für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz insoweit von dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten auszugehen. Danach kann ein sonstiger medizinisch bedingter Bedarf an den in dem Mittel der Beklagten enthaltenen Nährstoffen nicht verneint werden. Denn für die Annahme eines solchen Bedarfs genügt es, dass Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen aufgrund ihres Leidens einen erhöhten Bedarf an der Zufuhr von Nährstoffen mit entzündungshemmender Wirkung haben.
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cc) Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann die grundsätzliche Eignung der in dem Mittel der Beklagten enthaltenen Nährstoffe, diesen besonderen Bedarf zu decken, nicht verneint werden. Der Sachverständige Prof.
Dr. H. , dessen Darlegungen zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren das Berufungsgericht gefolgt ist, hat sich insbesondere auf eine Metaanalyse der anerkannten US-amerikanischen Agency for Health Research and Quality aus dem Jahre 2004 zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei Erkrankungen mit rheumatoider Arthritis gestützt. Diese Analyse enthält die Feststellung, dass Omega-3-Fettsäuren bei Patienten mit rheumatoider Arthritis zu einer Senkung des Bedarfs an antientzündlichen Medikamenten führen. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht insoweit eingeräumt, dass gewisse Effekte nachweisbar sein mögen; eine wissenschaftliche Notwendigkeit zur Verabreichung der entsprechenden Stoffe existiere aber nicht. Zu der Studie von Prof. Dr. A. aus dem Jahre 2003, die, wie die Revision geltend macht, eine Einsparung von Medikamenten von ca. 20% bis 25% belegt, hat der Sachverständige Prof. Dr. H. ausgeführt, er habe an dieser Studie keine Zweifel. Bereits in seiner ergänzenden schriftlichen Stellungsnahme vom 2. November 2005 hatte der Sachverständige in seiner zusammenfassenden Bewertung darauf hingewiesen, dass in randomisierten kontrollierten klinischen Studien an kleineren, heterogenen Patientengruppen Omega-3-Fettsäuren in Dosierungen zwischen 0,8 und 4,6 g am Tag die periartikulären Weichteilbeschwerden signifikant mildern und den Bedarf an Glukokortikoiden verringern.
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Kommt den in dem Mittel der Beklagten enthaltenen Omega-3-Fettsäuren - und demzufolge diesem Mittel insgesamt - gleichfalls die Wirkung zu, dass ihre Aufnahme durch Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen eine Verringerung des Bedarfs an antientzündlichen Medikamenten zur Folge hat, dann dienen sie der Deckung eines sonstigen medizinischen Nährstoffbedarfs i.S. von § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 DiätV. Denn in der Verringerung des Bedarfs an antientzündlichen Medikamenten liegt ein besonderer Nutzen (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b DiätV), den an entzündlichen Gelenkerkrankungen leiden- de Patienten aus der Aufnahme der genannten Nährstoffe ziehen können. Dies genügt für die Annahme, dass das Mittel der Beklagten für einen medizinisch bedingten Ernährungszweck bestimmt und geeignet ist. Da das Berufungsgericht es hat dahinstehen lassen, ob für die Patienten, für die das Mittel der Beklagten bestimmt ist, eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden ausreichen, ist auch insoweit für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz von dem Vorbringen der Beklagten auszugehen, dass dies nicht der Fall ist.
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d) Da das Berufungsurteil hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung des Inverkehrbringens des Mittels der Beklagten als bilanzierte Diät schon aus diesem Grunde keinen Bestand haben kann, kann offenbleiben, ob auch die weiteren Rügen der Revision gegen die Würdigung der übrigen von dem Sachverständigen Prof. Dr. H. herangezogenen Studien über die Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei entzündlichen Gelenkerkrankungen durch das Berufungsgericht durchgreifen. Jedenfalls fehlt der Annahme des Berufungsgerichts, ein ausreichend gesicherter medizinisch bedingter Nährstoffbedarf sei nicht nachvollziehbar dargelegt, auch insoweit die Grundlage, als es zum einen keine hinreichenden Feststellungen zu dem von der Beklagten behaupteten Bedarf getroffen hat (vgl. oben unter II 1 c aa) und zum anderen von einem zu engen Begriff des medizinisch bedingten Nährstoffbedarfs ausgegangen ist (vgl. oben unter II 1 b und c cc).
24
2. Die Revision der Beklagten ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung der beanstandeten konkreten Werbeaussagen richtet.
25
a) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es sich bei dem Verbot der krankheitsbezogenen Werbung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG um eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. handelt (vgl. zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG BGH, Urt. v. 4.12.1997 - I ZR 125/95, GRUR 1998, 493, 494 = WRP 1998, 505 - GelenkNahrung ; Urt. v. 22.4.1999 - I ZR 159/96, GRUR 1999, 1007, 1008 = WRP 1999, 915 - Vitalkost). Die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung enthalte krankheitsbezogene Werbeaussagen i.S. von § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG, weil die Linderung der genannten Erkrankungen durch die Einnahme von MobilPlus-Kapseln in Aussicht gestellt werde, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
26
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist ein Verstoß gegen das Verbot der krankheitsbezogenen Werbung auch dann nicht zu verneinen, wenn es sich bei dem Mittel der Beklagten - wovon für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz auszugehen ist - um eine bilanzierte Diät i.S. von § 1 Abs. 4a DiätV handelt. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 LFGB18 Abs. 2 Satz 2 LMBG), § 3 Abs. 1 DiätV gilt das Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG) auch für diätetische Lebensmittel. Einer der in § 3 Abs. 2 DiätV genannten Ausnahmefälle liegt, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, nicht vor. Auf die Frage, ob über die in § 3 Abs. 2 DiätV genannten Fälle hinaus eine krankheitsbezogene Werbung auch dann zulässig ist, wenn es sich bei den betreffenden Angaben um Pflichtangaben gemäß § 21 Abs. 1 und 2 DiätV oder um nach § 21 Abs. 3 DiätV erlaubte Angaben handelt, kommt es im Streitfall nicht an. Denn die beanstandete Werbung der Beklagten beschränkt sich nicht auf nach diesen Bestimmungen vorgeschriebene oder erlaubte Angaben. Es werden nicht nur das Mittel der Beklagten sowie die Erkrankungen genannt, für die es bestimmt ist (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 DiätV), sondern es wird dar- über hinaus damit geworben, dass das Mittel der Beklagten bei diesen Erkrankungen hilft. Wie insbesondere aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 DiätV folgt, ist ein derartiger Hinweis auf eine "helfende" Wirkung des beworbenen Mittels weder nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 DiätV noch nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 DiätV zur Beschreibung der Eigenschaften und Merkmale geboten, denen das Lebensmittel seine Zweckbestimmung verdankt. Selbst bei den in § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 DiätV ausdrücklich genannten Lebensmitteln ist lediglich die Aussage "geeignet zur Behandlung von…" erlaubt. Auf eine heilende Wirkung darf lediglich bei den in § 3 Abs. 2 Nr. 2 DiätV genannten Lebensmitteln hingewiesen werden, wenn diese zur Heilung geeignet sind, und auch dann nur durch die zusätzliche Bezeichnung "Heilnahrung".
27
3. Da die Abmahnung mit Schreiben vom 24. Juli 2002 jedenfalls hinsichtlich der Beanstandung der konkreten Werbeaussagen berechtigt war, hat der Kläger, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten in Form einer Kostenpauschale nach § 683 Satz 1, §§ 677, 670 BGB auch der Höhe nach (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 12 Rdn. 1.99).
28
III. Die Revision ist somit zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung der konkreten Werbung und zur Zahlung der Abmahnkosten richtet. Im Übrigen ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie insoweit noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
29
Sollte es im wiedereröffneten Berufungsrechtszug darauf ankommen, ob - wie das Landgericht angenommen hat - i.S. von § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV eine Modifizierung der normalen Ernährung zur diätetischen Behandlung ausreicht, wird sich das Berufungsgericht mit den dagegen gerichteten Angriffen in der Berufungsbegründung der Beklagten zu befassen haben, mit denen diese geltend gemacht hat, dass eine fischölreiche Ernährung mit normalen Lebensmitteln zur Aufnahme der erforderlichen Menge an Omega-3-Fettsäuren auf Dauer nicht praktikabel und zudem infolge der erhöhten Fettaufnahme mit schädlichen Folgen für die Gesundheit der Patienten verbunden sei. Unter einer normalen Ernährung i.S. von § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV ist eine solche Ernährung zu verstehen , die insbesondere hinsichtlich der Art und Eigenschaften der verzehrten Lebensmittel sowie des Umfangs und der Dauer des Verzehrs im Rahmen der üblichen Ernährungsgewohnheiten des betreffenden Patientenkreises liegt. Eine Modifizierung der normalen Ernährung reicht zur diätetischen Behandlung nicht aus, wenn sich mit ihr die besonderen medizinischen Zwecke nicht oder nicht sicher erreichen lassen, die Modifizierung nicht praktikabel oder für den Patienten unzumutbar ist (vgl. Stellungnahme des Arbeitskreises Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des BVL, DLR 2006, 236, 238; Kügel, ZLR 2003, 265, 273 f.; Herrmann aaO S. 120 m.w.N.).
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.07.2003 - 1 HKO 21690/02 -
OLG München, Entscheidung vom 17.11.2005 - 29 U 4024/03 -

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 27/07 Verkündet am:
21. Januar 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Oktober 2009 durch die Richter Dr. Bergmann, Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Januar 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte bewarb das von ihr hergestellte und im Rahmen ihrer Produktlinie "P. " vertriebene Haarpflegemittel "Coffein-Shampoo" in einer am 6. März 2006 in der Zeitschrift "B. " erschienenen Anzeige mit den Angaben, die im nachstehend wiedergegebenen Klageantrag unter den Nummern 1 und 2 aufgeführt sind. In ihrem Internetauftritt warb die Beklagte für die Produktlinie "P. " mit den im Klageantrag unter den Nummern 3 bis 9 genannten Angaben.
2
Der Kläger, der Verein Sozialer Wettbewerb e.V., dem unter anderem Heilpraktiker, Hersteller von Kosmetika, Betreiber von Kurkliniken, Hersteller und Vertreiber von Naturheilmitteln und pharmazeutischer Produkte sowie Lebensmittelunternehmer angehören, hält diese Werbeaussagen für sachlich unrichtig , weil Coffein die ihm dort in Bezug auf Haarausfall zugeschriebenen Wirkungen nicht habe. Jedenfalls seien solche Wirkungen nicht wissenschaftlich gesichert. Dasselbe gelte für die im Internetauftritt der Beklagten auch angesprochenen Inhaltsstoffe aus der Traubensilberkerze und das dort ebenfalls erwähnte natürliche Soja.
3
Der Kläger hat zuletzt beantragt, der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen , im geschäftlichen Verkehr für "P. "-Produkte wie folgt zu werben 1. Mit Coffein gegen Haarausfall 2. Jetzt haben deutsche Wissenschaftler einen Stoff entwickelt, der die Haarwurzel vor hormonbedingten Erschöpfungszuständen schützt: Ein Phyto-Coffein-Complex … wie geschehen in der Werbung in der Zeitschrift "B. " gemäß Anlage K 2 und mit den Aussagen 3. In der Menopause (Wechseljahre) gerät der Hormonhaushalt einer Frau aus dem Gleichgewicht und stört so das Haarwachstum. Unsere Forschung hat mit renommierten Wissenschaftlern und modernsten Technologien daran gearbeitet, eine Lösung für dieses Problem zu finden. Daraus wurde ein Phyto-Coffein-Complex entwickelt , der die Haarwurzeln vor dem negativen Einfluss des männlichen Hormons (Testosteron) schützt, wenn der Anteil weiblicher Hormone (Östrogene) sinkt. Daher ist dieser WirkstoffComplex ein wichtiger Bestandteil aller P. Produkte. 4. Die Dr. W. -Forschung hat in Zusammenarbeit mit dem dermatologischen Fachbereich der Universitätsklinik Jena einen Phyto- Coffein-Complex entwickelt, der die Haarwurzeln vor hormonbedingten Erschöpfungszuständen schützt. Er verhindert, dass Testosteron die Haarwurzeln angreift und so die Energieversorgung einschänkt. 5. Für kräftigen Haarwuchs und festes Haar ab Vierzig. Die coffeinhaltige Rezeptur dieses Tonikums trägt dazu bei, dass das Haarwachstum nach der Menopause (Wechseljahre) nicht erschlafft. 6. Durch erbliche Veranlagung wächst in der Menopause der Einfluss von Testosteron. Er stört auch das Haarwachstum, weil die Haarwurzeln vorzeitig erschlaffen. Hochkonzentrierte Pflanzenwirkstoffe schützen davor und normalisieren die Haarproduktion. Coffein und weitere wertvolle Inhaltsstoffe aus Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) und natürliches Soja (Glycine soja) ergänzen sich in der Schutzwirkung und kräftigen die geschwächten Haarwurzeln. 7. P. Coffein-Tonikum: Eine Anwendungsbeobachtung an der Universitätsklinik Jena zeigt: 75% der Testpersonen stellen subjektiv einen deutlichen bis sehr starken Haarausfall fest, der sich teilweise um bis zu 3 Schweregrade verbesserte. 8. P. Außen-Innen-Kur: Eine Anwendungsbeobachtung des Privatdozenten Dr. med. G. L. hat gezeigt: Eine viermonatige Kombinationsbehandlung aus P. HaarAktiv -Kapseln und Coffein-Serum führte zu einer Verringerung des androgenetischen Haarausfalls bei 85% der Probandinnen. 9. Die antiandrogene Wirkung der Phytoflavone helfen auch in der Haarwurzel, deren Widerstandskraft zu stärken und die Energieversorgung zu verbessern. Damit unterstützen sie das Wachstum und die Regeneration der Haarwurzeln. Frauen in der Menopause, die den nachlassenden Östrogenschutz an der steigenden Zahl der ausfallenden Haare messen, können mit den phytoöstrogenen Pflanzeninhaltsstoffen, Radikalfängern und Coffein diesen Haarausfall wirksam und nachhaltig bekämpfen. Sie erhalten ihr Haar in einem gesunden und kraftvollen Zustand. wie geschehen in der Internetwerbung der Beklagten vom 14. Februar 2006 gemäß Anlage K 3.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Bielefeld MD 2006, 948). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage für gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG (2004) i.V. mit § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 LFGB begründet erachtet. Die Beklagte habe die Wirkungsweise ihrer Mittel mit den beanstandeten Aussagen als wissenschaftlich gesichert dargestellt. Sie habe aber nicht bewiesen, dass ihre Werbeaussage gesicherter Stand der Wissenschaft sei. Die Beklagte könne den ihr insoweit obliegenden Beweis nicht durch den Nachweis erbringen, dass die von ihr vorgelegten Untersuchungen lege artis durchgeführt worden seien und die sich aus ihnen ergebenden Wirkungsaussagen zuträfen, weil auch etwaige neue Erkenntnisse immer noch nicht als gesicherter Stand der Wissenschaft angesehen werden könnten. Diese Untersuchungen wiesen im Übrigen selbst nicht aus, dass die Wirkung von Coffein gegen erbbedingten Haarausfall als gesicherter Stand der medizinischen Wissenschaft angesehen werden könne.
6
II. Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die von diesem bislang getroffenen Feststellungen tragen nicht seine Annahme, dem Kläger stünden die Klageansprüche zu, weil die Beklagte nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 LFGB irreführend für ihre kosmetischen Mittel geworben habe.
7
1. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 LFGB ist es verboten, kosmetische Mittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder für kosmetische Mittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn einem kosmetischen Mittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Werbeaussage, die inhaltlich zutrifft, nicht irreführend i.S. von § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB.
8
a) Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 LFGB enthält keine Erweiterung, sondern lediglich eine der Konkretisierung dienende Erläuterung des Irreführungsverbots in § 27 Abs. 1 Satz 1 LFGB. Dies folgt aus dem Wortlaut ("insbesondere" ) sowie aus dem systematischen Verhältnis dieser Bestimmung zum ihr vorangehenden Satz 1. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 LFGB enthält lediglich nicht abschließende Regelbeispiele des in Satz 1 geregelten Irreführungsverbots (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 102, Stand November 2005, § 27 LFGB Rdn. 34 f. und 41; Reinhart in Meyer/Streinz, LFGB BasisVO, § 27 LFGB Rdn. 33; Zindel, ZLR 1983, 396, 397; vgl. ferner - zur entsprechenden Regelung für Lebensmittel in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LFGB - Zipfel/Rathke aaO C 102, Stand Juli 2005, § 11 LFGB Rdn. 186).
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b) Die Regelung des § 27 Abs. 1 LFGB ist zudem richtlinienkonform in diesem Sinne auszulegen, weil die Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel für diese Mittel - im vorliegenden Fall Haarbehandlungsmittel (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 i.V. mit Anhang I der Richtlinie) - eine abschließende Harmonisierung der nationalen Vorschriften über die Verpackung, die Etikettierung sowie die Werbung herbeigeführt hat (vgl. EuGH, Urt. v. 2.2.1995 - C-315/92, Slg. 1994, I-317 = GRUR 1994, 303 Tz. 11 = WRP 1994, 380 - Clinique; Urt. v. 28.1.1999 - C-77/97, Slg. 1999, I-431 = GRUR Int. 1999, 349 Tz. 24 = WRP 1999, 311 - Unilever ./. SmithKline Beecham; Urt. v. 13.1.2000 - C-220/98, Slg. 2000, I-117 = GRUR Int. 2000, 354 Tz. 23 = WRP 2000, 289 - Lifting Creme; Urt. v. 24.10.2002 - C-99/01, Slg. 2002, I-9375 = ZLR 2003, 63 Tz. 17 - Linhart und Biffl). Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 76/768/EWG bestimmt, dass die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln nicht aufgrund der in dieser Richtlinie und ihren Anhängen enthaltenen Anforderungen ablehnen, verbieten oder beschränken dürfen, wenn sie den Bestimmungen dieser Richtlinie und ihrer Anhänge entsprechen. Nach Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 (früher: Abs. 2) der Richtlinie 76/768/EWG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei der Etikettierung, der Aufmachung für den Verkauf und der Werbung für kosmetische Mittel nicht Texte, Bezeichnungen, Warenzeichen , Abbildungen und andere bildhafte oder nicht bildhafte Zeichen verwendet werden, die Merkmale vortäuschen, die die betreffenden Erzeugnisse nicht besitzen. Der abschließende Charakter dieser Regelung hat zur Folge, dass die Mitgliedstaaten nicht mehr befugt sind, strengere nationale Maßnahmen zum Zweck der Bekämpfung irreführender Werbung in Bezug auf die Merkmale kosmetischer Mittel zu erlassen (EuGH ZLR 2003, 63 Tz. 24 - Linhart und Biffl). Wirkungen eines Mittels fallen unter den Begriff der Merkmale des Mittels i.S. von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 76/768/EWG (vgl. EuGH ZLR 2003, 63 Tz. 32 - Linhart und Biffl). Mit Blick auf Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 76/768/EWG kann eine wegen Irreführung unzulässige Werbung über Wirkungen eines kosmetischen Mittels i.S. von § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 LFGB folglich nur angenommen werden, wenn das betreffende Mittel die behaupteten Wirkungen tatsächlich nicht besitzt.
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2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, die beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten würden von den angesprochenen Verbrauchern dahin verstanden, dass die Mittel der Beklagten durch den Inhaltsstoff Coffein dem erbbedingten Haarausfall vorbeugen sollen. Dass die Mittel der Beklagten diese Wirkung nicht besitzen, hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Die Annahme einer irreführenden Werbung i.S. von § 27 Abs. 1 und 2 LFGB kann daher nicht darauf gestützt werden, die Mittel der Beklagten erreichten die behauptete Wirkung nicht.
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3. Das Berufungsgericht ist ferner davon ausgegangen, die Beklagte habe in der beanstandeten Werbung die Wirksamkeit von Coffein gegen Haarausfall als wissenschaftlich gesichert dargestellt. Auch insoweit tragen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts die Annahme einer irreführenden Werbung i.S. von § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 LFGB aber nicht.
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a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, in der beanstandeten Werbung werde die Wirksamkeit von Coffein als wissenschaftlich gesichert dargestellt , lässt allerdings keinen Rechtsfehler erkennen. In der Werbung vom 6. März 2006 wird im Zusammenhang mit der beworbenen Wirkung des "PhytoCoffein -Complexes" davon gesprochen, deutsche Wissenschaftler hätten einen Stoff entwickelt, der die Haarwurzel vor hormonbedingten Erschöpfungszuständen schütze. Im Internetauftritt ist davon die Rede, dieser Stoff sei in Zusammenarbeit mit dem dermatologischen Fachbereich der Universitätsklinik Jena entwickelt worden. Weiter wird auf Ergebnisse von Anwendungsbeobachtungen hingewiesen, die an der Universitätsklinik Jena sowie von einem Bonner Privatdozenten durchgeführt worden seien. Es ist insbesondere im Hinblick auf die maßgebliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. EuGH ZLR 2003, 63 Tz. 31 - Linhart und Biffl) nicht erfahrungswidrig (§ 286 ZPO), wenn das Berufungsgericht diese Angaben dahin gewürdigt hat, damit werde die Wirksamkeit von Coffein gegen Haarausfall als objektiv richtig und zugleich als wissenschaftlich gesichert dargestellt. Entgegen der Auffassung der Revision wird angesichts des Gesamtzusammenhangs der beanstandeten Angaben allein durch den Umstand , dass nur deutsche Wissenschaftler genannt werden, in den beanstandeten Werbeanzeigen nicht deutlich gemacht, dass die behauptete Wirkung wissenschaftlich noch nicht gesichert sei.
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b) Eine Irreführung im Hinblick auf die in der Werbung der Beklagten enthaltene Aussage, die behauptete Wirkung von Coffein sei wissenschaftlich gesichert , kann jedoch gleichfalls nur angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, dass eine solche wissenschaftliche Absicherung nicht gegeben ist. Auch der Umstand, dass bestimmte Wirkungen eines Mittels durch Tests oder ähnliche wissenschaftliche Methoden nachgewiesen sind, gehört zu den Merkmalen des Mittels i.S. von Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 76/768/EWG (vgl. EuGH ZLR 2003, 63 Tz. 30 ff. - Linhart und Biffl, zu der Angabe "dermatologisch gestestet"). Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht das Fehlen einer hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung der behaupteten Wirkung von Coffein nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Das Berufungsgericht hat zu strenge Anforderungen an eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung i.S. von § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 LFGB gestellt.
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aa) Das Berufungsgericht hat den von der Beklagten angetretenen Beweis durch Sachverständigengutachten dafür, dass die von ihr angeführten Untersuchungen lege artis durchgeführt worden seien und die sich aus ihnen ergebende Wirkungsaussage zutreffend sei, für unbeachtlich gehalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob die Untersuchungen fachgerecht erfolgt und ihre Ergebnisse richtig seien, weil auch etwaige neue Erkenntnisse immer noch nicht als gesicherter Stand der Wissenschaft angesehen werden könnten.

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bb) Dabei ist das Berufungsgericht zwar zunächst rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte die Verantwortung für die Richtigkeit ihrer Wirkungsaussage trifft und sie diese deshalb gegebenenfalls auch beweisen muss. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Hersteller eines kosmetischen Mittels nach Art. 7a Abs. 1 der Richtlinie 76/768/EWG sicherzustellen hat, dass den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu Kontrollzwecken bestimmte Angaben leicht zugänglich sind, und nach Absatz 1 lit. g dieser Vorschrift dazu der Nachweis der für das kosmetische Mittel angepriesenen Wirkung gehört, wenn dies aufgrund der Beschaffenheit des Erzeugnisses oder der angepriesenen Wirkung gerechtfertigt ist.
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cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt die hinreichende wissenschaftliche Absicherung i.S. von § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 LFGB jedoch nicht voraus, dass die dem beworbenen Mittel beigelegte Wirkung in dem Sinne gesicherter Stand der Wissenschaft geworden ist, dass darüber zunächst eine allgemeine wissenschaftliche Diskussion geführt worden ist. Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung kann sich vielmehr - auch ohne einen entsprechenden Forschungsstreit - schon aus einer oder mehreren einzelnen Arbeiten ergeben, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruhen (vgl. Zipfel/Rathke aaO § 27 LFGB Rdn. 43; Reinhart in Meyer/Streinz aaO § 27 LFGB Rdn. 39).
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Die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten zur Durchführung von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 76/768/EWG zu ergreifen haben, müssen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (vgl. EuGH ZLR 2003, 63 Tz. 26 - Linhart und Biffl, m.w.N.). Dies gilt folglich auch für die Anforderungen, die an den Nachweis zu stellen sind, ob das kosmetische Mittel eine von dem Werbenden behauptete Wirkung besitzt oder nicht. In diesem Zusammenhang ist weiter zu beachten, dass mit der Richtlinie 76/768/EWG der Hauptzweck der Erhaltung der Volksgesundheit verfolgt wird (vgl. Erwägungsgrund 3 der Richtlinie). Danach ist das Verbot kosmetischer Mittel wegen Irreführung über die ihnen beigelegten Wirkungen mit der Richtlinie 76/768/EWG nicht vereinbar, wenn - wovon nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Beklagten für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist - lege artis durchgeführte Untersuchungen zu dem Ergebnis geführt haben, dass die betreffende Wirkungsaussage zutreffend ist, ablehnende wissenschaftliche Stellungnahmen von unabhängigen Wissenschaftlern zu der betreffenden Studie nicht vorliegen und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Mittel gesundheitsschädlich ist.

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III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses die erforderlichen Feststellungen zur hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung der behaupteten Wirkung von Coffein nachzuholen haben.
Bergmann Pokrant Büscher
Koch Schaffert
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 09.05.2006 - 15 O 54/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.01.2007 - 4 U 99/06 -

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.