Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 10. Juli 2009 - 3 W 95/09

ECLI: ECLI:DE:POLGZWE:2009:0710.3W95.09.0A
published on 10/07/2009 00:00
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 10. Juli 2009 - 3 W 95/09
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Tenor

Die Beschlüsse des Landgerichts Koblenz vom 13. November 2008 und des Amtsgerichts Montabaur vom 6. Oktober 2008 werden aufgehoben.

Das Amtsgericht – Grundbuchamt – Montabaur wird angewiesen, den beantragten Eigentümerwechsel im Grundbuch von Montabaur Bl. ... vorzunehmen.

Gründe

I.

1

Der Beteiligte zu 1) ist als Eigentümer des im Wohnungsgrundbuch von M..., Bl. ... eingetragenen Miteigentumsanteils an dem im Rubrum näher bezeichneten Wohnungseigentum eingetragen.

2

In Abteilung II ist unter Nr. 3. eine Eigentumsübertragungsvormerkung für P... B... und seine Ehefrau, die Beteiligte zu 2), eingetragen. Die Vormerkung sichert den Anspruch der Eheleute B... auf Rückübertragung des oben genannten Miteigentums gemäß § 3 Nr. 3 der Urkunde des Notars Dr. W... vom 22. Dezember 1999 (Urk.-Rollen-Nr. ... für 1999).

3

Darin heißt es:

4

"Das Rückforderungsrecht steht den Veräußerern bezüglich der Objekte N... und M... zu ½ Anteil zu. Sollte ein Veräußerer zum Zeitpunkt der Ausübung des Rückforderungsrechtes verstorben sein, so steht das Rückforderungsrecht dem überlebenden Veräußerer allein zu; der Rückforderungsanspruch des zuerst versterbenden Veräußerers wird auf den Zeitpunkt seines Ablebens an den überlebenden Veräußerer abgetreten. Das Rückforderungsrecht erlischt mit dem Tod beider Berechtigten, geht also nicht auf deren Erben über. Vererblich ist der Anspruch auf Rückübertragung jedoch, wenn der zur Rückforderung berechtigte bereits zu Lebzeiten das Rückübertragungsverlangen gestellt hat."

5

Der Rückforderungsberechtigte P... B... ist am 12. Oktober 2007 verstorben.

6

Der Beteiligte zu 1) hat das Wohnungseigentum mit Urkunde des Notars Dr. S... vom 6. Juli 2008 (Urk.-Rollen-Nr. ... für 2008 A) an den Beteiligten zu 3) verkauft. Die Beteiligte zu 2) hat in der notariellen Urkunde die Löschung der Eigentumsübertragungsvormerkung bewilligt und beantragt.

7

Der mit dem Vollzug der Urkunde beauftragte Notar hat u.a. die Löschung der Eigentumsübertragungsvormerkung in Abteilung II unter Ziff. 3 des Grundbuches sowie die Umschreibung des Eigentums auf den Erwerber beantragt.

8

Das Grundbuchamt hat darauf hingewiesen, dass es nicht auszuschließen sei, dass der verstorbene P... B... noch zu Lebzeiten sein Rückforderungsrecht betreffend das hälftige Miteigentum an dem Wohnungseigentum geltend gemacht habe mit der Folge, dass der Rückforderungsanspruch vererblich geworden sei. Demzufolge hat der Rechtspfleger – unter Fristsetzung – die Vorlage einer Löschungsbewilligung der Erben, hilfsweise eine eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 1) angefordert, aus der sich ergibt, dass der Verstorbene P... B... zu Lebzeiten ein solches Rückforderungsverlangen nicht geltend gemacht habe.

9

Nach fruchtlosem Fristablauf hat das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung des Eigentümerwechsels mit Beschluss vom 6. Oktober 2008 abgelehnt.

10

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das Landgericht zurückgewiesen.

II.

11

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 78 GBO statthaft, nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 80 Abs. 1 und 3, 71 GBO).

12

In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 78 Satz 1 GBO, § 546 ZPO). Das von den Vorinstanzen angenommene Eintragungshindernis besteht nicht.

13

Das Landgericht hat – ebenso wie das Amtsgericht – die Eintragung des Eigentumswechsels mit der Begründung abgelehnt, die in Abteilung II des Grundbuches unter Ziffer 3 eingetragene Eigentumsübertragungsvormerkung zugunsten der Eheleute B... sei mangels Vorlage einer Löschungsbewilligung der Erben des verstorbenen P... B... bzw. Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Beteiligten zu 1) über die Nichtgeltendmachung des Rückforderungsrechtes durch P... B... zu Lebzeiten nicht möglich.

14

Es kann dahingestellt bleiben, ob das Amtsgericht statt des Antrages auf Eigentumsübertragung nicht den Antrag auf Löschung der Eigentumsrückübertragungsvormerkung hätte ablehnen müssen. Da weder Beschwerde noch die Rechtsbeschwerde dies beanstanden, geht der Senat davon aus, dass die Eigentumsumschreibung nur unter der Bedingung der Löschung der Rückübertragungsvormerkung erfolgen sollte.

15

Die Voraussetzungen für die Löschung der Rückübertragungsvormerkung zugunsten der Eheleute B... liegen vor. Der Rückübertragungsanspruch des verstorbenen P... B... ist – selbst wenn er zu dessen Lebzeiten geltend gemacht wurde – auf die Beteiligte zu 2) übergegangen. Diese hat in der Urkunde des Notar Dr. S... Nr. ... für 2008 A vom 16. Mai 2008 die Löschung der Eigentumsübertragungsvormerkung bewilligt und diese beantragt.

16

Die von den Vorinstanzen vertretene gegenteilige Ansicht beruht auf der Auslegung der in der Urkunde des Notars Dr. B... vom 22. Dezember 1999 unter § 3 Nr. 3 enthaltenen Vereinbarung. Zwar handelt es sich bei der Ermittlung des Sinngehaltes jener Vertragsbestimmung um die in erster Linie dem Tatrichter obliegende Auslegung einer Individualerklärung; das Rechtsbeschwerdegericht kann das Ergebnis deshalb nur daraufhin überprüfen, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (Keidel/Kuntze/ Winkler/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rdnr. 49). Zu den anerkannten Auslegungsregeln gehört auch die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer-Holz aaO; BGH, NJW 2001, 3775).

17

Diesen Maßstäben wird die Beschwerdeentscheidung nicht in allen Punkten gerecht, sodass der Senat an die Auslegung der Kammer nicht gebunden ist (Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer-Holz aaO). Da keine weiteren Feststellungen zur tatsächlichen Auslegungsgrundlage erforderlich sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen.

18

Die Kammer hat darauf abgestellt, dass sich schon aus dem Wortlaut der Vereinbarung ergebe, dass der Rückübertragungsanspruch des P... B... vererblich ist, wenn dieser zu Lebzeiten das Rückübertragungsverlangen gestellt habe. Eine andere Betrachtungsweise sei ausgeschlossen. Dem kann aus den nachfolgenden Gründen nicht gefolgt werden. Die Vereinbarung in der Klausel „sollte ein Veräußerer zum Zeitpunkt der Ausübung des Rückforderungsrechts verstorben sein, so steht das Rückforderungsrecht allein dem Überlebenden zu; der Rückforderungsanspruch des zuerstversterbenden Veräußerers wird auf den Zeitpunkt seines Ablebens an den überlebenden Veräußerer abgetreten“ differenziert nicht danach, ob das Rückforderungsverlangen bereits geltend gemacht wurde oder nicht. Der Wortlaut lässt beide Auslegungen zu. Für eine Auslegung dahin, dass auch ein bereits zu Lebzeiten geltend gemachtes Rückforderungsverlangen auf den Zeitpunkt des Ablebens dieses Rückforderungsberechtigten an den anderen Berechtigten abgetreten werden sollte, spricht die Interessenlage der das Wohnungseigentum übertragenden Eheleute B... Sie waren Eigentümer des Wohnungseigentums zu je ½. Dementsprechend wurde vereinbart, dass ihnen auch das Rückforderungsrecht zu je ½ zustehen sollte. Für den Fall des Todes eines Rückforderungsberechtigten sollte der Überlebende berechtigt sein, allein über den Anspruch auf Rückübertragung zu entscheiden. Dies spricht dafür, dass der Eintritt Dritter verhindert werden sollte, um im Falle des Todes eines der beiden Rückforderungsberechtigten ein Auseinanderfallen der Rückforderungsrechte bzw. der Anteile an der Eigentumswohnung zu vermeiden. Dies muss sowohl für den Fall gelten, dass ein verstorbener Rückforderungsberechtigter bis zu seinem Tod nicht von dem Rückübertragungsrecht Gebrauch gemacht hat, als auch dann, wenn dieser noch zu Lebzeiten das Rückforderungsrecht ausgeübt hat. In letztem Fall sollte es dem überlebenden Ehegatten überlassen bleiben, von dem Recht auf Rückübertragung Gebrauch zu machen. Hierfür spricht auch die gleichzeitig getroffene Regelung über den Nießbrauch an der streitgegenständlichen Wohnung, den die Eheleute B... als Gesamtberechtigte ausüben wollten (§ 3 Nr. 2 der Urkunde des Notars Dr. W... B... vom 22. Dezember 1999). Im Falle des Todes eines Nießbrauchsberechtigten sollte das Recht auf den überlebenden Ehegatten übergehen und so in einer Hand bleiben.

19

Dieser Auslegung steht die Vereinbarung über die Vererblichkeit des Rückübertragungsanspruches nicht entgegen. Der Anspruch sollte vererblich sein, wenn „der zur Rückforderung Berechtigte bereits zu Lebzeiten das Rückübertragungsverlangen gestellt hat“. Es ist dort ausdrücklich die Rede von dem Rückforderungsberechtigten und nicht etwa von einem der Rückforderungsberechtigten oder dem jeweiligen Rückforderungsberechtigten . Unter Berücksichtigung der Abtretungsklausel und der Interessenlage der Veräußerer ist diese Vereinbarung dahingehend zu verstehen, dass das Eigentumsübertragungsrecht dann vererblich sein soll, wenn es nur der überlebende Berechtigte (an den der Rückübertragungsanspruch des anderen auf den Zeitpunkt dessen Ablebens übertragen wurde) geltend gemacht hat. Dies ist hier nicht der Fall.

20

Damit sind die Zustimmung der Beteiligten zu 3) zur Löschung der Eigentumsübertragungsvormerkung und die Vorlage der Sterbeurkunde des P... B... zur Löschung der Belastung in Abteilung II Nr. 3 des Grundbuches und damit zur Eintragung des Eigentumswechsels ausreichend.

III.

21

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf den Erfolg der weiteren Beschwerde nicht veranlasst (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO). Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Gegenstandswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde.

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Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ode

(1) Jedes Grundstück erhält im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt). Das Grundbuchblatt ist für das Grundstück als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen. (2) Die Grundstücke des Bundes, der Länder, der Gemeinden u

Annotations

(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.

(1) Jedes Grundstück erhält im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt). Das Grundbuchblatt ist für das Grundstück als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen.

(2) Die Grundstücke des Bundes, der Länder, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände, der Kirchen, Klöster und Schulen, die Wasserläufe, die öffentlichen Wege, sowie die Grundstücke, welche einem dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnunternehmen gewidmet sind, erhalten ein Grundbuchblatt nur auf Antrag des Eigentümers oder eines Berechtigten.

(3) Ein Grundstück ist auf Antrag des Eigentümers aus dem Grundbuch auszuscheiden, wenn der Eigentümer nach Absatz 2 von der Verpflichtung zur Eintragung befreit und eine Eintragung, von der das Recht des Eigentümers betroffen wird, nicht vorhanden ist.

(4) Das Grundbuchamt kann, sofern hiervon nicht Verwirrung oder eine wesentliche Erschwerung des Rechtsverkehrs oder der Grundbuchführung zu besorgen ist, von der Führung eines Grundbuchblatts für ein Grundstück absehen, wenn das Grundstück den wirtschaftlichen Zwecken mehrerer anderer Grundstücke zu dienen bestimmt ist, zu diesen in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis und im Miteigentum der Eigentümer dieser Grundstücke steht (dienendes Grundstück).

(5) In diesem Fall müssen an Stelle des ganzen Grundstücks die den Eigentümern zustehenden einzelnen Miteigentumsanteile an dem dienenden Grundstück auf dem Grundbuchblatt des dem einzelnen Eigentümer gehörenden Grundstücks eingetragen werden. Diese Eintragung gilt als Grundbuch für den einzelnen Miteigentumsanteil.

(6) Die Buchung nach den Absätzen 4 und 5 ist auch dann zulässig, wenn die beteiligten Grundstücke noch einem Eigentümer gehören, dieser aber die Teilung des Eigentums am dienenden Grundstück in Miteigentumsanteile und deren Zuordnung zu den herrschenden Grundstücken gegenüber dem Grundbuchamt erklärt hat; die Teilung wird mit der Buchung nach Absatz 5 wirksam.

(7) Werden die Miteigentumsanteile an dem dienenden Grundstück neu gebildet, so soll, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 4 vorliegen, das Grundbuchamt in der Regel nach den vorstehenden Vorschriften verfahren.

(8) Stehen die Anteile an dem dienenden Grundstück nicht mehr den Eigentümern der herrschenden Grundstücke zu, so ist ein Grundbuchblatt anzulegen.

(9) Wird das dienende Grundstück als Ganzes belastet, so ist, sofern nicht ein besonderes Grundbuchblatt angelegt wird oder § 48 anwendbar ist, in allen beteiligten Grundbuchblättern kenntlich zu machen, daß das dienende Grundstück als Ganzes belastet ist; hierbei ist jeweils auf die übrigen Eintragungen zu verweisen.

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.