Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 21. März 2011 - 3 W 9/11

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2011:0321.3W9.11.0A
bei uns veröffentlicht am21.03.2011

Tenor

Der Beschluss des Grundbuchamts Rockenhausen vom 9. Januar 2011 wird aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, über die Eintragungsanträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Gründe

I.

1

Mit Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 20. Mai 2010 (auf Urk.Nr. .....) haben die Beteiligten zu 1) und 2) den im Rubrum genannten Grundbesitz von der Beteiligten zu 3) als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erworben. In dem notariellen Vertrag heißt es in § 2 Ziffer 1:

2

"Der Käufer erwirbt den verkauften Grundbesitz zum Gesellschaftsvermögen als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den vorstehend als "Käufer" bezeichneten Beteiligten, für deren Rechtsverhältnisse bis auf Weiteres die gesetzlichen Bestimmungen nach Maßgabe der nachstehenden Vereinbarungen gelten sollen. Die Gesellschaft als solche ist in der Urkunde als "der Käufer" anzusehen und nachstehend so bezeichnet".

3

Im Folgenden trafen die Gesellschafter Regelungen über den Übergang von Vermögensgegenständen im Falle des Todes eines der Gesellschafter und eventuelle Abfindungsansprüche, die Anschaffung von Hausrat und dessen Übergang im Todesfall. Ferner wurde die Beteiligung an der Gesellschaft und die deren Ausstattung mit Eigenmitteln geregelt.

4

Weiter heißt es in dem Vertrag: " Die Gesellschafter werden hinsichtlich der weiteren Regelungen noch einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag fassen; bis dahin gelten im Übrigen die gesetzlichen Bestimmungen.

5

Trotz Belehrung des Notars über die hiermit verbundenen Risiken und Gefahren, verzichtet der Käufer auf die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages ...".

6

Mit Antrag vom 15. November 2010 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte Notar u. a. die Eintragung der Eigentumsänderung gemäß der oben genannten Urkunde sowie Löschung der zugunsten des Käufers bereits bestellten Auflassungsvormerkung.

7

Mit Beschluss vom 9. Januar 2011 hat der Rechtspfleger beim Grundbuchamt Rockenhausen die Anträge auf Eintragung der Auflassung und Löschung der Auflassungsvormerkung zurückgewiesen. Der Rechtspfleger ist davon ausgegangen, dass eine GbR bereits besteht und hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der aktuelle Gesellschafterbestand der GbR und die daraus folgenden Vertretungsverhältnisse der GbR im Zeitpunkt des Vertreterhandelns am 20. Mai 2010 seien nicht in der erforderlichen Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachgewiesen und könnten es auch nicht. Infolge dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche sachenrechtlichen Voraussetzungen für den Erwerb der GbR im Sinne der Wirksamkeit der zugunsten der GbR erklärten Auffassung erfüllt sein.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie wenden ein, die GbR sei ausweislich des Kaufvertrages erst mit dem Grundstückskaufvertrag gegründet worden.

II.

9

Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

10

In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Der Nachweis des aktuellen Gesellschafterbestandes der GbR und der Vertretungsbefugnis ist als erbracht anzusehen.

11

Im Einzelnen gilt Folgendes:

12

Erwirbt eine GbR Grundstückseigentum, ist dem Grundbuchamt - wie der Rechtspfleger zutreffend ausgeführt hat - die Existenz der erwerbenden GbR, die Identität einer früher gegründeten GbR mit der erwerbenden GbR und ihre aus dem Gesellschafterbestand folgenden Vertretungsverhältnisse im Zeitpunkt des Vertreterhandelns in der Form des § 29 Abs.1 Satz 1 GBO nachzuweisen. Da der Bundesgerichtshof den Grundsatz des § 29 GBO für die Führung der genannten Nachweise nicht in Frage gestellt hat (BGH Rpfleger 2009, 141; OLG München FGPrax 2010, 234; Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 178), steht nicht in Zweifel, dass die genannten formgerechten Nachweise erforderlich sind, sondern nur wie sie geführt und aufgrund welcher Urkunden oder anderer Beweismittel sie ggf. als geführt angesehen werden können (Bestelmeyer aaO).

13

Einhelligkeit in Rechtsprechung und Literatur besteht insoweit, als der Nachweis jedenfalls dann als erbracht angesehen wird, wenn die GbR in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft in der Erwerbsurkunde explizit gegründet wird (Bestelmeyer aaO m. zahlr. w. N.; OLG München Rpfleger 2011, 75 ff. m. w. N.). Dies ist hier der Fall. Aus der Kaufvertragsurkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 20. Mai 2010 ergibt sich die Gründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anlässlich des Grundstückserwerbs. Die Gesellschaft besteht aus den Beteiligten zu 1) und 2), für deren Vertretung die gesetzlichen Bestimmungen gelten. Eine darüber hinausgehende (gesonderte) notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages ist für den Nachweis des Gesellschafterbestandes und des Vertretungsverhältnisses der GbR nicht erforderlich. Von einer bereits bestehenden GbR kann nicht ausgegangen werden. Da die GbR das Grundstück erwerben sollte hätten anderenfalls die Beteiligten zu 1) und 2) im Eingang der Urkunde bereits als Vertreter der bestehenden GbR aufgeführt werden müssen. Darüberhinaus wären die getroffenen gesellschaftsrechtlichen Regelungen überflüssig gewesen. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die GbR bereits besteht, sind nicht ersichtlich.

14

Die Entscheidung ergeht nach § 131 Abs. 3 Kostenordnung gebühren- und auslagenfrei. Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren.

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Referenzen - Gesetze

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 21. März 2011 - 3 W 9/11 zitiert 5 §§.

Grundbuchordnung - GBO | § 71


(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

Grundbuchordnung - GBO | § 29


(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Ei

Grundbuchordnung - GBO | § 72


Über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat.

Grundbuchordnung - GBO | § 81


(1) Über Beschwerden entscheidet bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof ein Zivilsenat. (2) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen sind entsprechend anzuwenden. (3) Die Vorsc

Referenzen

(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

(2) (weggefallen)

(3) Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

Über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat.

(1) Über Beschwerden entscheidet bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof ein Zivilsenat.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen sind entsprechend anzuwenden.

(3) Die Vorschrift des § 44 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über die Fortführung des Verfahrens bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist entsprechend anzuwenden.

(4) Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Akten geführt werden können. Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten. Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates. Die Landesregierungen können die Ermächtigungen durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Zulassung der elektronischen Akte kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden.

(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

(2) (weggefallen)

(3) Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.