Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 30. Nov. 2010 - 3 W 177/10

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2010:1130.3W177.10.0A
bei uns veröffentlicht am30.11.2010

Tenor

Der Beschluss des Grundbuchamts vom 4. November 2010 wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen die beantragte Eintragung vorzunehmen.

Gründe

I.

1

Mit Vertrag des Verfahrensbevollmächtigten Notars vom 27. August 2010 (UR.Nr. ...) hat die Beteiligte zu 1), vertreten durch Dr. D... S..., den im Rubrum genannten Grundbesitz an die Beteiligte zu 2) verkauft und sie bevollmächtigt, den Vertragsgegenstand ab sofort mit vollstreckbaren Grundpfandrechten nebst Jahreszinsen und Nebenleistungen in beliebiger Höhe zu belasten. Aufgrund dieser Vollmacht bestellte die Beteiligte zu 2) mit notarieller Urkunde vom 31. August 2010 (UR.Nr. ...) für die Beteiligte zu 3) an den genannten Grundeigentum eine Grundschuld in Höhe von 100.000,00 €. Am 20. September 2010 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten die Eintragung des Grundpfandrechts nebst der dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung.

2

Mit Schreiben vom 30. September 2010 bescheinigte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier, dass die Beteiligte zu 1) gem. § 9 Abs. 2 der derzeit gültigen Stiftungssatzung durch jedes Mitglied des Vorstands alleine vertreten werden kann und der Vorstand auch am 27. August 2010 (Abschluss des notariellen Vertrages) durch Dr. D... S..., F... H... und Dr. F... M... vertreten wurde.

3

Mit dem angegriffenen Beschluss hat der Rechtspfleger beim Grundbuchamt die beantragte Eintragung der Grundschuld nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Bescheinigung der ADD vom 30. September 2010 entfalte keine Publizitätswirkung. Damit werde keine rechtsgeschäftliche Bindung der Stiftung herbeigeführt. Mangels einer bestehenden Vermutung für die Richtigkeit der Vertretungsverhältnisse könne sich das Grundbuch nicht darauf verlassen, dass die in der Bescheinigung genannten Vertretungsverhältnisse tatsächlich zutreffend und keine anderen Vertretungsbeschränkungen vorhanden seien.

4

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

5

Die Beschwerde ist gem. §§ 71 Abs. 1, 72, 73, 81 GBO zulässig. Der Senat ist gem. § 4 Abs. 3 Nr. 2 a GerOrgG Rheinland-Pfalz, § 23 a Abs. 2 Nr. 8 GVG zur Entscheidung berufen.

6

In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Die Voraussetzungen für die beantragte Eintragung der Grundschuld nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung liegen vor. Insbesondere ist die ordnungsgemäße Vertretung der Beteiligten zu 1) bei Abschluss des notariellen Vertrages vom 27. August 2010 durch die Vorlage der Vertretungsbescheinigung der ADD Trier vom 30. September 2010 nachgewiesen.

7

Im Einzelnen gilt Folgendes:

8

Im Rahmen der beantragten Eintragung der Grundschuld hat das Grundbuchamt die Wirksamkeit der von der beteiligten Stiftung an die Beteiligte zu 2) erteilten Finanzierungsvollmacht zu prüfen. Eine der Wirksamkeitsvoraussetzungen ist, dass die beteiligte Stiftung im Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht wirksam vertreten war. Für diesen Vertretungsnachweis gilt - worauf der Rechtspfleger zu Recht hinweist - grundsätzlich das Formerfordernis des § 29 GBO, da die Stiftungen nicht in § 32 GBO erwähnt sind. Zu Recht hat der Rechtspfleger auch ausgeführt, dass die in einigen Bundesländern - so auch in Rheinland-Pfalz - geführten Stiftungsverzeichnisse keine Register im Rechtssinne sind und die Eintragungen keinen Vertrauensschutz genießen. Dies ergibt sich insbesondere aus § 5 Abs. 4 LStiftG Rheinland-Pfalz, wonach Eintragungen im Stiftungsverzeichnis nicht die Vermutung ihrer Richtigkeit begründen.

9

Zur Kompensation des Fehlens eines Registers mit Publizitätswirkung stellt die Stiftungsbehörde in Rheinland-Pfalz gemäß § 9 Abs. 7 LStiftG Rheinland-Pfalz auf Antrag eine Bescheinigung darüber aus, wer nach Maßgabe der Satzung und der von der Stiftung mitgeteilten Angaben zur Vertretung der Stiftung berechtigt ist. Diese Regelung trägt dem Grundrecht der Stiftung auf (rechtliche) Handlungsfreiheit Rechnung, da andernfalls die Stiftung nicht handlungsfähig wäre. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob man der Vertretungsbescheinigung die Wirkung einer Vollmachtsurkunde gem. § 172 BGB (MünchKomm/ Reuter, BGB, 5. Aufl., § 80 Rdnr. 85) beilegt oder sie, wie etwa die bayrischen Stiftungsaufsichtsbehörden, als feststellenden Verwaltungsakt qualifiziert.

10

Die von der Aufsichtsbehörde auf der Grundlage des § 9 Abs. 7 LStiftG ausgestellte Vertretungsbescheinigung legitimiert die darin genannten Personen im Rechtsverkehr und erfüllt deshalb die Voraussetzungen des §§ 29 GBO (so auch DNotI 2002, 27).

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Grundbuchordnung - GBO | § 71


(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

Grundbuchordnung - GBO | § 29


(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Ei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 172 Vollmachtsurkunde


(1) Der besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber steht es gleich, wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt. (2) Die Vertretungsmacht bleibt bestehen,

Grundbuchordnung - GBO | § 32


(1) Die im Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragenen Vertretungsberechtigungen, Sitzverlegungen, Firmen- oder Namensänderungen sowie das Bestehen juristischer Personen und Gesellschaften können durch eine Beschein

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

(2) (weggefallen)

(3) Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.

(1) Die im Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragenen Vertretungsberechtigungen, Sitzverlegungen, Firmen- oder Namensänderungen sowie das Bestehen juristischer Personen und Gesellschaften können durch eine Bescheinigung nach § 21 Absatz 1 der Bundesnotarordnung nachgewiesen werden. Dasselbe gilt für sonstige rechtserhebliche Umstände, die sich aus Eintragungen im Register ergeben, insbesondere für Umwandlungen. Der Nachweis kann auch durch einen amtlichen Registerausdruck oder eine beglaubigte Registerabschrift geführt werden.

(2) Wird das Register elektronisch geführt, kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 der Nachweis auch durch die Bezugnahme auf das Register geführt werden. Dabei sind das Registergericht und das Registerblatt anzugeben.

(1) Der besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber steht es gleich, wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt.

(2) Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird.

(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

(2) (weggefallen)

(3) Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.