Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 21. Juli 2016 - 2 WF 81/16

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2016:0721.2WF81.16.0A
bei uns veröffentlicht am21.07.2016

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kusel vom 9. März 2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

3. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.

Zur Wahrnehmung seiner Rechte wird ihm der von ihm ausgewählte Rechtsanwalt T… zu den Bedingungen eines im Bezirk des Pfälzischen Oberlandesgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.

Gründe

I.

1

Mit Erklärung vom 5. Juni 2015 hat die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter als gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Antragstellers die Erbschaft für diesen nach der am 23. März 2015 O… verstorbenen Frau I… M…, geborene K…, geboren am 17. Januar 1933, ausgeschlagen und zugleich die familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagung beantragt.

2

Das Familiengericht hat nach Einholung schriftlicher Auskünfte vom zuständigen Nachlass-, Vollstreckungs- und Insolvenzgericht sowie vom Sozial- und Grundbuchamt die beantragte Genehmigung versagt. Eine Überschuldung des Nachlasses habe nicht festgestellt werden können. Die Erblasserin habe weder Sozialleistungen erhalten noch sei sie im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Sie hinterlasse vielmehr eine Mitbeteiligung an lastenfreiem Grundbesitz.

3

Mit der Beschwerde wird das Genehmigungsbegehren weiterverfolgt. Der Nachlass sei derzeit nicht betragsmäßig zu beziffern. Es sei lediglich das Anwesen in O… vorhanden. Dieses sei jedoch baufällig und müsse grundsaniert werden, so dass dem Nachlass keine objektiver Wert zugemessen werden könne. Die Erbschaft sei deshalb nicht wirtschaftlich vorteilhaft.

4

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

5

Der Senat hat die Nachlassakten 15 VI 271/15 Amtsgericht O… beigezogen.

II.

6

Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 59 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG).

7

In der Sache hat das Rechtsmittel einen vorläufigen Erfolg.

8

Die erstinstanzliche Entscheidung ist aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Das Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel; es sind noch umfangreiche und aufwändige Ermittlungen erforderlich. Eine Entscheidung in der Sache durch den Senat erscheint daher nicht sachdienlich (§ 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG).

9

Nach der - im erstinstanzlichen Verfahren unterbliebenen - Einsichtnahme in die Nachlassakten steht fest, dass die Erbausschlagung durch die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter der familiengerichtlichen Genehmigung gemäß § 1643 Abs. 2 Satz 1 BGB bedarf, weil die Erbschaft dem Kind durch die Ausschlagung des nicht vertretungsberechtigten Kindesvaters angefallen ist und damit die Ausnahmeregelung des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht zur Anwendung kommt.

10

Das erstinstanzliche Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel, weil das Familiengericht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt hat. Das Verfahren zur familiengerichtlichen Genehmigung einer Erbausschlagung ist eine Kindschaftssache nach § 151 Abs. 1 Nr. 1 FamFG; in diesen Verfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG). Das Familiengericht ist deshalb verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und hierbei sämtliche Umstände zu ermitteln, die ihm eine Prüfung und Gesamtwürdigung der entscheidungserheblichen Umstände ermöglichen. Dabei muss das Gericht zwar nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgehen. Der Umfang der einzuleitenden und durchzuführenden Amtsermittlung ist aber so weit auszudehnen, wie es die Sachlage erfordert. Richtung und Umfang der Ermittlungen, die sich stets an der Lage des Einzelfalls orientieren müssen, werden durch die Tatbestandsmerkmale der anzuwendenden materiell-rechtlichen Vorschriften bestimmt und begrenzt. Werden Ermittlungen nicht durchgeführt, zu denen im konkreten Einzelfall Anlass bestanden hätte, ist die richterliche Aufklärungspflicht verletzt (Keidel-Sternal, FamFG 18. Auflage § 26 Rz. 16 m.w.N.).

11

Eine Erbausschlagung des alleinsorgeberechtigten Elternteils für sein minderjähriges Kind ist gemäß § 1643 Abs. 2 Satz 1 BGB zu genehmigen, wenn sie unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§ 1697 a BGB). Sie ist demgemäß zu versagen, wenn die Ausschlagung nicht dem Kindeswohl entspricht.

12

Die Genehmigungsfähigkeit der Ausschlagung hängt in erster Linie, wenn auch nicht allein von den wirtschaftlichen Interessen des Kindes ab, also vom Bestand des Nachlasses. Sofern ein Nachlass nicht überschuldet ist, wird regelmäßig kein hinreichender Grund für die Erteilung der Genehmigung der Ausschlagung bestehen (OLG Zweibrücken Beschluss vom 14. Juni 2012 - 6 UF 148/11; Saarbrücken Beschluss vom 28. April 2015 - 6 WF 42/15; Schleswig Beschluss vom 25. Februar 2013 - 10 WF 204/12).

13

Die Verfahrensweise des Familiengerichts war nicht geeignet, sich die für die gebotene Kindeswohlprüfung erforderlichen Kenntnisse von den entscheidungserheblichen Umständen zu verschaffen.

14

Die Kindesmutter hat als Grund für die Ausschlagung angegeben, dass ihr der Nachlassbestand nicht bekannt sei und dass sie von einer Überschuldung des Nachlasses ausgehe, weil ihr das Amtsgericht O… - gemeint ist das Nachlassgericht, das die Mutter über den Anfall der Erbschaft unterrichtet hatte - zur Ausschlagung geraten habe.

15

Bei dieser Sachlage genügten die vom Familiengericht angestellten Ermittlungen zur Überprüfung einer möglichen Überschuldung des Nachlasses nicht.

16

Dass die Erblasserin nicht im Schuldnerverzeichnis eingetragen war, keine Sozialleistungen bezogen hat und zum Nachlass Miteigentum an einem lastenfreien hälftigen Miteigentumsanteil an einem 413 m² großen Grundstück in F…, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung sowie an ebenfalls in Fürth gelegenem Grünland mit einer Größe von 715 m² gehört, reicht jedenfalls unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers im Abhilfeverfahren nicht aus zur Feststellung, dass eine Überschuldung des Nachlasses nicht vorliegt.

17

Angesichts des großen Altersunterschieds zwischen der Erblasserin und dem zum gesetzlichen Erben berufenen Antragsteller musste sich für das Familiengericht aufdrängen, dass der Antragsteller diese Erbenstellung nicht unmittelbar von der Erblasserin erlangt haben kann, sondern dass dies deshalb erfolgt sein könnte, weil vorrangig berufene Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben.

18

Durch die - im Genehmigungsverfahren zumindest gebotene - Einsicht in die Nachlassakte hätte das Familiengericht Kenntnis davon erlangt, dass der Antragsteller als Urenkel der Erblasserin Erbe wurde, nachdem sein Vater und vor diesem sein Großvater die Erbschaft ausgeschlagen hatten. Aus der Nachlassakte ergibt sich zudem, dass auch weitere drei Kinder der Erblasserin und deren (volljährigen) Kinder von ihrem Ausschlagungsrecht Gebrauch gemacht haben. Auch der minderjährige Halbbruder des Antragstellers hat, vertreten durch seine alleinsorgeberechtigte Mutter, die Erbschaft ausgeschlagen; die auch insoweit erforderliche familiengerichtliche Genehmigung ist erfolgt (Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landstuhl vom 28. August 2015 - 3 F 39/15). Lediglich der weitere Sohn der Erblasserin, der die im Nachlass befindliche Wohnung (bis zu ihrem Tod wohl gemeinsam mit der Erblasserin) bewohnt, hat das Erbe angenommen. Aus den - nicht aktenkundigen - Umständen, welche die vor dem Antragsteller berufenen und die weiteren der Erblasserin näherstehenden gesetzlichen Erben zur Ausschlagung der Erbschaft bewogen haben, könnten sich Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, dass die Ausschlagung der Erbschaft wegen fehlender Werthaltigkeit des Nachlasses dem Kindeswohl dient.

19

Das Familiengericht wird deshalb bei diesen Personen, insbesondere beim Kindesvater und dessen Vater nach den Gründen der erfolgten Erbausschlagung nachzufragen und sie gegebenenfalls - wenn durch eine Nachfrage auf schriftlichem Wege keine ausreichenden Erkenntnisse gewonnen werden können - persönlich anzuhören haben.

20

Gegebenenfalls wird es desweiteren dem Einwand des Antragstellers nachzugehen haben, das Anwesen sei baufällig und grundsanierungsbedürftig. Angesichts der gerichtsbekannt niedrigen Verkehrswerte von Immobilien in ländlichen strukturschwachen Gebieten, zu denen auch der Bereich des Saarlandes zählt, in dem die im Nachlass befindliche Wohnung gelegen ist, könnte sich daraus ergeben, dass die Immobilie trotz Lastenfreiheit nicht werthaltig ist, so dass die Erbausschlagung trotz des vorhandenen Grundbesitzes dem Kindeswohl dient und deshalb familiengerichtlich zu genehmigen ist.

III.

21

Die Niederschlagung der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 20 Abs. 1 FamGKG.

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 58 Statthaftigkeit der Beschwerde


(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Beurteilung des Beschwerd

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 59 Beschwerdeberechtigte


(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. (2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 69 Beschwerdeentscheidung


(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht en

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 20 Nichterhebung von Kosten


(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 151 Kindschaftssachen


Kindschaftssachen sind die dem Familiengericht zugewiesenen Verfahren, die1.die elterliche Sorge,2.das Umgangsrecht und das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,3.die Kindesherausgabe,4.die Vormundschaft,5.die Pflegschaft

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1643 Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte


(1) Die Eltern bedürfen der Genehmigung des Familiengerichts in den Fällen, in denen ein Betreuer nach den §§ 1850 bis 1854 der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf, soweit sich nicht aus den Absätzen 2 bis 5 etwas anderes ergibt. (2) Nicht

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Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 14. Juni 2012 - 6 UF 148/11

bei uns veröffentlicht am 14.06.2012

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, mit der Ausnahme derjenigen, die dem Beteiligten zu 2) entstanden sind. III. Der Verfahrenswert für das Verfahr

Referenzen

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.

(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.

(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.

(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.

Kindschaftssachen sind die dem Familiengericht zugewiesenen Verfahren, die

1.
die elterliche Sorge,
2.
das Umgangsrecht und das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,
3.
die Kindesherausgabe,
4.
die Vormundschaft,
5.
die Pflegschaft oder die gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen oder für ein bereits gezeugtes Kind,
6.
die Genehmigung von freiheitsentziehender Unterbringung und freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1631b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Verbindung mit § 1795 Absatz 1 Satz 3 und § 1813 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
7.
die Genehmigung oder Anordnung einer freiheitsentziehenden Unterbringung, freiheitsentziehenden Maßnahme oder ärztlichen Zwangsmaßnahme bei einem Minderjährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker oder
8.
die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz
betreffen.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.



Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, mit der Ausnahme derjenigen, die dem Beteiligten zu 2) entstanden sind.

III. Der Verfahrenswert für das Verfahren erster Instanz wird unter Änderung von Ziffer 2. des angefochtenen Beschlusses ebenso wie derjenige für das Beschwerdeverfahren auf

bis zu 155 000,00 €

festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die minderjährigen Kinder M…-L… und J… F… sind Erben nach dem Tod ihrer am 29. August 2010 verstorbenen Mutter. Als Testamentsvollstrecker hat die Erblasserin ihren Vater, den Beteiligten zu 2), eingesetzt. Die Kinder leben seit dem Tod ihrer Mutter bei ihrem Vater, dem Beteiligten zu 1). Dieser war nicht mit der Erblasserin verheiratet. Die Eltern haben jedoch hinsichtlich beider Kinder eine Erklärung zur gemeinsamen elterlichen Sorge gemäß § 1626 a Abs. 1 BGB abgegeben.

2

Zum Nachlass der Verstorbenen gehörten mehrere Grundstücke, darunter ein im hälftigen Miteigentum der Erblasserin und des Beteiligten zu 1) stehendes - mit einem Mehrfamilienhaus bebautes - Grundstück in Güstrow, für das ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet ist. Mit der Begründung, hieraus könne nur ein geringer Erlös erzielt werden und den Hinweis auf Schulden hat der Beteiligte zu 1) für die Kinder gegenüber dem Nachlassgericht die Erbschaft ausgeschlagen und insoweit um die familiengerichtliche Genehmigung nachgesucht.

3

Der Rechtspfleger des Familiengerichts hat für die Kinder einen Verfahrenspfleger bestellt, diesen sowie den Testamentsvollstrecker angehört und mit angefochtenem Beschluss den Antrag auf Genehmigung der Erbschaftsausschlagung zurückgewiesen.

4

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1), mit der er unter Hinweis auf einen Renovierungsstau und zahlreiche Außenstände der Immobilie in Güstrow weiterhin die Ausschlagung der Erbschaft erstrebt, weil der Nachlass überschuldet sei.

5

Der Beteiligte zu 2) ist dem entgegengetreten. Er legt einen Jahresabschluss zum 31. Dezember 2011 vor und macht geltend, dass nach dem zwischenzeitlichen Verkauf eines der Grundstücke keinesfalls von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen werden könne.

6

Auf Veranlassung des Senats hat das Amtsgericht - Familiengericht - für die Kinder einen Ergänzungspfleger bestellt. Dieser ist nach Studium der Akten und Gesprächen mit den Beteiligten zur Auffassung gelangt, dass der Nachlass nicht überschuldet ist; für die Kinder beantragt er deshalb, die Beschwerde des Vaters als unbegründet zurückzuweisen. Dazu wird auf die Stellungnahme des Ergänzungspflegers vom 14. Mai 2012 (Bl. 317 d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

7

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

8

1. Wird, wie hier, die familiengerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung versagt, steht das Beschwerderecht gemäß §§ 59, 60 FamFG nicht nur dem Kind, sondern auch den Eltern im eigenen Namen zu. Denn durch die Versagung wird zugleich ihr Recht zur Verwaltung des Kindesvermögens beeinträchtigt (vgl. BayObLG FamRZ 1981, 196; Staudinger/Engler (2009) § 1643 Rdnr. 62; MünchKomm./Huber, BGB 6. Aufl., § 1643 Rdnr. 45). Der Senat geht deshalb davon aus, dass der Beteiligte zu 1) als Vater die Beschwerde eigenen Namens eingelegt hat, zumal in der Beschwerdeschrift betont wird, dass er zu Recht die Erbschaft der Kinder ausgeschlagen habe.

9

Gegen ein etwaiges Rechtsmittel der Kinder bestünden demgegenüber Bedenken zur Zulässigkeit. Denn insoweit erscheint eine Vertretungsbefugnis durch ihren Vater zweifelhaft (vgl. dazu etwa KG Berlin FamRZ 2010, 1171; OLG Köln ZEV 2011, 595 sowie Beschluss vom 22. August 2011, 4 U 139/11, zitiert nach juris). Das gilt auch für die ältere Tochter, da diese zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Ungeachtet dessen liegt im Hinblick auf das zur Hälfte zum Nachlass gehörende Grundstück in Güstrow ein nicht unerheblicher Interessengegensatz im Sinne von §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 Abs. 2 BGB vor. Denn die Gefahr, dass der Vater im Hinblick auf den eigenen Hälfteanteil an der Immobilie die Interessen seiner Kinder nicht hinreichend berücksichtigt, liegt hier auf der Hand. Auch insoweit hätte es der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft bedurft, die durch die Bestellung eines Verfahrensbeistandes - wie erstinstanzlich geschehen - nicht ersetzt werden kann, weil das zur zur Beurteilung stehende Verfahren ausschließlich Vermögensangelegenheiten betrifft (vgl. BGH FamRZ 2011, 1788 Rdnr. 29 a.E.). Der Senat hat daher im Beschwerdeverfahren zur Wahrung der Kindesinteressen die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft (§ 1909 Abs. 1 BGB) veranlasst.

10

2. In der Sache hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts - Familiengericht - mit Recht die Genehmigung der Erbausschlagung für die Kinder versagt. Auch nach den vom Senat getroffenen Feststellungen ist nicht erkennbar, dass der Nachlass nach dem Tod der Mutter überschuldet sein könnte. Vielmehr ist in ausreichendem Umfang werthaltiges Vermögen vorhanden, was es gebietet, den Kindern den Nachlass nach ihrer Mutter nicht durch Ausschlagung der Erbschaft vorzuenthalten.

11

a) Maßstab der gemäß § 1643 Abs. 2 BGB zu treffenden familiengerichtlichen Entscheidung über die Ausschlagung der Erbschaft ist allein das Kindeswohl. Maßgeblich ist dabei nicht nur das rein finanzielle Interesse des Kindes, sondern vielmehr, ob das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft im Gesamtinteresse des Kindes liegt (vgl. zusammenfassend Staudinger/Engler aaO, § 1663 Rdnr. 49; MünchKomm./Huber aaO, § 1643 Rdnr. 29 m.w.N.). Sofern ein Nachlass nicht überschuldet ist, besteht danach grundsätzlich kein hinreichender Grund, eine Genehmigung zu erteilen. Das gilt auch, wenn nur geringes Barvermögen bzw. ein erheblich reparaturbedürftiges Hausanwesen vorhanden sein sollte (vgl. etwa OLG Sachsen-Anhalt FamRZ 2007, 1047).

12

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich hier nicht feststellen, dass entsprechend der Besorgnis des Beteiligten zu 1) die Annahme der Erbschaft für seine Kinder - nur darum geht es - wirtschaftliche Nachteile haben könnte. Der Nachlass ist nicht überschuldet, sondern stellt einen nicht unerheblichen Vermögenswert dar.

13

Hierbei kann dahinstehen, ob das in Dannstadt gelegene Anwesen, …, gegen Zahlung einer monatlichen Kaltmiete in Höhe von 1 000,00 € vermietet ist. Tatsache ist, dass in der Bilanz des Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker zum 31. Dezember 2011 insoweit Erträge in Höhe von insgesamt 11 500,00 € angesetzt sind, das entsprechende Sachkonto 08000 seit Februar 2011 auf der Habenseite monatlich 1 000,00 € aufweist, wobei es keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit gibt. Soweit es um die Einsichtnahme in Vertragsunterlagen geht, besteht das Angebot einer Einsichtnahme in den Kanzleiräumen des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2). Ungeachtet dessen kommt es auf die Erträge schon deshalb nicht an, weil der Sachwert des Anwesens bereits mit 150 000,00 € anzusetzen ist.

14

Was weiter die in Güstrow gelegene Immobilie betrifft, kann offenbleiben, wie hoch deren Wert ist und ob sich die Beteiligten auf eine Übernahme durch den Beteiligten zu 1) entsprechend dem mit Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) vom 11. April 2012 gemachten Vorschlag - für den bereits ein notarieller Vertragsentwurf vorliegt - einigen werden. Hinsichtlich der vom Beteiligten zu 1) geltend gemachten Kosten des Verwalters ist nämlich mittlerweile festgestellt, dass er insoweit keine in Ansatz bringen kann. Unterstellt, eine Versteigerung ergäbe lediglich einen Erlös in Höhe von 30 000,00 € - wie vom Beteiligten zu 1) befürchtet - verbliebe insoweit unter Zugrundelegung des Schuldenstandes gemäß vorgenanntem Schriftsatz eine Verbindlichkeit für den Nachlass in Höhe von rd. 50 000,00 €. Schon danach verbleibt im Saldo zugunsten des Nachlasses ein Betrag in Höhe von rd. 100 000,00 €. Hinzuzurechnen ist ein Bankguthaben in Höhe von rd. 27 000,00 € sowie eine Forderung gegenüber der Krankenversicherung in Höhe von rd. 29 000,00 €, die inzwischen beglichen ist. Nachdem auch das vom Beteiligten zu 2) der Erblasserin gewährte Darlehen aus dem Erlös des Verkaufs der weiteren Immobilie in Monsheim, …, zurückgeführt ist, verbleibt nach der vorgelegten Bilanz lediglich ein kurzfristiges Darlehen in Höhe von 5 000,00 €, so dass insgesamt betrachtet sich ein positiver Nachlass im Bereich von 150 000,00 € ergibt.

15

Der Senat hat unter diesen Umständen keine Bedenken, den Ausführungen des Ergänzungspflegers beizutreten, wonach der Nachlass bei entsprechender Verwaltung sowohl in seiner Substanz als auch ertragsmäßig geeignet ist, nachhaltig zum Unterhalt und zur Vermögensbildung der Kinder beizutragen. Was das finanzielle Risiko der Immobilie in Güstrow betrifft, kommt hinzu, dass weiterer Miteigentümer der Beteiligte zu 1) als Vater ist. Auch wenn insoweit ein erheblicher Verlust - wie ausgeführt - keineswegs die Überschuldung des Nachlasses zur Folge hätte, liegt es mithin in der Hand des Beschwerdeführer selbst, im Interesse seiner Kinder außerhalb des Versteigerungsverfahrens eine Einigung herbeizuführen.

16

Ungeachtet dessen verbleiben bei der vorzunehmenden Gesamtschau in jedem Fall nicht unerhebliche Vermögenswerte des Nachlasses, so dass es aus Sicht des Kindeswohls keine Gründe gibt, den Nachlass nach dem Tod der Mutter auszuschlagen.

III.

17

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 84 FamFG. Nicht zu erstatten sind jedoch die Kosten des Beteiligten zu 2), da er in diesem Verfahren nicht förmlich beteiligt ist. Insbesondere hätte es der Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten nicht bedurft.

18

Die Festlegung des Verfahrenswertes für beide Instanzen beruht auf §§ 36 FamGKG i.V.m. 46 Abs. 4 KostO. Danach ist auf den Wert des (Netto-)Nachlasses abzustellen, den der Senat auf bis zu 155 000,00 € bemisst.

19

Gründe, gemäß § 70 Abs. 2 FamFG die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht gegeben.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.