Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 21. Sept. 2017 - 1 Ws 316/17

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2017:0921.1WS316.17.00
bei uns veröffentlicht am21.09.2017

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Tenor

1. Auf die Beschwerde des Verurteilten wird die in Ziffer 4. f) des Beschlusses der Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 31. August 2017 erteilte Weisung aufgehoben.

2. Die Landeskasse hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat mit Beschluss vom 31. August 2017 angeordnet, dass nach vollständiger Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren aus dem Urteil des Amtsgerichts Worms vom 24. Juli 2014 (Az. 3228 Js 30432/13 - 4 Ls) die Führungsaufsicht nicht entfällt. Die Dauer der Führungsaufsicht ist auf fünf Jahre festgesetzt worden.

2

Dem Verurteilten wurde in Ziffer 4. f) des Beschlusses folgende Weisung erteilt:

3

„Der Verurteilte wird angewiesen, den Konsum jeglicher Substanzen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, zu unterlassen. Zum Nachweis seiner Betäubungsmittelabstinenz hat er sich für die Dauer der gesamten Führungsaufsicht im Abstand von höchstens drei Monate, insgesamt vier Drogenscreenings jährlich, jeweils spätestens bis zum 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember eines Jahres zu unterziehen. Das Drogenscreening ist in Form von Urinkontrollen vorzunehmen, die auf Amphetamin, MDMA (Ecstasy)/Metamphetamin, Cannabis, Cocain und Opiate zu untersuchen sind. Die Urinkontrolle hat der Verurteilte bei einem ihn behandelnden Allgemeinmediziner, dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt oder der Suchtberatungsstelle seines Wohnortes abzugeben. Das Ergebnis hat der Verurteilte dem Bewährungshelfer unverzüglich nachzuweisen. Ein körperlicher Eingriff darf hiermit nicht verbunden sein. Die Kosten für die Drogenscreenings hat bis auf weiteres die Staatskasse zu tragen.“

4

Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer ist dem Verurteilten am 6. September 2017 zugestellt worden. Mit Schreiben vom selben Tag, beim Landgericht Frankenthal (Pfalz) am 8. September 2017 eingegangen, hat der Verurteilte gegen den Beschluss „Rechtsmittel“ eingelegt und ausgeführt, seine „Beschwerde“ richte sich gegen die oben genannte Weisung. Er sei drogenabhängig und es werde ihm nicht gelingen, in Freiheit keine Drogen zu konsumieren.

5

Das Landgericht hat diese Beschwerde als sofortige Beschwerde behandelt und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

6

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Schreiben vom 15. September 2017 Stellung genommen und beantragt, die „sofortige Beschwerde“ als unbegründet kostenpflichtig zu verwerfen.

II.

7

Die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

8

1. Da sich das Rechtsmittel des Verurteilten ausschließlich gegen eine angeordnete Weisung richtet, handelt es sich um eine einfache Beschwerde und nicht um eine sofortige Beschwerde gegen die Anordnung des Nichtentfallens der Führungsaufsicht (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 S. 1 StPO). Insofern hätte eine Abhilfeentscheidung des Landgerichts erfolgen müssen. Eine Zurückverweisung zur Nachholung des Abhilfeverfahrens ist aber nicht geboten.

9

2. Der Senat hat im Rahmen seiner eingeschränkten Prüfungskompetenz zu prüfen, ob die getroffenen Anordnungen gesetzmäßig sind (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 S. 2 StPO). Demnach kann der Senat Anordnungen, die die Führungsaufsicht betreffen, nur aufheben, wenn sie im Gesetz keine Grundlage finden, wenn ein Ermes-sensfehlgebrauch durch das erstinstanzliche Gericht vorliegt oder wenn die Weisun-gen unverhältnismäßig sind. Letzteres ist hier der Fall.

10

Die vom Landgericht angeordnete Weisung, drogenfrei zu leben und sich zum Nachweis der Drogenabstinenz Urinkontrollen zu unterziehen, ist im vorliegenden Fall unverhältnismäßig und daher unzulässig. Zwar kann ein Verurteilter gemäß § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB grundsätzlich angewiesen werden, während der Dauer der Führungsaufsicht keine Suchtmittel (oder andere berauschende Mittel) zu sich zu nehmen, allerdings darf das Gericht nach § 68b Abs. 3 StGB an die Lebensführung einer verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen stellen. Nach diesen Maßstäben begegnet die unter Ziffer 4. f) getroffene Anordnung durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn eine Weisung nach § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB darf gegen einen langjährig suchtkranken, bislang nicht erfolgreich behandelten Verurteilten im Regelfall nicht angeordnet werden (Senat, Beschlüsse vom 22. Februar 2012, Az. 1 Ws 39/12, und 7. Mai 2012, Az. 1 Ws 76/12; ebenso: OLG Celle, Beschluss vom 16. Oktober 2009, Az. 2 Ws 228/09; OLG Braunschweig, Beschluss vom 12. Mai 2016, Az. 1 Ws 97/16; Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 13. Juli 2015, Az. 1 Ws 114/15; OLG Dresden, Beschluss vom 13. Juli 2009, Az. 2 Ws 291/09; jeweils zitiert nach juris; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder StGB 29. Auflage, § 68b, Rdnr. 14a; Fischer StGB 64. Auflage, § 68b, Rdnr. 12ff.; einschränkend: OLG Rostock, Beschluss vom 27. März 2012, Az. I Ws 90/12; a.A. betreffend alkoholkranken Verurteilten: OLG Köln, Beschluss vom 13. September 2009, Az. 2 Ws 568/10, jeweils zitiert nach juris).

11

Der Verurteilte ist, wie schon in der Anlassverurteilung durch das Amtsgericht Worms vom 24. Juli 2014 festgestellt, langjähriger Heroinkonsument. Mit dem 15. oder 16. Lebensjahr hat er nach den dortigen Feststellungen begonnen, Cannabis zu konsumieren. In der Folge habe er auch Amphetamine sowie Ecstasy konsumiert. Mit 21 oder 22 Jahren habe der Verurteilte sodann begonnen, Heroin zu konsumieren. Seit etwa 2004 oder 2005 konsumiere er kein Cannabis und kein Amphetamin mehr, jedoch weiterhin Heroin. Der Verurteilte habe im Rahmen des § 35 BtMG vom 10. Januar 2011 bis 21. Februar 2011 eine stationäre Suchtmittelentwöhnungsbehandlung in der Fachklinik D. begonnen. Die Maßnahme sei disziplinarisch beendet worden, da der Verurteilte zunächst mit Amphetamin und später zudem mit Spice rückfällig geworden sei. Während der drei der vorliegenden Verurteilung vorausgehenden Inhaftierungen sei der Verurteilte „clean“ gewesen.

12

Weiter ist dem Urteil des Amtsgerichts Worms zu entnehmen, dass das delinquente Verhalten des Verurteilten seit Jahren wiederholt in Wohnungseinbruchsdiebstählen besteht, durch welche dieser sich ein Einkommen von einigem Umfang verschaffen möchte, um damit insbesondere seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Von einer Maßnahme nach § 64 StGB wurde in der Anlassverurteilung abgesehen, da das Amtsgericht hierfür in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des forensischen Sachverständigen … keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht sah. Im Übrigen wurden - ebenfalls in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Sachverständigen - die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt - namentlich der Hang des Verurteilten zum Konsum von Heroin, aufgrund dessen erneut Einbruchsdiebstähle und damit erhebliche Straftaten im Sinne des § 64 StGB zu erwarten seien - bejaht.

13

Der zuständige Sozialarbeiter in der JVA Frankenthal (Pfalz) geht ebenfalls davon aus, dass beim Verurteilten eine verfestigte und seit vielen Jahren andauernde Suchtproblematik vorliegt. Auch in der jetzigen Strafhaft hat der Verurteilte Drogen konsumiert.

14

Der Verurteilte selbst hat sowohl im Rahmen der Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer am 25. August 2017 als auch in seiner Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebracht, dass er sich selbst für süchtig hält und davon ausgeht, dass er es nicht schaffen wird, vollständig auf Heroin zu verzichten.

15

Angesichts der geschilderten langjährigen, bislang nicht erfolgreich behandelten Drogenabhängigkeit kann von einer nachhaltigen Fähigkeit des Verurteilten zur Abstinenz nicht ausgegangen werden. Allein die Feststellung im Urteil des Amtsgerichts Worms vom 24. Juli 2014, während dreier Vorinhaftierungen habe der Verurteilte keine Drogen konsumiert, lässt nach Auffassung des Senats diesen Schluss nicht zu. Die Situation im Strafvollzug ist mit der außerhalb des Strafvollzugs insoweit nicht vergleichbar. Zwar sind auch im Strafvollzug Drogen erhältlich; deren Beschaffung ist aber ungleich schwieriger als außerhalb des Strafvollzugs.

16

Die - strafbewehrte - Weisung zu Ziffer 4. f) - einschließlich der dortigen Anweisung zur Abgabe von Urinproben - stellt damit unzumutbare Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten (§ 68b Abs. 3 StGB) und erweist sich deshalb als unzumutbar, weshalb sie auf die Beschwerde des Verurteilten aufzuheben war.

17

Wegen des Erfolgs der Beschwerde hat die Landeskasse die Kosten des Beschwer-deverfahrens und die dem Verurteilten darin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen (§ 467 Abs. 1 StPO analog).

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Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 27. März 2012 - I Ws 90/12

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(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist mit Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 10.05.2007 wegen Raubes in zwei Fällen sowie wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde angeordnet.

2

Nach den Feststellungen des Urteils verkaufte der Beschwerdeführer Anfang 2006 an fünf Wochenenden Haschisch und Marihuana und finanzierte dadurch teilweise auch seinen eigenen Drogenkonsum. Im Juni 2006 fasste er den Plan, älteren Damen die Handtasche zu entreißen, um sich von dem erhofften geldwerten Inhalt Drogen zu verschaffen. In zwei Fällen gelang ihm die Umsetzung des Planes, wobei er bei der ersten Tat unter Alkoholeinfluss stand. Die Unterbringung wurde auf das Gutachten des Sachverständigen ... gestützt. Danach wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer an einer Persönlichkeitsstörung litt (infantil-dissoziale Persönlichkeitsstörung, Abhängigkeitssyndrom von legalen und illegalen Drogen) und deshalb zu den Tatzeiten vermindert schuldfähig war. Der Sachverständige ging von einer hohen Wiederholungsgefahr aus, soweit die Persönlichkeitsstörung und das Abhängigkeitssyndrom nicht behandelt werden würde.

3

Der Beschwerdeführer war vor den o.g. Anlasstaten bereits mehrfach wegen Straßenverkehrsdelikten und Vermögensstraftaten - teilweise begangen unter Alkoholeinfluss - verurteilt worden. Deswegen hatte er bereits mehrere Jahre Jugendstrafe verbüßt und war in einer Entziehungsanstalt untergebracht worden.

4

Der Beschwerdeführer war vom 06.08.2007 bis zum 30.07.2009 in der Klinik für Forensische Psychiatrie der Universität Rostock untergebracht. Dort wurde eine Abhängigkeit von multiplen psychotropen Substanzen (ICD-10: F19.2) und eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und narzisstischen Anteilen (ICD-10: F61.0) diagnostiziert. Im Laufe der Unterbringung kam es zu einigen Regelverstößen und der Verurteilte zeigte sich zuletzt als therapieresistent. Die Unterbringung wurde daher zunächst zum Zwecke der Zwischenvollstreckung unterbrochen. Nachdem der Verurteilte in der mündlichen Anhörung vom 01.02.2010 erklärt hatte, dass er während der Strafvollstreckung Haschisch mitkonsumiert habe und für den Maßregelvollzug nicht motiviert sei, wurde die Unterbringung mit Beschluss des Landgerichts Rostock vom 10.03.2010 für erledigt erklärt und die weitere Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt.

5

Nach Vollverbüßung wurde der Verurteilte am 22.07.2011 aus der Haft entlassen. Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 03.08.2011 wurde das Nichtentfallen der Führungsaufsicht angeordnet. Mit Datum vom 19.12.2011 regte die Aufsichtsstelle an, eine Abstinenzweisung zu erteilen, da der Verurteilte im Rahmen einer Anhörung am 21.11.2011 mitgeteilt habe, dass er in persönlichen Krisensituationen gelegentlich Haschisch konsumiere, aber weiterhin das Ziel habe, abstinent zu leben. Nachdem der Verurteilte einen ersten Anhörungstermin versäumt hatte, ordnete die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 06.02.2012 eine Abstinenzweisung an, gegen welche der Verurteilte Beschwerde einlegte. Von der Strafvollstreckungskammer hierzu angehört erklärte er, dass er nur etwas einnehme, wenn er großen Kummer habe. Er sei bereit, zu den Urinkontrollen zu gehen.

6

Mit Beschluss vom 23.02.2012 änderte die Strafvollstreckungskammer den Beschluss vom 06.02.2012 dahingehend ab:

7

dass der Verurteilte angewiesen wird,

8

keinen Alkohol und andere berauschende Mittel („Drogen“) zu konsumieren und zum Nachweis seiner Abstinenz mindestens alle zwei Wochen, wobei die genauen Termine von der Führungsaufsichtsstelle festzusetzen sind, eine labormedizinische Untersuchung durch eine Urinprobenkontrolle auf Amphetamine und Methamphetamine, Barbiturate, Benzodiazepin, Kokain-Metaboliten, LSD, Methadon, Opiate, Tetrahydrocannabinol und Alkohol bei Dr. med. H. K., (…) auf Kosten der Staatskasse durchführen zu lassen.

9

Hiergegen legte der Verurteilte über seinen Verteidiger Beschwerde ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Verurteilten um einen langjährigen Suchtabhängigen handeln würde, welcher nicht erfolgreich habe behandelt werden können. Es liege auf der Hand, dass die ein oder andere Kontrolle positive Ergebnisse im Hinblick auf Alkohol oder andere Drogen liefern werde. Über den Umweg des § 145a StGB werde dann das Verhalten des Verurteilten in unzumutbarer Weise pönalisiert. Die Strafvollstreckungskammer half der Beschwerde nicht ab.

10

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte mit Zuschrift vom 13.03.2012, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. Mit Gegenerklärung vom 20.03.2012 wiederholte der Verteidiger seine bisherige Argumentation.

II.

11

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da die angefochtenen Weisungen ohne Ermessensfehler getroffen wurden.

12

Nach § 463 Abs. 2, § 453 Abs. 2 S. 2 StPO kann die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass die getroffenen Anordnungen gesetzeswidrig seien. Dies ist der Fall, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreiten oder gemessen am Rechtsstaatsprinzip dem Bestimmtheitsgebot nicht entsprechen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 11.03.2010 - 2 Ws 39/10, BeckRS 2010, 06146, m.w.Nachw.).

13

Solches ist hier nicht festzustellen. Die angeordneten Weisungen sind nach § 68b Abs. 1 Nr. 10 StGB gesetzlich vorgesehen und wurden hinreichend bestimmt gefasst. Es liegen auch konkrete Anhaltspunkte vor, welche im Sinne des § 68b Abs. 1 Nr. 10 StGB besorgen lassen, dass der Konsum von Alkohol und anderen Drogen dazu beitragen wird, dass der Verurteilte neue Straftaten begehen wird. Der Drogenmissbrauch war in ganz erheblicher Weise mitursächlich für die Begehung der letzten Taten. Der Verurteilte wurde nicht erfolgreich therapiert, so dass eine hohe Rückfallgefahr besteht. Die Weisungen sind somit geeignet, den Zweck der Maßregel zu erreichen, d.h. den Verurteilten von der Begehung neuer Straftaten abzuhalten und dessen Resozialisierung zu fördern.

14

Die Weisungen sind zudem erforderlich, da mildere Maßnahmen mit gleicher Effizienz nicht ersichtlich sind. Therapieweisungen stellen keine milderen Maßnahmen dar und sind zudem angesichts der Therapieresistenz des Verurteilten zumindest derzeit ungeeignet.

15

Die Weisungen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinn, es werden insbesondere keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten im Sinne des § 68b Abs. 3 StGB gestellt.

16

Es mag sein, dass der Beschwerdeführer als ein bisher nicht erfolgreich behandelter langjähriger Suchtkranker aufgrund eines hohen Suchtdrucks und der ständigen Angst vor Bestrafung im Fall des Scheiterns einer gewissen psychischen Belastung ausgesetzt sein wird. Diese Belastung ist im konkreten Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Verhinderung suchtbedingter Straftaten gegenüberzustellen. Allein der Umstand, dass es sich bei dem Verurteilten um einen langjährigen nicht erfolgreich behandelten Suchtkranken handelt, macht die Abstinenzweisung keinesfalls grundsätzlich unzulässig (so aber wohl OLG Celle, Beschl. v. 16.10.2009, - 2 Ws 228/09, NStZ-RR 2010, 91 f.). Abstinenzweisungen sind vielmehr gerade für diese Gruppe von Straftätern anzuwenden, um sie angesichts der nicht therapierten Suchterkrankung von dem weiteren Missbrauch von Suchtmitteln abzuhalten.

17

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nicht jeder Verstoß gegen die Weisung zu einer Strafverfolgung führen wird (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 13.09.2010 - 2 Ws 568/10, NStZ-RR 2011, 62). Strafbewehrte Weisungsverstöße nach § 145a Satz 2 StGB werden nur auf Antrag der Aufsichtsstelle verfolgt, so dass nicht bei jedem Verstoß per se mit der Einleitung von Ermittlungsmaßnahmen zu rechnen ist. Das Antragserfordernis soll bewirken, dass die Strafverfolgung nur als letztes Mittel eingesetzt wird, um auf den unter Führungsaufsicht stehenden Verurteilten, der sich den Resozialisierungsbemühungen entgegenstellt, einzuwirken. Die Aufsichtsstelle hat daher sorgfältig abzuwägen, ob eine Bestrafung erforderlich und somit ein Strafantrag geboten ist. Besteht Aussicht, mit weniger einschneidenden Mitteln erfolgreich auf den Täter einwirken zu können, z.B. durch verschärfte Kontrollen, so sind diese Mittel dem Strafantrag vorzuziehen (vgl. Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, 28. Aufl. § 145a Rn 11).

18

Ferner ist zu beachten, dass eine Bestrafung nach § 145a StGB voraussetzt, dass durch den Weisungsverstoß der Zweck der Maßregel konkret gefährdet wird, also dass die Gefahr neuer Straftaten vergrößert wird. Kleinere Verstöße reichen daher im Regelfall nicht aus, soweit sie sich nicht häufen (vgl. Fischer, StGB 59. Aufl. § 145a Rn. 8).

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Wenn also der Verurteilte alles unternimmt, was in seiner Macht steht, um trotz seiner Suchterkrankung abstinent zu leben und wenn er bei Rückfällen sofort die Hilfe der Aufsichtsstelle sucht, ist die Wahrscheinlichkeit einer Strafverfolgung nach § 145a StGB eher gering und führt nicht von vornherein zu einer Unzumutbarkeit der Weisung.

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Der Verurteilte hat auch gezeigt, dass er bei entsprechendem Druck durchaus in der Lage ist, weitgehend abstinent zu leben. Er hat selbst bekundet, dass er abstinent leben will, zumal er mit seiner Lebenspartnerin für die Betreuung des gemeinsamen Kleinkindes verantwortlich ist. Schwerwiegende Rückfälle gab es in letzter Zeit nicht. Soweit er erklärt hat, dass er in persönlichen Krisensituationen gelegentlich Haschisch konsumiere, zeigt das seine fortbestehende charakterliche Labilität, nicht jedoch eine akute schwere Drogensucht mit körperlicher Abhängigkeit. Gerade bei solchen Fällen ist eine Abstinenzweisung nicht unzumutbar (vgl. OLG München, Beschl. v. 09.07.2010, -2 Ws 571/10, Abs. Nr. 8, zitiert nach Juris).

III.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 310 Abs. 2 StPO).

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.