Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 23. Apr. 2018 - 1 Ws 12/18 (Vollz)

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2018:0423.1WS12.18VOLLZ.00
bei uns veröffentlicht am23.04.2018

Tenor

Der Antrag des Gefangenen, ihm nach Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Zweibrücken vom 29. November 2017 (Az. 2 StVK 411/17) Widereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 13. März 2018 hat der Senat dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsbeschwerdeverfahren gegen den in der Entscheidungsformel bezeichneten Beschluss des Landgerichts bewilligt und ihm auf seinen Antrag hin Rechtsanwältin Y beigeordnet. Diese Entscheidung wurde dem Antragsteller am 20. März 2018 förmlich zugestellt. Mit Schreiben vom 9. April 2018, am selben Tag beim Senat eingegangen, hat der Antragsteller beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen mit der Maßgabe, die Bestellung von Rechtsanwältin Y aufzuheben und ihm Gelegenheit zu geben, einen zu Vertretung im Rechtsbeschwerdeverfahren bereiten anderen Verteidiger zu benennen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsanwältin Y habe, nachdem ihr am 21. März 2018 die etwa 100 Seiten umfassenden Verfahrensunterlagen zugegangen seien, mit Verteidigerpost vom 22. März 2018, die er erst am 3. April 2018 erhalten habe, mitgeteilt, dass es ihr „in Anbetracht der Kürze der Zeit sowie der notwendigen Einarbeitung in den Rechtsstreit“ nicht möglich sei, Anträge im Rechtsbeschwerdeverfahren zu stellen und diese zu begründen.

II.

2

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in den vorigen Stand ist bereits unzulässig.

3

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 S. 1 StPO). Vorzutragen ist dabei ein Sachverhalt, der ein die Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden ausschließt (Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 45 Rn. 5a). Hieran fehlt es:

4

Der nicht näher substantiierte Vortrag, der beigeordneten Rechtsanwältin sei es nach deren Mitteilung nicht möglich gewesen, bis zum Ablauf der Frist (27. März 2018) eine Rechtsbeschwerdebegründungsschrift anzufertigen und einzureichen, schließt bereits ein Verschulden auf Seiten der Rechtsanwältin nicht hinreichend aus. Im Strafvollzugsverfahren, das dem Verwaltungsprozess nachgebildet ist, muss sich der Betroffene ein Verschulden des ihm beigeordneten Rechtsanwalts grundsätzlich wie eigenes zurechnen lassen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.05.1981 - 3 Ws 63/81, NStZ 1981, 408; OLG Hamm, Beschluss vom 17.09.2015 - III-1 Vollz (Ws) 275/15, juris Rn. 13; OLG Celle, Beschluss vom 24.06.2015 - 1 Ws 290/15, NStZ 2016, 244, 245; Arloth/Krä, StVollzG, 4. Aufl., § 118 Rn. 3, § 112 Rn. 5; a.A.: Kamann/Spaniol in Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl., § 112 Rn. 12).

5

Hinzukommt, dass der Antragsteller ein eigenes Verschulden an der Fristversäumung ebenfalls nicht ausräumt hat. Denn er trägt nicht vor, sich vor der Benennung von Rechtsanwältin Y als beizuordnende Rechtsanwältin versichert zu haben, dass diese nach erfolgter Beiordnung auch bereit und in der Lage ist, die Rechtsbeschwerde innerhalb der ab Zustellung des Beiordnungsbeschlusses laufenden Wochenfrist (§ 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG, § 45 Abs. 1 S. 1 und 2 StPO) zu begründen. Der Antragsteller durfte daher nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass die Rechtsanwältin nach erfolgter Beiordnung im Rechtsbeschwerdeverfahren tatsächlich tätig werden wird (vgl. BGH, Beschluss vom 17.07.2003 - 3 StR 142/03, NStZ 2004, 166). Auch dies schließt die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 45 Anforderungen an einen Wiedereinsetzungsantrag


(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de

Strafprozeßordnung - StPO | § 44 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung


War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 120 Entsprechende Anwendung anderer Vorschriften


(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entspr

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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Im Übrigen sind die Vorschriften der Strafprozessordnung und die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

(2) Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.