Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 31. März 2004 - 2 N 2/03

bei uns veröffentlicht am31.03.2004

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller sind Eheleute und halten in I. die American Staffordshire Terrier – Hündin mit Namen "Enrico's Black Betty". Über diese ist nach einer Wesensprüfung durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen am 21.8.2000 bescheinigt worden, dass sie sich in allen Teilen der Überprüfung als charakterlich fest, selbstsicher und gehorsam erwiesen habe. Der Hund hat am 27.5.2001 beim Deutschen Verband der Gebrauchshundevereine e.V. – Landesverband Saarland e.V. – die "Verkehrssichere Begleithundprüfung" bestanden. Aus einer Bescheinigung der Lebenshilfewerke im Kreis Neunkirchen GmbH, Neunkirchen, vom 16.8.2000 geht hervor, dass die Hündin in der Wohnstätte H. regelmäßig Kontakt zu behinderten Kindern hat und im Umgang mit diesen als gutmütig und kinderfreundlich zu bezeichnen sei. Weiter ist der Antragstellerin zu 1. für die Hündin mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde I. vom 18.8.2000 eine Ausnahmegenehmigung vom Maulkorbzwang nach §§ 7 II, 6 IV, 5 III der verfahrensgegenständlichen Polizeiverordnung erteilt worden. Die Antragsteller begehren gemäß § 47 VwGO die Überprüfung von Vorschriften der Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland vom 26.7.2000 (Amtsblatt S. 1246; im folgenden: VO). Aus dem Bescheid geht weiter hervor, dass sich die Antragstellerin zu 1. bei Beantragung der Ausnahmegenehmigung darauf berufen habe, die Hündin werde in der Landwirtschaft des Antragstellers zu 2. als Herdengebrauchshund eingesetzt, und dass die Ausnahme vom Leinenzwang nach § 7 I Nr. 2 VO beim dahingehenden Einsatz gelte.

In § 1 I der o.a. vom Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales des Antragsgegners im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Sport erlassenen Landespolizeiverordnung wird definiert, bei welchen Hunden es sich unabhängig von aus der biologischen Zuordnung zur Familie der Hunde abzuleitenden individuellen Merkmalen, wie etwa der Rasse oder der Größe von Hunden mehrerer Rassen, um gefährliche Hunde im Sinne der Verordnung handelt. Unter der Überschrift "Erlaubnisvorbehalt", dem nach § 2 II VO die Ausbildung und das Halten nach § 1 I Nrn. 1 und 2 VO als im Hinblick auf die dort festgelegten Merkmale bzw. Vorfälle individuell gefährlich erkannter Hunde unterfallen, ist § 2 I VO das Verbot der nicht gewerbsmäßigen Zucht, der Ausbildung und des Haltens der nach § 1 I Nr. 3 VO als gefährlich eingestuften Hunde zu entnehmen. Verboten wird darüber hinaus jegliches Abrichten von Hunden auf Angriffslust oder Schärfe oder ein gleichstehendes Verhalten. Soweit der Erlaubnisvorbehalt eingreift, wird die Erlaubnis nur erteilt, wenn Ausbilder bzw. Halter über die erforderliche Zuverlässigkeit und Sachkunde verfügen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben (§ 2 III Nrn. 1 und 2 VO), die zu Ausbildung bzw. Halten genutzten Räumlichkeiten, Einrichtungen und Freianlagen eine verhaltensgerechte und ausbruchsichere Unterbringung aufweisen (§ 2 IV Nr. 3 VO) und der Nachweis einer Hundehalterhaftpflichtversicherung erbracht wird (§ 2 III Nr. 4 VO). Die Untersagung der Haltung als Folge des Fehlens der erforderlichen Erlaubnis richtet sich nach § 2 V VO. In § 3 VO ist ein nicht abschließender Katalog von Sachverhalten aufgeführt, bei deren Vorliegen Personen in der Regel die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne der VO nicht besitzen. Anknüpfend an den Begriff des gefährlichen Hundes regelt § 4 VO die Einzelheiten des Sachkundenachweises und bestimmt § 5 VO die Bedingungen für die Haltung gefährlicher Hunde im Sinne der Verordnung.

Die Polizeiverordnung wurde geändert durch Art. 9 I Gesetz vom 7.11.2001 (Amtsbl. S. 2158, 2175; Umstellung auf Euro) und Änderungsverordnung vom 9.12.2003 (Amtsbl. S. 2996), mit der die "Sondervorschriften" des § 6 VO neu gefasst (Art. 1 Nr. 1 ÄndVO) und gleichzeitig die in § 10 VO enthaltene Bußgeldregelung entsprechend angepasst (Art. 1 Nr. 2 ÄndVO) worden sind. Die letztgenannte Änderung ist am 1.1.2004 in Kraft getreten (Art. 2 ÄndVO).

In § 6 VO in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung waren besondere Regelungen für Hunde der in Absatz 1 der Vorschrift aufgelisteten drei Hunderassen getroffen gewesen. Die Vorschrift lautete:

"§ 6

Sondervorschriften

(1) Die Ausbildung und das Halten von Hunden der Rassen American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier sowie von American Pit Bull Terrier bedürfen einer besonderen Erlaubnis.

Die Erlaubnis kann erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 vorliegen und darüber hinaus folgende besondere Anforderung erfüllt ist:

Die erforderliche Sachkunde im Sinne der §§ 2 und 4 ist durch die erfolgreiche Teilnahme an einem besonderen Lehrgang nachzuweisen, der hinsichtlich seiner Dauer und Qualität den Anforderungen an die Halterin oder den Halter eines Hundes im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Rechnung trägt. Die Kosten des Lehrganges trägt die Halterin oder der Halter. Die zuständige oberste Landesbehörde erlässt die hierzu notwendigen Verwaltungsvorschriften.

(2) Die Ortspolizeibehörde kann die Unfruchtbarmachung eines gefährlichen Hundes oder eines in Absatz 1 Satz 1 genannten Hundes anordnen, wenn die Gefahr der Heranbildung gefährlicher Nachkommen besteht.

(3) Die nicht gewerbsmäßige Zucht von Hunden nach Absatz 1 Satz 1 und ihrer Kreuzungen sind verboten.

(4) Für die Haltung von Hunden im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gilt § 5."

Die seit 1.1.2004 geltende Fassung lautet:

"§ 6

Sondervorschriften

(1) Die Ausbildung und das Halten von Hunden der Rassen

1. American Staffordshire Terrier,

2. Staffordshire Bullterrier sowie

3. American Pit Bull Terrier

bedürfen einer Erlaubnis, solange nicht der zuständigen Behörde für die einzelnen Hunde durch einen Wesenstest mittels einer für den Sachkundenachweis bestellten sachverständigen Tierärztin oder Tierarztes nachgewiesen wird, dass diese keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweisen. Die Kosten des Wesenstests sind von der Halterin oder dem Halter zu tragen. Inhalt und Verfahren des Wesenstests, der der Gefahrerforschung dient, bestimmt die zuständige oberste Landesbehörde durch Verwaltungsvorschriften.

(2) Über den bestandenen Wesenstest erteilt die zuständige Behörde eine Bescheinigung. Alle drei Jahre nach der Erteilung der Bescheinigung hat die Hundehalterin oder der Hundehalter die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung erneut nachzuweisen. Die Bescheinigung verliert mit dem Wechsel der Hundehalterin oder des Hundehalters sowie nach Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes seine Gültigkeit.

(3) Hunde nach Absatz 1 Satz 1, die den Wesenstest nicht bestehen, sind gefährlich. Für sie kann die Erlaubnis nach § 2 erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 vorliegen.

(4) Die zuständige Behörde kann die Unfruchtbarmachung eines gefährlichen Hundes anordnen, wenn die Gefahr der Heranbildung gefährlicher Nachkommen besteht.

(5) Die nicht gewerbsmäßige Zucht von gefährlichen Hunden im Sinne des Absatzes 3 und ihre Kreuzungen sind verboten.

(6) Für die Haltung von gefährlichen Hunden im Sinne des Absatzes 3 gilt § 5".

Mit der Änderung der VO beabsichtigte der Antragsgegner, der nach Erlass der VO in der ursprünglichen Fassung ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechnung zu tragen. Nach dieser ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, das auf einer unwiderleglichen Vermutung der Gefährlichkeit von Hunderassen, wie es in den Sondervorschriften des § 6 VO in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung enthalten war, nach aktuellem Erkenntnisstand der Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten und ist allenfalls ein Gefahrerforschungseingriff im Sinne einer widerleglichen Vermutung der Gefährlichkeit der Individuen bestimmter Hunderassen von einer Ermächtigung zum Erlass von Polizeiverordnungen, wie sie dem Antragsgegner hier nach den Vorschriften des SPolG zusteht, gedeckt.

Vgl. etwa die Urteile des BVerwG vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 -, vom 18.12.2002 - 6 CN 4/01 - und vom 20.8.2003 - 6 CN 3.02 -

Ausnahmeregelungen für Gebrauchshunde ergeben sich aus § 7 I VO. Nach § 7 II VO kann die zuständige Behörde Ausnahmen vom Maulkorbzwang nach § 5 III und § 6 IV - insoweit in alter Fassung - VO zulassen, wenn im Einzelfall eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist.

In § 9 VO sind Übergangsregelungen für Halter von gefährlichen Hunden nach § 1 I VO bzw. Hunden nach § 6 I 1 VO a.F. enthalten, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung am 4.8.2000 (§ 11 VO i.V.m. dem am 3.8.2000 veröffentlichten Amtsblatt) einen derartigen Hund hielten. § 9 II VO betrifft unter anderem speziell die Halter von Hunden nach § 6 I 1 VO a.F..

§ 10 VO bewehrt Verstöße gegen Pflichten und Verbote der Verordnung als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße.

Der Antragsgegner hat auf der Grundlage von § 4 I 4, § 5 IV 4 und § 6 I 5 VO - insoweit in alter Fassung - die "Verwaltungsvorschriften zur Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland vom 26. Juli 2000" vom 13.9.2000 (Amtsbl. S. 228) erlassen. Darin werden u. a. Sachkundelehrgang und Nachweis der Sachkunde gemäß den §§ 4 und 6 VO - alter Fassung - nach Lehrgangsinhalten, Lehrgangsdauer und "Prüfungsbedingungen" geregelt, Art und Weise sowie das Verfahren der Kennzeichnung gemäß § 5 IV VO festgelegt und das Verfahren zur Erlangung einer Ausnahme vom Maulkorbzwang auf der Grundlage von § 7 II VO bestimmt.

Gegen die Verordnung in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung wandten sich die Antragsteller mit ihrem Normenkontrollantrag vom 15.2.2001, der am 19.2.2001 bei Gericht eingegangen ist, und beriefen sich auf Verstöße gegen die Grundsätze der Erforderlichkeit, der Bestimmtheit, der Verhältnismäßigkeit und des Willkürverbotes. Dazu machten sie geltend, der Antrag auf Prüfung der VO richte sich gegen die darin enthaltenen, ausschließlich an die Rasseliste geknüpften Rechtsfolgen, nach denen die Halter von in § 6 I VO - alter Fassung - aufgeführten Hunden mit den Haltern gefährlicher Hunde im Sinne von § 1 I VO gleichgestellt würden. Die Regelungen der VO wiesen keine wesentlichen Unterschiede zu der vom angerufenen Gericht mit Urteil vom 1.12.1993 - 3 N 3/93 - aufgehobenen sogenannten Kampfhundeverordnung auf; sie sei daher nichtig, zumindest was die Aufnahme von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier in die Rasseliste anbelange.

Die VO enthalte an mehreren Stellen Inhalts- und Schrankenbestimmungen für die Halter als Eigentümer der in der Rasseliste aufgeführten Hunde. Damit verstoße der Verordnungsgeber gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Einbeziehung der Hunde in die Rasseliste sei weder geeignet noch erforderlich zur Gefahrenabwehr. Zu beanstandende Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentumsrechts der Halter aus Art. 14 I GG bezüglich der Hunde der Rasseliste ergäben sich aus der Erlaubnispflichtigkeit, der Kennzeichnungspflicht nach § 5 IV 2 VO und den sonstigen Vorgaben für das Führen der Hunde aus § 5 I, III VO, insbesondere dem Zwang zur Anbringung des Schildes "Vorsicht. Gefährlicher Hund". Insoweit ergebe sich auch bei individueller Prüfung auf Ungefährlichkeit des einzelnen Hundes ein Zwang zur Unwahrheit.

Die Eignung der Aufnahme der Hunde nach Rasse in § 6 I VO - alter Fassung - sei unter dem Gesichtspunkt des Leinen- und Maulkorbzwanges fraglich, da diese zu einer Aggressivitätserhöhung führten. Die aus dieser Regelung hervorgehende unwiderlegliche Vermutung der Gefährlichkeit der Hunde der dort aufgeführten Hunderassen entspreche nicht der Erforderlichkeit, da an diese Vermutung zahlreiche Einschränkungen anknüpften, ohne dass der individuelle Nachweis der Gefährlichkeit erfolge beziehungsweise die vermutete Gefährlichkeit des einzelnen Hundes widerlegt werden könne. Eine ausreichende Überwachung sei auch durch eine widerlegliche Vermutung sicherzustellen. Die darüber hinausgehende Installierung einer unwiderleglichen Vermutung sei nicht erforderlich, wie das etwa aus der Entscheidung des HessVGH vom 8.9.2000 - 11 NG 2500/00 - hervorgehe.

Die Gleichstellung der in die Rasseliste aufgenommenen Hunde mit gefährlichen Hunden stelle auch einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 I Grundgesetz dar. Diese führe nämlich zu einer willkürlichen Benachteiligung der Halter von Hunden dieser Rassen gegenüber den Haltern von Hunden sonstiger Rassen. Insoweit sei ein strenger Maßstab anzulegen, da es sich um die Frage der Ungleichbehandlung von Personengruppen, nämlich der betroffenen Halter, denen Einschränkungen und besondere Verpflichtungen auferlegt würden, handele. Demgegenüber sei der weite Maßstab des Vergleichs von Sachverhaltsgruppen nicht anzuwenden. Zwar sei die abstrakte Hundegefahr allgemein rechtlich haltbar; die Gleichsetzung von American Staffordshire Terriern mit tatsächlich gefährlichen Hunden im Sinne der VO beruhe indes auf einer falschen Tatsachenbasis. Vom Charakter und Wesen her lägen für die Rasse American Staffordshire Terrier keine wissenschaftlichen Erkenntnisse für eine rassenspezifische Gefährlichkeit vor, wie dies insbesondere die mit der Antragsschrift vorgelegten Erkenntnisquellen belegten. Danach gebe es keine statistischen Nachweise über die Gefährlichkeit von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier. Die vorliegenden Statistiken wiesen die Mehrzahl aller Beißvorfälle anderen Hunderassen zu als den in der Rasseliste aufgeführten. Daraus folge, dass sich aus der bloßen Zugehörigkeit zu einer der dort aufgeführten Rassen eine gesteigerte Gefährlichkeit nicht ableiten lasse. Es handele sich vielmehr um das Problem des Hundehalters als Auslöser für Gefährdungen, die von diesen Rassen ausgingen. Dem widerspreche es, die Hunde der Rasseliste als gefährlich zu qualifizieren, ohne die Möglichkeit des Gegenbeweises durch die "nicht gefährlichen Hundehalter" zu ermöglichen. Weiter sei die tägliche Belastung durch die Regelungen der VO für Halter der rassebedingt als gefährlich eingestuften Hunde zu berücksichtigen. Das Opportunitätsprinzip des Polizeirechts rechtfertige keine willkürlichen Unterscheidungen ohne die Chance des Gegenbeweises. Dies gelte auch für das Entschließungsermessen. Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur sogenannten Kampfhundesteuer

vgl. BVerwGE 75, 175

berufen, da sich Steuerrecht und Polizeirecht maßgeblich unterscheiden würden.

Die Antragsteller, die ursprünglich schriftsätzlich beantragt hatten, die Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland vom 26.7.2000 aufzuheben, haben in dem Erörterungstermin des Senats am 2.7.2003 klargestellt, dass ihr Antrag dahingehend zu verstehen sei, dass alleine die Feststellung der Nichtigkeit der die Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier betreffenden Sondervorschriften in § 6 VO - a.F. - und § 9 VO begehrt werde.

Nach zwischenzeitlichem In-Kraft-Treten der Änderung des § 6 VO verfolgen sie ihr Begehren weiter. Dazu machen sie geltend, auch durch die Neuregelung der VO würden sie in ihren Rechten verletzt. Die Regelung des § 6 VO knüpfe auch in der Neufassung an einen Rassekatalog an und unterwerfe die dort aufgeführten Hunde einer Erlaubnispflicht, solange nicht der zuständigen Behörde für die einzelnen Hunde durch einen Wesenstest nachgewiesen werde, dass diese keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit aufwiesen. Es werde daher zunächst vermutet, dass ein gefährlicher Hund bei den genannten Rassen vorliege. Wie bereits ausführlich vorgetragen und dargestellt worden sei, verstoße die Anknüpfung an das Merkmal "Rasse" gegen das Gleichheitsgebot und beeinträchtige die Antragsteller in ihren Rechten. So seien sie nach wie vor gezwungen, regelmäßig, nach § 6 II VO i.d.F. der Neuregelung alle drei Jahre, einen Wesenstest mit ihrem Hund zu absolvieren. Durch diesen Wesenstest entstünden weitere erhebliche Kosten. Auch insoweit bestehe eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung und Belastung der Antragsteller. Gerade unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sei die auch der Neufassung des § 6 VO zu entnehmende Anknüpfung an das Merkmal "Rasse" nicht gerechtfertigt. Die Verordnung sei daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Die Antragsteller beantragen,

§ 6 I, II, III 1 Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland vom 26.7.2000 (Amtsbl. S. 1246) i.d.F. der Verordnung zur Änderung der Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland vom 9.12.2003 (Amtsbl. S. 2996) für nichtig zu erklären, soweit darin Regeln für Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier getroffen sind.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er verweist darauf, dass sich aus dem geänderten § 6 I 3 VO unmissverständlich die Regelungsabsicht ergebe, dass die neue Bestimmung lediglich zu Gefahrerforschungseingriffen aufgrund eines Gefahrenverdachts ermächtige, was nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von der Verordnungsermächtigung des § 59 SPolG gedeckt sei. Im Übrigen verweist er darauf, dass hinsichtlich der gelisteten Hunderassen bzw. -arten ein Potenzial zu erhöhter Aggressivität erkennbar sei. Ausgelöst von Angriffen von Hunden auf Menschen, die mit schweren Verletzungen und Todesfolgen endeten, habe die "Gefahrhundeverordnung" vom 7.7.1998 (Amtsblatt S. 672) die ausschließlich auf den individuell gefährlichen Hund abgestellt habe, nicht mehr als ausreichend angesehen werden können. Bezugspunkt für die verfahrensgegenständliche, die vorgenannte Polizeiverordnung ablösende, erweiternde Regelung sei maßgeblich die Nennung der drei Hunderassen beziehungsweise -gruppen in dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 5.5.2000 sowie dem Entwurf des Bundesgesetzes zur Bekämpfung gefährlicher Hunde gewesen. Dort fänden jeweils Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier "aufgrund ihres besonderen Gefährdungspotenzials besondere Erwähnung". Die in § 6 I VO genannten Rassen beziehungsweise Gruppen von Hunden seien darüber hinaus nahezu ausnahmslos von entsprechenden Regelungen anderer Bundesländer erfasst und betroffen. Der aktuelle Bestand dieser Tiere im Saarland betrage nach Kenntnis des Antragsgegners beim American Staffordshire Terrier etwa 158, beim Staffordshire Bullterrier etwa 47 und beim American Pit Bull Terrier etwa 79 Tiere. Durch die Ergänzung der Rasseliste in § 6 I VO werde die Definition des gefährlichen Hundes erweitert, in dem Hunde der aufgeführten Rassen oder Gruppen von Hunden als gefährlich verdächtigt würden. Diesen müsse aufgrund rassespezifischer Merkmale eine gesteigerte Aggressivität zugesprochen werden. Diese Einstufung sei gerechtfertigt, da sie unter anderem in Relation ihres Anteils an der Gesamthundepopulation überproportional an Bissvorfällen beteiligt seien und ein großes Potenzial der Ausprägung der Eigenschaften eines gefährlichen Hundes besäßen. Die Beißkraft, sowie die Art des Beißens verbunden mit dem weiteren genotypischen Potenzial, welches auf ihre ursprüngliche Zweckbestimmung zur Verwendung als Kampfhunde zurückzuführen sei, rechtfertigten darüber hinaus eine entsprechende Einstufung im Vergleich zu Hunden anderer, vergleichbar großer Rassen. Für die gesonderte Einstufung spreche zudem, dass die Nachfrage nach derartigen Hunden durch bestimmte, nicht zuverlässige Personenkreise zur Herausbildung von Zuchten führe, die bewusst Hunde mit gesteigerter Aggressivität zum Ziel hätten. Untersuchungen belegten, dass es gerade bei diesen Rassen Zuchtlinien gebe, die sich durch gesteigerte Aggressivität auszeichneten, was auch durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Rechtmäßigkeit der Höherbesteuerung sogenannter Kampfhunde bestätigt werde.

Vgl. BVerwG, NVwZ 2000, 929

Die besondere Gefährlichkeit dieser Hunde ergebe sich aufgrund niedriger Reizschwelle und großer Kampfkraft. Ihr bis in die Gegenwart reichender Missbrauch als Kampfhunde habe zur Herausbildung von Verhaltenseigenschaften, wie hohe Aggressionsbereitschaft, Mut, niedrige Reizschwelle, fehlende Beißhemmung und hohe Schmerztoleranz, geführt. Eine rassebedingte gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit sei darüber hinaus durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt. Unter dem Aspekt der Gefahrenabwehr sei es dabei unerheblich, dass nicht jeder einzelne Hund der gelisteten Rassen beziehungsweise Hundegruppe von vornherein als gefährlich aufgrund übersteigerter Aggressivität einzustufen sei. All dies habe zur Folge, dass ein Verstoß gegen Art. 3 I GG nicht vorliege, da im Falle des Kataloges aus § 6 I VO wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches nicht willkürlich gleich behandelt werde. Es handele sich vielmehr um eine nach dem Gleichheitsgrundsatz erlaubte Ungleichbehandlung.

Die Beteiligten haben in dem vom Senat anberaumten Erörterungstermin am 2.7.2003 (§ 173 VwGO i.V.m. § 251 ZPO) im Hinblick auf das vom Antragsgegner zwischenzeitlich auf der Grundlage der o.a. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Gang gesetzte Gesetzgebungsverfahren zum Erlass eines Gesetzes zur Bekämpfung von gefährlichen Hunden das Ruhen des Verfahrens beantragt, woraufhin der Senat diesem Antrag entsprochen hat. Mit Schriftsatz vom 23.1.2004 haben die Antragsteller das Verfahren wieder aufgenommen, indem sie sich nunmehr gegen die Neuregelung des § 6 VO wenden. Der Antragsgegner hat sich hierauf eingelassen, indem er diesem Begehren in der Sache entgegentritt. Der Senat hat die Änderung des Normenkontrollantrages analog § 91 VwGO zugelassen.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Behördenunterlagen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist nicht begründet.

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens sind nach der Wiederaufnahme des Verfahrens und Zulassung der Umstellung des Antrags unter Berücksichtigung des im Erörterungstermin des Senates am 2.7.2003 und in der mündlichen Verhandlung klargestellten Antrags ausschließlich die Sondervorschriften in § 6 I, II und III 1 VO, soweit sie die antragstellerseits gehaltene Hunderasse betreffen. Die im Verlaufe des Verfahrens erfolgte Neufassung des § 6 VO, die seit 1.1.2004 die vorangegangene Regelung ersetzt, nimmt dem Normenkontrollantrag nicht das Rechtsschutzinteresse, da der Antrag analog § 91 VwGO auf die neue Rechtsvorschrift umgestellt worden ist

vgl. dazu etwa Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 47 Rdn. 90, a.E.

und das Gericht die hierin liegende Änderung des Antrags als sachdienlich zugelassen hat (§ 91 II VwGO - entspr. -).

Wenden sich die Antragsteller mithin unter Berücksichtigung der Klarstellung ihres Antrages gegen die in § 6 I, II, III 1 VO enthaltenen Regelungen - beschränkt auf die von ihnen gehaltene Hunderasse, liegt hierin keine Antragsänderung des anfänglich undifferenziert gestellten Antrages, da die abgegebene Begründung von Anfang an alleine auf die "Sondervorschriften" ausgerichtet war. Mit dem weiteren Hinweis darauf, dass es für eine ausschließlich an der Rasse festgemachte Gefährlichkeit von Hunden keinerlei Begründung gebe und auch der vom Antragsgegner nach dessen Angaben in der Antragserwiderung der Regelungen des § 6 VO maßgeblich zugrundegelegte Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 5.2.2000 keineswegs zwingend vorsehe, "dass – ohne Möglichkeit eines Gegenbeweises – eine Gefährlichkeit etwa des American Staffordshire Terrier festgelegt werden müsse", verdeutlichen die Antragsteller, die sich auch nach Maßgabe der Antragsschrift vom 15.2.2001 alleine mit den die in § 6 I VO aufgelisteten Hunden betreffenden Regelungen auseinandersetzen bzw. die auch für individuell als gefährlich eingestuften Hunden geltenden Einzelvorschriften, wie etwa den Leinen- und Maulkorbzwang, ausschließlich bezogen auf die als abstrakt gefährlich angesehenen Hunde, wie sie aus § 6 I VO hervorgehen, angreifen, dass sich der Normenkontrollantrag nicht auf eine Überprüfung der Polizeiverordnung in ihrer Gesamtheit bezieht. Daher war der der Antragsschrift zu entnehmende Antrag, die verfahrensgegenständliche Polizeiverordnung "aufzuheben", bei verständiger Würdigung nach Maßgabe der Antragsgründe bereits einschränkend dahin zu verstehen, dass lediglich die Regelungen der Verordnung, soweit sie die in § 6 I VO gelisteten Hunde betreffen, der Überprüfung unterzogen und für nichtig erklärt werden sollten. Bei der diesbezüglichen Erklärung im Schriftsatz vom 21.5.2001 und dem Antrag vom 2.7.2003 handelt es sich daher nicht um eine Einschränkung des der Antragsschrift zu entnehmenden, seinem Wortlaut nach weitergehenden ausdrücklich gestellten Antrages, sondern lediglich um die dahingehende Klarstellung des Antrages.

Davon ausgehend beschränkt sich die Prüfung im Normenkontrollverfahren auf die Frage der Teilnichtigkeit der VO bezogen auf die in § 6 I, II und III 1 VO n.F. (nachfolgend VO = VO in der Neufassung) getroffenen Sonderregelungen für Hunde der dort aufgelisteten Rassen.

Der so verstandene Antrag ist nach § 47 I Nr. 2 VwG0 i.V.m. § 16 AGVwG0 zulässig. Insbesondere können sich die Antragsteller jeweils auf eine Verletzung subjektiver Rechte im Verständnis des § 47 II 1 – 1. Alternative - VwG0 berufen. Ihre Belange als Halter eines in § 6 I 1 VO aufgeführten Hundes werden durch die mit der Verordnung auferlegten Verpflichtungen, insbesondere durch die verbindliche, wiederkehrende Verpflichtung zur Durchführung eines Wesenstestes auf eigene Kosten, beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigungen betreffen objektiv mehr als geringwertige, schutzwürdige Belange der Antragsteller und vermitteln die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Antragsteller durch Eingriffe in ihre allgemeine Handlungsfreiheit bei der Haltung des in ihrem Eigentum stehenden Hundes. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass die Antragsteller unter finanziellem Aufwand ihren Hund regelmäßig einem Wesenstest unterziehen lassen müssen. Hinzu kommt, dass sie gewärtigen müssen, bei negativem Testergebnis persönliche Einschränkungen bei der Haltung von Hunden nach § 6 I 1 VO, wie sie aus § 5 VO hervorgehen, zu unterliegen und eine Sachkundeunterweisung unter "Teilnahme an einem besonderen Lehrgang" nachweisen zu müssen. Wie das Wort "erfolgreiche Teilnahme" in § 4 I 1 VO belegt, müssen sie sich in diesem Falle einer Überprüfung der erworbenen Kenntnisse stellen, wenn sie nicht auf die Haltung des Hundes verzichten wollen. Hierdurch werden die Antragsteller zumindest in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 I GG beim Halten und Führen ihres Hundes tangiert. Diese Einschränkungen eröffnen erkennbar die Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte im Sinne von § 47 II 1 VwGO. Damit ist der Weg für das Normenkontrollverfahren eröffnet, das als objektives Prüfungsverfahren den Senat grundsätzlich vor die Aufgabe stellt, die Verordnung im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit insgesamt auf ihre Gültigkeit, zu untersuchen.

Vgl. dazu BVerwGE 82, 215, 233; BVerwG, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59

Dies gilt aber nicht uneingeschränkt. Die von den Antragstellern vorgenommene Einschränkung des Antrages, wie sie oben dargestellt ist, bewirkt eine Beschränkung der Prüfung auf die mit § 6 I, II, III 1 VO eröffneten Regelungen für Halter der dort aufgelisteten Hunderassen (bzw. –gruppen), speziell der American Staffordshire Terrier. Dem entspricht, dass die Antragsteller auch nur insoweit als beschwert angesehen werden können;

vgl. zur Beschwer: Kopp/Schenke, a.a.O., § 47 Rdn. 51

sie halten nämlich unstreitig keine individuell als gefährlich im Sinne von § 1 I VO erkannten Hunde, auch nicht der Rasse American Staffordshire Terrier, wollen ersichtlich in Zukunft keinen als individuell gefährlich erkannten Hund halten und wenden sich zudem nicht gegen die Regelungen der Polizeiverordnung, soweit sie individuell als gefährlich erkannte Hunde betrifft, wobei ihr Begehren dahin zu verstehen ist, dass dies auch für den Fall gilt, dass der von ihnen gehaltenen Hund u.U. in Zukunft sich als individuell gefährlich im Sinne von § 1 I VO erweisen sollte. Eine Rechtsverletzung durch die die letztgenannten Hunde betreffenden Vorschriften der Verordnung ist daher nicht zu prüfen. Diese Feststellung gilt auch dann, wenn gegenüber dem zuvor Gesagten das teilweise Fehlen einer Rechtsverletzung bei teilbarer Normsetzung nicht als Frage der Antragsbefugnis aufgefasst wird, da es dann insoweit teilweise am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangelte.

Vgl. dazu Kopp/Schenke, a.a.O., Rdn. 88, m.w.N.

Der Normenkontrollantrag ist zu Recht gemäß § 47 II 2 VwGO gegen das Saarland als diejenige Körperschaft gerichtet, der die für die Polizeiverordnung verantwortliche Landespolizeibehörde i.S.v. § 60 S. 1 SPolG i.V.m. § 76 I SPolG das Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales angehört. Dieses vertritt das Land gemäß § 1 II Gesetz über die Vertretung des Saarlandes vom 15.11.1960 (Amtsbl. S. 920).

Vgl. OVG Saarland, Urteil vom 1. Dezember 1993 - 3 N 3/93 -

Der somit zulässige Normenkontrollantrag ist indes nicht begründet.

Bedenken formeller Art gegen die Wirksamkeit der VO sind - sowohl was das Zustandekommen der VO in der ursprünglichen Fassung als auch was das der Änderungsverordnung anbelangt - weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Bei der diesbezüglichen Prüfung ist beides in den Blick zu nehmen, da der § 6 VO auch in der geänderten Fassung nicht selbstständig Bestand hat, sondern Regelungswirkung nur im Kontext weiterer Vorschriften der VO entfalten kann. Formelle Fehler des Erlasses der VO in der ursprünglichen Fassung schlagen deshalb auf die Wirksamkeit des § 6 geänderter Fassung durch. Indes liegen dahingehende Fehler nicht vor:

Rechtsgrundlage der VO ist § 59 SPolG. Danach können die Polizeiverwaltungsbehörden zur Gefahrenabwehr dienende Gebote oder Verbote, die in einer unbestimmten Zahl von Fällen an eine unbestimmte Zahl von Personen gerichtet sind, erlassen. Zuständig für den Erlass landesweit gültiger Polizeiverordnungen ist nach § 60 S. 1 SPolG i.V.m. § 75 II Nr. 1 und § 76 I SPolG das jeweils zuständige (Fach-)Ministerium innerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftsbereiches. Die Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden ergeben sich aus der jeweils gültigen Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden auf der Grundlage von § 4 II LOG. Maßgebend ist vorliegend die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO am 26.7.2000 (§ 11 I VO) geltende Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden vom 29.9.1999, Amtsbl. S. 1427, die am 19.10.1999 in Kraft getreten ist und - soweit hier von Bedeutung - unverändert fortgilt (vgl. die geltende Fassung zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 23.6.2003, Amtsbl. S. 1720 f.). Die Verknüpfung der Kompetenz zum Erlass von Polizeiverordnungen durch oberste Landesbehörden mit deren Geschäftsbereichen trägt dabei dem Gedanken Rechnung, dass die jeweils sachnächste fachliche Behörde dieser Verwaltungsstufe zum Erlass derartiger Verordnungen berechtigt sein soll. Mit der VO sollen Gefahren, die typischerweise durch Hunde insbesondere für Leib und Leben von Menschen entstehen können, bekämpft werden. Für die Beurteilung des Vorliegens polizeilich relevanter Gefahren durch Hunde und deren Zucht, Haltung und Führung sind im Schwerpunkt fachliche Kenntnisse über die Abgrenzung von Hunderassen überhaupt sowie die Konstitution und das Wesen derartiger Hunde ebenso erforderlich wie über die sach- und tiergerechten Möglichkeiten der Bekämpfung entsprechender Gefahren. Derartige Kenntnisse sind dem Fachbereich der Tiermedizin zuzuordnen. Hinzu kommt, dass es insbesondere auch um die Bekämpfung gesundheitlicher Gefahren für Menschen geht. Im Hinblick auf die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden ist es daher sachgerecht, von der Zuständigkeit des für die Geschäftsbereiche "Veterinärwesen" und "Gesundheitswesen" zuständigen Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales auszugehen.

Vgl. dazu OVG Saarland, Urteil vom 1.12.1993 - 3 N 3/93 -, AS 24, 412

Die VO in der ursprünglichen und in der geänderten Fassung vom 9.12.2003 sind ausweislich der vom Senat beigezogenen Erlassunterlagen ordnungsgemäß nach Art. 104 II 1 SVerf ausgefertigt. Bedenken formeller Art sind im Übrigen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die danach in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende VO in der seit 1.1.2004 geltenden geänderten Fassung stellt sich auch im Übrigen als rechtmäßig dar mit der Folge, dass der Normenkontrollantrag als unbegründet zurückzuweisen ist. Die VO erweist sich nämlich nach Maßgabe der durch die Antragstellung begrenzten Betrachtung der in der VO enthaltenen, an die Zugehörigkeit zu Hunden im Sinne von § 6 I 1 VO anknüpfenden Bestimmungen nicht als teilweise nichtig.

Vorab ist festzustellen, dass die VO mit ihrer durch § 6 I 1, III 1 und den dort enthaltenen Katalog von Hunderassen bzw. –gruppen eröffneten Gleichstellung der benannten Hunde mit individuell als gefährlich erkannten Hunden nicht gegen das sich aus der Bindungswirkung des o.a. Normenkontrollurteils des Gerichts vom 1.12.1993 – 3 N 3/93 – verstößt. In einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO getroffene Entscheidungen sind ebenso wie andere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen gemäß § 121 VwG0 der Rechtskraft fähig und binden daher die Beteiligten bei unveränderter Sach- und Rechtslage in allen anderen von ihnen betriebenen Verfahren, insbesondere einem neuen Normenkontrollverfahren. Die von einer Normenkontrollentscheidung insoweit ausgehende Bindungswirkung umfasst nach herrschender Meinung für den Verordnungs- oder Satzungsgeber auch das Verbot, ohne eine Änderung der Sach- und Rechtslage eine Rechtsvorschrift gleichen Inhalts zu erlassen.

VGH Baden-Württemberg, Entscheidungen vom 22.4.2002 - 1 S 1667/00 -, m.w.N., und vom 26.9.1978, DÖV 1979, 571; BVerwG, Beschluss vom 25.11.1999, NVwZ 2000, 813 ff

Der Senat teilt diese sich aus dem Wesen der Rechtskraft ergebende Auffassung.

Vorliegend beruft sich der Antragsgegner auf eine Änderung der Sach- oder Rechtslage, wenn er die hier fraglichen Sondervorschriften unter Berufung darauf rechtfertigt, dass in der Zeit nach jener Normenkontrollentscheidung des Gerichts Angriffe von Hunden auf Menschen mit zum Teil tödlichen Folgen festzustellen gewesen seien. Die unter dem Eindruck der gravierenden Vorfälle Mitte 1999 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder veranlasste Prüfung von Vorschlägen, mit denen den festgestellten Gefährdungen begegnet werden könnte, und die gleichzeitig in die Wege geleitete Vorbereitung flankierender bundesgesetzlicher Regelungen hätten unter anderem zu der Erkenntnis geführt, dass die in § 6 I 1 VO aufgeführten Hunderassen bzw. -gruppen aufgrund ihres besonderen Gefährdungspotenziales sowohl in dem die Überprüfung abschließenden Beschluss der Innenministerkonferenz vom 5.5.2000 als auch im Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde besondere Erwähnung fänden. Dem korrespondiere unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Erfahrungsaustausch mit den anderen Bundesländern, dass diese Hunderassen bzw. –gruppen nahezu ausnahmslos in den entsprechenden Gefahrabwehrverordnungen der übrigen Bundesländer zu finden seien. Aufgrund der so nachvollziehbar dargestellten neuen Erkenntnislage war es dem Antragsgegner daher nicht grundsätzlich verwehrt, eine dem Inhalt der für nichtig erklärten Polizeiverordnung über die Zucht, das Halten und Führen von Kampfhunden vom 14.8.1991 (Amtsbl. S. 918) vergleichbare Vorschrift wieder zu erlassen. Ein Vergleich der beiden Regelungen ergibt zudem, dass es sich zwar um eine inhaltsähnliche, nicht aber um eine inhaltsgleiche Norm handelt. Der entscheidende Unterschied besteht nicht schon darin, dass rein zahlenmäßig nunmehr nur noch drei Rassen bzw. Gruppen aus der "Kampfhundeliste" der für nichtig erklärten Polizeiverordnung von 1991 aufgezählt sind, sondern darin, dass sich der Antragsgegner über eine bloße Reduzierung hinaus durch neuere Ereignisse und in deren Folge aufgrund dahingehender Prüfung gewonnene Erkenntnisse dazu veranlasst gesehen hat, erneut gefahrenabwehrend tätig zu werden. Darin durfte er mit Fug und Recht eine Änderung der Sach- und Rechtslage erkennen, zumal das Gericht in seiner Entscheidung vom 1.12.1993 eine von den sogenannten Kampfhunden ausgehende abstrakte Gefahr anerkannt und die Nichtigkeit der dort überprüften Polizeiverordnung nicht aus deren Fehlen, sondern im Schwerpunkt aus einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz wegen der Nichtberücksichtigung weiterer Hunderassen mit aus den ausgewerteten Statistiken über durch Hunde ausgelöste Vorfälle abzuleitender vergleichbarer Gefahrenträchtigkeit hergeleitet hat. Von daher war es dem Antragsgegner bereits vor Ergehen der verfahrensgegenständlichen Polizeiverordnung unbenommen, unter Berücksichtigung der Gründe der ergangenen Normenkontrollentscheidung des Gerichts und unter Einbeziehung der über die in der kassierten Polizeiverordnung gelisteten Hunderassen hinaus als gleichartig gefährlich erkannten Hunderassen eine bereinigte "Kampfhundeverordnung" zu erlassen. Für das Vorliegen einer lediglich inhaltsähnlichen Regelung spricht nach der Änderung der VO zum 1.1.2004 zudem der Umstand, dass als wesentliches Regelungsmerkmal des durch die bis 31.12.2003 geltende Regelung ausgesprochenen Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt für die in § 6 I 1 VO gelisteten Hunde nicht mehr von einer unwiderleglichen Vermutung von deren Gefährlichkeit auszugehen ist, sondern nach der Neuregelung lediglich noch eine widerlegliche Vermutung der Gefährlichkeit besteht. Die Bindungswirkung jener Normenkontrollentscheidung steht der Auflistung in § 6 I VO mithin nicht entgegen.

Die mit dem Normenkontrollantrag geltend gemachte Rechtsunwirksamkeit einzelner Regelungsbestandteile der VO kann allgemein auf Verstöße gegen die Grundsätze der Bestimmtheit und Vollständigkeit, die neben den allgemeinen Grundsätzen aus dem Polizei- und Ordnungsrecht, dem Erfordernis der Geeignetheit, dem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden Übermaßverbot und dem Grundsatz, dass nur der Verantwortliche mit Pflichten belegt werden darf, stehen. Das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit (vgl. § 61 I SPolG) verlangt dabei, dass sich aus dem Wortlaut, der Zielsetzung und dem Regelungszusammenhang objektive Kriterien ergeben, die es dem Polizeipflichtigen ermöglichen, eindeutig zu erkennen, was nach der Polizeiverordnung geboten oder verboten ist. Das daraus folgende Gebot der Vollständigkeit der Verordnung (vgl. § 61 II SPolG) schließt grundsätzlich eine Verweisung auf andere Bekanntmachungen oder technische Vorschriften außerhalb des Verordnungstextes aus. Die getroffenen Regelungen müssen daher im Text der Polizeiverordnung vollständig enthalten sein. Die Verweisung auf andere Texte, die nicht von ihrer Natur her Gesetze oder Rechtsverordnungen sind, sind demnach grundsätzlich ausgeschlossen.

Speziell zum rechtsstaatlichen Gebot der hinreichenden Bestimmtheit von Normen gilt, dass der Normgeber gehalten ist, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Dabei darf der Normgeber grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn anders eine Umschreibung der Normtatbestände mit genau erfassbaren Maßstäben nicht möglich ist. Dann müssen sich allerdings aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen willkürlichen Vollzug der Norm ausschließen.

Vgl. dazu Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Auflage 2001, Rdnrn. 476 ff; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage, 1986, S. 507, 490; Mandelartz/Sauer/Strube, SPolG, 2002, § 59 Anm. 5, § 61 Anm. 1 ff; VGH Baden Württemberg, Urteil vom 17. August 1992 - 1 S 2550/91 -, S. 21 f des amtl. Umdrucks, m.w.N.

Davon ausgehend liegen die zwingenden Voraussetzungen für den Erlass der hier fraglichen Vorschriften der VO vor.

Polizeiverordnungen nach § 59 I i.V.m. § 1 II SPolG dienen der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Als Maßnahmen der Gefahrenabwehr setzt die Polizeiverordnung das Vorliegen einer abstrakten Gefahr voraus.

Vgl. dazu Mandelartz/Sauer/Strube, a.a.O., § 59 Anm. 6

Eine den Erlass einer Polizeiverordnung rechtfertigende abstrakte Gefahr, nämlich ein Zustand, bei dem allgemein nach der Lebenserfahrung in gedachten, typischen Fällen mit dem Eintritt eines Schadens gerechnet werden muss, ohne dass eine derartige Gefahr, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aus bestimmten Arten von Handlungen oder Zuständen zu entstehen pflegt,

vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, a.a.O., S. 227, 495 f

im Einzelnen tatsächlich einzutreten braucht, war zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der VO in der ursprünglichen Fassung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der bis 31.12.2003 geltenden unwiderleglichen Vermutung der Gefährlichkeit der in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunde nicht vorhanden. Dementsprechend hat der Antragsgegner vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gesetzesvorbehalt für Eingriffsmaßnahmen gegenüber Hunden der in § 6 I 1 VO gelisteten Rassen bzw. des dort aufgeführten Hundetyps aus § 59 SPolG die Befugnis abgeleitet, gegenüber eben diesen Hunden Gefahrerforschungseingriffe im Wege der Polizeiverordnung festzulegen berechtigt zu sein. Dabei hat sich der Verordnungsgeber von den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts in dessen

Urteilen vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 - und vom 18.12.2002 - 6 CN 4.01 - (insoweit Seite 19 f. des amtl. Umdr.)

leiten lassen, wonach Maßnahmen der Gefahrerforschung nach den von diesem entwickelten Grundsätzen zur Notwendigkeit einer spezialgesetzlichen Regelung für Maßnahmen gegenüber den hier fraglichen Hunden im Rahmen der Aufstellung eines verordnungsrechtlichen Gefahrermittlungsprogramms auf der Grundlage der polizeirechtlichen Verordnungsermächtigung eine Berechtigung bestehen kann, wenn die konkrete Ermächtigungsnorm eine ausreichende Rechtsgrundlage hierfür darstellt.

Der Senat folgt der Auffassung des Antragsgegners, dass § 59 I und II SPolG, der zum Erlass von Verordnungen zur Gefahrenabwehr ermächtigt, den Verordnungsgeber zugleich berechtigt, Gefahrerforschungsmaßnahmen im Wege der Polizeiverordnung jedenfalls dann zu erlassen, wenn solche Eingriffe in sachlichem Zusammenhang zu der Regelungsmaterie einer zur Gefahrenabwehr erlassenen Polizeiverordnung stehen und diese im Vorfeld der konkret von den Regelungen der Polizeiverordnung erfassten speziellen Gefahrenlagen ergänzt. Dabei lässt es der Senat dahinstehen, ob die polizeigesetzliche Ermächtigungsgrundlage zugleich die Ermächtigung umfasst, Polizeiverordnungen zu erlassen, die ausschließlich und alleine der Gefahrerforschung dienen. Hiervon ausgehend findet die Regelung in § 6 VO n.F. eine ausreichende Rechtsgrundlage in der Ermächtigungsnorm des § 59 SPolG. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:

Nach § 59 I SPolG sind die Polizeiverwaltungsbehörden ermächtigt, abstrakten Gefahren im Wege des Erlasses von Polizeiverordnungen zu begegnen. Damit knüpft eine Polizeiverordnung an Sachverhalte an, bei denen aufgrund von Handlungen oder Unterlassungen einer Person oder dem Zustand einer Sache eine Lage erkennbar wird, die erwarten lässt, dass sie bei ungehindertem Ablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Beeinträchtigung eines polizeilich geschützten Rechtsgutes führt. Rechtfertigt eine solche Lage die Annahme des Eintritts eines relevanten Schadens in überschaubarer Zukunft, liegt eine konkrete Gefahr vor, die polizeiliche Einzelmaßnahmen - etwa auf der Grundlage der Generalklausel nach § 8 SPolG - rechtfertigt. Demgegenüber setzt der Erlass einer Polizeiverordnung eine abstrakte Gefahr voraus, d.h. einen Zustand, bei dem allgemein nach der Lebenserwartung - in gedachten typischen Fällen - mit dem Eintritt eines Schadens gerechnet werden muss, ohne dass die Gefahr im Einzelfall konkret tatsächlich einzutreten braucht.

Vgl. Mandelartz/Sauer/Strube, SPolG, 2000, § 8 Anm. 4

Ausgehend hiervon stellt der Antragsgegner bei Erlass der vorliegend zu überprüfenden Polizeiverordnung auf die von als gefährlich einzustufenden Hunden ausgehende Gefahr ab und erlaubt, wie aus ihrer Überschrift hervorgeht, "zum Schutz der Bevölkerung" Vorkehrungen, die es unabhängig davon, ob in jedem Einzelfall ein Schadenseintritt unvermeidlich ist, ermöglichen, durch Verbote und/oder Gebote für eine unbestimmte Zahl von Fällen gegenüber einer unbestimmten Zahl von Personen (§ 59 II SPolG) den als typisch gefährlich erkannten Lagen im Geltungsbereich der VO einheitlich entgegen zu treten. Von daher stellt vorliegend die VO ein Gefahrenbekämpfungskonzept zur Verfügung, das einerseits das Vorgehen der Gefahrenabwehrbehörden in dem geregelten Bereich steuert und andererseits die Position des Betroffenen auch für diesen überschaubar und vorhersehbar macht. Dazu legt das Konzept der VO fest, unter welchen Voraussetzungen ein Hund als individuell gefährlich anzusehen ist, indem es in § 1 I Nrn. 1 bis 3 VO abschließend typische Lebenssachverhalte festlegt, die die Gefährlichkeit von Hunden unwiderleglich vermuten lassen, weil bei deren Verwirklichung eine von dem jeweiligen konkreten Hund ausgehende Gefahr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. In all diesen Fällen konnte auch vor Erlass der Verordnung auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel im Einzelfall mit polizeilichen Mitteln vorgegangen werden, während sich die Gefahrenabwehr nach Erlass der Verordnung ausschließlich nach dieser und den dort festgelegten, für die Gefahrenabwehrbehörden verbindlichen Regeln richtet.

Dazu geht die VO auf der Ebene der Sachverhaltsfeststellung ersichtlich davon aus, dass das Vorliegen der die Gefährlichkeit im Einzelfall begründenden Merkmale nach § 1 I VO von den Haltern ohne weiteres erkannt werden kann, wie sich aus § 1 III VO, der u.a. an die Kenntnis der Halter anknüpft, rückschließen lässt. Im Übrigen wird insoweit auf die objektive Erkennbarkeit dieser Merkmale abgestellt. Daraus folgt, dass der Behörde, auch wenn der Halter bei Vorliegen derartiger Merkmale nicht von einer Gefährlichkeit ausgeht oder sich deren nicht sicher ist, die Berechtigung zukommt, die Gefährlichkeit festzustellen (§ 1 II VO). Diese Befugnis umfasst dabei sowohl die Fälle, dass objektiv keinerlei Zweifel über die Gefährlichkeit vorliegen, weil etwa die Voraussetzungen des § 1 I 2 VO eindeutig belegt sind, der Halter dies aber nicht erkennt oder erkennen will, als auch die Fälle, in denen die bekannten Umstände die Gefährlichkeit nicht zweifelsfrei ergeben. In der letztgenannten Fallgestaltung obliegt es der Polizeiverwaltungsbehörde, die Frage der Gefährlichkeit - unter Umständen unter Hinzuziehung von Veterinärmedizinern - von Amts wegen aufzuklären. Diesbezüglich ist mithin ein Gefahrerforschungseingriff in das spezifische Gefahrenbekämpfungsprogramm der VO konzeptionell und folgerichtig integriert. Die behördliche Feststellung der Gefährlichkeit löst die der VO zu entnehmenden Rechtsfolgen, wie Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und Haltungsgebote, aus. Bis dahin sind der zuständigen Behörde lediglich Gefahrerforschungseingriffe, wie etwa die Zuführung des Tieres zu einer tierärztlichen Untersuchung bzw. eine dahingehende Anordnung und deren Durchsetzung, und unter Umständen vorläufige Maßnahmen erlaubt. Steht die Gefährlichkeit eines Hundes fest, treffen den Halter die den §§ 2 bis 5 VO zu entnehmenden Ge- und Verbote bzw. Handlungspflichten, die bezüglich des aus § 5 III 1 VO hervorgehenden Maulkorbzwanges unter den Voraussetzungen des § 7 II VO modifiziert und die nicht Gegenstand der antragstellerseits angestrengten Normenkontrolle sind.

Gleichfalls der Gefahrerforschung dienen die § 6 I und II VO zu entnehmenden Regelungen. Im Gegensatz zu § 1 II VO steht hier die Gefahrerforschung indes nicht in unmittelbarem Zusammenhang zu Tatsachenfeststellungen im Sinne der Fallgruppen nach § 1 I Nrn. 1 bis 3 VO; vielmehr knüpft die Gefahrerforschungsmaßnahme des Wesenstestes in Gestalt einer widerleglichen Vermutung an die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer der in § 6 I 1 VO gelisteten Hunderassen bzw. zu dem dort genannten Hundetyp an.

Diese Einbindung von Gefahrerforschungsmaßnahmen in eine Polizeiverordnung begegnet keinen Rechtsbedenken im Hinblick darauf, dass § 59 I SPolG derartige Befugnisse nicht ausdrücklich eröffnet, sondern vom reinen Wortlaut her das Vorliegen einer abstrakten Gefahr voraussetzt. Hierfür genügt mithin nicht allein ein Gefahrenverdacht, auch wenn dieser durch Tatsachen erhärtet ist, um weitere behördliche Nachforschungen, ob eine tatsächliche Gefahr vorliegt, zu rechtfertigen. Es ist anerkannt, dass die Befugnis zur Feststellung von Gefahren dann, wenn die Polizei Anhaltspunkte für die Entwicklung einer Gefahrenlage hat, von der polizeilichen Generalklausel mit umfasst wird, auch wenn diese dort nicht ausdrücklich aufgeführt ist.

Vgl. etwa Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Auflage 2001, Rdn. 155

Da es sich bei der abstrakten Gefahr um eine Typisierung konkreter Gefahren handelt, letztere aber die Befugnis zu Gefahrerforschungseingriffen umfasst, kommt es auch im Rahmen des Erlasses von Polizeiverordnungen in Frage, zumindest in Ergänzung zu den darin einer Regelung zugeführten typischen Gefahrenlagen auch Gefahrerforschungseingriffe zu ermöglichen, um die Effektivität der mit der Polizeiverordnung beabsichtigten Gefahrenabwehr zu gewährleisten und zu optimieren. Dem entspricht es, bei Einbindung derartiger Gefahrerforschungseingriffe in das konkrete Gefahrenbekämpfungsprogramm der Polizeiverordnung diese Eingriffe auf der Grundlage von § 59 SPolG zuzulassen. Hierin liegt keine Erweiterung von Anordnungsbefugnissen für die Polizeiverwaltungsbehörden im Wege der Verordnung, da sie die Befugnis zu Gefahrerforschungseingriffen bereits aufgrund der polizeilichen Generalklausel haben, auch wenn auf deren Grundlage eine Vielzahl einzelner Verfügungen erforderlich wäre. Gerade im Hinblick auf die mögliche Vielzahl von Einzelentscheidungen durch unterschiedliche örtlich zuständige Polizeiverwaltungsbehörden und den weiten Ermessensspielraum, den das Polizeirecht den mit seiner Anwendung befassten Beamten einräumen muss, stehen erhebliche Unterschiede in der Behandlung derartiger Gefahrenverdachtsfälle im Raum. Deshalb entspricht es der Rechtssicherheit, die typischerweise bereits im Vorfeld der durch Polizeiverordnung geregelten abstrakten Gefahrensituationen auftretenden Gefahrenverdachtsfälle in die Befugnisse nach den Polizeiverordnungen einzubeziehen und damit einer einheitlichen Regelung zuzuführen. Damit wird die befürchtete Rechtsunsicherheit vermindert.

Vgl. dazu Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage 1986, Seite 484 ff; Urteil des Senats vom 25.8.2003 - 2 R 18/03 -, Bl. 15 des amtl. Umdr.

Auch in den Fällen der Gefahrerforschung ist es erforderlich, dass derartige Eingriffe nur gegenüber potenziellen Störern, d.h. Haltern von Hunden, die Merkmale aufweisen, die mit dem Eintritt eines Schadens rechnen lassen, ohne dass die befürchtete Gefahr im Einzelfall konkret tatsächlich einzutreten braucht, erfolgen.

Vgl. Wolf/Bachhof, Verwaltungsrecht III, 4. Auflage 1978, § 128 Rdn. 17

Die Ermächtigungsgrundlage in § 59 SPolG entspricht dabei nach Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wie sie aus Art. 80 I 2 GG bzw. Art. 104 I 2 SVerfG hervorgehen, auch wenn die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage Gefahrerforschungseingriffe nicht ausdrücklich nennt. Inhalt, Zweck und Ausmaß ergeben sich vielmehr aus der in Rechtsprechung und Literatur weitgehend unbestrittenen Kompetenz der Polizeiverwaltungsbehörden zu Gefahrerforschungseingriffen auf Grund der polizeilichen Generalklausel, die diese ebenfalls nicht ausdrücklich erwähnt. Werden aber polizeilich relevante gefahrenträchtige Sachverhalte abstrakt durch eine Polizeiverordnung verbindlich für die Polizeiverwaltungsbehörden geregelt, ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, in den Rahmen des einheitlichen Gefahrenbekämpfungsprogramms die von der Polizeiverordnung erfassten spezifischen Gefahrenlagen ergänzend und flankierend die im unmittelbaren Zusammenhang hierzu stehenden typischen Fälle von Gefahrenverdacht, die virulent erkennbar sind, einzubeziehen. Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.12.2002 hinsichtlich der Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern und vom 3.7.2002 hinsichtlich der Rechtslage in Niedersachsen belegen, dass eine Ermächtigungsvorschrift, die wie § 59 SPolG, die inhaltlich mit § 17 I SPolG Mecklenburg-Vorpommern übereinstimmt, dem Wortlaut nach ausschließlich der Gefahrenabwehr dient und das Vorliegen einer abstrakten Gefahr erfordert, wie es das Bundesverwaltungsgericht andeutet, daneben im Rahmen eines Gefahrerforschungsprogrammes bzw. Gefahrermittlungsprogrammes

vgl. das Urteil vom 18.12.2002, S. 18 des amtl. Umdr., und vom 3.7.2002, S. 14, 19 des amtl. Umdr.

auch ergänzend zu Gefahrerforschungseingriffen ermächtigt, wenn die zu prüfende Gefahrenlage auf das Vorliegen einer abstrakten Gefahr bei entsprechender Erweislichkeit der Gefahrerforschungsmaßnahme hindeutet, also Fälle typischen Gefahrenverdachtes einbezogen werden.

Eine hiernach im Wege der Polizeiverordnung zulässige Festlegung von Gefahrerforschungseingriffen für die in § 6 I 1 VO gelisteten Hunde in der Form der widerleglichen Vermutung des Bestehens eines Gefahrenverdachtes unter Einführung eines Wesenstestes wird durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Sowohl die Vermutung des Gefahrenverdachtes als auch der Wesenstest sind einschließlich der Wiederholung des Wesenstestes in dreijährigem Abstand geeignete und verhältnismäßige Regelungen, um die mit der Polizeiverordnung ermöglichte Gefahrerforschung im Rahmen eines Gefahrenabwehrprogrammes zum Schutze der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden verwirklichen zu können.

Hiervon ausgehend bestehen keine Bedenken gegen die für die in Abs. 1 der Vorschrift gelisteten Hunde eröffnete Möglichkeit von Gefahrerforschungseingriffen in Form einer widerleglichen Vermutung des Vorliegens eines Gefahrenverdachtes verbunden mit einem Wesenstest, der dazu führt, dass die Haltung dieser Hunde bei Bestehen des Wesenstestes keinerlei Einschränkung unterliegt. Dies gilt auch für die Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift zu entnehmende Verpflichtung der Halter, den Wesenstest alle drei Jahre durchführen zu lassen. Auch im Übrigen greift der Normenkontrollantrag nicht durch.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in mehreren Entscheidungen betreffend vergleichbare Rechts- bzw. Polizeiverordnungen zum Schutze von gefährlichen Hunden anderer Bundesländer

vgl. die Urteile vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 - (Niedersachsen), vom 18.12.2002 - 6 CN 1.02 - (Schleswig-Holstein), vom 18.12.2002 - 6 CN 4.01 - (Mecklenburg-Vorpommern), vom 20.8.2003 - 6 CN 3.02 - (Brandenburg)

speziell mit der Anknüpfung der polizeirechtlichen Gefahr an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse bzw. einen bestimmten Hundetyp - letztlich allesamt sogenannte Kampfhunde - befasst und insbesondere in den Fällen, in denen die gesetzliche Verordnungsermächtigung den Erlass von (Polizei-)Gefahrenabwehrverordnungen an das Vorliegen einer abstrakten Gefahr knüpft, klargestellt, dass darauf beruhende Verordnungen, die an einen bloßen Gefahrenverdacht anknüpfen, durch die Ermächtigung nicht gedeckt sind und der Vorbehalt des Gesetzes eingreift. Dazu hat es ausgeführt, dass es dann, wenn es an ausreichenden Belegen für einen kausalen Zusammenhang zwischen Rassezugehörigkeit und Schadenseintritt fehle, zugleich an einer abstrakten Gefahr fehle. In diesem Falle erlaube das allgemeine Gefahrenabwehrrecht keine polizeirechtlichen Maßnahmen, die allein an die Rassezugehörigkeit anknüpften. Derartige Regelungen bedürften der speziellen gesetzlichen Grundlage. Namentlich habe der Gesetzgeber die etwaige Einführung sogenannter Rasselisten selbst zu verantworten.

Vgl. etwa das Urteil vom 18.12.2002 - 6 CN 1.02 -, S. 21 des amtl. Umdrucks

Weiter hat es dazu ausgeführt, dass sich aus der Zugehörigkeit zu einer Rasse, einem Typ oder gar einer entsprechenden Kreuzung von Hunden nach dem Erkenntnisstand der Fachwissenschaft nicht ableiten lasse, ob von den Hundeindividuen Gefahren ausgingen. Zwar bestehe der Verdacht, dass Hunde der hier fraglichen Rassen bzw. des fraglichen Typs ein genetisch bedingtes übersteigertes Aggressionsverhalten aufwiesen. Es sei jedoch in der Wissenschaft umstritten, welche Bedeutung diesem Faktor neben zahlreichen anderen Ursachen - Erziehung und Ausbildung des Hundes, Sachkunde und Eignung des Halters sowie situativer Einflüsse - für die Auslösung aggressiven Verhaltens zukomme. Insbesondere lägen zur Problematik weder aussagekräftige Statistiken oder sonstiges belastbares Erfahrungswissen noch genetische Untersuchungen vor.

Vgl. etwa das Urteil vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 -, S. 15-19 des amtl. Umdrucks

Davon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich Polizeiverordnungen bzw. Gefahrtierverordnungen, die nicht an die von Hunden ausgehenden Gefahren anknüpften, wie sie wegen der Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens mit der Haltung von Hunden allgemein oder von solchen bestimmter Größe oder Beißkraft verbunden waren, sondern Hunde bestimmter Rassen oder eines bestimmten Typs als besonders gefährlich angesehen haben, wobei der Beitrag dieser Merkmale zur Gefährlichkeit des einzelnen Hundes ungeklärt ist, die sie jeweils bestätigenden instanzgerichtlichen Entscheidungen aufgehoben.

Da der von dem Antragsgegner ursprünglich erlassene § 6 VO in gleicher Weise anknüpfend an die Rassen American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier (sowie daneben den American Pit Bull Terrier) konkrete Gefahrenabwehrmaßnahmen in Form einer unwiderleglichen Vermutung eröffnet hat, ist der Antragsgegner im Hinblick auf diese Rechtsprechung hiervon abgerückt. Mit der verfahrensgegenständlichen Änderung des § 6 VO hat er zwar einerseits in dessen Abs. 1 Satz 1 die Rasseliste der aufgehobenen Vorschrift beibehalten; er geht aber nun nicht mehr von der Gefährlichkeit der gelisteten Hunde im Sinne einer unwiderleglichen Vermutung aus, sondern statuiert eine widerlegliche Vermutung der Gefährlichkeit in Abhängigkeit vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Wesenstestes, dem der einzelne Hund zu unterwerfen ist.

Damit trägt der Antragsgegner der weiteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinen

Urteilen vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 -, S. 19 f. des amtl. Umdrucks, und vom 18.12.2002 - 6 CN 4.01, S. 18 ff. des amtl. Umdrucks,

Rechnung, wonach der Gesichtspunkt, dass Hunde bestimmter Rassen einem Wesenstest zugeführt werden und dass nach Bestehen dieses Tests keine weiteren Anforderungen an die Hundehaltung gestellt werden, weil dann ein Gefahrenverdacht ausgeräumt sei, dazu führt, dass der dann bestehende bloße Gefahrerforschungseingriff von der Verordnungsermächtigung für den Erlass von Polizeiverordnungen gedeckt sein kann. Vor diesem Hintergrund ergibt die Überprüfung der seit 1.1.2004 geltenden Sondervorschriften in § 6 VO, dass die Ermächtigung zum Erlass von Polizeiverordnungen in § 59 SPolG die Polizeiverwaltungsbehörden dazu berechtigt, abstrakt-generelle Regelungen zur Gefahrermittlung zu treffen und dass die hier fraglichen Vorschriften der VO als Gefahrerforschungseingriffe hierin eine ausreichende Rechtsgrundlage finden und auch im Übrigen den Vorschriften des saarländischen Polizeigesetzes über den Erlass von Polizeiverordnungen entsprechen. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:

Der Antragsgegner hat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens zum Erlass von Polizeiverordnungen nach § 59 I, II SPolG den nach seiner Einschätzung für bestimmte Hunderassen aufgrund vorhandener Eigenschaften bestehenden Gefahrenverdacht zum Anlass genommen, im Vorfeld der Abwehr insoweit möglicherweise entstehender zukünftiger Gefahren für die hohen Rechtsgüter von Leib und Leben von Personen dienende Gefahrerforschungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Abgrenzung des Adressatenkreises der nach der VO polizeipflichtigen Personen hat er in § 6 I 1 VO im Wege der Anknüpfung an die von ihm zum Zeitpunkt des Erlasses der VO als gefährlich erkannten Hunderassen vorgenommen. Dabei hat er in den Kreis der Pflichtigen alle Personen einbezogen, die Hunde dieser Rassen ausbilden, halten und nicht gewerbsmäßig züchten. Damit richtet sich die VO an eine unbestimmte Zahl von Personen, die durch die Rassezugehörigkeit des in ihrem Besitz befindlichen Hundes näher bestimmt wird. Als Abgrenzungskriterium gegenüber den Besitzern von Hunden aller anderen Hunderassen, die nicht im Katalog des § 6 I 1 VO enthalten sind, verwendet der Antragsgegner die Bezeichnung von drei dort aufgeführten Rassen bzw. Gruppen von Hunden, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und American Pit Bull Terrier.

Dazu beruft er sich, ohne den Begriff der "Kampfhunde", wie er noch in § 1 seiner vom Gericht für nichtig erkannten Polizeiverordnung über die Zucht, das Halten und Führen von Kampfhunden vom 14.8.1991 in Form einer umfassenden Liste derartiger Hunde zu entnehmen war, aufzugreifen, auf bereits zum Zeitpunkt des Erlasses jener Polizeiverordnung vorhandene als auch jüngere Erkenntnisquellen, denen seiner Auffassung nach zu entnehmen ist, dass die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunderassen sich durch erhebliche Beißkraft, Stärke, Aggressivität und Schmerzunempfindlichkeit auszeichnen. Darin und in einer in der Zeit vor Erlass der VO erkennbaren Auffälligkeit diesen Rassen zugehöriger Hunde bei Beißvorfällen hat der Antragsgegner einen aktuell betreffenden Gefahrenverdacht erkannt.

Diese Beurteilung hält der Überprüfung durch den Senat stand. Bereits ein Rückgriff auf die bisherige einschlägige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zeigt das Verdachtspotenzial auf. Die dort unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Vorliegens einer abstrakten Gefahr durch derartige Hunde getroffenen Feststellungen belegen jedenfalls den vom Antragsgegner der von ihm in § 6 VO zur Gefahrenvorsorge ergriffenen Regelungen zugrundegelegten Gefahrenverdacht.

Das Gericht hat in seinem Normenkontrollurteil zur sog. Kampfhundeverordnung von 1991,

vgl. das Urteil vom 1.12.1993, a.a.O.,

deren Katalog die hier fraglichen drei Hunderassen bzw. -gruppen gleichfalls ausweist, ausführlich dargelegt, dass aus vorliegenden verschiedenen "Beißstatistiken" hervorgehe, dass sogenannte großrahmige Hunde allgemein erwartungsgemäß stärker an tödlichen oder von schwereren Verletzungen geprägten Beißzwischenfällen beteiligt sind als kleinere Hunde. Die so grob vorgenommene Differenzierung zwischen den Haltern kleinerer Hunde und großrahmiger Hunde begegne von vorneherein keinen Bedenken, auch wenn kleinere Hunderassen im Einzelfall häufig an Beißzwischenfällen beteiligt seien, da deren Gefährlichkeit jedenfalls geringer einzustufen sei als die sogenannter großrahmiger Hunde. Hinsichtlich der letztgenannten Hunde sei bis in die achtziger Jahre erkennbar, dass Hunde der in § 1 der sog. Kampfhundeverordnung aufgeführten Rassen keine signifikante Rolle zukomme.

Kolbe, Beißende Hunde in einer Großstadt. Seuchenhygienische Bedeutung, ethologische Aspekte und verwaltungsrechtliche Behandlung, Dissertation, Berlin, 1983, S. 59; Katarzynski, Hunde töten Menschen, Kriminalistik 1975, 78 f; Händel, Nochmals: Hunde können gefährlich werden, Kriminalistik 1975, 268 f; Mätzler, Von Hunden getötet und angefressen, Kriminalistik 1983, 634; Wehner, Gefährliches "Werkzeug Hund", Kriminalistik 1983, 635; Breitsamer, Wenn Hunde Menschen töten eine fachpolizeiliche Untersuchung für die Praxis, Die Polizei 1986, 267 f; Untersuchung des Leitenden Oberstaatsanwalts in Dortmund vom 26. Mai 1992; Hartwig, Bedrohung durch "Kampfhunde"?, Unser Rassehund, 1991, 7 ff (abgedruckt auch in VDH - Zur Sache: Kampfhunde, Dortmund, Dezember 1991, S. 30 ff); Umfrage des Deutschen Städtetages, Hamann/Vahle, Umfrage: Gefährlichkeit von Hunden, Forschungsprojekt "Tierrecht", FHSöV NW, Deutscher Städtetag, Köln, Essen/Dortmund, Mai 1992

Aus all diesen Statistiken folge, dass den Beißstatistiken für die Zeit des Erlasses der sog. Kampfhundeverordnung 1991 Hunde der in § 1 jener Verordnung aufgeführten Hunderassen und Kreuzungen gegenüber weiter zurückliegenden Zahlenangaben erstmals oder insbesondere den Bullterrier betreffend zahlenmäßig häufiger zu entnehmen gewesen seien. Gegenüber der bis dahin vorhandenen Gefahr von schwereren Beißvorfällen, die insbesondere durch Deutsche Schäferhunde als beteiligte Hunderassen gekennzeichnet gewesen sei, sei eine Verschärfung der allgemeinen Gefahr derartiger Vorfälle durch in § 1 der sog. Kampfhundeverordnung aufgeführten Hunderassen zu verzeichnen. Dies werde insbesondere deutlich an der von der im dortigen Verfahren vorgelegten Aufstellung aktenkundig gewordener Zwischenfälle mit derartigen Hunden des Niedersächsischen Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 13. März 1989 - 111-42.507/0438 -, aus der für die Jahre 1986 und 1988 insgesamt sieben Vorfälle mit teilweise erheblichen Bissfolgen betreffend Mastino Napoletano, "American Stafford Terrier", "Stafford Bullterrier" und "Mastino" neben einem Schäferhund, der an einem Vorfall mit einem Mastino zusätzlich beteiligt war, hervorgingen. Die so festzustellende Zunahme von Beißvorfällen der dort fraglichen Hunderassen habe sich auch in einer Vielzahl von parlamentarischen Anfragen, Gesetzesinitiativen und Veröffentlichungen aus dem fraglichen Zeitraum

BT-Drucksachen 11/7142 vom 15. Mai 1990, 11/7924 vom 19. September 1990, 11/8496 vom 27. November 1990 und die Bundesratsdrucksachen 246/791 vom 24. April 1991 und 722/90 vom 22. Oktober 1990; Schreiben des Hess. Ministeriums des Innern vom 12. April 1989 III A 3182 l; Anonymus, Die Polizei 1989, 228; Anonymus, Die neue Polizei 1992, 521; Rechts- und Verfassungsausschuss des DST, Mitteilungen des Deutschen Städtetages 1988, 313 f (Nr. 710/88); Zielke, Kampfhunde einfach verbieten oder ?, Der Städtetag 1991, 465 f.; Wegner, Haltung von Kampfhunden, Deutsche tierärztliche Wochenschrift 97 (April 1990), 168 ff

niedergeschlagen, so dass der Antragsgegner ohne Beanstandung aufgrund der so festgestellten quantitativen Gegebenheiten, auch bei nicht repräsentativen einschlägigen Statistiken, von einer Erhöhung der auch bisher vorhandenen abstrakten Gefahr, die durch das Verhalten solcher gefährlicher Hunde verursacht werde, habe ausgehen dürfen. Aus alledem folge, dass unbeschadet des Hinweises der dortigen Antragsteller, der sich teilweise auch in einschlägigen Abhandlungen und Stellungnahmen niedergeschlagen habe, die Problematik sei unter dem Begriff "Kampfhunde" in einem Teil der Presse hochgespielt worden,

dazu Schneppen, in Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 87 vom 11. April 1992, S. 9, und in Unser Rassehund 1992, 4 f; Der Spiegel 36/1991, S. 296 ff,

festzustellen sei, dass das erkennbare Auftreten von Beißvorfällen unter Beteiligung derartiger Hunde seit Mitte der achtziger Jahre nicht einfach zu vernachlässigen sei. Für das Vorliegen einer erhöhten Gefahr spreche auch die für den Zeitraum unmittelbar vor Erlass jener Verordnung erfolgte ernsthafte Diskussion dieser Problematik in den zuständigen Verwaltungen und den gesetzgebenden Gremien des Bundes und der Länder unter verschiedenen rechtlichen Aspekten und insbesondere unter Einbeziehung konkreter Fälle sowie insbesondere unter Vorlage entsprechender Gesetzesinitiativen.

Berücksichtige man, dass alle Hunde dem Menschen durch Bisse Schaden zufügen könnten, sie also die "unberechenbare Tiergefahr" auslösten, ergebe sich, dass von sogenannten großrahmigen Hunden eine erhöhte Gefahr und darüber hinaus von jedenfalls den in der sogenannten Kampfhundeverordnung aufgeführten Hunden und Hunderassen eine spezifische erhöhte Gefahr ausgehe. Diese spezifische Gefahr resultiere einerseits aus dem typischen Aggressionsverhalten dieser Tiere, wenn eine Aggression (aus welchem Grunde auch immer) ausgelöst worden sei, und andererseits aus der in dieser Situation nicht mehr vorhandenen Beherrschbarkeit durch Halter bzw. Hundeführer. Das hier angeführte, spezifische Aggressionsverhalten der nach dem Sprachgebrauch der sog. Kampfhundeverordnung als Kampfhunde bezeichneten Hunderassen bzw. –gruppen – zu denen auch die drei in § 6 I 1 der hier zu prüfenden VO aufgeführten Hunderassen bzw. –gruppen zählen – könne in nicht zu beanstandender Weise auf die Merkmale Aggressivität und Schmerzunempfindlichkeit zurückgeführt werden.

Die so erkannte spezifische Gefahrenträchtigkeit der sogenannten Kampfhunde hat das Gericht in seiner Entscheidung vom 1.12.1993

a.a.O., S. 22 bis 35 d. amtl. Abdr.

folgendermaßen begründet:

"Der von der Antragsgegnerin gewählte Begriff des Kampfhundes findet sich in verschiedenen Gliederungen der Haushunderassen. Da keine allgemein anerkannte Gliederung der Haushunderassen unter Zoologen, Haustierkundlern, Kynologen und Veterinären existiert, ist der Rückgriff auf diejenigen Gliederungen, die die hier fraglichen Hunde als Kampfhunde beschreiben und benennen, zulässig. Dieser Begriff findet sich auch als Stichwort in der

Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, 1990, Band 11, S. 391,

wo als gemeinsame Wesensmerkmale der zu den Kampfhunden zu zählenden Hunderassen eine hohe Aggressivität, die durch gezielte Zucht und entsprechende Erziehung gefördert werde, und geringe Schmerzempfindlichkeit sowie fehlende Angst angegeben werden. Der Begriff des Kampfhundes findet sich auch in

van Rheenen, Das Lexikon für Hundefreunde, 1969, S. 240 (Stichwort: Kampfhund),

der deutschen Übertragung einer holländischen Originalausgabe, wo unter diesem Stichwort auf das Stichwort "Packer" verwiesen wird.

Der Begriff des Packers

a.a.O., S. 323

wird dahingehend erläutert, daß es sich dabei um für das Anfallen von Schweinen, Wölfen und anderem streitbarem Wild abgerichtete Hunde handele. Diese Kennzeichnung wird auch von

Nims, Mein Hund, 1985, S. 12, 17, 30 f, und insbesondere von Fleig, Kampfhunde, I, 2. Auflage, 1990, S. 11 ff,

gestützt, wonach bei der zuchtbedingten Entwicklung derartiger Hunde zum Spezialisten insbesondere dem Kampf gegen den Bullen neben dem Kampf gegen andere wehrhafte Tiere im Laufe der Ausbildung der Rassen eine besondere Bedeutung zukam. So habe der Kampf gegen den Bullen einen Hund erfordert, der über dem Boden auf seinen Gegner zukriechend den Bullenhörnern möglichst wenig Angriffsfläche geboten habe und durch Macht und Form seiner Kiefer sich in den Bullenkopf habe verbeißen können, ohne hinweggeschleudert zu werden. Zu den Kampfhunden seien alle Schläge zu zählen, die von ihrem Charakter her sich für den Schutz des Menschen und für den Kampf gegen wilde Tiere eigneten, wobei die Aufmerksamkeit den Hunden mit der gewaltigeren Körperform gelte. Ausgangspunkt des Kampfhundes in seiner äußeren Gestalt sei naturgemäß der große untersetzte, wuchtige Schlag mit sehr kräftigem Körperbau, stark entwickeltem Kopf und gewaltig drohender Stimme gewesen. Demgemäß habe der Mensch schon von alters her Rassen zu erzeugen gesucht, die durch ihre Kraft und ihre gewaltigen Beißwerkzeuge imstande gewesen seien, ihn oder seine Herde gegen stärkere Feinde zu verteidigen, große Tiere auf der Jagd zu überwältigen und niederzureißen sowie widerspenstige große Haustiere zu bändigen. Um solche Tiere zu erzeugen, seien große Hundeformen hauptsächlich auf die Entwicklung der Beißwerkzeuge hin gezüchtet worden. Diese hätten umso mehr Kraft entwickeln können, je weniger weit der Endpunkt des Kieferhebels vom Ansatzpunkt der Kraft gewesen sei. Dementsprechend beschreibt Fleig

vgl. a.a.O., S. 18 ff

die Aufgaben der Kampfhunde im weiteren insbesondere im Hinblick auf die Jagd auf wehrhaftes Wild, den Kampf gegen Bären und Löwen, den Kampf gegen Bullen, den Kampf Hund gegen Hund, Dachs, Ratten, Affen, Opossum, Schwein, Pferd und Esel sowie gegen den Menschen. Insbesondere zum Kampf gegen den Menschen als einer von Kampfhunderassen im Laufe ihrer Entwicklung durchlaufene Station legt er im einzelnen dar,

vgl. a.a.O., S. 123

in England sei bereits sehr früh erkannt worden, daß Kampfhunde nur ganz bedingt als Schutzhunde oder als Polizeihunde geschult werden könnten, da die Wildheit dieser Tiere gegen Menschen zu richten "Wahnsinn" sei. Begründet wird dies damit, daß diesen Tieren durch jahrhundertelange Zucht so gewollt die Bereitschaft fehle, sich im Kampf irgendeinem fremden Willen zu unterwerfen. Daraus folge die Unbeherrschbarkeit solcher Hunde, nachdem das entsprechende Aggressionsverhalten begonnen habe. Die Schmerzunempfindlichkeit in der Wut und der bedingungslose Einsatz bis zum letzten könnten nicht einfach durch das menschliche Kommando zum Auslassen aufgehoben werden. Diese Hunde kämpften, und sie seien, erst einmal in volle Wut geraten, kaum mehr vor dem Ende des Kampfes vom Menschen zu lenken. So sei in den Tierkämpfen in aller Regel eine Trennung vom Opfer nur dadurch möglich gewesen, daß man den Hunden den verkrampften Kiefer aufgebrochen habe. Größe, Gewicht und unermüdliche Energie der Kampfhunde werde begleitet von der Bereitschaft zum erbarmungslosen Kampf. Diese Kennzeichnung der Kampfhunde nimmt Fleig in

Kampfhunde II, 1983, S. 8 f,

auf, indem er im Vorwort dieser Abhandlung, nachdem er betont hat, daß er "diese schönen Hunde mit all ihrer Kraft und ihrem einzigartigen Charakter" liebe, darlegt, er habe Erkenntnisse darüber, daß es in den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts immer noch möglich sei, Hunde als "Kampfmaschinen" zu mißbrauchen und die ekelerregenden Tierkämpfe vergangener Jahre neu zu beleben oder gar so umzufunktionieren, daß nunmehr "unsere Kampfhunde auf Dressurplätze geschleppt werden um sie zu "Beißmaschinen" gegen den Menschen zu machen !". Unter der Zwischenüberschrift "Moderne Kampfhunderassen" führt er später aus, der einmalige Charakter des Kampfhundes sei, daß es sich um einen selbstbewußten, eigenwilligen Hund handele, der völlig ungeeignet für jene Hundefreunde sei, die von ihrem Hund eine Art von Kadavergehorsam verlangten.

Vgl. a.a.O., S. 57

In einem Resümee zur Frage der "Kampfhunde in der Zukunft"

vgl. a.a.O., S. 158 f

fordert er schließlich, der Kampfhund müsse sich zum Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts einer vom Menschen geschaffenen Umwelt anpassen, für die er als Rasse sicherlich züchterisch nie geplant gewesen sei. Die allerwichtigste Anpassung liege im psychischen Bereich. Hohe Reizschwelle, Gutartigkeit gegenüber Mensch und Tier im Alltagsleben, dies seien zwei Grundvoraussetzungen für Hunderassen, die in modernes Leben passen sollten. Aggressivität und ungezügelte Angriffslust seien etwas völlig anderes als sinnvolle Verteidigungsbereitschaft, die von einem wehrhaften Hund erwartet werden dürfe. Zähnefletschende, nervöse oder zitternde Kampfhunde seien nicht nur Zerrbilder ihrer Rasse, sie paßten auch einfach nicht in diese Zeit. Gesucht sei der gutartige, nervenfeste Hund.

Aus diesem Ausblick ist zu folgern, daß die von Fleig beschriebenen Hunderassen, die mit dem Katalog des § 1 VO im wesentlichen übereinstimmen, diesem noch gesuchten Zuchtbild weitgehend nicht, entsprechen, sondern wegen ihrer psychischen Unangepaßtheit beim Zusammenleben mit Menschen in dichtbevölkerten Gemeinschaften, wie der Bundesrepublik Deutschland, durchaus eine Gefahr darstellen. Die spezifische Gefährlichkeit von Hunden dieser Rassen ergibt sich dabei in Verbindung mit ihrem bereits beschriebenen Aggressions- und Beißverhalten. Die darin liegende abstrakte Gefahr folgt letztlich aus der Tatsache, daß die Beherrschbarkeit derartiger Hunde durch den Menschen nicht in jedem Falle und nicht durch jede beliebige Person, die eine Zuneigung zu derartigen Hunden faßt, gewährleistet werden kann. Es kommt daher auf die im Großen und Ganzen positive Wesensbeschreibung von Fleig in seiner Einzeldarstellung moderner Kampfhunderassen

vgl. a.a.O., S. 58 ff

für die Einschätzung der Gefahr nicht an, zumal dort zu einzelnen dieser Hunderassen durchaus betont wird, daß an die Beherrschbarkeit derartiger Hunde durch den Menschen besondere Anforderungen zu stellen sind.

Kommt Fleig aufgrund einer historischen Aufarbeitung der Entwicklung der von ihm beschriebenen Kampfhunderassen zu den o.a. Angaben zu Wesen und Besonderheiten dieser Hunde, so stimmt diese Beurteilung im Ergebnis im wesentlichen mit der von

Beckmann, Der große Hunde-Knigge, 1. Auflage, 1987,

die bei ihrer Darstellung von einem anderen Ansatz ausgeht, überein. Dort werden "die Doggen und die doggenartigen, die alten "Rüden" und "Packer" wie Mastiff, Mastino, Bulldogge, Boxer und "der Mops" zur Gruppe der sogenannten Lagerhunde gezählt, zu der nach den Angaben der Autorin allerdings auch die großen Schutz- und Wachhunde wie Bernhardiner, Neufundländer, Landseer, Leonberger und Rottweiler zählen. Diese von ihr durch eine Bezeichnung, die für "prähistorische Hunde" geprägt worden ist, zusammengefaßten Hunderassen, hat sie aufgrund aller ihr erreichbaren Beschreibungen von "Rassencharakteren" aufgelistet und so eine Gruppe von Hunden gefunden, die von allen Autoren mit einer geradezu verblüffenden Übereinstimmung beschrieben wurden. Im einzelnen beschreibt sie diese Hunde folgendermaßen: Lagerhunde seien Hunde, die insbesondere mit den Terrierartigen einige gemeinsame Charakterzüge aufwiesen. Sie seien mutig, selbstbewußt, eigenwillig und "hart im Nehmen". Sie seien nicht leicht zu beeindrucken und hätten die für jeden Hundehalter fatale Eigenschaft, sich im "Eifer des Gefechts" von unangenehmen Erfahrungen nur wenig oder gar nicht abschrecken zu lassen. Diese Kennzeichnung des "harten Hundes" erläutert sie dahingehend, das der Rat, einen Hund, der die Unart besitze, jedem Radfahrer nachzujagen und überhaupt nicht zu hören, mit dem Stachelhalsband zu disziplinieren, für einen Schäferhund oder einen Jagdhund gelte, für einen harten Hund jedoch nicht. Lagerhunde seien ursprünglich als "Packer" bei der Jagd auf wehrhaftes Großwild eingesetzt worden. Ihre Fähigkeit, auch große, übergewichtige Gegner zu stellen, zu packen und anzugreifen, hätten diese Hunde bis heute nicht verloren, auch wenn sie meist nur noch als ruhige, aber dekorative Familienhunde gehalten würden. Prompter Gehorsam sei nicht ihre Stärke. Es werde deshalb auch immer wieder davor gewarnt, diese Hunde "auf den Mann" zu dressieren. Im Ernstfall seien sie dann kaum zurückzuholen und viel zu gewaltig. Den "Angriff" müsse man einem Lagerhund nicht beibringen. Das könne er bei Bedarf von selbst. Lagerhunde hätten eine schier unerschöpfliche Verteidigungsbereitschaft ihrem Rudel gegenüber. Dabei mache allein der Boxer eine Ausnahme, der gemessen an anderen Lagerhunden eine echte "Kontaktnudel" sei und zu jedem gern Kontakt aufnehme, vorausgesetzt man habe ihm und seinem Rudel gegenüber die besten und nur friedlichsten Absichten. Jeder Lagerhund habe zwei Seiten: Eben liege er noch da, ein friedlicher "Bettvorleger", den nichts mehr interessiere, als die kleine, krabbelnde Fliege auf seinem Fuß, doch plötzlich sei er hoch, mit gewaltiger Stimme und "furchtbar im Zorn", wie es immer wieder beschrieben werde. Zwar gingen Lagerhunde mit ihrem fürchterlich anzusehenden Gebiß sehr vorsichtig um; mit einem zornigen Lagerhund könne man aber nicht reden. Das mache ihn höchstens noch zorniger. Einem Lagerhund im Zorn könne sich ein gefährdeter Mensch nur ganz einfach und ohne Kompromisse unterwerfen, nur dann werde er seine Drohung einstellen und zur für den Menschen leichter zu ertragenden "Belagerung" übergehen. Diese Hunde müsse man sehr früh und sehr konsequent bereits von ihrem sechsten Lebensmonat an erziehen. Ihr Beißverhalten weise ein ganz eigenartiges Charakteristikum auf: Sie hätten so etwas wie einen Schalter im Kopf. Die meiste Zeit stehe dieser Schalter auf "absolute Ruhe und Geduld". Aber ganz plötzlich, in Sekundenbruchteilen, könne er umspringen auf "absoluten Angriff", ohne große Vorwarnung.

Vgl. a.a.O., S. 127 ff

Auch der Beschreibung von

Fehringer, Unser Hund, 1949, S. 168 f,

der ebenfalls vom Begriff der Lagerhunde ausgeht und dazu die Doggenartigen (insbesondere Pyrenäenhund, Landseer, Neufundländer, Bernhardiner, Leonberger) und die Doggen (insbesondere Deutsche Dogge, Boxer, Mops, Mastiff, Bulldogge, Bordeauxdogge) zählt, ist zu entnehmen, daß die meisten dieser Hunde, zumal die größeren Schläge, nicht ohne weiteres so zu dressieren seien, wie etwa die Diensthunderassen. Weiter führt er aus, sobald das richtige Verhältnis zwischen Herr und Hund bestehe, folgten diese großen Hunde meist ganz von selbst. Kein vernünftiger Mensch aber werde bei diesen starken Hunden eine Dressur auf den Mann empfehlen. Auch an diesen Hinweisen wird deutlich, daß derartige Hunde von ihrem Verhalten her hinsichtlich ihrer Beherrschbarkeit durch den Menschen spezifische Probleme aufweisen und zum gefährlichen Werkzeug umfunktioniert werden können.

Die Nichtbeherrschbarkeit dieser Hunde bei Aggressionsverhalten wird auch von

Wegner, Haltung von Kampfhunden, Deutsche tierärztliche Wochenschrift 97 (1990), 168 ff,

bestätigt, wenn er auf eine zunehmende gutachterliche Tätigkeit in Zusammenhang mit gerichtsnotorischen Zwischenfällen sogenannter "Kampfhunde" verweist und dies insbesondere darauf zurückführt, daß eine nicht akzeptable Einstellung vieler Züchter und Halter dieser Hunde und eine zudem vom Rassestandard geförderte Fehllenkung der Zucht ein beträchtliches Gewaltpotential hervorgerufen habe, das eine erhebliche soziologische Relevanz aufweise. Die Problemhunde entstammten dabei keineswegs nur der sogenannten "Dissidenz" oder nicht vereinsorganisierten Hundezuchten, sondern gleichfalls dem Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. VDH angeschlossenen Vereinen.

Vgl. dazu auch Mohl/Backes, Erhöhte Hundesteuer für "Kampfhunde"?, KStZ 1991, 66 ff

Die so beschriebene spezifische Gefährlichkeit der hier fraglichen Hunde nach Auslösung von Aggressionsverhalten erfordert auch in den Fällen, in denen es sich um Hunde handelt, die als "Familienhund", "Gemütsriesen" oder "ruhig und kinderlieb" gekennzeichnet werden, die Beherrschbarkeit durch den Menschen, das heißt durch Halter und Hundeführer. Bei der Beschreibung dieser Hunderassen und damit auch der einzelnen in § 1 VO aufgeführten Hunderassen wird durchgehend wenn auch mit unterschiedlichen Formulierungen und Warnungen, insbesondere vor einer Dressur auf den Mann, oder mit dem Hinweis auf ein ausgesprochenes Mißtrauen gegenüber Fremden bis hin zu (z.T.) verherrlichenden Kennzeichnungen, wie "Gladiator" (für den Bullterrier), "Draufgänger" (für den Mastiff) oder etwa mit dem Hinweis, daß der Hund meist jeden Gegner besiege (für den Dobermann) und Kennzeichnungen wie etwa "eigensinnig", "furchtlos", "muß in frühem Alter an Disziplin gewöhnt werden", "benötigt als Jungtier eine sorgfältige Abrichtung", "muß zur Disziplin erzogen werden", "bedarf konsequenter Führung" darauf hingewiesen, daß die Haltung einen erfahrenen Hundekenner oder zumindest eine gefestigte Persönlichkeit verlange, wobei auch das Vorhandensein einer niedrigen Reizschwelle für das Erfordernis der Beherrschbarkeit derartiger Hunde angeführt wird.

Vgl. auch die im Urteil des BayVGH, BayVBl. 1991, 51, wiedergegebene Beschreibung des Aggressionsverhaltens des Mastino Napoletano sowie i.U.: Fleig, Kampfhunde II, a.a.O., S. 69, zum Mastiff, S. 105 zum Bullterrier, S. 120 zum American Staffordshire Terrier, S. 127 f zur Deutschen Dogge, S. 138 f zum Mastino Napoletano, S. 149 und 141 zum Fila Brasileiro; Müller, Der Bullterrier, 2. Auflage, 1989, S. 29 ff; Fraser, American Staffordshire Terrier, S. 31; Große/Holzhausen, Unser Hund ein Boxer, S. 255; Persson, Keysers Praktisches Hundebuch, 1971, S. 29 f zur Bordeaux Dogge, S. 38 zum Bullterrier, S. 68 zur Englischen Bulldogge, S. 108 zum Mastiff; van Rheenen, Das Lexikon für Hundefreunde, 1969, S. 74 zum Bullterrier, S. 153 zum Fila Brasileiro; Schultz/Roth, Ullstein Hundebuch, 1972, S. 229 f zum Bullterrier, S. 260 zur Englischen Bulldogge; Fehringer, Unser Hund, 1949, S. 124 zum Dobermann, S. 136 ff zum Bullterrier, S. 179 ff zur Deutschen Dogge, S. 183 f zum Mastiff; Nimz, Mein Hund, 1985, S. 22 zur Bulldogge, S. 29 zum Dobermann, S. 30 f zur Deutschen Dogge, S. 40 f zum Rottweiler, S. 48 zum Bullterrier; Novotny/Najman, Der Kosmos Hundeführer, 3. Auflage, 1985, S. 72 zum Staffordshire Bullterrier, S. 84 zum American Staffordshire Terrier, S. 84 zum American Staffordshire Terrier, S. 90 zum Bullterrier, S. 108 zum Boxer, S. 118 zum Rottweiler, S. 124 zum Mastino Napoletano, S. 126 zum Dobermann, S. 142 zum Fila Brasileiro, S. 150 zur Deutschen Dogge; Palmer, Die schönsten Rassehunde in Farbe, 1980, S. 74 zu Bullterrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier, S. 120 zum Dobermann, S. 144 zum Rottweiler, S. 164 zu Bullmastiff und Mastiff, S. 166 zur Deutschen Dogge

Die spezifisch von den hier sog. Kampf- oder Lagerhunden (Packern) ausgehende erhöhte Gefahr im Aggressionsfall hängt, auch soweit die Hunde allgemein als Familienhunde umschrieben werden, nach allem letztlich weitgehend von der Beherrschbarkeit durch den Menschen sowie dessen Fehlverhalten beim Halten und Führen derartiger Hunde ab und ist nicht die Folge einer wesensmäßig vorhandenen Bösartigkeit der Tiere dieser Hunderassen. Das erhöhte Gefahrenpotential ergibt sich vielmehr aus einem für den Menschen besonders gefährlichen Aggressionsverhalten, das für diese Hunde typisch ist und die Beherrschbarkeit durch den Menschen in derartigen Situationen nahezu unmöglich macht. Hinzu kommt, daß insbesondere seit Mitte der achtziger Jahre vermehrt Nachrichten darüber vorliegen, die darauf hindeuten, daß Hunde der hier fraglichen Rassen bewußt auf Aggressivität gezüchtet oder erzogen werden, ohne daß diese Aussagen verallgemeinert werden können.

Dies belegen letztlich auch die übrigen dem Senat vorliegenden zum Teil aus dem wissenschaftlichen Bereich kommenden Stellungnahmen, soweit sie überhaupt verwertbare Angaben enthalten.

Was die vorgelegte Stellungnahme des

Deutschen Tierschutzbundes e.V. zu der "Gefahrenabwehrverordnung über das Halten von Kampfhunden und gefährlichen Hunden (HundeVO)" in Hessen vom 28. Oktober 1991

anbelangt, so vertritt diese Organisation ohne nähere Substantiierung den Standpunkt, es gebe keine wissenschaftlichen Grundlagen, die die Einstufung bestimmter Hunderassen als Kampfhunde begründeten.

Der im Auftrag des Clubs für Molosser e.V., Frankfurt, abgegebenen

Stellungnahme von Eichelberg, Zoologisches Institut der Universität Bonn, vom 7. März 1991 zu dem Entwurf einer Polizeiverordnung des Landes Baden-Württemberg über das Halten gefährlicher Hunde

ist die insbesondere angesichts der umfassenden Darlegungen

von Fleig, a.a.O.,

in Zweifel zu ziehende Bewertung zu entnehmen, daß sich die sogenannten Kampfhunde als Hunde mit einer besonders hohen Reizschwelle in der Antike dargestellt hätten

vgl. dazu im übrigen Strebel, Die deutschen Hunde und ihre Abstammung, Band I, S. 20, zur Charakterisierung der "Molosser" bei Seneca: ". ..die hitzigen Molosser aber leget an Riemen.. . ", und Nimz, Mein Hund, 1985, S. 17, zu den "alten germanischen Packerhunden" als Vorfahren der Boxer, die "den Römern bei der Besetzung Germaniens anfangs Furcht und Schrecken eingejagt" haben sollen

und ihre Nachfahren auch heute noch dieses Wesen beibehalten hätten. Andererseits geht aus der Stellungnahme hervor, daß die Gefährlichkeit eines Hundes nicht in erster Linie durch seine Rassezugehörigkeit, sondern durch die charakterliche Veranlagung des Hundehalters bestimmt wurde. Aus der ebenfalls im Auftrag des Clubs für Molosser e.V. zu der o.a. baden-württembergischen Verordnung erfolgten Stellungnahme

von Feddersen/Petersen vom 4. April 1991

ergibt sich auch, daß es auf den Halter ankommt, was aus einem Hund wird. Mit dem falschen "Menschenpartner" könne selbst ein von seiner Veranlagung her friedlicher Hund zur tödlichen Gefahr werden, weshalb menschliches Versagen soweit als irgend möglich verhindert werden müsse. Weiter werden die hier fraglichen Hunde dort als recht "phlegmatisch" beschrieben; andererseits wird aber auch dargelegt, daß eine genetische Disposition zur sozialen Dominanz vorliege bzw. andere das Aggressionsverhalten betreffende Elemente eine menschengesteuerte Entwicklung zu übersteigertem Aggressionsverhalten erleichterten. Deshalb seien Schutzhunderassen oder Rassen mit Kampfhundevergangenheit besonders für den Mißbrauch durch den Menschen geeignet. Es wird weiter die Auffassung vertreten, daß die Neuzüchtungen wie Bandog und Pitbullterrier, die durch Verpaarung besonders kampfbereiter Individuen verschiedener Rassen modern geworden seien und deren Verhalten züchterisch nie und nirgends kontrolliert werde, verboten werden sollten.

Vgl. dazu weiter Feddersen/Petersen, Hundepsychologie, 1986, S. 10, 71 ff; Wegner, Vorprogrammiertes und induziertes Verhalten beim Hunde, Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 95 (1988), 67 f

Auch den Untersuchungen von

Breitsamer, Wenn Hunde Menschen töten - eine fachpolizeiliche Untersuchung für die Praxis, Die Polizei 1986, 267 ff,

über eine Vielzahl von Bißvorfällen mit tödlichem Ausgang ist zu entnehmen, daß in erster Linie schuldhaftes Verhalten der Halter und Hundeführer, die teilweise selbst Opfer ihrer Hunde geworden sind, Grund für die Bißvorfälle waren. Ähnlich sieht auch

Trumler, Hunde ernst genommen, 1974, S. 185 ff,

in überhöhter Aggressionsbereitschaft von Hunden das Ergebnis menschlicher Fehler bei der Domestikation und dem Zusammenleben mit dem Hund.

Vgl. dazu auch Trautwein/Zeeb, Die "Bösartigkeit" beim Hund als ethologisch forensisches Problem, Tierärztliche Umschau 1965, 328 ff; Kolbe, Beißende Hunde in einer Großstadt..., Dissertation, Berlin 1983 S. 67 ff; Feddersen/Petersen, Die Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden, Vortrag auf der Arbeitstagung des Bundesverbandes für beamtete Tierärzte am 13. und 14. Mai 1993 in Berlin, Skript, S. 173, 177 ff"

Zusammenfassend hält das Gericht in jener Entscheidung ausgehend von diesen Ausführungen schließlich fest, dass den in § 1 der sog. Kampfhundeverordnung aufgeführten Hunden eine besondere Gefährlichkeit zukomme, wenn ihr Aggressionsverhalten einmal ausgelöst sei. Zugleich ergebe sich daraus, dass es sich auch bei solchen Tieren nicht um "bösartige Hunde" handele, sondern dass ihr latent vorhandenes, erhöht gefährliches Beißverhalten letztlich durch Fehler des Menschen ausgelöst werde, sei es etwa durch Fehler bei der Erziehung im Welpenalter, der Abrichtung im späteren Alter, der Haltung mit anderen Hunden zusammen, durch Zwingerhaltung, problematische Mehrtierhaltung, fehlerhaftes Verhalten gegenüber dem Hund im Alltag, unbeaufsichtigtes Umherlaufenlassen oder die Auswahl einer nicht zum Führen geeigneten Person, sei es auf Fehlverhalten in Gestalt bewusster Abrichtung des Hundes zur besonders gefährlichen "Waffe".

Diese Feststellungen des vormals zuständigen 3. Senates legt auch der nunmehr zur Entscheidung über die beantragte Normenkontrolle der verfahrensgegenständlichen Polizeiverordnung im Hinblick auf den § 6 I 1 VO zu entnehmenden Katalog berufene 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts vorliegend unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge zugrunde. Auch nach Maßgabe der neueren Erkenntnisse steht jedenfalls bezogen auf die hier streitgegenständliche Hundeliste fest, dass diesen Hunden ein genügendes Verdachtspotenzial zukommt, so dass es gerechtfertigt ist, das Programm zum Schutze der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden auf diese Hunde auszudehnen und Hunde dieser Rassen bzw. dieses Types regelmäßig einem Wesenstest zu unterwerfen, um ihre potenzielle Gefährlichkeit auszuschließen bzw. bei Nichtbestehen rechtzeitig Maßnahmen gegen im Wesenstest als gefährlich erkannte Hunde - wie bei Hunden nach § 1 I VO - ergreifen zu können. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:

In nicht zu beanstandender Weise hat sich der Antragsgegner, wie die von ihm vorgelegten, im Rahmen der Vorbereitung des Erlasses der Polizeiverordnung entstandenen Verwaltungsvorgänge belegen, bei der Konzeption der Sondervorschriften des § 6 VO wesentlich von dem

Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder vom 5.5.2000 zu TOP 6: Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden,

und den dort erarbeiteten Empfehlungen leiten lassen. Diesen ist die Einschätzung zu entnehmen, dass alternativ zur Möglichkeit, die Gefährlichkeit von Hunden individuell anhand bestimmter sozialinadäquater Eigenschaften und Verhaltensweisen zu bestimmen, diese auch durch eine Anknüpfung an die Zugehörigkeit etwa der in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunderassen definiert werden könne. Die so gefundene Bewertung erfolgte unter Berücksichtigung des

Berichts über Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden – in der Öffentlichkeit oft "Kampfhunde" genannt – der von dem Arbeitskreis I der Konferenz der Innenminister und –senatoren eingerichteten länderoffenen Arbeitsgruppe zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, ohne Datum,

dem allerdings ein gespaltenes Votum zu entnehmen ist.

Vgl. insbesondere S. 13 ff. des Berichts

Dort wird nämlich das Fazit gezogen, dass das der Arbeitsgruppe vorliegende (Zahlen-) Material nicht aussagekräftig genug sei, um einen abschließend gesicherten Zusammenhang zwischen der Gefährlichkeit bzw. Aggressivität bestimmter Hunderassen und der Häufigkeit gefährlicher Zwischenfälle mit Hunden dieser Rassen abzuleiten. Nach Auffassung eines Teiles der Arbeitsgruppenmitglieder lasse sich mit den vorliegenden Erkenntnissen zwar keine generelle Gefährlichkeit einer Rasse, jedoch eine rassespezifische Gefahrentendenz belegen. Nach anderer Auffassung lasse sich auch eine Tendenz nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht belegen vor dem Hintergrund, dass sich insbesondere die bisher gewonnenen Untersuchungsergebnisse auf die Beobachtung einiger weniger Exemplare überwiegend der "Bullterrier- und Staffordshire-Terrier-Rassen" stützten und deshalb nicht verallgemeinerungsfähig seien. Der letztgenannten Meinung hat sich die Konferenz im o.a. Beschluss offensichtlich nicht angeschlossen, wenn dort ausgeführt ist, dass sich im Rahmen gesetzlicher oder verordnungsrechtlicher Regelungen zur Gefahrenabwehr die Gefährlichkeit von Hunden in Anknüpfung u.a. auch an die Rasse definieren lasse, und zur näheren Erläuterung beispielhaft die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Rassen erwähnt werden. Diese Bewertung ist auch unter Berücksichtigung des Hinweises eines Teiles der Arbeitsgruppe, es gebe auch keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse für eine rassespezifische Gefahrentendenz, nicht zu beanstanden. Das Vorliegen einer abstrakten Gefahr im Sinne von § 59 SPolG als Voraussetzung für den Erlass einer Polizeiverordnung und als Zielrichtung eines Gefahrerforschungseingriffe erlaubenden Gefahrenverdachtes erfordert nämlich, dass erkennbare Tatsachen bzw. genügende Anhaltspunkte vorliegen müssen, die nach der Lebenserfahrung in gedachten typischen Fällen mit einem Schadenseintritt rechnen lassen

vgl. Mandelartz/Sauer/Strube, a.a.O., § 59 Anm. 6 und § 8 Anm. 3 f, 6

oder zumindest konkrete Ermittlungen aufdrängen.

Bezogen auf die Frage der Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rassen folgt hieraus, dass der Verordnungsgeber auch dann, wenn keine genügenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, die nicht wissenschaftliche Literatur über diese Tiere, die letztlich die Erfahrung derjenigen Personen widerspiegelt, die sich mit diesen Tieren befassen, zur Bewertung der Frage des Vorliegens eines Gefahrenverdachtes ebenso heranziehen darf wie die Erkenntnisse von beruflich oder amtlich mit Hunden befassten Personen, wie etwa Tierärzten oder Hundeführern der Polizei. Dass die entsprechende Literaturauswertung dabei kritisch zu erfolgen hat, ist selbstverständlich und entspricht dem Erfordernis des Vorliegens objektiver Anhaltspunkte für die Annahme einer Gefahr ebenso wie für die eines dahingehenden Verdachtes. Wird dies berücksichtigt, erscheint das Abstellen eines Teiles der Arbeitsgruppe auf das Fehlen wissenschaftlicher Erkenntnisse im Rahmen der polizeirechtlichen Gefahreneinschätzung als sachunangemessen. Dies gilt erst recht, wenn berücksichtigt wird, dass die spezielle Tiergefahr, die von sog. Kampfhunden, zu denen auch die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunde gehören, nach der o.a. Entscheidung des Gerichts, die zur Bewertung weitgehend auch auf die nicht wissenschaftlichen kynologischen Erkenntnisse abstellt, ausgeht, wesentlich dadurch geprägt ist, dass etwa die Gefahr der unangepassten Haltung vor dem Hintergrund der diese Hunde mit prägenden Eigenheiten, die sie von Hunden anderer Rassen abheben, letztlich den Gefährdungsgrund darstellt. Die rassespezifischen Eigenheiten dieser Hunde sind somit der erste Anhaltspunkt des Gefahrenverdachtes. Wird er ausgeräumt, ist der als wesensstark erkannte Hund zu behandeln wie alle übrigen Hunde und kann dem Halter insbesondere ein Sachkundenachweis nicht abverlangt werden. Besteht der Hund den Wesenstest nicht, ist es gerechtfertigt, vom Halter insbesondere diesen Nachweis zu fordern.

Die aktuellen Erkenntnisquellen bestätigen die bereits dargelegte Bewertung unter dem hier fraglichen rechtlichen Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge.

Die im Auftrag des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) erstatteten Gutachten, wie sie in dessen Broschüre

"Kampfhunde"? gefährliche Hunde? - Neue Wissenschaftliche Gutachten, ohne Datum,

veröffentlicht sind, bestätigen zwar den Befund, dass eine Einstufung sämtlicher "Exemplare der als "Kampfhunde" stigmatisierten Hunderassen von vornherein als gesteigert aggressiv oder gefährlich"

a.a.O., S. 3

derzeit jedenfalls des exakten naturwissenschaftlichen Beweises entbehrt. Sie belegen indes, dass von den hier fraglichen Hundepopulationen - Gegenstand der Gutachten ist eine Rasseliste, die in etwa der der vom Gericht aufgehobenen sogenannten Kampfhundeverordnung entspricht - ein Gefährdungspotenzial ausgeht, das polizeirechtlich von Relevanz ist. So geht aus dem Gutachten von

Eichelberg, a.a.O., S. 4 ff.,

hervor, dass die typischen Rasseunterschiede zwischen Rassen als Teilpopulationen einer Art sich vor allem auf das Exterieur bezögen. Das Verhalten der verschiedenen Rassevertreter sei jedoch keineswegs so unterschiedlich, wie es ihr Äußeres erwarten lasse. So fänden sich im genetischen Konzept aller Rassen noch immer die typischen hundlichen Eigenschaften, wie etwa das Sozial- und Beuteverhalten. Die genetische Grundstruktur der verschiedenen Hunderassen mache sie lediglich talentierter für spätere, antrainierbare Verwendungszwecke, nicht aber a priori gebrauchsfertig. Aus zoologischer Sicht sei es nicht erlaubt, Rassen allein wegen ihres Verwendungszweckes zusammenzufassen. Es könne nämlich auf der Grundlage der vielseitigen Verwendungspotenz des Hundes ein Hund jeglicher Rasse zum gefährlichen Hund abgerichtet werden. Lernerfolge würden sich bei allen genetisch "normal" ausgestatteten Hunden einstellen; lediglich der Weg zum Erfolg werde rassespezifisch unterschiedlich lang sein. Weiter führt sie allerdings aus, es sei unbestritten, dass die aufgelisteten Hundegruppen ein Potenzial zur Erzeugung des "gefährlichen Hundes" darstellten, die einen ihrer Masse und die anderen ihres Mutes wegen. Gerade letztere Feststellung belegt aber die Prädisposition u.a. der hier fraglichen Hunde für die Gefährdung von Menschen.

Dem Gutachten von

Unshelm, a.a.O., S. 19 ff.,

ist zu entnehmen, dass die Rassezugehörigkeit indirekt eine Rolle spiele, weil große und kräftige Hunde, wenn sie beißen, in der Regel schwerwiegendere Verletzungen als kleinere hervorriefen. Ein weiterer indirekter Rasseeinfluss bestehe darin, dass sowohl besonders aggressive als auch überdurchschnittlich ängstliche potenzielle Hundehalter dazu neigten, sich Hunde einer Rasse anzuschaffen, mit denen sie anderen Hundehaltern und auch anderen Hunden Furcht einflößen könnten - nicht zuletzt auch - um damit eigene physische und psychische Defizite zu kompensieren. Weiter legt der Gutachter dar, dass weitgehend unabhängig von Verhalten und Einstellung des Hundehalters feststellbar sei, dass die nach der bayerischen Regelung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit in deren Kategorie I zusammengefassten Rassen, insbesondere American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bull Terrier und Pit Bull, relativ häufig wegen ihrer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren auffielen. Eine a priori aufgrund rassespezifischer Merkmale gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit sei bei diesen Hunden überproportional häufig, auch wenn es hierbei nicht nur aufgrund von genetischen Gesetzmäßigkeiten durchaus viele Ausnahmen gebe.

Schließlich ist dem Gutachten von

Feddersen-Petersen, a.a.O., S. 9 ff.,

allgemein zu entnehmen, dass unter einer Hypertrophie im Bereich des Aggressionsverhaltens nach vergleichenden Untersuchungen zur Entwicklung und zum Sozialverhalten von Wölfen und verschiedenen Hunderassen ein allgemein übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten zu verstehen sei, das aggressive Kommunikation überwiegend ausschließe und relativ schnell zur Eskalation, zu Beschädigungskämpfen mit Artgenossen und Menschen führe. Gesteigert aggressive Hunde stünden dabei für vielfältigen Tiermissbrauch, seien ein Symptom der gestörten Beziehung des Menschen zum Tier und kennzeichneten zudem einen extremen Fanatismus bestimmter Hundezüchter. Zu einzelnen der hier fraglichen Rassen beziehungsweise Gruppen von Hunden wird dargelegt, dass Pit-Bull-Terrier, bei denen es sich um Kreuzungen handele, ein grotesk übersteigertes Aggressionsverhalten gezeigt hätten, das ein Zusammenleben der Welpen untereinander und mit der Mutterhündin unmöglich gemacht habe. Symptome der beschriebenen Übersteigerung seien in stark abgeschwächter Form bei bestimmten Zuchten der Rasse American Staffordshire Terrier zu finden oder seien für bestimmte Zuchtlinien des Bull Terriers beschrieben worden. Demgegenüber seien American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bull Terrier bei gewissenhafter Zucht und Aufzucht nicht übersteigert aggressiv, was gleichfalls etwa auch für Bull Terrier gelte. Daraus wird zwar gefolgert, dass Rassen zu verdammen, weil bestimmte Züchter mit bestimmten ihnen angehörenden Hunden Missbrauch betrieben, unsachlich, unangemessen und zudem eine Ohrfeige für diejenigen Züchter und Halter sei, die sich um diese Rassen bemühten. Dennoch ist festzustellen, dass innerhalb der Population, insbesondere der hier aufgeführten Rassen und Gruppen von Hunden, nach dem Gutachten ein Gefährdungspotenzial vorhanden ist, ohne dass bekannt ist, welche Zuchtlinien beziehungsweise Zuchten von als unverantwortlich bezeichneten Züchtern in diesem Sinne als problematisch bezeichnet werden müssen. Auch nach diesem Gutachten ist also davon auszugehen, dass zwar eine wissenschaftliche Absicherung der Gefährlichkeit aller Hunde von der Gutachterin verneint wird, eine polizeirechtlich relevante Gefährdungstendenz im oben dargestellten Sinne aber zumindest für die genannten Hunde letztlich nicht von der Hand zu weisen ist. Bestätigt wird dies auch durch die ausführlichen Ausführungen der Gutachterin auf der Grundlage einer Literaturauswertung und eigenständigen Begutachtung bestimmter Zuchten für American Staffordshire Terrier und Bull Terrier.

Vgl. Ethologisches Gutachten vom 18.7.1998

Weiter betont die Gutachterin in ihrem im Internet unter der

Adresse www.hund- und  halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-015.html,  14 Seiten, download als Worddokument am 5.6.2002,

zugänglichen Aufsatz mit dem Titel "Gefährliche Hunde", verhaltensbiologisch sei die "gefährliche Rasse" nicht zu benennen, da es naturwissenschaftlich so unsinnig wie unbewiesen sei, eine Hunderasse a priori, also ohne Berücksichtigung der fein differenzierten Verzahnung von genetisch bedingten Handlungsbereitschaften und den obligatorischen Lernvorgängen, eine gesteigerte Gefährlichkeit zuzuschreiben. Allerdings sei zu betonen, dass natürlich nicht alle Hunderassen gleich seien in ihrer Verhaltenssteuerung. Bei biologisch ausgerichteter Zucht und ebensolcher Zucht, Ausbildung und Haltung, müssten auch Rassen mit einer relativ jungen Kampfhundevergangenheit keineswegs gefährlicher sein als andere große und kräftige Hunde, könnten vielmehr ausgeglichen und berechenbar im Verhalten sein. So eigneten sich etwa American Staffordshire Terrier gut zur Arbeit als Trümmersuchhunde. Sie gehörten zu Menschen mit vertieften Kenntnissen des hundlichen Verhaltens und mit Erfahrungen zu Hunden eben dieser Rasse. Die Werbung für Bull-Rassen mit Wellensittich auf dem Kopf und Babys auf dem Rücken ginge fehl, denn Hunde dieser Rassezugehörigkeit müssten keine Ersthunde für Familien mit Kindern im Krabbelalter sein. Das gelte ebenso für andere große Rassen, die zunehmend modern würden. Bei Hunden vom "Pit-Bull-Terrier-Typus" eskalierten Konflikte unter Umständen deshalb schneller, weil die Kooperationsbereitschaft Artgenossen gegenüber aufgrund früherer Selektion auf Angriff und Kampf herabgesetzt sein könne, was zudem eine Kommunikation bezüglich der aggressiven Motivation oder Intention unterdrücke, weshalb "überraschender" zugebissen werde. Bei eigenen Untersuchungen an American Staffordshire Terriern, Bull Terriern und "Pit Bulls" (es handele sich um eine Kreuzung) hätten sich jedoch für die Rassen große Unterschiede innerhalb der untersuchten Würfe ergeben, die die erhebliche Bedeutung des sozialen wie unbelebten Umfeldes - somit der Aufzucht- und Haltungsbedingungen - für das Verhalten der Tiere in Konkurrenzsituationen belege, während die heute auf Angriffsbereitschaft und Kampf selektierten Kreuzungstiere als verhaltensgestört zu bezeichnen gewesen seien, bedingt durch genetische Defekte wie eine extrem hundewidrige Aufzucht. Diese verhaltensgestörten Hunde hätten einmalig analysiert werden können, seien "im Milieu" gezüchtet und konditioniert worden und stellten ein soziologisches Problem dar. Andere Hunde der Rassen vom "Pit-Bull-Terrier-Typus" zeigten zwar weniger lang andauernde, aggressive Kommunikation, seien jedoch bei guter Sozialisation an Menschen und Artgenossen keineswegs gefährlicher.

Auch aus dieser Stellungnahme der Gutachterin wird deutlich, dass gerade die Hunde des letztgenannten Typus durchaus ein über die bei jedem Hund vorhandene Tiergefahr hinausgehendes Gefährdungsmoment insoweit aufweisen, als sie spezielle Anforderungen an den Halter und dessen Verhalten erfordern.

Vgl. dazu auch die Ausführungen der Gutachterin in dem Dokument "Gefährliche und auf Aggression selektierte und abgerichtete Hunde", www.hund- und halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-002.html download als Worddokument am 5.6.2002, 5 Seiten sowie deren ethologisches Gutachten vom 18.7.1998

Auch den Gutachten von Stur,

vgl. die Stellungnahme zu Fragen zum Thema der besonderen Gefährlichkeit von Hunden aufgrund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen, www.hund-und halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-011.html, download als Worddokument am 5.6.2002, 11 Seiten, und das Arbeitspapier zur Frage der besonderen Gefährlichkeit von Hunden aufgrund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen, www.hund- und halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-003.html, download als Worddokument am 5.6.2002, 55 Seiten,

ist zu entnehmen, dass eine valide wissenschaftliche Studie, in der zweifellos nachgewiesen worden ist, dass bei den Rassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Bull Terrier die genetische Veranlagung des krankhaft übersteigerten Aggressionsverhaltens grundsätzlich vorhanden sei, nach dem Wissen der Gutachterin nicht existiere. Aus der Sicht aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse müsse aber davon ausgegangen werden, dass hypertrophes Aggressionsverhalten in erster Linie ein umweltbedingtes Problem im Sinne einer problematischen Hund-Halter-Beziehung sei.

Bestätigt wird dies auch durch die Angaben von

Schöning, Aggressionsverhalten von Hunden als Verhaltensproblem, Akademie für tierärztliche Fortbildung, Seminar am 16./17.10.1999, Bonn, S. 41 ff.,

wonach genetisch festgeschriebene Soziopathien vor allem bei einigen Bull Terriern-, Staffordshire Bull Terrier- und Pit Bull Terrier-Linien eine Rolle spiele, ohne dass eine Therapie möglich sei.

All diese Arbeiten aus dem fachwissenschaftlichen Bereich aus jüngerer Zeit belegen die bereits im Normenkontrollurteil des Gerichts vom 1.12.1993 gefundene Bewertung, dass Hunden der hier fraglichen Rassen und Gruppen ein Verhaltenspotenzial zukommen kann, das im Einzelfall geeignet ist, eine Gefährdung auszulösen, die über die von Hunden allgemein zu erwartende Tiergefahr hinausgeht, was nicht zuletzt die von den Gutachtern geforderten Anforderungen an Halter und Züchter belegen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass ein wissenschaftlicher Beweis dahingehend, dass diese Hunde a priori gefährlich seien, nicht geführt werden kann. Entscheidend ist vielmehr, dass Zuchtlinien vorhanden sind, die eine Gefährlichkeit in diesem Sinne aufweisen, und es letztlich nur mit unverhältnismäßigen Mitteln möglich wäre, diese Zuchtlinien zu erkennen und auszuschalten. Der Verordnungsgeber ist daher unter Berücksichtigung der dargestellten und neueren Erkenntnisquellen grundsätzlich dazu berechtigt, hinsichtlich aller dieser Hunde speziell auch der in § 6 I 1 VO aufgelisteten Rassen und Gruppen von Hunden von einer Tendenz zu abstrakter Gefährlichkeit auszugehen.

Die Bestimmung des Adressatenkreises der Gefahrerforschungseingriffe der Polizeiverordnung mit Hilfe der in § 6 I 1 VO aufgeführten Hunderassen ist auch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 I GG zu vereinbaren.

Art. 3 I GG verbietet bei der Normsetzung wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Mit dem Willkürverbot in diesem Sinne vereinbar ist eine gesetzliche Regelung mithin dann, wenn die in ihr vorgenommene Differenzierung sich auf einen vernünftigen oder sonst einleuchtenden sachlichen Grund zurückführen lässt. Der bei der Beurteilung, was im einzelnen Fall sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, zuzugestehende Gestaltungsspielraum des Normgebers ist dort überschritten, wo eine ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und mangels einleuchtender Gründe als objektiv willkürlich beurteilt werden muss.

Davon ausgehend bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Antragsgegner zwischen den in § 6 I 1 VO aufgeführten Hunden als Teilpopulation der vom Gericht in seiner Entscheidung vom 1.12.1993

vgl. a.a.O.

als Kampf- oder Lagerhunde umschriebenen Hunderassen, zu denen auch die vorliegend streitige Hunderasse zählt, und allen übrigen Hunderassen unterscheidet. Insofern besteht ein sachlicher Grund wie bereits dargelegt im speziellen Aggressionsverhalten der mit den Begriffen Kampfhunde oder Lagerhunde umschriebenen Rassen und deren Kreuzungen und der daraus resultierenden Gefahr mangelnder Beherrschbarkeit durch den Menschen nach Auslösen einer Aggression. Dieses spezifische Aggressionsverhalten und seine Folgen lassen sich den anderen Hunderassen - auch den nach Größe und Beißkraft vergleichbaren Rassen - nicht ohne Weiteres zuschreiben.

Eine Ungleichbehandlung im o.a. Sinn ergibt sich aber auch nicht daraus, dass der Antragsgegner nicht alle Kampfhunde- bzw. Lagerhunderassen im Sinne jener Entscheidung des Gerichts, jedenfalls soweit sie eine gewisse Größe überschreiten, in die Aufzählung nach § 6 I 1 VO aufgenommen, sondern sich auf die drei dort genannten Rassen bzw. Gruppen beschränkt hat.

Vorab ist insoweit darauf hinzuweisen, dass der Verordnungsgeber vorliegend im Unterschied zu der vom Gericht für nichtig erklärten sogenannten Kampfhundeverordnung eine Erfassung aller unter die gewählte Kategorie fallenden Hunde unterlassen hat. Vielmehr hat er eine Prüfung dahingehend unternommen, welche aus der Gruppe der auch nach der Entscheidung des Gerichts zur sogenannten Kampfhundeverordnung als problematisch anzusehenden Hunderassen und Gruppen in signifikantem Maße die Prognose einer Gefährlichkeit im abstrakten Sinne aufzuweisen drohen können. Dass er dazu dem o.a. Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder, der gerade die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunde als in diesem Sinne problematisch ausweist, gefolgt ist, ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Wie bereits die dargestellten Äußerungen aus dem wissenschaftlichen Bereich aus jüngerer Zeit belegen, fallen die in der Liste des § 6 I 1 VO enthaltenen Hunde in besonderer Weise auf. Auch weiteren - zwar nicht im eigentlichen Sinne wissenschaftlichen, so doch fachkundigen - Erkenntnisquellen ist zu entnehmen, dass den so gelisteten Hunden ein Gefährdungspotenzial zukommen kann, das zwar nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht unmittelbar zu ihrer Gleichstellung mit individuell als gefährlich erkannten Hunden berechtigt, jedoch Sondervorschriften rechtfertigt, die der Gefahrerforschung dienen, ohne dass darin andere Hunderassen, die zu den sogenannten Kampfhunderassen im Sinne der aufgehobenen Kampfhundeverordnung zählen - jedenfalls nach derzeitiger Erkenntnis - ebenfalls in die Liste des § 6 I 1 VO aufgenommen werden müssten.

Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung über ein Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 18.8.2000

vgl. BR-Drucksache Drucks. 60/00

ist zu entnehmen, dass dieser die in § 6 I 1 VO aufgeführten Hunderassen bzw. Gruppen einer Genehmigungspflicht unterwirft. Das dem Senat weiter auszugsweise vorgelegte

Gutachten zu § 11 b Tierschutzgesetz (sogenanntes Qualzuchtgutachten)

enthält in seiner Ziffer 2.1.1.2.6 (Seite 28) den Punkt "Verhaltensstörung: Hypertrophie des Aggressionsverhaltens", in der als übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten, das leicht auslösbar und biologisch weder bezüglich Zweck noch Ziel sinnvoll ist, definiert wird. Weiter wird dort ausgeführt, dass dieses Verhalten grundsätzlich in vielen Rassen auftreten könne, sich jedoch besonders ausgeprägt in bestimmten Zuchtlinien der Rassen Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Pit Bull Terrier zeige. Weiter geht aus einer fachlichen

Stellungnahme der Hessischen Polizeischule - Fachbereich Diensthundewesen - vom 20.5.2000 an das Hessische Ministerium des Innern und für Sport

hervor, dass nach den dort vorliegenden Erkenntnissen der Pit Bull Terrier auch heute noch, insbesondere von einer "bestimmten Klientel" (gemeint ist wohl: Klientel der Polizei), verstärkt auf "gameness" (anhaltender Kampfeswille bis zur Erschöpfung auch bei schwerer körperlicher Verletzung) gezüchtet werde. Weiter wird darauf hingewiesen, dass auch bei sozialverträglichen Individuen dieser Gruppe negative rezessive genetische Anlagen vorhanden sein könnten, die an die Nachkommen vererbt werden und dort wieder offen auftreten könnten. Vom American Staffordshire Terrier wird ausgeführt, dieser sei aufgrund seines Habitus nicht vom Pit Bull Terrier zu unterscheiden, auch wenn er eine in Deutschland anerkannte Hunderasse sei. Diese Rasse werde zwar seit den 30er Jahren auf andere Wesensmerkmale, insbesondere Sozialverträglichkeit, selektiv gezüchtet. Erste Erfolge hätten sich heute eingestellt, was auch durch die geringere Auffälligkeit dieser Tiere zu belegen sei. Da aber bei einigen Zuchtlinien dieser Rasse genetische Defekte, die auch beim Pit Bull Terrier vorzufinden seien, vorlägen, sei eine vermutete Gefährlichkeit zu unterstellen. Aus dem Staffordshire Bull Terrier seien durch Einkreuzungen anderer Rassen der Pit Bull Terrier und der American Staffordshire Terrier gezüchtet worden. Bezüglich einer späteren Zuchtselektion auf Sozialverträglichkeit gelte für diese Rasse das Gleiche wie für den American Staffordshire Terrier. Auch diese Äußerung belegt somit die Richtigkeit der Annahme eines abstrakten Gefährlichkeitspotenziales der gelisteten Hunde.

Hinzu kommt, dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Auffälligkeit dieser Hunde - gemessen an der Gesamtpopulation der Tiere dieser Rassen und Gruppen - zu erkennen ist. Hierfür spricht für das Saarland tendenziell vom Senat beigezogene einschlägige Statistik der Diensthundestaffel der Landespolizeidirektion des Saarlandes für das Jahr 2000. Dort fallen in der Kategorie Bedrohung eines Bürgers aus Anlass polizeilichen Einschreitens bei freilaufenden Hunden auf den American Staffordshire Terrier acht, auf den Pit Bull ebenfalls acht und auf den Bull Terrier drei Fälle. Diesen 19 Fällen stehen 17 Vorfälle, die durch Rottweiler ausgelöst sind, und vier Fälle, die durch Dobermann-Hunde ausgelöst sind, gegenüber. Gemessen daran, dass die Anzahl von Rottweiler und Dobermann als herkömmlich in Deutschland gehaltene Hunderassen, ohne dass insoweit amtliche Statistiken über die Gesamtzahl der Individuen dieser Rassen im Saarland vorliegen, jedenfalls über den Zahlen der Population der Hunde nach § 6 I 1 VO liegen, ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine erkennbare Auffälligkeit der Beteiligung von Hunden der gelisteten Rassen an polizeirechtlich relevanten Vorfällen festzustellen ist.

Nach allem kann von der antragstellerseits behaupteten Ungleichbehandlung durch die Auflistung in § 6 I 1 VO nicht ausgegangen werden.

Diese Bewertung wird schließlich in aller Deutlichkeit bestätigt durch das

Urteil des BVerfG vom 16.3.2004 - 1 BvR 1778/01 -

zur Rasseliste in § 2 I 1 Hundeverbringungs- und Einfuhrbeschränkungsgesetz vom 12. April 2001, in dem ebenfalls die dem Verfahren zugrundeliegenden Rassen aufgeführt sind. Unter Berücksichtigung weitgehend übereinstimmender Materialien, wie sie dem Senat bei seiner Entscheidung zur Verfügung stehen, ist das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass für den Gesetzgeber hinreichender Anlass zu gefahrenabwehrender Tätigkeit gegenüber Hunden u.a. der vorliegend fraglichen Rasse bestanden hat. Zwar könne nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand alleine aus der Zugehörigkeit eines bestimmten Hundes zu einer bestimmten Rasse nicht auf seine Gefährlichkeit geschlossen werden; ob und in welchem Maße ein Hund für den Menschen zu einer Gefahr werden könne, hänge vielmehr von einer Vielzahl von Faktoren - neben bestimmten Zuchtmerkmalen eines Hundes etwa von dessen Erziehung, Ausbildung und Haltung, von situativen Einflüssen, vor allem aber von der Zuverlässigkeit und Sachkunde seines Halters - ab. Ein Anlass zum staatlichen Handeln - dort des Gesetzgebers - könne aber auch dann gegeben sein, wenn das schädigende Ereignis das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren voraussetze, soweit diese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zusammentreffen könnten. Zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit dürften deshalb Vorkehrungen getroffen werden, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass Hunde bestimmter Rassen - und sei es auch erst im Zusammenwirken mit anderen Faktoren der genannten Art - für diese Schutzgüter in besonderer Weise gefährlich werden könnten. Unter Berücksichtigung der dargestellten Erkenntnisquellen hat das Bundesverfassungsgericht im folgenden dann Maßgaben gegen Einfuhr und Verbringung dieser Hunde in das Bundesgebiet als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem allgemeinen Gleichheitssatz ebenso in Übereinstimmung gesehen, wie mit der grundgesetzlichen Garantie der allgemeinen Handlungsfreiheit. Diese auf die gewerbsmäßige Einfuhr und Verbringung von Hunden in das Bundesgebiet bezogenen Ausführungen zu der dortigen gesetzlichen Regelung gelten entsprechend für die hier fragliche Einschätzung, die zum Erlass der Regelungen geführt hat, die der Normenkontrolle unterfallen.

Vgl. dazu auch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.3.2004 - 1 BvR 550/02 - zur Gefahrenabwehrverordnung - Gefährliche Hunde - des Landes Rheinland-Pfalz

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht zugleich betont, dass der Gesetzgeber verpflichtet sei, - ausgehend von fehlenden wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Ursachen aggressiven Verhaltens von Hunden der verschiedenen Rassen und der deshalb von Unsicherheiten geprägten Gefährdungslage - die weitere Entwicklung zu beobachten und die Gefährdungssituation erforderlichenfalls neu zu bewerten. Dies gilt erst recht für die Regelungen in der hier fraglichen Polizeiverordnung, zumal es derartigen Verordnungen, wie die gesetzliche Befristung in § 66 SPolG zeigt, immanent ist, die mit ihnen verbundene Gefahrenabwehr einer ständigen Beobachtung zu unterwerfen.

Der mit dem Antrag begehrte Feststellungsausspruch scheidet daher und darüber hinaus deshalb aus, weil sich die Polizeiverordnung auch nach dem Ergebnis einer vom Willkürverbot unabhängigen Gültigkeitsprüfung der hier beanstandeten Bestimmungen nicht als nichtig erweist.

Mit dem Katalog von Hunderassen und –gruppen in § 6 I 1 VO verstößt der Verordnungsgeber nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wie er für das saarländische Polizeirecht in § 2 SPolG normiert ist und auch für Polizeiverordnungen gilt.

Vgl. dazu Mandelartz/Sauer/Strube, a.a.O., § 2 Anm. 1 und 2, sowie § 59 Anm. 5

Wie dies bereits im Zusammenhang mit der Prüfung der Vereinbarkeit der Listung in § 6 I 1 VO mit dem Gleichheitsgrundsatz ausführlich dargelegt ist, rechtfertigen die für die gelisteten Hunderassen bzw. –gruppen vorhandenen Erkenntnisse über deren Wesen und Beteiligung an polizeirechtlich relevanten Vorfällen die Annahme eines spezifischen Gefahrenverdachtes, der diese Hunde von den vergleichbaren Hunderassen unterscheidet. Anknüpfend an die aufgrund der festzustellenden tatsächlichen Erkenntnisse sich ergebende Bewertung sind die allein für diese in der Polizeiverordnung aufgestellten "Sondervorschriften", die - dann, aber auch nur dann, wenn die individuellen Hunde einen regelmäßig zu absolvierenden Wesenstest nicht bestehen - zu einer Gleichstellung mit individuell als gefährlich erkannten Hunden führen und für ihre Halter sowie die Züchter derartiger Hunde einen speziellen Pflichtenkatalog beinhalten, als verhältnismäßig anzusehen. Die Aufstellung eines derartigen Kataloges ist auch zur Gefahrenabwehr in Form der Gefahrerforschung im Vorfeld von polizeilichen Maßnahmen geeignet. Da diese Hunde, wie aufgezeigt, mit ihrem Gefährdungspotenzial aus der Masse der als potenziell gefährlich einzuschätzenden Hunde nach derzeitigem Erkenntnis- und Erfahrungsstand herausragen, ist die vom Verordnungsgeber vorgenommene Listung als sachgerechte Auswahl anzusehen und hat dieser das ihm zustehende Gestaltungsermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Das Gericht hat in seinem bereits mehrfach erwähnten

Normenkontrollurteil vom 1.12.1993, a.a.O., S. 37 d. amtl. Umdr.,

nachdem es den dortigen umfassenderen Katalog in deren § 1 als willkürlich beanstandet hatte, dargelegt, dass der Verordnungsgeber sein Gestaltungsermessen erneut ausüben müsse, um der erkannten speziellen Tiergefahr zu begegnen und eine sachgerechte Auswahl der als "Kampfhunde" zu behandelnden Hunderassen herbeizuführen. Weiter hat es ausgeführt, dass dabei auch zu prüfen sein werde, ob einzelne der als Kampf- bzw. Lagerhunde bezeichneten Rassen Merkmale aufweise, die es rechtfertigten, von ihrer Aufnahme in den Katalog des § 1 der für nichtig erklärten dortigen Polizeiverordnung abzusehen. Nachdem der Verordnungsgeber bis zum Ergehen der hier zu überprüfenden Verordnung in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung überhaupt davon abgesehen hat, eine entsprechende Verordnung erneut zu erlassen, kann die nunmehr getroffene Auswahl, die nicht auf eine umfassende Erfassung derartiger Hunde gerichtet ist, wie dies noch der Intention der sog. Kampfhundeverordnung entsprach, sondern sich darauf beschränkt, eine aus der Gruppe dieser Hunde herausragende Teilgruppe, die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunde, wegen der dargestellten, in der Zwischenzeit erlangten, weitergehenden Erkenntnisse polizeirechtlichen Regelungen zu unterwerfen, und zudem seit der zum 1.1.2004 geltenden Änderung der VO auf einen Gefahrerforschungseingriff zurückgeführt ist, als sachgerecht und auch verhältnismäßig im engeren Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips des geringstmöglichen erforderlichen Eingriffs bezeichnet werden.

Dies gilt insbesondere für den Wesenstest als Instrument der Gefahrerforschung. Ausgehend von der in den o.a. Gutachten vertretenen Auffassung, dass in den Würfen der hier fraglichen Hundepopulationen Tiere unterschiedlichen Wesens vorkommen, erscheint eine fachtierärztliche Testung der einzelnen gehaltenen Tiere als das einzig geeignete Mittel, um Tiere mit potenziell als gefahrenträchtig einzustufendem Wesen von Tieren zu unterscheiden, die keine dahingehenden Wesensmerkmale aufweisen. Dieses Aufklärungsmittel erscheint geeignet aber auch erforderlich und den Haltern zumutbar, um das Vorliegen einer von dem einzelnen Hund ausgehenden Gefahr abzuklären. Dabei beschränkt sich der fragliche Eingriff auf eine Wesenstestung und verzichtet auf eine weitergehende hundepsychologische Begutachtung. Durch die Heranziehung der für den Sachkundenachweis nach § 1 III VO für als gefährlich erkannte Hunde bestellten sachverständigen Tierärzte wird die nötige Objektivität sichergestellt und Fachkunde in die Wesensprüfung eingebracht. Ein demgegenüber weniger einschneidendes Mittel der Gefahrerforschung ist antragstellerseits weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem o.a.

Urteil vom 16.3.2004 - 1 BvR 1778/01, Rdn. 84 d. amtl. Umdr.

in Wesenstests, tierärztlichen Gutachten und ähnlichen Maßnahmen zur Überprüfung der Gefährlichkeit eines Hundes im Einzelfall, auch wenn sie von sachkundigen Personen durchgeführt werden, keine vollkommen verlässliche Grundlage für eine hinreichend sichere Gefährlichkeitsprognose zu erkennen vermochte. Dazu hat es auf den Umstand hingewiesen, dass derartige Überprüfungen "nur eine Momentaufnahme vom Verhalten des überprüften Tieres in einer bestimmten 'Krisensituation'" darstellten, und im Übrigen bemerkt, dass es möglich sei, die Gefährlichkeit eines Hundes für den Überprüfungszeitraum durch pharmakologische Behandlung zu überdecken.

Auch unter Berücksichtigung dieser Bedenken geht der Senat von der Eignung der vom Antragsgegner vorgesehenen Wesenstestung aus. Nach der Konzeption der VO wird der Problematik der "Momentaufnahme" nämlich dadurch Rechnung getragen, dass die Überprüfung in regelmäßigen Abständen wiederholt werden muss. Der besonderen Situation eines Halterwechsels wird durch ein hieran anknüpfendes Prüfungserfordernis Rechnung getragen. Durch beide Maßnahmen wird die beschriebene Unsicherheit der Gefahrerforschung in vertretbarem Umfang minimiert. Der festgelegte Turnus von drei Jahren erscheint angemessen und unterliegt im Übrigen der Beobachtung durch den Antragsgegner. Hinzu kommt, dass es den überprüfenden Tierärzten obliegt, die Überprüfung so auszugestalten, dass Rückschlüsse auf die Wesensfestigkeit über eine gewisse Dauer - derzeit drei Jahre - ermöglicht werden.

Der immer mögliche Versuch einer Beeinflussung des Prüfungsergebnisses durch eine pharmakologische Überdeckung der Gefährlichkeit eines Hundes macht die Wesenstestung für sich noch nicht ungeeignet. Zudem ist davon auszugehen, dass die heranzuziehenden sachkundigen Tierärzte eine derartige Behandlung ohne weiteres zu erkennen in der Lage sind. Eine derartige Vorgehensweise lässt den gesteigerten Verdacht der Gefährlichkeit eines Hundes zu, der die zuständige Behörde etwa durch eine vorübergehende Isolierung des Hundes von seinem Halter in einem Tierheim zum Zwecke der Beobachtung auf der Grundlage von § 8 I SPolG und zu erneuter Vorstellung zur Überprüfung begegnen kann.

All dies berechtigt unter Berücksichtigung der o.a. Bedenken, dazu, die vorgesehene Wesenstestung als geeignet anzusehen.

Diesbezüglich wird die Zumutbarkeit für den Halter auch nicht dadurch gesprengt, dass dieser den Wesenstest nach § 6 II 2 VO alle drei Jahre erneut vornehmen lassen muss und die Feststellung der Wesensfestigkeit durch behördliche Bescheinigung ihre Gültigkeit verliert, wenn ein Halterwechsel eintritt. Damit wird in sachgerechter Weise dem Umstand Rechnung getragen, dass sich das tierische Verhalten entweder alters- oder krankheitsbedingt oder aufgrund der Umweltgegebenheiten rasch und dramatisch ändern kann. Von daher erscheint eine Wiederholung der fraglichen Prüfung in dreijährigen Abständen ohne weiteres verhältnismäßig und zumutbar. Allerdings ist der Antragsgegner auch insoweit gehalten, die getroffene Regelung an den praktischen Erfahrungen mit der Wesenstestung zu messen und gegebenenfalls eine Anpassung der Regelung, die bis zum Verzicht auf eine turnusmäßige Testung gehen aber auch deren Intensivierung beinhalten kann. Nichts anderes gilt für den Halterwechsel, da die Bezogenheit des Hundes auf den Halter im Rahmen des vorgeprägten tierischen Herdenverhaltens von entscheidender Bedeutung für das Verhalten eines Hundes ist und gerade der Wechsel von Bezugspersonen - auf das Tier bezogen den Wechsel der Meute oder des Alpha-Tieres - ein derart einschneidendes Ereignis sein kann, dass Wesensveränderungen nicht ausgeschlossen werden können. Dem entspricht es, in diesen Fällen eine erneute Wesensprüfung vorzunehmen.

Schließlich begegnet es auch keinen Bedenken, dass der Halter den Wesenstest auf seine Kosten vornehmen lassen muss. Die Frage der Kostenhaftung bei Gefahrenverdacht und Gefährdungserforschungseingriffen wird zwar in der polizeirechtlichen Literatur unterschiedlich beantwortet.

Vgl. dazu die ausführliche Darstellung bei Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Auflage 2001, S. 1070 f., m.w.N.

Der hier durch Verordnung geregelte Sachverhalt lässt es aber ohne weiteres zu, den jeweiligen Haltern die fraglichen Ermittlungskosten aufzuerlegen. Zwar gilt grundsätzlich, dass die Behörde Gefahrenermittlungen von Amts wegen vorzunehmen hat und den Betroffenen Kosten regelmäßig nur dann auferlegt werden können, wenn sich der Gefahrenverdacht im Nachhinein bestätigt. Diese Reduzierung der Haftung für die Kosten auf den Fall der Erweislichkeit einer Gefahr im Wege des Gefahrerforschungseingriffs, gilt demgegenüber dann nicht, wenn bei Nichterweislichkeit einer Gefahr der Betroffene durch eigenes Verhalten den im Ergebnis unzutreffenden, weil nicht bestätigten Gefahrenverdacht zurechenbar mitverursacht hat. In diesen Fällen haftet er nach den Grundsätzen der Anscheinsgefahr auch dann, wenn sich die Gefährlichkeit nicht erweist, für die Kosten.

Vgl. Lisken/Denninger, a.a.O., M Rdn. 54, S. 1071; BGH, NJW 1994, 2355, und DVBl. 1992, 1158

Diese Grundsätze für die Kostentragung durfte der Antragsgegner ohne weiteres in die von ihm getroffene Regelung der Verordnung übernehmen und somit den Ersatz der Kosten polizeilicher Maßnahmen im Sinne von § 90 I SPolG durch Rechtsvorschrift, nämlich die hier fragliche Polizeiverordnung, vorsehen. Das maßgebliche Verhalten der Halter von in § 6 I 1 VO gelisteten Hunden und die daraus hervorgehende Zurechenbarkeit des Gefahrenverdachtes ergibt sich daraus, dass das oben ausführlich dargelegte Gefährdungspotenzial diesen unter Berücksichtigung der öffentlichen Diskussion und angesichts der bereits vor Jahren erlassenen sog. Kampfhundeverordnung bei Anschaffung des Hundes bewußt sein musste. Bereits die Halterhaftung für Tiergefahr (§ 833 BGB) kann als allgemeinbekannt angesehen werden. Bei demjenigen, der einen Hund der hier fraglichen Rasse, wie sie von Charakter und Verhaltenseigenschaften her eingehend beschrieben worden ist, hält oder halten will, kann davon ausgegangen werden, dass er Kenntnis von den bei diesen Hunden nicht generell auszuschließenden Wesenseigenschaften, die den vom Antragsgegner angenommenen Gefahrenverdacht begründen, hat. Er darf deshalb zurechenbar darauf verwiesen werden, dass er den auch in Bezug auf seinen Hund bestehenden Gefahrenverdacht zumindest mitverursacht hat.

Auch gegen die Gleichstellung der auf der Grundlage von § 6 I 1 VO bei negativem Wesenstest als abstrakt gefährlich erkannten Hunden mit den als gefährlich erkannten Hunden im Sinne von § 1 I VO bestehen keine Bedenken. Die daran anknüpfend immer wieder ins Feld geführte "Diskriminierung" von Hunderassen stellt eine ausschließlich emotionale Argumentation dar, die im Rahmen gefahrenabwehrender Maßnahmen, zu denen im weiteren Sinn auch Gefahrerforschungseingriffe zählen, gegen als abstrakt gefährlich erkannte Hunde belanglos ist.

Auch die Prüfung der übrigen Regelungen in § 6 I, II und III 1 VO hat zum Ergebnis, dass die Nichtigkeit einzelner dieser Regelungen nicht festgestellt werden und deshalb bereits nicht aus der Nichtigkeit einzelner Regelungen auf die Nichtigkeit der durch § 6 I 1 VO eröffneten "Sondervorschriften" insgesamt geschlossen werden kann.

Die Rechtsunwirksamkeit einzelner Regelungsbestandteile einer Polizeiverordnung folgt allgemein aus Verstößen gegen die Grundsätze der Bestimmtheit und Vollständigkeit, die neben den allgemeinen Grundsätzen aus dem Polizei- und Ordnungsrecht, dem Erfordernis der Geeignetheit, dem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden Übermaßverbot und dem Grundsatz, dass nur der Verantwortliche mit Pflichten belegt werden darf, stehen. Das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit verlangt dabei, dass sich aus dem Wortlaut, der Zielsetzung und dem Regelungszusammenhang objektive Kriterien ergeben, die es dem Polizeipflichtigen ermöglichen, eindeutig zu erkennen, was nach der Polizeiverordnung geboten oder verboten ist. Das daraus folgende Gebot der Vollständigkeit der Verordnung schließt grundsätzlich eine Verweisung auf andere Bekanntmachungen oder technische Vorschriften außerhalb des Verordnungstextes aus. Die getroffenen Regelungen müssen daher im Text einer Polizeiverordnung vollständig enthalten sein. Die Verweisung auf andere Texte, die nicht von ihrer Natur her Gesetze oder Rechtsverordnungen sind, sind demnach grundsätzlich ausgeschlossen.

Speziell zum rechtsstaatlichen Gebot der hinreichenden Bestimmtheit von Normen gilt, dass der Normgeber gehalten ist, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Dabei darf der Normgeber grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn anders eine Umschreibung der Normtatbestände mit genau erfassbaren Maßstäben nicht möglich ist. Dann müssen sich allerdings aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen willkürlichen Vollzug der Norm ausschließen.

Vgl. dazu OVG Saarland, Urteil vom 1.12.1993 – 3 N 3/93 -, S. 39 d. amtl. Umdr., m.w.N.

Die in § 6 I 1 VO jeweils im einzelnen aufgeführten Hunderassen bzw. -gruppen lassen sich anhand der jeweiligen Rassebeschreibungen und beschriebenen Merkmale des Rassestandards in der einschlägigen kynologischen Literatur hinreichend bestimmen, selbst wenn sich während der Geltungsdauer der VO (§ 66 S. 3 SPolG) einzelne Merkmale für Zucht und Rassestandard ändern sollten. Da die gewählten Begriffe hinreichend deutlich umrissen sind, bedurfte es keiner näheren Aufnahme der jeweiligen Rassemerkmale in die Verordnung selbst. Jeder Betroffene kann in zumutbarer Weise feststellen, ob die von ihm gehaltene bzw. geführte Hunderasse der Verordnung unterfällt. Sind die Rassenbegriffe damit aber hinreichend bestimmbar umschrieben, so stellt der Rückgriff auf die einschlägige Literatur und die einschlägigen Rassestandards keine stillschweigende Verweisung auf Regelungen außerhalb der Polizeiverordnung dar, die nach § 61 II SPolG grundsätzlich ausgeschlossen wäre.

Die Bestimmbarkeit der anerkannten Rassen American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bull Terrier steht außer Frage. Hinsichtlich der Gruppe der American Pit Bull Terrier hat das Gericht bereits in seiner

Normenkontrollentscheidung vom 1.12.1993 – 3 N 3/93 -, S. 43 d. amtl. Umdr.,

entschieden, dass die so gekennzeichnete Kreuzung (in der sog. Kampfhundeverordnung "Pitbullterrier" bezeichnet) bestimmbar ist. Dies bedarf hier indes keiner weiteren Erörterung, da dieser Hundetyp nicht Gegenstand der Überprüfung ist.

Zwar ergibt sich aus der dem Senat vorliegenden

Stellungnahme der Hessischen Polizeischule – Fachbereich Diensthundewesen - vom 20.5.2000,

dass der American Staffordshire Terrier auf Grund seines Habitus nicht vom Pit Bull Terrier zu unterscheiden sei und Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Gleichzeitig wird dort aber klargestellt, dass im Hinblick auf die vorhandenen Ähnlichkeiten eine Unterscheidung ohne weiteres dahingehend erfolgen könne, dass "nur solche Hunde als American Staffordshire Terrier oder Staffordshire Bull Terrier behandelt werden, für die ein anerkannter Abstammungsnachweis (Ahnentafel eines von dem VDH anerkannten Rassezuchtverbandes) erbracht werden kann und die Identität des Hundes (Tätowierung) feststeht", und alle anderen aufgrund des Habitus vergleichbaren Hunde demgegenüber als Pitt Bull Terrier einzustufen sind. Daraus folgt nach Auffassung des Senats, dass hier von einer genügenden Unterscheidbarkeit auszugehen ist.

Zu beanstanden ist auch nicht die Regelung in § 6 I 3 VO, wonach Inhalt und Verfahren des Wesenstestes, der der Gefahrerforschung dient, durch die zuständige oberste Landesbehörde in Verwaltungsvorschriften bestimmt werden soll. Dem gesetzlichen Erfordernis des § 61 II SPolG, wonach es zu den inhaltlichen Anforderungen an Polizeiverordnungen gehört, dass auf Regelungen außerhalb der Polizeiverordnung nur verwiesen werden darf, wenn sie in anderen Rechtsvorschriften enthalten sind, steht die hier fragliche Verweisung auf Verwaltungsvorschriften nicht entgegen. Dieses Verbot greift hier nicht ein, da es sich nicht um Regeln handelt, auf die sich der Adressat der Polizeiverordnung einstellen können muss. Vielmehr treffen die Regelungen über die Durchführung des Wesenstestes alleine technische Einzelheiten der Durchführung und sollen eine einheitliche Handhabung durch die in der Vorschrift genannten sachverständigen Tierärzte sicherstellen. Diese nehmen die von ihnen durchzuführende Prüfung im Übrigen letztlich alleine auf der Grundlage ihres Sachverstandes als fachliche Gutachter vor, ohne dass insoweit zwingende Vorgaben für das sachverständige Urteil selbst gemacht werden können. Die nach wissenschaftlich-fachlichen Erkenntnissen durchzuführende tierärztliche Wesensprüfung bleibt dem Gutachter nach Umfang und Inhalt überlassen. Der Senat folgert aus der fraglichen Formulierung nicht, dass insoweit eine Ermessensbindung der Gutachter erfolgen soll. Dies wäre auch nicht möglich, ohne das objektiv erwartete fachliche Bewertungsergebnis zu verfälschen. Ist mithin die Wesensprüfung durch den bestellten sachverständigen Tierarzt nach Dauer und Inhalt unter Berücksichtigung der vom Antragsgegner angebrachten Standardisierung zu bestimmen, so ist alleine die von ihm im Ergebnis abgegebene Wertung für die Frage der Erteilung der Bescheinigung nach § 6 II 1 VO bzw. die Feststellung der Gleichstellung mit Hunden nach § 1 I VO maßgeblich.

Ausgehend von der Aufzählung in § 6 I 1 VO unterwirft diese die Halter der dort aufgelisteten Hunde, hinsichtlich derer die Gefährlichkeit in einem Wesenstest festgestellt ist,

vgl. zur Problematik, "Kampfhunde" ? – Gefährliche Hunde ? - ..., VDH, a.a.O., S. 10

insbesondere einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die dem zugrundeliegende unwiderlegliche Vermutung der Gefährlichkeit ist angesichts des dann von Hunden dieser Populationen ausgehenden Gefährdungsgrades, nämlich der drohenden Verletzung nicht nur von Sachen und anderen Hunden, sondern auch der Gefahr für Leib und Leben von Menschen, verhältnismäßig, weil sie zur effektiven Gefahrenabwehr geeignet und erforderlich ist.

Nach allem fehlt es dem von den Antragstellern gestellten Normenkontrollantrag an der Begründetheit. Er ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 I VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 II VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist nicht begründet.

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens sind nach der Wiederaufnahme des Verfahrens und Zulassung der Umstellung des Antrags unter Berücksichtigung des im Erörterungstermin des Senates am 2.7.2003 und in der mündlichen Verhandlung klargestellten Antrags ausschließlich die Sondervorschriften in § 6 I, II und III 1 VO, soweit sie die antragstellerseits gehaltene Hunderasse betreffen. Die im Verlaufe des Verfahrens erfolgte Neufassung des § 6 VO, die seit 1.1.2004 die vorangegangene Regelung ersetzt, nimmt dem Normenkontrollantrag nicht das Rechtsschutzinteresse, da der Antrag analog § 91 VwGO auf die neue Rechtsvorschrift umgestellt worden ist

vgl. dazu etwa Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 47 Rdn. 90, a.E.

und das Gericht die hierin liegende Änderung des Antrags als sachdienlich zugelassen hat (§ 91 II VwGO - entspr. -).

Wenden sich die Antragsteller mithin unter Berücksichtigung der Klarstellung ihres Antrages gegen die in § 6 I, II, III 1 VO enthaltenen Regelungen - beschränkt auf die von ihnen gehaltene Hunderasse, liegt hierin keine Antragsänderung des anfänglich undifferenziert gestellten Antrages, da die abgegebene Begründung von Anfang an alleine auf die "Sondervorschriften" ausgerichtet war. Mit dem weiteren Hinweis darauf, dass es für eine ausschließlich an der Rasse festgemachte Gefährlichkeit von Hunden keinerlei Begründung gebe und auch der vom Antragsgegner nach dessen Angaben in der Antragserwiderung der Regelungen des § 6 VO maßgeblich zugrundegelegte Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 5.2.2000 keineswegs zwingend vorsehe, "dass – ohne Möglichkeit eines Gegenbeweises – eine Gefährlichkeit etwa des American Staffordshire Terrier festgelegt werden müsse", verdeutlichen die Antragsteller, die sich auch nach Maßgabe der Antragsschrift vom 15.2.2001 alleine mit den die in § 6 I VO aufgelisteten Hunden betreffenden Regelungen auseinandersetzen bzw. die auch für individuell als gefährlich eingestuften Hunden geltenden Einzelvorschriften, wie etwa den Leinen- und Maulkorbzwang, ausschließlich bezogen auf die als abstrakt gefährlich angesehenen Hunde, wie sie aus § 6 I VO hervorgehen, angreifen, dass sich der Normenkontrollantrag nicht auf eine Überprüfung der Polizeiverordnung in ihrer Gesamtheit bezieht. Daher war der der Antragsschrift zu entnehmende Antrag, die verfahrensgegenständliche Polizeiverordnung "aufzuheben", bei verständiger Würdigung nach Maßgabe der Antragsgründe bereits einschränkend dahin zu verstehen, dass lediglich die Regelungen der Verordnung, soweit sie die in § 6 I VO gelisteten Hunde betreffen, der Überprüfung unterzogen und für nichtig erklärt werden sollten. Bei der diesbezüglichen Erklärung im Schriftsatz vom 21.5.2001 und dem Antrag vom 2.7.2003 handelt es sich daher nicht um eine Einschränkung des der Antragsschrift zu entnehmenden, seinem Wortlaut nach weitergehenden ausdrücklich gestellten Antrages, sondern lediglich um die dahingehende Klarstellung des Antrages.

Davon ausgehend beschränkt sich die Prüfung im Normenkontrollverfahren auf die Frage der Teilnichtigkeit der VO bezogen auf die in § 6 I, II und III 1 VO n.F. (nachfolgend VO = VO in der Neufassung) getroffenen Sonderregelungen für Hunde der dort aufgelisteten Rassen.

Der so verstandene Antrag ist nach § 47 I Nr. 2 VwG0 i.V.m. § 16 AGVwG0 zulässig. Insbesondere können sich die Antragsteller jeweils auf eine Verletzung subjektiver Rechte im Verständnis des § 47 II 1 – 1. Alternative - VwG0 berufen. Ihre Belange als Halter eines in § 6 I 1 VO aufgeführten Hundes werden durch die mit der Verordnung auferlegten Verpflichtungen, insbesondere durch die verbindliche, wiederkehrende Verpflichtung zur Durchführung eines Wesenstestes auf eigene Kosten, beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigungen betreffen objektiv mehr als geringwertige, schutzwürdige Belange der Antragsteller und vermitteln die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Antragsteller durch Eingriffe in ihre allgemeine Handlungsfreiheit bei der Haltung des in ihrem Eigentum stehenden Hundes. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass die Antragsteller unter finanziellem Aufwand ihren Hund regelmäßig einem Wesenstest unterziehen lassen müssen. Hinzu kommt, dass sie gewärtigen müssen, bei negativem Testergebnis persönliche Einschränkungen bei der Haltung von Hunden nach § 6 I 1 VO, wie sie aus § 5 VO hervorgehen, zu unterliegen und eine Sachkundeunterweisung unter "Teilnahme an einem besonderen Lehrgang" nachweisen zu müssen. Wie das Wort "erfolgreiche Teilnahme" in § 4 I 1 VO belegt, müssen sie sich in diesem Falle einer Überprüfung der erworbenen Kenntnisse stellen, wenn sie nicht auf die Haltung des Hundes verzichten wollen. Hierdurch werden die Antragsteller zumindest in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 I GG beim Halten und Führen ihres Hundes tangiert. Diese Einschränkungen eröffnen erkennbar die Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte im Sinne von § 47 II 1 VwGO. Damit ist der Weg für das Normenkontrollverfahren eröffnet, das als objektives Prüfungsverfahren den Senat grundsätzlich vor die Aufgabe stellt, die Verordnung im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit insgesamt auf ihre Gültigkeit, zu untersuchen.

Vgl. dazu BVerwGE 82, 215, 233; BVerwG, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59

Dies gilt aber nicht uneingeschränkt. Die von den Antragstellern vorgenommene Einschränkung des Antrages, wie sie oben dargestellt ist, bewirkt eine Beschränkung der Prüfung auf die mit § 6 I, II, III 1 VO eröffneten Regelungen für Halter der dort aufgelisteten Hunderassen (bzw. –gruppen), speziell der American Staffordshire Terrier. Dem entspricht, dass die Antragsteller auch nur insoweit als beschwert angesehen werden können;

vgl. zur Beschwer: Kopp/Schenke, a.a.O., § 47 Rdn. 51

sie halten nämlich unstreitig keine individuell als gefährlich im Sinne von § 1 I VO erkannten Hunde, auch nicht der Rasse American Staffordshire Terrier, wollen ersichtlich in Zukunft keinen als individuell gefährlich erkannten Hund halten und wenden sich zudem nicht gegen die Regelungen der Polizeiverordnung, soweit sie individuell als gefährlich erkannte Hunde betrifft, wobei ihr Begehren dahin zu verstehen ist, dass dies auch für den Fall gilt, dass der von ihnen gehaltenen Hund u.U. in Zukunft sich als individuell gefährlich im Sinne von § 1 I VO erweisen sollte. Eine Rechtsverletzung durch die die letztgenannten Hunde betreffenden Vorschriften der Verordnung ist daher nicht zu prüfen. Diese Feststellung gilt auch dann, wenn gegenüber dem zuvor Gesagten das teilweise Fehlen einer Rechtsverletzung bei teilbarer Normsetzung nicht als Frage der Antragsbefugnis aufgefasst wird, da es dann insoweit teilweise am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangelte.

Vgl. dazu Kopp/Schenke, a.a.O., Rdn. 88, m.w.N.

Der Normenkontrollantrag ist zu Recht gemäß § 47 II 2 VwGO gegen das Saarland als diejenige Körperschaft gerichtet, der die für die Polizeiverordnung verantwortliche Landespolizeibehörde i.S.v. § 60 S. 1 SPolG i.V.m. § 76 I SPolG das Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales angehört. Dieses vertritt das Land gemäß § 1 II Gesetz über die Vertretung des Saarlandes vom 15.11.1960 (Amtsbl. S. 920).

Vgl. OVG Saarland, Urteil vom 1. Dezember 1993 - 3 N 3/93 -

Der somit zulässige Normenkontrollantrag ist indes nicht begründet.

Bedenken formeller Art gegen die Wirksamkeit der VO sind - sowohl was das Zustandekommen der VO in der ursprünglichen Fassung als auch was das der Änderungsverordnung anbelangt - weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Bei der diesbezüglichen Prüfung ist beides in den Blick zu nehmen, da der § 6 VO auch in der geänderten Fassung nicht selbstständig Bestand hat, sondern Regelungswirkung nur im Kontext weiterer Vorschriften der VO entfalten kann. Formelle Fehler des Erlasses der VO in der ursprünglichen Fassung schlagen deshalb auf die Wirksamkeit des § 6 geänderter Fassung durch. Indes liegen dahingehende Fehler nicht vor:

Rechtsgrundlage der VO ist § 59 SPolG. Danach können die Polizeiverwaltungsbehörden zur Gefahrenabwehr dienende Gebote oder Verbote, die in einer unbestimmten Zahl von Fällen an eine unbestimmte Zahl von Personen gerichtet sind, erlassen. Zuständig für den Erlass landesweit gültiger Polizeiverordnungen ist nach § 60 S. 1 SPolG i.V.m. § 75 II Nr. 1 und § 76 I SPolG das jeweils zuständige (Fach-)Ministerium innerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftsbereiches. Die Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden ergeben sich aus der jeweils gültigen Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden auf der Grundlage von § 4 II LOG. Maßgebend ist vorliegend die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO am 26.7.2000 (§ 11 I VO) geltende Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden vom 29.9.1999, Amtsbl. S. 1427, die am 19.10.1999 in Kraft getreten ist und - soweit hier von Bedeutung - unverändert fortgilt (vgl. die geltende Fassung zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 23.6.2003, Amtsbl. S. 1720 f.). Die Verknüpfung der Kompetenz zum Erlass von Polizeiverordnungen durch oberste Landesbehörden mit deren Geschäftsbereichen trägt dabei dem Gedanken Rechnung, dass die jeweils sachnächste fachliche Behörde dieser Verwaltungsstufe zum Erlass derartiger Verordnungen berechtigt sein soll. Mit der VO sollen Gefahren, die typischerweise durch Hunde insbesondere für Leib und Leben von Menschen entstehen können, bekämpft werden. Für die Beurteilung des Vorliegens polizeilich relevanter Gefahren durch Hunde und deren Zucht, Haltung und Führung sind im Schwerpunkt fachliche Kenntnisse über die Abgrenzung von Hunderassen überhaupt sowie die Konstitution und das Wesen derartiger Hunde ebenso erforderlich wie über die sach- und tiergerechten Möglichkeiten der Bekämpfung entsprechender Gefahren. Derartige Kenntnisse sind dem Fachbereich der Tiermedizin zuzuordnen. Hinzu kommt, dass es insbesondere auch um die Bekämpfung gesundheitlicher Gefahren für Menschen geht. Im Hinblick auf die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden ist es daher sachgerecht, von der Zuständigkeit des für die Geschäftsbereiche "Veterinärwesen" und "Gesundheitswesen" zuständigen Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales auszugehen.

Vgl. dazu OVG Saarland, Urteil vom 1.12.1993 - 3 N 3/93 -, AS 24, 412

Die VO in der ursprünglichen und in der geänderten Fassung vom 9.12.2003 sind ausweislich der vom Senat beigezogenen Erlassunterlagen ordnungsgemäß nach Art. 104 II 1 SVerf ausgefertigt. Bedenken formeller Art sind im Übrigen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die danach in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende VO in der seit 1.1.2004 geltenden geänderten Fassung stellt sich auch im Übrigen als rechtmäßig dar mit der Folge, dass der Normenkontrollantrag als unbegründet zurückzuweisen ist. Die VO erweist sich nämlich nach Maßgabe der durch die Antragstellung begrenzten Betrachtung der in der VO enthaltenen, an die Zugehörigkeit zu Hunden im Sinne von § 6 I 1 VO anknüpfenden Bestimmungen nicht als teilweise nichtig.

Vorab ist festzustellen, dass die VO mit ihrer durch § 6 I 1, III 1 und den dort enthaltenen Katalog von Hunderassen bzw. –gruppen eröffneten Gleichstellung der benannten Hunde mit individuell als gefährlich erkannten Hunden nicht gegen das sich aus der Bindungswirkung des o.a. Normenkontrollurteils des Gerichts vom 1.12.1993 – 3 N 3/93 – verstößt. In einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO getroffene Entscheidungen sind ebenso wie andere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen gemäß § 121 VwG0 der Rechtskraft fähig und binden daher die Beteiligten bei unveränderter Sach- und Rechtslage in allen anderen von ihnen betriebenen Verfahren, insbesondere einem neuen Normenkontrollverfahren. Die von einer Normenkontrollentscheidung insoweit ausgehende Bindungswirkung umfasst nach herrschender Meinung für den Verordnungs- oder Satzungsgeber auch das Verbot, ohne eine Änderung der Sach- und Rechtslage eine Rechtsvorschrift gleichen Inhalts zu erlassen.

VGH Baden-Württemberg, Entscheidungen vom 22.4.2002 - 1 S 1667/00 -, m.w.N., und vom 26.9.1978, DÖV 1979, 571; BVerwG, Beschluss vom 25.11.1999, NVwZ 2000, 813 ff

Der Senat teilt diese sich aus dem Wesen der Rechtskraft ergebende Auffassung.

Vorliegend beruft sich der Antragsgegner auf eine Änderung der Sach- oder Rechtslage, wenn er die hier fraglichen Sondervorschriften unter Berufung darauf rechtfertigt, dass in der Zeit nach jener Normenkontrollentscheidung des Gerichts Angriffe von Hunden auf Menschen mit zum Teil tödlichen Folgen festzustellen gewesen seien. Die unter dem Eindruck der gravierenden Vorfälle Mitte 1999 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder veranlasste Prüfung von Vorschlägen, mit denen den festgestellten Gefährdungen begegnet werden könnte, und die gleichzeitig in die Wege geleitete Vorbereitung flankierender bundesgesetzlicher Regelungen hätten unter anderem zu der Erkenntnis geführt, dass die in § 6 I 1 VO aufgeführten Hunderassen bzw. -gruppen aufgrund ihres besonderen Gefährdungspotenziales sowohl in dem die Überprüfung abschließenden Beschluss der Innenministerkonferenz vom 5.5.2000 als auch im Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde besondere Erwähnung fänden. Dem korrespondiere unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Erfahrungsaustausch mit den anderen Bundesländern, dass diese Hunderassen bzw. –gruppen nahezu ausnahmslos in den entsprechenden Gefahrabwehrverordnungen der übrigen Bundesländer zu finden seien. Aufgrund der so nachvollziehbar dargestellten neuen Erkenntnislage war es dem Antragsgegner daher nicht grundsätzlich verwehrt, eine dem Inhalt der für nichtig erklärten Polizeiverordnung über die Zucht, das Halten und Führen von Kampfhunden vom 14.8.1991 (Amtsbl. S. 918) vergleichbare Vorschrift wieder zu erlassen. Ein Vergleich der beiden Regelungen ergibt zudem, dass es sich zwar um eine inhaltsähnliche, nicht aber um eine inhaltsgleiche Norm handelt. Der entscheidende Unterschied besteht nicht schon darin, dass rein zahlenmäßig nunmehr nur noch drei Rassen bzw. Gruppen aus der "Kampfhundeliste" der für nichtig erklärten Polizeiverordnung von 1991 aufgezählt sind, sondern darin, dass sich der Antragsgegner über eine bloße Reduzierung hinaus durch neuere Ereignisse und in deren Folge aufgrund dahingehender Prüfung gewonnene Erkenntnisse dazu veranlasst gesehen hat, erneut gefahrenabwehrend tätig zu werden. Darin durfte er mit Fug und Recht eine Änderung der Sach- und Rechtslage erkennen, zumal das Gericht in seiner Entscheidung vom 1.12.1993 eine von den sogenannten Kampfhunden ausgehende abstrakte Gefahr anerkannt und die Nichtigkeit der dort überprüften Polizeiverordnung nicht aus deren Fehlen, sondern im Schwerpunkt aus einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz wegen der Nichtberücksichtigung weiterer Hunderassen mit aus den ausgewerteten Statistiken über durch Hunde ausgelöste Vorfälle abzuleitender vergleichbarer Gefahrenträchtigkeit hergeleitet hat. Von daher war es dem Antragsgegner bereits vor Ergehen der verfahrensgegenständlichen Polizeiverordnung unbenommen, unter Berücksichtigung der Gründe der ergangenen Normenkontrollentscheidung des Gerichts und unter Einbeziehung der über die in der kassierten Polizeiverordnung gelisteten Hunderassen hinaus als gleichartig gefährlich erkannten Hunderassen eine bereinigte "Kampfhundeverordnung" zu erlassen. Für das Vorliegen einer lediglich inhaltsähnlichen Regelung spricht nach der Änderung der VO zum 1.1.2004 zudem der Umstand, dass als wesentliches Regelungsmerkmal des durch die bis 31.12.2003 geltende Regelung ausgesprochenen Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt für die in § 6 I 1 VO gelisteten Hunde nicht mehr von einer unwiderleglichen Vermutung von deren Gefährlichkeit auszugehen ist, sondern nach der Neuregelung lediglich noch eine widerlegliche Vermutung der Gefährlichkeit besteht. Die Bindungswirkung jener Normenkontrollentscheidung steht der Auflistung in § 6 I VO mithin nicht entgegen.

Die mit dem Normenkontrollantrag geltend gemachte Rechtsunwirksamkeit einzelner Regelungsbestandteile der VO kann allgemein auf Verstöße gegen die Grundsätze der Bestimmtheit und Vollständigkeit, die neben den allgemeinen Grundsätzen aus dem Polizei- und Ordnungsrecht, dem Erfordernis der Geeignetheit, dem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden Übermaßverbot und dem Grundsatz, dass nur der Verantwortliche mit Pflichten belegt werden darf, stehen. Das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit (vgl. § 61 I SPolG) verlangt dabei, dass sich aus dem Wortlaut, der Zielsetzung und dem Regelungszusammenhang objektive Kriterien ergeben, die es dem Polizeipflichtigen ermöglichen, eindeutig zu erkennen, was nach der Polizeiverordnung geboten oder verboten ist. Das daraus folgende Gebot der Vollständigkeit der Verordnung (vgl. § 61 II SPolG) schließt grundsätzlich eine Verweisung auf andere Bekanntmachungen oder technische Vorschriften außerhalb des Verordnungstextes aus. Die getroffenen Regelungen müssen daher im Text der Polizeiverordnung vollständig enthalten sein. Die Verweisung auf andere Texte, die nicht von ihrer Natur her Gesetze oder Rechtsverordnungen sind, sind demnach grundsätzlich ausgeschlossen.

Speziell zum rechtsstaatlichen Gebot der hinreichenden Bestimmtheit von Normen gilt, dass der Normgeber gehalten ist, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Dabei darf der Normgeber grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn anders eine Umschreibung der Normtatbestände mit genau erfassbaren Maßstäben nicht möglich ist. Dann müssen sich allerdings aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen willkürlichen Vollzug der Norm ausschließen.

Vgl. dazu Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Auflage 2001, Rdnrn. 476 ff; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage, 1986, S. 507, 490; Mandelartz/Sauer/Strube, SPolG, 2002, § 59 Anm. 5, § 61 Anm. 1 ff; VGH Baden Württemberg, Urteil vom 17. August 1992 - 1 S 2550/91 -, S. 21 f des amtl. Umdrucks, m.w.N.

Davon ausgehend liegen die zwingenden Voraussetzungen für den Erlass der hier fraglichen Vorschriften der VO vor.

Polizeiverordnungen nach § 59 I i.V.m. § 1 II SPolG dienen der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Als Maßnahmen der Gefahrenabwehr setzt die Polizeiverordnung das Vorliegen einer abstrakten Gefahr voraus.

Vgl. dazu Mandelartz/Sauer/Strube, a.a.O., § 59 Anm. 6

Eine den Erlass einer Polizeiverordnung rechtfertigende abstrakte Gefahr, nämlich ein Zustand, bei dem allgemein nach der Lebenserfahrung in gedachten, typischen Fällen mit dem Eintritt eines Schadens gerechnet werden muss, ohne dass eine derartige Gefahr, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aus bestimmten Arten von Handlungen oder Zuständen zu entstehen pflegt,

vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, a.a.O., S. 227, 495 f

im Einzelnen tatsächlich einzutreten braucht, war zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der VO in der ursprünglichen Fassung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der bis 31.12.2003 geltenden unwiderleglichen Vermutung der Gefährlichkeit der in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunde nicht vorhanden. Dementsprechend hat der Antragsgegner vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gesetzesvorbehalt für Eingriffsmaßnahmen gegenüber Hunden der in § 6 I 1 VO gelisteten Rassen bzw. des dort aufgeführten Hundetyps aus § 59 SPolG die Befugnis abgeleitet, gegenüber eben diesen Hunden Gefahrerforschungseingriffe im Wege der Polizeiverordnung festzulegen berechtigt zu sein. Dabei hat sich der Verordnungsgeber von den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts in dessen

Urteilen vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 - und vom 18.12.2002 - 6 CN 4.01 - (insoweit Seite 19 f. des amtl. Umdr.)

leiten lassen, wonach Maßnahmen der Gefahrerforschung nach den von diesem entwickelten Grundsätzen zur Notwendigkeit einer spezialgesetzlichen Regelung für Maßnahmen gegenüber den hier fraglichen Hunden im Rahmen der Aufstellung eines verordnungsrechtlichen Gefahrermittlungsprogramms auf der Grundlage der polizeirechtlichen Verordnungsermächtigung eine Berechtigung bestehen kann, wenn die konkrete Ermächtigungsnorm eine ausreichende Rechtsgrundlage hierfür darstellt.

Der Senat folgt der Auffassung des Antragsgegners, dass § 59 I und II SPolG, der zum Erlass von Verordnungen zur Gefahrenabwehr ermächtigt, den Verordnungsgeber zugleich berechtigt, Gefahrerforschungsmaßnahmen im Wege der Polizeiverordnung jedenfalls dann zu erlassen, wenn solche Eingriffe in sachlichem Zusammenhang zu der Regelungsmaterie einer zur Gefahrenabwehr erlassenen Polizeiverordnung stehen und diese im Vorfeld der konkret von den Regelungen der Polizeiverordnung erfassten speziellen Gefahrenlagen ergänzt. Dabei lässt es der Senat dahinstehen, ob die polizeigesetzliche Ermächtigungsgrundlage zugleich die Ermächtigung umfasst, Polizeiverordnungen zu erlassen, die ausschließlich und alleine der Gefahrerforschung dienen. Hiervon ausgehend findet die Regelung in § 6 VO n.F. eine ausreichende Rechtsgrundlage in der Ermächtigungsnorm des § 59 SPolG. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:

Nach § 59 I SPolG sind die Polizeiverwaltungsbehörden ermächtigt, abstrakten Gefahren im Wege des Erlasses von Polizeiverordnungen zu begegnen. Damit knüpft eine Polizeiverordnung an Sachverhalte an, bei denen aufgrund von Handlungen oder Unterlassungen einer Person oder dem Zustand einer Sache eine Lage erkennbar wird, die erwarten lässt, dass sie bei ungehindertem Ablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Beeinträchtigung eines polizeilich geschützten Rechtsgutes führt. Rechtfertigt eine solche Lage die Annahme des Eintritts eines relevanten Schadens in überschaubarer Zukunft, liegt eine konkrete Gefahr vor, die polizeiliche Einzelmaßnahmen - etwa auf der Grundlage der Generalklausel nach § 8 SPolG - rechtfertigt. Demgegenüber setzt der Erlass einer Polizeiverordnung eine abstrakte Gefahr voraus, d.h. einen Zustand, bei dem allgemein nach der Lebenserwartung - in gedachten typischen Fällen - mit dem Eintritt eines Schadens gerechnet werden muss, ohne dass die Gefahr im Einzelfall konkret tatsächlich einzutreten braucht.

Vgl. Mandelartz/Sauer/Strube, SPolG, 2000, § 8 Anm. 4

Ausgehend hiervon stellt der Antragsgegner bei Erlass der vorliegend zu überprüfenden Polizeiverordnung auf die von als gefährlich einzustufenden Hunden ausgehende Gefahr ab und erlaubt, wie aus ihrer Überschrift hervorgeht, "zum Schutz der Bevölkerung" Vorkehrungen, die es unabhängig davon, ob in jedem Einzelfall ein Schadenseintritt unvermeidlich ist, ermöglichen, durch Verbote und/oder Gebote für eine unbestimmte Zahl von Fällen gegenüber einer unbestimmten Zahl von Personen (§ 59 II SPolG) den als typisch gefährlich erkannten Lagen im Geltungsbereich der VO einheitlich entgegen zu treten. Von daher stellt vorliegend die VO ein Gefahrenbekämpfungskonzept zur Verfügung, das einerseits das Vorgehen der Gefahrenabwehrbehörden in dem geregelten Bereich steuert und andererseits die Position des Betroffenen auch für diesen überschaubar und vorhersehbar macht. Dazu legt das Konzept der VO fest, unter welchen Voraussetzungen ein Hund als individuell gefährlich anzusehen ist, indem es in § 1 I Nrn. 1 bis 3 VO abschließend typische Lebenssachverhalte festlegt, die die Gefährlichkeit von Hunden unwiderleglich vermuten lassen, weil bei deren Verwirklichung eine von dem jeweiligen konkreten Hund ausgehende Gefahr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. In all diesen Fällen konnte auch vor Erlass der Verordnung auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel im Einzelfall mit polizeilichen Mitteln vorgegangen werden, während sich die Gefahrenabwehr nach Erlass der Verordnung ausschließlich nach dieser und den dort festgelegten, für die Gefahrenabwehrbehörden verbindlichen Regeln richtet.

Dazu geht die VO auf der Ebene der Sachverhaltsfeststellung ersichtlich davon aus, dass das Vorliegen der die Gefährlichkeit im Einzelfall begründenden Merkmale nach § 1 I VO von den Haltern ohne weiteres erkannt werden kann, wie sich aus § 1 III VO, der u.a. an die Kenntnis der Halter anknüpft, rückschließen lässt. Im Übrigen wird insoweit auf die objektive Erkennbarkeit dieser Merkmale abgestellt. Daraus folgt, dass der Behörde, auch wenn der Halter bei Vorliegen derartiger Merkmale nicht von einer Gefährlichkeit ausgeht oder sich deren nicht sicher ist, die Berechtigung zukommt, die Gefährlichkeit festzustellen (§ 1 II VO). Diese Befugnis umfasst dabei sowohl die Fälle, dass objektiv keinerlei Zweifel über die Gefährlichkeit vorliegen, weil etwa die Voraussetzungen des § 1 I 2 VO eindeutig belegt sind, der Halter dies aber nicht erkennt oder erkennen will, als auch die Fälle, in denen die bekannten Umstände die Gefährlichkeit nicht zweifelsfrei ergeben. In der letztgenannten Fallgestaltung obliegt es der Polizeiverwaltungsbehörde, die Frage der Gefährlichkeit - unter Umständen unter Hinzuziehung von Veterinärmedizinern - von Amts wegen aufzuklären. Diesbezüglich ist mithin ein Gefahrerforschungseingriff in das spezifische Gefahrenbekämpfungsprogramm der VO konzeptionell und folgerichtig integriert. Die behördliche Feststellung der Gefährlichkeit löst die der VO zu entnehmenden Rechtsfolgen, wie Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und Haltungsgebote, aus. Bis dahin sind der zuständigen Behörde lediglich Gefahrerforschungseingriffe, wie etwa die Zuführung des Tieres zu einer tierärztlichen Untersuchung bzw. eine dahingehende Anordnung und deren Durchsetzung, und unter Umständen vorläufige Maßnahmen erlaubt. Steht die Gefährlichkeit eines Hundes fest, treffen den Halter die den §§ 2 bis 5 VO zu entnehmenden Ge- und Verbote bzw. Handlungspflichten, die bezüglich des aus § 5 III 1 VO hervorgehenden Maulkorbzwanges unter den Voraussetzungen des § 7 II VO modifiziert und die nicht Gegenstand der antragstellerseits angestrengten Normenkontrolle sind.

Gleichfalls der Gefahrerforschung dienen die § 6 I und II VO zu entnehmenden Regelungen. Im Gegensatz zu § 1 II VO steht hier die Gefahrerforschung indes nicht in unmittelbarem Zusammenhang zu Tatsachenfeststellungen im Sinne der Fallgruppen nach § 1 I Nrn. 1 bis 3 VO; vielmehr knüpft die Gefahrerforschungsmaßnahme des Wesenstestes in Gestalt einer widerleglichen Vermutung an die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer der in § 6 I 1 VO gelisteten Hunderassen bzw. zu dem dort genannten Hundetyp an.

Diese Einbindung von Gefahrerforschungsmaßnahmen in eine Polizeiverordnung begegnet keinen Rechtsbedenken im Hinblick darauf, dass § 59 I SPolG derartige Befugnisse nicht ausdrücklich eröffnet, sondern vom reinen Wortlaut her das Vorliegen einer abstrakten Gefahr voraussetzt. Hierfür genügt mithin nicht allein ein Gefahrenverdacht, auch wenn dieser durch Tatsachen erhärtet ist, um weitere behördliche Nachforschungen, ob eine tatsächliche Gefahr vorliegt, zu rechtfertigen. Es ist anerkannt, dass die Befugnis zur Feststellung von Gefahren dann, wenn die Polizei Anhaltspunkte für die Entwicklung einer Gefahrenlage hat, von der polizeilichen Generalklausel mit umfasst wird, auch wenn diese dort nicht ausdrücklich aufgeführt ist.

Vgl. etwa Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Auflage 2001, Rdn. 155

Da es sich bei der abstrakten Gefahr um eine Typisierung konkreter Gefahren handelt, letztere aber die Befugnis zu Gefahrerforschungseingriffen umfasst, kommt es auch im Rahmen des Erlasses von Polizeiverordnungen in Frage, zumindest in Ergänzung zu den darin einer Regelung zugeführten typischen Gefahrenlagen auch Gefahrerforschungseingriffe zu ermöglichen, um die Effektivität der mit der Polizeiverordnung beabsichtigten Gefahrenabwehr zu gewährleisten und zu optimieren. Dem entspricht es, bei Einbindung derartiger Gefahrerforschungseingriffe in das konkrete Gefahrenbekämpfungsprogramm der Polizeiverordnung diese Eingriffe auf der Grundlage von § 59 SPolG zuzulassen. Hierin liegt keine Erweiterung von Anordnungsbefugnissen für die Polizeiverwaltungsbehörden im Wege der Verordnung, da sie die Befugnis zu Gefahrerforschungseingriffen bereits aufgrund der polizeilichen Generalklausel haben, auch wenn auf deren Grundlage eine Vielzahl einzelner Verfügungen erforderlich wäre. Gerade im Hinblick auf die mögliche Vielzahl von Einzelentscheidungen durch unterschiedliche örtlich zuständige Polizeiverwaltungsbehörden und den weiten Ermessensspielraum, den das Polizeirecht den mit seiner Anwendung befassten Beamten einräumen muss, stehen erhebliche Unterschiede in der Behandlung derartiger Gefahrenverdachtsfälle im Raum. Deshalb entspricht es der Rechtssicherheit, die typischerweise bereits im Vorfeld der durch Polizeiverordnung geregelten abstrakten Gefahrensituationen auftretenden Gefahrenverdachtsfälle in die Befugnisse nach den Polizeiverordnungen einzubeziehen und damit einer einheitlichen Regelung zuzuführen. Damit wird die befürchtete Rechtsunsicherheit vermindert.

Vgl. dazu Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage 1986, Seite 484 ff; Urteil des Senats vom 25.8.2003 - 2 R 18/03 -, Bl. 15 des amtl. Umdr.

Auch in den Fällen der Gefahrerforschung ist es erforderlich, dass derartige Eingriffe nur gegenüber potenziellen Störern, d.h. Haltern von Hunden, die Merkmale aufweisen, die mit dem Eintritt eines Schadens rechnen lassen, ohne dass die befürchtete Gefahr im Einzelfall konkret tatsächlich einzutreten braucht, erfolgen.

Vgl. Wolf/Bachhof, Verwaltungsrecht III, 4. Auflage 1978, § 128 Rdn. 17

Die Ermächtigungsgrundlage in § 59 SPolG entspricht dabei nach Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wie sie aus Art. 80 I 2 GG bzw. Art. 104 I 2 SVerfG hervorgehen, auch wenn die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage Gefahrerforschungseingriffe nicht ausdrücklich nennt. Inhalt, Zweck und Ausmaß ergeben sich vielmehr aus der in Rechtsprechung und Literatur weitgehend unbestrittenen Kompetenz der Polizeiverwaltungsbehörden zu Gefahrerforschungseingriffen auf Grund der polizeilichen Generalklausel, die diese ebenfalls nicht ausdrücklich erwähnt. Werden aber polizeilich relevante gefahrenträchtige Sachverhalte abstrakt durch eine Polizeiverordnung verbindlich für die Polizeiverwaltungsbehörden geregelt, ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, in den Rahmen des einheitlichen Gefahrenbekämpfungsprogramms die von der Polizeiverordnung erfassten spezifischen Gefahrenlagen ergänzend und flankierend die im unmittelbaren Zusammenhang hierzu stehenden typischen Fälle von Gefahrenverdacht, die virulent erkennbar sind, einzubeziehen. Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.12.2002 hinsichtlich der Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern und vom 3.7.2002 hinsichtlich der Rechtslage in Niedersachsen belegen, dass eine Ermächtigungsvorschrift, die wie § 59 SPolG, die inhaltlich mit § 17 I SPolG Mecklenburg-Vorpommern übereinstimmt, dem Wortlaut nach ausschließlich der Gefahrenabwehr dient und das Vorliegen einer abstrakten Gefahr erfordert, wie es das Bundesverwaltungsgericht andeutet, daneben im Rahmen eines Gefahrerforschungsprogrammes bzw. Gefahrermittlungsprogrammes

vgl. das Urteil vom 18.12.2002, S. 18 des amtl. Umdr., und vom 3.7.2002, S. 14, 19 des amtl. Umdr.

auch ergänzend zu Gefahrerforschungseingriffen ermächtigt, wenn die zu prüfende Gefahrenlage auf das Vorliegen einer abstrakten Gefahr bei entsprechender Erweislichkeit der Gefahrerforschungsmaßnahme hindeutet, also Fälle typischen Gefahrenverdachtes einbezogen werden.

Eine hiernach im Wege der Polizeiverordnung zulässige Festlegung von Gefahrerforschungseingriffen für die in § 6 I 1 VO gelisteten Hunde in der Form der widerleglichen Vermutung des Bestehens eines Gefahrenverdachtes unter Einführung eines Wesenstestes wird durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Sowohl die Vermutung des Gefahrenverdachtes als auch der Wesenstest sind einschließlich der Wiederholung des Wesenstestes in dreijährigem Abstand geeignete und verhältnismäßige Regelungen, um die mit der Polizeiverordnung ermöglichte Gefahrerforschung im Rahmen eines Gefahrenabwehrprogrammes zum Schutze der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden verwirklichen zu können.

Hiervon ausgehend bestehen keine Bedenken gegen die für die in Abs. 1 der Vorschrift gelisteten Hunde eröffnete Möglichkeit von Gefahrerforschungseingriffen in Form einer widerleglichen Vermutung des Vorliegens eines Gefahrenverdachtes verbunden mit einem Wesenstest, der dazu führt, dass die Haltung dieser Hunde bei Bestehen des Wesenstestes keinerlei Einschränkung unterliegt. Dies gilt auch für die Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift zu entnehmende Verpflichtung der Halter, den Wesenstest alle drei Jahre durchführen zu lassen. Auch im Übrigen greift der Normenkontrollantrag nicht durch.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in mehreren Entscheidungen betreffend vergleichbare Rechts- bzw. Polizeiverordnungen zum Schutze von gefährlichen Hunden anderer Bundesländer

vgl. die Urteile vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 - (Niedersachsen), vom 18.12.2002 - 6 CN 1.02 - (Schleswig-Holstein), vom 18.12.2002 - 6 CN 4.01 - (Mecklenburg-Vorpommern), vom 20.8.2003 - 6 CN 3.02 - (Brandenburg)

speziell mit der Anknüpfung der polizeirechtlichen Gefahr an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse bzw. einen bestimmten Hundetyp - letztlich allesamt sogenannte Kampfhunde - befasst und insbesondere in den Fällen, in denen die gesetzliche Verordnungsermächtigung den Erlass von (Polizei-)Gefahrenabwehrverordnungen an das Vorliegen einer abstrakten Gefahr knüpft, klargestellt, dass darauf beruhende Verordnungen, die an einen bloßen Gefahrenverdacht anknüpfen, durch die Ermächtigung nicht gedeckt sind und der Vorbehalt des Gesetzes eingreift. Dazu hat es ausgeführt, dass es dann, wenn es an ausreichenden Belegen für einen kausalen Zusammenhang zwischen Rassezugehörigkeit und Schadenseintritt fehle, zugleich an einer abstrakten Gefahr fehle. In diesem Falle erlaube das allgemeine Gefahrenabwehrrecht keine polizeirechtlichen Maßnahmen, die allein an die Rassezugehörigkeit anknüpften. Derartige Regelungen bedürften der speziellen gesetzlichen Grundlage. Namentlich habe der Gesetzgeber die etwaige Einführung sogenannter Rasselisten selbst zu verantworten.

Vgl. etwa das Urteil vom 18.12.2002 - 6 CN 1.02 -, S. 21 des amtl. Umdrucks

Weiter hat es dazu ausgeführt, dass sich aus der Zugehörigkeit zu einer Rasse, einem Typ oder gar einer entsprechenden Kreuzung von Hunden nach dem Erkenntnisstand der Fachwissenschaft nicht ableiten lasse, ob von den Hundeindividuen Gefahren ausgingen. Zwar bestehe der Verdacht, dass Hunde der hier fraglichen Rassen bzw. des fraglichen Typs ein genetisch bedingtes übersteigertes Aggressionsverhalten aufwiesen. Es sei jedoch in der Wissenschaft umstritten, welche Bedeutung diesem Faktor neben zahlreichen anderen Ursachen - Erziehung und Ausbildung des Hundes, Sachkunde und Eignung des Halters sowie situativer Einflüsse - für die Auslösung aggressiven Verhaltens zukomme. Insbesondere lägen zur Problematik weder aussagekräftige Statistiken oder sonstiges belastbares Erfahrungswissen noch genetische Untersuchungen vor.

Vgl. etwa das Urteil vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 -, S. 15-19 des amtl. Umdrucks

Davon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich Polizeiverordnungen bzw. Gefahrtierverordnungen, die nicht an die von Hunden ausgehenden Gefahren anknüpften, wie sie wegen der Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens mit der Haltung von Hunden allgemein oder von solchen bestimmter Größe oder Beißkraft verbunden waren, sondern Hunde bestimmter Rassen oder eines bestimmten Typs als besonders gefährlich angesehen haben, wobei der Beitrag dieser Merkmale zur Gefährlichkeit des einzelnen Hundes ungeklärt ist, die sie jeweils bestätigenden instanzgerichtlichen Entscheidungen aufgehoben.

Da der von dem Antragsgegner ursprünglich erlassene § 6 VO in gleicher Weise anknüpfend an die Rassen American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier (sowie daneben den American Pit Bull Terrier) konkrete Gefahrenabwehrmaßnahmen in Form einer unwiderleglichen Vermutung eröffnet hat, ist der Antragsgegner im Hinblick auf diese Rechtsprechung hiervon abgerückt. Mit der verfahrensgegenständlichen Änderung des § 6 VO hat er zwar einerseits in dessen Abs. 1 Satz 1 die Rasseliste der aufgehobenen Vorschrift beibehalten; er geht aber nun nicht mehr von der Gefährlichkeit der gelisteten Hunde im Sinne einer unwiderleglichen Vermutung aus, sondern statuiert eine widerlegliche Vermutung der Gefährlichkeit in Abhängigkeit vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Wesenstestes, dem der einzelne Hund zu unterwerfen ist.

Damit trägt der Antragsgegner der weiteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinen

Urteilen vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 -, S. 19 f. des amtl. Umdrucks, und vom 18.12.2002 - 6 CN 4.01, S. 18 ff. des amtl. Umdrucks,

Rechnung, wonach der Gesichtspunkt, dass Hunde bestimmter Rassen einem Wesenstest zugeführt werden und dass nach Bestehen dieses Tests keine weiteren Anforderungen an die Hundehaltung gestellt werden, weil dann ein Gefahrenverdacht ausgeräumt sei, dazu führt, dass der dann bestehende bloße Gefahrerforschungseingriff von der Verordnungsermächtigung für den Erlass von Polizeiverordnungen gedeckt sein kann. Vor diesem Hintergrund ergibt die Überprüfung der seit 1.1.2004 geltenden Sondervorschriften in § 6 VO, dass die Ermächtigung zum Erlass von Polizeiverordnungen in § 59 SPolG die Polizeiverwaltungsbehörden dazu berechtigt, abstrakt-generelle Regelungen zur Gefahrermittlung zu treffen und dass die hier fraglichen Vorschriften der VO als Gefahrerforschungseingriffe hierin eine ausreichende Rechtsgrundlage finden und auch im Übrigen den Vorschriften des saarländischen Polizeigesetzes über den Erlass von Polizeiverordnungen entsprechen. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:

Der Antragsgegner hat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens zum Erlass von Polizeiverordnungen nach § 59 I, II SPolG den nach seiner Einschätzung für bestimmte Hunderassen aufgrund vorhandener Eigenschaften bestehenden Gefahrenverdacht zum Anlass genommen, im Vorfeld der Abwehr insoweit möglicherweise entstehender zukünftiger Gefahren für die hohen Rechtsgüter von Leib und Leben von Personen dienende Gefahrerforschungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Abgrenzung des Adressatenkreises der nach der VO polizeipflichtigen Personen hat er in § 6 I 1 VO im Wege der Anknüpfung an die von ihm zum Zeitpunkt des Erlasses der VO als gefährlich erkannten Hunderassen vorgenommen. Dabei hat er in den Kreis der Pflichtigen alle Personen einbezogen, die Hunde dieser Rassen ausbilden, halten und nicht gewerbsmäßig züchten. Damit richtet sich die VO an eine unbestimmte Zahl von Personen, die durch die Rassezugehörigkeit des in ihrem Besitz befindlichen Hundes näher bestimmt wird. Als Abgrenzungskriterium gegenüber den Besitzern von Hunden aller anderen Hunderassen, die nicht im Katalog des § 6 I 1 VO enthalten sind, verwendet der Antragsgegner die Bezeichnung von drei dort aufgeführten Rassen bzw. Gruppen von Hunden, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und American Pit Bull Terrier.

Dazu beruft er sich, ohne den Begriff der "Kampfhunde", wie er noch in § 1 seiner vom Gericht für nichtig erkannten Polizeiverordnung über die Zucht, das Halten und Führen von Kampfhunden vom 14.8.1991 in Form einer umfassenden Liste derartiger Hunde zu entnehmen war, aufzugreifen, auf bereits zum Zeitpunkt des Erlasses jener Polizeiverordnung vorhandene als auch jüngere Erkenntnisquellen, denen seiner Auffassung nach zu entnehmen ist, dass die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunderassen sich durch erhebliche Beißkraft, Stärke, Aggressivität und Schmerzunempfindlichkeit auszeichnen. Darin und in einer in der Zeit vor Erlass der VO erkennbaren Auffälligkeit diesen Rassen zugehöriger Hunde bei Beißvorfällen hat der Antragsgegner einen aktuell betreffenden Gefahrenverdacht erkannt.

Diese Beurteilung hält der Überprüfung durch den Senat stand. Bereits ein Rückgriff auf die bisherige einschlägige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zeigt das Verdachtspotenzial auf. Die dort unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Vorliegens einer abstrakten Gefahr durch derartige Hunde getroffenen Feststellungen belegen jedenfalls den vom Antragsgegner der von ihm in § 6 VO zur Gefahrenvorsorge ergriffenen Regelungen zugrundegelegten Gefahrenverdacht.

Das Gericht hat in seinem Normenkontrollurteil zur sog. Kampfhundeverordnung von 1991,

vgl. das Urteil vom 1.12.1993, a.a.O.,

deren Katalog die hier fraglichen drei Hunderassen bzw. -gruppen gleichfalls ausweist, ausführlich dargelegt, dass aus vorliegenden verschiedenen "Beißstatistiken" hervorgehe, dass sogenannte großrahmige Hunde allgemein erwartungsgemäß stärker an tödlichen oder von schwereren Verletzungen geprägten Beißzwischenfällen beteiligt sind als kleinere Hunde. Die so grob vorgenommene Differenzierung zwischen den Haltern kleinerer Hunde und großrahmiger Hunde begegne von vorneherein keinen Bedenken, auch wenn kleinere Hunderassen im Einzelfall häufig an Beißzwischenfällen beteiligt seien, da deren Gefährlichkeit jedenfalls geringer einzustufen sei als die sogenannter großrahmiger Hunde. Hinsichtlich der letztgenannten Hunde sei bis in die achtziger Jahre erkennbar, dass Hunde der in § 1 der sog. Kampfhundeverordnung aufgeführten Rassen keine signifikante Rolle zukomme.

Kolbe, Beißende Hunde in einer Großstadt. Seuchenhygienische Bedeutung, ethologische Aspekte und verwaltungsrechtliche Behandlung, Dissertation, Berlin, 1983, S. 59; Katarzynski, Hunde töten Menschen, Kriminalistik 1975, 78 f; Händel, Nochmals: Hunde können gefährlich werden, Kriminalistik 1975, 268 f; Mätzler, Von Hunden getötet und angefressen, Kriminalistik 1983, 634; Wehner, Gefährliches "Werkzeug Hund", Kriminalistik 1983, 635; Breitsamer, Wenn Hunde Menschen töten eine fachpolizeiliche Untersuchung für die Praxis, Die Polizei 1986, 267 f; Untersuchung des Leitenden Oberstaatsanwalts in Dortmund vom 26. Mai 1992; Hartwig, Bedrohung durch "Kampfhunde"?, Unser Rassehund, 1991, 7 ff (abgedruckt auch in VDH - Zur Sache: Kampfhunde, Dortmund, Dezember 1991, S. 30 ff); Umfrage des Deutschen Städtetages, Hamann/Vahle, Umfrage: Gefährlichkeit von Hunden, Forschungsprojekt "Tierrecht", FHSöV NW, Deutscher Städtetag, Köln, Essen/Dortmund, Mai 1992

Aus all diesen Statistiken folge, dass den Beißstatistiken für die Zeit des Erlasses der sog. Kampfhundeverordnung 1991 Hunde der in § 1 jener Verordnung aufgeführten Hunderassen und Kreuzungen gegenüber weiter zurückliegenden Zahlenangaben erstmals oder insbesondere den Bullterrier betreffend zahlenmäßig häufiger zu entnehmen gewesen seien. Gegenüber der bis dahin vorhandenen Gefahr von schwereren Beißvorfällen, die insbesondere durch Deutsche Schäferhunde als beteiligte Hunderassen gekennzeichnet gewesen sei, sei eine Verschärfung der allgemeinen Gefahr derartiger Vorfälle durch in § 1 der sog. Kampfhundeverordnung aufgeführten Hunderassen zu verzeichnen. Dies werde insbesondere deutlich an der von der im dortigen Verfahren vorgelegten Aufstellung aktenkundig gewordener Zwischenfälle mit derartigen Hunden des Niedersächsischen Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 13. März 1989 - 111-42.507/0438 -, aus der für die Jahre 1986 und 1988 insgesamt sieben Vorfälle mit teilweise erheblichen Bissfolgen betreffend Mastino Napoletano, "American Stafford Terrier", "Stafford Bullterrier" und "Mastino" neben einem Schäferhund, der an einem Vorfall mit einem Mastino zusätzlich beteiligt war, hervorgingen. Die so festzustellende Zunahme von Beißvorfällen der dort fraglichen Hunderassen habe sich auch in einer Vielzahl von parlamentarischen Anfragen, Gesetzesinitiativen und Veröffentlichungen aus dem fraglichen Zeitraum

BT-Drucksachen 11/7142 vom 15. Mai 1990, 11/7924 vom 19. September 1990, 11/8496 vom 27. November 1990 und die Bundesratsdrucksachen 246/791 vom 24. April 1991 und 722/90 vom 22. Oktober 1990; Schreiben des Hess. Ministeriums des Innern vom 12. April 1989 III A 3182 l; Anonymus, Die Polizei 1989, 228; Anonymus, Die neue Polizei 1992, 521; Rechts- und Verfassungsausschuss des DST, Mitteilungen des Deutschen Städtetages 1988, 313 f (Nr. 710/88); Zielke, Kampfhunde einfach verbieten oder ?, Der Städtetag 1991, 465 f.; Wegner, Haltung von Kampfhunden, Deutsche tierärztliche Wochenschrift 97 (April 1990), 168 ff

niedergeschlagen, so dass der Antragsgegner ohne Beanstandung aufgrund der so festgestellten quantitativen Gegebenheiten, auch bei nicht repräsentativen einschlägigen Statistiken, von einer Erhöhung der auch bisher vorhandenen abstrakten Gefahr, die durch das Verhalten solcher gefährlicher Hunde verursacht werde, habe ausgehen dürfen. Aus alledem folge, dass unbeschadet des Hinweises der dortigen Antragsteller, der sich teilweise auch in einschlägigen Abhandlungen und Stellungnahmen niedergeschlagen habe, die Problematik sei unter dem Begriff "Kampfhunde" in einem Teil der Presse hochgespielt worden,

dazu Schneppen, in Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 87 vom 11. April 1992, S. 9, und in Unser Rassehund 1992, 4 f; Der Spiegel 36/1991, S. 296 ff,

festzustellen sei, dass das erkennbare Auftreten von Beißvorfällen unter Beteiligung derartiger Hunde seit Mitte der achtziger Jahre nicht einfach zu vernachlässigen sei. Für das Vorliegen einer erhöhten Gefahr spreche auch die für den Zeitraum unmittelbar vor Erlass jener Verordnung erfolgte ernsthafte Diskussion dieser Problematik in den zuständigen Verwaltungen und den gesetzgebenden Gremien des Bundes und der Länder unter verschiedenen rechtlichen Aspekten und insbesondere unter Einbeziehung konkreter Fälle sowie insbesondere unter Vorlage entsprechender Gesetzesinitiativen.

Berücksichtige man, dass alle Hunde dem Menschen durch Bisse Schaden zufügen könnten, sie also die "unberechenbare Tiergefahr" auslösten, ergebe sich, dass von sogenannten großrahmigen Hunden eine erhöhte Gefahr und darüber hinaus von jedenfalls den in der sogenannten Kampfhundeverordnung aufgeführten Hunden und Hunderassen eine spezifische erhöhte Gefahr ausgehe. Diese spezifische Gefahr resultiere einerseits aus dem typischen Aggressionsverhalten dieser Tiere, wenn eine Aggression (aus welchem Grunde auch immer) ausgelöst worden sei, und andererseits aus der in dieser Situation nicht mehr vorhandenen Beherrschbarkeit durch Halter bzw. Hundeführer. Das hier angeführte, spezifische Aggressionsverhalten der nach dem Sprachgebrauch der sog. Kampfhundeverordnung als Kampfhunde bezeichneten Hunderassen bzw. –gruppen – zu denen auch die drei in § 6 I 1 der hier zu prüfenden VO aufgeführten Hunderassen bzw. –gruppen zählen – könne in nicht zu beanstandender Weise auf die Merkmale Aggressivität und Schmerzunempfindlichkeit zurückgeführt werden.

Die so erkannte spezifische Gefahrenträchtigkeit der sogenannten Kampfhunde hat das Gericht in seiner Entscheidung vom 1.12.1993

a.a.O., S. 22 bis 35 d. amtl. Abdr.

folgendermaßen begründet:

"Der von der Antragsgegnerin gewählte Begriff des Kampfhundes findet sich in verschiedenen Gliederungen der Haushunderassen. Da keine allgemein anerkannte Gliederung der Haushunderassen unter Zoologen, Haustierkundlern, Kynologen und Veterinären existiert, ist der Rückgriff auf diejenigen Gliederungen, die die hier fraglichen Hunde als Kampfhunde beschreiben und benennen, zulässig. Dieser Begriff findet sich auch als Stichwort in der

Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, 1990, Band 11, S. 391,

wo als gemeinsame Wesensmerkmale der zu den Kampfhunden zu zählenden Hunderassen eine hohe Aggressivität, die durch gezielte Zucht und entsprechende Erziehung gefördert werde, und geringe Schmerzempfindlichkeit sowie fehlende Angst angegeben werden. Der Begriff des Kampfhundes findet sich auch in

van Rheenen, Das Lexikon für Hundefreunde, 1969, S. 240 (Stichwort: Kampfhund),

der deutschen Übertragung einer holländischen Originalausgabe, wo unter diesem Stichwort auf das Stichwort "Packer" verwiesen wird.

Der Begriff des Packers

a.a.O., S. 323

wird dahingehend erläutert, daß es sich dabei um für das Anfallen von Schweinen, Wölfen und anderem streitbarem Wild abgerichtete Hunde handele. Diese Kennzeichnung wird auch von

Nims, Mein Hund, 1985, S. 12, 17, 30 f, und insbesondere von Fleig, Kampfhunde, I, 2. Auflage, 1990, S. 11 ff,

gestützt, wonach bei der zuchtbedingten Entwicklung derartiger Hunde zum Spezialisten insbesondere dem Kampf gegen den Bullen neben dem Kampf gegen andere wehrhafte Tiere im Laufe der Ausbildung der Rassen eine besondere Bedeutung zukam. So habe der Kampf gegen den Bullen einen Hund erfordert, der über dem Boden auf seinen Gegner zukriechend den Bullenhörnern möglichst wenig Angriffsfläche geboten habe und durch Macht und Form seiner Kiefer sich in den Bullenkopf habe verbeißen können, ohne hinweggeschleudert zu werden. Zu den Kampfhunden seien alle Schläge zu zählen, die von ihrem Charakter her sich für den Schutz des Menschen und für den Kampf gegen wilde Tiere eigneten, wobei die Aufmerksamkeit den Hunden mit der gewaltigeren Körperform gelte. Ausgangspunkt des Kampfhundes in seiner äußeren Gestalt sei naturgemäß der große untersetzte, wuchtige Schlag mit sehr kräftigem Körperbau, stark entwickeltem Kopf und gewaltig drohender Stimme gewesen. Demgemäß habe der Mensch schon von alters her Rassen zu erzeugen gesucht, die durch ihre Kraft und ihre gewaltigen Beißwerkzeuge imstande gewesen seien, ihn oder seine Herde gegen stärkere Feinde zu verteidigen, große Tiere auf der Jagd zu überwältigen und niederzureißen sowie widerspenstige große Haustiere zu bändigen. Um solche Tiere zu erzeugen, seien große Hundeformen hauptsächlich auf die Entwicklung der Beißwerkzeuge hin gezüchtet worden. Diese hätten umso mehr Kraft entwickeln können, je weniger weit der Endpunkt des Kieferhebels vom Ansatzpunkt der Kraft gewesen sei. Dementsprechend beschreibt Fleig

vgl. a.a.O., S. 18 ff

die Aufgaben der Kampfhunde im weiteren insbesondere im Hinblick auf die Jagd auf wehrhaftes Wild, den Kampf gegen Bären und Löwen, den Kampf gegen Bullen, den Kampf Hund gegen Hund, Dachs, Ratten, Affen, Opossum, Schwein, Pferd und Esel sowie gegen den Menschen. Insbesondere zum Kampf gegen den Menschen als einer von Kampfhunderassen im Laufe ihrer Entwicklung durchlaufene Station legt er im einzelnen dar,

vgl. a.a.O., S. 123

in England sei bereits sehr früh erkannt worden, daß Kampfhunde nur ganz bedingt als Schutzhunde oder als Polizeihunde geschult werden könnten, da die Wildheit dieser Tiere gegen Menschen zu richten "Wahnsinn" sei. Begründet wird dies damit, daß diesen Tieren durch jahrhundertelange Zucht so gewollt die Bereitschaft fehle, sich im Kampf irgendeinem fremden Willen zu unterwerfen. Daraus folge die Unbeherrschbarkeit solcher Hunde, nachdem das entsprechende Aggressionsverhalten begonnen habe. Die Schmerzunempfindlichkeit in der Wut und der bedingungslose Einsatz bis zum letzten könnten nicht einfach durch das menschliche Kommando zum Auslassen aufgehoben werden. Diese Hunde kämpften, und sie seien, erst einmal in volle Wut geraten, kaum mehr vor dem Ende des Kampfes vom Menschen zu lenken. So sei in den Tierkämpfen in aller Regel eine Trennung vom Opfer nur dadurch möglich gewesen, daß man den Hunden den verkrampften Kiefer aufgebrochen habe. Größe, Gewicht und unermüdliche Energie der Kampfhunde werde begleitet von der Bereitschaft zum erbarmungslosen Kampf. Diese Kennzeichnung der Kampfhunde nimmt Fleig in

Kampfhunde II, 1983, S. 8 f,

auf, indem er im Vorwort dieser Abhandlung, nachdem er betont hat, daß er "diese schönen Hunde mit all ihrer Kraft und ihrem einzigartigen Charakter" liebe, darlegt, er habe Erkenntnisse darüber, daß es in den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts immer noch möglich sei, Hunde als "Kampfmaschinen" zu mißbrauchen und die ekelerregenden Tierkämpfe vergangener Jahre neu zu beleben oder gar so umzufunktionieren, daß nunmehr "unsere Kampfhunde auf Dressurplätze geschleppt werden um sie zu "Beißmaschinen" gegen den Menschen zu machen !". Unter der Zwischenüberschrift "Moderne Kampfhunderassen" führt er später aus, der einmalige Charakter des Kampfhundes sei, daß es sich um einen selbstbewußten, eigenwilligen Hund handele, der völlig ungeeignet für jene Hundefreunde sei, die von ihrem Hund eine Art von Kadavergehorsam verlangten.

Vgl. a.a.O., S. 57

In einem Resümee zur Frage der "Kampfhunde in der Zukunft"

vgl. a.a.O., S. 158 f

fordert er schließlich, der Kampfhund müsse sich zum Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts einer vom Menschen geschaffenen Umwelt anpassen, für die er als Rasse sicherlich züchterisch nie geplant gewesen sei. Die allerwichtigste Anpassung liege im psychischen Bereich. Hohe Reizschwelle, Gutartigkeit gegenüber Mensch und Tier im Alltagsleben, dies seien zwei Grundvoraussetzungen für Hunderassen, die in modernes Leben passen sollten. Aggressivität und ungezügelte Angriffslust seien etwas völlig anderes als sinnvolle Verteidigungsbereitschaft, die von einem wehrhaften Hund erwartet werden dürfe. Zähnefletschende, nervöse oder zitternde Kampfhunde seien nicht nur Zerrbilder ihrer Rasse, sie paßten auch einfach nicht in diese Zeit. Gesucht sei der gutartige, nervenfeste Hund.

Aus diesem Ausblick ist zu folgern, daß die von Fleig beschriebenen Hunderassen, die mit dem Katalog des § 1 VO im wesentlichen übereinstimmen, diesem noch gesuchten Zuchtbild weitgehend nicht, entsprechen, sondern wegen ihrer psychischen Unangepaßtheit beim Zusammenleben mit Menschen in dichtbevölkerten Gemeinschaften, wie der Bundesrepublik Deutschland, durchaus eine Gefahr darstellen. Die spezifische Gefährlichkeit von Hunden dieser Rassen ergibt sich dabei in Verbindung mit ihrem bereits beschriebenen Aggressions- und Beißverhalten. Die darin liegende abstrakte Gefahr folgt letztlich aus der Tatsache, daß die Beherrschbarkeit derartiger Hunde durch den Menschen nicht in jedem Falle und nicht durch jede beliebige Person, die eine Zuneigung zu derartigen Hunden faßt, gewährleistet werden kann. Es kommt daher auf die im Großen und Ganzen positive Wesensbeschreibung von Fleig in seiner Einzeldarstellung moderner Kampfhunderassen

vgl. a.a.O., S. 58 ff

für die Einschätzung der Gefahr nicht an, zumal dort zu einzelnen dieser Hunderassen durchaus betont wird, daß an die Beherrschbarkeit derartiger Hunde durch den Menschen besondere Anforderungen zu stellen sind.

Kommt Fleig aufgrund einer historischen Aufarbeitung der Entwicklung der von ihm beschriebenen Kampfhunderassen zu den o.a. Angaben zu Wesen und Besonderheiten dieser Hunde, so stimmt diese Beurteilung im Ergebnis im wesentlichen mit der von

Beckmann, Der große Hunde-Knigge, 1. Auflage, 1987,

die bei ihrer Darstellung von einem anderen Ansatz ausgeht, überein. Dort werden "die Doggen und die doggenartigen, die alten "Rüden" und "Packer" wie Mastiff, Mastino, Bulldogge, Boxer und "der Mops" zur Gruppe der sogenannten Lagerhunde gezählt, zu der nach den Angaben der Autorin allerdings auch die großen Schutz- und Wachhunde wie Bernhardiner, Neufundländer, Landseer, Leonberger und Rottweiler zählen. Diese von ihr durch eine Bezeichnung, die für "prähistorische Hunde" geprägt worden ist, zusammengefaßten Hunderassen, hat sie aufgrund aller ihr erreichbaren Beschreibungen von "Rassencharakteren" aufgelistet und so eine Gruppe von Hunden gefunden, die von allen Autoren mit einer geradezu verblüffenden Übereinstimmung beschrieben wurden. Im einzelnen beschreibt sie diese Hunde folgendermaßen: Lagerhunde seien Hunde, die insbesondere mit den Terrierartigen einige gemeinsame Charakterzüge aufwiesen. Sie seien mutig, selbstbewußt, eigenwillig und "hart im Nehmen". Sie seien nicht leicht zu beeindrucken und hätten die für jeden Hundehalter fatale Eigenschaft, sich im "Eifer des Gefechts" von unangenehmen Erfahrungen nur wenig oder gar nicht abschrecken zu lassen. Diese Kennzeichnung des "harten Hundes" erläutert sie dahingehend, das der Rat, einen Hund, der die Unart besitze, jedem Radfahrer nachzujagen und überhaupt nicht zu hören, mit dem Stachelhalsband zu disziplinieren, für einen Schäferhund oder einen Jagdhund gelte, für einen harten Hund jedoch nicht. Lagerhunde seien ursprünglich als "Packer" bei der Jagd auf wehrhaftes Großwild eingesetzt worden. Ihre Fähigkeit, auch große, übergewichtige Gegner zu stellen, zu packen und anzugreifen, hätten diese Hunde bis heute nicht verloren, auch wenn sie meist nur noch als ruhige, aber dekorative Familienhunde gehalten würden. Prompter Gehorsam sei nicht ihre Stärke. Es werde deshalb auch immer wieder davor gewarnt, diese Hunde "auf den Mann" zu dressieren. Im Ernstfall seien sie dann kaum zurückzuholen und viel zu gewaltig. Den "Angriff" müsse man einem Lagerhund nicht beibringen. Das könne er bei Bedarf von selbst. Lagerhunde hätten eine schier unerschöpfliche Verteidigungsbereitschaft ihrem Rudel gegenüber. Dabei mache allein der Boxer eine Ausnahme, der gemessen an anderen Lagerhunden eine echte "Kontaktnudel" sei und zu jedem gern Kontakt aufnehme, vorausgesetzt man habe ihm und seinem Rudel gegenüber die besten und nur friedlichsten Absichten. Jeder Lagerhund habe zwei Seiten: Eben liege er noch da, ein friedlicher "Bettvorleger", den nichts mehr interessiere, als die kleine, krabbelnde Fliege auf seinem Fuß, doch plötzlich sei er hoch, mit gewaltiger Stimme und "furchtbar im Zorn", wie es immer wieder beschrieben werde. Zwar gingen Lagerhunde mit ihrem fürchterlich anzusehenden Gebiß sehr vorsichtig um; mit einem zornigen Lagerhund könne man aber nicht reden. Das mache ihn höchstens noch zorniger. Einem Lagerhund im Zorn könne sich ein gefährdeter Mensch nur ganz einfach und ohne Kompromisse unterwerfen, nur dann werde er seine Drohung einstellen und zur für den Menschen leichter zu ertragenden "Belagerung" übergehen. Diese Hunde müsse man sehr früh und sehr konsequent bereits von ihrem sechsten Lebensmonat an erziehen. Ihr Beißverhalten weise ein ganz eigenartiges Charakteristikum auf: Sie hätten so etwas wie einen Schalter im Kopf. Die meiste Zeit stehe dieser Schalter auf "absolute Ruhe und Geduld". Aber ganz plötzlich, in Sekundenbruchteilen, könne er umspringen auf "absoluten Angriff", ohne große Vorwarnung.

Vgl. a.a.O., S. 127 ff

Auch der Beschreibung von

Fehringer, Unser Hund, 1949, S. 168 f,

der ebenfalls vom Begriff der Lagerhunde ausgeht und dazu die Doggenartigen (insbesondere Pyrenäenhund, Landseer, Neufundländer, Bernhardiner, Leonberger) und die Doggen (insbesondere Deutsche Dogge, Boxer, Mops, Mastiff, Bulldogge, Bordeauxdogge) zählt, ist zu entnehmen, daß die meisten dieser Hunde, zumal die größeren Schläge, nicht ohne weiteres so zu dressieren seien, wie etwa die Diensthunderassen. Weiter führt er aus, sobald das richtige Verhältnis zwischen Herr und Hund bestehe, folgten diese großen Hunde meist ganz von selbst. Kein vernünftiger Mensch aber werde bei diesen starken Hunden eine Dressur auf den Mann empfehlen. Auch an diesen Hinweisen wird deutlich, daß derartige Hunde von ihrem Verhalten her hinsichtlich ihrer Beherrschbarkeit durch den Menschen spezifische Probleme aufweisen und zum gefährlichen Werkzeug umfunktioniert werden können.

Die Nichtbeherrschbarkeit dieser Hunde bei Aggressionsverhalten wird auch von

Wegner, Haltung von Kampfhunden, Deutsche tierärztliche Wochenschrift 97 (1990), 168 ff,

bestätigt, wenn er auf eine zunehmende gutachterliche Tätigkeit in Zusammenhang mit gerichtsnotorischen Zwischenfällen sogenannter "Kampfhunde" verweist und dies insbesondere darauf zurückführt, daß eine nicht akzeptable Einstellung vieler Züchter und Halter dieser Hunde und eine zudem vom Rassestandard geförderte Fehllenkung der Zucht ein beträchtliches Gewaltpotential hervorgerufen habe, das eine erhebliche soziologische Relevanz aufweise. Die Problemhunde entstammten dabei keineswegs nur der sogenannten "Dissidenz" oder nicht vereinsorganisierten Hundezuchten, sondern gleichfalls dem Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. VDH angeschlossenen Vereinen.

Vgl. dazu auch Mohl/Backes, Erhöhte Hundesteuer für "Kampfhunde"?, KStZ 1991, 66 ff

Die so beschriebene spezifische Gefährlichkeit der hier fraglichen Hunde nach Auslösung von Aggressionsverhalten erfordert auch in den Fällen, in denen es sich um Hunde handelt, die als "Familienhund", "Gemütsriesen" oder "ruhig und kinderlieb" gekennzeichnet werden, die Beherrschbarkeit durch den Menschen, das heißt durch Halter und Hundeführer. Bei der Beschreibung dieser Hunderassen und damit auch der einzelnen in § 1 VO aufgeführten Hunderassen wird durchgehend wenn auch mit unterschiedlichen Formulierungen und Warnungen, insbesondere vor einer Dressur auf den Mann, oder mit dem Hinweis auf ein ausgesprochenes Mißtrauen gegenüber Fremden bis hin zu (z.T.) verherrlichenden Kennzeichnungen, wie "Gladiator" (für den Bullterrier), "Draufgänger" (für den Mastiff) oder etwa mit dem Hinweis, daß der Hund meist jeden Gegner besiege (für den Dobermann) und Kennzeichnungen wie etwa "eigensinnig", "furchtlos", "muß in frühem Alter an Disziplin gewöhnt werden", "benötigt als Jungtier eine sorgfältige Abrichtung", "muß zur Disziplin erzogen werden", "bedarf konsequenter Führung" darauf hingewiesen, daß die Haltung einen erfahrenen Hundekenner oder zumindest eine gefestigte Persönlichkeit verlange, wobei auch das Vorhandensein einer niedrigen Reizschwelle für das Erfordernis der Beherrschbarkeit derartiger Hunde angeführt wird.

Vgl. auch die im Urteil des BayVGH, BayVBl. 1991, 51, wiedergegebene Beschreibung des Aggressionsverhaltens des Mastino Napoletano sowie i.U.: Fleig, Kampfhunde II, a.a.O., S. 69, zum Mastiff, S. 105 zum Bullterrier, S. 120 zum American Staffordshire Terrier, S. 127 f zur Deutschen Dogge, S. 138 f zum Mastino Napoletano, S. 149 und 141 zum Fila Brasileiro; Müller, Der Bullterrier, 2. Auflage, 1989, S. 29 ff; Fraser, American Staffordshire Terrier, S. 31; Große/Holzhausen, Unser Hund ein Boxer, S. 255; Persson, Keysers Praktisches Hundebuch, 1971, S. 29 f zur Bordeaux Dogge, S. 38 zum Bullterrier, S. 68 zur Englischen Bulldogge, S. 108 zum Mastiff; van Rheenen, Das Lexikon für Hundefreunde, 1969, S. 74 zum Bullterrier, S. 153 zum Fila Brasileiro; Schultz/Roth, Ullstein Hundebuch, 1972, S. 229 f zum Bullterrier, S. 260 zur Englischen Bulldogge; Fehringer, Unser Hund, 1949, S. 124 zum Dobermann, S. 136 ff zum Bullterrier, S. 179 ff zur Deutschen Dogge, S. 183 f zum Mastiff; Nimz, Mein Hund, 1985, S. 22 zur Bulldogge, S. 29 zum Dobermann, S. 30 f zur Deutschen Dogge, S. 40 f zum Rottweiler, S. 48 zum Bullterrier; Novotny/Najman, Der Kosmos Hundeführer, 3. Auflage, 1985, S. 72 zum Staffordshire Bullterrier, S. 84 zum American Staffordshire Terrier, S. 84 zum American Staffordshire Terrier, S. 90 zum Bullterrier, S. 108 zum Boxer, S. 118 zum Rottweiler, S. 124 zum Mastino Napoletano, S. 126 zum Dobermann, S. 142 zum Fila Brasileiro, S. 150 zur Deutschen Dogge; Palmer, Die schönsten Rassehunde in Farbe, 1980, S. 74 zu Bullterrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier, S. 120 zum Dobermann, S. 144 zum Rottweiler, S. 164 zu Bullmastiff und Mastiff, S. 166 zur Deutschen Dogge

Die spezifisch von den hier sog. Kampf- oder Lagerhunden (Packern) ausgehende erhöhte Gefahr im Aggressionsfall hängt, auch soweit die Hunde allgemein als Familienhunde umschrieben werden, nach allem letztlich weitgehend von der Beherrschbarkeit durch den Menschen sowie dessen Fehlverhalten beim Halten und Führen derartiger Hunde ab und ist nicht die Folge einer wesensmäßig vorhandenen Bösartigkeit der Tiere dieser Hunderassen. Das erhöhte Gefahrenpotential ergibt sich vielmehr aus einem für den Menschen besonders gefährlichen Aggressionsverhalten, das für diese Hunde typisch ist und die Beherrschbarkeit durch den Menschen in derartigen Situationen nahezu unmöglich macht. Hinzu kommt, daß insbesondere seit Mitte der achtziger Jahre vermehrt Nachrichten darüber vorliegen, die darauf hindeuten, daß Hunde der hier fraglichen Rassen bewußt auf Aggressivität gezüchtet oder erzogen werden, ohne daß diese Aussagen verallgemeinert werden können.

Dies belegen letztlich auch die übrigen dem Senat vorliegenden zum Teil aus dem wissenschaftlichen Bereich kommenden Stellungnahmen, soweit sie überhaupt verwertbare Angaben enthalten.

Was die vorgelegte Stellungnahme des

Deutschen Tierschutzbundes e.V. zu der "Gefahrenabwehrverordnung über das Halten von Kampfhunden und gefährlichen Hunden (HundeVO)" in Hessen vom 28. Oktober 1991

anbelangt, so vertritt diese Organisation ohne nähere Substantiierung den Standpunkt, es gebe keine wissenschaftlichen Grundlagen, die die Einstufung bestimmter Hunderassen als Kampfhunde begründeten.

Der im Auftrag des Clubs für Molosser e.V., Frankfurt, abgegebenen

Stellungnahme von Eichelberg, Zoologisches Institut der Universität Bonn, vom 7. März 1991 zu dem Entwurf einer Polizeiverordnung des Landes Baden-Württemberg über das Halten gefährlicher Hunde

ist die insbesondere angesichts der umfassenden Darlegungen

von Fleig, a.a.O.,

in Zweifel zu ziehende Bewertung zu entnehmen, daß sich die sogenannten Kampfhunde als Hunde mit einer besonders hohen Reizschwelle in der Antike dargestellt hätten

vgl. dazu im übrigen Strebel, Die deutschen Hunde und ihre Abstammung, Band I, S. 20, zur Charakterisierung der "Molosser" bei Seneca: ". ..die hitzigen Molosser aber leget an Riemen.. . ", und Nimz, Mein Hund, 1985, S. 17, zu den "alten germanischen Packerhunden" als Vorfahren der Boxer, die "den Römern bei der Besetzung Germaniens anfangs Furcht und Schrecken eingejagt" haben sollen

und ihre Nachfahren auch heute noch dieses Wesen beibehalten hätten. Andererseits geht aus der Stellungnahme hervor, daß die Gefährlichkeit eines Hundes nicht in erster Linie durch seine Rassezugehörigkeit, sondern durch die charakterliche Veranlagung des Hundehalters bestimmt wurde. Aus der ebenfalls im Auftrag des Clubs für Molosser e.V. zu der o.a. baden-württembergischen Verordnung erfolgten Stellungnahme

von Feddersen/Petersen vom 4. April 1991

ergibt sich auch, daß es auf den Halter ankommt, was aus einem Hund wird. Mit dem falschen "Menschenpartner" könne selbst ein von seiner Veranlagung her friedlicher Hund zur tödlichen Gefahr werden, weshalb menschliches Versagen soweit als irgend möglich verhindert werden müsse. Weiter werden die hier fraglichen Hunde dort als recht "phlegmatisch" beschrieben; andererseits wird aber auch dargelegt, daß eine genetische Disposition zur sozialen Dominanz vorliege bzw. andere das Aggressionsverhalten betreffende Elemente eine menschengesteuerte Entwicklung zu übersteigertem Aggressionsverhalten erleichterten. Deshalb seien Schutzhunderassen oder Rassen mit Kampfhundevergangenheit besonders für den Mißbrauch durch den Menschen geeignet. Es wird weiter die Auffassung vertreten, daß die Neuzüchtungen wie Bandog und Pitbullterrier, die durch Verpaarung besonders kampfbereiter Individuen verschiedener Rassen modern geworden seien und deren Verhalten züchterisch nie und nirgends kontrolliert werde, verboten werden sollten.

Vgl. dazu weiter Feddersen/Petersen, Hundepsychologie, 1986, S. 10, 71 ff; Wegner, Vorprogrammiertes und induziertes Verhalten beim Hunde, Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 95 (1988), 67 f

Auch den Untersuchungen von

Breitsamer, Wenn Hunde Menschen töten - eine fachpolizeiliche Untersuchung für die Praxis, Die Polizei 1986, 267 ff,

über eine Vielzahl von Bißvorfällen mit tödlichem Ausgang ist zu entnehmen, daß in erster Linie schuldhaftes Verhalten der Halter und Hundeführer, die teilweise selbst Opfer ihrer Hunde geworden sind, Grund für die Bißvorfälle waren. Ähnlich sieht auch

Trumler, Hunde ernst genommen, 1974, S. 185 ff,

in überhöhter Aggressionsbereitschaft von Hunden das Ergebnis menschlicher Fehler bei der Domestikation und dem Zusammenleben mit dem Hund.

Vgl. dazu auch Trautwein/Zeeb, Die "Bösartigkeit" beim Hund als ethologisch forensisches Problem, Tierärztliche Umschau 1965, 328 ff; Kolbe, Beißende Hunde in einer Großstadt..., Dissertation, Berlin 1983 S. 67 ff; Feddersen/Petersen, Die Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden, Vortrag auf der Arbeitstagung des Bundesverbandes für beamtete Tierärzte am 13. und 14. Mai 1993 in Berlin, Skript, S. 173, 177 ff"

Zusammenfassend hält das Gericht in jener Entscheidung ausgehend von diesen Ausführungen schließlich fest, dass den in § 1 der sog. Kampfhundeverordnung aufgeführten Hunden eine besondere Gefährlichkeit zukomme, wenn ihr Aggressionsverhalten einmal ausgelöst sei. Zugleich ergebe sich daraus, dass es sich auch bei solchen Tieren nicht um "bösartige Hunde" handele, sondern dass ihr latent vorhandenes, erhöht gefährliches Beißverhalten letztlich durch Fehler des Menschen ausgelöst werde, sei es etwa durch Fehler bei der Erziehung im Welpenalter, der Abrichtung im späteren Alter, der Haltung mit anderen Hunden zusammen, durch Zwingerhaltung, problematische Mehrtierhaltung, fehlerhaftes Verhalten gegenüber dem Hund im Alltag, unbeaufsichtigtes Umherlaufenlassen oder die Auswahl einer nicht zum Führen geeigneten Person, sei es auf Fehlverhalten in Gestalt bewusster Abrichtung des Hundes zur besonders gefährlichen "Waffe".

Diese Feststellungen des vormals zuständigen 3. Senates legt auch der nunmehr zur Entscheidung über die beantragte Normenkontrolle der verfahrensgegenständlichen Polizeiverordnung im Hinblick auf den § 6 I 1 VO zu entnehmenden Katalog berufene 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts vorliegend unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge zugrunde. Auch nach Maßgabe der neueren Erkenntnisse steht jedenfalls bezogen auf die hier streitgegenständliche Hundeliste fest, dass diesen Hunden ein genügendes Verdachtspotenzial zukommt, so dass es gerechtfertigt ist, das Programm zum Schutze der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden auf diese Hunde auszudehnen und Hunde dieser Rassen bzw. dieses Types regelmäßig einem Wesenstest zu unterwerfen, um ihre potenzielle Gefährlichkeit auszuschließen bzw. bei Nichtbestehen rechtzeitig Maßnahmen gegen im Wesenstest als gefährlich erkannte Hunde - wie bei Hunden nach § 1 I VO - ergreifen zu können. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:

In nicht zu beanstandender Weise hat sich der Antragsgegner, wie die von ihm vorgelegten, im Rahmen der Vorbereitung des Erlasses der Polizeiverordnung entstandenen Verwaltungsvorgänge belegen, bei der Konzeption der Sondervorschriften des § 6 VO wesentlich von dem

Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder vom 5.5.2000 zu TOP 6: Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden,

und den dort erarbeiteten Empfehlungen leiten lassen. Diesen ist die Einschätzung zu entnehmen, dass alternativ zur Möglichkeit, die Gefährlichkeit von Hunden individuell anhand bestimmter sozialinadäquater Eigenschaften und Verhaltensweisen zu bestimmen, diese auch durch eine Anknüpfung an die Zugehörigkeit etwa der in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunderassen definiert werden könne. Die so gefundene Bewertung erfolgte unter Berücksichtigung des

Berichts über Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden – in der Öffentlichkeit oft "Kampfhunde" genannt – der von dem Arbeitskreis I der Konferenz der Innenminister und –senatoren eingerichteten länderoffenen Arbeitsgruppe zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, ohne Datum,

dem allerdings ein gespaltenes Votum zu entnehmen ist.

Vgl. insbesondere S. 13 ff. des Berichts

Dort wird nämlich das Fazit gezogen, dass das der Arbeitsgruppe vorliegende (Zahlen-) Material nicht aussagekräftig genug sei, um einen abschließend gesicherten Zusammenhang zwischen der Gefährlichkeit bzw. Aggressivität bestimmter Hunderassen und der Häufigkeit gefährlicher Zwischenfälle mit Hunden dieser Rassen abzuleiten. Nach Auffassung eines Teiles der Arbeitsgruppenmitglieder lasse sich mit den vorliegenden Erkenntnissen zwar keine generelle Gefährlichkeit einer Rasse, jedoch eine rassespezifische Gefahrentendenz belegen. Nach anderer Auffassung lasse sich auch eine Tendenz nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht belegen vor dem Hintergrund, dass sich insbesondere die bisher gewonnenen Untersuchungsergebnisse auf die Beobachtung einiger weniger Exemplare überwiegend der "Bullterrier- und Staffordshire-Terrier-Rassen" stützten und deshalb nicht verallgemeinerungsfähig seien. Der letztgenannten Meinung hat sich die Konferenz im o.a. Beschluss offensichtlich nicht angeschlossen, wenn dort ausgeführt ist, dass sich im Rahmen gesetzlicher oder verordnungsrechtlicher Regelungen zur Gefahrenabwehr die Gefährlichkeit von Hunden in Anknüpfung u.a. auch an die Rasse definieren lasse, und zur näheren Erläuterung beispielhaft die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Rassen erwähnt werden. Diese Bewertung ist auch unter Berücksichtigung des Hinweises eines Teiles der Arbeitsgruppe, es gebe auch keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse für eine rassespezifische Gefahrentendenz, nicht zu beanstanden. Das Vorliegen einer abstrakten Gefahr im Sinne von § 59 SPolG als Voraussetzung für den Erlass einer Polizeiverordnung und als Zielrichtung eines Gefahrerforschungseingriffe erlaubenden Gefahrenverdachtes erfordert nämlich, dass erkennbare Tatsachen bzw. genügende Anhaltspunkte vorliegen müssen, die nach der Lebenserfahrung in gedachten typischen Fällen mit einem Schadenseintritt rechnen lassen

vgl. Mandelartz/Sauer/Strube, a.a.O., § 59 Anm. 6 und § 8 Anm. 3 f, 6

oder zumindest konkrete Ermittlungen aufdrängen.

Bezogen auf die Frage der Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rassen folgt hieraus, dass der Verordnungsgeber auch dann, wenn keine genügenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, die nicht wissenschaftliche Literatur über diese Tiere, die letztlich die Erfahrung derjenigen Personen widerspiegelt, die sich mit diesen Tieren befassen, zur Bewertung der Frage des Vorliegens eines Gefahrenverdachtes ebenso heranziehen darf wie die Erkenntnisse von beruflich oder amtlich mit Hunden befassten Personen, wie etwa Tierärzten oder Hundeführern der Polizei. Dass die entsprechende Literaturauswertung dabei kritisch zu erfolgen hat, ist selbstverständlich und entspricht dem Erfordernis des Vorliegens objektiver Anhaltspunkte für die Annahme einer Gefahr ebenso wie für die eines dahingehenden Verdachtes. Wird dies berücksichtigt, erscheint das Abstellen eines Teiles der Arbeitsgruppe auf das Fehlen wissenschaftlicher Erkenntnisse im Rahmen der polizeirechtlichen Gefahreneinschätzung als sachunangemessen. Dies gilt erst recht, wenn berücksichtigt wird, dass die spezielle Tiergefahr, die von sog. Kampfhunden, zu denen auch die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunde gehören, nach der o.a. Entscheidung des Gerichts, die zur Bewertung weitgehend auch auf die nicht wissenschaftlichen kynologischen Erkenntnisse abstellt, ausgeht, wesentlich dadurch geprägt ist, dass etwa die Gefahr der unangepassten Haltung vor dem Hintergrund der diese Hunde mit prägenden Eigenheiten, die sie von Hunden anderer Rassen abheben, letztlich den Gefährdungsgrund darstellt. Die rassespezifischen Eigenheiten dieser Hunde sind somit der erste Anhaltspunkt des Gefahrenverdachtes. Wird er ausgeräumt, ist der als wesensstark erkannte Hund zu behandeln wie alle übrigen Hunde und kann dem Halter insbesondere ein Sachkundenachweis nicht abverlangt werden. Besteht der Hund den Wesenstest nicht, ist es gerechtfertigt, vom Halter insbesondere diesen Nachweis zu fordern.

Die aktuellen Erkenntnisquellen bestätigen die bereits dargelegte Bewertung unter dem hier fraglichen rechtlichen Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge.

Die im Auftrag des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) erstatteten Gutachten, wie sie in dessen Broschüre

"Kampfhunde"? gefährliche Hunde? - Neue Wissenschaftliche Gutachten, ohne Datum,

veröffentlicht sind, bestätigen zwar den Befund, dass eine Einstufung sämtlicher "Exemplare der als "Kampfhunde" stigmatisierten Hunderassen von vornherein als gesteigert aggressiv oder gefährlich"

a.a.O., S. 3

derzeit jedenfalls des exakten naturwissenschaftlichen Beweises entbehrt. Sie belegen indes, dass von den hier fraglichen Hundepopulationen - Gegenstand der Gutachten ist eine Rasseliste, die in etwa der der vom Gericht aufgehobenen sogenannten Kampfhundeverordnung entspricht - ein Gefährdungspotenzial ausgeht, das polizeirechtlich von Relevanz ist. So geht aus dem Gutachten von

Eichelberg, a.a.O., S. 4 ff.,

hervor, dass die typischen Rasseunterschiede zwischen Rassen als Teilpopulationen einer Art sich vor allem auf das Exterieur bezögen. Das Verhalten der verschiedenen Rassevertreter sei jedoch keineswegs so unterschiedlich, wie es ihr Äußeres erwarten lasse. So fänden sich im genetischen Konzept aller Rassen noch immer die typischen hundlichen Eigenschaften, wie etwa das Sozial- und Beuteverhalten. Die genetische Grundstruktur der verschiedenen Hunderassen mache sie lediglich talentierter für spätere, antrainierbare Verwendungszwecke, nicht aber a priori gebrauchsfertig. Aus zoologischer Sicht sei es nicht erlaubt, Rassen allein wegen ihres Verwendungszweckes zusammenzufassen. Es könne nämlich auf der Grundlage der vielseitigen Verwendungspotenz des Hundes ein Hund jeglicher Rasse zum gefährlichen Hund abgerichtet werden. Lernerfolge würden sich bei allen genetisch "normal" ausgestatteten Hunden einstellen; lediglich der Weg zum Erfolg werde rassespezifisch unterschiedlich lang sein. Weiter führt sie allerdings aus, es sei unbestritten, dass die aufgelisteten Hundegruppen ein Potenzial zur Erzeugung des "gefährlichen Hundes" darstellten, die einen ihrer Masse und die anderen ihres Mutes wegen. Gerade letztere Feststellung belegt aber die Prädisposition u.a. der hier fraglichen Hunde für die Gefährdung von Menschen.

Dem Gutachten von

Unshelm, a.a.O., S. 19 ff.,

ist zu entnehmen, dass die Rassezugehörigkeit indirekt eine Rolle spiele, weil große und kräftige Hunde, wenn sie beißen, in der Regel schwerwiegendere Verletzungen als kleinere hervorriefen. Ein weiterer indirekter Rasseeinfluss bestehe darin, dass sowohl besonders aggressive als auch überdurchschnittlich ängstliche potenzielle Hundehalter dazu neigten, sich Hunde einer Rasse anzuschaffen, mit denen sie anderen Hundehaltern und auch anderen Hunden Furcht einflößen könnten - nicht zuletzt auch - um damit eigene physische und psychische Defizite zu kompensieren. Weiter legt der Gutachter dar, dass weitgehend unabhängig von Verhalten und Einstellung des Hundehalters feststellbar sei, dass die nach der bayerischen Regelung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit in deren Kategorie I zusammengefassten Rassen, insbesondere American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bull Terrier und Pit Bull, relativ häufig wegen ihrer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren auffielen. Eine a priori aufgrund rassespezifischer Merkmale gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit sei bei diesen Hunden überproportional häufig, auch wenn es hierbei nicht nur aufgrund von genetischen Gesetzmäßigkeiten durchaus viele Ausnahmen gebe.

Schließlich ist dem Gutachten von

Feddersen-Petersen, a.a.O., S. 9 ff.,

allgemein zu entnehmen, dass unter einer Hypertrophie im Bereich des Aggressionsverhaltens nach vergleichenden Untersuchungen zur Entwicklung und zum Sozialverhalten von Wölfen und verschiedenen Hunderassen ein allgemein übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten zu verstehen sei, das aggressive Kommunikation überwiegend ausschließe und relativ schnell zur Eskalation, zu Beschädigungskämpfen mit Artgenossen und Menschen führe. Gesteigert aggressive Hunde stünden dabei für vielfältigen Tiermissbrauch, seien ein Symptom der gestörten Beziehung des Menschen zum Tier und kennzeichneten zudem einen extremen Fanatismus bestimmter Hundezüchter. Zu einzelnen der hier fraglichen Rassen beziehungsweise Gruppen von Hunden wird dargelegt, dass Pit-Bull-Terrier, bei denen es sich um Kreuzungen handele, ein grotesk übersteigertes Aggressionsverhalten gezeigt hätten, das ein Zusammenleben der Welpen untereinander und mit der Mutterhündin unmöglich gemacht habe. Symptome der beschriebenen Übersteigerung seien in stark abgeschwächter Form bei bestimmten Zuchten der Rasse American Staffordshire Terrier zu finden oder seien für bestimmte Zuchtlinien des Bull Terriers beschrieben worden. Demgegenüber seien American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bull Terrier bei gewissenhafter Zucht und Aufzucht nicht übersteigert aggressiv, was gleichfalls etwa auch für Bull Terrier gelte. Daraus wird zwar gefolgert, dass Rassen zu verdammen, weil bestimmte Züchter mit bestimmten ihnen angehörenden Hunden Missbrauch betrieben, unsachlich, unangemessen und zudem eine Ohrfeige für diejenigen Züchter und Halter sei, die sich um diese Rassen bemühten. Dennoch ist festzustellen, dass innerhalb der Population, insbesondere der hier aufgeführten Rassen und Gruppen von Hunden, nach dem Gutachten ein Gefährdungspotenzial vorhanden ist, ohne dass bekannt ist, welche Zuchtlinien beziehungsweise Zuchten von als unverantwortlich bezeichneten Züchtern in diesem Sinne als problematisch bezeichnet werden müssen. Auch nach diesem Gutachten ist also davon auszugehen, dass zwar eine wissenschaftliche Absicherung der Gefährlichkeit aller Hunde von der Gutachterin verneint wird, eine polizeirechtlich relevante Gefährdungstendenz im oben dargestellten Sinne aber zumindest für die genannten Hunde letztlich nicht von der Hand zu weisen ist. Bestätigt wird dies auch durch die ausführlichen Ausführungen der Gutachterin auf der Grundlage einer Literaturauswertung und eigenständigen Begutachtung bestimmter Zuchten für American Staffordshire Terrier und Bull Terrier.

Vgl. Ethologisches Gutachten vom 18.7.1998

Weiter betont die Gutachterin in ihrem im Internet unter der

Adresse www.hund- und  halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-015.html,  14 Seiten, download als Worddokument am 5.6.2002,

zugänglichen Aufsatz mit dem Titel "Gefährliche Hunde", verhaltensbiologisch sei die "gefährliche Rasse" nicht zu benennen, da es naturwissenschaftlich so unsinnig wie unbewiesen sei, eine Hunderasse a priori, also ohne Berücksichtigung der fein differenzierten Verzahnung von genetisch bedingten Handlungsbereitschaften und den obligatorischen Lernvorgängen, eine gesteigerte Gefährlichkeit zuzuschreiben. Allerdings sei zu betonen, dass natürlich nicht alle Hunderassen gleich seien in ihrer Verhaltenssteuerung. Bei biologisch ausgerichteter Zucht und ebensolcher Zucht, Ausbildung und Haltung, müssten auch Rassen mit einer relativ jungen Kampfhundevergangenheit keineswegs gefährlicher sein als andere große und kräftige Hunde, könnten vielmehr ausgeglichen und berechenbar im Verhalten sein. So eigneten sich etwa American Staffordshire Terrier gut zur Arbeit als Trümmersuchhunde. Sie gehörten zu Menschen mit vertieften Kenntnissen des hundlichen Verhaltens und mit Erfahrungen zu Hunden eben dieser Rasse. Die Werbung für Bull-Rassen mit Wellensittich auf dem Kopf und Babys auf dem Rücken ginge fehl, denn Hunde dieser Rassezugehörigkeit müssten keine Ersthunde für Familien mit Kindern im Krabbelalter sein. Das gelte ebenso für andere große Rassen, die zunehmend modern würden. Bei Hunden vom "Pit-Bull-Terrier-Typus" eskalierten Konflikte unter Umständen deshalb schneller, weil die Kooperationsbereitschaft Artgenossen gegenüber aufgrund früherer Selektion auf Angriff und Kampf herabgesetzt sein könne, was zudem eine Kommunikation bezüglich der aggressiven Motivation oder Intention unterdrücke, weshalb "überraschender" zugebissen werde. Bei eigenen Untersuchungen an American Staffordshire Terriern, Bull Terriern und "Pit Bulls" (es handele sich um eine Kreuzung) hätten sich jedoch für die Rassen große Unterschiede innerhalb der untersuchten Würfe ergeben, die die erhebliche Bedeutung des sozialen wie unbelebten Umfeldes - somit der Aufzucht- und Haltungsbedingungen - für das Verhalten der Tiere in Konkurrenzsituationen belege, während die heute auf Angriffsbereitschaft und Kampf selektierten Kreuzungstiere als verhaltensgestört zu bezeichnen gewesen seien, bedingt durch genetische Defekte wie eine extrem hundewidrige Aufzucht. Diese verhaltensgestörten Hunde hätten einmalig analysiert werden können, seien "im Milieu" gezüchtet und konditioniert worden und stellten ein soziologisches Problem dar. Andere Hunde der Rassen vom "Pit-Bull-Terrier-Typus" zeigten zwar weniger lang andauernde, aggressive Kommunikation, seien jedoch bei guter Sozialisation an Menschen und Artgenossen keineswegs gefährlicher.

Auch aus dieser Stellungnahme der Gutachterin wird deutlich, dass gerade die Hunde des letztgenannten Typus durchaus ein über die bei jedem Hund vorhandene Tiergefahr hinausgehendes Gefährdungsmoment insoweit aufweisen, als sie spezielle Anforderungen an den Halter und dessen Verhalten erfordern.

Vgl. dazu auch die Ausführungen der Gutachterin in dem Dokument "Gefährliche und auf Aggression selektierte und abgerichtete Hunde", www.hund- und halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-002.html download als Worddokument am 5.6.2002, 5 Seiten sowie deren ethologisches Gutachten vom 18.7.1998

Auch den Gutachten von Stur,

vgl. die Stellungnahme zu Fragen zum Thema der besonderen Gefährlichkeit von Hunden aufgrund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen, www.hund-und halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-011.html, download als Worddokument am 5.6.2002, 11 Seiten, und das Arbeitspapier zur Frage der besonderen Gefährlichkeit von Hunden aufgrund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen, www.hund- und halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-003.html, download als Worddokument am 5.6.2002, 55 Seiten,

ist zu entnehmen, dass eine valide wissenschaftliche Studie, in der zweifellos nachgewiesen worden ist, dass bei den Rassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Bull Terrier die genetische Veranlagung des krankhaft übersteigerten Aggressionsverhaltens grundsätzlich vorhanden sei, nach dem Wissen der Gutachterin nicht existiere. Aus der Sicht aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse müsse aber davon ausgegangen werden, dass hypertrophes Aggressionsverhalten in erster Linie ein umweltbedingtes Problem im Sinne einer problematischen Hund-Halter-Beziehung sei.

Bestätigt wird dies auch durch die Angaben von

Schöning, Aggressionsverhalten von Hunden als Verhaltensproblem, Akademie für tierärztliche Fortbildung, Seminar am 16./17.10.1999, Bonn, S. 41 ff.,

wonach genetisch festgeschriebene Soziopathien vor allem bei einigen Bull Terriern-, Staffordshire Bull Terrier- und Pit Bull Terrier-Linien eine Rolle spiele, ohne dass eine Therapie möglich sei.

All diese Arbeiten aus dem fachwissenschaftlichen Bereich aus jüngerer Zeit belegen die bereits im Normenkontrollurteil des Gerichts vom 1.12.1993 gefundene Bewertung, dass Hunden der hier fraglichen Rassen und Gruppen ein Verhaltenspotenzial zukommen kann, das im Einzelfall geeignet ist, eine Gefährdung auszulösen, die über die von Hunden allgemein zu erwartende Tiergefahr hinausgeht, was nicht zuletzt die von den Gutachtern geforderten Anforderungen an Halter und Züchter belegen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass ein wissenschaftlicher Beweis dahingehend, dass diese Hunde a priori gefährlich seien, nicht geführt werden kann. Entscheidend ist vielmehr, dass Zuchtlinien vorhanden sind, die eine Gefährlichkeit in diesem Sinne aufweisen, und es letztlich nur mit unverhältnismäßigen Mitteln möglich wäre, diese Zuchtlinien zu erkennen und auszuschalten. Der Verordnungsgeber ist daher unter Berücksichtigung der dargestellten und neueren Erkenntnisquellen grundsätzlich dazu berechtigt, hinsichtlich aller dieser Hunde speziell auch der in § 6 I 1 VO aufgelisteten Rassen und Gruppen von Hunden von einer Tendenz zu abstrakter Gefährlichkeit auszugehen.

Die Bestimmung des Adressatenkreises der Gefahrerforschungseingriffe der Polizeiverordnung mit Hilfe der in § 6 I 1 VO aufgeführten Hunderassen ist auch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 I GG zu vereinbaren.

Art. 3 I GG verbietet bei der Normsetzung wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Mit dem Willkürverbot in diesem Sinne vereinbar ist eine gesetzliche Regelung mithin dann, wenn die in ihr vorgenommene Differenzierung sich auf einen vernünftigen oder sonst einleuchtenden sachlichen Grund zurückführen lässt. Der bei der Beurteilung, was im einzelnen Fall sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, zuzugestehende Gestaltungsspielraum des Normgebers ist dort überschritten, wo eine ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und mangels einleuchtender Gründe als objektiv willkürlich beurteilt werden muss.

Davon ausgehend bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Antragsgegner zwischen den in § 6 I 1 VO aufgeführten Hunden als Teilpopulation der vom Gericht in seiner Entscheidung vom 1.12.1993

vgl. a.a.O.

als Kampf- oder Lagerhunde umschriebenen Hunderassen, zu denen auch die vorliegend streitige Hunderasse zählt, und allen übrigen Hunderassen unterscheidet. Insofern besteht ein sachlicher Grund wie bereits dargelegt im speziellen Aggressionsverhalten der mit den Begriffen Kampfhunde oder Lagerhunde umschriebenen Rassen und deren Kreuzungen und der daraus resultierenden Gefahr mangelnder Beherrschbarkeit durch den Menschen nach Auslösen einer Aggression. Dieses spezifische Aggressionsverhalten und seine Folgen lassen sich den anderen Hunderassen - auch den nach Größe und Beißkraft vergleichbaren Rassen - nicht ohne Weiteres zuschreiben.

Eine Ungleichbehandlung im o.a. Sinn ergibt sich aber auch nicht daraus, dass der Antragsgegner nicht alle Kampfhunde- bzw. Lagerhunderassen im Sinne jener Entscheidung des Gerichts, jedenfalls soweit sie eine gewisse Größe überschreiten, in die Aufzählung nach § 6 I 1 VO aufgenommen, sondern sich auf die drei dort genannten Rassen bzw. Gruppen beschränkt hat.

Vorab ist insoweit darauf hinzuweisen, dass der Verordnungsgeber vorliegend im Unterschied zu der vom Gericht für nichtig erklärten sogenannten Kampfhundeverordnung eine Erfassung aller unter die gewählte Kategorie fallenden Hunde unterlassen hat. Vielmehr hat er eine Prüfung dahingehend unternommen, welche aus der Gruppe der auch nach der Entscheidung des Gerichts zur sogenannten Kampfhundeverordnung als problematisch anzusehenden Hunderassen und Gruppen in signifikantem Maße die Prognose einer Gefährlichkeit im abstrakten Sinne aufzuweisen drohen können. Dass er dazu dem o.a. Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder, der gerade die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunde als in diesem Sinne problematisch ausweist, gefolgt ist, ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Wie bereits die dargestellten Äußerungen aus dem wissenschaftlichen Bereich aus jüngerer Zeit belegen, fallen die in der Liste des § 6 I 1 VO enthaltenen Hunde in besonderer Weise auf. Auch weiteren - zwar nicht im eigentlichen Sinne wissenschaftlichen, so doch fachkundigen - Erkenntnisquellen ist zu entnehmen, dass den so gelisteten Hunden ein Gefährdungspotenzial zukommen kann, das zwar nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht unmittelbar zu ihrer Gleichstellung mit individuell als gefährlich erkannten Hunden berechtigt, jedoch Sondervorschriften rechtfertigt, die der Gefahrerforschung dienen, ohne dass darin andere Hunderassen, die zu den sogenannten Kampfhunderassen im Sinne der aufgehobenen Kampfhundeverordnung zählen - jedenfalls nach derzeitiger Erkenntnis - ebenfalls in die Liste des § 6 I 1 VO aufgenommen werden müssten.

Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung über ein Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 18.8.2000

vgl. BR-Drucksache Drucks. 60/00

ist zu entnehmen, dass dieser die in § 6 I 1 VO aufgeführten Hunderassen bzw. Gruppen einer Genehmigungspflicht unterwirft. Das dem Senat weiter auszugsweise vorgelegte

Gutachten zu § 11 b Tierschutzgesetz (sogenanntes Qualzuchtgutachten)

enthält in seiner Ziffer 2.1.1.2.6 (Seite 28) den Punkt "Verhaltensstörung: Hypertrophie des Aggressionsverhaltens", in der als übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten, das leicht auslösbar und biologisch weder bezüglich Zweck noch Ziel sinnvoll ist, definiert wird. Weiter wird dort ausgeführt, dass dieses Verhalten grundsätzlich in vielen Rassen auftreten könne, sich jedoch besonders ausgeprägt in bestimmten Zuchtlinien der Rassen Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Pit Bull Terrier zeige. Weiter geht aus einer fachlichen

Stellungnahme der Hessischen Polizeischule - Fachbereich Diensthundewesen - vom 20.5.2000 an das Hessische Ministerium des Innern und für Sport

hervor, dass nach den dort vorliegenden Erkenntnissen der Pit Bull Terrier auch heute noch, insbesondere von einer "bestimmten Klientel" (gemeint ist wohl: Klientel der Polizei), verstärkt auf "gameness" (anhaltender Kampfeswille bis zur Erschöpfung auch bei schwerer körperlicher Verletzung) gezüchtet werde. Weiter wird darauf hingewiesen, dass auch bei sozialverträglichen Individuen dieser Gruppe negative rezessive genetische Anlagen vorhanden sein könnten, die an die Nachkommen vererbt werden und dort wieder offen auftreten könnten. Vom American Staffordshire Terrier wird ausgeführt, dieser sei aufgrund seines Habitus nicht vom Pit Bull Terrier zu unterscheiden, auch wenn er eine in Deutschland anerkannte Hunderasse sei. Diese Rasse werde zwar seit den 30er Jahren auf andere Wesensmerkmale, insbesondere Sozialverträglichkeit, selektiv gezüchtet. Erste Erfolge hätten sich heute eingestellt, was auch durch die geringere Auffälligkeit dieser Tiere zu belegen sei. Da aber bei einigen Zuchtlinien dieser Rasse genetische Defekte, die auch beim Pit Bull Terrier vorzufinden seien, vorlägen, sei eine vermutete Gefährlichkeit zu unterstellen. Aus dem Staffordshire Bull Terrier seien durch Einkreuzungen anderer Rassen der Pit Bull Terrier und der American Staffordshire Terrier gezüchtet worden. Bezüglich einer späteren Zuchtselektion auf Sozialverträglichkeit gelte für diese Rasse das Gleiche wie für den American Staffordshire Terrier. Auch diese Äußerung belegt somit die Richtigkeit der Annahme eines abstrakten Gefährlichkeitspotenziales der gelisteten Hunde.

Hinzu kommt, dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Auffälligkeit dieser Hunde - gemessen an der Gesamtpopulation der Tiere dieser Rassen und Gruppen - zu erkennen ist. Hierfür spricht für das Saarland tendenziell vom Senat beigezogene einschlägige Statistik der Diensthundestaffel der Landespolizeidirektion des Saarlandes für das Jahr 2000. Dort fallen in der Kategorie Bedrohung eines Bürgers aus Anlass polizeilichen Einschreitens bei freilaufenden Hunden auf den American Staffordshire Terrier acht, auf den Pit Bull ebenfalls acht und auf den Bull Terrier drei Fälle. Diesen 19 Fällen stehen 17 Vorfälle, die durch Rottweiler ausgelöst sind, und vier Fälle, die durch Dobermann-Hunde ausgelöst sind, gegenüber. Gemessen daran, dass die Anzahl von Rottweiler und Dobermann als herkömmlich in Deutschland gehaltene Hunderassen, ohne dass insoweit amtliche Statistiken über die Gesamtzahl der Individuen dieser Rassen im Saarland vorliegen, jedenfalls über den Zahlen der Population der Hunde nach § 6 I 1 VO liegen, ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine erkennbare Auffälligkeit der Beteiligung von Hunden der gelisteten Rassen an polizeirechtlich relevanten Vorfällen festzustellen ist.

Nach allem kann von der antragstellerseits behaupteten Ungleichbehandlung durch die Auflistung in § 6 I 1 VO nicht ausgegangen werden.

Diese Bewertung wird schließlich in aller Deutlichkeit bestätigt durch das

Urteil des BVerfG vom 16.3.2004 - 1 BvR 1778/01 -

zur Rasseliste in § 2 I 1 Hundeverbringungs- und Einfuhrbeschränkungsgesetz vom 12. April 2001, in dem ebenfalls die dem Verfahren zugrundeliegenden Rassen aufgeführt sind. Unter Berücksichtigung weitgehend übereinstimmender Materialien, wie sie dem Senat bei seiner Entscheidung zur Verfügung stehen, ist das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass für den Gesetzgeber hinreichender Anlass zu gefahrenabwehrender Tätigkeit gegenüber Hunden u.a. der vorliegend fraglichen Rasse bestanden hat. Zwar könne nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand alleine aus der Zugehörigkeit eines bestimmten Hundes zu einer bestimmten Rasse nicht auf seine Gefährlichkeit geschlossen werden; ob und in welchem Maße ein Hund für den Menschen zu einer Gefahr werden könne, hänge vielmehr von einer Vielzahl von Faktoren - neben bestimmten Zuchtmerkmalen eines Hundes etwa von dessen Erziehung, Ausbildung und Haltung, von situativen Einflüssen, vor allem aber von der Zuverlässigkeit und Sachkunde seines Halters - ab. Ein Anlass zum staatlichen Handeln - dort des Gesetzgebers - könne aber auch dann gegeben sein, wenn das schädigende Ereignis das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren voraussetze, soweit diese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zusammentreffen könnten. Zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit dürften deshalb Vorkehrungen getroffen werden, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass Hunde bestimmter Rassen - und sei es auch erst im Zusammenwirken mit anderen Faktoren der genannten Art - für diese Schutzgüter in besonderer Weise gefährlich werden könnten. Unter Berücksichtigung der dargestellten Erkenntnisquellen hat das Bundesverfassungsgericht im folgenden dann Maßgaben gegen Einfuhr und Verbringung dieser Hunde in das Bundesgebiet als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem allgemeinen Gleichheitssatz ebenso in Übereinstimmung gesehen, wie mit der grundgesetzlichen Garantie der allgemeinen Handlungsfreiheit. Diese auf die gewerbsmäßige Einfuhr und Verbringung von Hunden in das Bundesgebiet bezogenen Ausführungen zu der dortigen gesetzlichen Regelung gelten entsprechend für die hier fragliche Einschätzung, die zum Erlass der Regelungen geführt hat, die der Normenkontrolle unterfallen.

Vgl. dazu auch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.3.2004 - 1 BvR 550/02 - zur Gefahrenabwehrverordnung - Gefährliche Hunde - des Landes Rheinland-Pfalz

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht zugleich betont, dass der Gesetzgeber verpflichtet sei, - ausgehend von fehlenden wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Ursachen aggressiven Verhaltens von Hunden der verschiedenen Rassen und der deshalb von Unsicherheiten geprägten Gefährdungslage - die weitere Entwicklung zu beobachten und die Gefährdungssituation erforderlichenfalls neu zu bewerten. Dies gilt erst recht für die Regelungen in der hier fraglichen Polizeiverordnung, zumal es derartigen Verordnungen, wie die gesetzliche Befristung in § 66 SPolG zeigt, immanent ist, die mit ihnen verbundene Gefahrenabwehr einer ständigen Beobachtung zu unterwerfen.

Der mit dem Antrag begehrte Feststellungsausspruch scheidet daher und darüber hinaus deshalb aus, weil sich die Polizeiverordnung auch nach dem Ergebnis einer vom Willkürverbot unabhängigen Gültigkeitsprüfung der hier beanstandeten Bestimmungen nicht als nichtig erweist.

Mit dem Katalog von Hunderassen und –gruppen in § 6 I 1 VO verstößt der Verordnungsgeber nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wie er für das saarländische Polizeirecht in § 2 SPolG normiert ist und auch für Polizeiverordnungen gilt.

Vgl. dazu Mandelartz/Sauer/Strube, a.a.O., § 2 Anm. 1 und 2, sowie § 59 Anm. 5

Wie dies bereits im Zusammenhang mit der Prüfung der Vereinbarkeit der Listung in § 6 I 1 VO mit dem Gleichheitsgrundsatz ausführlich dargelegt ist, rechtfertigen die für die gelisteten Hunderassen bzw. –gruppen vorhandenen Erkenntnisse über deren Wesen und Beteiligung an polizeirechtlich relevanten Vorfällen die Annahme eines spezifischen Gefahrenverdachtes, der diese Hunde von den vergleichbaren Hunderassen unterscheidet. Anknüpfend an die aufgrund der festzustellenden tatsächlichen Erkenntnisse sich ergebende Bewertung sind die allein für diese in der Polizeiverordnung aufgestellten "Sondervorschriften", die - dann, aber auch nur dann, wenn die individuellen Hunde einen regelmäßig zu absolvierenden Wesenstest nicht bestehen - zu einer Gleichstellung mit individuell als gefährlich erkannten Hunden führen und für ihre Halter sowie die Züchter derartiger Hunde einen speziellen Pflichtenkatalog beinhalten, als verhältnismäßig anzusehen. Die Aufstellung eines derartigen Kataloges ist auch zur Gefahrenabwehr in Form der Gefahrerforschung im Vorfeld von polizeilichen Maßnahmen geeignet. Da diese Hunde, wie aufgezeigt, mit ihrem Gefährdungspotenzial aus der Masse der als potenziell gefährlich einzuschätzenden Hunde nach derzeitigem Erkenntnis- und Erfahrungsstand herausragen, ist die vom Verordnungsgeber vorgenommene Listung als sachgerechte Auswahl anzusehen und hat dieser das ihm zustehende Gestaltungsermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Das Gericht hat in seinem bereits mehrfach erwähnten

Normenkontrollurteil vom 1.12.1993, a.a.O., S. 37 d. amtl. Umdr.,

nachdem es den dortigen umfassenderen Katalog in deren § 1 als willkürlich beanstandet hatte, dargelegt, dass der Verordnungsgeber sein Gestaltungsermessen erneut ausüben müsse, um der erkannten speziellen Tiergefahr zu begegnen und eine sachgerechte Auswahl der als "Kampfhunde" zu behandelnden Hunderassen herbeizuführen. Weiter hat es ausgeführt, dass dabei auch zu prüfen sein werde, ob einzelne der als Kampf- bzw. Lagerhunde bezeichneten Rassen Merkmale aufweise, die es rechtfertigten, von ihrer Aufnahme in den Katalog des § 1 der für nichtig erklärten dortigen Polizeiverordnung abzusehen. Nachdem der Verordnungsgeber bis zum Ergehen der hier zu überprüfenden Verordnung in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung überhaupt davon abgesehen hat, eine entsprechende Verordnung erneut zu erlassen, kann die nunmehr getroffene Auswahl, die nicht auf eine umfassende Erfassung derartiger Hunde gerichtet ist, wie dies noch der Intention der sog. Kampfhundeverordnung entsprach, sondern sich darauf beschränkt, eine aus der Gruppe dieser Hunde herausragende Teilgruppe, die in § 6 I 1 VO aufgelisteten Hunde, wegen der dargestellten, in der Zwischenzeit erlangten, weitergehenden Erkenntnisse polizeirechtlichen Regelungen zu unterwerfen, und zudem seit der zum 1.1.2004 geltenden Änderung der VO auf einen Gefahrerforschungseingriff zurückgeführt ist, als sachgerecht und auch verhältnismäßig im engeren Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips des geringstmöglichen erforderlichen Eingriffs bezeichnet werden.

Dies gilt insbesondere für den Wesenstest als Instrument der Gefahrerforschung. Ausgehend von der in den o.a. Gutachten vertretenen Auffassung, dass in den Würfen der hier fraglichen Hundepopulationen Tiere unterschiedlichen Wesens vorkommen, erscheint eine fachtierärztliche Testung der einzelnen gehaltenen Tiere als das einzig geeignete Mittel, um Tiere mit potenziell als gefahrenträchtig einzustufendem Wesen von Tieren zu unterscheiden, die keine dahingehenden Wesensmerkmale aufweisen. Dieses Aufklärungsmittel erscheint geeignet aber auch erforderlich und den Haltern zumutbar, um das Vorliegen einer von dem einzelnen Hund ausgehenden Gefahr abzuklären. Dabei beschränkt sich der fragliche Eingriff auf eine Wesenstestung und verzichtet auf eine weitergehende hundepsychologische Begutachtung. Durch die Heranziehung der für den Sachkundenachweis nach § 1 III VO für als gefährlich erkannte Hunde bestellten sachverständigen Tierärzte wird die nötige Objektivität sichergestellt und Fachkunde in die Wesensprüfung eingebracht. Ein demgegenüber weniger einschneidendes Mittel der Gefahrerforschung ist antragstellerseits weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem o.a.

Urteil vom 16.3.2004 - 1 BvR 1778/01, Rdn. 84 d. amtl. Umdr.

in Wesenstests, tierärztlichen Gutachten und ähnlichen Maßnahmen zur Überprüfung der Gefährlichkeit eines Hundes im Einzelfall, auch wenn sie von sachkundigen Personen durchgeführt werden, keine vollkommen verlässliche Grundlage für eine hinreichend sichere Gefährlichkeitsprognose zu erkennen vermochte. Dazu hat es auf den Umstand hingewiesen, dass derartige Überprüfungen "nur eine Momentaufnahme vom Verhalten des überprüften Tieres in einer bestimmten 'Krisensituation'" darstellten, und im Übrigen bemerkt, dass es möglich sei, die Gefährlichkeit eines Hundes für den Überprüfungszeitraum durch pharmakologische Behandlung zu überdecken.

Auch unter Berücksichtigung dieser Bedenken geht der Senat von der Eignung der vom Antragsgegner vorgesehenen Wesenstestung aus. Nach der Konzeption der VO wird der Problematik der "Momentaufnahme" nämlich dadurch Rechnung getragen, dass die Überprüfung in regelmäßigen Abständen wiederholt werden muss. Der besonderen Situation eines Halterwechsels wird durch ein hieran anknüpfendes Prüfungserfordernis Rechnung getragen. Durch beide Maßnahmen wird die beschriebene Unsicherheit der Gefahrerforschung in vertretbarem Umfang minimiert. Der festgelegte Turnus von drei Jahren erscheint angemessen und unterliegt im Übrigen der Beobachtung durch den Antragsgegner. Hinzu kommt, dass es den überprüfenden Tierärzten obliegt, die Überprüfung so auszugestalten, dass Rückschlüsse auf die Wesensfestigkeit über eine gewisse Dauer - derzeit drei Jahre - ermöglicht werden.

Der immer mögliche Versuch einer Beeinflussung des Prüfungsergebnisses durch eine pharmakologische Überdeckung der Gefährlichkeit eines Hundes macht die Wesenstestung für sich noch nicht ungeeignet. Zudem ist davon auszugehen, dass die heranzuziehenden sachkundigen Tierärzte eine derartige Behandlung ohne weiteres zu erkennen in der Lage sind. Eine derartige Vorgehensweise lässt den gesteigerten Verdacht der Gefährlichkeit eines Hundes zu, der die zuständige Behörde etwa durch eine vorübergehende Isolierung des Hundes von seinem Halter in einem Tierheim zum Zwecke der Beobachtung auf der Grundlage von § 8 I SPolG und zu erneuter Vorstellung zur Überprüfung begegnen kann.

All dies berechtigt unter Berücksichtigung der o.a. Bedenken, dazu, die vorgesehene Wesenstestung als geeignet anzusehen.

Diesbezüglich wird die Zumutbarkeit für den Halter auch nicht dadurch gesprengt, dass dieser den Wesenstest nach § 6 II 2 VO alle drei Jahre erneut vornehmen lassen muss und die Feststellung der Wesensfestigkeit durch behördliche Bescheinigung ihre Gültigkeit verliert, wenn ein Halterwechsel eintritt. Damit wird in sachgerechter Weise dem Umstand Rechnung getragen, dass sich das tierische Verhalten entweder alters- oder krankheitsbedingt oder aufgrund der Umweltgegebenheiten rasch und dramatisch ändern kann. Von daher erscheint eine Wiederholung der fraglichen Prüfung in dreijährigen Abständen ohne weiteres verhältnismäßig und zumutbar. Allerdings ist der Antragsgegner auch insoweit gehalten, die getroffene Regelung an den praktischen Erfahrungen mit der Wesenstestung zu messen und gegebenenfalls eine Anpassung der Regelung, die bis zum Verzicht auf eine turnusmäßige Testung gehen aber auch deren Intensivierung beinhalten kann. Nichts anderes gilt für den Halterwechsel, da die Bezogenheit des Hundes auf den Halter im Rahmen des vorgeprägten tierischen Herdenverhaltens von entscheidender Bedeutung für das Verhalten eines Hundes ist und gerade der Wechsel von Bezugspersonen - auf das Tier bezogen den Wechsel der Meute oder des Alpha-Tieres - ein derart einschneidendes Ereignis sein kann, dass Wesensveränderungen nicht ausgeschlossen werden können. Dem entspricht es, in diesen Fällen eine erneute Wesensprüfung vorzunehmen.

Schließlich begegnet es auch keinen Bedenken, dass der Halter den Wesenstest auf seine Kosten vornehmen lassen muss. Die Frage der Kostenhaftung bei Gefahrenverdacht und Gefährdungserforschungseingriffen wird zwar in der polizeirechtlichen Literatur unterschiedlich beantwortet.

Vgl. dazu die ausführliche Darstellung bei Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Auflage 2001, S. 1070 f., m.w.N.

Der hier durch Verordnung geregelte Sachverhalt lässt es aber ohne weiteres zu, den jeweiligen Haltern die fraglichen Ermittlungskosten aufzuerlegen. Zwar gilt grundsätzlich, dass die Behörde Gefahrenermittlungen von Amts wegen vorzunehmen hat und den Betroffenen Kosten regelmäßig nur dann auferlegt werden können, wenn sich der Gefahrenverdacht im Nachhinein bestätigt. Diese Reduzierung der Haftung für die Kosten auf den Fall der Erweislichkeit einer Gefahr im Wege des Gefahrerforschungseingriffs, gilt demgegenüber dann nicht, wenn bei Nichterweislichkeit einer Gefahr der Betroffene durch eigenes Verhalten den im Ergebnis unzutreffenden, weil nicht bestätigten Gefahrenverdacht zurechenbar mitverursacht hat. In diesen Fällen haftet er nach den Grundsätzen der Anscheinsgefahr auch dann, wenn sich die Gefährlichkeit nicht erweist, für die Kosten.

Vgl. Lisken/Denninger, a.a.O., M Rdn. 54, S. 1071; BGH, NJW 1994, 2355, und DVBl. 1992, 1158

Diese Grundsätze für die Kostentragung durfte der Antragsgegner ohne weiteres in die von ihm getroffene Regelung der Verordnung übernehmen und somit den Ersatz der Kosten polizeilicher Maßnahmen im Sinne von § 90 I SPolG durch Rechtsvorschrift, nämlich die hier fragliche Polizeiverordnung, vorsehen. Das maßgebliche Verhalten der Halter von in § 6 I 1 VO gelisteten Hunden und die daraus hervorgehende Zurechenbarkeit des Gefahrenverdachtes ergibt sich daraus, dass das oben ausführlich dargelegte Gefährdungspotenzial diesen unter Berücksichtigung der öffentlichen Diskussion und angesichts der bereits vor Jahren erlassenen sog. Kampfhundeverordnung bei Anschaffung des Hundes bewußt sein musste. Bereits die Halterhaftung für Tiergefahr (§ 833 BGB) kann als allgemeinbekannt angesehen werden. Bei demjenigen, der einen Hund der hier fraglichen Rasse, wie sie von Charakter und Verhaltenseigenschaften her eingehend beschrieben worden ist, hält oder halten will, kann davon ausgegangen werden, dass er Kenntnis von den bei diesen Hunden nicht generell auszuschließenden Wesenseigenschaften, die den vom Antragsgegner angenommenen Gefahrenverdacht begründen, hat. Er darf deshalb zurechenbar darauf verwiesen werden, dass er den auch in Bezug auf seinen Hund bestehenden Gefahrenverdacht zumindest mitverursacht hat.

Auch gegen die Gleichstellung der auf der Grundlage von § 6 I 1 VO bei negativem Wesenstest als abstrakt gefährlich erkannten Hunden mit den als gefährlich erkannten Hunden im Sinne von § 1 I VO bestehen keine Bedenken. Die daran anknüpfend immer wieder ins Feld geführte "Diskriminierung" von Hunderassen stellt eine ausschließlich emotionale Argumentation dar, die im Rahmen gefahrenabwehrender Maßnahmen, zu denen im weiteren Sinn auch Gefahrerforschungseingriffe zählen, gegen als abstrakt gefährlich erkannte Hunde belanglos ist.

Auch die Prüfung der übrigen Regelungen in § 6 I, II und III 1 VO hat zum Ergebnis, dass die Nichtigkeit einzelner dieser Regelungen nicht festgestellt werden und deshalb bereits nicht aus der Nichtigkeit einzelner Regelungen auf die Nichtigkeit der durch § 6 I 1 VO eröffneten "Sondervorschriften" insgesamt geschlossen werden kann.

Die Rechtsunwirksamkeit einzelner Regelungsbestandteile einer Polizeiverordnung folgt allgemein aus Verstößen gegen die Grundsätze der Bestimmtheit und Vollständigkeit, die neben den allgemeinen Grundsätzen aus dem Polizei- und Ordnungsrecht, dem Erfordernis der Geeignetheit, dem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden Übermaßverbot und dem Grundsatz, dass nur der Verantwortliche mit Pflichten belegt werden darf, stehen. Das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit verlangt dabei, dass sich aus dem Wortlaut, der Zielsetzung und dem Regelungszusammenhang objektive Kriterien ergeben, die es dem Polizeipflichtigen ermöglichen, eindeutig zu erkennen, was nach der Polizeiverordnung geboten oder verboten ist. Das daraus folgende Gebot der Vollständigkeit der Verordnung schließt grundsätzlich eine Verweisung auf andere Bekanntmachungen oder technische Vorschriften außerhalb des Verordnungstextes aus. Die getroffenen Regelungen müssen daher im Text einer Polizeiverordnung vollständig enthalten sein. Die Verweisung auf andere Texte, die nicht von ihrer Natur her Gesetze oder Rechtsverordnungen sind, sind demnach grundsätzlich ausgeschlossen.

Speziell zum rechtsstaatlichen Gebot der hinreichenden Bestimmtheit von Normen gilt, dass der Normgeber gehalten ist, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Dabei darf der Normgeber grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn anders eine Umschreibung der Normtatbestände mit genau erfassbaren Maßstäben nicht möglich ist. Dann müssen sich allerdings aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen willkürlichen Vollzug der Norm ausschließen.

Vgl. dazu OVG Saarland, Urteil vom 1.12.1993 – 3 N 3/93 -, S. 39 d. amtl. Umdr., m.w.N.

Die in § 6 I 1 VO jeweils im einzelnen aufgeführten Hunderassen bzw. -gruppen lassen sich anhand der jeweiligen Rassebeschreibungen und beschriebenen Merkmale des Rassestandards in der einschlägigen kynologischen Literatur hinreichend bestimmen, selbst wenn sich während der Geltungsdauer der VO (§ 66 S. 3 SPolG) einzelne Merkmale für Zucht und Rassestandard ändern sollten. Da die gewählten Begriffe hinreichend deutlich umrissen sind, bedurfte es keiner näheren Aufnahme der jeweiligen Rassemerkmale in die Verordnung selbst. Jeder Betroffene kann in zumutbarer Weise feststellen, ob die von ihm gehaltene bzw. geführte Hunderasse der Verordnung unterfällt. Sind die Rassenbegriffe damit aber hinreichend bestimmbar umschrieben, so stellt der Rückgriff auf die einschlägige Literatur und die einschlägigen Rassestandards keine stillschweigende Verweisung auf Regelungen außerhalb der Polizeiverordnung dar, die nach § 61 II SPolG grundsätzlich ausgeschlossen wäre.

Die Bestimmbarkeit der anerkannten Rassen American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bull Terrier steht außer Frage. Hinsichtlich der Gruppe der American Pit Bull Terrier hat das Gericht bereits in seiner

Normenkontrollentscheidung vom 1.12.1993 – 3 N 3/93 -, S. 43 d. amtl. Umdr.,

entschieden, dass die so gekennzeichnete Kreuzung (in der sog. Kampfhundeverordnung "Pitbullterrier" bezeichnet) bestimmbar ist. Dies bedarf hier indes keiner weiteren Erörterung, da dieser Hundetyp nicht Gegenstand der Überprüfung ist.

Zwar ergibt sich aus der dem Senat vorliegenden

Stellungnahme der Hessischen Polizeischule – Fachbereich Diensthundewesen - vom 20.5.2000,

dass der American Staffordshire Terrier auf Grund seines Habitus nicht vom Pit Bull Terrier zu unterscheiden sei und Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Gleichzeitig wird dort aber klargestellt, dass im Hinblick auf die vorhandenen Ähnlichkeiten eine Unterscheidung ohne weiteres dahingehend erfolgen könne, dass "nur solche Hunde als American Staffordshire Terrier oder Staffordshire Bull Terrier behandelt werden, für die ein anerkannter Abstammungsnachweis (Ahnentafel eines von dem VDH anerkannten Rassezuchtverbandes) erbracht werden kann und die Identität des Hundes (Tätowierung) feststeht", und alle anderen aufgrund des Habitus vergleichbaren Hunde demgegenüber als Pitt Bull Terrier einzustufen sind. Daraus folgt nach Auffassung des Senats, dass hier von einer genügenden Unterscheidbarkeit auszugehen ist.

Zu beanstanden ist auch nicht die Regelung in § 6 I 3 VO, wonach Inhalt und Verfahren des Wesenstestes, der der Gefahrerforschung dient, durch die zuständige oberste Landesbehörde in Verwaltungsvorschriften bestimmt werden soll. Dem gesetzlichen Erfordernis des § 61 II SPolG, wonach es zu den inhaltlichen Anforderungen an Polizeiverordnungen gehört, dass auf Regelungen außerhalb der Polizeiverordnung nur verwiesen werden darf, wenn sie in anderen Rechtsvorschriften enthalten sind, steht die hier fragliche Verweisung auf Verwaltungsvorschriften nicht entgegen. Dieses Verbot greift hier nicht ein, da es sich nicht um Regeln handelt, auf die sich der Adressat der Polizeiverordnung einstellen können muss. Vielmehr treffen die Regelungen über die Durchführung des Wesenstestes alleine technische Einzelheiten der Durchführung und sollen eine einheitliche Handhabung durch die in der Vorschrift genannten sachverständigen Tierärzte sicherstellen. Diese nehmen die von ihnen durchzuführende Prüfung im Übrigen letztlich alleine auf der Grundlage ihres Sachverstandes als fachliche Gutachter vor, ohne dass insoweit zwingende Vorgaben für das sachverständige Urteil selbst gemacht werden können. Die nach wissenschaftlich-fachlichen Erkenntnissen durchzuführende tierärztliche Wesensprüfung bleibt dem Gutachter nach Umfang und Inhalt überlassen. Der Senat folgert aus der fraglichen Formulierung nicht, dass insoweit eine Ermessensbindung der Gutachter erfolgen soll. Dies wäre auch nicht möglich, ohne das objektiv erwartete fachliche Bewertungsergebnis zu verfälschen. Ist mithin die Wesensprüfung durch den bestellten sachverständigen Tierarzt nach Dauer und Inhalt unter Berücksichtigung der vom Antragsgegner angebrachten Standardisierung zu bestimmen, so ist alleine die von ihm im Ergebnis abgegebene Wertung für die Frage der Erteilung der Bescheinigung nach § 6 II 1 VO bzw. die Feststellung der Gleichstellung mit Hunden nach § 1 I VO maßgeblich.

Ausgehend von der Aufzählung in § 6 I 1 VO unterwirft diese die Halter der dort aufgelisteten Hunde, hinsichtlich derer die Gefährlichkeit in einem Wesenstest festgestellt ist,

vgl. zur Problematik, "Kampfhunde" ? – Gefährliche Hunde ? - ..., VDH, a.a.O., S. 10

insbesondere einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die dem zugrundeliegende unwiderlegliche Vermutung der Gefährlichkeit ist angesichts des dann von Hunden dieser Populationen ausgehenden Gefährdungsgrades, nämlich der drohenden Verletzung nicht nur von Sachen und anderen Hunden, sondern auch der Gefahr für Leib und Leben von Menschen, verhältnismäßig, weil sie zur effektiven Gefahrenabwehr geeignet und erforderlich ist.

Nach allem fehlt es dem von den Antragstellern gestellten Normenkontrollantrag an der Begründetheit. Er ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 I VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 II VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 31. März 2004 - 2 N 2/03

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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 31. März 2004 - 2 N 2/03 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 91


(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 251 Ruhen des Verfahrens


Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Anordnung hat auf d

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Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersa

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von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Anordnung hat auf den Lauf der im § 233 bezeichneten Fristen keinen Einfluss.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.