Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Sept. 2016 - 8 A 10490/16

ECLI: ECLI:DE:OVGRLP:2016:0913.8A10490.16.0A
published on 13/09/2016 00:00
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Sept. 2016 - 8 A 10490/16
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Tenor

Die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. Dezember 2015 – 5 K 2365/15.TR - werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und der Beigeladene haben die Kosten des Berufungserfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Kläger, jeweils zur Hälfte zu tragen. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Aufhebung einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.

2

Sie sind Eigentümer der Flurstücke Gemarkung K., Flur … Nrn. … und … . Das an der S.-Straße gelegene Flurstück Nr. … mit 658 qm ist mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebaut und wird zusammen mit dem rückwärts anschließenden Flurstück Nr. … als Hausgarten genutzt. Südlich grenzt das Flurstück Nr. … mit 654 qm an. Auf diesem Flurstück will der Beigeladene ein Wohnhaus mit 7 Wohneinheiten errichten. Seinem Bauantrag vom 15. Juli 2014 gab der Beklagte mit im vereinfachten Verfahren erteilter Baugenehmigung vom 11. Dezember 2014 statt. Die Baugenehmigung erstreckt sich auch auf 14 PKW-Stellplätze, von denen 6 auf dem Flurstück Nr. … zum Grundstück der Kläger hin und 4 auf dem benachbarten Flurstück Nr. … angelegt werden sollen. Die Zufahrt soll von der B. Straße aus über das Flurstück Nr. … erfolgen. Die vier weiteren Stellplätze sind auf einem weiter entfernten Grundstück vorgesehen.

3

Bereits mit im vereinfachten Verfahren erteilter Baugenehmigung vom 29. September 2014 war dem Beigeladenen der Bau eines Wohnhauses mit 6 Wohneinheiten auf dem Flurstück Nr. … Nr. … (nun aufgegangen im Flurstück Nr. …) genehmigt worden, das westlich an das Hausgrundstück der Kläger angrenzt. Von den 12 Stellplätzen für dieses Wohnhaus sind 6 entlang der S.-Straße vorgesehen, weitere 2 Stellplätze im rückwärtigen Bereich des Flurstückes Nr. … mit Zufahrt entlang der Grenze zu dem Grundstück der Kläger sowie 4 Stellplätze auf dem südlich angrenzenden Flurstück Nr. … (vormals Nr. …).

4

Die Kläger legten Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein. Das Vorhaben füge sich nicht in die nähere Umgebung ein und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Dies gelte insbesondere bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des auf dem Flurstück Nr. … genehmigten Vorhabens und der Stellplätze für beide Vorhaben im rückwärtigen Ruhebereich.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2015 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Das Vorhaben verstoße nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Kläger hätten sich nicht darauf verlassen können, dass eine Bebauung in der zweiten Baureihe unterbleibe. Die Stellplätze führten zwar zu einer Beeinträchtigung, die jedoch in dem vorhandenen Mischgebiet zumutbar sei und auch nicht gegen § 47 Abs. 7 Satz 2 LBauO verstoße. Auf eine möglicherweise fehlende Erschließung könnten sich die Kläger nicht berufen.

6

Zur Begründung ihrer daraufhin erhobenen Klage haben die Kläger vorgetragen: Bereits das streitgegenständliche Vorhaben verstoße gegen sie schützende Vorschriften. Es sei jedoch eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die das Bauvorhaben auf dem Flurstück Nr. … einbeziehe. Das Vorhaben auf dem Flurstück Nr. … liege außerhalb der faktischen Baugrenzen und füge sich deshalb nicht in die Umgebung ein. Die rückwärtigen Baugrenzen seien auch nachbarschützend. Dies ergebe sich aus ihrer faktischen Schutzwirkung und aus dem Austauschverhältnis, denn die Nachbarn hätten zugunsten einer Ruhe- und Erholungszone auf eine Bebauung der rückwärtigen Grundstücksteile verzichtet. Zwar seien Stellplätze grundsätzlich hinzunehmen, hier liege jedoch eine Häufung grenznaher Stellplätze vor, die zusammen mit ihrer Zufahrt den Ruhebereich ihres Grundstückes umgäben und die bestehende Ruhezone zerstöre. Deshalb liege auch ein Verstoß gegen § 47 Abs. 7 Satz 2 LBauO vor. Im Übrigen handele es sich nicht um ein Mischgebiet, jedenfalls aber um einen unbebauten Blockinnenbereich. Die Baugenehmigung sei auch nichtig, weil nicht erkennbar sei, welche der Nebenbestimmungen Auflagen und welche Bedingungen seien. Außerdem sei die Immissionsbelastung nicht ermittelt worden.

7

Die Kläger haben beantragt,

8

die Baugenehmigung vom 11. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2015 aufzuheben.

9

Der Beklagte und der Beigeladene haben beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Das Verwaltungsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Baugenehmigung hinsichtlich der Stellplätze 1 bis 10 und deren Anordnung aufgehoben. Eine Verletzung der Kläger in eigenen Rechten durch die Genehmigung des Wohnhauses selbst liege nicht vor. Der Gebietsgewährleistungsanspruch sei nicht verletzt, die von den Klägern geltend gemachten Gesichtspunkte des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche sei nicht drittschützend. Das Wohnbauvorhaben sei auch nicht wegen der Zahl der Wohneinheiten und seiner Höhe rücksichtslos, es wirke nicht erdrückend. Rücksichtslos gegenüber den Klägern seien jedoch der durch es ausgelöste zusätzliche Kraftfahrverkehr sowie die Zahl und Anordnung der Stellplätze. Denn die Flurstücke Flur … Nrn. … und … der Kläger würden durch die genehmigten Stellplätze des Vorhabens und auch des auf dem Flurstück Nr. … genehmigten Vorhabens und ihre Zufahrten umschlossen, so dass der nicht immissionsvorbelastete rückwärtige Ruhebereich vollständig aufgehoben werde. Dabei sei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, obwohl beide Vorhaben eigenständig zu genehmigen seien. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Belästigungen könne auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückgegriffen werden, weil Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht in einer Wechselwirkung zueinander stünden. Bei der Beurteilung von Geräuschimmissionen gälten danach mehrere Anlagen derselben Art, die in einem räumlichen Zusammenhang stünden, als einzige Anlage. Auch nach der TA Lärm sei die Gesamtbelastung maßgeblich. Hier stünden die für zwei Vorhaben des Klägers erforderlichen Stellplätze als Anlagen derselben Art in einem engen räumlichen Zusammenhang. Der rückwärtige Grünbereich der Grundstücke der Kläger sei eine rückwärtige Ruhezone ohne Vorbelastung durch störende Einflüsse. Die benachbarten Betriebe, ein Weinbaubetrieb, ein Goldschmiedebetrieb sowie eine Apotheke, eine Fußpflegepraxis und eine Arztpraxis hätten keine störenden Auswirkungen. Mit der Änderung auf den Flurstücken Nrn. …, … und … und der Zufahrt in unmittelbarer Nähe der klägerischen Grundstücke werde der rückwärtige Ruhebereich stark beeinträchtigt, insbesondere auch wegen der sehr beengten Situation in diesem Bereich. Da die Stellplätze ein abtrennbarer Teil des genehmigten Gesamtbauvorhabens seien, sei nur dieser Teil des angefochtenen Bescheides aufzuheben.

12

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor: Das Schutzbedürfnis der Kläger sei dadurch gemindert, dass das Vorhaben in einem Mischgebiet oder Dorfgebiet liege. Deshalb sei jedenfalls die Beeinträchtigung durch die Stellplätze für ein Mehrfamilienhaus zumutbar. In einem allgemeinen Wohngebiet würde nichts anderes gelten. Nach § 12 BauNVO seien Stellplätze für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. Nur 10 der 14 Stellplätze befänden sich im Umfeld des Vorhabens. Der Bedarf von 14 Stellplätzen sei aufgrund der inzwischen aufgehobenen Stellplatzsatzung ermittelt worden, der Bedarf sei nun mit 11 Stellplätzen anzunehmen. Es gebe keinen Rechtssatz, dass Stellplätze nicht hinter den Gebäuden angeordnet werden dürften. Im Übrigen befänden sich auch die Stellplätze nicht unmittelbar hinter dem Grundstück der Kläger, die Zufahrt zu den Stellplätzen 7 bis 10 erfolge von der B. Straße aus und nicht am Haus der Kläger vorbei. Der rückwärtige Ruhebereich sei bereits durch die Nähe der B. Straße beeinträchtigt. Die 4 zusätzlichen Stellplätze führten nicht zu einer spürbaren zusätzlichen Belastung. Das Verwaltungsgericht habe fälschlich eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung eines selbstständigen anderen Verfahrens vorgenommen. Jedenfalls hätte es die Baugenehmigung insgesamt aufheben müssen, da diese bei Rechtswidrigkeit der genehmigten Stellplätze insgesamt rechtswidrig sei.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. Dezember 2015 – 5 K 2365/15.TR – abzuweisen.

15

Der Beigeladene beantragt gleichfalls,

16

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. Dezember 2015 – 5 K 2365/15.TR – abzuweisen.

17

Zur Begründung führt er aus: Die Genehmigung sei hinsichtlich der Stellplätze nicht rechtswidrig. Diese seien nicht rücksichtslos, sondern nach § 12 Abs. 1 BauNVO zumutbar. Nur die Stellplätze 1 bis 5 befänden sich an der Grenze des Grundstückes der Kläger. Dieses werde dadurch nicht beeinträchtigt, zumal die Zufahrt von der B. Straße aus erfolge. Es handele sich nicht um eine im hier vorliegenden Dorf- oder Mischgebiet ortsunübliche Nutzung. Die vorgenommene Gesamtbetrachtung sei unzulässig, vielmehr sei eine Einzelfallbetrachtung beschränkt auf das eine Grundstück, um dessen bauliche Nutzung es gehe, vorzunehmen. Die beiden Vorhaben des Beigeladenen dürften nicht kumuliert werden, denn es handele sich um jeweils eigenständige Verfahren, die sich nach Art und Weise des Vorhabens, Eingangstermin der Bauanträge und Datum der Baugenehmigung unterschieden.

18

Die Kläger beantragen,

19

die Berufungen zurückzuweisen.

20

Es handele sich nicht um ein Mischgebiet oder ein Dorfgebiet, sondern um ein allgemeines Wohngebiet. Der vorhandene Hotel- und Weinbaubetrieb präge die Umgebung nicht, denn er sei nach Südosten in Richtung des Altdorfes orientiert und eine singuläre Anlage. Im Übrigen seien die Eigentümer in einem Dorf- oder Mischgebiet nicht weniger schutzbedürftig als die in einem allgemeinen Wohngebiet. Die Besonderheit des Falles liege darin, dass eine Vielzahl von Stellplätzen im hinteren Ruhebereich errichtet werden solle. Die Anordnung dieser Stellplätze verstoße unabhängig vom Gebietscharakter gegen § 47 LBauO sowie das Rücksichtnahmegebot. Insbesondere das als Ruhebereich ausgestaltete Gartenflurstück Nr. … der Kläger werde von Stellplätzen umgeben, den Stellplätzen Nrn. 1 bis 5 im Osten, dem Stellplatz Nr. 6 im Süden und den Stellplätzen Nrn. 7 bis 10 im Westen. Eine Vorbelastung durch die B. Straße bestehe nicht. Dort befinde sich fast überwiegend Wohnbebauung, der Verkehr fließe wegen der Straßenführung eher ruhig. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend eine Gesamtbetrachtung vorgenommen, denn es bestehe ein enger räumlicher Zusammenhang zwischen den beiden gleichartigen Vorhaben. Das Vorhaben verstoße auch gegen § 47 Abs. 7 Satz 2 LBauO. Die geplanten Stellplätze führten dazu, dass das Hausanwesen der Kläger von allen Seiten erheblichen Immissionsbelastungen ausgesetzt werde. Die Zufahrt von der B. Straße aus sei ungeeignet. Sie sei zu schmal und unübersichtlich, so dass bei Gegenverkehr eine erhöhte Belastung durch Rangiervorgänge entstehe. Die Kläger seien nicht nur durch die Stellplätze Nrn. 1 bis 5 sondern auch durch die Stellplätze Nrn. 6 sowie 7 bis 10 betroffen, denn es seien auch die Fahrvorgänge zu berücksichtigen. Ein Rückgriff auf das Immissionsschutzgesetz sei geboten. Die Baugenehmigung sei im Übrigen wegen Unbestimmtheit nichtig.

21

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vornahme einer Ortsbesichtigung. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen sowie auf die Verwaltungs- und Widerspruchsakten. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

23

Mit Schriftsatz vom 20. September 2016 hat der Beigeladene die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt: Es lägen neue Tatsachen vor, weil er wegen Zahl und Anordnung der Stellplätze einen Tekturantrag gestellt habe und zusichere, von der Baugenehmigung nur entsprechend den Tekturanträgen Gebrauch zu machen. Damit entfalle die Beschwer für die Kläger.

Entscheidungsgründe

24

Die Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht - zum Teil - stattgegeben, denn die Kläger werden durch die angefochtene Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt.

25

Zunächst hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass das genehmigte Wohnhaus mit sieben Wohneinheiten als solches nicht gegen die Kläger schützende Vorschriften, insbesondere das Gebot der Rücksichtnahme, verstößt; insoweit wird auf seine Ausführungen verwiesen. Die Baugenehmigung verstößt auch nicht wegen Unbestimmtheit gegen die Kläger schützende Vorschriften, zumal bestimmbar ist, ob es sich bei den Nebenbestimmungen um Auflagen oder Bedingungen handelt. Das Verwaltungsgericht hätte die Baugenehmigung auch nicht wegen Verstoßes gegen § 47 LBauO aufheben müssen. Denn sie ist ausdrücklich im vereinfachten Verfahren ergangen, in dem das materielle Bauordnungsrecht, also auch die Stellplatzpflicht, nicht Gegenstand der Prüfung ist (§ 66 Abs. 4 Satz 1 LBauO). Zwar muss nach § 66 Abs. 4 Satz 3 LBauO aus der Stellungnahme der Gemeindeverwaltung hervorgehen, dass die Erfüllung der Stellplatzverpflichtung gesichert ist. Eine Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde ist damit jedoch nicht vorgeschrieben (Jeromin, in; Jeromin, LBauO Rh-Pf, Kommentar, 4. Aufl. 2016, § 66 Rn. 45). Entsprechend enthält die im vereinfachten Verfahren ergangene Baugenehmigung auch keine Feststellung zur Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Stellplatzverpflichtung. Gegenstand der Baugenehmigung ist insofern allein die Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der vorgesehenen Stellplatzstandorte. Weil sich die im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung daher nicht zur Erfüllung der Stellplatzpflicht verhält, hindert auch die - aus Gründen des Bauplanungsrechts erfolgte - Teilaufhebung durch das Verwaltungsgericht den Beklagten nicht, von dem Beigeladenen die Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Pflicht zum Stellplatznachweis einzufordern.

26

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zutreffend einen Verstoß der Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme durch die von der Baugenehmigung umfassten Stellplätze Nr. 1-10 angenommen. Allerdings gilt dies nach Auffassung des Senats schon bei einer isolierten Betrachtung dieser Stellplätze (a), erst recht jedoch bei der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Gesamtbetrachtung (b).

27

a) Unabhängig davon, ob sich ein Vorhaben innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, fügt es sich dann nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – IV C 9.77 –, BVerwGE 55, 369 und juris Rn. 46). Ob den Anforderungen an das Rücksichtnahmegebot genügt ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist, wobei die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5.98 -, NVwZ 1999, 523 [527]; Urteil vom 6. Oktober 1989 - 4 C 14.87 -, BVerwGE 82, 343 [347]).

28

Grundsätzlich sind Stellplätze und Garagen in allen Baugebieten zulässig, jedoch in Kleinsiedlungsgebieten, reinen und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf (§ 12 Abs. 1 und 2 BauNVO). Diese Einschränkung gilt hier nicht, da es sich um ein Dorfgebiet oder Mischgebiet handelt, wie schon die vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebe belegen. Die somit grundsätzlich von den Nachbarn hinzunehmenden Stellplätze können dennoch für den Nachbarn ausnahmsweise unzumutbar sein, wenn sie durch ihre Lage, Zahl, Zuwegung und sonstige Besonderheiten des Einzelfalles zu Beeinträchtigungen führen, die über das als sozialadäquat hinzunehmende Maß hinausgehen.

29

Das ist hier der Fall. Die im Umfeld des Grundstückes der Kläger durch die Baugenehmigung vom 11. Dezember 2014 genehmigten 14 Stellplätze verteilen sich auf vier Standorte. Dabei können die Stellplätze Nr. 11-14 auf dem Flurstück Nr. … hier außer Betracht bleiben, weil sie sich nicht in der Nähe des Grundstückes der Kläger befinden. Die Stellplätze Nr. 1-5 befinden sich im nördlichen Teil des Flurstückes Nr. … im Anschluss an das Flurstück Nr. … der Kläger. Die Stellplätze 3-5 stoßen mit einer Schmalseite an die Grenze an, die Stellplätze Nr. 1 und 2 sind nur geringfügig weiter entfernt. Der Stellplatz Nr. 5 schließt gleichzeitig mit einer Längsseite so an die östliche Grenze des Flurstückes Nr. … an, wie der Stellplatz Nr. 6 an dessen südliche Grenze. Die Stellplätze Nr. 7 – 10 liegen an der östlichen Grenze des Flurstückes Nr. …, etwa 14 m von der Westgrenze des Flurstücks Nr. … und 30 bis 35 m vom Wohnhaus der Kläger entfernt.

30

Die besonderen Verhältnisse in diesem Bereich führen dazu, dass die grundsätzlich zulässigen Stellplätze in dieser Zahl und in dieser Anordnung zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Kläger führen. Die Grundflächen, auf denen die Stellplätze angelegt werden sollen, sind als Garten oder Grünland genutzt und stellen einen rückwärtigen Ruhebereich dar. Dieser Ruhebereich ist allerdings nicht völlig ungestört. Entlang der östlichen Grenze der Flurstücke Nr. … und … verläuft ein geschotterter Privatweg zu dem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb R., der als rückwärtige Hofzufahrt dient und an dessen Einmündung in die S.-Straße auch ein Hinweisschild auf den Betrieb steht. Der Hof selbst ist mit einem Tor versehen, das bei der Ortsbesichtigung geschlossen war. Nach den Angaben im Ortstermin wird dieser Weg vom Hofinhaber regelmäßig mit seinem Pkw für die Fahrt zur Arbeit genutzt und gelegentlich auch von landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Es ist deshalb von einer nur geringen Nutzung auszugehen, zumal der Betrieb an der B. Straße liegt, wo sich eine breite befestigte Einfahrt und ebenfalls ein Hinweisschild befindet. Diese vorhandene Nutzung dürfte sich, anders als die Nutzung der Stellplätze, nicht in die Nachtzeit erstrecken. Die Beeinträchtigung besteht nur in dem Lärm beim Vorbeifahren, wenn auch zum Teil mit stärker lärmenden landwirtschaftlichen Geräten, während die geplanten Stellplätze auch Lärm beim Ein- und Ausparken sowie Aus- und Einsteigen (Türenschlagen, Gespräche) mit einer stärkeren Störwirkung verursachen. Eine Vorbelastung durch den Verkehr auf der B. Straße konnte nicht festgestellt werden. Demgegenüber wirken sich die Stellplätze 7-10 auf das Grundstück der Kläger weniger störend aus. Sie liegen zwar in einem bislang als Garten genutzten Bereich, sind jedoch von dem Wohnhaus der Kläger weiter entfernt. Allerdings Sie sind sie gegenüber diesem im Unterschied zum Wohnhaus B. Str. … nicht durch dazwischenliegende Gebäude abgeschirmt. Weniger störend sind auch die Beeinträchtigungen durch die Zufahrt entlang der ca. 13 m langen südlichen Grenze des Flurstückes Nr. …, die mindestens 23 m vom Wohnhaus der Kläger entfernt liegt. Insgesamt sieht der Senat jedoch die Beeinträchtigung als unzumutbar an, da ein bisher als Garten genutzter rückwärtiger Grundstücksbereich erstmals für Stellplätze und ihre Zufahrt in Anspruch genommen wird und das Grundstück der Kläger von drei Seiten, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, Geräuschen ausgesetzt wird. Während die nachbarliche Rücksichtnahme eine Anordnung der Stellplätze an der Straße oder – in geringer Zahl - zumindest mit direkter Zufahrt zur Straße nahelegt, werden hier mehrere Stellplätze im rückwärtigen Bereich angeordnet und durch eine Zufahrt erschlossen, die zum Teil nicht auf dem direkten Weg zur Straße verläuft, sondern fast parallel zur Straße entlang der rückwärtigen Grundstücksgrenzen. Eine derartige Konzentration und Erschließung von Stellplätzen im rückwärtigen Bereich ist in der näheren Umgebung ohne Beispiel. Zwar findet man einzelne Stellplätze und Garagen im rückwärtigen Bereich, nicht aber eine solche Häufung. Die Stellplätze auf dem Flurstück Nr. … (B. Str. …) befinden sich seitlich der Häuser unmittelbar an der Straße. Zwar stoßen sie an die rückwärtige Grenze des Flurstückes Nr. … (S.-Str. …), nehmen jedoch nicht selbst einen rückwärtigen Ruhebereich in Anspruch. Vielmehr besteht ein solcher wegen des hier nur geringen Abstandes zwischen der S.-Straße und der B. Straße nicht, die rückwärtigen Außenwände der sich fast gegenüber liegenden Wohnhäuser B. Str. … und S.-Straße … befinden sich beinahe auf einer Linie.

31

Die Anordnung und Erschließung der Stellplätze ist auch nicht deshalb zumutbar, weil es sich um ein Dorfgebiet handelt, in dem Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe und sonstige Gewerbebetriebe zulässig sind und höhere Lärmrichtwerte gelten. Das Gebot der Rücksichtnahme fordert jedoch gerade Rücksicht auf die nähere Umgebung, um Unterschieden innerhalb des Baugebietes Rechnung zu tragen. Die eher geringfügigen Beeinträchtigungen durch die vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebe führen nicht dazu, dass die andersartigen Beeinträchtigungen durch die einer Wohnbebauung dienenden Stellplätze in dieser Zahl und Anordnung hinzunehmen sind.

32

b) Davon unabhängig liegt erst Recht ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor, wenn man die Beeinträchtigung der Kläger durch die mit Baugenehmigung vom 29. September 2016 genehmigten Stellplätze einbezieht. Für die Berechtigung einer Gesamtbetrachtung spricht folgende Überlegung: Sollte sich die Zahl und Anordnung der für die beiden Bauvorhaben vorgesehenen Stellplätze nicht bereits für sich genommen als rücksichtslos erweisen, sondern erst dann, wenn nach Realisierung des ersten Vorhabens das zweite hinzukommt, verbietet dies aus Gründen der gebotenen Rücksichtnahme, beide Genehmigungen aufgrund einer jeweils isolierten Betrachtung aufrechtzuerhalten. Wäre das zweite Vorhaben erst nach Errichtung des ersten zur Genehmigung gestellt worden, hätte im Rahmen der Anwendung des Rücksichtnahmegebots die zusammen mit der bereits – durch das erste Vorhaben – vorhandenen Vorbelastung nunmehr bewirkte Gesamtbelastung bewertet werden müssen. Die Notwendigkeit einer solchen Gesamtbetrachtung darf nicht durch den Umstand paralleler Baugenehmigungsverfahren unterlaufen werden. Bei der Frage, welche der beiden parallel – bzw. in einem zeitlichen Zusammenhang – erteilten Baugenehmigungen Bestand haben soll, ist das Prioritätsprinzip als sachgerechtes Kriterium anerkannt (vgl. zur Konkurrenz paralleler Anträge auf Genehmigung von Windenergieanlagen OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 3. August 2016 – 8 A 10377/16.OVG –, juris Rn. 49 mit weiteren Nachweisen; Rolshoven, NVwZ 2006, 516 <521>). Denn das Vertrauen in die früher erteilte Genehmigung verdient in aller Regel mehr Schutz als das Vertrauen in den Bestand der späteren Genehmigung. Der sich erst aus einer Kumulation beider Vorhaben ergebenden Unzumutbarkeit müsste daher durch die Aufhebung der zweiten Genehmigung vom 11. Dezember 2014 begegnet werden (vgl. ergänzend das Urteil des Senats vom heutigen Tag in der Parallelsache 8 A 10491/16.OVG).

33

Die vom Beigeladenen nach Schluss der mündlichen Verhandlung beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung wegen eines von ihm gestellten Tekturantrages ist nicht geboten. Es ist nicht absehbar, dass dadurch eine Erledigung eintritt, zumal wegen der bestehenden Veränderungssperre zweifelhaft ist, ob der Tekturantrag Erfolg haben wird.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 f. VwGO.

35

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Ob eine Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung der Immissionen der mit beiden dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen genehmigten Stellplätze vorzunehmen ist, ist nicht entscheidungserheblich.

Beschluss

36

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 09/11/2016 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsl
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(1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt.

(2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.

(3) Unzulässig sind

1.
Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten,
2.
Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten.

(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.

(5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

(7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.