Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Aug. 2016 - 6 B 768/16
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 22.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.
4Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ausgeschriebene Funktionsstelle als Leiterin/Leiter der Abteilung Polizei beim Landrat des Kreises T. als Kreispolizeibehörde (Besoldungsgruppe A 16 BBesO i.d.F. des ÜBesG NRW) mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Antragsteller habe Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Der Anordnungsgrund folge daraus, dass dem Antragsteller unzumutbare Nachteile drohten, weil eine Ernennung des Beigeladenen regelmäßig nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Der Anordnungsanspruch liege vor, weil der Antragsteller einen Anspruch auf erneute Entscheidung über die Stellenbesetzung habe. Dabei könne dahinstehen, ob die Konkurrentenmitteilung vom 29. April 2016 den an sie zu stellenden rechtlichen Anforderungen entspreche. Denn die Auswahlentscheidung sei jedenfalls zu beanstanden, weil sie auf der fehlerhaften Regelbeurteilung des Antragstellers vom 12. Dezember 2014 (Beurteilungszeitraum 1. September 2011 bis 31. August 2014) beruhe. Der Endbeurteiler habe seine Abweichung vom Erstbeurteilervorschlag entgegen Nr. 9.2 Abs. 3 Satz 1 BRL Pol NRW nicht plausibel begründet. Dies habe die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 24. November 2015 – 4 L 428/15 – ausgeführt. An dieser Auffassung werde festgehalten. Weder durch das Vorbringen des Antragsgegners in der dagegen gerichteten Beschwerde (6 B 1406/15) noch im vorliegenden Verfahren sei eine hinreichende nähere Plausibilisierung erfolgt. Davon abgesehen sei der Endbeurteiler bei der Beurteilung von einer defizitären Erkenntnisgrundlage ausgegangen. Dies habe das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 13. Januar 2016 – 6 B 1406/15 – ausgeführt, mit dem die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der Kammer vom 24. November 2015 – 4 L 428/15 – zurückgewiesen worden sei. Diesen Ausführungen schließe sich der Einzelrichter an. Der Antragsgegner habe im vorliegenden Verfahren keine Aspekte aufgezeigt, die eine andere Beurteilung rechtfertigten.
5Die mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen führen zu keiner abweichenden Entscheidung. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die streitige Auswahlentscheidung sei zu beanstanden, weil sie auf der rechtsfehlerhaften Regelbeurteilung des Antragstellers vom 12. Dezember 2014 beruhe, ist auch unter Berücksichtigung des umfangreichen Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden.
6Der Senat hat bereits in seinem Beschluss gleichen Rubrums vom 13. Januar 2016 (6 B 1406/15), auf den sich auch das Verwaltungsgericht u.a. stützt, eingehend begründet, weshalb die dem Antragsteller erteilte Regelbeurteilung vom 12. Dezember 2014 rechtswidrig und deswegen nicht geeignet ist, die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zu tragen. Der Senat hat darin festgestellt, dass der Endbeurteiler die Herabsetzung der Einzelmerkmale sowie der Gesamtnote der Beurteilung gegenüber dem Erstbeurteilervorschlag auf eine defizitäre Erkenntnisgrundlage gestützt hat.
7Der Antragsgegner bemängelt dagegen, der Senat enge die Art der zu verlangenden Erkenntnisvermittlung unzulässig ein, indem er der Endbeurteilerbesprechung „eine Form der Ausschließlichkeit“ beimesse, die nicht vertretbar sei. Es erscheine kaum vertretbar und stehe auch nicht im Einklang mit der Rechtsauffassung des erkennenden Senats, wenn die Informationsgewinnung ausschließlich in der Endbeurteilerbesprechung erfolgen dürfe. Vielmehr stellten auch die vorab angeforderten separaten Begründungen für Prädikatsbeurteilungen eine verfügbare und geeignete Erkenntnisquelle dar.
8Mit diesem Einwand werden die vom Senat zur Fehlerhaftigkeit des Beurteilungsverfahrens getroffenen Aussagen nur unzureichend erfasst. Insbesondere ist der Senat in seinem Beschluss nicht davon ausgegangen, dass der Erstbeurteiler sich die für eine sachgerechte Beurteilung erforderlichen Erkenntnisse allein im Rahmen der Endbeurteilerbesprechung verschaffen darf. Vielmehr führt er auf Seite 5 der Beschlussabschrift unter Hinweis auf seine Rechtsprechung ausdrücklich aus, dass sich der Beurteiler die für die Erstellung der Beurteilung notwendigen Kenntnisse auf der Grundlage aller verfügbaren und geeigneten Erkenntnisquellen verschaffen kann. Es obliege grundsätzlich der Entscheidung des Beurteilers, auf welche Weise er die erforderlichen Erkenntnisse gewinne. Dementsprechend hat der Senat es als unbedenklich angesehen, wenn der Endbeurteiler für die Beurteilung neben dem Erstbeurteilervorschlag – als der zentralen Erkenntnisquelle – auch im Vorfeld der Beurteilerbesprechung angeforderte (separate) Begründungen für Prädikatsvorschläge heranzieht. Auch diese können grundsätzlich eine taugliche Erkenntnisgrundlage für den Endbeurteiler darstellen. Anlass zur Beanstandung hat der Senat allerdings darin gesehen, dass der Endbeurteiler im Streitfall die Absenkung des Erstbeurteilervorschlags allein auf die – im Rahmen der Maßstabsbesprechung vom 3. Juni 2014 erbetene – separate Begründung für Erstbeurteilervorschläge im Prädikatsbereich (Gesamtnote von 4 oder 5 Punkten) gestützt hat (vgl. Seite 5 unten der Beschlussabschrift). Der Senat hält daran fest, dass dies – auch mit Blick auf Nr. 9.2 Abs. 2 BRL Pol NRW – den rechtlichen Anforderungen nicht standhält.
9Nach dieser Regelung zieht der Endbeurteiler für die abschließende Entscheidung über die Beurteilung der Merkmale sowie über das Gesamturteil zur Beratung weitere personen- und sachkundige Bedienstete heran (Beurteilerbesprechung). Dabei sind die Beurteilungen in der Beurteilerbesprechung mit dem Ziel zu erörtern, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungen zu erreichen. Daraus folgt, dass Grundlage für den Quervergleich („leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungen“) der mündliche Austausch in der Endbeurteilerbesprechung über tatsächliche Erkenntnisse und Leistungseinschätzungen mit personen- und sachkundigen Bediensteten (nicht notwendig mit dem Erstbeurteiler) ist.
10Ob von diesen eindeutig formulierten Vorgaben möglicherweise abgewichen werden kann, wenn der Endbeurteiler den Vorschlag des Erstbeurteilers unverändert übernimmt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn das ist hier gerade nicht der Fall. Der Endbeurteiler hat den Erstbeurteilervorschlag sowohl hinsichtlich sämtlicher Einzelmerkmale als auch in Bezug auf die Gesamtnote herabgesetzt. Für ein solches Abweichen von den Einschätzungen des Erstbeurteilers, der die Leistungen des Beurteilten – im Gegensatz zum Endbeurteiler – aus eigener Anschauung, regelmäßig über einen längeren Zeitraum kennt (vgl. Nr. 9.1 Abs. 3 Satz 2 BRL Pol NRW), ist eine hinreichende Entscheidungsgrundlage unabdingbar. Hinzu kommt hier, dass die Herabsetzung der streitgegenständlichen Beurteilung des Antragstellers nicht „linear“ erfolgt ist; sechs Einzelmerkmale sind um einen Punkt und zwei Einzelmerkmale sowie die Gesamtnote um zwei Punkte schlechter beurteilt worden. Bei einer Absenkung der Beurteilung aufgrund des Quervergleichs sowie des zugrunde liegenden „strengen Beurteilungsmaßstabes“ muss der Endbeurteiler nach sachgerechten Kriterien entscheiden, in welchen Fällen und in welchem Umfang diese Absenkung vorgenommen werden soll. Dies schließt eine entsprechend differenzierte Kenntnis über das individuelle Leistungsbild des Beurteilten oder jedenfalls die konkreten Beurteilungsmaßstäbe des personen- und sachkundigen Erstbeurteilers notwendig ein. Anderenfalls ist es nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage der Endbeurteiler zu der Einschätzung gelangt, dass der betreffende Beamte im Quervergleich „zu gut“ beurteilt worden ist.
11Vgl. OVG NRW Beschlüsse vom 25. Juli 2014, - 6 A 1872/13 - vom 26. Juni 2014 – 6 B 294/14 –, vom 19. April 2011, - 6 B 35/11 - , und vom 6. Dezember 2010 – 6 A 596/10 –, alle nrwe.de.
12Daran fehlt es hier. Der Antragsgegner bestreitet auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht, dass in der Endbeurteilerbesprechung niemand anwesend war, der dem Endbeurteiler diese Erkenntnisse hätte vermitteln können.
13Entgegen seiner Auffassung ist dies nicht entbehrlich oder bereits in hinreichender Weise durch die separate Prädikatsbegründung gewährleistet. Denn diese Begründungen sind frei und nicht nach einheitlichen Maßstäben formuliert und können schon deswegen von Beurteiler zu Beurteiler erheblich variieren.
14Vgl. entsprechend zu den Grenzen der Ausschöpfung frei formulierter Beurteilungen OVG NRW, Beschluss vom 2. Oktober 2015 – 6 B 793/15 –, juris, mit weiteren Nachweisen.
15Hinzu kommt, dass für den Erstbeurteiler unter Umständen erst im Kontext mit der Erörterung der Beurteilungen in der Endbeurteilerbesprechung (vgl. Nr. 9.2 Abs. 2 Satz 3 BRL Pol NRW) erkennbar wird, auf welche Gesichtspunkte der Endbeurteiler (in besonderer Weise) Wert legt. Nur wenn er (durch seine Anwesenheit) davon Kenntnis erlangt, kann er – sofern er angesichts der Erörterungen einen Bedarf in Bezug auf den von ihm erstbeurteilten Beamten sieht – seine tatsächlichen Angaben entsprechend ergänzen oder seine Leistungseinschätzungen sonst weiter erläutern.
16Vor diesem Hintergrund ist – entgegen dem Vortrag des Antragsgegners – die nach dem Senatsbeschluss erforderliche Anwesenheit eines personen- und sachkundigen Bediensteten in der Endbeurteilerbesprechung auch weder „widersprüchlich“ noch stellt sie eine „inhaltsleere Förmelei“ dar, weil auch der Senat nicht von einer „Verpflichtung zur Äußerung“ dieser Bediensteten ausgehe. Vielmehr haben gerade auf diese Weise die anwesenden personen- und sachkundigen Bediensteten die Möglichkeit, einer – bei einer nur schriftlichen Begründung denkbaren – Verzerrung oder unzureichenden Vermittlung des Leistungsbildes des betreffenden Beamten sowie einer nicht sachgerechten Herabsetzung der Beurteilung auf der Grundlage des Quervergleichs durch ergänzende Erläuterungen entgegenzuwirken. Dass sie davon keinen Gebrauch machen müssen, wenn sie im Verlaufe der Erörterungen in der Endbeurteilerbesprechung feststellen, dass der Endbeurteiler das durch den Beurteilungsvorschlag und ggf. die Zusatzbegründung vermittelte Leistungsbild des Beurteilten zutreffend erfasst und die wesentlichen (tatsächlichen) Aspekte aufgenommen hat, liegt auf der Hand. Dasselbe gilt, wenn etwaige Herabsetzungen mit Blick auf den in der Endbeurteilerbesprechung erfolgten Vergleich der Beurteilungen untereinander (vgl. Nr. 9.2 Abs. 2 Satz 3 BRL Pol NRW) nachvollziehbar werden. Ist hingegen der Erstbeurteiler oder ein sonstiger personen- und sachkundiger Bediensteter von vornherein nicht anwesend, besteht diese Möglichkeit eventueller Ergänzungen und Erläuterungen nicht. Es ist demnach nicht hinreichend gewährleistet, dass der Endbeurteiler von einer zutreffenden Erkenntnisgrundlage ausgeht. Auch der Antragsgegner selbst erkennt, dass die Herabsetzung ohne die Anwesenheit eines personen- und sachkundigen Bediensteten unter Umständen jedenfalls teilweise auf Vermutungen beruht. Er führt in seiner Beschwerdebegründung (vgl. Seite 24 unten) aus, es „spreche viel dafür“, dass der Erstbeurteiler über keine weiteren zu vermittelnden Informationen verfügt habe.
17Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass der Senat nicht – wie der Antragsgegner geltend macht – lediglich die „(bloße) physische Anwesenheit“ eines personen- und sachkundigen Bediensteten verlangt. Vielmehr ist dieser dazu berufen, den Erörterungen gedanklich zu folgen und sich – wie oben dargestellt – erforderlichenfalls erläuternd oder ergänzend zu äußern.
18Soweit der Antragsgegner diese Verfahrensweise für „nicht praxisgerecht“ hält, weil etwa bei einer Erkrankung oder einem Unfall nur eines der 50 Erstbeurteiler, die zudem sämtlich Behördenleiter seien, die Besprechung mit den übrigen 49 – möglicherweise bereits zum Termin erschienenen – Erstbeurteilern abgesagt und mit erheblichem zeitlichem Vorlauf neu initiiert werden müsse, verkennt er die vom Senat aufgestellten Erfordernisse. Wie oben bereits ausgeführt, bedarf es nicht notwendig der persönlichen Anwesenheit des Erstbeurteilers, sondern lediglich eines hinreichend personen- und sachkundigen Bediensteten. Dass gleichwohl nie gänzlich zu vermeidende kurzfristige Absagen aufgrund nicht vorhersehbarer Umstände keine vollständige Absage oder gar einen Abbruch der Endbeurteilerbesprechung verlangen, liegt auf der Hand. Dann hat der Endbeurteiler aber sicherzustellen, dass das in Nr. 9.2 Abs. 2 Satz 3 BRL Pol NRW festgelegte Ziel der Besprechung auch in Bezug auf die Beamten, für die kein personen- und sachkundiger Bediensteter anwesend war, in anderer Weise erreicht wird.
19Die vom Antragsgegner dargestellten „zahlreichen Informationsgewinnungs- und Austauschmöglichkeiten“, wie etwa die Maßstabsbesprechung am 3. Juni 2014 oder das Angebot zur Führung von Informationsgesprächen mit Erlass vom 4. Juni 2014, helfen in diesem Zusammenhang schon deswegen nicht weiter, da sie zeitlich bereits vor der Endbeurteilerbesprechung lagen. Dieser Informationsaustausch hätte – sofern er überhaupt unmittelbar mit dem Endbeurteiler erfolgt wäre – nicht auf der Grundlage des erst durch die Erörterungen in der Endbeurteilerbesprechung gewonnenen umfassenden Gesamtbildes der Vergleichsgruppe stattgefunden. Unabhängig davon hat es einen solchen Austausch hier offenbar überhaupt nicht gegeben. Das bestätigt auch der Antragsgegner in seiner Beschwerdebegründung. Dass allein die unterbliebene Wahrnehmung dieser Angebote durch den Erstbeurteiler keine genügenden Anhaltspunkte dafür bietet, dass dieser insgesamt oder in Bezug auf einzelne Leistungsmerkmale zu milde, eine Notenabsenkung rechtfertigende Bewertungsmaßstäbe angewendet haben könnte, hat der Senat bereits in dem Beschluss vom 13. Januar 2016 – 6 B 1406/15 – (Beschlussabschrift Seite 7) ausgeführt.
20Der Antragsgegner geht fehl, wenn er meint, das Nichterscheinen des Erstbeurteilers zur Endbeurteilerbesprechung sei vergleichbar mit dem Nichterscheinen der Gleichstellungsbeauftragten, das nach einhelliger Meinung – bei ordnungsgemäßer Einladung – keinen Verfahrensmangel bedeute; in ihrem Nichterscheinen liege nämlich die schlüssige Erklärung, dass sie die von ihr zu vertretenden Belange für nicht berührt halte. Dieser Vergleich trägt schon mit Blick auf die unterschiedlichen Aufgaben sowie die abweichende dienstrechtliche Stellung von Gleichstellungsbeauftragter und Erstbeurteiler nicht. Das betrifft insbesondere die – wie oben ausführlich aufgezeigt – erforderliche Vermittlung von Erkenntnissen in Bezug auf den Beamten, dessen Erstbeurteilung herabgesetzt werden soll.
21Der vom Antragsgegner angeführte Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 15. Juni 2012 – 6 S 49.11 – bietet keinen Anlass für eine abweichende Einschätzung. Die darin enthaltene, vom Antragsgegner zitierte Passage „Der Umstand jedenfalls, dass bei einigen Beamtinnen und Beamten zusätzliche Erkenntnisquellen herangezogen wurden, rechtfertigt für sich genommen nicht den Schluss, es sei fehlerhaft verfahren worden.“ steht im Einklang mit der oben dargestellten Rechtsauffassung des Senats, die Anforderung der separaten Zusatzbegründungen durch den Endbeurteiler sei nicht zu beanstanden. Für die Frage, wie bei Abweichungen von der Erstbeurteilung zu verfahren ist, gibt der Beschluss indes nichts Konkretes her. Im Übrigen werden gerade auch in diesem Beschluss für Fälle, in denen der zentrale Beurteiler weder den zu beurteilenden Beamten noch den Berichterstatter persönlich kennt und die Beurteilungsberichte und -beiträge ausschließlich verbale Einschätzungen ohne Benotung enthalten, erhöhte Anforderungen an die Plausibilisierung der Bewertung gestellt.
22Zu keinem anderen Ergebnis führt es schließlich, dass – wie der Antragsgegner geltend macht – der Wortlaut der Richtlinie, weil es sich nicht um eine Rechtsnorm handelt, nicht entscheidend sei, sondern es vielmehr auf die vom Richtliniengeber angewandte einheitliche Praxis in der landesweit einmaligen Vergleichsgruppe A 15 ankomme. Dieser Einwand zielt darauf ab, dass die Teilnahme von personen- und sachkundigen Bediensteten in der Endbeurteilerbesprechung entgegen Nr. 9.2 Abs. 2 Satz 2 BRL Pol NRW entbehrlich sei. Unterstellt, es wäre unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zulässig, für eine einzelne (wenn auch landesweite) Vergleichsgruppe die ansonsten einheitlich u.a. für alle Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen geltenden BRL Pol NRW (vgl. Nr. 2.1 Spiegelstrich 1) nicht anzuwenden, sondern eine abweichende Verwaltungspraxis zu Grunde zu legen, stünden dieser auch aus allgemeinen Erwägungen rechtliche Bedenken entgegen. Auch darauf hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 13. Januar 2016 – 6 B 1406/15 – hingewiesen (vgl. Seite 6 oben der Beschlussabschrift). Eine Herabsetzung, die allein auf eine separate Begründung gestützt wird, für die weder in Bezug auf den notwendigen Inhalt noch die Formulierungen einheitliche Maßstäben gelten, beruht nicht auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage. Unabhängig davon wäre es rechtlich fragwürdig, wenn es in Folge der Entbehrlichkeit der Anwesenheit personen- und sachkundiger Bediensteter zu einer uneinheitlichen Handhabung innerhalb der landesweiten Vergleichsgruppe käme. In der Endbeurteilerbesprechung gleichwohl anwesende Erstbeurteiler (bzw. sonstige personen- und sachkundiger Bedienstete) können im Rahmen der Erörterung hinsichtlich des von ihnen „vertretenen“ Beamten weitere Ergänzungen oder Erläuterungen vornehmen, die möglicherweise sogar dazu führen, dass der Endbeurteiler von einer Absenkung (teilweise) absieht. Diese Möglichkeit besteht für „nicht vertretene“ Beamte nicht.
23Ist nach Vorstehendem die Beurteilung bereits wegen der defizitären Erkenntnisgrundlage rechtsfehlerhaft, bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob der Antragsgegner darüber hinaus den Begründungs- und Plausibilisierungsanforderungen nur unzureichend nachgekommen ist. Mit Blick auf den darauf gerichteten Vortrag des Antragsgegners sei allerdings angemerkt, dass sich das Plausibilisierungs- bzw. Begründungserfordernis für eine vom Erstbeurteilervorschlag abweichende Bewertung des Endbeurteilers ausdrücklich aus Nr. 9.2 Abs. 3 BRL Pol NRW ergibt. Der Hinweis des Antragsgegners, die BRL Pol NRW sähen keine Begründungspflicht für den Fall vor, dass sich die Diensterfahrung entgegen der Regelvermutung nicht positiv auf das Leistungsbild ausgewirkt habe, geht an der vorliegenden Fallkonstellation vorbei. Zwar enthalten die hier anzuwendenden aktuellen BRL Pol NRW – anders als die vormaligen BRL Pol NRW (RdErl. d. Innenministeriums v. 25. Januar 1996 – IV B 1 – 3034 H –, MBl. NRW, S. 278), die in Nr. 8.1 Abs. 2 eine besondere Begründungspflicht vorsahen, wenn sich „Lebens- und Diensterfahrung nicht positiv auf das Leistungsbild ausgewirkt“ hatten – eine solche Vorgabe nicht mehr. Der Antragsgegner verkennt aber bereits, dass es um einen solchen Fall einer unterbliebenen Steigerung gegenüber der Vorbeurteilung und damit u.U. zusammenhängenden Begründungs- und Plausibilisierungspflichten hier nicht geht. Entsprechendes gilt für den in Bezug genommenen Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2014 – 6 A 2721/13 –. Dieser betrifft das Erfordernis einer (weitergehenden) Plausibilisierung auf substantiierte Einwände des Beurteilten hin und nicht die hier in erster Linie vom Verwaltungsgericht gerügte fehlende Begründung nach Nr. 9.2 Abs. 3 Satz 1 BRL Pol NRW. Diese Begründung für die Abweichung vom Erstbeurteilervorschlag ist unabhängig davon vorzunehmen, ob der Beurteilte substantiierte Einwände erhebt. Dass dem Vortrag des Antragstellers bislang möglicherweise „keine substantielle Essenz zu den Merkmalen Arbeitsorganisation, Leistungsgüte und soziale Kompetenz zu entnehmen“ ist, ist daher in diesem Zusammenhang ohne Belang.
24Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil er keinen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
25Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG.
26Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.