Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 10. Jan. 2019 - 13 A 3123/17.A
Gericht
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 9. Oktober 2017 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gründe:
1Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
3Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) erfordert, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist. Ferner muss dargelegt werden, weshalb der Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.
4Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juli 2017 - 13 A 1519/17.A -, juris, Rn. 6, und vom 8. Juni 2016 - 13 A 1222/16.A -, juris, Rn. 4, m. w. N; Bay. VGH, Beschluss vom 6. März 2018 - 20 ZB 17.30931 -, juris, Rn. 4.
5Eine auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage gestützte Grundsatzrüge erfordert darüber hinaus die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen auch einer anderen als der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Würdigung zugänglich sind, etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegenteilige Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Antragsbegründung zutreffend sind, sodass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
6Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. März 2018 - 19 A 552/17.A -, juris, Rn. 4, vom 22. Januar 2018 - 4 A 2357/16.A -, juris, Rn. 4, und vom 28. August 2017 ‑ 13 A 2020/17.A -, juris, Rn. 22; Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2017 - 11 ZB 17.31124 -, juris, Rn. 3; OVG Sachsen-Anhalt, Be-schluss vom 4. April 2017 - 3 L 69/17 -, juris, Rn. 15; Sächs. OVG, Beschluss vom 1. Juni 2016 - 1 A 291/15.A -, juris, Rn. 4; Hess. VGH, Beschluss vom 1. März 2004 - 6 UZ 2532/02.A -, InfAuslR 2004, 262, juris, Rn. 13.
7Gemessen daran kommt der Frage,
8„ob sich aus einer Verfolgung aufgrund der Bekennung zur Homosexualität ein flüchtlings- und asylrelevanter Verfolgungsgrund im Rahmen eines Asylverfahrens ergeben kann“,
9eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, eine direkte staatliche Verfolgung wegen Homosexualität gebe es im Kosovo nicht, auch sei nicht zu erkennen, dass die staatlichen Behörden private Übergriffe auf Homosexuelle förderten oder nur duldeten. Dass gesellschaftliche Diskriminierungen, wie sie zwar weiterhin anzutreffen seien, ein Maß erreichten, dass zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und/oder zur Feststellung von Abschiebungshindernissen führen könnte, sei nicht zu erkennen, da zumindest in der Hauptstadt Pristina auch für Homosexuelle zumutbare Lebensbedingungen herrschten.
10Mit seinem Zulassungsantrag hat der Kläger zwar Erkenntnisquellen benannt, diese aber nicht weiter ausgewertet und insbesondere auch nicht dargelegt, dass ihnen etwas anders als vom Verwaltungsgericht angenommen zu entnehmen ist. Hiervon ist im Übrigen auch nicht auszugehen. Art. 24 der kosovarischen Verfassung verbietet jegliche Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Gleichgeschlecht-liche zivile Partnerschaften sind nach der Verfassung erlaubt. Die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung wird für die Bereiche Beruf, Ausbildung, soziale Sicherheit und Unterkunft durch das Antidiskriminierungsgesetz aus dem Jahre 2004 untersagt. Homosexualität ist zwar in der kosovarischen Gesellschaft vor allem außerhalb der Hauptstadt ein Tabuthema und Personen, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen würden, müssen damit rechnen, sozial ausgegrenzt zu werden. Dass die staatlichen Behörden, soweit es zu Übergriffen kommt, grundsätzlich weder schutzfähig noch schutzwillig sind, ist nicht festzustellen.
11Vgl. insoweit US Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2017 - Kosovo vom 20. April 2018, S. 29; COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT, Kosovo 2018 Report vom 17. April 2018, COM (2018) 450 final, S. 25 f.; Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 3. März 2018 (Stand Dezember 2017), S. 14; EASO Country of Origin Information Report Kosovo, November 2016, S. 36; Amnesty InternationaI, Diskriminierung von LGBTI-Personen im Kosovo: Verborgene Liebe, vom 28. Dezember 2013; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo: Homosexualität, vom 21. Dezember 2011; sowie ferner Tiroler Tageszeitung, Onlineausgabe von Mittwoch, 10. Oktober 2018, Homosexuelle im Kosovo demonstrierten für ihre Rechte.
12Dass für den Einzelfall des bereits im Jahr 1992 ausgereisten Klägers etwas anderes gelten könnte, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Ohnehin würde dies nicht zur Zulassung der Berufung wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung führen.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG.
14Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
moreResultsText
Annotations
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.
(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.
(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.