Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 03. Juni 2015 - 13 A 2215/14
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. September 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 100.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2I. Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die hier streitgegenständlichen Bezeichnungen „H. J. 400 mg Filmtabletten“ und „H. J. Kinder 200 mg Filmtabletten“ seien nicht irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, die mit irreführender Bezeichnung versehen sind (Satz 1). Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben (Satz 2 lit. a). Eine irreführende Bezeichnung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Arzneimittelbezeichnung bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen, insbesondere über die Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels, weckt. Bei der Ermittlung der durch die Bezeichnung des Arzneimittels ausgelösten Vorstellungen des Verbrauchers ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Geboten ist eine Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei steht § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht per se dem grundrechtlich geschützten unternehmerischen Bemühen entgegen, das positive Image einer (Dach-)Marke auf- und auszubauen.
4Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, A&R 2013, 202 (Dachmarke „Fenistil“), und vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -, DVBl. 2013, 597 (Dachmarke „Aktren“), jeweils m. w. N., sowie Beschluss vom 11. Mai 2015 - 13 A 2007/14 ‑; ferner jüngst BVerwG, Beschluss vom 29. April 2015 - 3 B 29.14 -.
51. Ernstliche Zweifel an der (Ergebnis-)Richtigkeit des angefochtenen Urteils folgen nicht daraus, dass zwei weitere Arzneimittel, die das BfArM nach Klageerhebung mit dem Bezeichnungsbestandteil „H. “ zugelassen hat, unberücksichtigt geblieben sind. Ihre Einbeziehung in die Gesamtwürdigung des Verwaltungsgerichts hätte zu keinem anderen Ergebnis geführt. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass das Produkt „H. Tag Hartkapseln“ seit Zulassungserteilung nicht im Verkehr gewesen ist. Bezeichnung und Zusammensetzung dieses Arzneimittels sind deshalb für die – im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu ermittelnde – Verbrauchervorstellung in Bezug auf die hier streitigen Bezeichnungen nicht relevant. Es war ferner nicht von Bedeutung für das Ergebnis des angefochtenen Urteils, dass das Verwaltungsgericht das 2014 in den Handel gekommene Arzneimittel „H. C Stickpack“ nicht in die Gesamtbetrachtung einbezogen hat. Das Trinkgranulat enthält die gleiche Wirkstoffzusammensetzung wie das im angefochtenen Urteil berücksichtigte Präparat „H. C Hartkapseln“ und wird auch bei Erkältungskrankheiten angewendet. Da zudem die höhere Wirkstoffmenge durch die Dosierung wieder ausgeglichen wird, ist es insgesamt ebenfalls nicht geeignet, die Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise über die hier streitgegenständlichen Arzneimittel abweichend zu beeinflussen.
62. Soweit die Beklagte rügt, das Verwaltungsgericht habe die unterschiedlichen Wirkstoffzusammensetzungen der „H. “-Arzneimittel nicht im Einzelnen hinreichend berücksichtigt, stellt sie damit die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ebenfalls nicht schlüssig in Frage. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, durch die Vermarktung werde ein Verbraucherbild gefördert, das die „H. “-Serie mit Erkältungsmitteln verbinde, nicht aber mit bestimmten Wirkstoffen. Insoweit sind also weitere Wirkstoffe der vom BfArM zum Vergleich herangezogenen Arzneimittel nicht entscheidungsrelevant. Im Übrigen waren die einzelnen Wirkstoffe dem Verwaltungsgericht aus dem erstinstanzlichen Vorbringen bekannt und sind auch im Tatbestand und – etwa hinsichtlich „H. C Hartkapsel“ – in den Entscheidungsgründen aufgeführt. Von einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung kann deshalb keine Rede sein. Der Hinweis der Beklagten auf die unterschiedlichen Wirkmechanismen und Risiken der Wirkstoffe führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Das Verwaltungsgericht hat selbstständig tragend angenommen, dass schon keine Verwechslungsgefahr besteht. Auf Risiken bei einer Verwechslung kam es deshalb nicht mehr an. Nur ergänzend hat es angeführt („selbst wenn man eine Verwechslungsgefahr bejahen würde“, Urteilsabdruck S. 21), dass die bei einer Verwechslung zu erwartenden Gesundheitsgefahren eher geringfügig seien.
73. Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht daraus, dass das Arzneimittel „H. Heißgetränk“ nicht für das Anwendungsgebiet Erkältungskrankheiten, sondern zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen zugelassen ist. Die Beklagte rügt mit dem diesbezüglichen Vorbringen keine fehlerhafte Beurteilung der Irreführungsgefahr durch die streitgegenständlichen Arzneimittelbezeichnungen, sondern die Einreihung dieses Arzneimittels in die Dachmarke. Das ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Ferner hält der Senat es für fernliegend, dass Verbraucher die hier zu beurteilenden Filmtabletten mit dem Granulat „H. Heißgetränk“ verwechseln könnten, und die von der Beklagten insoweit geforderte Erörterung der Verwechslungsgefahr durch das Verwaltungsgericht deshalb für nicht erforderlich. Im Übrigen würde hinsichtlich der Symptome „Schmerzen“ und „Fieber“, die als typische Symptome einer Erkältung bei den streitgegenständlichen Produkten zentrales Anwendungsgebiet sind, die Erwartung einer vergleichbaren Wirkung erfüllt. Die diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu „H. C Hartkapseln“ gelten auch für das Produkt „H. Heißgetränk“.
84. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher mit „H. “ keinen bestimmten Wirkstoff assoziiere, stellt die Beklagte mit der Antragsbegründung nicht in Frage. Aus dem von ihr angeführten Umstand, dass andere Dachmarken dieser Art in der Praxis stets mit weiteren Bezeichnungselementen gekennzeichnet würden, die sie deutlich unterscheidbar machten, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Würdigung der Irreführungsgefahr durch das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Arzneimittel stellt die Beklagte letztlich nicht substantiiert in Abrede, dass sie mit klaren unterscheidungskräftigen Wirkstoff-Angaben ausgestattet sind.
95. Wieso sich aus dem Bekanntheitsgrad des Arzneimittels „H. C Hartkapseln“ – die Beklagte geht mit der Klägerin davon aus, es sei das am häufigsten verwendete Mittel bei Erkältungskrankheiten – und dem Umstand, dass der „Pflichttext“ bei der Werbung im Internet die Wirkstoffe nicht nennt, Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts ergeben sollen, der Verbraucher verbinde „H. “ mit Erkältungsmitteln, nicht aber mit bestimmten Wirkstoffen, erschließt sich dem Senat nicht. Das Verwaltungsgericht hat sich auch umfassend mit den Unterschieden der Arzneimittel auseinandergesetzt. Dem Einwand, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an den aufmerksamen Verbraucher überspannt, indem es darauf abgestellt habe, dass eine Verwechslung auch durch die unterschiedliche Darreichungsform (Hartkapseln; Filmtabletten) ausgeschlossen werde, ist nicht zu folgen. Das Gericht hat nur auf die unterschiedliche äußere Form abgestellt, nicht hingegen angenommen, der Durchschnittsverbraucher habe Kenntnisse über Freisetzungsmodalitäten aufgrund unterschiedlicher Tabletten- bzw. Kapselbeschaffen-heiten. Weiter hat das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt, dass der Patient angesichts des Bezeichnungszusatzes „J. “ nicht von einer komplett identischen Wirkung der streitgegenständlichen Arzneimittel mit „H. C Hartkapseln“ aus-gehen werde, die Erwartung einer ähnlichen Wirkung bei Erkältungskrankheiten aber berechtigt sei. Mit der diesbezüglichen ausführlichen Begründung setzt sich die Beklagte in ihrem fristgerechten Zulassungsvorbringen nicht substantiiert auseinander. Im Übrigen ist auch der Vortrag aus dem undatierten, am 4. Mai 2015 hier eingegangenen Schriftsatz nicht geeignet, die Würdigung des Verwaltungsgerichts substantiiert in Frage zu stellen.
106. Die mit den Ausführungen ab Seite 11 der Antragsbegründung letztlich geübte Kritik am Bezeichnungszusatz „C“ führt ebenfalls nicht auf ernstliche Zweifel hinsichtlich der Annahme, die hier streitgegenständlichen Bezeichnungen „H. J. 400 mg Filmtabletten“ und „H. J. Kinder 200 mg Filmtabletten“ seien nicht irreführend. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend maßgeblich darauf abgestellt, dass dem Zusatz „J. “ Unterscheidungskraft zukommt. Die Beklagte rügt zu Unrecht die Konzentration des Gerichts auf die streitgegenständlichen Arzneimittel; es war nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und deshalb nicht Aufgabe des Gerichts, sämtliche Bezeichnungen der H. -Serie auf ihre Rechtskonformität zu überprüfen.
117. Soweit die Beklagte geltend macht, es lägen Gesundheitsgefahren vor wegen unterschiedlicher Indikationen und Wirkweisen bei unterschiedlichem Nebenwirkungsprofil, fehlt es schon an einer substantiierten Begründung in Auseinandersetzung mit der ausführlichen Begründung des Verwaltungsgerichts. Im Übrigen sind diese Erwägungen, wie oben unter 2. ausgeführt, nicht entscheidungserheblich.
128. Schließlich ergeben sich ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils nicht aus den Ausführungen der Beklagten zu § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG. Nach dieser Vorschrift hat der pharmazeutische Unternehmer die Änderung anzuzeigen und im Falle einer Änderung der Zusammensetzung die bisherige Bezeichnung des Arzneimittels mindestens für die Dauer von fünf Jahren mit einem deutlich unterscheidenden Zusatz, der Verwechslungen mit der bisherigen Bezeichnung ausschließt, zu versehen. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass die Norm vorliegend einschlägig sei. Es hat lediglich im Rahmen der Gesamtwürdigung aus der Bestimmung das Argument abgeleitet, dass Verwechslungen durch unterscheidende Zusätze verhindert werden können.
13II. Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
141. In Bezug auf § 25 Abs. 3 AMG, wonach die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen ist, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet, wirft die Beklagte schon keine konkrete Rechtsfrage auf. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Senats und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass eine gleiche Bezeichnung nur bei Identität der vollständigen Bezeichnung vorliegt.
15Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -, a. a. O., Rn. 24 ff.; nachgehend BVerwG, Beschluss vom 29. April 2015 - 3 B 29.14 -, Rn. 5 f.
162. Hinsichtlich der weiter aufgeworfenen Frage, „mit welchen Bezeichnungselementen Marken bei einer gleichzeitigen übergeordneten Nutzung für wirkstoffverschiedene Arzneimittel (sog. „Dachmarken“) versehen sein müssen, wenn eine solche Serie bereits in den Markt eingeführt worden ist und nunmehr weitere, grundlegend wirkstoffverschiedene Arzneimittel etabliert werden sollen, um einer Irreführung aufgrund von Verwechslungen derselben Dachmarke zu verhindern“, genügt die Antragsschrift ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen. Die Beklagte legt schon nicht dar, warum diese Frage über den vorliegenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist und der Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Abgesehen davon ist sie auch nicht klärungsfähig, weil die Frage, ob die Bezeichnung eines Arzneimittels irreführend im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist, sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalles beurteilt und einer fallübergreifenden Klärung entzogen ist. Das gilt auch hinsichtlich der Verwendung einer sog. Dachmarke als Hauptbestandteil einer Arzneimittelbezeichnung.
17Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2015 - 3 B 29.14 -, Rn. 7; OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 2015 - 13 A 2007/14 -.
18III. Schließlich hat die Beklagte nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts abgewichen ist.
191. Hinsichtlich des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG benennt die Beklagte schon keinen abstrakten Rechtssatz im angegriffenen Urteil, der im Widerspruch zu einem abstrakten Rechtssatz im angeführten Senatsurteil vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 - steht. Sie macht geltend, „das VG Köln weicht mit seiner Einschätzung einer fehlenden Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise durch die Wahl der Bezeichnung „H. J. “ … von der Entscheidung des OVG“ ab. Die Beklagte beruft sich damit nur darauf, dass die rechtliche Würdigung im angefochtenen Urteil mit der von ihr benannten Entscheidung nicht im Einklang stehe. Eine aus Sicht der Beklagten fehlerhafte Subsumtion des entscheidungserheblichen Sachverhaltes unter einen mit der obergerichtlichen Rechtsprechung übereinstimmenden abstrakten Rechtssatz stellt aber keine Abweichung dar. Ebenso wenig genügt das sinngemäße Vorbringen, die angefochtene Entscheidung habe die Senatsrechtsprechung nicht ausreichend beachtet, für die Darlegung einer Divergenz.
202. Auch bezüglich des § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG fehlt es an einer Abweichung vom Senatsurteil vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -. Der angeführte Satz des Verwaltungsgerichts: „Der Gesetzgeber geht in der Vorschrift des § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG selbst davon aus, dass unterschiedliche Zusätze generell geeignet sind, wirkstoffveränderte Arzneimittel von dem bisherigen Produkt auch bei weiterer Verwendung der Hauptbezeichnung zu unterscheiden.“ ist kein die Entscheidung tragender Rechtssatz, der mit den in der genannten Entscheidung enthaltenen Rechtssätzen nicht vereinbar wäre. Das Verwaltungsgericht hat damit nicht etwa im Widerspruch zum o.g. Senatsurteil unter Hinweis auf § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG den Obersatz aufgestellt, dass Dachmarken generell zulässig sind, soweit unterschiedliche Zusätze Bezeichnungsbestandteil sind. Vielmehr ist es im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats und des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, dass bei der Prüfung des Irreführungsverbots eine Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist und bei Dachmarken grundsätzlich die Gefahr besteht, dass Verbraucher ein dieselbe Hauptbezeichnung führendes Arzneimittel hinsichtlich seines Anwendungsgebiets und seiner therapeutischen Wirksamkeit als gleich oder ähnlich wahrnehmen. Lediglich im Rahmen der Gesamtwürdigung hat das Verwaltungsgericht als untergeordnete, nicht selbstständig tragende Erwägung § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG, wie bereits oben ausgeführt, als ein Argument dafür angeführt, dass unterschiedliche Zusätze Verwechslungen verhindern können.
21IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
22Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 03. Juni 2015 - 13 A 2215/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 03. Juni 2015 - 13 A 2215/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 03. Juni 2015 - 13 A 2215/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 2. September 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 25.000 Euro festgesetzt.
1
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2I. Aus den im Zulassungsverfahren fristgerecht dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Bezeichnung „Q.1 Schmerz-Creme“ – nur insoweit ist die Änderung der Bezeichnung noch streitgegenständlich – sei nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG irreführend. Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ signalisiere in erster Linie eine grobe allgemeine Anwendungskategorie des Präparats. Der informierte, situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher erwarte nicht, dass der Namensbestandteil das Anwendungsgebiet umfassend und substantiiert wiedergebe. Das gelte jedenfalls dann, wenn der Bezeichnungsbestandteil lediglich auf ein allgemeines Symptom wie „Schmerz“ verweise. Auch in Verbindung mit dem Bezeichnungsbestandteil „Creme“ erwarte der Patient keine umfassende Linderung aller denkbaren Schmerzen, sondern werde weitere Informationen, namentlich die Indikationsangabe auf der Umverpackung, heranziehen, um Klarheit über das Anwendungsgebiet zu gewinnen. Zudem werde die Verbrauchererwartung durch eine Vielzahl zugelassener Arzneimittelbezeichnungen mit dem Bestandteil „Schmerz“ geformt. Eine Fehlvorstellung im Hinblick auf das Anwendungsgebiet werde allenfalls bei einem vernachlässigbar geringen Teil der Verbraucher hervorgerufen, der nicht empirisch ermittelt oder anderweitig präzise quantifiziert werden müsse. Das von der Klägerin vorgelegte Marktforschungsgutachten widerspreche dem nicht; bei ungestützter Fragestellung habe nur ein verschwindend geringer Anteil angegeben, das Mittel helfe gegen alle Arten von Schmerzen. Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ sei auch keine unzulässige Werbung, da ihm angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit kein Werbecharakter beigemessen werden könne. Wegen der Häufigkeit der Verwendung sei er auch nicht geeignet, besondere Eigenschaften des Arzneimittels werbend hervorzuheben.
4Die Antragsbegründung stellt diese überzeugenden Erwägungen nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.
51. Entgegen der Darstellung der Beklagten hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar begründet, warum der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher aus dem Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ nicht auf das Anwendungsgebiet schließe. Es hat nicht in Abrede gestellt, dass der Begriff eine Vielzahl gänzlich unterschiedlicher Schmerzformen umfasst, sondern umgekehrt hieraus gefolgert, dass der Verbraucher nicht annehmen werde, mit dem Arzneimittel könne jede Art von Schmerz gelindert werden. Verbindet der Verbraucher mit der Bezeichnung „Schmerz“ keine konkrete Indikation, stellt der Begriff beim streitgegenständlichen Arzneimittel keine unzulässige Indikationserweiterung dar. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht angenommen, dass eine durch den Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ begründete Irreführungsgefahr – die die Beklagte annimmt – durch den Rückgriff auf weitere Informationen, etwa auf der Umverpackung, ausgeräumt werde. Es hat vielmehr schon die Irreführung durch den Begriff verneint. Ein Widerspruch zur eigenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts sowie zur Entscheidungspraxis des Senats ist damit nicht ersichtlich.
62. Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht aus dem Einwand der Beklagten, Verwaltungsrichter, die zum Teil seit Jahrzehnten mit Fragen des Arzneimittelrechts befasst seien, könnten nicht mit einem Durchschnittsverbraucher gleichgesetzt werden und dürften nicht sich selbst als Maßstab für die Prüfung einer Irreführungsgefahr heranziehen. Dieser Einwand ist nicht berechtigt, denn er bedeutet der Sache nach, dass das Gericht schon deshalb keine hinreichende eigene Sachkunde über die typischen Verbrauchervorstellungen haben kann, weil es aufgrund seiner beruflichen Befassung mit dem Streitgegenstand „überinformiert" ist. Dies widerspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach die Mitglieder des Gerichts selbst zu den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern zählen.
7Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. März 2014 - 3 B 60.13 -, juris, Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 57, vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, A&R 2013, 202 = juris, Rn. 62, 68, und vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -, Rn. 50, juris; BGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01 -, BGHZ 156, 250 = juris, Rn. 20, und vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - BGHZ 194, 314 = juris, Rn. 32.
8Selbstverständliche Grundlage dieser Rechtsprechung ist es, dass von den mit der Sache befassten Richtern erwartet werden darf und von der Prozessordnung auch erwartet wird, zwischen ihren Erfahrungen und Erwartungen als Durchschnittsverbraucher und dem Wissen, dass sie sich durch die dienstliche Befassung mit der Sachmaterie erworben haben, differenzieren zu können.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. März 2014 - 3 B 60.13 -, a. a. O., Rn. 10.
10Dass die Richter der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts hier bewusst die durch größeres berufliches Erfahrungswissen geprägten eigenen Erwartungen zugrunde gelegt haben, macht die Beklagte nicht geltend.
113. Die von der Klägerin vorgelegte Verbraucherbefragung (GfK, Verbraucherwahrnehmung bezüglich des Produktes „Q.1 Schmerz-Salbe“, 2013) rechtfertigt ebenfalls keine andere Bewertung des Irreführungspotentials. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung wegen eigener Sachkunde des Gerichts keine Marktforschung, keine Meinungsumfrage und kein Sachverständigengutachten erforderlich sind, um die Irreführung beurteilen zu können.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. März 2014 - 3 B 60/13 -, a. a. O., Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, a. a. O., Rn. 57, vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, a. a. O., Rn. 62, 68, und vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -, a. a. O., Rn. 50; BGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01 - a. a. O., Rn. 20, und vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - a. a. O., Rn. 32.
13Es erscheint ferner fraglich, ob die durchgeführte Studie in ihrer Art und Weise geeignet ist, die Vorstellungen des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu ermitteln. Abgesehen davon ergibt sich aus den Ergebnissen der von der Klägerin in Auftrag gegebenen Marktforschung nicht, dass die Bezeichnung bei einem nicht völlig unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats weckt,
14vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, a. a. O., Rn. 42, vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, a. a. O., Rn. 53, und vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -, a. a. O., Rn. 43.
15Das Verwaltungsgericht hat zutreffend auf die Ergebnisse bei ungestützten Fragen verwiesen, bei denen nur ein unerheblicher Teil der Verbraucher (0,4 % bzw. 0,9 %, Tabellen 10 und 30) angenommen hat, das Produkt wirke gegen alle Arten von Schmerzen. Auch nannte nur ein nicht relevanter Anteil konkrete Schmerzen, die nicht in das Anwendungsgebiet des streitgegenständlichen Arzneimittels fallen. Dass 17 % der Teilnehmer der Aussage zustimmten „dieses Arzneimittel wirkt gegen alle Arten von Schmerzen, für die eine Salbe in Betracht kommt“ (Tabelle 40), rechtfertigt keine andere Betrachtung. Diese Quote ist durch den Umstand erheblich zu relativieren, dass es sich dabei um eine vorgegebene Antwort handelte. Ferner haben zugleich 93 % bzw. 86 % – Mehrfachnennungen waren möglich – den zutreffenden Antworten „gegen Muskelschmerzen“ bzw. „gegen rheumatische Beschwerden“ zugestimmt. Schließlich erfordert der Umstand, dass die Befragten die Originalverpackung gesehen hatten, keine andere Betrachtung. Dies wäre auch beim Kauf in der Apotheke oder im Internet der Fall. Soweit die Beklagte der Sache nach geltend macht, es dürfe nur ohne Vorlage der Verpackung nach dem Verständnis des Namens gefragt werden, weil rechtlich das Verständnis der Bezeichnung als solcher maßgeblich sei, führt das ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Damit stellt sie nur die Tauglichkeit der von der Klägerin in Auftrag gegebenen Befragung insgesamt in Abrede, die aber rechtlich ohnehin nicht erforderlich ist. Hingegen rechtfertigt dieser Umstand nicht die Annahme, bei isolierter Frage zum Verständnis der Arzneimittelbezeichnung hätte ein größerer, als erheblich anzusehender Teil angegeben, dass das Arzneimittel gegen andere als die zugelassenen Indikationen wirke; dies ist eine bloße Mutmaßung.
164. Auch das Vorbringen der Beklagten zur unzulässigen Werbung durch die Bezeichnung führt nicht zur Zulassung der Berufung.
17Das Verwaltungsgericht hat schon den Werbecharakter des Bezeichnungsbestandteils „Schmerz“ verneint. Aus dem Antragsvorbringen ergeben sich insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit. Denn die Beklagte stellt die selbstständig tragende Erwägung, der Begriff sei nicht geeignet, besondere Eigenschaften des Arzneimittels werbend hervorzuheben, weil er sich in einer Vielzahl anderer Arzneimittelbezeichnungen finde, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Dem insoweit einzigen Einwand, dies sei eine reine Behauptung, die nicht durch eine entsprechende Marktanalyse gestützt werde, ist aus den oben ausgeführten Gründen zur Bestimmung der Verkehrsauffassung nicht zu folgen.
18Abgesehen davon ergibt sich aus dem Antragsvorbringen, die Klägerin habe selbst angeführt, ohne diesen Zusatz auf dem Markt nicht bestehen zu können, nicht die Unzulässigkeit der Bezeichnung. Die Verwendung eines Arzneimittelnamens bzw. eines Bezeichnungsbestandteils ist nicht allein deshalb unzulässig, weil sie dem Zweck dient, den Absatz des Arzneimittels zu steigern. Das Arzneimittelgesetz verbietet – durch den hier nicht verletzten § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG – nur irreführende Bezeichnungen; § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG regelt lediglich die Zulässigkeit weiterer Angaben auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen. Eine weitergehende Verpflichtung, auf werbende, d. h. Aufmerksamkeit erregende, absatzsteigernde Bezeichnungen zu verzichten, ist auch dem Heilmittelwerbegesetz nicht zu entnehmen, das gemäß dessen § 1 Abs. 1 Nr. 1 auf Arzneimittel im Sinne des § 2 AMG anwendbar ist. Es kann offen bleiben, ob § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG hinsichtlich der Bezeichnung eines Arzneimittels lex specialis ist. Denn Kern des Heilmittelbewerbegesetzes ist – bei zugelassenen Arzneimitteln (vgl. § 3a Satz 1 HWG) und von konkreten Verboten bestimmter Werbeformen abgesehen – ebenfalls das Verbot irreführender Werbung, § 3 HWG. Das Verbot des § 3a Satz 2 HWG, für Anwendungsgebiete zu werben, die nicht von der Zulassung erfasst sind, ist ebenfalls nicht verletzt, weil nach den obigen Ausführungen mit dem Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ keine bestimmten Indikationen angesprochen werden. Im Übrigen ist ein weitergehendes Schutzbedürfnis des Verbrauchers, der vor einem Arzneimittelfehlgebrauch geschützt werden soll, und damit korrespondierend eine Rechtfertigung für eine weitere Einschränkung der in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die auch eine Wahlfreiheit bei Bezeichnungen und Marketingstrategien einschließt,
19vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 71 ff., vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 29, und vom 12. Februar 2014 ‑ 13 A 1377/13 -, Rn. 85,
20nicht ersichtlich.
21II. Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die aufgeworfenen Fragen, ob der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ irreführend im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG ist und ob hierin eine unzulässige Werbung zu sehen ist, bedürfen nicht der Klärung im Berufungsverfahren. Die Grundsätze zum rechtlichen Verständnis des Begriffs der Irreführung sind in der Rechtsprechung geklärt. Ob eine konkrete Bezeichnung irreführend ist und ob darin eine unzulässige Werbung zu sehen ist, lässt sich nur anhand der Verbrauchererwartung im Einzelfall beantworten und ist einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
22Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2015 - 3 B 29.14 -, Rn. 7.
23Die Frage, ob überhaupt ein über § 8 AMG hinausgehendes Werbeverbot in Bezug auf Bezeichnungen besteht, hat die Beklagte weder aufgeworfen noch als grundsätzlich bedeutsam dargelegt.
24III. Schließlich hat die Beklagte nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts abgewichen ist. Das Verwaltungsgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der dem angeführten Rechtssatz im Senatsurteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 72 f. widerspricht. Darin heißt es: „Der aufgezeigten irreführenden Wirkung der (vormals) begehrten Bezeichnung kann nicht entgegen gehalten werden, dass sich der aufgeklärte Verbraucher durch Lesen der Gebrauchsinformation oder näherer Informationen aus dem Internet insoweit die gegenteilige Gewissheit verschaffen kann. Denn nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG ist allein maßgeblich, ob die Bezeichnung als solche irreführend ist.“ Die angefochtene Entscheidung enthält keinen abstrakten Rechtssatz, der davon abweicht. Ein solcher ist auch nicht indirekt der rechtlichen Bewertung im vorliegenden Fall zu entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat, wie bereits ausgeführt, bereits im Ausgangspunkt angenommen, dass der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ als solcher nicht irreführend ist.
25IV. Das nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangene, im Übrigen keinem Zulassungsgrund zugeordnete Vorbringen der Beklagten ist nicht berücksichtigungsfähig. Entgegen der Darstellung der Beklagten ist der nach Fristablauf vorgetragene Umstand, dass bereits ein zugelassenes Arzneimittel der Klägerin mit dem Bezeichnungsbestandteil „Q.1“ („J. Q.1 5 % Gel“) existiere und sich hieraus eine weitere Gefahr der Irreführung ergebe, auch nicht neu hinzugetreten. Die dieses Produkt betreffende Änderungsanzeige stammt aus dem Jahr 2013.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
27Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Fertigarzneimittel, die sich am 1. Januar 1978 im Verkehr befinden, gelten als zugelassen, wenn sie sich am 1. September 1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister nach dem Arzneimittelgesetz 1961 eingetragen werden.
(2) Fertigarzneimittel nach Absatz 1 müssen innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem 1. Januar 1978 der zuständigen Bundesoberbehörde unter Mitteilung der Bezeichnung der wirksamen Bestandteile nach Art und Menge und der Anwendungsgebiete angezeigt werden. Bei der Anzeige homöopathischer Arzneimittel kann die Mitteilung der Anwendungsgebiete entfallen. Eine Ausfertigung der Anzeige ist der zuständigen Behörde unter Mitteilung der vorgeschriebenen Angaben zu übersenden. Die Fertigarzneimittel dürfen nur weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn die Anzeige fristgerecht eingeht.
(3) Die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels erlischt abweichend von § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 am 30. April 1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder auf Registrierung vor dem Zeitpunkt des Erlöschens gestellt wird, oder das Arzneimittel durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder von der Registrierung freigestellt ist. § 31 Abs. 4 Satz 1 findet auf die Zulassung nach Satz 1 Anwendung, sofern die Erklärung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis zum 31. Januar 2001 abgegeben wird.
(3a) Bei Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 ist bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung eine Änderung nach § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, soweit sie die Anwendungsgebiete betrifft, und Nr. 3 nur dann zulässig, sofern sie zur Behebung der von der zuständigen Bundesoberbehörde dem Antragsteller mitgeteilten Mängel bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit erforderlich ist; im Übrigen findet auf Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 keine Anwendung. Ein Fertigarzneimittel nach Absatz 1, das nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, darf bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung abweichend von § 29 Abs. 3
- 1.
in geänderter Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile nach Art und Menge, wenn die Änderung sich darauf beschränkt, dass ein oder mehrere bislang enthaltene arzneilich wirksame Bestandteile nach der Änderung nicht mehr oder in geringerer Menge enthalten sind, - 2.
mit geänderter Menge des arzneilich wirksamen Bestandteils und innerhalb des bisherigen Anwendungsbereiches mit geänderter Indikation, wenn das Arzneimittel insgesamt dem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis angepasst wird, - 3.
(weggefallen) - 4.
mit geänderter Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile, soweit es sich um ein Arzneimittel mit mehreren wirksamen Bestandteilen handelt, deren Anzahl verringert worden ist, oder - 5.
mit geänderter Art oder Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile ohne Erhöhung ihrer Anzahl innerhalb des gleichen Anwendungsbereichs und der gleichen Therapierichtung, wenn das Arzneimittel insgesamt einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis oder einem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegten Muster für ein Arzneimittel angepasst und das Arzneimittel durch die Anpassung nicht verschreibungspflichtig wird,
(4) Dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung sind abweichend von § 31 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 beizufügen. Den Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3a sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 bestimmt die zuständige Bundesoberbehörde im Einzelnen. Auf Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde sind ferner Unterlagen einzureichen, die die ausreichende biologische Verfügbarkeit der arzneilich wirksamen Bestandteile des Arzneimittels belegen, sofern das nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist. Ein bewertendes Sachverständigengutachten ist beizufügen. § 22 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 bis 7 und § 23 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 bis 5 sind innerhalb von vier Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.
(4a) Zu dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 sind die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie die Gutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 bis zum 1. Februar 2001 nachzureichen, soweit diese Unterlagen nicht bereits vom Antragsteller vorgelegt worden sind; § 22 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. Satz 1 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Für Vollblut, Plasma und Blutzellen menschlichen Ursprungs bedarf es abweichend von Satz 1 nicht der Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 sowie des Gutachtens nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, es sei denn, dass darin Stoffe enthalten sind, die nicht im menschlichen Körper vorkommen. Ausgenommen in den Fällen des § 109a erlischt die Zulassung, wenn die in den Sätzen 1 bis 3 genannten Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht worden sind.
(4b) (weggefallen)
(4c) Ist das Arzneimittel nach Absatz 3 bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG zugelassen, ist die Verlängerung der Zulassung zu erteilen, wenn
- 1.
sich das Arzneimittel in dem anderen Mitgliedstaat im Verkehr befindet und - 2.
der Antragsteller - a)
alle in § 22 Abs. 6 vorgesehenen Angaben macht und die danach erforderlichen Kopien beifügt und - b)
schriftlich erklärt, dass die eingereichten Unterlagen nach den Absätzen 4 und 4a mit den Zulassungsunterlagen übereinstimmen, auf denen die Zulassung in dem anderen Mitgliedstaat beruht,
(4d) Dem Antrag auf Registrierung sind abweichend von § 38 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 beizufügen. Die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15 und Abs. 2 Nr. 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 sind der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung einzureichen. § 22 Abs. 4 bis 7 mit Ausnahme des Entwurfs einer Fachinformation findet entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 und 3 sind innerhalb von zwei Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.
(4e) Für die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder Registrierung nach Absatz 3 Satz 1 finden § 25 Abs. 5 Satz 5 und § 39 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(4f) Die Zulassung nach Absatz 1 ist auf Antrag nach Absatz 3 Satz 1 um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 vorliegt; für weitere Verlängerungen findet § 31 Anwendung. Die Besonderheiten einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) sind zu berücksichtigen.
(4g) Bei Arzneimitteln, die Blutzubereitungen sind, findet § 25 Abs. 8 entsprechende Anwendung.
(5) Bei Beanstandungen hat der Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von zwölf Monaten nach Mitteilung der Beanstandungen, den Mängeln abzuhelfen; die Mängelbeseitigung ist in einem Schriftsatz darzulegen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Die zuständige Bundesbehörde hat in allen geeigneten Fällen keine Beanstandung nach Satz 1 erster Halbsatz auszusprechen, sondern die Verlängerung der Zulassung auf der Grundlage des Absatzes 5a Satz 1 und 2 mit einer Auflage zu verbinden, mit der dem Antragsteller aufgegeben wird, die Mängel innerhalb einer von ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmenden Frist zu beheben.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 mit Auflagen verbinden. Auflagen können neben der Sicherstellung der in § 28 Abs. 2 genannten Anforderungen auch die Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit zum Inhalt haben, es sei denn, dass wegen gravierender Mängel der pharmazeutischen Qualität, der Wirksamkeit oder der Unbedenklichkeit Beanstandungen nach Absatz 5 mitgeteilt oder die Verlängerung der Zulassung versagt werden muss. Im Bescheid über die Verlängerung ist anzugeben, ob der Auflage unverzüglich oder bis zu einem von der zuständigen Bundesoberbehörde festgelegten Zeitpunkt entsprochen werden muss. Die Erfüllung der Auflagen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung einer eidesstattlichen Erklärung eines unabhängigen Gegensachverständigen mitzuteilen, in der bestätigt wird, dass die Qualität des Arzneimittels dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. § 25 Abs. 5 Satz 5, 6 und 8 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zweite Alternative gelten entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten entsprechend für die Registrierung nach Absatz 3 Satz 1.
(5b) Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 nicht statt. Die sofortige Vollziehung soll nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet werden, es sei denn, dass die Vollziehung für den pharmazeutischen Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5c) Abweichend von Absatz 3 Satz 1 erlischt die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bis zum 31. Dezember 1999 erklärt hat, dass er den Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 zurücknimmt am 1. Februar 2001, es sei denn, das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung ist nach Satz 2 wieder aufzugreifen. Hatte der pharmazeutische Unternehmer nach einer vor dem 17. August 1994 ausgesprochenen Anforderung nach Absatz 4 Satz 2 die nach Absatz 4 erforderlichen Unterlagen fristgerecht eingereicht oder lag der Einreichungszeitpunkt für das betreffende Arzneimittel nach diesem Datum oder ist die Anforderung für das betreffende Arzneimittel erst nach diesem Datum ausgesprochen worden, so ist das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung von der zuständigen Bundesoberbehörde auf seinen Antrag wieder aufzugreifen; der Antrag ist bis zum 31. Januar 2001 unter Vorlage der Unterlagen nach Absatz 4a Satz 1 zu stellen.
(5d) Die Absatz 3 Satz 2 und Absätze 3a bis 5c gelten entsprechend für Arzneimittel, für die gemäß § 4 Abs. 2 der EG-Rechts-Überleitungsverordnung vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2915) Anlage 3 zu § 2 Nr. 2 Kapitel II Nr. 1 und 2 bis zum 30. Juni 1991 ein Verlängerungsantrag gestellt wurde.
(6) (weggefallen)
(7) (weggefallen)
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 verpflichtet, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. Naproxen" zu ändern.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Inhaberin der mit Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 16. Juni 1998 erteilten Zulassung für das apothekenpflichtige Fertigarzneimittel „B1. " (Zulassungs-Nr. …). Das schmerzstillende, fiebersenkende und entzündungshemmende Antiphlogistikum/Analgetikum ist für die Anwendungsgebiete „leichte bis mäßig starke Schmerzen“ und „Fieber" zugelassen. Wirkstoff ist „Naproxen-Natrium", 220 mg je Filmtablette.
3Mit am 14. Juni 2010 eingegangener Änderungsanzeige vom 11. Juni 2010 zeigte die Klägerin die Änderung der Arzneimittelbezeichnung von „B1. " in „B. Naproxen" an. Monoarzneimittel mit dem Bezeichnungsbestandteil „B. " sind nach ihren Angaben seit 1989 auf dem Markt, derzeit in Deutschland, Österreich und Polen. Sie enthalten jeweils den Wirkstoff Ibuprofen und sind zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen wie Kopf-, Zahn- oder Regelschmerzen sowie bei Fieber zugelassen („B. ", „B. forte", „B. mobil"; „B. spezial" auch zur Behandlung akuter Kopfschmerzen bei Migräne mit und ohne Aura). Eine Umsetzung der Bezeichnungsänderung ist durch die Klägerin bislang nicht erfolgt.
4Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 teilte das BfArM der Klägerin mit, es halte die Änderung für unzulässig, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Bezeichnung verstoße gegen das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, da sie geeignet sei, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats zu wecken. Mit Blick auf die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und die hohe Werbewirkung gesundheitsbezogener Aussagen seien an den Ausschluss einer Irreführung hohe Maßstäbe anzulegen. Die Bezeichnung „B. " betreffe eine für mehrere Monoarzneimittel verwendete Marke, die der Verbraucher mit dem Wirkstoff „Ibuprofen" in Verbindung bringe. Dieser Verbrauchererwartung werde nicht entsprochen, wenn „B1. " zukünftig als „B. Naproxen" erhältlich sei. Für einen Teil der Verbraucher sei anzunehmen, dass sie den Zusatz „Naproxen" ignorierten oder nicht als Hinweis auf einen Wirkstoff wahrnähmen und „B. Naproxen" in der Erwartung kauften, das Präparat enthalte weiterhin Ibuprofen. Zudem sei die Vorstellung möglich, dass „B. Naproxen" neben Naproxen auch Ibuprofen enthalte. Mit dem Versuch, das in Bezug auf die Marke „B. " bestehende Verbrauchervertrauen auf das Arzneimittel zu übertragen, betreibe die Klägerin eine „positive Rufausbeutung", die mit dem Irreführungsverbot nicht vereinbar sei. Die Bezeichnungsänderung verstoße auch gegen den in § 25 Abs. 3 AMG enthaltenen Rechtsgedanken, der als Konkretisierung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu sehen sei. Denn es werde gegen die gängige Verbrauchererwartung verstoßen, dass unter einer bestimmten Arzneimittelbezeichnung nur ein Wirkstoff oder eine fixe Wirkstoffkombination vermarktet werde. Mit Schreiben vom 17. August 2010 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sich die Bezeichnung „B. Naproxen" deutlich genug von anderen unterscheide. Zudem verwies sie auf die Wirkstoffangaben auf der Faltschachtel und im Beipackzettel.
5Durch Bescheid vom 8. September 2010 stellte das BfArM fest, dass das Arzneimittel nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG irreführend bezeichnet sei, und wiederholte die Begründung des Anhörungsschreibens. Eine Änderung des Zulassungsbescheids nach § 29 Abs. 2 AMG bzw. der Zulassungsunterlagen gemäß § 22 AMG werde nicht vorgenommen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das BfArM durch Widerspruchsbescheid vom 16. März 2011 zurück.
6Die Klägerin hat am 8. April 2011 beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die getroffene Feststellung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechten auf Meinungs- und Berufsfreiheit sowie in ihrem Eigentumsrecht. Im Bereich nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) gebe es bereits zahlreiche Dachmarken vergleichbarer
7Art, bei denen unter einer Hauptbezeichnung verschiedene Wirkstoffe vermarktet würden (z. B. „E. ®" oder „O. ®"). Auf dem deutschen Markt existiere eine sehr große Anzahl Ibuprofen-haltiger Arzneimittel, die entweder Phantasie-Bezeichnungen oder die Wirkstoffbezeichnung trügen. Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG sei schon deshalb nicht gegeben, weil kein anderes Arzneimittel mit der vollständig identischen Bezeichnung „B. Naproxen" auf dem Markt sei und deshalb keine Verwechselungsgefahr bestehe. „B. " sei jedenfalls keine überragende Hauptbezeichnung und erzeuge keine Assoziation zu einem bestimmten Wirkstoff. Vielmehr handele es sich um eine Phantasiebezeichnung, der die Fachsprache keinen bestimmten Wortsinn zuordne und die auch umgangssprachlich weder mit dem Bedeutungsgehalt „ibuprofenhaltiges Präparat" aufgeladen noch mit einem bestimmten Wirkkonzept verknüpft sei. Dessen ungeachtet sei das Wirkkonzept ibuprofenhaltiger und naproxenhaltiger Arzneimittel (Blockade der Cyclooxygenase, dadurch Hemmung der Prostaglandinsynthese) nahezu identisch. Überdies sei die nichtssagende Phantasiebezeichnung „B. " mit der konkreten und ungekürzten Bezeichnung des Wirkstoffs „Naproxen" verbunden, dem starke Assoziationskraft zukomme. Auch finde keine „positive Rufausbeutung" statt, weil die Bezeichnung „B. Naproxen" nicht Ibuprofen suggeriere und auch das Wirkkonzept vergleichbar sei. Zudem weiche § 25 Abs. 3 AMG unzulässigerweise in einem vollharmonisierten Bereich von der Richtlinie 2001/83/EG ab, die kein pauschales Verbot gleicher Arzneimittelbezeichnungen kenne. Eine lrreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG finde nicht statt. Der Bezeichnungsbestandteil „B. " sei schon von vornherein nicht geeignet, Fehlvorstellungen des Verbrauchers in Bezug auf die Wirkstoffzusammensetzung zu wecken. Der Zusatz „Naproxen" sei gerade zutreffend und schließe eine sprachliche Verwechslung mit anderen B. -Produkten aus.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. ® Naproxen" zu ändern.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Bezeichnungsänderung stehe § 25 Abs. 3 AMG entgegen. Die amtliche Begründung zu § 25 Abs. 3 AMG stelle klar, dass die Norm zur Übersichtlichkeit der im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen solle, indem sie verhindere, dass Arzneimittel in den Verkehr gebracht würden, die bei gleicher Bezeichnung unterschiedliche Zusammensetzungen aufwiesen. Hieraus sei der Grundsatz ableitbar, dass Arzneimittel unter gleicher Bezeichnung nur zuzulassen seien, wenn ihre Wirkstoffzusammensetzung identisch sei. Dies gelte auch für Bezeichnungen, die aus einer Hauptbezeichnung und einem Zusatz bestünden. Andernfalls liefe die Vorschrift praktisch leer, da schon jeder noch so geringfügige Zusatz zu einer Hauptbezeichnung zur Folge habe, dass keine gleiche Bezeichnung vorläge. § 25 Abs. 3 AMG sei auch europarechtskonform, da sich die Norm auf Art. 1 Abs. 20 und das allgemeine Irreführungsverbot des Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG zurückführen lasse.
13Die gewählte Bezeichnung sei auch irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Der durchschnittliche Verbraucher vertraue darauf, dass Arzneimittel einer Serie, die unter der gleichen Hauptbezeichnung mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen in den Verkehr gebracht würden, den gleichen Wirkstoff enthielten. Er verbinde mit der Hauptbezeichnung „B. " zumindest ein Schmerzmittel derselben Qualität und Güte wie die bekannten Arzneimittel der Marke „B. ". Ibuprofen und Naproxen-Natrium seien aber durchaus verschieden. Naproxen zeige zum Bespiel deutlich weniger thrombozytenagglutinierende Eigenschaften als Ibuprofen, was für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren von Bedeutung sei. Naproxen habe demgegenüber einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt. Unzutreffend sei, dass der Verbraucher mit einer Phantasiebezeichnung wie „B. " gar keine Vorstellung verbinde. Wie bei jedem anderen Arzneimittel gehe er zumindest davon aus, dass auch das Basispräparat „B. " einen bestimmten Wirkstoff enthalte. Mit der Bezeichnungsänderung werde der für „B. " aufgebaute gute Ruf für einen gänzlich anderen Wirkstoff ausgebeutet und eine Kontinuität und Verbindung zu den übrigen B. -Präparaten vorgespiegelt. Die Fehlvorstellung werde auch nicht durch den Zusatz „Naproxen" beseitigt; im Gegenteil werde die falsche Erwartungshaltung hervorgerufen, das Arzneimittel enthalte neben Ibuprofen zusätzlich noch Naproxen. Auch komme es nicht darauf an, ob die Hauptbezeichnung eine überragende Marktpräsenz oder eine bestimmte Berühmtheit besitze. Maßgeblich sei, ob sie die anderen Bezeichnungsbestandteile überrage. Unbeachtlich sei der Umstand, dass sich die Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit möglicherweise anders dargestellt habe. Das BfArM prüfe diese Fälle und werde gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen einleiten.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. April 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf seine Entscheidung vom 12. April 2011 - 7 K 4284/09 („Fenistil“) - Bezug genommen und weiter ausgeführt: Die von der Klägerin gewählte Bezeichnung „B. Naproxen" sei mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG unvereinbar. Die Hauptbezeichnung „B. " sei eine seit Jahren markteingeführte Arzneimittelbezeichnung, die durchgehend Präparate mit dem Wirkstoff lbuprofen umfasse. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" trete hinter der Hauptbezeichnung deutlich zurück und präge die Arzneimittelbezeichnung nicht. Auf eine etwaige abweichende Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit, insbesondere bei der Nachzulassung fiktiv zugelassener Alt-Arzneimittel, könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sich die hier relevanten Fragen auf der Ebene der Tatbestandsauslegung zwingender Rechtsvorschriften, nicht aber im Bereich der Ermessensausübung stellten. § 25 Abs. 3 AMG sei europarechtskonform, weil es bei Arzneimitteln an einer unionsweiten Harmonisierung des Bezeichnungsrechts im Sinne einer weitgehenden Liberalisierung fehle.
15Die Bezeichnung „B. Naproxen" sei auch mit § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG unvereinbar, weil sie den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher irreführe. Mit der neuen Bezeichnung solle das für die Marke „B. " begründete Markenimage auf ein anderes Produkt übertragen werden. Im Gegensatz zum imagebegründenden „B. " enthalte das „neue" Produkt jedoch einen anderen Wirkstoff. Es könne nicht unterstellt werden, dass sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher der Unterschied zwischen Ibuprofen und Naproxen ohne weiteres erschließe. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass die übrigen B. -Produkte keinen wirkstoffbezogen Zusatz trügen und Naproxen als Kurzbezeichnung des zugelassenen Wirkstoffs Naproxen-Natrium im Gegensatz zu Ibuprofen nur wenigen Patienten geläufig sein dürfte. Damit könne der Zusatz der Funktion, Verwechselungen vorzubeugen, nicht gerecht werden. Ferner werde mit der Nennung eines Wirkstoffs neben einer Hauptbezeichnung regelmäßig die Vorstellung verbunden, in dem Arzneimittel sei ein zusätzlicher Wirkstoff enthalten. Dass die Präparate nah verwandte Anwendungsgebiete aufwiesen, rechtfertige keine andere Betrachtung. Anders als in früheren Jahrzehnten sei vielen Patienten, auch durch die zur Kostendämpfung geförderten generischen Arzneimittel, ein Denken in Wirkstoffkategorien durchaus nicht fremd. Zwar werde kaum ein Verbraucher wissen, was genau sich hinter Ibuprofen oder Naproxen verberge. Es könne aber unterstellt werden, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher, der „B. " einmal angewendet habe, diese Bezeichnung mit dem bekannten Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung bringe. Eine klare Trennung beider Wirkstoffe auch auf der Bezeichnungsebene sei umso mehr geboten, als sie hinsichtlich ihres Risikoprofils nicht deckungsgleich seien, wie die Beklagte nachvollziehbar ausgeführt habe.
16Mit der dagegen rechtzeitig eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend: Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass § 25 Abs. 3 AMG auch identische Teilbezeichnungen unabhängig von einer konkreten Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr verbiete. Ein solches Verständnis überdehne die Vorschrift und sei gemeinschaftsrechtswidrig, die Sache sei daher dem EuGH vorzulegen. Eine Bezeichnung sei nur dann gleich im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie vollständig übereinstimme. Es fehle auch an einer Irreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, die anhand der konkreten Einzelfallumstände zu ermitteln sei. Der Bezeichnungsbestandteil „B. “ führe weder zu Fehlvorstellungen hinsichtlich des Wirkstoffs noch zu Fehlvorstellungen hinsichtlich der Indikation, der therapeutischen Wirkung oder der Nebenwirkungen des Arzneimittels. Der Verbraucher assoziiere mit „B. “ keinen Wirkstoff, sondern den Anwendungsbereich „Schmerzbehandlung“. Anwendungsgebiete und therapeutische Wirksamkeit von Ibuprofen und Naproxen seien gleich oder wenigstens hinreichend ähnlich. Beide seien Propionsäure-Derivate und erzielten ihre therapeutische Wirkung über die Hemmung der Prostaglandinsynthese. Auch das Risikoprofil sei ausweislich der fast wortgleichen, vom BfArM zugelassenen Gebrauchsinformationen bzw. des 2013 herausgebrachten Mustertextes für Naproxen nahezu identisch; insbesondere fänden sich dort keine Hinweise auf signifikante Unterschiede im Bereich der Gerinnung/Thrombozytenagglutination oder auf einen ausgeprägteren schädigenden Effekt von Naproxen auf den Magen-Darm-Trakt. Ein unterschiedliches Risiko für thrombotische und kardiovaskuläre Ereignisse sowie für gastrointestinale Nebenwirkungen sei nach Stellungnahmen der EMA nicht nachweisbar. Dachmarkenkonzepte seien im Bereich der zur Schmerzbehandlung eingesetzten NSAR-Arzneimittel beim Verbraucher zudem allgemein bekannt. Der Verbraucher sei es insoweit auch gewohnt, dass unter einer Dachmarke verschiedene Wirkstoffe zusammengefasst würden. Der Bezeichnungsbestandteil „Naproxen“ habe ausreichende Unterscheidungskraft, um Verwechslungen mit ibuprofenhaltigen Arzneimitteln zu vermeiden. Solche Wirkstoffbezeichnungen als Bestandteil eines Arzneimittelnamens seien dem Verbraucher von den Generika bekannt. Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Auflage als milderes Mittel gegenüber der Versagung der Bezeichnungsänderung. Der Klägerin hätte – wie ohnehin beabsichtigt – durch Auflage aufgegeben werden können, die Bezeichnungen „B. “, „B. Forte“, „B. Spezial“ und „B. Mobil“ jeweils durch den Zusatz „Ibuprofen“ unmittelbar nach „B. “ zu ergänzen.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung trägt sie vor, mit § 25 Abs. 3 AMG sollten Risiken ausgeschlossen werden, die aus der Verwechslung eines Arzneimittels mit einem namensgleichen, aber unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimittel entstehen könnten. § 25 Abs. 3 AMG sei deshalb dahingehend auszulegen, dass er eine identische Hauptbezeichnung bei unterschiedlichen Wirkstoffen verbiete. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht nur bei vollständig identischer Bezeichnung. Die Bezeichnung sei auch im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG irreführend. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe aufgrund der Hauptbezeichnung „B. “ davon aus, dass das Arzneimittel den Wirkstoff Ibuprofen enthalte und hinsichtlich seiner Wirkungen gleich oder zumindest ähnlich zu den übrigen B. -Präparaten sei. Eine vollständige Gleichheit von Ibuprofen und Naproxen sei aber nicht gegeben, weil sie hinsichtlich des Risikopotentials nicht deckungsgleich seien. Für die Nebenwirkung Herzinfarkt bestehe nach dem „Assessment report for Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and cardiovascular risk“ vom 18. Dezember 2012 der EMA ein deutlicher Unterschied zwischen Naproxen (0,82) und Ibuprofen (1,61), wobei Werte über 1 die Blutgerinnung förderten. Darüber hinaus seien die unterschiedlichen Dosierungen zu beachten. Wegen der unterschiedlichen Risiko-Profile berge eine Verwechslung der Wirkstoffe aus medizinischer Sicht Risiken. Ein zusätzliches Irreführungspotential liege darin, dass ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher der Arzneimittelbezeichnung „B. Naproxen“ entnehme, dass zusätzlich zum markteingeführten „B. “ ein weiterer Wirkstoff enthalten sei. Kenne der Verbraucher das Produkt „B. “ oder habe er es verwendet, erwarte er, dass es den Wirkstoff Ibuprofen enthalte. Andernfalls bestehe die konkrete Gefahr, dass der Verbraucher davon ausgehe, dass dem in „B. “ üblicherweise enthaltenen Wirkstoff, den er namentlich nicht kenne, der zusätzliche Wirkstoff Naproxen hinzugefügt sei. Eine Auflagenerteilung komme als milderes Mittel nicht in Betracht. Das BfArM sei zu einer Auflage, andere Arzneimittel – ohne vorherige Änderungsanzeige – umzubenennen, nicht ermächtigt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
23Entscheidungsgründe
24Die Berufung, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 87a Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.
25Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage zu Unrecht abgewiesen. Die Ablehnung der Änderung der Arzneimittelbezeichnung in dem Bescheid des BfArM vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Bezeichnung des Arzneimittels in dem Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 von „B1. “ in „B. Naproxen“ geändert wird.
261. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG ist bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Ein Anspruch des Inhabers der Zulassung auf diese Änderung besteht aber nur, wenn gesetzliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen. Denn auch im Verfahren der Änderungsanzeige findet eine Überprüfung durch das BfArM statt. Die Arzneimittelbezeichnung ist wesentlicher Bestandteil der Zulassungsentscheidung. Der geänderte Zulassungsbescheid kann nur dann eine legale Zulassung aussprechen, wenn die Änderung mit den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes übereinstimmt. Dies setzt insbesondere voraus, dass keine Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 und 3 AMG vorliegen. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG schließt die Zulassung aus, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstößt.
27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 42, und vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 31; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 70; s. auch BVerwG, Beschluss vom 27. März 2008 - 3 B 91/07 -, juris, Rn. 5;
28Hier stehen gesetzliche Vorschriften der Änderung nicht entgegen. Die begehrte Bezeichnung „B. Naproxen“ ist mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG (2.) und mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG (3.) vereinbar.
292. Ein Verstoß gegen das Verbot gleicher Bezeichnung liegt nicht vor. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Diese Anforderungen an Arzneimittelbezeichnungen gelten nach den vorstehenden Erwägungen auch im Rahmen des § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen aber hier nicht vor.
30Die Bezeichnung „B. Naproxen“ wird nicht bereits für ein Arzneimittel mit anderen Wirkstoffen verwandt. Dass unter der gleichen Hauptbezeichnung „B. “, einer sogenannten Dachmarke, Arzneimittel zugelassen sind, rechtfertigt nicht die Annahme der unzulässigen Bezeichnungsgleichheit. Die – den Wirkstoff Ibuprofen enthaltenden – Arzneimittel heißen „B. ", „B. forte", „B. mobil" und „B. spezial".
31Eine gleiche Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die vollständig wortlautidentische Benennung des Arzneimittels, die als solche wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der Zulassung ist. Bei zusammengesetzten Bezeichnungen liegt eine gleiche Bezeichnung damit nicht schon dann vor, wenn ‑ wie bei einer Dachmarke eine Identität der Hauptbezeichnung gegeben ist.
32So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25 Rn. 88; Menges/ Winnands, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 288 ff.; vgl. in diese Richtung bereits OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris.
33Dachmarken sind nach der Definition des Markenverbands,
34vgl. B. 1. des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte für Arzneimittel, Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Medizinprodukte vom 8. Oktober 2002,
35Kennzeichen, die – ergänzt mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen – gleichzeitig für unterschiedliche Produkte verwendet werden, die sich entweder in ihrer Zweckbestimmung oder in ihrer Zusammensetzung nach Art der Bestandteile voneinander unterscheiden.
36a. Dass die Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels ist, folgt schon aus dem Wortlaut des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG, der nicht zwischen Hauptbezeichnung und ergänzenden Bezeichnungsbestandteilen differenziert. Der Gesetzgeber verwendet zudem einen Begriff, den er zwar in keiner zentralen Norm definiert, aber an zahlreichen Stellen des Arzneimittelgesetzes gebraucht. Die „Bezeichnung“ des Arzneimittels auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG), in der Packungsbeilage (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) AMG) und im Zulassungsantrag (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 AMG) meint selbstverständlich die vollständige Bezeichnung, die Gegenstand der Zulassung ist. Dieses Begriffsverständnis gilt – auch nach Auffassung der Beklagten – ebenso für die Frage, ob im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG eine irreführende Bezeichnung vorliegt. Nach der Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes und des Paul-Ehrlich-Institutes über Hinweise und Empfehlungen zur Vermeidung von irreführenden Arzneimittelbezeichnungen vom 9./22. August 1991 (BAnz., S. 6971) ist die Arzneimittelbezeichnung die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels, die die Hauptbezeichnung sowie ggf. einen Bezeichnungszusatz enthält (Definition 2.1).Weiter heißt es dort, dass die Hauptbezeichnung bei verschiedenen Arzneimitteln einer Arzneimittelserie stets gleich sei (2.2) und mit dem Bezeichnungszusatz ein Unterschied zu anderen Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung deutlich gemacht werden könne (2.3). Dieses Verständnis liegt auch der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln vom 20. März 2013 zugrunde. Danach ist die Bezeichnung der Name des Arzneimittels, der als Phantasiebezeichnung aus einem oder mehreren Wörtern (z.B. Bezeichnungszusätzen) bestehen kann (Ziffern I., II.2 und II.2.2). Dieses zwar nicht bindende, aber überzeugende Verständnis der Bezeichnung als vollständiger Bezeichnung steht auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Die „Bezeichnung“ im nationalen Recht entspricht dem „Namen“ des Arzneimittels im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG (in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung).
37So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 87; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, Ziffer I.
38Nach der Definition in Art. 1 Nr. 20 der Richtlinie 2001/83/EG ist Name des Arzneimittels der Name, der entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein kann. Dieser Name ist – entsprechend dem nationalen Recht – im Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zu nennen (Art. 8 Abs. 3 lit. b) und auf der äußeren Umhüllung bzw. Primärverpackung (Art. 54) sowie in der Packungsbeilage (Art. 59) anzugeben. Der Name ist danach auch im Unionsrecht der vollständige Name eines Arzneimittels.
39Dass im Rahmen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG der Begriff abweichend von den vorstehenden Ausführungen, insbesondere anders als im Rahmen des allgemeinen Irreführungsverbots des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu verstehen wäre, ist nicht ersichtlich. Es lässt sich auch nicht mit dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Vorschrift begründen. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG soll sicherstellen, dass der Verbraucher namensgleiche, aber unterschiedlich zusammengesetzte Arzneimittel nicht verwechselt, und damit die Arzneimittelsicherheit gewährleisten.
40Vgl. Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 86; Menges/Winnands, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O. § 10 Rn. 284; Rehmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2003, § 25 Rn. 14; Sander, Arzneimittelrecht, Erl. § 25 AMG, Anm. 12.
41Nach der Gesetzesbegründung soll § 25 Abs. 3 AMG zur Übersichtlichkeit über die im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen, indem er verhindert, dass ein pharmazeutischer Unternehmer Arzneimittel in den Verkehr bringt, die die gleiche Bezeichnung haben, die jedoch eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen (BT-Drs. 7/3060, S. 50). Ärzte, Apotheker und Verbraucher erwarteten unter einheitlicher Bezeichnung Arzneimittel, die aus den gleichen Wirkstoffen zusammengesetzt seien. Dem sei im Interesse der Arzneimittelsicherheit Rechnung zu tragen (BR-Drs. 596/85, S. 56 = BT-Drs. 10/5112, S. 18).
42Dieser Zweck des § 25 Abs. 3 AMG erfordert aber nicht die von der Beklagten befürwortete extensive Auslegung der Vorschrift. Verwechslungsgefahren, die sich aus der Teilidentität oder auch aus großer Ähnlichkeit von Bezeichnungen ergeben, sind bei der hier vertretenen Auslegung nicht hinzunehmen, sondern im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund der konkreten Einzelfallumstände zu prüfen und ggf. zu verhindern.
43b. Schließlich folgt aus der Verwendung des Begriffs „gleiche“ statt „dieselbe“ Bezeichnung nichts anderes. Gemeint ist eine – vollständige – Identität der Bezeichnungen.
44Vgl. Kügel, Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 88; Rehmann, a. a. O., § 25 Rn. 14.
45Der Gesetzgeber verwendet auch an anderer Stelle im Arzneimittelgesetz den Begriff „gleich“ und meint eine vollständige Übereinstimmung. So ist unstreitig, dass die Zulassung eines Generikums nach § 24b AMG die gänzlich identische Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und dieselbe Darreichungsform voraussetzt, auch wenn der Gesetzgeber in § 24 b Abs. 2 Satz 1 AMG das Wort „gleiche“ benutzt. Ob ähnliche, d.h. sich gleichende oder teilidentische Bezeichnungen zulässig sind oder eine Verwechslungsgefahr bedeuten, beurteilt sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund einer Prüfung im Einzelfall. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist – in der Art eines abstrakten Gefährdungstatbestands – eine Konkretisierung dieses Irreführungsgebots,
46vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2007 - 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 33.
47was im Übrigen ein weiteres Argument für ein gleichlaufendes Verständnis des Begriffs Bezeichnung in beiden Vorschriften und für die Verlagerung der Prüfung der konkreten Irreführungsgefahr in § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist.
48c. Liegen danach mangels vollständiger Bezeichnungsidentität die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht vor, kann offenbleiben, ob Unionsrecht der Anwendung dieser Vorschrift entgegensteht, weil dort kein entsprechender Versagungstatbestand existiert. Allerdings lässt sich der Richtlinie 2001/83/EG, insbesondere Art. 1 Nr. 20, Art. 59 Abs. 1 Satz 1 a) i), Art. 62 Halbsatz 2 sowie Art. 87 Abs. 3, das Verbot von irreführenden Bezeichnungen entnehmen.
49Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 35, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 81; zur weiteren Anwendbarkeit nationaler Rechtsvorschriften auf bestimmte rein nationale Zulassungen siehe auch Art. 24a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 (in der Fassung der Änderung vom 3. August 2012) i.V.m. Art. 23b Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG.
503. Die Bezeichnung „B. Naproxen“ ist auch mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG vereinbar. Diese Vorschrift verbietet es, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit einer irreführenden Bezeichnung versehen sind. Daran fehlt es hier.
51a. Eine irreführende Bezeichnung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Bezeichnung bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen, insbesondere über die Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels, weckt. Angesichts der Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und der mit falschen Erwartungen an Arzneimittel verbundenen Gesundheitsrisiken sind an die Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung von Arzneimitteln erhöhte Anforderungen zu stellen (sog. Strengeprinzip).
52Vgl. OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 – 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 36, vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 42 ff., und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, A & R 2013, 202 = juris, Rn. 46; BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 –, juris, Rn. 15.
53Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist nicht nur für fachlich informierte Per-sonengruppen wie Ärzte, Apotheker sowie Behörden von Bedeutung. Sie ist in besonderem Maße für die Information der Verbraucher der Arzneimittel wichtig, die typischerweise nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse verfügen. Bei – wie hier – rezeptfrei in Apotheken zur Selbstmedikation angebotenen Arzneimitteln sind weder Apotheker noch Käufer verpflichtet, ein Gespräch über die Eigenschaften und Wirkungen des Arzneimittels zu führen. Eine entsprechende Beratungsmöglichkeit wird häufig nicht in Anspruch genommen, so dass mögliche bezeichnungsbedingte Fehlvorstellungen der Verbraucher durch die Beratungsmöglichkeit nicht sicher bzw. nicht hinreichend wahrscheinlich ausgeschlossen werden können.
54Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 49 f., und vom 12. August 2009 – 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 47 ff.
55Bei der Ermittlung der durch die Bezeichnung des Arzneimittels ausgelösten Vorstellungen des Verbrauchers ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Dieser geht zu Recht davon aus, dass das Gesundheitswesen einschließlich der Arzneimittelwirtschaft staatlicherseits reguliert und überwacht wird. Er vertraut typischerweise darauf, dass die zugelassene Bezeichnung so eindeutig ist, dass sie keine Fehlvorstellungen bzw. Missverständnisse über das Arzneimittel auslöst.
56Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 52.
57Zur Ermittlung der Verbrauchervorstellungen ist keine Marktforschung erforderlich. Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde feststellen, wie die Bezeichnung durch einen nicht ganz unerheblichen Teil des Verkehrskreises verstanden wird, da seine Mitglieder selbst zu den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern zählen.
58Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 57, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 62, 68; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 –, GRUR 2004, 244 = juris, Rn. 18 bis 20.
59b. Gemessen an diesen Maßstäben ist bei einer Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Bezeichnung „B. Naproxen“ nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG irreführend.
60aa. Dabei ist zunächst die Hauptbezeichnung „B. “ in den Blick zu nehmen. Der Verbraucher misst bei Namen von Waren, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen, dem – typischerweise vorangestellten – Hauptbestandteil regelmäßig besondere Bedeutung für die Art bzw. Qualität der jeweiligen Ware zu. Im Rahmen einer zusammengesetzten Bezeichnung sind die sprachliche Bedeutung und die entsprechende Wahrnehmbarkeit des Hauptbestandteils regelmäßig so herausgehoben, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher mit diesem Bestandteil nicht allein eine produktunabhängige Werbeaussage, sondern eine produktbezogene Inhaltsangabe verbindet. Dies wird durch die gezielte Verwendung der Dachmarken als Marketing-Instrument belegt und gilt auch für die Bezeichnung von Arzneimitteln, die neben anderen Produkten Gegenstand des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte des Markenverbands sind. Bei einer Dachmarke, die seit mehreren Jahren für bestimmte Arzneimittel genutzt wird, besteht deshalb grundsätzlich die Gefahr, dass Verbraucher, die ein Präparat dieser Marke kennen, ein dieselbe Hauptbezeichnung führendes (neues) Arzneimittel hinsichtlich seines Anwendungsgebiets und seiner therapeutischen Wirksamkeit als gleich oder zumindest als ähnlich wahrnehmen. Diese Assoziation bereits bekannter (Wirk‑)Qualitäten ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch einer der zentralen Gründe, Dachmarken zu verwenden.
61Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 55 ff.
62Dies gilt grundsätzlich auch hier. Der Verbraucher wird dem Bezeichnungsbestandteil „B. “ besondere Bedeutung zumessen. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" tritt dahinter zurück. Das entspricht der (Marketing-)Strategie der Klägerin, die Dachmarke „B. " in den Vordergrund zu stellen und auf deren Wahrnehmung durch den Verbraucher zu setzen.
63Vgl. auch den Internetauftritt www.B. .de.
64Wie bekannt diese Dachmarke ist, ist hierfür ebenso unerheblich wie der Umstand, dass „B. “ ein Phantasiename ist, während der Zusatz „Naproxen“ einen Wirkstoff bezeichnet.
65Gleichwohl führt die Verwendung der Dachmarke „B. “ nicht zu erheblichen Fehlvorstellungen. Die Nutzung einer eingeführten Dachmarke für ein wirkstoffverschiedenes Arzneimittel ist zwar im Regelfall irreführend.
66Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, a. a. O. ; Kloesel/Cyran, § 8 Anm. 22; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 78; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 2013, Ziff. II 2.2.1 („zu vermeiden“); a. A. Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser, § 6 Rn. 76; European Medicines Agency (EMA), QRD recommendations on pack design and labelling for centrally authorised non-prescription human medicinal products, Draft, März 2011, Ziff. 4.1.2.
67Insbesondere lässt sich aus § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG, wonach in bestimmten Fällen ein (Alt-)Arzneimittel auch nach Änderung der Zusammensetzung mit gleicher Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden darf, nichts Gegenteiliges schließen.
68Hier ist die Verwendung der Dachmarke aufgrund der besonderen Einzelfallumstände weder unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung noch unter dem Aspekt der Herstellung einer gedanklichen Verbindung irreführend. Sie weckt auch unter Berücksichtigung strenger Anforderungen an Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung keine unzutreffenden Verbrauchererwartungen.
69Ob die Verwendung einer Dachmarke bei unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimitteln zulässig ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Unterschiede der Arzneimittel und der Gefahren, die bei einer etwaigen Verwechslung bestehen.
70Vgl. auch Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, S. 6 f. (Ziff. 2.2.1); EMA, Committe for human medicinal products (CHMP), Guideline on the acceptability of names for human medicinal products processed through the centralised procedure, 11. Dezember 2007, Ziff. 1. und 2.1.1.
71Sollte ein nicht ganz unerheblicher Teil der Verbraucher annehmen, das streitgegenständliche Arzneimittel diene wie die übrigen „B. “-Präparate der Behandlung von Schmerzen und Fieber und entfalte die gleichen therapeutischen Wirkungen, trifft dies – anders als etwa im Fall „Fenistil“ (Senatsurteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -) – zu. Das streitgegenständliche Arzneimittel enthält zwar den Wirkstoff Naproxen, während die markteingeführten „B. “-Produkte Ibuprofen enthalten. Die Anwendungsgebiete stimmen aber überein. Beide sind zugelassen zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und Fieber. Zudem sind die Wirkstoffe Ibuprofen und Naproxen der gleichen Wirkstoffgruppe zuzuordnen und der Wirkmechanismus ist identisch. Beide sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)/ nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAP bzw. NSAID), die schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend wirken. Naproxen gehört wie Ibuprofen der Wirkstoffklasse der nichtselektiven NSAR an (sogenannte COX-1/2-Hemmer). Ibuprofen und das später entdeckte und zugelassene Naproxen sind Arylpropionsäurederivate und wirken in gleicher Weise, indem sie das Enzym Cyclooxygenase (COX) blockieren und dadurch die Synthese der Prostaglandine, der für die Vermittlung von Schmerzempfindung verantwortlichen Botenstoffe, hemmen.
72Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, „Antiphlogistika, nichtsteroidale“; www.wikipedia.de zu „nichtsteroidales Antirheumatikum“, „Ibuprofen“ und zu „Naproxen“.
73Schließlich weist auch das Nebenwirkungsprofil keine erheblichen Unterschiede auf. Die Nebenwirkungshinweise und Gegenanzeigen in den Gebrauchsinformationen, auch die zuletzt vorgelegten aktuellen Fassungen (Gebrauchsinformation „B. “ aus März /August 2011) bzw. diesbezüglichen Mustertexte (zu Naproxen vom 20. November 2013), unterscheiden sich nur geringfügig, was sich mit der Zugehörigkeit der Wirkstoffe zur gleichen Wirkstoffklasse und der identischen Wirkweise erklären lässt. Aus vereinzelten Unterschieden in den Häufigkeiten bestimmter Nebenwirkungen lässt sich ebenfalls nicht auf ein unterschiedliches Nebenwirkungsprofil schließen, da hier statistische Fragen eine Rolle spielen und mal das eine, mal das andere Arzneimittel eine abweichende Häufigkeit verzeichnet. Soweit das BfArM höhere gastrointestinale Risiken von Naproxen betont, hat dies in den Nebenwirkungshinweisen keinen Niederschlag gefunden. Bestehen aber keine derartigen Unterschiede, dass es unterschiedlicher Hinweise bedürfte, sind die Unterschiede nicht als relevant einzuordnen.
74Darüber hinaus hat die – für die Irreführungsgefahr darlegungs- und beweispflichtige – Beklagte auch nicht aufgrund anderer Erkenntnisse nachvollziehbar dargelegt, dass gleichwohl ein unterschiedliches Risikoprofil besteht. Zwar stützen bestimmte Studien und Datensammlungen ihre Auffassung, dass Naproxen geringere kardiovaskuläre und Thrombose-Risiken birgt und deshalb für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren vorteilhafter ist.
75Vgl. Trelle et al., Cardiovascular safety of non-steroidal anti-inflammatory drugs: network meta-analysis, BMJ 2011, 342:7086, S. 6, 10; EMA, Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs), 7. November 2006, S. 18, 20; EMA, Assessment report for Non Steroidal Anti-Inflammatory Drugs (NSAIDs) and cardio-vascular risk, 18. Oktober 2012, S. 10, 24, 26.
76Abgesehen davon, dass ein geringeres Risiko wohl nur bei deutlich höherer Dosierung und längerer Anwendungsdauer als hier im OTC-Bereich besteht, kann dieser Umstand der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Eine Verwechslung erwiese sich insoweit als vorteilhaft, so dass ein Schutzbedürfnis der Verbraucher nicht besteht. Die Behauptung der Beklagten, Naproxen habe gegenüber Ibuprofen einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt, ist demgegenüber nicht wissenschaftlich belegt. Das BfArM führt hierfür nur die Ergebnisse einer Studie aus 1994 zu den Risiken von blutenden Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren an (Langman M et al., Lancet 1994, 343:1075). Die Studie selbst liegt nicht vor. Demgegenüber besteht nach der neueren Studie von Lewis et a. („Risk of serious upper gastrointestinal toxicity with over-the-counter nonaspirin nonsteroidal anti-inflammatory drugs“, Gastroenterology 2005, 129:1865) kein signifikanter Unterschied für das Risiko „gastrointestinale Toxizität“ zwischen Naproxen und Ibuprofen. Diese Schlussfolgerung teilte auch der Sachverständigenausschuss des BfArM zur Verschreibungspflicht (69. Sitzung am 26. Juni 2012). Nach einer Studie von Singh G (Am J Ther 2000, 7: 115) liegt das relevante Risiko von Ibuprofen bei 3,5, das von Naproxen bei 3,42 bei einem Wert von 3,92 für alle NSAIDs. Die EMA geht nach dem „Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs)” vom 7. November 2006 (Seite 5) davon aus, die verfügbaren Daten erlaubten keine präzise Quantifizierung der Risiken ernster gastrointestinaler Nebenwirkungen bei verschiedenen NSAIDs; es bestünden Anhaltspunkte für eine Dosisabhängigkeit. Es sei nicht möglich, sichere Schlussfolgerungen zu den relativen Risiken für gastrointestinale Nebenwirkungen der einzelnen Produkte zu ziehen. Zwar gebe es Hinweise für ein geringfügig höheres Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen bei Naproxen, die Erkenntnisse für entsprechende Schlussfolgerungen seien aber nur schwach. Bei Ibuprofen könnten die günstigeren Annahmen auf der Verwendung niedriger Dosen und kurzzeitigen Anwendungen beruhen. Ein unterschiedliches Risikoprofil lässt sich damit nicht belegen.
77Hier maßgebliche Unterschiede kann die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass für die Arzneimittel unterschiedliche Altersgrenzen (Kinder ab 6 Jahren bei „B. “ und „B. Forte“, ab 12 Jahren beim streitgegenständlichen Arzneimittel) und abweichende Dosierungsangaben gelten. Der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher geht nicht bei Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung davon aus, dass sie auch in Wirkstoffmenge, Dosierung und Gegenanzeigen für die Anwendung bei Kindern identisch sind. Dass auch das BfArM dies bisher so gesehen hat, zeigt unter anderem die Zulassung der bisherigen B. -Produkte unter gleicher Hauptbezeichnung, die in Bezug auf diese Gesichtspunkte ebenfalls Unterschiede aufweisen. So ist „B. Spezial“ im Unterschied zu den beiden anderen „B. “-Produkten ebenfalls erst für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Wie die Klägerin im Klageverfahren näher dargelegt hat, ergibt sich hier die Anwendungsbeschränkung aus der Wirkstoffmenge und lässt daher insbesondere keinen Schluss auf ein anderes Risikoprofil des Wirkstoffs zu. Hinzu kommt, dass das hier streitgegenständliche Produkt vielfach bei akuten Zuständen, d.h. nicht nur von chronisch Kranken genutzt wird. Der Verbraucher wird sich auch vor der Einnahme eines schon bekannten Arzneimittels über die Dosierung und die Anwendbarkeit bei Kindern informieren, zumal sich hier aufgrund neuerer Erkenntnisse auch Änderungen ergeben können.
78Eine Irreführung könnte danach lediglich über das Vorhandensein des Wirkstoffs Ibuprofen bzw. dahingehend bestehen, dass es sich um das (wirkstoff-)gleiche Präparat handele. Der Wirkstoff ist ein wesentliches Merkmal eines Arzneimittels. Eine diesbezügliche Fehlvorstellung setzte aber voraus, dass der Durchschnittsverbraucher bzw. ein nicht unerheblicher Teil der aufgeklärten Verbraucher mit dem Phantasienamen „B. “ einen bestimmten Wirkstoff verbindet bzw. den „Wirkstoff hinter B. “ nunmehr bei jedem Produkt der Serie erwartet. Davon ist hier nicht auszugehen. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verbraucher regelmäßig mit einem Arzneimittelnamen einen bestimmten Wirkstoff verbindet. Typischerweise wird der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher mit der Bezeichnung nur das Anwendungsgebiet und gegebenenfalls noch einen bestimmten Wirkmechanismus verbinden. Hier kommt hinzu, dass zahlreiche Produkte mit dem Wirkstoff Ibuprofen im Verkehr sind, diesen teilweise auch im Namen tragen, und „B. “ deshalb nicht aufgrund seiner Alleinstellung mit Ibuprofen assoziiert wird.
79Ferner ist für die Ermittlung der (Fehl‑)Vorstellung eines nicht unerheblichen Teils der aufgeklärten Verbraucher von Bedeutung, dass nicht von einer besonderen Bekanntheit der Dachmarke auszugehen ist. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass eine Irreführung nicht nur bei berühmten Namen in Betracht kommt. Unter anderem vom Bekanntheitsgrad hängt aber ab, ob bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher eine Verwechslungsgefahr besteht.
80Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 11. November 1997 ‑ Rs. C-251/95 (Puma) -, Rn. 22.
81Je weniger bekannt ein Produkt bzw. eine Marke ist, desto geringer ist die Irreführungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung. Die von der Klägerin hier mitgeteilten Verkaufszahlen und Marktanteile lassen auf einen geringen Bekanntheitsgrad schließen. „B. “ hatte im Jahr 2013 bei 429.500 verkauften Packungen einen Marktanteil bei den ibuprofenhaltigen Analgetika von 0,9 Prozent (2009: 1,9 % ,2010: 1,6 %, 2011: 1,3 %, 2012: 1,1 %). Demgegenüber hatte etwa E. einen Marktanteil von zuletzt 15 % (2009: 24,8 %), J. -ratiopharm einen Marktanteil von 11,7 % (2009: 15,2 %). Nimmt man die apothekenpflichtigen Analgetika insgesamt in den Blick, betrug der Marktanteil 2013 lediglich 0,3 Prozent (2009: und 2010: jeweils 0,4 %, 2011 und 2012: jeweils 0,3 %). Angesichts dessen ist die Gruppe derjenigen, die „B. “ kennen, nicht als hinreichend bedeutender Teil der angesprochenen Verkehrskreise einzuordnen. Abgesehen davon ist nicht davon auszugehen, dass diese Gruppe „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung mit.
82Auf die Verbrauchervorstellung wirkt sich weiterhin aus, dass gerade im Bereich der Schmerzbehandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika seit vielen Jahren zahlreiche Dachmarken mit verschiedenen Wirkstoffen auf dem Markt sind, insbesondere seit den 1990er Jahren „E. “ (Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen), das einen um ein Vielfaches höheren Marktanteil hat als „B. “, ferner O. , U. und U1. . Dies verschafft der Klägerin zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Das Argument der Beklagten, die Irreführungsgefahr könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass irreführende Produkte auf dem Markt seien, greift aber nicht durch. Die hier maßgeblichen Vorstellungen und Erwartungen des Verbrauchers in Bezug auf die streitgegenständliche Bezeichnung werden auch durch die tatsächlichen Verhältnisse in dem Marktsegment geprägt. Da das BfArM in der Vergangenheit Dachmarken für verschiedene Wirkstoffe im Bereich der Schmerzmedikation zugelassen hat, und dies auch bei bekannten Marken mit hohem Marktanteil, erwartet der Verbraucher jedenfalls in diesem Bereich unter einer Dachmarke nicht stets Arzneimittel mit einer identischen Zusammensetzung.
83Vgl. auch Sander, PharmR 2013, 359 (360).
84Die Annahme des Verwaltungsgerichts, Verbraucher nutzten zunehmend Generika und ihnen sei ein Denken in Wirkstoffkategorien nicht fremd, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Daraus lässt sich nur auf eine Vertrautheit mit (wirkstoffgleichen) preiswerteren Alternativprodukten, nicht aber darauf schließen, dass Verbraucher umgekehrt bei Arzneimitteln einer Serie bzw. Dachmarke denselben Wirkstoff erwarten. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Verbraucher sich Kenntnis vom Wirkstoff verschafft. Nahe liegender dürfte sein, dass ihn nur interessiert, ob er mit dem Generikum „das Gleiche“ erhält wie vom Arzt verschrieben oder bisher von ihm verwendet. Geht man aber davon aus, der aufgeklärte Verbraucher informiere sich über den Wirkstoff von Arzneimitteln, muss dies gerade auch für das streitgegenständliche Arzneimittel gelten, zumal diesem eine Wirkstoffbezeichnung hinzugefügt ist.
85bb. Durch den Zusatz „Naproxen“ zur Hauptbezeichnung „B. “ ist eine hinreichende Unterscheidung zu den anderen Arzneimittelbezeichnungen der Dachmarke gewährleistet. Zwar hat der Senat im „Fenistil“-Urteil angenommen, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe bei einer bekannten Dachmarke davon aus, dem in den markteingeführten Produkten enthaltenen Wirkstoff sei ein weiterer Wirkstoff hinzugefügt.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 65 f.
87Hier liegt der Fall aber anders. Aus den vorstehenden Gründen wird kein hinreichender Teil der angesprochenen Verkehrskreise „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen und „B. Naproxen“ mit den markteingeführten „B. “-Produkten verbinden. Er wird deshalb auch nicht annehmen, „B. Naproxen“ sei „B. “ (= Ibuprofen) plus Naproxen. Eine Verbrauchererwartung, dass Arzneimittel, deren mehrteiliger Name eine Wirkstoffbezeichnung beinhaltet, stets zwei Wirkstoffe (den „hinter B. “ sowie „Naproxen“) enthalten, besteht nicht. Abgesehen davon wird der aufgeklärte Verbraucher, der die markteingeführten „B. “-Produkte kennt, angesichts der Existenz von zahlreichen (bekannteren) Dachmarken im Bereich der Schmerzmedikamente mit unterschiedlichen Wirkstoffen besondere Sorgfalt an den Tag legen, sollte es ihm auf „B. “ mit einem bestimmten Wirkstoff ankommen.
88Im Übrigen strebt die Klägerin die Umbenennung ihrer markteingeführten B. -Produkte dahingehend an, dass dort – analog zum Zusatz „Naproxen“ beim streitgegenständlichen Arzneimitteln – jeweils der Zusatz „Ibuprofen“ ergänzt wird. Sie hat in der Berufungsverhandlung erklärt, mit Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Produkts unter der neuen Bezeichnung die alten Produkte nur noch mit einer geänderten, um „Ibuprofen“ ergänzten Bezeichnung in den Verkehr bringen zu wollen. Enthalten aber alle Produkte der Dachmarke „B. “ den entsprechenden Wirkstoffzusatz in der Bezeichnung, wird – den hier allein bestehenden – Irreführungs- und Verwechslungsgefahren in Bezug auf den Wirkstoff hinreichend vorgebeugt.
89So auch Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O., § 6 Rn. 76.
90Der Verbraucher wird dann bei gleicher Hauptbezeichnung keine Wirkstoffidentität erwarten. Dies hat auch das BfArM in der Berufungsverhandlung eingeräumt. Dass dann für eine Übergangszeit noch Arzneimittel mit der bisherigen Bezeichnung im Verkehr sind, ist angesichts der übrigen hier angeführten Umstände hinnehmbar. Anders als in den von § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG und Ziffer 2.2.2 der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts vom 20. März 2013 erfassten Fällen der Übertragung bzw. Weiterverwendung einer Bezeichnung für ein anderes Arzneimittel mit einem anderen Wirkstoff, für die eine Wartezeit von fünf Jahren vorgesehen ist, unterscheiden sich die markteingeführten „B. “-Produkte und „B. Naproxen“ durch den Wirkstoffzusatz.
91cc. Selbst wenn man aber annähme, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher assoziiere mit „B. “ die markteingeführten Produkte, gehe also aufgrund der Hauptbezeichnung davon aus, „B. Naproxen“ enthalte den gleichen Wirkstoff, ergänzt um Naproxen, rechtfertigte diese Fehlvorstellung bei verfassungskonformer Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht die Ablehnung der Bezeichnungsänderung.
92§ 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG dient der Arzneimittelsicherheit, dem in § 1 AMG verankerten zentralen Ziel des Arzneimittelgesetzes, und, das zeigen die Regelbeispiele in 3 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG, dem Schutz des Verbrauchers vor Täuschungen über die Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln. Die Bestimmung beschränkt die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die auch eine Wahlfreiheit bei Bezeichnungen und Marketingstrategien einschließt. Die Beschränkung ist in ihrer abstrakt-generellen Form zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren gerechtfertigt.
93Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 71 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 29; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 76; Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O. § 8 Rn. 18.
94Aus der hohen Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit resultiert ein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Werbemaßnahmen für die Gesundheit gelten als besonders wirksam. Mit irreführenden Angaben können Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung insgesamt verbunden sein. Einschränkungen der grundrechtlich geschützten Individualinteressen des pharmazeutischen Unternehmers an der freien Wahl der Arzneimittelbezeichnung sind aber im Einzelfall nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt, wenn eine Bezeichnungsänderung nicht die Gefahr irrtümlicher Arzneimittelanwendungen birgt. So liegt der Fall hier. Nach den obigen Ausführungen ist nicht davon auszugehen, dass die Verwechslung der Arzneimittel – unterstellt, es käme überhaupt dazu – Gesundheitsgefahren begründet, da sie bei gleicher Indikation in gleicher Weise wirken und das Nebenwirkungsprofil sich nicht unterscheidet.
95Hiervon ausgehend steht § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht per se dem unternehmerischen Bemühen entgegen, das positive Image einer Marke auf weitere Arzneimittel zu transferieren bzw. eine solche Dachmarke auf- und auszubauen. Eine Beschränkung der Bezeichnungsfreiheit ist hier auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Eigenschaften von „B. Naproxen“ falsch oder übertrieben dargestellt würden (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG) und die Klägerin zu Unrecht die Wertschätzung der Marke „B. “ ausnutzen wollte. Die von der Beklagte angeführte Annahme, der Verbraucher verbinde mit „B. “ die Vorstellung einer Arzneimittelwirkung dergestalt, dass es sich um ein der Behandlung von Schmerzen dienendes Arzneimittel derselben Qualität und Güte wie die ihm bekannten markteingeführten Arzneimittel handele, ist aus den oben ausgeführten Gründen nicht falsch. Wird dem streitgegenständlichen Arzneimittel zutreffend eine therapeutische Wirksamkeit „wie bei B. “ beigemessen, findet damit keine Ruf-Ausbeutung statt, zumal „B. Naproxen“ kein neues Arzneimitteil, sondern ein seit 1998 zugelassenes und nur unter einer anderen Bezeichnung vertriebenes Produkt ist.
96Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
98Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 2. September 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 25.000 Euro festgesetzt.
1
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2I. Aus den im Zulassungsverfahren fristgerecht dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Bezeichnung „Q.1 Schmerz-Creme“ – nur insoweit ist die Änderung der Bezeichnung noch streitgegenständlich – sei nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG irreführend. Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ signalisiere in erster Linie eine grobe allgemeine Anwendungskategorie des Präparats. Der informierte, situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher erwarte nicht, dass der Namensbestandteil das Anwendungsgebiet umfassend und substantiiert wiedergebe. Das gelte jedenfalls dann, wenn der Bezeichnungsbestandteil lediglich auf ein allgemeines Symptom wie „Schmerz“ verweise. Auch in Verbindung mit dem Bezeichnungsbestandteil „Creme“ erwarte der Patient keine umfassende Linderung aller denkbaren Schmerzen, sondern werde weitere Informationen, namentlich die Indikationsangabe auf der Umverpackung, heranziehen, um Klarheit über das Anwendungsgebiet zu gewinnen. Zudem werde die Verbrauchererwartung durch eine Vielzahl zugelassener Arzneimittelbezeichnungen mit dem Bestandteil „Schmerz“ geformt. Eine Fehlvorstellung im Hinblick auf das Anwendungsgebiet werde allenfalls bei einem vernachlässigbar geringen Teil der Verbraucher hervorgerufen, der nicht empirisch ermittelt oder anderweitig präzise quantifiziert werden müsse. Das von der Klägerin vorgelegte Marktforschungsgutachten widerspreche dem nicht; bei ungestützter Fragestellung habe nur ein verschwindend geringer Anteil angegeben, das Mittel helfe gegen alle Arten von Schmerzen. Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ sei auch keine unzulässige Werbung, da ihm angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit kein Werbecharakter beigemessen werden könne. Wegen der Häufigkeit der Verwendung sei er auch nicht geeignet, besondere Eigenschaften des Arzneimittels werbend hervorzuheben.
4Die Antragsbegründung stellt diese überzeugenden Erwägungen nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.
51. Entgegen der Darstellung der Beklagten hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar begründet, warum der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher aus dem Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ nicht auf das Anwendungsgebiet schließe. Es hat nicht in Abrede gestellt, dass der Begriff eine Vielzahl gänzlich unterschiedlicher Schmerzformen umfasst, sondern umgekehrt hieraus gefolgert, dass der Verbraucher nicht annehmen werde, mit dem Arzneimittel könne jede Art von Schmerz gelindert werden. Verbindet der Verbraucher mit der Bezeichnung „Schmerz“ keine konkrete Indikation, stellt der Begriff beim streitgegenständlichen Arzneimittel keine unzulässige Indikationserweiterung dar. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht angenommen, dass eine durch den Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ begründete Irreführungsgefahr – die die Beklagte annimmt – durch den Rückgriff auf weitere Informationen, etwa auf der Umverpackung, ausgeräumt werde. Es hat vielmehr schon die Irreführung durch den Begriff verneint. Ein Widerspruch zur eigenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts sowie zur Entscheidungspraxis des Senats ist damit nicht ersichtlich.
62. Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht aus dem Einwand der Beklagten, Verwaltungsrichter, die zum Teil seit Jahrzehnten mit Fragen des Arzneimittelrechts befasst seien, könnten nicht mit einem Durchschnittsverbraucher gleichgesetzt werden und dürften nicht sich selbst als Maßstab für die Prüfung einer Irreführungsgefahr heranziehen. Dieser Einwand ist nicht berechtigt, denn er bedeutet der Sache nach, dass das Gericht schon deshalb keine hinreichende eigene Sachkunde über die typischen Verbrauchervorstellungen haben kann, weil es aufgrund seiner beruflichen Befassung mit dem Streitgegenstand „überinformiert" ist. Dies widerspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach die Mitglieder des Gerichts selbst zu den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern zählen.
7Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. März 2014 - 3 B 60.13 -, juris, Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 57, vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, A&R 2013, 202 = juris, Rn. 62, 68, und vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -, Rn. 50, juris; BGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01 -, BGHZ 156, 250 = juris, Rn. 20, und vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - BGHZ 194, 314 = juris, Rn. 32.
8Selbstverständliche Grundlage dieser Rechtsprechung ist es, dass von den mit der Sache befassten Richtern erwartet werden darf und von der Prozessordnung auch erwartet wird, zwischen ihren Erfahrungen und Erwartungen als Durchschnittsverbraucher und dem Wissen, dass sie sich durch die dienstliche Befassung mit der Sachmaterie erworben haben, differenzieren zu können.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. März 2014 - 3 B 60.13 -, a. a. O., Rn. 10.
10Dass die Richter der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts hier bewusst die durch größeres berufliches Erfahrungswissen geprägten eigenen Erwartungen zugrunde gelegt haben, macht die Beklagte nicht geltend.
113. Die von der Klägerin vorgelegte Verbraucherbefragung (GfK, Verbraucherwahrnehmung bezüglich des Produktes „Q.1 Schmerz-Salbe“, 2013) rechtfertigt ebenfalls keine andere Bewertung des Irreführungspotentials. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung wegen eigener Sachkunde des Gerichts keine Marktforschung, keine Meinungsumfrage und kein Sachverständigengutachten erforderlich sind, um die Irreführung beurteilen zu können.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. März 2014 - 3 B 60/13 -, a. a. O., Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, a. a. O., Rn. 57, vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, a. a. O., Rn. 62, 68, und vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -, a. a. O., Rn. 50; BGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01 - a. a. O., Rn. 20, und vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - a. a. O., Rn. 32.
13Es erscheint ferner fraglich, ob die durchgeführte Studie in ihrer Art und Weise geeignet ist, die Vorstellungen des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu ermitteln. Abgesehen davon ergibt sich aus den Ergebnissen der von der Klägerin in Auftrag gegebenen Marktforschung nicht, dass die Bezeichnung bei einem nicht völlig unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats weckt,
14vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, a. a. O., Rn. 42, vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, a. a. O., Rn. 53, und vom 12. Februar 2014 - 13 A 1377/13 -, a. a. O., Rn. 43.
15Das Verwaltungsgericht hat zutreffend auf die Ergebnisse bei ungestützten Fragen verwiesen, bei denen nur ein unerheblicher Teil der Verbraucher (0,4 % bzw. 0,9 %, Tabellen 10 und 30) angenommen hat, das Produkt wirke gegen alle Arten von Schmerzen. Auch nannte nur ein nicht relevanter Anteil konkrete Schmerzen, die nicht in das Anwendungsgebiet des streitgegenständlichen Arzneimittels fallen. Dass 17 % der Teilnehmer der Aussage zustimmten „dieses Arzneimittel wirkt gegen alle Arten von Schmerzen, für die eine Salbe in Betracht kommt“ (Tabelle 40), rechtfertigt keine andere Betrachtung. Diese Quote ist durch den Umstand erheblich zu relativieren, dass es sich dabei um eine vorgegebene Antwort handelte. Ferner haben zugleich 93 % bzw. 86 % – Mehrfachnennungen waren möglich – den zutreffenden Antworten „gegen Muskelschmerzen“ bzw. „gegen rheumatische Beschwerden“ zugestimmt. Schließlich erfordert der Umstand, dass die Befragten die Originalverpackung gesehen hatten, keine andere Betrachtung. Dies wäre auch beim Kauf in der Apotheke oder im Internet der Fall. Soweit die Beklagte der Sache nach geltend macht, es dürfe nur ohne Vorlage der Verpackung nach dem Verständnis des Namens gefragt werden, weil rechtlich das Verständnis der Bezeichnung als solcher maßgeblich sei, führt das ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Damit stellt sie nur die Tauglichkeit der von der Klägerin in Auftrag gegebenen Befragung insgesamt in Abrede, die aber rechtlich ohnehin nicht erforderlich ist. Hingegen rechtfertigt dieser Umstand nicht die Annahme, bei isolierter Frage zum Verständnis der Arzneimittelbezeichnung hätte ein größerer, als erheblich anzusehender Teil angegeben, dass das Arzneimittel gegen andere als die zugelassenen Indikationen wirke; dies ist eine bloße Mutmaßung.
164. Auch das Vorbringen der Beklagten zur unzulässigen Werbung durch die Bezeichnung führt nicht zur Zulassung der Berufung.
17Das Verwaltungsgericht hat schon den Werbecharakter des Bezeichnungsbestandteils „Schmerz“ verneint. Aus dem Antragsvorbringen ergeben sich insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit. Denn die Beklagte stellt die selbstständig tragende Erwägung, der Begriff sei nicht geeignet, besondere Eigenschaften des Arzneimittels werbend hervorzuheben, weil er sich in einer Vielzahl anderer Arzneimittelbezeichnungen finde, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Dem insoweit einzigen Einwand, dies sei eine reine Behauptung, die nicht durch eine entsprechende Marktanalyse gestützt werde, ist aus den oben ausgeführten Gründen zur Bestimmung der Verkehrsauffassung nicht zu folgen.
18Abgesehen davon ergibt sich aus dem Antragsvorbringen, die Klägerin habe selbst angeführt, ohne diesen Zusatz auf dem Markt nicht bestehen zu können, nicht die Unzulässigkeit der Bezeichnung. Die Verwendung eines Arzneimittelnamens bzw. eines Bezeichnungsbestandteils ist nicht allein deshalb unzulässig, weil sie dem Zweck dient, den Absatz des Arzneimittels zu steigern. Das Arzneimittelgesetz verbietet – durch den hier nicht verletzten § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG – nur irreführende Bezeichnungen; § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG regelt lediglich die Zulässigkeit weiterer Angaben auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen. Eine weitergehende Verpflichtung, auf werbende, d. h. Aufmerksamkeit erregende, absatzsteigernde Bezeichnungen zu verzichten, ist auch dem Heilmittelwerbegesetz nicht zu entnehmen, das gemäß dessen § 1 Abs. 1 Nr. 1 auf Arzneimittel im Sinne des § 2 AMG anwendbar ist. Es kann offen bleiben, ob § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG hinsichtlich der Bezeichnung eines Arzneimittels lex specialis ist. Denn Kern des Heilmittelbewerbegesetzes ist – bei zugelassenen Arzneimitteln (vgl. § 3a Satz 1 HWG) und von konkreten Verboten bestimmter Werbeformen abgesehen – ebenfalls das Verbot irreführender Werbung, § 3 HWG. Das Verbot des § 3a Satz 2 HWG, für Anwendungsgebiete zu werben, die nicht von der Zulassung erfasst sind, ist ebenfalls nicht verletzt, weil nach den obigen Ausführungen mit dem Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ keine bestimmten Indikationen angesprochen werden. Im Übrigen ist ein weitergehendes Schutzbedürfnis des Verbrauchers, der vor einem Arzneimittelfehlgebrauch geschützt werden soll, und damit korrespondierend eine Rechtfertigung für eine weitere Einschränkung der in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die auch eine Wahlfreiheit bei Bezeichnungen und Marketingstrategien einschließt,
19vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 71 ff., vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 29, und vom 12. Februar 2014 ‑ 13 A 1377/13 -, Rn. 85,
20nicht ersichtlich.
21II. Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die aufgeworfenen Fragen, ob der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ irreführend im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG ist und ob hierin eine unzulässige Werbung zu sehen ist, bedürfen nicht der Klärung im Berufungsverfahren. Die Grundsätze zum rechtlichen Verständnis des Begriffs der Irreführung sind in der Rechtsprechung geklärt. Ob eine konkrete Bezeichnung irreführend ist und ob darin eine unzulässige Werbung zu sehen ist, lässt sich nur anhand der Verbrauchererwartung im Einzelfall beantworten und ist einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
22Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2015 - 3 B 29.14 -, Rn. 7.
23Die Frage, ob überhaupt ein über § 8 AMG hinausgehendes Werbeverbot in Bezug auf Bezeichnungen besteht, hat die Beklagte weder aufgeworfen noch als grundsätzlich bedeutsam dargelegt.
24III. Schließlich hat die Beklagte nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts abgewichen ist. Das Verwaltungsgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der dem angeführten Rechtssatz im Senatsurteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 72 f. widerspricht. Darin heißt es: „Der aufgezeigten irreführenden Wirkung der (vormals) begehrten Bezeichnung kann nicht entgegen gehalten werden, dass sich der aufgeklärte Verbraucher durch Lesen der Gebrauchsinformation oder näherer Informationen aus dem Internet insoweit die gegenteilige Gewissheit verschaffen kann. Denn nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG ist allein maßgeblich, ob die Bezeichnung als solche irreführend ist.“ Die angefochtene Entscheidung enthält keinen abstrakten Rechtssatz, der davon abweicht. Ein solcher ist auch nicht indirekt der rechtlichen Bewertung im vorliegenden Fall zu entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat, wie bereits ausgeführt, bereits im Ausgangspunkt angenommen, dass der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ als solcher nicht irreführend ist.
25IV. Das nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangene, im Übrigen keinem Zulassungsgrund zugeordnete Vorbringen der Beklagten ist nicht berücksichtigungsfähig. Entgegen der Darstellung der Beklagten ist der nach Fristablauf vorgetragene Umstand, dass bereits ein zugelassenes Arzneimittel der Klägerin mit dem Bezeichnungsbestandteil „Q.1“ („J. Q.1 5 % Gel“) existiere und sich hieraus eine weitere Gefahr der Irreführung ergebe, auch nicht neu hinzugetreten. Die dieses Produkt betreffende Änderungsanzeige stammt aus dem Jahr 2013.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
27Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 verpflichtet, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. Naproxen" zu ändern.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Inhaberin der mit Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 16. Juni 1998 erteilten Zulassung für das apothekenpflichtige Fertigarzneimittel „B1. " (Zulassungs-Nr. …). Das schmerzstillende, fiebersenkende und entzündungshemmende Antiphlogistikum/Analgetikum ist für die Anwendungsgebiete „leichte bis mäßig starke Schmerzen“ und „Fieber" zugelassen. Wirkstoff ist „Naproxen-Natrium", 220 mg je Filmtablette.
3Mit am 14. Juni 2010 eingegangener Änderungsanzeige vom 11. Juni 2010 zeigte die Klägerin die Änderung der Arzneimittelbezeichnung von „B1. " in „B. Naproxen" an. Monoarzneimittel mit dem Bezeichnungsbestandteil „B. " sind nach ihren Angaben seit 1989 auf dem Markt, derzeit in Deutschland, Österreich und Polen. Sie enthalten jeweils den Wirkstoff Ibuprofen und sind zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen wie Kopf-, Zahn- oder Regelschmerzen sowie bei Fieber zugelassen („B. ", „B. forte", „B. mobil"; „B. spezial" auch zur Behandlung akuter Kopfschmerzen bei Migräne mit und ohne Aura). Eine Umsetzung der Bezeichnungsänderung ist durch die Klägerin bislang nicht erfolgt.
4Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 teilte das BfArM der Klägerin mit, es halte die Änderung für unzulässig, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Bezeichnung verstoße gegen das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, da sie geeignet sei, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats zu wecken. Mit Blick auf die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und die hohe Werbewirkung gesundheitsbezogener Aussagen seien an den Ausschluss einer Irreführung hohe Maßstäbe anzulegen. Die Bezeichnung „B. " betreffe eine für mehrere Monoarzneimittel verwendete Marke, die der Verbraucher mit dem Wirkstoff „Ibuprofen" in Verbindung bringe. Dieser Verbrauchererwartung werde nicht entsprochen, wenn „B1. " zukünftig als „B. Naproxen" erhältlich sei. Für einen Teil der Verbraucher sei anzunehmen, dass sie den Zusatz „Naproxen" ignorierten oder nicht als Hinweis auf einen Wirkstoff wahrnähmen und „B. Naproxen" in der Erwartung kauften, das Präparat enthalte weiterhin Ibuprofen. Zudem sei die Vorstellung möglich, dass „B. Naproxen" neben Naproxen auch Ibuprofen enthalte. Mit dem Versuch, das in Bezug auf die Marke „B. " bestehende Verbrauchervertrauen auf das Arzneimittel zu übertragen, betreibe die Klägerin eine „positive Rufausbeutung", die mit dem Irreführungsverbot nicht vereinbar sei. Die Bezeichnungsänderung verstoße auch gegen den in § 25 Abs. 3 AMG enthaltenen Rechtsgedanken, der als Konkretisierung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu sehen sei. Denn es werde gegen die gängige Verbrauchererwartung verstoßen, dass unter einer bestimmten Arzneimittelbezeichnung nur ein Wirkstoff oder eine fixe Wirkstoffkombination vermarktet werde. Mit Schreiben vom 17. August 2010 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sich die Bezeichnung „B. Naproxen" deutlich genug von anderen unterscheide. Zudem verwies sie auf die Wirkstoffangaben auf der Faltschachtel und im Beipackzettel.
5Durch Bescheid vom 8. September 2010 stellte das BfArM fest, dass das Arzneimittel nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG irreführend bezeichnet sei, und wiederholte die Begründung des Anhörungsschreibens. Eine Änderung des Zulassungsbescheids nach § 29 Abs. 2 AMG bzw. der Zulassungsunterlagen gemäß § 22 AMG werde nicht vorgenommen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das BfArM durch Widerspruchsbescheid vom 16. März 2011 zurück.
6Die Klägerin hat am 8. April 2011 beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die getroffene Feststellung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechten auf Meinungs- und Berufsfreiheit sowie in ihrem Eigentumsrecht. Im Bereich nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) gebe es bereits zahlreiche Dachmarken vergleichbarer
7Art, bei denen unter einer Hauptbezeichnung verschiedene Wirkstoffe vermarktet würden (z. B. „E. ®" oder „O. ®"). Auf dem deutschen Markt existiere eine sehr große Anzahl Ibuprofen-haltiger Arzneimittel, die entweder Phantasie-Bezeichnungen oder die Wirkstoffbezeichnung trügen. Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG sei schon deshalb nicht gegeben, weil kein anderes Arzneimittel mit der vollständig identischen Bezeichnung „B. Naproxen" auf dem Markt sei und deshalb keine Verwechselungsgefahr bestehe. „B. " sei jedenfalls keine überragende Hauptbezeichnung und erzeuge keine Assoziation zu einem bestimmten Wirkstoff. Vielmehr handele es sich um eine Phantasiebezeichnung, der die Fachsprache keinen bestimmten Wortsinn zuordne und die auch umgangssprachlich weder mit dem Bedeutungsgehalt „ibuprofenhaltiges Präparat" aufgeladen noch mit einem bestimmten Wirkkonzept verknüpft sei. Dessen ungeachtet sei das Wirkkonzept ibuprofenhaltiger und naproxenhaltiger Arzneimittel (Blockade der Cyclooxygenase, dadurch Hemmung der Prostaglandinsynthese) nahezu identisch. Überdies sei die nichtssagende Phantasiebezeichnung „B. " mit der konkreten und ungekürzten Bezeichnung des Wirkstoffs „Naproxen" verbunden, dem starke Assoziationskraft zukomme. Auch finde keine „positive Rufausbeutung" statt, weil die Bezeichnung „B. Naproxen" nicht Ibuprofen suggeriere und auch das Wirkkonzept vergleichbar sei. Zudem weiche § 25 Abs. 3 AMG unzulässigerweise in einem vollharmonisierten Bereich von der Richtlinie 2001/83/EG ab, die kein pauschales Verbot gleicher Arzneimittelbezeichnungen kenne. Eine lrreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG finde nicht statt. Der Bezeichnungsbestandteil „B. " sei schon von vornherein nicht geeignet, Fehlvorstellungen des Verbrauchers in Bezug auf die Wirkstoffzusammensetzung zu wecken. Der Zusatz „Naproxen" sei gerade zutreffend und schließe eine sprachliche Verwechslung mit anderen B. -Produkten aus.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. ® Naproxen" zu ändern.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Bezeichnungsänderung stehe § 25 Abs. 3 AMG entgegen. Die amtliche Begründung zu § 25 Abs. 3 AMG stelle klar, dass die Norm zur Übersichtlichkeit der im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen solle, indem sie verhindere, dass Arzneimittel in den Verkehr gebracht würden, die bei gleicher Bezeichnung unterschiedliche Zusammensetzungen aufwiesen. Hieraus sei der Grundsatz ableitbar, dass Arzneimittel unter gleicher Bezeichnung nur zuzulassen seien, wenn ihre Wirkstoffzusammensetzung identisch sei. Dies gelte auch für Bezeichnungen, die aus einer Hauptbezeichnung und einem Zusatz bestünden. Andernfalls liefe die Vorschrift praktisch leer, da schon jeder noch so geringfügige Zusatz zu einer Hauptbezeichnung zur Folge habe, dass keine gleiche Bezeichnung vorläge. § 25 Abs. 3 AMG sei auch europarechtskonform, da sich die Norm auf Art. 1 Abs. 20 und das allgemeine Irreführungsverbot des Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG zurückführen lasse.
13Die gewählte Bezeichnung sei auch irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Der durchschnittliche Verbraucher vertraue darauf, dass Arzneimittel einer Serie, die unter der gleichen Hauptbezeichnung mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen in den Verkehr gebracht würden, den gleichen Wirkstoff enthielten. Er verbinde mit der Hauptbezeichnung „B. " zumindest ein Schmerzmittel derselben Qualität und Güte wie die bekannten Arzneimittel der Marke „B. ". Ibuprofen und Naproxen-Natrium seien aber durchaus verschieden. Naproxen zeige zum Bespiel deutlich weniger thrombozytenagglutinierende Eigenschaften als Ibuprofen, was für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren von Bedeutung sei. Naproxen habe demgegenüber einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt. Unzutreffend sei, dass der Verbraucher mit einer Phantasiebezeichnung wie „B. " gar keine Vorstellung verbinde. Wie bei jedem anderen Arzneimittel gehe er zumindest davon aus, dass auch das Basispräparat „B. " einen bestimmten Wirkstoff enthalte. Mit der Bezeichnungsänderung werde der für „B. " aufgebaute gute Ruf für einen gänzlich anderen Wirkstoff ausgebeutet und eine Kontinuität und Verbindung zu den übrigen B. -Präparaten vorgespiegelt. Die Fehlvorstellung werde auch nicht durch den Zusatz „Naproxen" beseitigt; im Gegenteil werde die falsche Erwartungshaltung hervorgerufen, das Arzneimittel enthalte neben Ibuprofen zusätzlich noch Naproxen. Auch komme es nicht darauf an, ob die Hauptbezeichnung eine überragende Marktpräsenz oder eine bestimmte Berühmtheit besitze. Maßgeblich sei, ob sie die anderen Bezeichnungsbestandteile überrage. Unbeachtlich sei der Umstand, dass sich die Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit möglicherweise anders dargestellt habe. Das BfArM prüfe diese Fälle und werde gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen einleiten.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. April 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf seine Entscheidung vom 12. April 2011 - 7 K 4284/09 („Fenistil“) - Bezug genommen und weiter ausgeführt: Die von der Klägerin gewählte Bezeichnung „B. Naproxen" sei mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG unvereinbar. Die Hauptbezeichnung „B. " sei eine seit Jahren markteingeführte Arzneimittelbezeichnung, die durchgehend Präparate mit dem Wirkstoff lbuprofen umfasse. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" trete hinter der Hauptbezeichnung deutlich zurück und präge die Arzneimittelbezeichnung nicht. Auf eine etwaige abweichende Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit, insbesondere bei der Nachzulassung fiktiv zugelassener Alt-Arzneimittel, könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sich die hier relevanten Fragen auf der Ebene der Tatbestandsauslegung zwingender Rechtsvorschriften, nicht aber im Bereich der Ermessensausübung stellten. § 25 Abs. 3 AMG sei europarechtskonform, weil es bei Arzneimitteln an einer unionsweiten Harmonisierung des Bezeichnungsrechts im Sinne einer weitgehenden Liberalisierung fehle.
15Die Bezeichnung „B. Naproxen" sei auch mit § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG unvereinbar, weil sie den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher irreführe. Mit der neuen Bezeichnung solle das für die Marke „B. " begründete Markenimage auf ein anderes Produkt übertragen werden. Im Gegensatz zum imagebegründenden „B. " enthalte das „neue" Produkt jedoch einen anderen Wirkstoff. Es könne nicht unterstellt werden, dass sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher der Unterschied zwischen Ibuprofen und Naproxen ohne weiteres erschließe. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass die übrigen B. -Produkte keinen wirkstoffbezogen Zusatz trügen und Naproxen als Kurzbezeichnung des zugelassenen Wirkstoffs Naproxen-Natrium im Gegensatz zu Ibuprofen nur wenigen Patienten geläufig sein dürfte. Damit könne der Zusatz der Funktion, Verwechselungen vorzubeugen, nicht gerecht werden. Ferner werde mit der Nennung eines Wirkstoffs neben einer Hauptbezeichnung regelmäßig die Vorstellung verbunden, in dem Arzneimittel sei ein zusätzlicher Wirkstoff enthalten. Dass die Präparate nah verwandte Anwendungsgebiete aufwiesen, rechtfertige keine andere Betrachtung. Anders als in früheren Jahrzehnten sei vielen Patienten, auch durch die zur Kostendämpfung geförderten generischen Arzneimittel, ein Denken in Wirkstoffkategorien durchaus nicht fremd. Zwar werde kaum ein Verbraucher wissen, was genau sich hinter Ibuprofen oder Naproxen verberge. Es könne aber unterstellt werden, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher, der „B. " einmal angewendet habe, diese Bezeichnung mit dem bekannten Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung bringe. Eine klare Trennung beider Wirkstoffe auch auf der Bezeichnungsebene sei umso mehr geboten, als sie hinsichtlich ihres Risikoprofils nicht deckungsgleich seien, wie die Beklagte nachvollziehbar ausgeführt habe.
16Mit der dagegen rechtzeitig eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend: Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass § 25 Abs. 3 AMG auch identische Teilbezeichnungen unabhängig von einer konkreten Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr verbiete. Ein solches Verständnis überdehne die Vorschrift und sei gemeinschaftsrechtswidrig, die Sache sei daher dem EuGH vorzulegen. Eine Bezeichnung sei nur dann gleich im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie vollständig übereinstimme. Es fehle auch an einer Irreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, die anhand der konkreten Einzelfallumstände zu ermitteln sei. Der Bezeichnungsbestandteil „B. “ führe weder zu Fehlvorstellungen hinsichtlich des Wirkstoffs noch zu Fehlvorstellungen hinsichtlich der Indikation, der therapeutischen Wirkung oder der Nebenwirkungen des Arzneimittels. Der Verbraucher assoziiere mit „B. “ keinen Wirkstoff, sondern den Anwendungsbereich „Schmerzbehandlung“. Anwendungsgebiete und therapeutische Wirksamkeit von Ibuprofen und Naproxen seien gleich oder wenigstens hinreichend ähnlich. Beide seien Propionsäure-Derivate und erzielten ihre therapeutische Wirkung über die Hemmung der Prostaglandinsynthese. Auch das Risikoprofil sei ausweislich der fast wortgleichen, vom BfArM zugelassenen Gebrauchsinformationen bzw. des 2013 herausgebrachten Mustertextes für Naproxen nahezu identisch; insbesondere fänden sich dort keine Hinweise auf signifikante Unterschiede im Bereich der Gerinnung/Thrombozytenagglutination oder auf einen ausgeprägteren schädigenden Effekt von Naproxen auf den Magen-Darm-Trakt. Ein unterschiedliches Risiko für thrombotische und kardiovaskuläre Ereignisse sowie für gastrointestinale Nebenwirkungen sei nach Stellungnahmen der EMA nicht nachweisbar. Dachmarkenkonzepte seien im Bereich der zur Schmerzbehandlung eingesetzten NSAR-Arzneimittel beim Verbraucher zudem allgemein bekannt. Der Verbraucher sei es insoweit auch gewohnt, dass unter einer Dachmarke verschiedene Wirkstoffe zusammengefasst würden. Der Bezeichnungsbestandteil „Naproxen“ habe ausreichende Unterscheidungskraft, um Verwechslungen mit ibuprofenhaltigen Arzneimitteln zu vermeiden. Solche Wirkstoffbezeichnungen als Bestandteil eines Arzneimittelnamens seien dem Verbraucher von den Generika bekannt. Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Auflage als milderes Mittel gegenüber der Versagung der Bezeichnungsänderung. Der Klägerin hätte – wie ohnehin beabsichtigt – durch Auflage aufgegeben werden können, die Bezeichnungen „B. “, „B. Forte“, „B. Spezial“ und „B. Mobil“ jeweils durch den Zusatz „Ibuprofen“ unmittelbar nach „B. “ zu ergänzen.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung trägt sie vor, mit § 25 Abs. 3 AMG sollten Risiken ausgeschlossen werden, die aus der Verwechslung eines Arzneimittels mit einem namensgleichen, aber unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimittel entstehen könnten. § 25 Abs. 3 AMG sei deshalb dahingehend auszulegen, dass er eine identische Hauptbezeichnung bei unterschiedlichen Wirkstoffen verbiete. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht nur bei vollständig identischer Bezeichnung. Die Bezeichnung sei auch im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG irreführend. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe aufgrund der Hauptbezeichnung „B. “ davon aus, dass das Arzneimittel den Wirkstoff Ibuprofen enthalte und hinsichtlich seiner Wirkungen gleich oder zumindest ähnlich zu den übrigen B. -Präparaten sei. Eine vollständige Gleichheit von Ibuprofen und Naproxen sei aber nicht gegeben, weil sie hinsichtlich des Risikopotentials nicht deckungsgleich seien. Für die Nebenwirkung Herzinfarkt bestehe nach dem „Assessment report for Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and cardiovascular risk“ vom 18. Dezember 2012 der EMA ein deutlicher Unterschied zwischen Naproxen (0,82) und Ibuprofen (1,61), wobei Werte über 1 die Blutgerinnung förderten. Darüber hinaus seien die unterschiedlichen Dosierungen zu beachten. Wegen der unterschiedlichen Risiko-Profile berge eine Verwechslung der Wirkstoffe aus medizinischer Sicht Risiken. Ein zusätzliches Irreführungspotential liege darin, dass ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher der Arzneimittelbezeichnung „B. Naproxen“ entnehme, dass zusätzlich zum markteingeführten „B. “ ein weiterer Wirkstoff enthalten sei. Kenne der Verbraucher das Produkt „B. “ oder habe er es verwendet, erwarte er, dass es den Wirkstoff Ibuprofen enthalte. Andernfalls bestehe die konkrete Gefahr, dass der Verbraucher davon ausgehe, dass dem in „B. “ üblicherweise enthaltenen Wirkstoff, den er namentlich nicht kenne, der zusätzliche Wirkstoff Naproxen hinzugefügt sei. Eine Auflagenerteilung komme als milderes Mittel nicht in Betracht. Das BfArM sei zu einer Auflage, andere Arzneimittel – ohne vorherige Änderungsanzeige – umzubenennen, nicht ermächtigt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
23Entscheidungsgründe
24Die Berufung, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 87a Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.
25Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage zu Unrecht abgewiesen. Die Ablehnung der Änderung der Arzneimittelbezeichnung in dem Bescheid des BfArM vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Bezeichnung des Arzneimittels in dem Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 von „B1. “ in „B. Naproxen“ geändert wird.
261. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG ist bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Ein Anspruch des Inhabers der Zulassung auf diese Änderung besteht aber nur, wenn gesetzliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen. Denn auch im Verfahren der Änderungsanzeige findet eine Überprüfung durch das BfArM statt. Die Arzneimittelbezeichnung ist wesentlicher Bestandteil der Zulassungsentscheidung. Der geänderte Zulassungsbescheid kann nur dann eine legale Zulassung aussprechen, wenn die Änderung mit den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes übereinstimmt. Dies setzt insbesondere voraus, dass keine Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 und 3 AMG vorliegen. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG schließt die Zulassung aus, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstößt.
27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 42, und vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 31; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 70; s. auch BVerwG, Beschluss vom 27. März 2008 - 3 B 91/07 -, juris, Rn. 5;
28Hier stehen gesetzliche Vorschriften der Änderung nicht entgegen. Die begehrte Bezeichnung „B. Naproxen“ ist mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG (2.) und mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG (3.) vereinbar.
292. Ein Verstoß gegen das Verbot gleicher Bezeichnung liegt nicht vor. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Diese Anforderungen an Arzneimittelbezeichnungen gelten nach den vorstehenden Erwägungen auch im Rahmen des § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen aber hier nicht vor.
30Die Bezeichnung „B. Naproxen“ wird nicht bereits für ein Arzneimittel mit anderen Wirkstoffen verwandt. Dass unter der gleichen Hauptbezeichnung „B. “, einer sogenannten Dachmarke, Arzneimittel zugelassen sind, rechtfertigt nicht die Annahme der unzulässigen Bezeichnungsgleichheit. Die – den Wirkstoff Ibuprofen enthaltenden – Arzneimittel heißen „B. ", „B. forte", „B. mobil" und „B. spezial".
31Eine gleiche Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die vollständig wortlautidentische Benennung des Arzneimittels, die als solche wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der Zulassung ist. Bei zusammengesetzten Bezeichnungen liegt eine gleiche Bezeichnung damit nicht schon dann vor, wenn ‑ wie bei einer Dachmarke eine Identität der Hauptbezeichnung gegeben ist.
32So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25 Rn. 88; Menges/ Winnands, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 288 ff.; vgl. in diese Richtung bereits OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris.
33Dachmarken sind nach der Definition des Markenverbands,
34vgl. B. 1. des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte für Arzneimittel, Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Medizinprodukte vom 8. Oktober 2002,
35Kennzeichen, die – ergänzt mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen – gleichzeitig für unterschiedliche Produkte verwendet werden, die sich entweder in ihrer Zweckbestimmung oder in ihrer Zusammensetzung nach Art der Bestandteile voneinander unterscheiden.
36a. Dass die Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels ist, folgt schon aus dem Wortlaut des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG, der nicht zwischen Hauptbezeichnung und ergänzenden Bezeichnungsbestandteilen differenziert. Der Gesetzgeber verwendet zudem einen Begriff, den er zwar in keiner zentralen Norm definiert, aber an zahlreichen Stellen des Arzneimittelgesetzes gebraucht. Die „Bezeichnung“ des Arzneimittels auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG), in der Packungsbeilage (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) AMG) und im Zulassungsantrag (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 AMG) meint selbstverständlich die vollständige Bezeichnung, die Gegenstand der Zulassung ist. Dieses Begriffsverständnis gilt – auch nach Auffassung der Beklagten – ebenso für die Frage, ob im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG eine irreführende Bezeichnung vorliegt. Nach der Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes und des Paul-Ehrlich-Institutes über Hinweise und Empfehlungen zur Vermeidung von irreführenden Arzneimittelbezeichnungen vom 9./22. August 1991 (BAnz., S. 6971) ist die Arzneimittelbezeichnung die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels, die die Hauptbezeichnung sowie ggf. einen Bezeichnungszusatz enthält (Definition 2.1).Weiter heißt es dort, dass die Hauptbezeichnung bei verschiedenen Arzneimitteln einer Arzneimittelserie stets gleich sei (2.2) und mit dem Bezeichnungszusatz ein Unterschied zu anderen Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung deutlich gemacht werden könne (2.3). Dieses Verständnis liegt auch der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln vom 20. März 2013 zugrunde. Danach ist die Bezeichnung der Name des Arzneimittels, der als Phantasiebezeichnung aus einem oder mehreren Wörtern (z.B. Bezeichnungszusätzen) bestehen kann (Ziffern I., II.2 und II.2.2). Dieses zwar nicht bindende, aber überzeugende Verständnis der Bezeichnung als vollständiger Bezeichnung steht auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Die „Bezeichnung“ im nationalen Recht entspricht dem „Namen“ des Arzneimittels im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG (in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung).
37So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 87; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, Ziffer I.
38Nach der Definition in Art. 1 Nr. 20 der Richtlinie 2001/83/EG ist Name des Arzneimittels der Name, der entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein kann. Dieser Name ist – entsprechend dem nationalen Recht – im Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zu nennen (Art. 8 Abs. 3 lit. b) und auf der äußeren Umhüllung bzw. Primärverpackung (Art. 54) sowie in der Packungsbeilage (Art. 59) anzugeben. Der Name ist danach auch im Unionsrecht der vollständige Name eines Arzneimittels.
39Dass im Rahmen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG der Begriff abweichend von den vorstehenden Ausführungen, insbesondere anders als im Rahmen des allgemeinen Irreführungsverbots des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu verstehen wäre, ist nicht ersichtlich. Es lässt sich auch nicht mit dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Vorschrift begründen. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG soll sicherstellen, dass der Verbraucher namensgleiche, aber unterschiedlich zusammengesetzte Arzneimittel nicht verwechselt, und damit die Arzneimittelsicherheit gewährleisten.
40Vgl. Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 86; Menges/Winnands, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O. § 10 Rn. 284; Rehmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2003, § 25 Rn. 14; Sander, Arzneimittelrecht, Erl. § 25 AMG, Anm. 12.
41Nach der Gesetzesbegründung soll § 25 Abs. 3 AMG zur Übersichtlichkeit über die im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen, indem er verhindert, dass ein pharmazeutischer Unternehmer Arzneimittel in den Verkehr bringt, die die gleiche Bezeichnung haben, die jedoch eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen (BT-Drs. 7/3060, S. 50). Ärzte, Apotheker und Verbraucher erwarteten unter einheitlicher Bezeichnung Arzneimittel, die aus den gleichen Wirkstoffen zusammengesetzt seien. Dem sei im Interesse der Arzneimittelsicherheit Rechnung zu tragen (BR-Drs. 596/85, S. 56 = BT-Drs. 10/5112, S. 18).
42Dieser Zweck des § 25 Abs. 3 AMG erfordert aber nicht die von der Beklagten befürwortete extensive Auslegung der Vorschrift. Verwechslungsgefahren, die sich aus der Teilidentität oder auch aus großer Ähnlichkeit von Bezeichnungen ergeben, sind bei der hier vertretenen Auslegung nicht hinzunehmen, sondern im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund der konkreten Einzelfallumstände zu prüfen und ggf. zu verhindern.
43b. Schließlich folgt aus der Verwendung des Begriffs „gleiche“ statt „dieselbe“ Bezeichnung nichts anderes. Gemeint ist eine – vollständige – Identität der Bezeichnungen.
44Vgl. Kügel, Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 88; Rehmann, a. a. O., § 25 Rn. 14.
45Der Gesetzgeber verwendet auch an anderer Stelle im Arzneimittelgesetz den Begriff „gleich“ und meint eine vollständige Übereinstimmung. So ist unstreitig, dass die Zulassung eines Generikums nach § 24b AMG die gänzlich identische Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und dieselbe Darreichungsform voraussetzt, auch wenn der Gesetzgeber in § 24 b Abs. 2 Satz 1 AMG das Wort „gleiche“ benutzt. Ob ähnliche, d.h. sich gleichende oder teilidentische Bezeichnungen zulässig sind oder eine Verwechslungsgefahr bedeuten, beurteilt sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund einer Prüfung im Einzelfall. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist – in der Art eines abstrakten Gefährdungstatbestands – eine Konkretisierung dieses Irreführungsgebots,
46vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2007 - 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 33.
47was im Übrigen ein weiteres Argument für ein gleichlaufendes Verständnis des Begriffs Bezeichnung in beiden Vorschriften und für die Verlagerung der Prüfung der konkreten Irreführungsgefahr in § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist.
48c. Liegen danach mangels vollständiger Bezeichnungsidentität die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht vor, kann offenbleiben, ob Unionsrecht der Anwendung dieser Vorschrift entgegensteht, weil dort kein entsprechender Versagungstatbestand existiert. Allerdings lässt sich der Richtlinie 2001/83/EG, insbesondere Art. 1 Nr. 20, Art. 59 Abs. 1 Satz 1 a) i), Art. 62 Halbsatz 2 sowie Art. 87 Abs. 3, das Verbot von irreführenden Bezeichnungen entnehmen.
49Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 35, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 81; zur weiteren Anwendbarkeit nationaler Rechtsvorschriften auf bestimmte rein nationale Zulassungen siehe auch Art. 24a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 (in der Fassung der Änderung vom 3. August 2012) i.V.m. Art. 23b Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG.
503. Die Bezeichnung „B. Naproxen“ ist auch mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG vereinbar. Diese Vorschrift verbietet es, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit einer irreführenden Bezeichnung versehen sind. Daran fehlt es hier.
51a. Eine irreführende Bezeichnung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Bezeichnung bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen, insbesondere über die Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels, weckt. Angesichts der Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und der mit falschen Erwartungen an Arzneimittel verbundenen Gesundheitsrisiken sind an die Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung von Arzneimitteln erhöhte Anforderungen zu stellen (sog. Strengeprinzip).
52Vgl. OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 – 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 36, vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 42 ff., und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, A & R 2013, 202 = juris, Rn. 46; BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 –, juris, Rn. 15.
53Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist nicht nur für fachlich informierte Per-sonengruppen wie Ärzte, Apotheker sowie Behörden von Bedeutung. Sie ist in besonderem Maße für die Information der Verbraucher der Arzneimittel wichtig, die typischerweise nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse verfügen. Bei – wie hier – rezeptfrei in Apotheken zur Selbstmedikation angebotenen Arzneimitteln sind weder Apotheker noch Käufer verpflichtet, ein Gespräch über die Eigenschaften und Wirkungen des Arzneimittels zu führen. Eine entsprechende Beratungsmöglichkeit wird häufig nicht in Anspruch genommen, so dass mögliche bezeichnungsbedingte Fehlvorstellungen der Verbraucher durch die Beratungsmöglichkeit nicht sicher bzw. nicht hinreichend wahrscheinlich ausgeschlossen werden können.
54Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 49 f., und vom 12. August 2009 – 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 47 ff.
55Bei der Ermittlung der durch die Bezeichnung des Arzneimittels ausgelösten Vorstellungen des Verbrauchers ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Dieser geht zu Recht davon aus, dass das Gesundheitswesen einschließlich der Arzneimittelwirtschaft staatlicherseits reguliert und überwacht wird. Er vertraut typischerweise darauf, dass die zugelassene Bezeichnung so eindeutig ist, dass sie keine Fehlvorstellungen bzw. Missverständnisse über das Arzneimittel auslöst.
56Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 52.
57Zur Ermittlung der Verbrauchervorstellungen ist keine Marktforschung erforderlich. Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde feststellen, wie die Bezeichnung durch einen nicht ganz unerheblichen Teil des Verkehrskreises verstanden wird, da seine Mitglieder selbst zu den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern zählen.
58Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 57, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 62, 68; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 –, GRUR 2004, 244 = juris, Rn. 18 bis 20.
59b. Gemessen an diesen Maßstäben ist bei einer Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Bezeichnung „B. Naproxen“ nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG irreführend.
60aa. Dabei ist zunächst die Hauptbezeichnung „B. “ in den Blick zu nehmen. Der Verbraucher misst bei Namen von Waren, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen, dem – typischerweise vorangestellten – Hauptbestandteil regelmäßig besondere Bedeutung für die Art bzw. Qualität der jeweiligen Ware zu. Im Rahmen einer zusammengesetzten Bezeichnung sind die sprachliche Bedeutung und die entsprechende Wahrnehmbarkeit des Hauptbestandteils regelmäßig so herausgehoben, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher mit diesem Bestandteil nicht allein eine produktunabhängige Werbeaussage, sondern eine produktbezogene Inhaltsangabe verbindet. Dies wird durch die gezielte Verwendung der Dachmarken als Marketing-Instrument belegt und gilt auch für die Bezeichnung von Arzneimitteln, die neben anderen Produkten Gegenstand des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte des Markenverbands sind. Bei einer Dachmarke, die seit mehreren Jahren für bestimmte Arzneimittel genutzt wird, besteht deshalb grundsätzlich die Gefahr, dass Verbraucher, die ein Präparat dieser Marke kennen, ein dieselbe Hauptbezeichnung führendes (neues) Arzneimittel hinsichtlich seines Anwendungsgebiets und seiner therapeutischen Wirksamkeit als gleich oder zumindest als ähnlich wahrnehmen. Diese Assoziation bereits bekannter (Wirk‑)Qualitäten ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch einer der zentralen Gründe, Dachmarken zu verwenden.
61Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 55 ff.
62Dies gilt grundsätzlich auch hier. Der Verbraucher wird dem Bezeichnungsbestandteil „B. “ besondere Bedeutung zumessen. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" tritt dahinter zurück. Das entspricht der (Marketing-)Strategie der Klägerin, die Dachmarke „B. " in den Vordergrund zu stellen und auf deren Wahrnehmung durch den Verbraucher zu setzen.
63Vgl. auch den Internetauftritt www.B. .de.
64Wie bekannt diese Dachmarke ist, ist hierfür ebenso unerheblich wie der Umstand, dass „B. “ ein Phantasiename ist, während der Zusatz „Naproxen“ einen Wirkstoff bezeichnet.
65Gleichwohl führt die Verwendung der Dachmarke „B. “ nicht zu erheblichen Fehlvorstellungen. Die Nutzung einer eingeführten Dachmarke für ein wirkstoffverschiedenes Arzneimittel ist zwar im Regelfall irreführend.
66Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, a. a. O. ; Kloesel/Cyran, § 8 Anm. 22; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 78; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 2013, Ziff. II 2.2.1 („zu vermeiden“); a. A. Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser, § 6 Rn. 76; European Medicines Agency (EMA), QRD recommendations on pack design and labelling for centrally authorised non-prescription human medicinal products, Draft, März 2011, Ziff. 4.1.2.
67Insbesondere lässt sich aus § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG, wonach in bestimmten Fällen ein (Alt-)Arzneimittel auch nach Änderung der Zusammensetzung mit gleicher Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden darf, nichts Gegenteiliges schließen.
68Hier ist die Verwendung der Dachmarke aufgrund der besonderen Einzelfallumstände weder unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung noch unter dem Aspekt der Herstellung einer gedanklichen Verbindung irreführend. Sie weckt auch unter Berücksichtigung strenger Anforderungen an Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung keine unzutreffenden Verbrauchererwartungen.
69Ob die Verwendung einer Dachmarke bei unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimitteln zulässig ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Unterschiede der Arzneimittel und der Gefahren, die bei einer etwaigen Verwechslung bestehen.
70Vgl. auch Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, S. 6 f. (Ziff. 2.2.1); EMA, Committe for human medicinal products (CHMP), Guideline on the acceptability of names for human medicinal products processed through the centralised procedure, 11. Dezember 2007, Ziff. 1. und 2.1.1.
71Sollte ein nicht ganz unerheblicher Teil der Verbraucher annehmen, das streitgegenständliche Arzneimittel diene wie die übrigen „B. “-Präparate der Behandlung von Schmerzen und Fieber und entfalte die gleichen therapeutischen Wirkungen, trifft dies – anders als etwa im Fall „Fenistil“ (Senatsurteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -) – zu. Das streitgegenständliche Arzneimittel enthält zwar den Wirkstoff Naproxen, während die markteingeführten „B. “-Produkte Ibuprofen enthalten. Die Anwendungsgebiete stimmen aber überein. Beide sind zugelassen zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und Fieber. Zudem sind die Wirkstoffe Ibuprofen und Naproxen der gleichen Wirkstoffgruppe zuzuordnen und der Wirkmechanismus ist identisch. Beide sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)/ nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAP bzw. NSAID), die schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend wirken. Naproxen gehört wie Ibuprofen der Wirkstoffklasse der nichtselektiven NSAR an (sogenannte COX-1/2-Hemmer). Ibuprofen und das später entdeckte und zugelassene Naproxen sind Arylpropionsäurederivate und wirken in gleicher Weise, indem sie das Enzym Cyclooxygenase (COX) blockieren und dadurch die Synthese der Prostaglandine, der für die Vermittlung von Schmerzempfindung verantwortlichen Botenstoffe, hemmen.
72Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, „Antiphlogistika, nichtsteroidale“; www.wikipedia.de zu „nichtsteroidales Antirheumatikum“, „Ibuprofen“ und zu „Naproxen“.
73Schließlich weist auch das Nebenwirkungsprofil keine erheblichen Unterschiede auf. Die Nebenwirkungshinweise und Gegenanzeigen in den Gebrauchsinformationen, auch die zuletzt vorgelegten aktuellen Fassungen (Gebrauchsinformation „B. “ aus März /August 2011) bzw. diesbezüglichen Mustertexte (zu Naproxen vom 20. November 2013), unterscheiden sich nur geringfügig, was sich mit der Zugehörigkeit der Wirkstoffe zur gleichen Wirkstoffklasse und der identischen Wirkweise erklären lässt. Aus vereinzelten Unterschieden in den Häufigkeiten bestimmter Nebenwirkungen lässt sich ebenfalls nicht auf ein unterschiedliches Nebenwirkungsprofil schließen, da hier statistische Fragen eine Rolle spielen und mal das eine, mal das andere Arzneimittel eine abweichende Häufigkeit verzeichnet. Soweit das BfArM höhere gastrointestinale Risiken von Naproxen betont, hat dies in den Nebenwirkungshinweisen keinen Niederschlag gefunden. Bestehen aber keine derartigen Unterschiede, dass es unterschiedlicher Hinweise bedürfte, sind die Unterschiede nicht als relevant einzuordnen.
74Darüber hinaus hat die – für die Irreführungsgefahr darlegungs- und beweispflichtige – Beklagte auch nicht aufgrund anderer Erkenntnisse nachvollziehbar dargelegt, dass gleichwohl ein unterschiedliches Risikoprofil besteht. Zwar stützen bestimmte Studien und Datensammlungen ihre Auffassung, dass Naproxen geringere kardiovaskuläre und Thrombose-Risiken birgt und deshalb für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren vorteilhafter ist.
75Vgl. Trelle et al., Cardiovascular safety of non-steroidal anti-inflammatory drugs: network meta-analysis, BMJ 2011, 342:7086, S. 6, 10; EMA, Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs), 7. November 2006, S. 18, 20; EMA, Assessment report for Non Steroidal Anti-Inflammatory Drugs (NSAIDs) and cardio-vascular risk, 18. Oktober 2012, S. 10, 24, 26.
76Abgesehen davon, dass ein geringeres Risiko wohl nur bei deutlich höherer Dosierung und längerer Anwendungsdauer als hier im OTC-Bereich besteht, kann dieser Umstand der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Eine Verwechslung erwiese sich insoweit als vorteilhaft, so dass ein Schutzbedürfnis der Verbraucher nicht besteht. Die Behauptung der Beklagten, Naproxen habe gegenüber Ibuprofen einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt, ist demgegenüber nicht wissenschaftlich belegt. Das BfArM führt hierfür nur die Ergebnisse einer Studie aus 1994 zu den Risiken von blutenden Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren an (Langman M et al., Lancet 1994, 343:1075). Die Studie selbst liegt nicht vor. Demgegenüber besteht nach der neueren Studie von Lewis et a. („Risk of serious upper gastrointestinal toxicity with over-the-counter nonaspirin nonsteroidal anti-inflammatory drugs“, Gastroenterology 2005, 129:1865) kein signifikanter Unterschied für das Risiko „gastrointestinale Toxizität“ zwischen Naproxen und Ibuprofen. Diese Schlussfolgerung teilte auch der Sachverständigenausschuss des BfArM zur Verschreibungspflicht (69. Sitzung am 26. Juni 2012). Nach einer Studie von Singh G (Am J Ther 2000, 7: 115) liegt das relevante Risiko von Ibuprofen bei 3,5, das von Naproxen bei 3,42 bei einem Wert von 3,92 für alle NSAIDs. Die EMA geht nach dem „Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs)” vom 7. November 2006 (Seite 5) davon aus, die verfügbaren Daten erlaubten keine präzise Quantifizierung der Risiken ernster gastrointestinaler Nebenwirkungen bei verschiedenen NSAIDs; es bestünden Anhaltspunkte für eine Dosisabhängigkeit. Es sei nicht möglich, sichere Schlussfolgerungen zu den relativen Risiken für gastrointestinale Nebenwirkungen der einzelnen Produkte zu ziehen. Zwar gebe es Hinweise für ein geringfügig höheres Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen bei Naproxen, die Erkenntnisse für entsprechende Schlussfolgerungen seien aber nur schwach. Bei Ibuprofen könnten die günstigeren Annahmen auf der Verwendung niedriger Dosen und kurzzeitigen Anwendungen beruhen. Ein unterschiedliches Risikoprofil lässt sich damit nicht belegen.
77Hier maßgebliche Unterschiede kann die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass für die Arzneimittel unterschiedliche Altersgrenzen (Kinder ab 6 Jahren bei „B. “ und „B. Forte“, ab 12 Jahren beim streitgegenständlichen Arzneimittel) und abweichende Dosierungsangaben gelten. Der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher geht nicht bei Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung davon aus, dass sie auch in Wirkstoffmenge, Dosierung und Gegenanzeigen für die Anwendung bei Kindern identisch sind. Dass auch das BfArM dies bisher so gesehen hat, zeigt unter anderem die Zulassung der bisherigen B. -Produkte unter gleicher Hauptbezeichnung, die in Bezug auf diese Gesichtspunkte ebenfalls Unterschiede aufweisen. So ist „B. Spezial“ im Unterschied zu den beiden anderen „B. “-Produkten ebenfalls erst für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Wie die Klägerin im Klageverfahren näher dargelegt hat, ergibt sich hier die Anwendungsbeschränkung aus der Wirkstoffmenge und lässt daher insbesondere keinen Schluss auf ein anderes Risikoprofil des Wirkstoffs zu. Hinzu kommt, dass das hier streitgegenständliche Produkt vielfach bei akuten Zuständen, d.h. nicht nur von chronisch Kranken genutzt wird. Der Verbraucher wird sich auch vor der Einnahme eines schon bekannten Arzneimittels über die Dosierung und die Anwendbarkeit bei Kindern informieren, zumal sich hier aufgrund neuerer Erkenntnisse auch Änderungen ergeben können.
78Eine Irreführung könnte danach lediglich über das Vorhandensein des Wirkstoffs Ibuprofen bzw. dahingehend bestehen, dass es sich um das (wirkstoff-)gleiche Präparat handele. Der Wirkstoff ist ein wesentliches Merkmal eines Arzneimittels. Eine diesbezügliche Fehlvorstellung setzte aber voraus, dass der Durchschnittsverbraucher bzw. ein nicht unerheblicher Teil der aufgeklärten Verbraucher mit dem Phantasienamen „B. “ einen bestimmten Wirkstoff verbindet bzw. den „Wirkstoff hinter B. “ nunmehr bei jedem Produkt der Serie erwartet. Davon ist hier nicht auszugehen. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verbraucher regelmäßig mit einem Arzneimittelnamen einen bestimmten Wirkstoff verbindet. Typischerweise wird der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher mit der Bezeichnung nur das Anwendungsgebiet und gegebenenfalls noch einen bestimmten Wirkmechanismus verbinden. Hier kommt hinzu, dass zahlreiche Produkte mit dem Wirkstoff Ibuprofen im Verkehr sind, diesen teilweise auch im Namen tragen, und „B. “ deshalb nicht aufgrund seiner Alleinstellung mit Ibuprofen assoziiert wird.
79Ferner ist für die Ermittlung der (Fehl‑)Vorstellung eines nicht unerheblichen Teils der aufgeklärten Verbraucher von Bedeutung, dass nicht von einer besonderen Bekanntheit der Dachmarke auszugehen ist. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass eine Irreführung nicht nur bei berühmten Namen in Betracht kommt. Unter anderem vom Bekanntheitsgrad hängt aber ab, ob bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher eine Verwechslungsgefahr besteht.
80Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 11. November 1997 ‑ Rs. C-251/95 (Puma) -, Rn. 22.
81Je weniger bekannt ein Produkt bzw. eine Marke ist, desto geringer ist die Irreführungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung. Die von der Klägerin hier mitgeteilten Verkaufszahlen und Marktanteile lassen auf einen geringen Bekanntheitsgrad schließen. „B. “ hatte im Jahr 2013 bei 429.500 verkauften Packungen einen Marktanteil bei den ibuprofenhaltigen Analgetika von 0,9 Prozent (2009: 1,9 % ,2010: 1,6 %, 2011: 1,3 %, 2012: 1,1 %). Demgegenüber hatte etwa E. einen Marktanteil von zuletzt 15 % (2009: 24,8 %), J. -ratiopharm einen Marktanteil von 11,7 % (2009: 15,2 %). Nimmt man die apothekenpflichtigen Analgetika insgesamt in den Blick, betrug der Marktanteil 2013 lediglich 0,3 Prozent (2009: und 2010: jeweils 0,4 %, 2011 und 2012: jeweils 0,3 %). Angesichts dessen ist die Gruppe derjenigen, die „B. “ kennen, nicht als hinreichend bedeutender Teil der angesprochenen Verkehrskreise einzuordnen. Abgesehen davon ist nicht davon auszugehen, dass diese Gruppe „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung mit.
82Auf die Verbrauchervorstellung wirkt sich weiterhin aus, dass gerade im Bereich der Schmerzbehandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika seit vielen Jahren zahlreiche Dachmarken mit verschiedenen Wirkstoffen auf dem Markt sind, insbesondere seit den 1990er Jahren „E. “ (Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen), das einen um ein Vielfaches höheren Marktanteil hat als „B. “, ferner O. , U. und U1. . Dies verschafft der Klägerin zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Das Argument der Beklagten, die Irreführungsgefahr könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass irreführende Produkte auf dem Markt seien, greift aber nicht durch. Die hier maßgeblichen Vorstellungen und Erwartungen des Verbrauchers in Bezug auf die streitgegenständliche Bezeichnung werden auch durch die tatsächlichen Verhältnisse in dem Marktsegment geprägt. Da das BfArM in der Vergangenheit Dachmarken für verschiedene Wirkstoffe im Bereich der Schmerzmedikation zugelassen hat, und dies auch bei bekannten Marken mit hohem Marktanteil, erwartet der Verbraucher jedenfalls in diesem Bereich unter einer Dachmarke nicht stets Arzneimittel mit einer identischen Zusammensetzung.
83Vgl. auch Sander, PharmR 2013, 359 (360).
84Die Annahme des Verwaltungsgerichts, Verbraucher nutzten zunehmend Generika und ihnen sei ein Denken in Wirkstoffkategorien nicht fremd, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Daraus lässt sich nur auf eine Vertrautheit mit (wirkstoffgleichen) preiswerteren Alternativprodukten, nicht aber darauf schließen, dass Verbraucher umgekehrt bei Arzneimitteln einer Serie bzw. Dachmarke denselben Wirkstoff erwarten. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Verbraucher sich Kenntnis vom Wirkstoff verschafft. Nahe liegender dürfte sein, dass ihn nur interessiert, ob er mit dem Generikum „das Gleiche“ erhält wie vom Arzt verschrieben oder bisher von ihm verwendet. Geht man aber davon aus, der aufgeklärte Verbraucher informiere sich über den Wirkstoff von Arzneimitteln, muss dies gerade auch für das streitgegenständliche Arzneimittel gelten, zumal diesem eine Wirkstoffbezeichnung hinzugefügt ist.
85bb. Durch den Zusatz „Naproxen“ zur Hauptbezeichnung „B. “ ist eine hinreichende Unterscheidung zu den anderen Arzneimittelbezeichnungen der Dachmarke gewährleistet. Zwar hat der Senat im „Fenistil“-Urteil angenommen, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe bei einer bekannten Dachmarke davon aus, dem in den markteingeführten Produkten enthaltenen Wirkstoff sei ein weiterer Wirkstoff hinzugefügt.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 65 f.
87Hier liegt der Fall aber anders. Aus den vorstehenden Gründen wird kein hinreichender Teil der angesprochenen Verkehrskreise „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen und „B. Naproxen“ mit den markteingeführten „B. “-Produkten verbinden. Er wird deshalb auch nicht annehmen, „B. Naproxen“ sei „B. “ (= Ibuprofen) plus Naproxen. Eine Verbrauchererwartung, dass Arzneimittel, deren mehrteiliger Name eine Wirkstoffbezeichnung beinhaltet, stets zwei Wirkstoffe (den „hinter B. “ sowie „Naproxen“) enthalten, besteht nicht. Abgesehen davon wird der aufgeklärte Verbraucher, der die markteingeführten „B. “-Produkte kennt, angesichts der Existenz von zahlreichen (bekannteren) Dachmarken im Bereich der Schmerzmedikamente mit unterschiedlichen Wirkstoffen besondere Sorgfalt an den Tag legen, sollte es ihm auf „B. “ mit einem bestimmten Wirkstoff ankommen.
88Im Übrigen strebt die Klägerin die Umbenennung ihrer markteingeführten B. -Produkte dahingehend an, dass dort – analog zum Zusatz „Naproxen“ beim streitgegenständlichen Arzneimitteln – jeweils der Zusatz „Ibuprofen“ ergänzt wird. Sie hat in der Berufungsverhandlung erklärt, mit Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Produkts unter der neuen Bezeichnung die alten Produkte nur noch mit einer geänderten, um „Ibuprofen“ ergänzten Bezeichnung in den Verkehr bringen zu wollen. Enthalten aber alle Produkte der Dachmarke „B. “ den entsprechenden Wirkstoffzusatz in der Bezeichnung, wird – den hier allein bestehenden – Irreführungs- und Verwechslungsgefahren in Bezug auf den Wirkstoff hinreichend vorgebeugt.
89So auch Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O., § 6 Rn. 76.
90Der Verbraucher wird dann bei gleicher Hauptbezeichnung keine Wirkstoffidentität erwarten. Dies hat auch das BfArM in der Berufungsverhandlung eingeräumt. Dass dann für eine Übergangszeit noch Arzneimittel mit der bisherigen Bezeichnung im Verkehr sind, ist angesichts der übrigen hier angeführten Umstände hinnehmbar. Anders als in den von § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG und Ziffer 2.2.2 der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts vom 20. März 2013 erfassten Fällen der Übertragung bzw. Weiterverwendung einer Bezeichnung für ein anderes Arzneimittel mit einem anderen Wirkstoff, für die eine Wartezeit von fünf Jahren vorgesehen ist, unterscheiden sich die markteingeführten „B. “-Produkte und „B. Naproxen“ durch den Wirkstoffzusatz.
91cc. Selbst wenn man aber annähme, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher assoziiere mit „B. “ die markteingeführten Produkte, gehe also aufgrund der Hauptbezeichnung davon aus, „B. Naproxen“ enthalte den gleichen Wirkstoff, ergänzt um Naproxen, rechtfertigte diese Fehlvorstellung bei verfassungskonformer Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht die Ablehnung der Bezeichnungsänderung.
92§ 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG dient der Arzneimittelsicherheit, dem in § 1 AMG verankerten zentralen Ziel des Arzneimittelgesetzes, und, das zeigen die Regelbeispiele in 3 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG, dem Schutz des Verbrauchers vor Täuschungen über die Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln. Die Bestimmung beschränkt die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die auch eine Wahlfreiheit bei Bezeichnungen und Marketingstrategien einschließt. Die Beschränkung ist in ihrer abstrakt-generellen Form zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren gerechtfertigt.
93Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 71 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 29; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 76; Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O. § 8 Rn. 18.
94Aus der hohen Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit resultiert ein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Werbemaßnahmen für die Gesundheit gelten als besonders wirksam. Mit irreführenden Angaben können Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung insgesamt verbunden sein. Einschränkungen der grundrechtlich geschützten Individualinteressen des pharmazeutischen Unternehmers an der freien Wahl der Arzneimittelbezeichnung sind aber im Einzelfall nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt, wenn eine Bezeichnungsänderung nicht die Gefahr irrtümlicher Arzneimittelanwendungen birgt. So liegt der Fall hier. Nach den obigen Ausführungen ist nicht davon auszugehen, dass die Verwechslung der Arzneimittel – unterstellt, es käme überhaupt dazu – Gesundheitsgefahren begründet, da sie bei gleicher Indikation in gleicher Weise wirken und das Nebenwirkungsprofil sich nicht unterscheidet.
95Hiervon ausgehend steht § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht per se dem unternehmerischen Bemühen entgegen, das positive Image einer Marke auf weitere Arzneimittel zu transferieren bzw. eine solche Dachmarke auf- und auszubauen. Eine Beschränkung der Bezeichnungsfreiheit ist hier auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Eigenschaften von „B. Naproxen“ falsch oder übertrieben dargestellt würden (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG) und die Klägerin zu Unrecht die Wertschätzung der Marke „B. “ ausnutzen wollte. Die von der Beklagte angeführte Annahme, der Verbraucher verbinde mit „B. “ die Vorstellung einer Arzneimittelwirkung dergestalt, dass es sich um ein der Behandlung von Schmerzen dienendes Arzneimittel derselben Qualität und Güte wie die ihm bekannten markteingeführten Arzneimittel handele, ist aus den oben ausgeführten Gründen nicht falsch. Wird dem streitgegenständlichen Arzneimittel zutreffend eine therapeutische Wirksamkeit „wie bei B. “ beigemessen, findet damit keine Ruf-Ausbeutung statt, zumal „B. Naproxen“ kein neues Arzneimitteil, sondern ein seit 1998 zugelassenes und nur unter einer anderen Bezeichnung vertriebenes Produkt ist.
96Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
98Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
(1) Fertigarzneimittel, die sich am 1. Januar 1978 im Verkehr befinden, gelten als zugelassen, wenn sie sich am 1. September 1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister nach dem Arzneimittelgesetz 1961 eingetragen werden.
(2) Fertigarzneimittel nach Absatz 1 müssen innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem 1. Januar 1978 der zuständigen Bundesoberbehörde unter Mitteilung der Bezeichnung der wirksamen Bestandteile nach Art und Menge und der Anwendungsgebiete angezeigt werden. Bei der Anzeige homöopathischer Arzneimittel kann die Mitteilung der Anwendungsgebiete entfallen. Eine Ausfertigung der Anzeige ist der zuständigen Behörde unter Mitteilung der vorgeschriebenen Angaben zu übersenden. Die Fertigarzneimittel dürfen nur weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn die Anzeige fristgerecht eingeht.
(3) Die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels erlischt abweichend von § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 am 30. April 1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder auf Registrierung vor dem Zeitpunkt des Erlöschens gestellt wird, oder das Arzneimittel durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder von der Registrierung freigestellt ist. § 31 Abs. 4 Satz 1 findet auf die Zulassung nach Satz 1 Anwendung, sofern die Erklärung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis zum 31. Januar 2001 abgegeben wird.
(3a) Bei Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 ist bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung eine Änderung nach § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, soweit sie die Anwendungsgebiete betrifft, und Nr. 3 nur dann zulässig, sofern sie zur Behebung der von der zuständigen Bundesoberbehörde dem Antragsteller mitgeteilten Mängel bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit erforderlich ist; im Übrigen findet auf Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 keine Anwendung. Ein Fertigarzneimittel nach Absatz 1, das nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, darf bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung abweichend von § 29 Abs. 3
- 1.
in geänderter Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile nach Art und Menge, wenn die Änderung sich darauf beschränkt, dass ein oder mehrere bislang enthaltene arzneilich wirksame Bestandteile nach der Änderung nicht mehr oder in geringerer Menge enthalten sind, - 2.
mit geänderter Menge des arzneilich wirksamen Bestandteils und innerhalb des bisherigen Anwendungsbereiches mit geänderter Indikation, wenn das Arzneimittel insgesamt dem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis angepasst wird, - 3.
(weggefallen) - 4.
mit geänderter Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile, soweit es sich um ein Arzneimittel mit mehreren wirksamen Bestandteilen handelt, deren Anzahl verringert worden ist, oder - 5.
mit geänderter Art oder Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile ohne Erhöhung ihrer Anzahl innerhalb des gleichen Anwendungsbereichs und der gleichen Therapierichtung, wenn das Arzneimittel insgesamt einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis oder einem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegten Muster für ein Arzneimittel angepasst und das Arzneimittel durch die Anpassung nicht verschreibungspflichtig wird,
(4) Dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung sind abweichend von § 31 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 beizufügen. Den Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3a sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 bestimmt die zuständige Bundesoberbehörde im Einzelnen. Auf Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde sind ferner Unterlagen einzureichen, die die ausreichende biologische Verfügbarkeit der arzneilich wirksamen Bestandteile des Arzneimittels belegen, sofern das nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist. Ein bewertendes Sachverständigengutachten ist beizufügen. § 22 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 bis 7 und § 23 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 bis 5 sind innerhalb von vier Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.
(4a) Zu dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 sind die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie die Gutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 bis zum 1. Februar 2001 nachzureichen, soweit diese Unterlagen nicht bereits vom Antragsteller vorgelegt worden sind; § 22 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. Satz 1 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Für Vollblut, Plasma und Blutzellen menschlichen Ursprungs bedarf es abweichend von Satz 1 nicht der Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 sowie des Gutachtens nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, es sei denn, dass darin Stoffe enthalten sind, die nicht im menschlichen Körper vorkommen. Ausgenommen in den Fällen des § 109a erlischt die Zulassung, wenn die in den Sätzen 1 bis 3 genannten Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht worden sind.
(4b) (weggefallen)
(4c) Ist das Arzneimittel nach Absatz 3 bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG zugelassen, ist die Verlängerung der Zulassung zu erteilen, wenn
- 1.
sich das Arzneimittel in dem anderen Mitgliedstaat im Verkehr befindet und - 2.
der Antragsteller - a)
alle in § 22 Abs. 6 vorgesehenen Angaben macht und die danach erforderlichen Kopien beifügt und - b)
schriftlich erklärt, dass die eingereichten Unterlagen nach den Absätzen 4 und 4a mit den Zulassungsunterlagen übereinstimmen, auf denen die Zulassung in dem anderen Mitgliedstaat beruht,
(4d) Dem Antrag auf Registrierung sind abweichend von § 38 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 beizufügen. Die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15 und Abs. 2 Nr. 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 sind der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung einzureichen. § 22 Abs. 4 bis 7 mit Ausnahme des Entwurfs einer Fachinformation findet entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 und 3 sind innerhalb von zwei Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.
(4e) Für die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder Registrierung nach Absatz 3 Satz 1 finden § 25 Abs. 5 Satz 5 und § 39 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(4f) Die Zulassung nach Absatz 1 ist auf Antrag nach Absatz 3 Satz 1 um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 vorliegt; für weitere Verlängerungen findet § 31 Anwendung. Die Besonderheiten einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) sind zu berücksichtigen.
(4g) Bei Arzneimitteln, die Blutzubereitungen sind, findet § 25 Abs. 8 entsprechende Anwendung.
(5) Bei Beanstandungen hat der Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von zwölf Monaten nach Mitteilung der Beanstandungen, den Mängeln abzuhelfen; die Mängelbeseitigung ist in einem Schriftsatz darzulegen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Die zuständige Bundesbehörde hat in allen geeigneten Fällen keine Beanstandung nach Satz 1 erster Halbsatz auszusprechen, sondern die Verlängerung der Zulassung auf der Grundlage des Absatzes 5a Satz 1 und 2 mit einer Auflage zu verbinden, mit der dem Antragsteller aufgegeben wird, die Mängel innerhalb einer von ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmenden Frist zu beheben.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 mit Auflagen verbinden. Auflagen können neben der Sicherstellung der in § 28 Abs. 2 genannten Anforderungen auch die Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit zum Inhalt haben, es sei denn, dass wegen gravierender Mängel der pharmazeutischen Qualität, der Wirksamkeit oder der Unbedenklichkeit Beanstandungen nach Absatz 5 mitgeteilt oder die Verlängerung der Zulassung versagt werden muss. Im Bescheid über die Verlängerung ist anzugeben, ob der Auflage unverzüglich oder bis zu einem von der zuständigen Bundesoberbehörde festgelegten Zeitpunkt entsprochen werden muss. Die Erfüllung der Auflagen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung einer eidesstattlichen Erklärung eines unabhängigen Gegensachverständigen mitzuteilen, in der bestätigt wird, dass die Qualität des Arzneimittels dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. § 25 Abs. 5 Satz 5, 6 und 8 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zweite Alternative gelten entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten entsprechend für die Registrierung nach Absatz 3 Satz 1.
(5b) Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 nicht statt. Die sofortige Vollziehung soll nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet werden, es sei denn, dass die Vollziehung für den pharmazeutischen Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5c) Abweichend von Absatz 3 Satz 1 erlischt die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bis zum 31. Dezember 1999 erklärt hat, dass er den Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 zurücknimmt am 1. Februar 2001, es sei denn, das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung ist nach Satz 2 wieder aufzugreifen. Hatte der pharmazeutische Unternehmer nach einer vor dem 17. August 1994 ausgesprochenen Anforderung nach Absatz 4 Satz 2 die nach Absatz 4 erforderlichen Unterlagen fristgerecht eingereicht oder lag der Einreichungszeitpunkt für das betreffende Arzneimittel nach diesem Datum oder ist die Anforderung für das betreffende Arzneimittel erst nach diesem Datum ausgesprochen worden, so ist das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung von der zuständigen Bundesoberbehörde auf seinen Antrag wieder aufzugreifen; der Antrag ist bis zum 31. Januar 2001 unter Vorlage der Unterlagen nach Absatz 4a Satz 1 zu stellen.
(5d) Die Absatz 3 Satz 2 und Absätze 3a bis 5c gelten entsprechend für Arzneimittel, für die gemäß § 4 Abs. 2 der EG-Rechts-Überleitungsverordnung vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2915) Anlage 3 zu § 2 Nr. 2 Kapitel II Nr. 1 und 2 bis zum 30. Juni 1991 ein Verlängerungsantrag gestellt wurde.
(6) (weggefallen)
(7) (weggefallen)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 verpflichtet, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. Naproxen" zu ändern.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Inhaberin der mit Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 16. Juni 1998 erteilten Zulassung für das apothekenpflichtige Fertigarzneimittel „B1. " (Zulassungs-Nr. …). Das schmerzstillende, fiebersenkende und entzündungshemmende Antiphlogistikum/Analgetikum ist für die Anwendungsgebiete „leichte bis mäßig starke Schmerzen“ und „Fieber" zugelassen. Wirkstoff ist „Naproxen-Natrium", 220 mg je Filmtablette.
3Mit am 14. Juni 2010 eingegangener Änderungsanzeige vom 11. Juni 2010 zeigte die Klägerin die Änderung der Arzneimittelbezeichnung von „B1. " in „B. Naproxen" an. Monoarzneimittel mit dem Bezeichnungsbestandteil „B. " sind nach ihren Angaben seit 1989 auf dem Markt, derzeit in Deutschland, Österreich und Polen. Sie enthalten jeweils den Wirkstoff Ibuprofen und sind zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen wie Kopf-, Zahn- oder Regelschmerzen sowie bei Fieber zugelassen („B. ", „B. forte", „B. mobil"; „B. spezial" auch zur Behandlung akuter Kopfschmerzen bei Migräne mit und ohne Aura). Eine Umsetzung der Bezeichnungsänderung ist durch die Klägerin bislang nicht erfolgt.
4Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 teilte das BfArM der Klägerin mit, es halte die Änderung für unzulässig, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Bezeichnung verstoße gegen das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, da sie geeignet sei, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats zu wecken. Mit Blick auf die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und die hohe Werbewirkung gesundheitsbezogener Aussagen seien an den Ausschluss einer Irreführung hohe Maßstäbe anzulegen. Die Bezeichnung „B. " betreffe eine für mehrere Monoarzneimittel verwendete Marke, die der Verbraucher mit dem Wirkstoff „Ibuprofen" in Verbindung bringe. Dieser Verbrauchererwartung werde nicht entsprochen, wenn „B1. " zukünftig als „B. Naproxen" erhältlich sei. Für einen Teil der Verbraucher sei anzunehmen, dass sie den Zusatz „Naproxen" ignorierten oder nicht als Hinweis auf einen Wirkstoff wahrnähmen und „B. Naproxen" in der Erwartung kauften, das Präparat enthalte weiterhin Ibuprofen. Zudem sei die Vorstellung möglich, dass „B. Naproxen" neben Naproxen auch Ibuprofen enthalte. Mit dem Versuch, das in Bezug auf die Marke „B. " bestehende Verbrauchervertrauen auf das Arzneimittel zu übertragen, betreibe die Klägerin eine „positive Rufausbeutung", die mit dem Irreführungsverbot nicht vereinbar sei. Die Bezeichnungsänderung verstoße auch gegen den in § 25 Abs. 3 AMG enthaltenen Rechtsgedanken, der als Konkretisierung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu sehen sei. Denn es werde gegen die gängige Verbrauchererwartung verstoßen, dass unter einer bestimmten Arzneimittelbezeichnung nur ein Wirkstoff oder eine fixe Wirkstoffkombination vermarktet werde. Mit Schreiben vom 17. August 2010 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sich die Bezeichnung „B. Naproxen" deutlich genug von anderen unterscheide. Zudem verwies sie auf die Wirkstoffangaben auf der Faltschachtel und im Beipackzettel.
5Durch Bescheid vom 8. September 2010 stellte das BfArM fest, dass das Arzneimittel nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG irreführend bezeichnet sei, und wiederholte die Begründung des Anhörungsschreibens. Eine Änderung des Zulassungsbescheids nach § 29 Abs. 2 AMG bzw. der Zulassungsunterlagen gemäß § 22 AMG werde nicht vorgenommen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das BfArM durch Widerspruchsbescheid vom 16. März 2011 zurück.
6Die Klägerin hat am 8. April 2011 beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die getroffene Feststellung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechten auf Meinungs- und Berufsfreiheit sowie in ihrem Eigentumsrecht. Im Bereich nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) gebe es bereits zahlreiche Dachmarken vergleichbarer
7Art, bei denen unter einer Hauptbezeichnung verschiedene Wirkstoffe vermarktet würden (z. B. „E. ®" oder „O. ®"). Auf dem deutschen Markt existiere eine sehr große Anzahl Ibuprofen-haltiger Arzneimittel, die entweder Phantasie-Bezeichnungen oder die Wirkstoffbezeichnung trügen. Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG sei schon deshalb nicht gegeben, weil kein anderes Arzneimittel mit der vollständig identischen Bezeichnung „B. Naproxen" auf dem Markt sei und deshalb keine Verwechselungsgefahr bestehe. „B. " sei jedenfalls keine überragende Hauptbezeichnung und erzeuge keine Assoziation zu einem bestimmten Wirkstoff. Vielmehr handele es sich um eine Phantasiebezeichnung, der die Fachsprache keinen bestimmten Wortsinn zuordne und die auch umgangssprachlich weder mit dem Bedeutungsgehalt „ibuprofenhaltiges Präparat" aufgeladen noch mit einem bestimmten Wirkkonzept verknüpft sei. Dessen ungeachtet sei das Wirkkonzept ibuprofenhaltiger und naproxenhaltiger Arzneimittel (Blockade der Cyclooxygenase, dadurch Hemmung der Prostaglandinsynthese) nahezu identisch. Überdies sei die nichtssagende Phantasiebezeichnung „B. " mit der konkreten und ungekürzten Bezeichnung des Wirkstoffs „Naproxen" verbunden, dem starke Assoziationskraft zukomme. Auch finde keine „positive Rufausbeutung" statt, weil die Bezeichnung „B. Naproxen" nicht Ibuprofen suggeriere und auch das Wirkkonzept vergleichbar sei. Zudem weiche § 25 Abs. 3 AMG unzulässigerweise in einem vollharmonisierten Bereich von der Richtlinie 2001/83/EG ab, die kein pauschales Verbot gleicher Arzneimittelbezeichnungen kenne. Eine lrreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG finde nicht statt. Der Bezeichnungsbestandteil „B. " sei schon von vornherein nicht geeignet, Fehlvorstellungen des Verbrauchers in Bezug auf die Wirkstoffzusammensetzung zu wecken. Der Zusatz „Naproxen" sei gerade zutreffend und schließe eine sprachliche Verwechslung mit anderen B. -Produkten aus.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. ® Naproxen" zu ändern.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Bezeichnungsänderung stehe § 25 Abs. 3 AMG entgegen. Die amtliche Begründung zu § 25 Abs. 3 AMG stelle klar, dass die Norm zur Übersichtlichkeit der im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen solle, indem sie verhindere, dass Arzneimittel in den Verkehr gebracht würden, die bei gleicher Bezeichnung unterschiedliche Zusammensetzungen aufwiesen. Hieraus sei der Grundsatz ableitbar, dass Arzneimittel unter gleicher Bezeichnung nur zuzulassen seien, wenn ihre Wirkstoffzusammensetzung identisch sei. Dies gelte auch für Bezeichnungen, die aus einer Hauptbezeichnung und einem Zusatz bestünden. Andernfalls liefe die Vorschrift praktisch leer, da schon jeder noch so geringfügige Zusatz zu einer Hauptbezeichnung zur Folge habe, dass keine gleiche Bezeichnung vorläge. § 25 Abs. 3 AMG sei auch europarechtskonform, da sich die Norm auf Art. 1 Abs. 20 und das allgemeine Irreführungsverbot des Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG zurückführen lasse.
13Die gewählte Bezeichnung sei auch irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Der durchschnittliche Verbraucher vertraue darauf, dass Arzneimittel einer Serie, die unter der gleichen Hauptbezeichnung mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen in den Verkehr gebracht würden, den gleichen Wirkstoff enthielten. Er verbinde mit der Hauptbezeichnung „B. " zumindest ein Schmerzmittel derselben Qualität und Güte wie die bekannten Arzneimittel der Marke „B. ". Ibuprofen und Naproxen-Natrium seien aber durchaus verschieden. Naproxen zeige zum Bespiel deutlich weniger thrombozytenagglutinierende Eigenschaften als Ibuprofen, was für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren von Bedeutung sei. Naproxen habe demgegenüber einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt. Unzutreffend sei, dass der Verbraucher mit einer Phantasiebezeichnung wie „B. " gar keine Vorstellung verbinde. Wie bei jedem anderen Arzneimittel gehe er zumindest davon aus, dass auch das Basispräparat „B. " einen bestimmten Wirkstoff enthalte. Mit der Bezeichnungsänderung werde der für „B. " aufgebaute gute Ruf für einen gänzlich anderen Wirkstoff ausgebeutet und eine Kontinuität und Verbindung zu den übrigen B. -Präparaten vorgespiegelt. Die Fehlvorstellung werde auch nicht durch den Zusatz „Naproxen" beseitigt; im Gegenteil werde die falsche Erwartungshaltung hervorgerufen, das Arzneimittel enthalte neben Ibuprofen zusätzlich noch Naproxen. Auch komme es nicht darauf an, ob die Hauptbezeichnung eine überragende Marktpräsenz oder eine bestimmte Berühmtheit besitze. Maßgeblich sei, ob sie die anderen Bezeichnungsbestandteile überrage. Unbeachtlich sei der Umstand, dass sich die Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit möglicherweise anders dargestellt habe. Das BfArM prüfe diese Fälle und werde gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen einleiten.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. April 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf seine Entscheidung vom 12. April 2011 - 7 K 4284/09 („Fenistil“) - Bezug genommen und weiter ausgeführt: Die von der Klägerin gewählte Bezeichnung „B. Naproxen" sei mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG unvereinbar. Die Hauptbezeichnung „B. " sei eine seit Jahren markteingeführte Arzneimittelbezeichnung, die durchgehend Präparate mit dem Wirkstoff lbuprofen umfasse. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" trete hinter der Hauptbezeichnung deutlich zurück und präge die Arzneimittelbezeichnung nicht. Auf eine etwaige abweichende Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit, insbesondere bei der Nachzulassung fiktiv zugelassener Alt-Arzneimittel, könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sich die hier relevanten Fragen auf der Ebene der Tatbestandsauslegung zwingender Rechtsvorschriften, nicht aber im Bereich der Ermessensausübung stellten. § 25 Abs. 3 AMG sei europarechtskonform, weil es bei Arzneimitteln an einer unionsweiten Harmonisierung des Bezeichnungsrechts im Sinne einer weitgehenden Liberalisierung fehle.
15Die Bezeichnung „B. Naproxen" sei auch mit § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG unvereinbar, weil sie den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher irreführe. Mit der neuen Bezeichnung solle das für die Marke „B. " begründete Markenimage auf ein anderes Produkt übertragen werden. Im Gegensatz zum imagebegründenden „B. " enthalte das „neue" Produkt jedoch einen anderen Wirkstoff. Es könne nicht unterstellt werden, dass sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher der Unterschied zwischen Ibuprofen und Naproxen ohne weiteres erschließe. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass die übrigen B. -Produkte keinen wirkstoffbezogen Zusatz trügen und Naproxen als Kurzbezeichnung des zugelassenen Wirkstoffs Naproxen-Natrium im Gegensatz zu Ibuprofen nur wenigen Patienten geläufig sein dürfte. Damit könne der Zusatz der Funktion, Verwechselungen vorzubeugen, nicht gerecht werden. Ferner werde mit der Nennung eines Wirkstoffs neben einer Hauptbezeichnung regelmäßig die Vorstellung verbunden, in dem Arzneimittel sei ein zusätzlicher Wirkstoff enthalten. Dass die Präparate nah verwandte Anwendungsgebiete aufwiesen, rechtfertige keine andere Betrachtung. Anders als in früheren Jahrzehnten sei vielen Patienten, auch durch die zur Kostendämpfung geförderten generischen Arzneimittel, ein Denken in Wirkstoffkategorien durchaus nicht fremd. Zwar werde kaum ein Verbraucher wissen, was genau sich hinter Ibuprofen oder Naproxen verberge. Es könne aber unterstellt werden, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher, der „B. " einmal angewendet habe, diese Bezeichnung mit dem bekannten Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung bringe. Eine klare Trennung beider Wirkstoffe auch auf der Bezeichnungsebene sei umso mehr geboten, als sie hinsichtlich ihres Risikoprofils nicht deckungsgleich seien, wie die Beklagte nachvollziehbar ausgeführt habe.
16Mit der dagegen rechtzeitig eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend: Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass § 25 Abs. 3 AMG auch identische Teilbezeichnungen unabhängig von einer konkreten Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr verbiete. Ein solches Verständnis überdehne die Vorschrift und sei gemeinschaftsrechtswidrig, die Sache sei daher dem EuGH vorzulegen. Eine Bezeichnung sei nur dann gleich im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie vollständig übereinstimme. Es fehle auch an einer Irreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, die anhand der konkreten Einzelfallumstände zu ermitteln sei. Der Bezeichnungsbestandteil „B. “ führe weder zu Fehlvorstellungen hinsichtlich des Wirkstoffs noch zu Fehlvorstellungen hinsichtlich der Indikation, der therapeutischen Wirkung oder der Nebenwirkungen des Arzneimittels. Der Verbraucher assoziiere mit „B. “ keinen Wirkstoff, sondern den Anwendungsbereich „Schmerzbehandlung“. Anwendungsgebiete und therapeutische Wirksamkeit von Ibuprofen und Naproxen seien gleich oder wenigstens hinreichend ähnlich. Beide seien Propionsäure-Derivate und erzielten ihre therapeutische Wirkung über die Hemmung der Prostaglandinsynthese. Auch das Risikoprofil sei ausweislich der fast wortgleichen, vom BfArM zugelassenen Gebrauchsinformationen bzw. des 2013 herausgebrachten Mustertextes für Naproxen nahezu identisch; insbesondere fänden sich dort keine Hinweise auf signifikante Unterschiede im Bereich der Gerinnung/Thrombozytenagglutination oder auf einen ausgeprägteren schädigenden Effekt von Naproxen auf den Magen-Darm-Trakt. Ein unterschiedliches Risiko für thrombotische und kardiovaskuläre Ereignisse sowie für gastrointestinale Nebenwirkungen sei nach Stellungnahmen der EMA nicht nachweisbar. Dachmarkenkonzepte seien im Bereich der zur Schmerzbehandlung eingesetzten NSAR-Arzneimittel beim Verbraucher zudem allgemein bekannt. Der Verbraucher sei es insoweit auch gewohnt, dass unter einer Dachmarke verschiedene Wirkstoffe zusammengefasst würden. Der Bezeichnungsbestandteil „Naproxen“ habe ausreichende Unterscheidungskraft, um Verwechslungen mit ibuprofenhaltigen Arzneimitteln zu vermeiden. Solche Wirkstoffbezeichnungen als Bestandteil eines Arzneimittelnamens seien dem Verbraucher von den Generika bekannt. Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Auflage als milderes Mittel gegenüber der Versagung der Bezeichnungsänderung. Der Klägerin hätte – wie ohnehin beabsichtigt – durch Auflage aufgegeben werden können, die Bezeichnungen „B. “, „B. Forte“, „B. Spezial“ und „B. Mobil“ jeweils durch den Zusatz „Ibuprofen“ unmittelbar nach „B. “ zu ergänzen.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung trägt sie vor, mit § 25 Abs. 3 AMG sollten Risiken ausgeschlossen werden, die aus der Verwechslung eines Arzneimittels mit einem namensgleichen, aber unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimittel entstehen könnten. § 25 Abs. 3 AMG sei deshalb dahingehend auszulegen, dass er eine identische Hauptbezeichnung bei unterschiedlichen Wirkstoffen verbiete. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht nur bei vollständig identischer Bezeichnung. Die Bezeichnung sei auch im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG irreführend. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe aufgrund der Hauptbezeichnung „B. “ davon aus, dass das Arzneimittel den Wirkstoff Ibuprofen enthalte und hinsichtlich seiner Wirkungen gleich oder zumindest ähnlich zu den übrigen B. -Präparaten sei. Eine vollständige Gleichheit von Ibuprofen und Naproxen sei aber nicht gegeben, weil sie hinsichtlich des Risikopotentials nicht deckungsgleich seien. Für die Nebenwirkung Herzinfarkt bestehe nach dem „Assessment report for Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and cardiovascular risk“ vom 18. Dezember 2012 der EMA ein deutlicher Unterschied zwischen Naproxen (0,82) und Ibuprofen (1,61), wobei Werte über 1 die Blutgerinnung förderten. Darüber hinaus seien die unterschiedlichen Dosierungen zu beachten. Wegen der unterschiedlichen Risiko-Profile berge eine Verwechslung der Wirkstoffe aus medizinischer Sicht Risiken. Ein zusätzliches Irreführungspotential liege darin, dass ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher der Arzneimittelbezeichnung „B. Naproxen“ entnehme, dass zusätzlich zum markteingeführten „B. “ ein weiterer Wirkstoff enthalten sei. Kenne der Verbraucher das Produkt „B. “ oder habe er es verwendet, erwarte er, dass es den Wirkstoff Ibuprofen enthalte. Andernfalls bestehe die konkrete Gefahr, dass der Verbraucher davon ausgehe, dass dem in „B. “ üblicherweise enthaltenen Wirkstoff, den er namentlich nicht kenne, der zusätzliche Wirkstoff Naproxen hinzugefügt sei. Eine Auflagenerteilung komme als milderes Mittel nicht in Betracht. Das BfArM sei zu einer Auflage, andere Arzneimittel – ohne vorherige Änderungsanzeige – umzubenennen, nicht ermächtigt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
23Entscheidungsgründe
24Die Berufung, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 87a Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.
25Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage zu Unrecht abgewiesen. Die Ablehnung der Änderung der Arzneimittelbezeichnung in dem Bescheid des BfArM vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Bezeichnung des Arzneimittels in dem Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 von „B1. “ in „B. Naproxen“ geändert wird.
261. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG ist bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Ein Anspruch des Inhabers der Zulassung auf diese Änderung besteht aber nur, wenn gesetzliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen. Denn auch im Verfahren der Änderungsanzeige findet eine Überprüfung durch das BfArM statt. Die Arzneimittelbezeichnung ist wesentlicher Bestandteil der Zulassungsentscheidung. Der geänderte Zulassungsbescheid kann nur dann eine legale Zulassung aussprechen, wenn die Änderung mit den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes übereinstimmt. Dies setzt insbesondere voraus, dass keine Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 und 3 AMG vorliegen. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG schließt die Zulassung aus, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstößt.
27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 42, und vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 31; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 70; s. auch BVerwG, Beschluss vom 27. März 2008 - 3 B 91/07 -, juris, Rn. 5;
28Hier stehen gesetzliche Vorschriften der Änderung nicht entgegen. Die begehrte Bezeichnung „B. Naproxen“ ist mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG (2.) und mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG (3.) vereinbar.
292. Ein Verstoß gegen das Verbot gleicher Bezeichnung liegt nicht vor. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Diese Anforderungen an Arzneimittelbezeichnungen gelten nach den vorstehenden Erwägungen auch im Rahmen des § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen aber hier nicht vor.
30Die Bezeichnung „B. Naproxen“ wird nicht bereits für ein Arzneimittel mit anderen Wirkstoffen verwandt. Dass unter der gleichen Hauptbezeichnung „B. “, einer sogenannten Dachmarke, Arzneimittel zugelassen sind, rechtfertigt nicht die Annahme der unzulässigen Bezeichnungsgleichheit. Die – den Wirkstoff Ibuprofen enthaltenden – Arzneimittel heißen „B. ", „B. forte", „B. mobil" und „B. spezial".
31Eine gleiche Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die vollständig wortlautidentische Benennung des Arzneimittels, die als solche wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der Zulassung ist. Bei zusammengesetzten Bezeichnungen liegt eine gleiche Bezeichnung damit nicht schon dann vor, wenn ‑ wie bei einer Dachmarke eine Identität der Hauptbezeichnung gegeben ist.
32So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25 Rn. 88; Menges/ Winnands, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 288 ff.; vgl. in diese Richtung bereits OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris.
33Dachmarken sind nach der Definition des Markenverbands,
34vgl. B. 1. des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte für Arzneimittel, Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Medizinprodukte vom 8. Oktober 2002,
35Kennzeichen, die – ergänzt mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen – gleichzeitig für unterschiedliche Produkte verwendet werden, die sich entweder in ihrer Zweckbestimmung oder in ihrer Zusammensetzung nach Art der Bestandteile voneinander unterscheiden.
36a. Dass die Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels ist, folgt schon aus dem Wortlaut des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG, der nicht zwischen Hauptbezeichnung und ergänzenden Bezeichnungsbestandteilen differenziert. Der Gesetzgeber verwendet zudem einen Begriff, den er zwar in keiner zentralen Norm definiert, aber an zahlreichen Stellen des Arzneimittelgesetzes gebraucht. Die „Bezeichnung“ des Arzneimittels auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG), in der Packungsbeilage (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) AMG) und im Zulassungsantrag (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 AMG) meint selbstverständlich die vollständige Bezeichnung, die Gegenstand der Zulassung ist. Dieses Begriffsverständnis gilt – auch nach Auffassung der Beklagten – ebenso für die Frage, ob im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG eine irreführende Bezeichnung vorliegt. Nach der Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes und des Paul-Ehrlich-Institutes über Hinweise und Empfehlungen zur Vermeidung von irreführenden Arzneimittelbezeichnungen vom 9./22. August 1991 (BAnz., S. 6971) ist die Arzneimittelbezeichnung die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels, die die Hauptbezeichnung sowie ggf. einen Bezeichnungszusatz enthält (Definition 2.1).Weiter heißt es dort, dass die Hauptbezeichnung bei verschiedenen Arzneimitteln einer Arzneimittelserie stets gleich sei (2.2) und mit dem Bezeichnungszusatz ein Unterschied zu anderen Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung deutlich gemacht werden könne (2.3). Dieses Verständnis liegt auch der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln vom 20. März 2013 zugrunde. Danach ist die Bezeichnung der Name des Arzneimittels, der als Phantasiebezeichnung aus einem oder mehreren Wörtern (z.B. Bezeichnungszusätzen) bestehen kann (Ziffern I., II.2 und II.2.2). Dieses zwar nicht bindende, aber überzeugende Verständnis der Bezeichnung als vollständiger Bezeichnung steht auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Die „Bezeichnung“ im nationalen Recht entspricht dem „Namen“ des Arzneimittels im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG (in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung).
37So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 87; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, Ziffer I.
38Nach der Definition in Art. 1 Nr. 20 der Richtlinie 2001/83/EG ist Name des Arzneimittels der Name, der entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein kann. Dieser Name ist – entsprechend dem nationalen Recht – im Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zu nennen (Art. 8 Abs. 3 lit. b) und auf der äußeren Umhüllung bzw. Primärverpackung (Art. 54) sowie in der Packungsbeilage (Art. 59) anzugeben. Der Name ist danach auch im Unionsrecht der vollständige Name eines Arzneimittels.
39Dass im Rahmen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG der Begriff abweichend von den vorstehenden Ausführungen, insbesondere anders als im Rahmen des allgemeinen Irreführungsverbots des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu verstehen wäre, ist nicht ersichtlich. Es lässt sich auch nicht mit dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Vorschrift begründen. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG soll sicherstellen, dass der Verbraucher namensgleiche, aber unterschiedlich zusammengesetzte Arzneimittel nicht verwechselt, und damit die Arzneimittelsicherheit gewährleisten.
40Vgl. Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 86; Menges/Winnands, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O. § 10 Rn. 284; Rehmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2003, § 25 Rn. 14; Sander, Arzneimittelrecht, Erl. § 25 AMG, Anm. 12.
41Nach der Gesetzesbegründung soll § 25 Abs. 3 AMG zur Übersichtlichkeit über die im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen, indem er verhindert, dass ein pharmazeutischer Unternehmer Arzneimittel in den Verkehr bringt, die die gleiche Bezeichnung haben, die jedoch eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen (BT-Drs. 7/3060, S. 50). Ärzte, Apotheker und Verbraucher erwarteten unter einheitlicher Bezeichnung Arzneimittel, die aus den gleichen Wirkstoffen zusammengesetzt seien. Dem sei im Interesse der Arzneimittelsicherheit Rechnung zu tragen (BR-Drs. 596/85, S. 56 = BT-Drs. 10/5112, S. 18).
42Dieser Zweck des § 25 Abs. 3 AMG erfordert aber nicht die von der Beklagten befürwortete extensive Auslegung der Vorschrift. Verwechslungsgefahren, die sich aus der Teilidentität oder auch aus großer Ähnlichkeit von Bezeichnungen ergeben, sind bei der hier vertretenen Auslegung nicht hinzunehmen, sondern im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund der konkreten Einzelfallumstände zu prüfen und ggf. zu verhindern.
43b. Schließlich folgt aus der Verwendung des Begriffs „gleiche“ statt „dieselbe“ Bezeichnung nichts anderes. Gemeint ist eine – vollständige – Identität der Bezeichnungen.
44Vgl. Kügel, Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 88; Rehmann, a. a. O., § 25 Rn. 14.
45Der Gesetzgeber verwendet auch an anderer Stelle im Arzneimittelgesetz den Begriff „gleich“ und meint eine vollständige Übereinstimmung. So ist unstreitig, dass die Zulassung eines Generikums nach § 24b AMG die gänzlich identische Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und dieselbe Darreichungsform voraussetzt, auch wenn der Gesetzgeber in § 24 b Abs. 2 Satz 1 AMG das Wort „gleiche“ benutzt. Ob ähnliche, d.h. sich gleichende oder teilidentische Bezeichnungen zulässig sind oder eine Verwechslungsgefahr bedeuten, beurteilt sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund einer Prüfung im Einzelfall. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist – in der Art eines abstrakten Gefährdungstatbestands – eine Konkretisierung dieses Irreführungsgebots,
46vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2007 - 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 33.
47was im Übrigen ein weiteres Argument für ein gleichlaufendes Verständnis des Begriffs Bezeichnung in beiden Vorschriften und für die Verlagerung der Prüfung der konkreten Irreführungsgefahr in § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist.
48c. Liegen danach mangels vollständiger Bezeichnungsidentität die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht vor, kann offenbleiben, ob Unionsrecht der Anwendung dieser Vorschrift entgegensteht, weil dort kein entsprechender Versagungstatbestand existiert. Allerdings lässt sich der Richtlinie 2001/83/EG, insbesondere Art. 1 Nr. 20, Art. 59 Abs. 1 Satz 1 a) i), Art. 62 Halbsatz 2 sowie Art. 87 Abs. 3, das Verbot von irreführenden Bezeichnungen entnehmen.
49Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 35, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 81; zur weiteren Anwendbarkeit nationaler Rechtsvorschriften auf bestimmte rein nationale Zulassungen siehe auch Art. 24a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 (in der Fassung der Änderung vom 3. August 2012) i.V.m. Art. 23b Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG.
503. Die Bezeichnung „B. Naproxen“ ist auch mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG vereinbar. Diese Vorschrift verbietet es, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit einer irreführenden Bezeichnung versehen sind. Daran fehlt es hier.
51a. Eine irreführende Bezeichnung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Bezeichnung bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen, insbesondere über die Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels, weckt. Angesichts der Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und der mit falschen Erwartungen an Arzneimittel verbundenen Gesundheitsrisiken sind an die Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung von Arzneimitteln erhöhte Anforderungen zu stellen (sog. Strengeprinzip).
52Vgl. OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 – 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 36, vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 42 ff., und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, A & R 2013, 202 = juris, Rn. 46; BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 –, juris, Rn. 15.
53Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist nicht nur für fachlich informierte Per-sonengruppen wie Ärzte, Apotheker sowie Behörden von Bedeutung. Sie ist in besonderem Maße für die Information der Verbraucher der Arzneimittel wichtig, die typischerweise nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse verfügen. Bei – wie hier – rezeptfrei in Apotheken zur Selbstmedikation angebotenen Arzneimitteln sind weder Apotheker noch Käufer verpflichtet, ein Gespräch über die Eigenschaften und Wirkungen des Arzneimittels zu führen. Eine entsprechende Beratungsmöglichkeit wird häufig nicht in Anspruch genommen, so dass mögliche bezeichnungsbedingte Fehlvorstellungen der Verbraucher durch die Beratungsmöglichkeit nicht sicher bzw. nicht hinreichend wahrscheinlich ausgeschlossen werden können.
54Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 49 f., und vom 12. August 2009 – 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 47 ff.
55Bei der Ermittlung der durch die Bezeichnung des Arzneimittels ausgelösten Vorstellungen des Verbrauchers ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Dieser geht zu Recht davon aus, dass das Gesundheitswesen einschließlich der Arzneimittelwirtschaft staatlicherseits reguliert und überwacht wird. Er vertraut typischerweise darauf, dass die zugelassene Bezeichnung so eindeutig ist, dass sie keine Fehlvorstellungen bzw. Missverständnisse über das Arzneimittel auslöst.
56Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 52.
57Zur Ermittlung der Verbrauchervorstellungen ist keine Marktforschung erforderlich. Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde feststellen, wie die Bezeichnung durch einen nicht ganz unerheblichen Teil des Verkehrskreises verstanden wird, da seine Mitglieder selbst zu den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern zählen.
58Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 57, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 62, 68; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 –, GRUR 2004, 244 = juris, Rn. 18 bis 20.
59b. Gemessen an diesen Maßstäben ist bei einer Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Bezeichnung „B. Naproxen“ nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG irreführend.
60aa. Dabei ist zunächst die Hauptbezeichnung „B. “ in den Blick zu nehmen. Der Verbraucher misst bei Namen von Waren, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen, dem – typischerweise vorangestellten – Hauptbestandteil regelmäßig besondere Bedeutung für die Art bzw. Qualität der jeweiligen Ware zu. Im Rahmen einer zusammengesetzten Bezeichnung sind die sprachliche Bedeutung und die entsprechende Wahrnehmbarkeit des Hauptbestandteils regelmäßig so herausgehoben, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher mit diesem Bestandteil nicht allein eine produktunabhängige Werbeaussage, sondern eine produktbezogene Inhaltsangabe verbindet. Dies wird durch die gezielte Verwendung der Dachmarken als Marketing-Instrument belegt und gilt auch für die Bezeichnung von Arzneimitteln, die neben anderen Produkten Gegenstand des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte des Markenverbands sind. Bei einer Dachmarke, die seit mehreren Jahren für bestimmte Arzneimittel genutzt wird, besteht deshalb grundsätzlich die Gefahr, dass Verbraucher, die ein Präparat dieser Marke kennen, ein dieselbe Hauptbezeichnung führendes (neues) Arzneimittel hinsichtlich seines Anwendungsgebiets und seiner therapeutischen Wirksamkeit als gleich oder zumindest als ähnlich wahrnehmen. Diese Assoziation bereits bekannter (Wirk‑)Qualitäten ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch einer der zentralen Gründe, Dachmarken zu verwenden.
61Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 55 ff.
62Dies gilt grundsätzlich auch hier. Der Verbraucher wird dem Bezeichnungsbestandteil „B. “ besondere Bedeutung zumessen. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" tritt dahinter zurück. Das entspricht der (Marketing-)Strategie der Klägerin, die Dachmarke „B. " in den Vordergrund zu stellen und auf deren Wahrnehmung durch den Verbraucher zu setzen.
63Vgl. auch den Internetauftritt www.B. .de.
64Wie bekannt diese Dachmarke ist, ist hierfür ebenso unerheblich wie der Umstand, dass „B. “ ein Phantasiename ist, während der Zusatz „Naproxen“ einen Wirkstoff bezeichnet.
65Gleichwohl führt die Verwendung der Dachmarke „B. “ nicht zu erheblichen Fehlvorstellungen. Die Nutzung einer eingeführten Dachmarke für ein wirkstoffverschiedenes Arzneimittel ist zwar im Regelfall irreführend.
66Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, a. a. O. ; Kloesel/Cyran, § 8 Anm. 22; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 78; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 2013, Ziff. II 2.2.1 („zu vermeiden“); a. A. Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser, § 6 Rn. 76; European Medicines Agency (EMA), QRD recommendations on pack design and labelling for centrally authorised non-prescription human medicinal products, Draft, März 2011, Ziff. 4.1.2.
67Insbesondere lässt sich aus § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG, wonach in bestimmten Fällen ein (Alt-)Arzneimittel auch nach Änderung der Zusammensetzung mit gleicher Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden darf, nichts Gegenteiliges schließen.
68Hier ist die Verwendung der Dachmarke aufgrund der besonderen Einzelfallumstände weder unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung noch unter dem Aspekt der Herstellung einer gedanklichen Verbindung irreführend. Sie weckt auch unter Berücksichtigung strenger Anforderungen an Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung keine unzutreffenden Verbrauchererwartungen.
69Ob die Verwendung einer Dachmarke bei unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimitteln zulässig ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Unterschiede der Arzneimittel und der Gefahren, die bei einer etwaigen Verwechslung bestehen.
70Vgl. auch Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, S. 6 f. (Ziff. 2.2.1); EMA, Committe for human medicinal products (CHMP), Guideline on the acceptability of names for human medicinal products processed through the centralised procedure, 11. Dezember 2007, Ziff. 1. und 2.1.1.
71Sollte ein nicht ganz unerheblicher Teil der Verbraucher annehmen, das streitgegenständliche Arzneimittel diene wie die übrigen „B. “-Präparate der Behandlung von Schmerzen und Fieber und entfalte die gleichen therapeutischen Wirkungen, trifft dies – anders als etwa im Fall „Fenistil“ (Senatsurteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -) – zu. Das streitgegenständliche Arzneimittel enthält zwar den Wirkstoff Naproxen, während die markteingeführten „B. “-Produkte Ibuprofen enthalten. Die Anwendungsgebiete stimmen aber überein. Beide sind zugelassen zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und Fieber. Zudem sind die Wirkstoffe Ibuprofen und Naproxen der gleichen Wirkstoffgruppe zuzuordnen und der Wirkmechanismus ist identisch. Beide sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)/ nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAP bzw. NSAID), die schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend wirken. Naproxen gehört wie Ibuprofen der Wirkstoffklasse der nichtselektiven NSAR an (sogenannte COX-1/2-Hemmer). Ibuprofen und das später entdeckte und zugelassene Naproxen sind Arylpropionsäurederivate und wirken in gleicher Weise, indem sie das Enzym Cyclooxygenase (COX) blockieren und dadurch die Synthese der Prostaglandine, der für die Vermittlung von Schmerzempfindung verantwortlichen Botenstoffe, hemmen.
72Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, „Antiphlogistika, nichtsteroidale“; www.wikipedia.de zu „nichtsteroidales Antirheumatikum“, „Ibuprofen“ und zu „Naproxen“.
73Schließlich weist auch das Nebenwirkungsprofil keine erheblichen Unterschiede auf. Die Nebenwirkungshinweise und Gegenanzeigen in den Gebrauchsinformationen, auch die zuletzt vorgelegten aktuellen Fassungen (Gebrauchsinformation „B. “ aus März /August 2011) bzw. diesbezüglichen Mustertexte (zu Naproxen vom 20. November 2013), unterscheiden sich nur geringfügig, was sich mit der Zugehörigkeit der Wirkstoffe zur gleichen Wirkstoffklasse und der identischen Wirkweise erklären lässt. Aus vereinzelten Unterschieden in den Häufigkeiten bestimmter Nebenwirkungen lässt sich ebenfalls nicht auf ein unterschiedliches Nebenwirkungsprofil schließen, da hier statistische Fragen eine Rolle spielen und mal das eine, mal das andere Arzneimittel eine abweichende Häufigkeit verzeichnet. Soweit das BfArM höhere gastrointestinale Risiken von Naproxen betont, hat dies in den Nebenwirkungshinweisen keinen Niederschlag gefunden. Bestehen aber keine derartigen Unterschiede, dass es unterschiedlicher Hinweise bedürfte, sind die Unterschiede nicht als relevant einzuordnen.
74Darüber hinaus hat die – für die Irreführungsgefahr darlegungs- und beweispflichtige – Beklagte auch nicht aufgrund anderer Erkenntnisse nachvollziehbar dargelegt, dass gleichwohl ein unterschiedliches Risikoprofil besteht. Zwar stützen bestimmte Studien und Datensammlungen ihre Auffassung, dass Naproxen geringere kardiovaskuläre und Thrombose-Risiken birgt und deshalb für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren vorteilhafter ist.
75Vgl. Trelle et al., Cardiovascular safety of non-steroidal anti-inflammatory drugs: network meta-analysis, BMJ 2011, 342:7086, S. 6, 10; EMA, Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs), 7. November 2006, S. 18, 20; EMA, Assessment report for Non Steroidal Anti-Inflammatory Drugs (NSAIDs) and cardio-vascular risk, 18. Oktober 2012, S. 10, 24, 26.
76Abgesehen davon, dass ein geringeres Risiko wohl nur bei deutlich höherer Dosierung und längerer Anwendungsdauer als hier im OTC-Bereich besteht, kann dieser Umstand der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Eine Verwechslung erwiese sich insoweit als vorteilhaft, so dass ein Schutzbedürfnis der Verbraucher nicht besteht. Die Behauptung der Beklagten, Naproxen habe gegenüber Ibuprofen einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt, ist demgegenüber nicht wissenschaftlich belegt. Das BfArM führt hierfür nur die Ergebnisse einer Studie aus 1994 zu den Risiken von blutenden Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren an (Langman M et al., Lancet 1994, 343:1075). Die Studie selbst liegt nicht vor. Demgegenüber besteht nach der neueren Studie von Lewis et a. („Risk of serious upper gastrointestinal toxicity with over-the-counter nonaspirin nonsteroidal anti-inflammatory drugs“, Gastroenterology 2005, 129:1865) kein signifikanter Unterschied für das Risiko „gastrointestinale Toxizität“ zwischen Naproxen und Ibuprofen. Diese Schlussfolgerung teilte auch der Sachverständigenausschuss des BfArM zur Verschreibungspflicht (69. Sitzung am 26. Juni 2012). Nach einer Studie von Singh G (Am J Ther 2000, 7: 115) liegt das relevante Risiko von Ibuprofen bei 3,5, das von Naproxen bei 3,42 bei einem Wert von 3,92 für alle NSAIDs. Die EMA geht nach dem „Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs)” vom 7. November 2006 (Seite 5) davon aus, die verfügbaren Daten erlaubten keine präzise Quantifizierung der Risiken ernster gastrointestinaler Nebenwirkungen bei verschiedenen NSAIDs; es bestünden Anhaltspunkte für eine Dosisabhängigkeit. Es sei nicht möglich, sichere Schlussfolgerungen zu den relativen Risiken für gastrointestinale Nebenwirkungen der einzelnen Produkte zu ziehen. Zwar gebe es Hinweise für ein geringfügig höheres Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen bei Naproxen, die Erkenntnisse für entsprechende Schlussfolgerungen seien aber nur schwach. Bei Ibuprofen könnten die günstigeren Annahmen auf der Verwendung niedriger Dosen und kurzzeitigen Anwendungen beruhen. Ein unterschiedliches Risikoprofil lässt sich damit nicht belegen.
77Hier maßgebliche Unterschiede kann die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass für die Arzneimittel unterschiedliche Altersgrenzen (Kinder ab 6 Jahren bei „B. “ und „B. Forte“, ab 12 Jahren beim streitgegenständlichen Arzneimittel) und abweichende Dosierungsangaben gelten. Der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher geht nicht bei Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung davon aus, dass sie auch in Wirkstoffmenge, Dosierung und Gegenanzeigen für die Anwendung bei Kindern identisch sind. Dass auch das BfArM dies bisher so gesehen hat, zeigt unter anderem die Zulassung der bisherigen B. -Produkte unter gleicher Hauptbezeichnung, die in Bezug auf diese Gesichtspunkte ebenfalls Unterschiede aufweisen. So ist „B. Spezial“ im Unterschied zu den beiden anderen „B. “-Produkten ebenfalls erst für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Wie die Klägerin im Klageverfahren näher dargelegt hat, ergibt sich hier die Anwendungsbeschränkung aus der Wirkstoffmenge und lässt daher insbesondere keinen Schluss auf ein anderes Risikoprofil des Wirkstoffs zu. Hinzu kommt, dass das hier streitgegenständliche Produkt vielfach bei akuten Zuständen, d.h. nicht nur von chronisch Kranken genutzt wird. Der Verbraucher wird sich auch vor der Einnahme eines schon bekannten Arzneimittels über die Dosierung und die Anwendbarkeit bei Kindern informieren, zumal sich hier aufgrund neuerer Erkenntnisse auch Änderungen ergeben können.
78Eine Irreführung könnte danach lediglich über das Vorhandensein des Wirkstoffs Ibuprofen bzw. dahingehend bestehen, dass es sich um das (wirkstoff-)gleiche Präparat handele. Der Wirkstoff ist ein wesentliches Merkmal eines Arzneimittels. Eine diesbezügliche Fehlvorstellung setzte aber voraus, dass der Durchschnittsverbraucher bzw. ein nicht unerheblicher Teil der aufgeklärten Verbraucher mit dem Phantasienamen „B. “ einen bestimmten Wirkstoff verbindet bzw. den „Wirkstoff hinter B. “ nunmehr bei jedem Produkt der Serie erwartet. Davon ist hier nicht auszugehen. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verbraucher regelmäßig mit einem Arzneimittelnamen einen bestimmten Wirkstoff verbindet. Typischerweise wird der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher mit der Bezeichnung nur das Anwendungsgebiet und gegebenenfalls noch einen bestimmten Wirkmechanismus verbinden. Hier kommt hinzu, dass zahlreiche Produkte mit dem Wirkstoff Ibuprofen im Verkehr sind, diesen teilweise auch im Namen tragen, und „B. “ deshalb nicht aufgrund seiner Alleinstellung mit Ibuprofen assoziiert wird.
79Ferner ist für die Ermittlung der (Fehl‑)Vorstellung eines nicht unerheblichen Teils der aufgeklärten Verbraucher von Bedeutung, dass nicht von einer besonderen Bekanntheit der Dachmarke auszugehen ist. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass eine Irreführung nicht nur bei berühmten Namen in Betracht kommt. Unter anderem vom Bekanntheitsgrad hängt aber ab, ob bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher eine Verwechslungsgefahr besteht.
80Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 11. November 1997 ‑ Rs. C-251/95 (Puma) -, Rn. 22.
81Je weniger bekannt ein Produkt bzw. eine Marke ist, desto geringer ist die Irreführungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung. Die von der Klägerin hier mitgeteilten Verkaufszahlen und Marktanteile lassen auf einen geringen Bekanntheitsgrad schließen. „B. “ hatte im Jahr 2013 bei 429.500 verkauften Packungen einen Marktanteil bei den ibuprofenhaltigen Analgetika von 0,9 Prozent (2009: 1,9 % ,2010: 1,6 %, 2011: 1,3 %, 2012: 1,1 %). Demgegenüber hatte etwa E. einen Marktanteil von zuletzt 15 % (2009: 24,8 %), J. -ratiopharm einen Marktanteil von 11,7 % (2009: 15,2 %). Nimmt man die apothekenpflichtigen Analgetika insgesamt in den Blick, betrug der Marktanteil 2013 lediglich 0,3 Prozent (2009: und 2010: jeweils 0,4 %, 2011 und 2012: jeweils 0,3 %). Angesichts dessen ist die Gruppe derjenigen, die „B. “ kennen, nicht als hinreichend bedeutender Teil der angesprochenen Verkehrskreise einzuordnen. Abgesehen davon ist nicht davon auszugehen, dass diese Gruppe „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung mit.
82Auf die Verbrauchervorstellung wirkt sich weiterhin aus, dass gerade im Bereich der Schmerzbehandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika seit vielen Jahren zahlreiche Dachmarken mit verschiedenen Wirkstoffen auf dem Markt sind, insbesondere seit den 1990er Jahren „E. “ (Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen), das einen um ein Vielfaches höheren Marktanteil hat als „B. “, ferner O. , U. und U1. . Dies verschafft der Klägerin zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Das Argument der Beklagten, die Irreführungsgefahr könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass irreführende Produkte auf dem Markt seien, greift aber nicht durch. Die hier maßgeblichen Vorstellungen und Erwartungen des Verbrauchers in Bezug auf die streitgegenständliche Bezeichnung werden auch durch die tatsächlichen Verhältnisse in dem Marktsegment geprägt. Da das BfArM in der Vergangenheit Dachmarken für verschiedene Wirkstoffe im Bereich der Schmerzmedikation zugelassen hat, und dies auch bei bekannten Marken mit hohem Marktanteil, erwartet der Verbraucher jedenfalls in diesem Bereich unter einer Dachmarke nicht stets Arzneimittel mit einer identischen Zusammensetzung.
83Vgl. auch Sander, PharmR 2013, 359 (360).
84Die Annahme des Verwaltungsgerichts, Verbraucher nutzten zunehmend Generika und ihnen sei ein Denken in Wirkstoffkategorien nicht fremd, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Daraus lässt sich nur auf eine Vertrautheit mit (wirkstoffgleichen) preiswerteren Alternativprodukten, nicht aber darauf schließen, dass Verbraucher umgekehrt bei Arzneimitteln einer Serie bzw. Dachmarke denselben Wirkstoff erwarten. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Verbraucher sich Kenntnis vom Wirkstoff verschafft. Nahe liegender dürfte sein, dass ihn nur interessiert, ob er mit dem Generikum „das Gleiche“ erhält wie vom Arzt verschrieben oder bisher von ihm verwendet. Geht man aber davon aus, der aufgeklärte Verbraucher informiere sich über den Wirkstoff von Arzneimitteln, muss dies gerade auch für das streitgegenständliche Arzneimittel gelten, zumal diesem eine Wirkstoffbezeichnung hinzugefügt ist.
85bb. Durch den Zusatz „Naproxen“ zur Hauptbezeichnung „B. “ ist eine hinreichende Unterscheidung zu den anderen Arzneimittelbezeichnungen der Dachmarke gewährleistet. Zwar hat der Senat im „Fenistil“-Urteil angenommen, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe bei einer bekannten Dachmarke davon aus, dem in den markteingeführten Produkten enthaltenen Wirkstoff sei ein weiterer Wirkstoff hinzugefügt.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 65 f.
87Hier liegt der Fall aber anders. Aus den vorstehenden Gründen wird kein hinreichender Teil der angesprochenen Verkehrskreise „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen und „B. Naproxen“ mit den markteingeführten „B. “-Produkten verbinden. Er wird deshalb auch nicht annehmen, „B. Naproxen“ sei „B. “ (= Ibuprofen) plus Naproxen. Eine Verbrauchererwartung, dass Arzneimittel, deren mehrteiliger Name eine Wirkstoffbezeichnung beinhaltet, stets zwei Wirkstoffe (den „hinter B. “ sowie „Naproxen“) enthalten, besteht nicht. Abgesehen davon wird der aufgeklärte Verbraucher, der die markteingeführten „B. “-Produkte kennt, angesichts der Existenz von zahlreichen (bekannteren) Dachmarken im Bereich der Schmerzmedikamente mit unterschiedlichen Wirkstoffen besondere Sorgfalt an den Tag legen, sollte es ihm auf „B. “ mit einem bestimmten Wirkstoff ankommen.
88Im Übrigen strebt die Klägerin die Umbenennung ihrer markteingeführten B. -Produkte dahingehend an, dass dort – analog zum Zusatz „Naproxen“ beim streitgegenständlichen Arzneimitteln – jeweils der Zusatz „Ibuprofen“ ergänzt wird. Sie hat in der Berufungsverhandlung erklärt, mit Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Produkts unter der neuen Bezeichnung die alten Produkte nur noch mit einer geänderten, um „Ibuprofen“ ergänzten Bezeichnung in den Verkehr bringen zu wollen. Enthalten aber alle Produkte der Dachmarke „B. “ den entsprechenden Wirkstoffzusatz in der Bezeichnung, wird – den hier allein bestehenden – Irreführungs- und Verwechslungsgefahren in Bezug auf den Wirkstoff hinreichend vorgebeugt.
89So auch Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O., § 6 Rn. 76.
90Der Verbraucher wird dann bei gleicher Hauptbezeichnung keine Wirkstoffidentität erwarten. Dies hat auch das BfArM in der Berufungsverhandlung eingeräumt. Dass dann für eine Übergangszeit noch Arzneimittel mit der bisherigen Bezeichnung im Verkehr sind, ist angesichts der übrigen hier angeführten Umstände hinnehmbar. Anders als in den von § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG und Ziffer 2.2.2 der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts vom 20. März 2013 erfassten Fällen der Übertragung bzw. Weiterverwendung einer Bezeichnung für ein anderes Arzneimittel mit einem anderen Wirkstoff, für die eine Wartezeit von fünf Jahren vorgesehen ist, unterscheiden sich die markteingeführten „B. “-Produkte und „B. Naproxen“ durch den Wirkstoffzusatz.
91cc. Selbst wenn man aber annähme, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher assoziiere mit „B. “ die markteingeführten Produkte, gehe also aufgrund der Hauptbezeichnung davon aus, „B. Naproxen“ enthalte den gleichen Wirkstoff, ergänzt um Naproxen, rechtfertigte diese Fehlvorstellung bei verfassungskonformer Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht die Ablehnung der Bezeichnungsänderung.
92§ 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG dient der Arzneimittelsicherheit, dem in § 1 AMG verankerten zentralen Ziel des Arzneimittelgesetzes, und, das zeigen die Regelbeispiele in 3 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG, dem Schutz des Verbrauchers vor Täuschungen über die Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln. Die Bestimmung beschränkt die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die auch eine Wahlfreiheit bei Bezeichnungen und Marketingstrategien einschließt. Die Beschränkung ist in ihrer abstrakt-generellen Form zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren gerechtfertigt.
93Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 71 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 29; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 76; Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O. § 8 Rn. 18.
94Aus der hohen Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit resultiert ein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Werbemaßnahmen für die Gesundheit gelten als besonders wirksam. Mit irreführenden Angaben können Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung insgesamt verbunden sein. Einschränkungen der grundrechtlich geschützten Individualinteressen des pharmazeutischen Unternehmers an der freien Wahl der Arzneimittelbezeichnung sind aber im Einzelfall nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt, wenn eine Bezeichnungsänderung nicht die Gefahr irrtümlicher Arzneimittelanwendungen birgt. So liegt der Fall hier. Nach den obigen Ausführungen ist nicht davon auszugehen, dass die Verwechslung der Arzneimittel – unterstellt, es käme überhaupt dazu – Gesundheitsgefahren begründet, da sie bei gleicher Indikation in gleicher Weise wirken und das Nebenwirkungsprofil sich nicht unterscheidet.
95Hiervon ausgehend steht § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht per se dem unternehmerischen Bemühen entgegen, das positive Image einer Marke auf weitere Arzneimittel zu transferieren bzw. eine solche Dachmarke auf- und auszubauen. Eine Beschränkung der Bezeichnungsfreiheit ist hier auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Eigenschaften von „B. Naproxen“ falsch oder übertrieben dargestellt würden (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG) und die Klägerin zu Unrecht die Wertschätzung der Marke „B. “ ausnutzen wollte. Die von der Beklagte angeführte Annahme, der Verbraucher verbinde mit „B. “ die Vorstellung einer Arzneimittelwirkung dergestalt, dass es sich um ein der Behandlung von Schmerzen dienendes Arzneimittel derselben Qualität und Güte wie die ihm bekannten markteingeführten Arzneimittel handele, ist aus den oben ausgeführten Gründen nicht falsch. Wird dem streitgegenständlichen Arzneimittel zutreffend eine therapeutische Wirksamkeit „wie bei B. “ beigemessen, findet damit keine Ruf-Ausbeutung statt, zumal „B. Naproxen“ kein neues Arzneimitteil, sondern ein seit 1998 zugelassenes und nur unter einer anderen Bezeichnung vertriebenes Produkt ist.
96Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
98Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
(1) Fertigarzneimittel, die sich am 1. Januar 1978 im Verkehr befinden, gelten als zugelassen, wenn sie sich am 1. September 1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister nach dem Arzneimittelgesetz 1961 eingetragen werden.
(2) Fertigarzneimittel nach Absatz 1 müssen innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem 1. Januar 1978 der zuständigen Bundesoberbehörde unter Mitteilung der Bezeichnung der wirksamen Bestandteile nach Art und Menge und der Anwendungsgebiete angezeigt werden. Bei der Anzeige homöopathischer Arzneimittel kann die Mitteilung der Anwendungsgebiete entfallen. Eine Ausfertigung der Anzeige ist der zuständigen Behörde unter Mitteilung der vorgeschriebenen Angaben zu übersenden. Die Fertigarzneimittel dürfen nur weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn die Anzeige fristgerecht eingeht.
(3) Die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels erlischt abweichend von § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 am 30. April 1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder auf Registrierung vor dem Zeitpunkt des Erlöschens gestellt wird, oder das Arzneimittel durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder von der Registrierung freigestellt ist. § 31 Abs. 4 Satz 1 findet auf die Zulassung nach Satz 1 Anwendung, sofern die Erklärung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis zum 31. Januar 2001 abgegeben wird.
(3a) Bei Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 ist bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung eine Änderung nach § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, soweit sie die Anwendungsgebiete betrifft, und Nr. 3 nur dann zulässig, sofern sie zur Behebung der von der zuständigen Bundesoberbehörde dem Antragsteller mitgeteilten Mängel bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit erforderlich ist; im Übrigen findet auf Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 keine Anwendung. Ein Fertigarzneimittel nach Absatz 1, das nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, darf bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung abweichend von § 29 Abs. 3
- 1.
in geänderter Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile nach Art und Menge, wenn die Änderung sich darauf beschränkt, dass ein oder mehrere bislang enthaltene arzneilich wirksame Bestandteile nach der Änderung nicht mehr oder in geringerer Menge enthalten sind, - 2.
mit geänderter Menge des arzneilich wirksamen Bestandteils und innerhalb des bisherigen Anwendungsbereiches mit geänderter Indikation, wenn das Arzneimittel insgesamt dem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis angepasst wird, - 3.
(weggefallen) - 4.
mit geänderter Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile, soweit es sich um ein Arzneimittel mit mehreren wirksamen Bestandteilen handelt, deren Anzahl verringert worden ist, oder - 5.
mit geänderter Art oder Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile ohne Erhöhung ihrer Anzahl innerhalb des gleichen Anwendungsbereichs und der gleichen Therapierichtung, wenn das Arzneimittel insgesamt einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis oder einem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegten Muster für ein Arzneimittel angepasst und das Arzneimittel durch die Anpassung nicht verschreibungspflichtig wird,
(4) Dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung sind abweichend von § 31 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 beizufügen. Den Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3a sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 bestimmt die zuständige Bundesoberbehörde im Einzelnen. Auf Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde sind ferner Unterlagen einzureichen, die die ausreichende biologische Verfügbarkeit der arzneilich wirksamen Bestandteile des Arzneimittels belegen, sofern das nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist. Ein bewertendes Sachverständigengutachten ist beizufügen. § 22 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 bis 7 und § 23 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 bis 5 sind innerhalb von vier Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.
(4a) Zu dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 sind die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie die Gutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 bis zum 1. Februar 2001 nachzureichen, soweit diese Unterlagen nicht bereits vom Antragsteller vorgelegt worden sind; § 22 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. Satz 1 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Für Vollblut, Plasma und Blutzellen menschlichen Ursprungs bedarf es abweichend von Satz 1 nicht der Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 sowie des Gutachtens nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, es sei denn, dass darin Stoffe enthalten sind, die nicht im menschlichen Körper vorkommen. Ausgenommen in den Fällen des § 109a erlischt die Zulassung, wenn die in den Sätzen 1 bis 3 genannten Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht worden sind.
(4b) (weggefallen)
(4c) Ist das Arzneimittel nach Absatz 3 bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG zugelassen, ist die Verlängerung der Zulassung zu erteilen, wenn
- 1.
sich das Arzneimittel in dem anderen Mitgliedstaat im Verkehr befindet und - 2.
der Antragsteller - a)
alle in § 22 Abs. 6 vorgesehenen Angaben macht und die danach erforderlichen Kopien beifügt und - b)
schriftlich erklärt, dass die eingereichten Unterlagen nach den Absätzen 4 und 4a mit den Zulassungsunterlagen übereinstimmen, auf denen die Zulassung in dem anderen Mitgliedstaat beruht,
(4d) Dem Antrag auf Registrierung sind abweichend von § 38 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 beizufügen. Die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15 und Abs. 2 Nr. 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 sind der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung einzureichen. § 22 Abs. 4 bis 7 mit Ausnahme des Entwurfs einer Fachinformation findet entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 und 3 sind innerhalb von zwei Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.
(4e) Für die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder Registrierung nach Absatz 3 Satz 1 finden § 25 Abs. 5 Satz 5 und § 39 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(4f) Die Zulassung nach Absatz 1 ist auf Antrag nach Absatz 3 Satz 1 um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 vorliegt; für weitere Verlängerungen findet § 31 Anwendung. Die Besonderheiten einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) sind zu berücksichtigen.
(4g) Bei Arzneimitteln, die Blutzubereitungen sind, findet § 25 Abs. 8 entsprechende Anwendung.
(5) Bei Beanstandungen hat der Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von zwölf Monaten nach Mitteilung der Beanstandungen, den Mängeln abzuhelfen; die Mängelbeseitigung ist in einem Schriftsatz darzulegen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Die zuständige Bundesbehörde hat in allen geeigneten Fällen keine Beanstandung nach Satz 1 erster Halbsatz auszusprechen, sondern die Verlängerung der Zulassung auf der Grundlage des Absatzes 5a Satz 1 und 2 mit einer Auflage zu verbinden, mit der dem Antragsteller aufgegeben wird, die Mängel innerhalb einer von ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmenden Frist zu beheben.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 mit Auflagen verbinden. Auflagen können neben der Sicherstellung der in § 28 Abs. 2 genannten Anforderungen auch die Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit zum Inhalt haben, es sei denn, dass wegen gravierender Mängel der pharmazeutischen Qualität, der Wirksamkeit oder der Unbedenklichkeit Beanstandungen nach Absatz 5 mitgeteilt oder die Verlängerung der Zulassung versagt werden muss. Im Bescheid über die Verlängerung ist anzugeben, ob der Auflage unverzüglich oder bis zu einem von der zuständigen Bundesoberbehörde festgelegten Zeitpunkt entsprochen werden muss. Die Erfüllung der Auflagen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung einer eidesstattlichen Erklärung eines unabhängigen Gegensachverständigen mitzuteilen, in der bestätigt wird, dass die Qualität des Arzneimittels dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. § 25 Abs. 5 Satz 5, 6 und 8 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zweite Alternative gelten entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten entsprechend für die Registrierung nach Absatz 3 Satz 1.
(5b) Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 nicht statt. Die sofortige Vollziehung soll nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet werden, es sei denn, dass die Vollziehung für den pharmazeutischen Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5c) Abweichend von Absatz 3 Satz 1 erlischt die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bis zum 31. Dezember 1999 erklärt hat, dass er den Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 zurücknimmt am 1. Februar 2001, es sei denn, das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung ist nach Satz 2 wieder aufzugreifen. Hatte der pharmazeutische Unternehmer nach einer vor dem 17. August 1994 ausgesprochenen Anforderung nach Absatz 4 Satz 2 die nach Absatz 4 erforderlichen Unterlagen fristgerecht eingereicht oder lag der Einreichungszeitpunkt für das betreffende Arzneimittel nach diesem Datum oder ist die Anforderung für das betreffende Arzneimittel erst nach diesem Datum ausgesprochen worden, so ist das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung von der zuständigen Bundesoberbehörde auf seinen Antrag wieder aufzugreifen; der Antrag ist bis zum 31. Januar 2001 unter Vorlage der Unterlagen nach Absatz 4a Satz 1 zu stellen.
(5d) Die Absatz 3 Satz 2 und Absätze 3a bis 5c gelten entsprechend für Arzneimittel, für die gemäß § 4 Abs. 2 der EG-Rechts-Überleitungsverordnung vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2915) Anlage 3 zu § 2 Nr. 2 Kapitel II Nr. 1 und 2 bis zum 30. Juni 1991 ein Verlängerungsantrag gestellt wurde.
(6) (weggefallen)
(7) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.