Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 19. März 2012 - 8 W 93/12

bei uns veröffentlicht am19.03.2012

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 23.02.2012, Az. 2 AR 41/11 (2), wird

zurückgewiesen.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 1.000,00 festgesetzt.

Gründe

 
I.
Zwischen den Parteien bestand ein Wohnraummietverhältnis. Durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 16.08.2011 wurden die Antragsgegner zur Räumung der von ihnen gemieteten Wohnung und zur Zahlung unter anderem eines monatlichen Betrages in Höhe von EUR 396,00 bis zur vollständigen Räumung und Rückgabe der Wohnung verurteilt. Am 17.11.2011 wurde auf Antrag der Antragsteller durch Herrn Obergerichtsvollzieher ..., Ludwigsburg, die Räumung der Mietsache nach dem sogenannten „Berliner Modell“ durchgeführt, indem die Antragsgegner aus dem Besitz an den Wohnräumen gesetzt und die Antragsteller in den Besitz eingewiesen wurden, wobei die in die Räume eingebrachten und dort hinterlassenen Sachen der Antragsgegner in der Wohnung verblieben.
Die Antragsgegner wurden bei der Räumung aufgefordert, die von ihnen hinterlassenen Sachen bis spätestens 26.11.2011 abzuholen, was in der Folge nicht geschah.
Mit Schriftsatz an das Amtsgericht Ludwigsburg vom 07.12.2011 stellten die Antragsteller unter Berufung auf ihr Vermieterpfandrecht folgenden Antrag:
Die Verwertung durch Vernichtung des in der Wohnung im Dachgeschoss rechts des Gebäudes .... in ... anlässlich der Zwangsräumung vom 17.11.2011 durch Obergerichtsvollzieher ... - ... - eingelagerten Räumungsguts wird bewilligt.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 23.02.2012 wurde der Antrag abgewiesen. Gegen diesen ihnen am 27.02.2012 zugestellten Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 24.02.2012 beim Amtsgericht Ludwigsburg eingegangenen Beschwerde, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgen.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG in Verbindung mit § 410 Nr. 4 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsteller hat in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 1246 Abs. 1 BGB kann dann, wenn eine von den §§ 1235 bis 1240 BGB abweichende Art des Pfandverkaufs nach billigem Ermessen den Interessen der Beteiligten entspricht, jeder von ihnen verlangen, dass der Verkauf nach dieser Art erfolgt. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet gemäß § 1246 Abs. 2 BGB das Gericht, wobei es sich gemäß § 410 Nr. 4 FamFG um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt. Diese Regelungen sind über § 1257 BGB auch auf das gesetzliche Pfandrecht anwendbar.
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht den Antrag der Antragsteller zu Recht abgewiesen. Dieser zielt auf eine „Verwertung durch Vernichtung“. Im Rahmen des § 1246 BGB in Verbindung mit § 410 Nr. 4 FamFG entscheidet das Gericht jedoch ausschließlich über die Art und Weise des Pfandverkaufes, zum Beispiel durch Anordnung des freihändigen Verkaufes (vgl. Keidel/Giers, FamFG, 17. Auflage 2011, § 410 FamFG, Rdnr. 14). Eine Vernichtung des Pfandes ist in § 1246 BGB nicht geregelt. Im einzelnen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angegriffenen Beschluss Bezug genommen.
10 
Zu Recht hat das Amtsgericht darüber hinaus darauf hingewiesen, dass auch auf Grund anderer Vorschriften eine Berechtigung zur Vernichtung nicht besteht. Insbesondere kann die Regelung des § 885 Abs. 4 ZPO hier nicht - auch nicht entsprechend - herangezogen werden. Auch insoweit wird im Einzelnen auf die zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichts verwiesen.
11 
Dass im Übrigen das Räumungsgut im vorliegenden Fall entsprechend der Behauptung der Antragsteller „offenkundig wertlos“ ist, ist nicht belegt. In dem in diesem Zusammenhang von den Antragstellern vorgelegten Schreiben des Obergerichtsvollziehers Tisch vom 03.12.2011 wird lediglich ausgeführt, dass „das gesamte Räumungsgut einschließlich der Kücheneinrichtung“ keinen Wert habe, der die Kosten des Versteigerungsverfahrens übersteigt.
12 
Die Beschwerde der Antragsteller war demgemäß als unbegründet zurückzuweisen.
13 
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG, die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens auf §§ 131 Abs. 4 KostO in Verbindung mit § 30 Abs. 1 KostO.
14 
Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gemäß § 70 FamFG bestehen nicht.

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

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Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

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(1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuwei

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(1) Der Verkauf des Pfandes ist im Wege öffentlicher Versteigerung zu bewirken. (2) Hat das Pfand einen Börsen- oder Marktpreis, so findet die Vorschrift des § 1221 Anwendung.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 410 Weitere Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit


Weitere Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind1.die Abgabe einer nicht vor dem Vollstreckungsgericht zu erklärenden eidesstattlichen Versicherung nach den §§ 259, 260, 2028 und 2057 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,2.die Ernennung, Beeidig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1246 Abweichung aus Billigkeitsgründen


(1) Entspricht eine von den Vorschriften der §§ 1235 bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufs nach billigem Ermessen den Interessen der Beteiligten, so kann jeder von ihnen verlangen, dass der Verkauf in dieser Art erfolgt. (2) Kommt eine Einig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1257 Gesetzliches Pfandrecht


Die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht finden auf ein kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht entsprechende Anwendung.

Referenzen

Weitere Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind

1.
die Abgabe einer nicht vor dem Vollstreckungsgericht zu erklärenden eidesstattlichen Versicherung nach den §§ 259, 260, 2028 und 2057 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
die Ernennung, Beeidigung und Vernehmung des Sachverständigen in den Fällen, in denen jemand nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts den Zustand oder den Wert einer Sache durch einen Sachverständigen feststellen lassen kann,
3.
die Bestellung des Verwahrers in den Fällen der §§ 432, 1217, 1281 und 2039 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie die Festsetzung der von ihm beanspruchten Vergütung und seiner Aufwendungen,
4.
eine abweichende Art des Pfandverkaufs im Fall des § 1246 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Entspricht eine von den Vorschriften der §§ 1235 bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufs nach billigem Ermessen den Interessen der Beteiligten, so kann jeder von ihnen verlangen, dass der Verkauf in dieser Art erfolgt.

(2) Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet das Gericht.

Weitere Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind

1.
die Abgabe einer nicht vor dem Vollstreckungsgericht zu erklärenden eidesstattlichen Versicherung nach den §§ 259, 260, 2028 und 2057 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
die Ernennung, Beeidigung und Vernehmung des Sachverständigen in den Fällen, in denen jemand nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts den Zustand oder den Wert einer Sache durch einen Sachverständigen feststellen lassen kann,
3.
die Bestellung des Verwahrers in den Fällen der §§ 432, 1217, 1281 und 2039 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie die Festsetzung der von ihm beanspruchten Vergütung und seiner Aufwendungen,
4.
eine abweichende Art des Pfandverkaufs im Fall des § 1246 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht finden auf ein kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht entsprechende Anwendung.

(1) Entspricht eine von den Vorschriften der §§ 1235 bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufs nach billigem Ermessen den Interessen der Beteiligten, so kann jeder von ihnen verlangen, dass der Verkauf in dieser Art erfolgt.

(2) Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet das Gericht.

Weitere Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind

1.
die Abgabe einer nicht vor dem Vollstreckungsgericht zu erklärenden eidesstattlichen Versicherung nach den §§ 259, 260, 2028 und 2057 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
die Ernennung, Beeidigung und Vernehmung des Sachverständigen in den Fällen, in denen jemand nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts den Zustand oder den Wert einer Sache durch einen Sachverständigen feststellen lassen kann,
3.
die Bestellung des Verwahrers in den Fällen der §§ 432, 1217, 1281 und 2039 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie die Festsetzung der von ihm beanspruchten Vergütung und seiner Aufwendungen,
4.
eine abweichende Art des Pfandverkaufs im Fall des § 1246 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Entspricht eine von den Vorschriften der §§ 1235 bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufs nach billigem Ermessen den Interessen der Beteiligten, so kann jeder von ihnen verlangen, dass der Verkauf in dieser Art erfolgt.

(2) Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet das Gericht.

(1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aufzufordern, eine Anschrift zum Zweck von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

(2) Bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, werden von dem Gerichtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners, einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner übergeben oder zur Verfügung gestellt.

(3) Ist weder der Schuldner noch eine der bezeichneten Personen anwesend oder wird die Entgegennahme verweigert, hat der Gerichtsvollzieher die in Absatz 2 bezeichneten Sachen auf Kosten des Schuldners in die Pfandkammer zu schaffen oder anderweitig in Verwahrung zu bringen. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, sollen unverzüglich vernichtet werden.

(4) Fordert der Schuldner die Sachen nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Räumung ab, veräußert der Gerichtsvollzieher die Sachen und hinterlegt den Erlös. Der Gerichtsvollzieher veräußert die Sachen und hinterlegt den Erlös auch dann, wenn der Schuldner die Sachen binnen einer Frist von einem Monat abfordert, ohne binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Räumung die Kosten zu zahlen. Die §§ 806, 814 und 817 sind entsprechend anzuwenden. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden.

(5) Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, sind auf Verlangen des Schuldners jederzeit ohne Weiteres herauszugeben.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.