Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 22. Nov. 2013 - 7 U 119/13

published on 22.11.2013 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 22. Nov. 2013 - 7 U 119/13
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Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 8.2.2013 (2 O 287/12) wird

zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Geldbetrags leisten.

Streitwert des Berufungsverfahrens:           48.557,57 EUR

Gründe

 
Zur Begründung nimmt der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom 27.6.2013 Bezug (§ 522 Abs. 2 S. 3 ZPO).
Die hierzu ergangene Stellungnahme der Kläger erfordert lediglich die folgenden Ergänzungen:
1. Zu Recht rügen die Kläger die in Abschnitt II. 1.2.1 des Hinweisbeschlusses enthaltene Formulierung, die Kläger könnten den geltend gemachten Schadensersatzanspruch „nur“ auf § 280 Abs. 1 BGB stützen. Diese Formulierung sollte den Haftungsmaßstab verdeutlichen, nach dem die Haftung ausgestaltet ist. Dass sich die persönliche Haftung der Beklagten aus § 63 S. 1 VVG ergeben kann, hat der Senat bereits zuvor in Abschnitt II. 1.1 des Hinweisbeschlusses ausgeführt. Die Beweislastverteilung des § 63 VVG übernimmt vollständig die Regelung des § 280 Abs. 1 BGB, so dass die dort entwickelten Leitgedanken auch für die Haftung aus § 63 VVG maßgeblich sind. Nicht mehr sollte mit der Formulierung in Abschnitt II. 1.2.1 des Hinweisbeschlusses zum Ausdruck gebracht werden, wie der Blick auf Abschnitt II. 1.1 zeigt. Ergebnisrelevant ist die zu Recht gerügte Ungenauigkeit im Ausdruck nicht.
2. Der Senat setzt sich mit seiner Auffassung nicht in Widerspruch zu Entscheidungen anderer gleich- oder höherrangiger Gerichte:
2.1 In der Entscheidung BGH VersR 1985, 930 ff erlegt der Bundesgerichtshof keineswegs dem Versicherungsmakler die Beweislast dafür auf, dass er bei einer vom Versicherungsnehmer behaupteten Pflichtverletzung die Pflichterfüllung zu beweisen habe.
2.1.1 Diese Auffassung stünde in Widerspruch zu den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung, wonach derjenige, der eine bestimmte Rechtsfolge für sich geltend macht, den Sachverhalt darzulegen und zu beweisen hat, der zur Ausfüllung des Tatbestandes erforderlich ist, der die geltend gemachte Rechtsfolge auslöst. Da vorliegend die Rechtsfolge der Schadensersatzverpflichtung eindeutig von einer objektiven Pflichtverletzung abhängt (diese ist Tatbestandselement der §§ 63 S. 1 VVG, 280 Abs. 1 S. 1 BGB), muss der Versicherungsnehmer die objektive Pflichtverletzung beweisen. Würde man die Pflichterfüllung zur Beweislast des Versicherungsvermittlers stellen, so würde dies bedeuten, dass er die vom Versicherungsnehmer lediglich behauptete Pflichtverletzung „wegbeweisen“ müsste, weil die Pflichterfüllung notwendigerweise die Negierung der Pflichtverletzung bedeutet. Die sich aus den allgemeinen Grundsätzen ergebende Beweislastverteilung würde damit „auf den Kopf gestellt“.
2.1.2 Der Bundesgerichtshof vertritt in der genannten Entscheidung eine solche Auffassung nicht. Er hat vielmehr in jener Entscheidung in Übereinstimmung mit den allgemeinen Beweislastgrundsätzen klargestellt, dass ein Versicherungsmakler, dessen Pflichtverletzung feststeht, die Beweislast für seine Behauptung trägt, der geltend gemachte Schaden wäre auch bei ordnungsgemäßer Pflichterfüllung – also bei rechtmäßigem Alternativverhalten - in selber Weise entstanden. Diese Beweislastverteilung entspricht aufgrund ihrer Ableitung aus den oben genannten allgemeinen Beweislastgrundsätzen der herrschenden Auffassung.
2.1.3 Um die Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Die Beklagten räumen keineswegs einen Beratungsfehler ein, sondern behaupten, ordnungsgemäß beraten zu haben, insbesondere von der Kündigung der Lebensversicherung abgeraten zu haben.
2.2 Der Senat setzt sich auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 15.9.2011 (12 U 56/11). Das OLG Karlsruhe hat in jener Entscheidung aufgrund eines feststehenden Sachverhalts eine Pflichtverletzung erkannt. Damit besteht ein wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall: Vorliegend steht gerade kein Lebenssachverhalt fest, aus dem sich eine Pflichtverletzung ableiten ließe. Die Behauptung der Kläger, die Beklagtenseite habe die geschuldete Beratung unterlassen, steht im Widerspruch zu der substantiierten Einlassung der Beklagten (vgl. die Angaben der Beklagten Ziffer 1 bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht). Die Kläger hätten deshalb ihre Behauptung, es habe keine Beratung stattgefunden, beweisen müssen. Die Kritik der Kläger an der Auffassung des Senats nimmt den vorliegend von der Entscheidung des OLG Karlsruhe abweichenden Sach- und Streitstand nicht zur Kenntnis.
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2.3 Erst Recht setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung (Urteil vom 23.12.2010 im Verfahren 7 U 187/10). Im Rahmen eines Versicherungswechsels muss der Versicherungsmakler über die Vor- und Nachteile beraten. Etwas anderes postuliert der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 27.6.2013 nicht. Diese Pflicht erfüllt zu haben, behaupten die Beklagten gerade. Deshalb müssen die Kläger die behauptete Pflichtverletzung – keine Beratung erfahren zu haben - beweisen.
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3. Dass die Beweislastverteilung des nationalen deutschen Rechts bei Pflichtverletzungen europäischem Gemeinschaftsrecht widersprechen würde, wird - außer von den Klägervertretern – nicht vertreten.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg
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published on 23.12.2010 00:00

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30.07.2010 – Az. 16 O 188/10 – wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. De
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Versicherungsvermittler ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung einer Pflicht nach § 60 oder § 61 entsteht. Dies gilt nicht, wenn der Versicherungsvermittler die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Versicherungsvermittler ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung einer Pflicht nach § 60 oder § 61 entsteht. Dies gilt nicht, wenn der Versicherungsvermittler die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.